Geschlechtergerechter Unterricht – in einer geschlechtergerechten Schule
Erich Lehner
Alpen - Adria Universität Klagenfurt – Graz – Wien
IFF – Abt. Palliative Care und OrganisationsEthik
Schlüsselbegriffe Sex – biologische Geschlecht Gender – soziale Geschlecht
Struktur Interaktion Begehren Symbole
Geschlechterhierarchie Privilegierte Männer Diskriminierte Frauen
Struktur – Individuum
Konstruktion männlicher Macht Vom Patriarchat zu männerdominierte Institutionen und gesellschaftlichen
Strukturen Mächtig ist nicht der Einzelne sondern die Gruppe Prozessiert wird Macht
nicht in einzelnen intendierten Handlungen sondern in männlich dominierten Prozessen Gläserne Rolltreppe vs. Gläserne Decke
Infragestellung von Außen direkter Widerstand männerbündisch unterlaufen Verlassen des Feldes
Familienernährer – Hausfrauen/Teilzeitzuarbeiterinnen – Ehe
Das in Österreich dominante Familienmodell,
ein bestimmender Faktor
in den Geschlechterverhältnissen
Gesellschaftliche Partizipation durch Erwerbsarbeit (Geissler)
Inklusion und Exklusion in moderne Gesellschaft primär über den Erwerbsstatus erst danach über Familie
Erwerbsarbeit als Zugang zu materiellen Ressourcen:
Einkommen und sozialer Sicherung symbolischen Ressourcen:
Selbstwertgefühl, Anerkennung und Kompetenzen der Lebensplanung
Schule – Ort der (Re)Produktion von Geschlechterverhältnissen
Bildung – Erfolg des Feminismus
0
10
20
30
40
50
60
70
80
AHS BHS Universitäten
F 1955/56M 1955/56F 2005/06M 2004/05
„Schule im Patriarchat als Schulung fürs Patriarchat“ (Brehmer 1991)
Geschlechtsspezifische Muster in der Schullaufbahn, der Fächerwahl und der anschließenden Berufswahl
Geschlechtsspezifische Interaktionsmuster Rollenklischees, die in den schulischen Inhalten
und Lehrbüchern transportiert wurden
Östereichische Schulstatistik 2005
Matura nach Schulart und Geschlecht (2005)
0102030405060708090
100
1 2 3 4 5 6 7
MädchenBurschen
1. Maturantinnen 2. AHS 3. techn. gewerbl. höh.
Schulen 4. kaufm. höhere Schulen 5. höh. Schulen f. wirtschaftl.
Ber. 6. land.- u. forst-wirtschaftl.
höh. Schulen
7. höh. Anstalten Lehrer- u.
Erzieherbildung
PISA 2000 In allen untersuchten Ländern
Differenzen in der Lesekompetenz zugunsten Mädchen deutlich größer …
… als die Differenzen bei den mathematischen Kompetenzen zugunsten der Burschen
Im Ländervergleich nicht überall liegen die Burschen in Mathematik vorne in Island, Neuseeland und Russische Föderation
liegen Mädchen vorne in vielen anderen z.B. Lettland, Finnland oder Polen
liegen Burschen nur geringfügig vorne
PISA 2003 Mathematik
In 27 Länder moderate Leistungsunterschiede zugunsten Burschen, in Island zugunsten Mädchen
In 12 Länder darunter Österreich keine Unterschiede In Österreich haben SchülerInnen von 14 Staaten
wenig Interessedeutlicher Negativwert für die Mädchen
Lesen in allen Ländern Mädchen deutlich besser in Österreich der größte Anstieg der Differenz durch
Leistungsabfall der Burschen
PISA 2000
„Es fällt auf, dass in allen Domänen die Geschlechterdifferenzen in den verschiedenen Teilnehmerstaaten unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Dabei gelingt es in einigen Ländern offenbar recht gut, hohe Gesamtleistungen zu erreichen und gleichzeitig relativ geringe Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen entstehen zu lassen.“ (Deutsches Pisa-Konsortium)
Strukturen
Frauenanteil am Lehrpersonal (2005)
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
1. VS2. HS3. ASO4. Poly5. AHS6. Berufsbildende
Pflichtschulen7. TG Schulen8. Fremdenverk9. Kfm Sch10. Wirtsch Ber11. Soz ber Sch12. Land forstwirt
Sch13. Höh Ans Lehr- u
Erz ber14. Akademien 15. insgesamt
Welches Geschlecht hat die Schule?
