EinE REchERchE von
GUTACHTEN ÜBER DIE SITUATION DER TIERE IM SCHWABEN PARK
Eine Recherche von Animal Equality
Animal Equality
Alle Rechte vorbehalten.
Februar 2013.
Weitere Informationen:
www.schwabenparkrecherche.com
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Animal Equality
lehnt die Gefangenhaltung von Tieren ab
und ist gegen die Versklavung von Tieren
für die Unterhaltung von Menschen.
Auch dann, wenn diese Veranstaltungen als
“pädagogisch wertvoll” oder als wertvoll
im Sinne der Arterhaltung gelten,
weil die Gefangenhaltung von Tieren
die Rechte des betroffenen Individuums verletzt.
Gefangenschaft lehrt und bekräftigt
die ethisch verwerfliche Überzeugung,
nichtmenschliche Tiere würden auf dieser Welt
zum Vorteil des Menschen existieren.
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METHODIK S. 9
KURZDARSTELLUNG S. 13
1. ÜBERBLICK ÜBER DIE SITUATION DES SCHWABEN PARKS S. 29
1.1 Beschreibung des Parks S. 29
1.2 Handel mit gefangenen Tieren S. 33
1.3 Zirkusähnliche Shows S. 35
2. ANORMALES UND STEREOTYPES VERHALTEN S. 39
2.1 Stereotypes Verhalten S. 41
3. LEBEN IM SCHWABEN PARK S. 45
3.1 Sibirische Tiger S. 45
3.2 Papageien S. 51
3.3 Domestizierte Tierarten im Streichelzoobereich S. 54
3.3.1 Alpakas S. 58
3.3.2 Ziegen S. 62
3.3.3 Schafe S. 66
3.3.4 Hängebauchschweine S. 67
INHALTSVERZEICHNIS
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4. SCHIMPANSEN IN DER WILDNIS S. 69
4.1 Lebensraum S. 69
4.2 Sozialstruktur S. 70
4.3 Geburt und erste Lebensjahre S. 71
4.4 Werkzeuggebrauch und Kommunikation S. 73
4.5 Gefahren S. 75
5. SCHIMPANSEN IM SCHWABEN PARK S. 77
5.1 Haltung S. 77
5.2 Haltung der Jungtiere S. 79
5.2.1 Kleinkinder von etwa einem Jahr S. 79
5.2.2 Kleinkinder im Alter von zwei bis drei Jahren S. 82
5.3 Außen- und Innengehege S. 84
5.4 Stress und seine Folgen S. 86
5.4.1 Die Umgebung S. 86
5.4.2 Psychische Folgen S. 86
5.4.3 Gesundheitliche Folgen S. 93
5.5 Handaufzuchten S. 97
6. AUSBEUTUNG ZUR UNTERHALTUNG S. 103
6.1 Zirkusähnliche Shows S. 103
6.2 Parkexterne Unterhaltungsindustrie S. 109
7. GESETZLICHE RAHMENBEDINGUNGEN S. 113
EinE REchERchE von
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8. VERHALTEN DER BESUCHER S. 117
8.1 Indirekter Kontakt S. 119
8.2 Direkter Kontakt S. 122
SCHLUSSFOLGERUNGEN S. 125
LITERATURVERZEICHNIS S. 139
ANHANG S. 151
A. EXPERTENAUSSAGEN S. 151
B. TELEFONGESPRÄCH: Thomas Hudelmaier, 13. November 2012 S. 170
C. KONVERSATION: Schwaben Park Mitarbeiterin, 24. September 2012 S. 171
D. KONVERSATION: Schwaben Park Mitarbeiter, 24. Oktober 2012 S. 176
E. WEITERE ANHÄNGE (Vermeer 2012a) S. 179
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Wir möchten hiermit Colin Goldner und Dr. Lorraine Docherty herzlich
für ihre Unterstützung beim Erstellen des Berichts danken.
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METHODIK
Zwischen April 2012 und Februar 2013 hat Animal Equality
eine Recherche im Freizeitpark “Schwaben Park” im Welz-
heimer Wald in Baden-Württemberg durchgeführt.
Im Schwaben Park werden 44 Schimpansen und mehrere
weitere Tierarten, darunter Tiger, Ziegen, Schafe, Alpakas,
Hängebauchschweine und Papageien in Käfigen und Gehe-
gen gefangen gehalten. Die Grundfläche des Parks beträgt
laut Google Earth etwa 5,3 Hektar. Viele der Tiere müssen
zur Unterhaltung der Besucher in Shows auftreten und
Kunststücke vorführen.
Ermittlerinnen und Ermittler des Rechercheteams von Ani-
mal Equality dokumentierten die Zustände im Park, um eine
Momentaufnahme der derzeitigen Bedingungen zu erhalten.
Dafür wurde der Park insgesamt acht Mal besucht. Jeder
dieser Besuche dauerte durchschnittlich sechs Stunden und
es wurde sowohl Foto- als auch Videomaterial aufgenom-
men, um ein möglichst umfangreiches Gesamtbild der Si-
tuation im Park vermitteln zu können. Uns liegt Material
über das Leben der Tiere in den Außen- und Innenanlagen
der Gehege sowie von zahlreichen Showaufführungen vor.
Über 500 Minuten Videoaufnahmen und etwa 350 Fotos do-
kumentieren das Leben und die Verhaltensweisen der Tiere.
