MorphologieMorphophonologie
MorphosyntaxLexikalische Morphologie
Hausaufgabe
Grundkurs Linguistik - Morphologie
Jens [email protected]
Heinrich-Heine Universität Düsseldorf; Abteilung für AllgemeineSprachwissenschaft
10.11.2016; WS 2016/2017
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Morphologie
In der Morphologie beschäftigt man sich mit der Struktur von Wör-tern. Wörter werden nach bestimmten Regeln gebildet, nach denen(1-a) erlaubt ist, (1-b) aber nicht.
(1) a. un-be-greif-lichb. ∗be-un-greif-lich/be-greif-un-lich
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Morpheme
Wörter haben Bestandteile - Morpheme. Ein Morpheme ist diekleinste bedeutungstragende Einheit.
Man unterscheidet zwischen Inhaltsmorphemen, die eine eigenstän-dige Bedeutung tragen und Funktionsmorphemen, die den Wert ei-ner grammatikalischen Kategorie (z.B. Tempus, Numerus, Kasus)kodieren.
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Flexion & Derivation
Derivation: Derivation ist der Prozess der Ableitung eines neuenLexems.
(2) a. greifen - begreifenb. fahren - Fahrer
Flexion: Flexion dient der Bildung von Wortformen, zum Ausdruckder grammatischen Merkmale eines Wortes.
(3) a. lache - lachteb. Hund - Hunde
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Schnittstellen
Morphologie ist mit anderen linguistischen Teildisziplinen engverzahnt:
Morphophonologie (Schnittstelle: Morphologie & Phonologie),
Morphosyntax (Schnittstelle: Morphologie & Syntax),
lexikalische Morphologie (Schnittstelle: Morphologie & lexikalischeSemantik).
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Allomorphie
Allomorphe sind phonologisch unterschiedliche Realisierungendesselben Morphems.
Deutsch weist Pluralallomorphie auf, die nicht phonologisch bedingtist. Für jedes Nomen muss die Realisierung des Plurals separatgespeichert werden.
(4) a. Hundeb. Autosc. Frauend. Mütter
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Pluralallomorphie im Türkischen
Im Türkischen ist die Pluralallomorphie phonologisch bedingt.
(5) a. kalem-lerStift-pl
b. yüzük-lerRing-pl
(6) a. bulut-larWolke-pl
b. araba-larAuto-pl
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(kleine) Vokalharmonie
Türkisch weist Vokalharmonie auf: der Vokal eines Funktions-morphems muss sich an den Vokal des Wortstammes, an den esangehängt wird, anpassen.
Das Pluralallomorph -ler wird nach vorderen Vokalen (die Zungebefindet sich bei der Produktion des Lauts vorne im Mund)verwendet: /e, i, ü, ö/.
Das Pluralallomorph -lar wird nach hinteren Vokalen (die Zungebefindet sich bei der Produktion des Lauts hinten im Mund)verwendet: /a, ı, u, o/.
→ Allomorphie zeigt die enge Verbindung zwischen Morphologie undPhonologie auf.
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Morphosyntax
Die Morphosyntax ist die Schnittstelle zwischen Morphologie undSyntax. Es geht darum, wie grammatische Relationen (Subjekt, Ob-jekt) morphologisch kodiert werden und wie grammatische Relatio-nen durch morphologische Mittel verändert werden können.
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Die Argumente eines Verbs
Verben fordern Argumente, ohne die Argumente sind die Verbenunvollständig.
(7) a. ∗Maria lacht das Haus.b. ∗Peter sieht.c. ∗Peter sieht den Mann das Haus.
Man kann nicht beliebig Nomen als Argumente hinzufügen oderweglassen.
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Kasus
Kasus ist eine Möglichkeit grammatische Relationen morphologischanzuzeigen.
(8) [Der
Nominativ
Mann] gibt [dem
Dativ
Kind] [den
Akkusativ
Ball].
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Morphosyntax ist mehr als Kodierung
Es geht nicht nur um die morphologische Kodierung der grammati-schen Relationen, sondern auch um morphologische Möglichkeitengrammatische Relationen zu ändern.
(9) Türkisch (Altaisch; Payne 1997: 178)
a. Hasan öldü‘Hasan died’
b. Ali Hasanı öldürdü‘Ali killed Hasan’
ölmek ‘sterben’ verlangt ein Argument; öldürmek ‘töten’ ist durcheinen morphologisch regulären Prozess von ölmek abgeleitet undverlangt zwei Argumente.
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Analyse der Morphosyntax
Ausgangsfrage: Was für ein morphosyntaktischer Prozess liegt imTürkischen vor?
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Analyse der Morphosyntax
Ausgangsfrage: Was für ein morphosyntaktischer Prozess liegt imTürkischen vor?
Um zu verstehen, welcher morphosyntaktische Prozess im Türki-schen erfolgt, müssen wir erst die sprachlichen Formen in ihre Be-standteile zerlegen (Segmentieren) und dann diese Bestandteile be-nennen (Glossieren).Segmentieren und glossieren stellen linguistische Analyseprozessedar.