... Konzentration von Frauen und Männer in bestimmten Bereichen und Schultypen „Je niedriger das Niveau der auszubildenden
Schülerinnen und Schüler, je kürzer die Ausbildung der Lehrpersonen oder je `frauenspezifischer´ die Inhalte der Schulart, desto höher ist der Anteil der Lehrerinnen in diesem Bildungsbereich.“(Angelika Paseka 1995)
„Je mehr in einem Schulbereich die reine Wissensvermittlung dominiert, [je technischer die Inhalte] und je älter die Kinder bzw. Jugendlichen werden, desto größer wird der Männeranteil.“(Erika Hasenhüttl 2001)
Welches Geschlecht hat die Schule? Berufsmotivation für Lehrberuf
Vielen Frauen erscheint der Lehrberuf als lebbare Möglichkeit, die widersprüchlichen Anforderungen von Haus- und Erwerbsarbeit zu vereinen.(Erika Hasenhüttel 2001)
... höhere Teilzeitquote für Frauen im Schulbereich
... klare Konzentration von Männern in Führungspositionen
Botschaft der Schulorganisation an die heranwachsenden
Burschen und Mädchen:
Männer sind Frauen übergeordnet Karriere und Berufsorientierung – männlich soziale Ausrichtung und Familie – weiblich
Interaktionen
Interaktionen Mathematik Sache von Männern - TIMSS (Keller 1997) Geschlechterstereotypien bei Lehrpersonen (Ziegler
1998) Lehrpersonen nehmen SchülerInnen geschlechtstypisch
wahr (Faulstich-Wieland 2004) Exklusion und Inklusion als Konstituierung der Wir-
Gruppe in der Klasse (Budde 2005) Zwei-Drittel-Aufmerksamkeitsgesetz (Faulstich-
Wieland)
Kommunikation(Kaiser 1999)
Kommunikationsstil Mädchen fragend orientierte Kommunikationsweisen Burschen Dominanz – und Wissenskundgebungen
Größere Wahrnehmung sozialer Zusammenhänge bei Mädchen (z.B. Beschreibungen von Städten)
Größere soziale Selbstwahrnehmung bei Mädchen, bei Burschen positivere Selbsteinschätzung
Technikwahrnehmung: Mädchen setzen Technik in sozialen Kontext Burschen stärker an technisch-funktionalem
Zusammenhang interessiert
Denk- und Lernstrukturen(Schwank 1992) „prädikative an Beziehungsgeflechten und
Ordnungsstrukturen ausgerichtete Denkstruktur funktionale Denkstruktur, die den Vorrang des
Denkens eher an Wirkungsweisen und Handlungsfolgen ausmacht
begrifflich analysierende Lösungsstrategie sequentielle durch Ausprobieren geprägte
Lösungsstrategie
Rollenklischeesin Inhalten und Lehrbüchern
Lehrbücher … (Hunze 2003)
... einerseits Bemühen und Fortschritte … andererseits
ungleiche Darstellung in Status, Tätigkeiten, etc. Arbeitsteilung wird nicht thematisiert und schon
gar nicht hinterfragt Haus-, Erziehungs- und Beziehungsarbeit bleibt
unsichtbar und Frauensache Gibt wenig Fachdidaktiken (Hoppe 2001)
Schule und Geschlechtergerechtigkeit
… aufgrund moralisch/ethischer Überzeugung
… aufgrund gesteigerter Lebensqualität
… aufgrund der rechtlichen Verpflichtung durch Gender Mainstreaming
Schule und Geschlechtergerechtigkeit Schule, die genderlernende Organisation … … sorgt für Gender-Kompetenz aller ihrer
Mitglieder Gender-Kompetenz beinhaltet …
… Wissen über die Lebenswelten von Männern und Frauen
… Persönliche Reflexionsprozesse zu Frausein und Mannsein
… Kompetenz, gendergerecht und genderdekonstruktiv zu interagieren
… Fähigkeit, den Unterricht in Bezug auf Motivation, Auswahl der Themen, Auswahl der Methoden gendergerecht zu gestalten
Geschlechtergerechtgerechtigkeit
Ausgleich von Erwerbs- und Familienarbeit
Entwicklung von ver- und vorsorgenden Männlichkeiten