Für eine detailliertere Verhaltensstudie über das Leben der
Tiere müsste dieses selbstverständlich über einen längeren
Zeitraum hinweg anhand von standardisierten Methoden
wie Ethogrammen dokumentiert werden.
Wir können uns auf das Protokoll eines offiziellen Besuchs
der Parkanlagen am 18.01.2012 stützen, bei dem der Land-
tagsabgeordnete der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen,
Reinhold Pix, mit einer Delegation von Tierschutzexperten
den Schwaben Park besichtigte, um sich über die dortige
Schimpansenhaltung und das Vorführen der Schimpansen in
Besuchershows ein Bild zu machen. Während dieses Besuchs
wurde eine Reihe offensichtlicher Missstände von den Ex-
perten und Expertinnen namhafter Institutionen aus Baden-
Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern benannt.
Uns liegt außerdem das Gutachten des niederländischen
Zootierpflegers und Tierarzthelfers Jan Vermeer vor, der
den Schwaben Park besuchte und ein Bild der Haltungs-
bedingungen ermitteln sollte. Jan Vermeer war selbst der
Direktor des Abenteuerzoos Metelen, welcher im Oktober
2011 geschlossen wurde. Seine Objektivität bezüglich der
Gefangenhaltung von Primaten ist dadurch stark in Frage
zu stellen. Dennoch befinden sich in seinem Bericht, neben
persönlichen Einschätzungen über die Situation der Schim-
pansen im Schwaben Park, einige relevante Fakten. So wird
beispielsweise die Anzahl der Tiere, die von Hand aufgezo-
gen wurden, erwähnt. Auf sie wird im vorliegenden Bericht
detailliert eingegangen.
Zusätzliche Hintergrundinformationen konnten der be-
triebseigenen Homepage des Schwaben Parks sowie Aussa-
gen von einem der Parkbetreiber, Thomas Hudelmaier, und
dessen Angestellten entnommen werden.
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Der Fokus der Recherche liegt hauptsächlich auf der Situati-
on der Schimpansen im Schwaben Park, Animal Equality hat
jedoch das Verhalten und die Gefangenhaltung aller Tiere im
Park sowie deren Ausbeutung in Zirkusshows dokumentiert.
Animal Equality legte die Ergebnisse dieser Recherche
mehreren TierärztInnen sowie PsychologInnen, Ornitholo-
gInnen, VerhaltensforscherInnen, PrimatologInnen, einer
Schimpansenrettungs- und Rehabilitationsspezialistin so-
wie anderen Expertinnen und Experten in dem Bereich vor.
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KURZDARSTELLUNG
In der folgenden Kurzdarstellung werden die Ergebnisse der Recherche von Animal Equality im
Schwaben Park vorgestellt. Detaillierte Informationen, Quellenangaben und Beweismaterial sind
im ausführlichen Bericht angegeben.
LEbEn in GEfAnGEnschAft
Die Tiere im Schwaben Park werden ihr ganzes Leben lang gefangen gehalten, ohne jemals die
Möglichkeit zu bekommen, sich ihrer Art entsprechend zu entwickeln und ihren Bedürfnissen und
Interessen nachzugehen. Zoos und zooähnliche Betriebe bedeuten - entgegen einer weit verbrei-
teten Annahme - für die dort festgehaltenen Tiere großes Leid und Stress. Die Tiere haben jegliche
Kontrolle über ihr Leben und die Umwelt, in der sie aufwachsen, verloren. Die einzelnen Tierarten
haben, wie alle Tiere, besondere artspezifische Bedürfnisse, die in Gefangenschaft nicht befrie-
digt werden können.
Der Schwaben Park hält einige domestizierte Tierarten in einem Streichelzoobereich, der ohne
Aufsicht durch das Parkpersonal frei zugänglich ist. In einem Gehege von nur etwa 1000 Quadrat-
metern werden circa 80 Ziegen und Schafe, vier Alpakas und vier Hängebauchschweine zusammen
gehalten. Die Tiere leiden unter dieser extremen Enge und dem völligen Mangel an Rückzugsmög-
lichkeiten.
Animal Equality hat zudem Bildmaterial aus den Kühlräumen des Schwaben Parks erhalten. Dort
waren mehrere tote junge Ziegen achtlos in Kartons geworfen worden. Auch Leichen mit Biss-
spuren, wahrscheinlich Ziegenleichen, befanden sich dort. Dies legt den Verdacht nahe, dass die
Ziegen, die tagsüber im Streichelzoo gehalten werden, außerdem als Futter für die Tiger benutzt
werden.
LEbEn zur untErhALtunG AndErEr
Die Tiere im Schwaben Park werden auf verschiedene Arten zur Unterhaltung des bezahlenden
Publikums benutzt. Täglich werden vor Ort Tiershows angeboten, in denen verschiedene Tiere
Kunststücke vorführen müssen. Während der Saison gibt es, abhängig von den Besucherzahlen,
sogar mehrmals täglich Schimpansenshows, Papageienshows und Haustiershows.