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Segmentieren
1. Schritt: Wörter in ihre Segmente (Bestandteile) zerlegen.
(10) a. Hasan öldü‘Hasan died’
b. Ali Hasanı öldürdü‘Ali killed Hasan’
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Segmentieren
1. Schritt: Wörter in ihre Segmente (Bestandteile) zerlegen.
(10) a. Hasan öl-dü‘Hasan died’
b. Ali Hasan-ı öl-dür-dü‘Ali killed Hasan’
Morpheme werden durch Bindestriche voneinander abgegrenzt.
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Glossieren
2. Schritt: Glossieren der Segmente (=Morpheme); jedem Elementwird eine lexikalische oder grammatikalische Bedeutung zugeschrie-ben
(11) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-X‘Hasan died’
b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-Zöl-dür-dü
sterben-Y-X‘Ali killed Hasan’
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Hausaufgabe
Glossieren
2. Schritt: Glossieren der Segmente (=Morpheme); jedem Elementwird eine lexikalische oder grammatikalische Bedeutung zugeschrie-ben
(11) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-prät
‘Hasan died’b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-Zöl-dür-dü
sterben-Y-prät
‘Ali killed Hasan’
Wir können annehmen, dass -dü für Präteritum steht, weil die Sätzeals Präteritum übersetzt werden ; beide Sätze Präteritum und habenals einziges Morphem -dü gemeinsam.
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Glossieren II
(12) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-prät
‘Hasan died’b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-Zöl-dür-dü
sterben-Y-prät
‘Ali killed Hasan’
Wie der Vergleich zwischen (a) und (b) zeigt, wird Hasan nur dannmit -ı markiert, wenn Hasan das direkte Objekt ist. Das direkte Ob-jekt wird (unter bestimmten Umständen) mit dem Akkusativ mar-kiert.
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Glossieren II
(12) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-prät
‘Hasan died’b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-acc
öl-dür-dü
sterben-Y-prät
‘Ali killed Hasan’
Wie der Vergleich zwischen (a) und (b) zeigt, wird Hasan nur dannmit -ı markiert, wenn Hasan das direkte Objekt ist. Das direkte Ob-jekt wird (unter bestimmten Umständen) mit dem Akkusativ mar-kiert.
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Glossieren III
Wofür steht -dür?
(13) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-prät
‘Hasan died’b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-acc
öl-dür-dü
sterben-Y-prät
‘Ali killed Hasan’
Glossieren ist auch immer interpretieren; wir können -dür nur danneine (grammatische) Bedeutung zuordnen, wenn wir analysiert ha-ben, was seine Funktion ist (was es im Verb/Satz beiträgt).
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Glossieren IV
Ist -dür ein Transitivierer?
(14) a. Ali
AliHasan-ı
Hasan-acc
öl-dür-dü
sterben-Y-prät
‘Ali killed Hasan’b. ∗Ali öl-dür-dü
→ unvollständig; es fehlt, wer getötet wird
In dem Beispiel hat -dür (auch) die Funktion ein intransitives Verbzu transitivieren (= -dür sorgt dafür, dass das abgeleitete Verb zweiArgumente und nicht nur eines verlangt).
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Mehr als nur Transitivierung
-dür ist aber kein Transitivierer, denn es kann auch mit bereits tran-sitiven Verben verwendet werden:
(15) a. Sekreter mektubu yazdı.‘Der Sekretär schrieb den Brief.’
b. Müdür sekretere mektubu yazdırdı.‘Der Direktor ließ den Sekretär den Brief schreiben.’
-dir ist ein Allomorph von -dür !In (b) wird der Sekretär das direkte Objekt und es wird ein weiteresArgument eingeführt; yazdırdı verlangt drei Argumente - yazdı zwei!
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Glossieren V
-dür verändert die Bedeutung des Verbs: von ’V’ zu ’verursachendas V’ (sterben → töten; schreiben → schreiben lassen). Dies nenntman Kausativierung!
(16) a. Hasan
Hasanöl-dü
sterben-prät
‘Hasan died’b. Ali
AliHasan-ı
Hasan-acc
öl-dür-dü
sterben-caus-prät
‘Ali killed Hasan’
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Kausativierung
Kausativierung ist eine Argumenterweiterung - die Bedeutung einesVerbs wird verändert und ein Causer (= Verursacher) als neuesArgument eingeführt.Das Subjekt des nicht-kausativiertes Verbs wird zum Objekt deskausativierten Verbs.
→ Kausativierung zeigt auf, wie eng Wortbildung (Morphologie) undSyntax zusammenhängen.
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Lexikalische Semantik
Lexikalische Semantik (Wortbedeutung) interagiert mit der Morpho-logie vor allem im Bereich der Derivation.
(17) a. laufen - Läuferb. fahren - Fahrerc. tanzen - Tänzer
(18) a. wissen - ∗Wisserb. hassen - ∗Hasserc. verlaufen - ∗Verläufer
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Hausaufgabe
Lesen Sie den Text von Heinz Vater zur Morphologie und bearbeitenSie die folgenden Aufgaben dazu:
(i) Erläutern Sie kurz den Unterschied von Inhalts-und Funktions-morphemen.
(ii) Arbeiten Sie die Bedeutung des Unterschieds zwischen Inhalts-und Funktionsmorphemen für die Distinktion von Derivation undFlexion heraus.
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