Die verschiedenen Tiershows bestehen weitgehend aus dem Vorführen von Tricks und unnatürli-
chem Verhalten der Tiere und werden von lauter Musik begleitet. Die Tiere werden in der Regel
vermenschlicht und/oder lächerlich dargestellt. Es handelt sich beim Einüben von Zirkusnummern
und vermenschlichenden Verhaltensweisen keinesfalls um eine Beschäftigung, die den Bedürfnis-
sen der Tiere entspricht. Ziegen müssen beispielsweise auf vom Boden erhöhten Brettern entlang
kriechen und Kakadus auf kleinen Fahrrädern fahren. Schimpansen werden unter anderem ge-
zwungen, entwürdigende Kleidung zu tragen, motorisierte Quads zu fahren oder Handstand und
andere Kunststücke zu machen. Die Schimpansen werden weiterhin während der gesamten Show
mit Halsbändern und/oder Ketten festgehalten.
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Das Bild, das von den Tieren vermittelt wird, welches auf Demütigung und Spott beruht, lehrt dem
Publikum nichts über das natürliche Verhalten der Tiere.
Außerdem werden einige der Schimpansen regelmäßig für die parkexterne Unterhaltungsindustrie
benutzt: Sie müssen im Fernsehen auftreten und außerhalb der bekannten Umgebung Kunststücke
und Auftritte absolvieren.
Wildtiere haben kein natürliches Interesse daran, Kunststücke aufzuführen oder andere Verhal-
tensweisen zu erlernen, die ihren Bedürfnissen und Interessen nicht entsprechen. Ein solches
Verhalten hat für sie keinen Nutzen. Die Instinkte von Wildtieren bleiben erhalten, unabhängig
von dem Ort, an dem sie geboren werden. Sie bleiben unberechenbar und in der Folge gehört es
oft zum Training, den Tieren durch physische Gewalt Angst einflößen und sicherzustellen, dass sie
dem Trainer gehorchen. Sie führen die Kunststücke also nur aus Angst vor Bestrafung durch oder
weil sie bereits resigniert haben.
Abb. 1 - 3: Die Tiere werden im Schwa-
ben Park in täglichen Showvorführun-
gen in vermenschlichten Posen und
Situationen dargestellt.
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nicht im intErEssE dEr tiErE
Gerne wird von den BetreiberInnen des Parks behauptet, man würde nur im Interesse der Tiere
handeln, diese würden gerne in Shows auftreten und sie würden nur per Hand aufgezogen werden,
um sie vor einem sicheren Tod zu bewahren. Dies entspricht jedoch nicht der Realität: Die Interes-
sen der Tiere werden dem Interesse der Betreiber, einen höheren Profit zu erzielen, untergeordnet.
Der Schwaben Park hat ein großes wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Schim-
pansenshow. Die Show zieht, im Gegensatz zu den immer baufälliger werdenden Fahrgeschäften,
langfristig zahlendes Parkpublikum an. Um das Fortbestehen der Show zu gewährleisten, sind
Handaufzuchten von Jungtieren notwendig. Da Schimpansen mit zunehmendem Alter nicht mehr
gefügig sind und sich Dressur und Auftritten mittels Körperkraft verweigern, müssen ständig
neue Schimpansenkinder per Hand aufgezogen werden. Aus Jan Vermeers Gutachten geht hervor,
dass mindestens 18 von mindestens 24 Schimpansen, die im Schwaben Park geboren wurden, per
Hand aufgezogen wurden. 10 dieser 18 Schimpansen sind in den Shows aufgetreten, und einige
der übrigen Schimpansen sind noch zu jung, um in der Show auftreten zu können. Nach eigenen
Aussagen von Thomas Hudelmaier werden die Schimpansen nur so lange in der Show beschäftigt,
bis sie die Geschlechtsreife erreichen und damit einhergehend zu aggressiv werden.
Da junge Schimpansen zu solchen Zwecken nicht ihren Müttern entrissen werden dürfen, behaup-
tet die Familie Hudelmaier, dass die Tiere von ihren Müttern verstoßen wurden. Die große Anzahl
der im Schwaben Park geborenen Schimpansen, die per Hand aufgezogen wurden, lässt jedoch
anderes vermuten. Wären all diese Tiere tatsächlich von ihren Müttern verstoßen worden, spräche
dies für eine schlechte körperliche Verfassung oder psychische Störungen der Schimpansenmütter
im Schwaben Park. Die BetreiberInnen des Schwaben Parks haben weitere Schwangerschaften von
Müttern, die angeblich nicht in der Lage waren, ihre Kinder selbst aufzuziehen, nicht unterbun-
den. Die Schimpansin Chita beispielsweise hat mindestens acht Kinder im Schwaben Park zur Welt
gebracht, wovon sie jedoch kein einziges selbst aufgezogen hat.
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Die hohe Anzahl von Schimpansenkindern, die per Hand aufgezogen und daraufhin für die Shows
trainiert wurden, weist darauf hin, dass der Schwaben Park nicht im Interesse der Tiere handelt
und legt nahe, dass die Schimpansenkinder absichtlich ihren Müttern entrissen werden, um zu
“Showaffen” erzogen zu werden.
Die Trennung der jungen Schimpansen von ihren Müttern ist - selbst unter ExpertInnen, die Tier-
haltung in Zoos befürworten - eine Praxis, die stark verurteilt wird und unter allen Umständen
vermieden werden sollte. Die psychischen Folgen, die diese Trennung auf Mutter und Kind haben
kann, halten oft ein ganzes Leben lang an. Die Tatsache, dass eine derartige Behandlung der Tiere
im Schwaben Park Routine ist, zeigt deutlich das mangelnde Interesse der BetreiberInnen des
Schwaben Parks an deren Wohlbefinden auf.
Abb. 4: Schimpansenkind schaut Besuchern hinterher
PsychischE und PhysischE bELAstunG
Bei den Tieren im Schwaben Park wurden stereotype und anormale Verhaltensweisen beobachtet.
Stereotypes Verhalten zeigt sich in Form von wiederholten Handlungen, die an sich keine Funktion
haben und oft einen zwanghaften Charakter tragen. Diese Verhaltensstörungen sind klare Indika-
toren dafür, dass ein Tier unter Stress steht und unter seiner Situation erheblich leidet.
In mehreren Fällen konnte stereotypes Verhalten bei Tieren im Schwaben Park dokumentiert wer-
den sowie Anzeichen dafür, dass anormales Verhalten wiederholt stattfindet.
Oft sind Selbstverletzungen eine Folge von Verhaltensstörungen. So zeigen sich stereotype Ver-
haltensstörungen bei Kakadus in der Regel durch Selbstrupfen der Federn und daraus resultieren-
den kahlen Stellen. Ein weißer Kakadu im Schwaben Park ist besonders betroffen: Sein gesamter
Bauchbereich ist bereits federlos und es kann davon ausgegangen werden, dass dies eine Folge
der enormen Stresssituation ist, in der sich der Vogel konstant befindet. Ähnliche kahle Stellen
konnten auch bei zwei anderen Aras aus der Show festgestellt werden.
Weiterhin weist ein Tiger lokomotorische stereotype Bewegungen auf, wie das bei Raubkatzen
in Gefangenschaft oft zu beobachtende wiederholte Hin- und Herlaufen im selben Käfigbereich.
Diese Verhaltensstörung kann beispielsweise durch einen Mangel an Bewegungsmöglichkeiten ent-
stehen.
Mehrere der Schimpansen weisen anormales und stereotypisches Verhalten auf, wie zum Beispiel
das Hin-und Herbewegen des Körpers und Kopfes von Seite zu Seite und salivating (exzessive
Speichelproduktion und Bespucken der Gitterstäbe). Weiterhin wurde Haarausfall bei einigen der
Tiere dokumentiert, welches auf selbstverletzendes Verhalten, stressbedingten Haarausfall, unzu-
reichende Ernährung oder krankhafte, exzessive Fellpflege hinweisen kann.
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VErhALtEn dEr bEsuchErinnEn
Das Publikum im Schwaben Park stellt zweifellos eine wesentliche Komponente der Umgebung
der Tiere im Schwaben Park dar und hat daher einen bedeutenden Einfluss auf das Leben der dort
gefangen gehaltenen Lebewesen.
Viele Studien zeigen, dass Primaten die Anwesenheit von großen, sich bewegenden Besuchergrup-
pen als extreme Stresssituation erleben.
Während der Recherche beobachtete Animal Equality Tiere, die eindeutig unter der unmittelbaren
Nähe der BesucherInnen litten. Die ErmittlerInnen dokumentierten unter anderem, dass mit Ob-
jekten auf die Tiere geworfen wurde. Es wurde heftig an die Glasscheiben geklopft und getreten,
hinter denen sich Schimpansenkinder in einem engen Raum ohne Rückzugsmöglichkeiten befan-
den. Außerdem konnte festgehalten werden, wie eine brennende Zigarette in das Schimpansen-
gehege geworfen wurde, woraufhin ein Schimpanse die Zigarette weiterrauchte. Beschimpfungen
der Schimpansen mit Ausdrücken wie “Arschloch” und “Penner” zeigen das aggressive Verhalten
einiger BesucherInnen.
Die Tiere im Streichelzoobereich konnten ohne Überwachung angefasst und gefüttert werden.
Es wurde dokumentiert, wie Baby-Ziegen von BesucherInnen gejagt und hochgenommen wurden.
Andere schrien die Tiere an, welche sich in der Hoffnung auf etwas Essbares gegen die Gitterstäbe
drückten.
Direkter Kontakt zwischen Tieren und dem Publikum kann die Tiere nicht nur in Stress versetzen,
sondern bringt auch das Risiko einer Verletzung oder der Übertragung von Krankheiten mit sich.
biLdunGsAuftrAG
Der Schwaben Park erfüllt in keinerlei Hinsicht einen ethisch vertretbaren pädagogischen Zweck.
Die meisten dieser Tiere leiden extrem unter ihrer Gefangenhaltung, was sich in anormalem,
stressbedingtem Verhalten ausdrückt. Über die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere lernen die
Besuchenden wenig. Die fast ausschließlich von Familien mit Kleinkindern besuchten Shows ha-
ben bei den Kindern eher den Effekt, es als normal anzusehen, wenn Tiere zum Vergnügen des
Menschen zu erniedrigenden Handlungen gezwungen werden. Die Tiere werden in den Shows ver-
menschlicht dargestellt und ihre Bedürfnisse dadurch ignoriert.
Wenn der Schwaben Park uns irgendetwas beibringt, dann sind es gefährliche Lektionen. Denn
sie lehren uns, dass Menschen das Recht haben, Tiere für die eigene Unterhaltung zu versklaven.
ArtEnschutz Vs. indiViduumschutz
Oft rechtfertigen Zoos oder zooähnliche Betriebe wie der Schwaben Park die Zurschaustellung von
exotischen Tieren mit Arterhaltungsprogrammen und der Aussage, die Tiere vor dem Aussterben
zu bewahren. Dabei wird in der Regel mit sogenannten Auswilderungsprogrammen geworben. Die
Tiere des Schwaben Parks werden zur Unterhaltung der ZuschauerInnen gezüchtet und eingesperrt
und können in der Regel nie wieder ausgewildert werden. Folglich erfüllt der Schwaben Park keine
realistische Funktion im Sinne der Arterhaltung. Doch auch die Arterhaltung kann niemals ein
ausreichendes Argument dafür sein, Tiere gegen ihren Willen gefangen zu halten.
Animal Equality vertritt die Ansicht, dass, viel wichtiger als die Erhaltung einer Art, das Ende
von Leid und Tod der Individuen ist, die eine Art ausmachen. Eine Tierart fühlt nicht und leidet
auch nicht darunter zu verschwinden. Diejenigen, die leiden, sind die Individuen, die benutzt und
gefangen gehalten werden. Deswegen rechtfertigt die Erhaltung einer Art niemals die Gefangen-
schaft der Individuen dieser Art. Ethisch vertretbar ist die Erhaltung von Lebensräumen und eine
Bildung, die Empathie mit allen Lebewesen vermittelt.
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hAndEL mit GEfAnGEnEn tiErEn
Für die Mehrheit der Menschenaffen, die nicht im Schwaben Park geboren sind, macht die Fa-
milie Hudelmaier keine Angaben über deren Herkunft. Es steht jedoch fest, dass mindestens 13
Schimpansen von anderen Einrichtungen übernommen wurden. Weiterhin steht fest, dass vier
Schimpansen des Schwaben Parks im Frühjahr 2012 an den Arche Noah Zoo in Grömitz abgegeben
worden sind.
Der Wechsel von Tieren an andere Zoos stellt für die betroffenen Individuen eine große Belastung
dar. Zum einen ist der Transport an sich eine Strapaze, zum anderen wird eine Gruppe von Tieren,
die aneinander gewöhnt waren, auseinandergerissen. Einer der vier Schimpansen wurde durch den
Transfer an den Arche Noah Zoo im Alter von sieben Jahren von seiner Mutter getrennt.
bEssErE bEdinGunGEn sind kEinE LösunG
Auch Beschäftigungsmöglichkeiten wie Spielzeug, Hängematten oder Baumimitate können ein
Leben in Freiheit nicht ersetzen. Die Bedürfnisse der Tiere werden dadurch nicht gestillt. Mit der
Zeit wird jeder neue Gegenstand zu gewohnter Routine. In Gefangenschaft gibt es kaum etwas zu
erkunden, die Tiere sind gelangweilt und neigen zur Depression.
In der Natur werden Schimpansen und andere Wildtiere von einer sich in ständiger Veränderung
befindenden Umwelt stimuliert. Die Tiere in den Käfigen und Gehegen im Schwaben Park haben
kaum Stimulation, ihre Umwelt bleibt ständig gleich, eine Interaktion mit ihr ist nur beschränkt
möglich. In Wahrheit ist die Anreicherung eines Geheges eine Täuschung des Publikums, das sich
im Glauben wähnt, den Tieren gehe es gut.
untErsuchunGsErGEbnissE
• Anormale Verhaltensweisen und stereotype Verhaltensstörungen verschiedener Tiere, eben-
so wie Anzeichen dafür, dass diese Verhaltensstörungen zuvor aufgetreten sind
• Einzelne Tiere weisen Wunden und Verletzungen auf
• Einzelne Tiere zeigen deutliche Zeichen von Apathie, Langeweile und Depression
• Tiershows zeigen die Tiere in stark vermenschlichten und erniedrigenden Situationen und
vermitteln dem Publikum das Bild, dass Tiere nur der Belustigung der Menschen dienen und
sie nach Belieben eingesperrt, benutzt und gedemütigt werden können
• Die Trainingsmethoden der Tiere für die Shows sind unbekannt, in der Regel können ähnli-
che Tiervorführungen jedoch nur gewaltsam und durch Zwang erlernt werden
• Erhöhtes Risiko von Verletzungen für die Tiere durch Publikumsmassen und die unüberwach-
te Interaktion der BesucherInnen mit den Tieren
• Risiko von Zoonosen; Infektionskrankheiten, die von Mensch zu Tier und Tier zu Mensch
übertragen werden können
• Die Tiere haben keinerlei Chance auf ein selbstbestimmtes und leidfreies Leben; ihre Be-
dürfnisse werden immer den Bedürfnissen der ZuschauerInnen nach Unterhaltung und dem
Interesse der Betreiberfamilie nach einem höheren Profit untergeordnet
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Abb. 5: „Ein anderer junger Schimpanse, der auf dem Video und den Fotos festgehalten wurde, wurde dabei beob-
achtet, wie er sich selbst umklammerte, während er in einer niedergeschlagenen, gekrümmten Position auf einem
kleinen Klettergebilde saß. Er/sie hatte scheinbar Furchen über den ganzen Kopf verstreut. Das ist wahrscheinlich
das Resultat von selbstverletzendem Verhalten. Schimpansen neigen – genau wie Menschen – zu selbstverletzendem
Verhalten, um sich von psychischem Stress zu befreien, wenn auf sie die Kriterien für CPTSD zutreffen. Dies wird
durch ein verlängertes und sich wiederholendes Trauma herbeigeführt, im Gegensatz zu einzelnen traumatischen
Erlebnissen. Es ist möglich, dass die Schimpansen im Schwaben Park Symptome von CPTSD aufweisen und sich aus
diesem Grund selbst verletzen.“ - Expertenaussage, Dr. Stacy Lopresti-Goodman, Lehrbeauftragte für Psycholo-
gie, Marymount University, USA
dOmEstiziErtE tiErArtEn
• Die Ziegen, die dem Publikum im Streichelzoo als liebenswerte “Haustiere” vorgeführt
werden, scheinen in Wirklichkeit als Futter für die Tiger verwendet zu werden
• Die Tiere im Streichelzoo leiden unter fehlenden Rückzugsmöglichkeiten, dem erzwungenen
Kontakt zu den BesucherInnen und dem zu geringen Platzangebot
• Die Grundfläche des Geheges ist in Relation zur Anzahl der dort lebenden Tiere winzig (über
80 Tiere auf etwa 1000 Quadratmetern) und besteht hauptsächlich aus Stein- und Kieselbo-
den; keine Grasflächen zur Verfügung zu haben, ist für die Tiere sehr belastend
• Das Publikum kann unbeaufsichtigt mit den Tieren in direkten Kontakt treten; es wurde
beobachtet, das Ziegenbabys gejagt und in Stress versetzt, Tiere festgehalten oder gesto-
ßen werden
• Die Tiere haben zumindest tagsüber keinen Zugang zu Futter. Sie werden so gezwungen mit
den BesucherInnen in Kontakt zu treten, die im Park Futter kaufen und sie füttern können.
Die Tiere weisen laut Expertenaussagen einen beunruhigend hohen Hungerpegel und einige
Tiere Unterernärung auf
• Es treten Streitigkeiten und Aggressionen zwischen den Tieren aus Futterneid und
Hunger auf
• Mangel an Privatsphäre kann zu erhöhtem Stress führen
tiGEr
• Tiger weisen anormales Verhalten aufgrund der Stresssituation auf
• Eine Tigerin weist lokomotorische Stereotypien, wie das bei Raubkatzen in Gefangenschaft
oft zu beobachtende wiederholte Hin- und Herlaufen auf ausgetretenen Pfaden, auf
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PAPAGEiEn
• Einige Papageien leiden an starkem Federverlust und daraus resultierenden kahlen Stellen
an beispielsweise Beinen, Bauch, Seiten und Gesäß
• Dieser Federverlust ist wahrscheinlich das Resultat von Selbstverstümmelung oder Fremd-
verstümmelung durch Käfiggenossen und ein Indikator für psychisches Leid
Abb. 6: Dieser Kakadu leidet an starkem Federverlust. Dies ist ein Indikator für psychisches Leid und wahr-
scheinlich das Resultat von Selbstverstümmelung.
schimPAnsEn
• Mehrere der Schimpansen weisen anormales und stereotypisches Verhalten auf; laut einer
Expertenaussage ist es auch wahrscheinlich, dass bei einigen Schimpansen das komplexe
posttraumatische Stresssyndrom (CPTSD) vorliegt
• Handaufzuchten der Schimpansenkinder (mindestens 18 von 24 im Park geborenen Schim-
pansen wurden per Hand aufgezogen) resultieren oft in massiven psychischen Störungen
dieser Tiere; Handaufzuchten führen dazu, dass die Tiere sich eher an Menschen gewöhnen
und leichter dressierbar sind, doch für die Tiere selbst resultiert dies nicht selten in gravie-
renden psychologischen Störungen
• Mehrere Schimpansen zeigen besorgniserregende Apathie und Langeweile
• Zwei Schimpansenbabys werden in nur acht Quadratmeter großen Gehegen ohne Kontakt zu
ihren Eltern in Isolation gehalten
• Ein Schimpanse hat starken Husten, andere weisen vereinzelt Husten auf; es liegen keine
Informationen vor, ob sich diese Tiere in tierärztlicher Betreuung befinden
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schLussfOLGErunGEn
Die Recherche von Animal Equality hat erschreckende Zustände für die im Park festgehaltenen
Tiere ans Licht gebracht. Animal Equality setzt sich deswegen zum Ziel, die Ausbeutung der Tiere
im Schwaben Park zu beenden.
Zusammenfassend lauten unsere Forderungen:
• Sofortige Beendigung jeglicher Nutzung der Tiere des Schwaben Parks zur Unterhaltung
in Shows
• Sofortige Beendigung der Zucht von Tieren im Schwaben Park. Eine Möglichkeit dafür ist
eine Art der Geburtenkontrolle, wie Depo-Provera für die weiblichen Schimpansen
• Überführung der Tiere in ein nicht-kommerzielles Refugium, in dem die Tiere ein Leben
frei von Ausbeutung leben können; bei Bedarf Planung und Bau eines solchen Refugiums
und Überführung der Tiere in diese Einrichtung. Es soll ein Ort sein, an dem ihre eigenen
Interessen endlich im Vordergrund stehen, ein Ort, an dem sie über Platz, Ruhe und
Sicherheit verfügen.
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Abb. 7: Ein Jungtier sitzt hinter den Gittern eines Aussengeheges
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1. ÜBERBLICK ÜBER DIE SITUATION DES SCHWABEN PARKS
Der Schwaben Park ist ein baden-württembergischer Frei-
zeitpark im Ortsteil Gmeinweiler der Gemeinde Kaisersbach
im Rems-Murr-Kreis und liegt knapp 45 Kilometer von Stutt-
gart entfernt.
1.1 bEschrEibunG dEs PArks
Der Schwaben Park wurde 1972 von der Familie Hudelmaier
als reiner Tierpark gegründet und ist noch heute im Privat-
besitz der Familie mit Sieghard, Thomas und Guido Hudel-
maier als Geschäftsführer. Sechs Jahre nach der Eröffnung
des Parks unter dem früheren Namen „Safaripark“ kam das
erste Fahrgeschäft dazu.
Die BesucherInnen werden im Park in drei Bereichen un-
terhalten: den Fahrgeschäften, der Ausstellung gefangener
Tiere und in Showvorführungen, in denen Tiere gezwungen
werden, Kunststücke vorzuführen. Pro Saison kommen rund
200.000 BesucherInnen in den Park. (Vgl. Graefe 2012)
Der Schwaben Park betreibt verschiedene Fahrgeschäfte wie
zum Beispiel Achterbahnen, ein Riesenrad, Autoscooter und
Wasserbahnen. Dies führt dazu, dass die Tiere im Schwa-
ben Park dauerhaften Hintergrundgeräuschen und der zu-
sätzlichen Belastung durch Publikumslärm ausgesetzt sind.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie diese Geräusche als
Stress empfinden. Nur weil die Tiere keine direkten Reakti-
onen auf die Geräusche der Fahrgeschäfte zeigen, bedeutet
dies nicht, dass diese für sie keine Stressfaktoren darstel-
len. Auch das Argument, dass die Tiere sich mit der Zeit
an die Geräusche gewöhnen würden, rechtfertigt nicht, sie
diesem Stress überhaupt auszusetzen.
Im Schwaben Park werden 44 Schimpansen (Stand: Oktober
2012) und mehrere weitere Tierarten, darunter Tiger, Zie-
gen, Schafe, Alpakas, Hängebauchschweine und Papageien
gefangen gehalten. Dies macht die Schimpansenhaltung des
Schwaben Parks zur größten privaten Haltung von Schim-
pansen in Deutschland. Der Freiluftkäfig, in dem die Schim-
pansen für die Besucher sichtbar untergebracht sind, ist in
sechs Abteilungen unterteilt, in denen jeweils eine Gruppe
von Schimpansen gehalten wird.
Auch die anderen Tiere leben in Käfigen oder Gehegen. Ei-
nige von ihnen befinden sich in einem Streichelzoo, zu dem
das Publikum uneingeschränkten Zugang hat und sich ohne
Beaufsichtigung den Tieren nähern und sie berühren kann.
Die Tiere leiden unweigerlich an Stress, den die Gefangen-
haltung hervorruft. Die Gefangenhaltung kann die verschie-
densten negativen Effekte auf die Gesundheit der Tiere ha-
ben. (Vgl. Animal Equality 2011)
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AUßENGEHEGE
GRUPPE 1
GRUPPE 2
GRUPPE 3GRUPPE 4
GRUPPE 5 GRUPPE 6
HAUS A
HAUS B TIGER-HAUS
TIGERGEHEGE
248 m2 256 m2 784 m2
220 m2
94 m2 80 m2
1 =2 =3 =4 =5 =6 =
= 277 m2 = 218m2 =130 m2
= 550 m2
= 12 m2
HAUS A HAUS B TIGERHAUS TIGERGEHEGE KINDERCONTAINER
Quelle:Gruppe 1-6: Vermeer 2012a; Haus A, Haus B, Tigerhaus, Tigergehege: Google Earth
Gruppe 1: 7 SchimpansenGruppe 2: 5 SchimpansenGruppe 3: 15 SchimpansenGruppe 4: 5 SchimpansenGruppe 5: 6 SchimpansenGruppe 6: 3 SchimpansenKindercontainer (Gr.7): 2 Schimpansen
(insgesamt 44 Schimpansen, Unterbringungsort eines weiteren Schimpansen unbekannt, wird aber teilweise isoliert gehalten)
Kä�ghöhe: 5 m (Vermeer 2012a)
KINDERCONTAINER
AUßENGEHEGE
GRUPPE 1
GRUPPE 2
GRUPPE 3GRUPPE 4
GRUPPE 5 GRUPPE 6
HAUS A
HAUS B TIGER-HAUS
TIGERGEHEGE
248 m2 256 m2 784 m2
220 m2
94 m2 80 m2
1 =2 =3 =4 =5 =6 =
= 277 m2 = 218m2 =130 m2
= 550 m2
= 12 m2
HAUS A HAUS B TIGERHAUS TIGERGEHEGE KINDERCONTAINER
Quelle:Gruppe 1-6: Vermeer 2012a; Haus A, Haus B, Tigerhaus, Tigergehege: Google Earth
Gruppe 1: 7 SchimpansenGruppe 2: 5 SchimpansenGruppe 3: 15 SchimpansenGruppe 4: 5 SchimpansenGruppe 5: 6 SchimpansenGruppe 6: 3 SchimpansenKindercontainer (Gr.7): 2 Schimpansen
(insgesamt 44 Schimpansen, Unterbringungsort eines weiteren Schimpansen unbekannt, wird aber teilweise isoliert gehalten)
Kä�ghöhe: 5 m (Vermeer 2012a)
KINDERCONTAINER
INNENGEHEGE (HAUS B)
GR. 5 GR. 6
= 40 m2 = 32 m2 = 7 m2 = 8 m2 = 218 m2
4567
HAUS B
= 94 m2 = 80 m2
56
INNEN AUSSEN
GR. 4
GR. 5GR. 6
GR. 7
Quelle: INNEN Gruppe 4-7: Vermeer 2012a, Haus B: Google Earth; AUSSEN 5-6: Vermeer 2012a
Gruppe 4: 5 SchimpansenGruppe 5: 6 SchimpansenGruppe 6: 3 SchimpansenGruppe 7 (Kindercontainer): 2 Schimpansen
INNENGEHEGE (HAUS B)
GR. 5 GR. 6
= 40 m2 = 32 m2 = 7 m2 = 8 m2 = 218 m2
4567
HAUS B
= 94 m2 = 80 m2
56
INNEN AUSSEN
GR. 4
GR. 5GR. 6
GR. 7
Quelle: INNEN Gruppe 4-7: Vermeer 2012a, Haus B: Google Earth; AUSSEN 5-6: Vermeer 2012a
Gruppe 4: 5 SchimpansenGruppe 5: 6 SchimpansenGruppe 6: 3 SchimpansenGruppe 7 (Kindercontainer): 2 Schimpansen
INNENGEHEGE (HAUS B)
GR. 5 GR. 6
= 40 m2 = 32 m2 = 7 m2 = 8 m2 = 218 m2
4567
HAUS B
= 94 m2 = 80 m2
56
INNEN AUSSEN
GR. 4
GR. 5GR. 6
GR. 7
Quelle: INNEN Gruppe 4-7: Vermeer 2012a, Haus B: Google Earth; AUSSEN 5-6: Vermeer 2012a
Gruppe 4: 5 SchimpansenGruppe 5: 6 SchimpansenGruppe 6: 3 SchimpansenGruppe 7 (Kindercontainer): 2 Schimpansen
AussEnGEhEGEkäfighöhe: 5 m (Vermeer 2012a)
innEnGEhEGE (hAus b)
33
Die Tiere im Schwaben Park haben kaum Möglichkeiten, sich
den Blicken der BesucherInnen zu entziehen. Sowohl die In-
dividuen der Wildtierarten als auch die der domestizierten
Tierarten leiden unter der Gefangenschaft und haben das
Bedürfnis, sich frei zu bewegen und selbst zu entscheiden,
wann sie essen und trinken. (Vgl. ADI und NAVS 2005)
Der Begriff Wildtiere umfasst allgemein in der Freiheit le-
bende Tiere, die nicht zahm sind. Dies unterscheidet sie von
den domestizierten Tierarten, die vom Menschen über lange
Zeiträume hinweg von ihrer wilden Form genetisch isoliert
wurden (Vgl. ADI und NAVS 2005)
Wildtiere leiden in Zoos und Zirkussen, weil sie in der freien
Wildbahn den Kontakt zum Menschen nicht gewöhnt sind
und deshalb erhöhtes Schreck-, Flucht- oder Stressverhal-
ten in menschlicher Gegenwart zeigen. Die Bedürfnisse von
Wildtieren wie Schimpansen oder Tigern können in Gefan-
genschaft nicht befriedigt werden. Die kleinen Käfige sind
mit der Größe der Reviere in freier Wildbahn nicht zu ver-
gleichen und die Tiere können ihre natürlichen Verhaltens-
weisen nicht ausüben.
Domestizierte Tiere haben in der Regel ein vertrauteres Ver-
hältnis zum Menschen als Wildtiere. Dennoch ist ihre Ge-
fangenhaltung im Schwaben Park nicht zu rechtfertigen.
Individuen domestizierter Tierarten können ebenso unter
Gefangenschaft, dem Zwang zum Umgang mit anderen Tie-
ren im Gehege und womöglich auch dem Training für z. B.
die Haustiershow im Schwaben Park leiden.
34
35
EinE REchERchE von
1.2 hAndEL mit GEfAnGEnEn tiErEn
Laut Vermeer hat der Schwaben Park mindestens dreizehn
Schimpansen aus anderen Zoos o. ä. erhalten. (Vgl. 2012a)
Für nur vier von ihnen wird der Name der Ursprungseinrich-
tung genannt (Zoo Neuwied, Tierpark Nadermann, Taunus
Wunderland, Zoo Wilhelma). Ein Schimpanse kommt aus ei-
nem Zirkus, dessen Name jedoch nicht genannt wird.
Von diesen dreizehn erhaltenen Schimpansen wurden sie-
ben von Hand aufgezogen, bei den übrigen sechs ist die
Art der Aufzucht angeblich unbekannt. Sieben der erhal-
tenen Schimpansen wurden oder werden für die Show be-
nutzt. Dies legt die Vermutung nahe, dass der Schwaben
Park bevorzugt handaufgezogene Schimpansen von anderen
Einrichtungen annimmt, um sie in der Show einsetzen zu
können, da Schimpansen nur in Ausnahmefällen per Hand
aufgezogen werden dürfen.
Die Aussage von Cornelie Jäger, Landesbeauftragte für Tier-
schutz, im Rahmen des Tierschutzpolitischen Treffens der
Partei Bündnis90/Die Grünen am 06.11.2012 in Stuttgart,
nach der der Bund gegen Missbrauch von Tieren (bmt) dem
Schwaben Park schon misshandelte Tiere übergeben habe,
ist falsch. Die erste Vorsitzende des bmt, Petra Zipp, wies
die Behauptung auf Nachfrage von Animal Equality zurück.
Es habe zu keinem Zeitpunkt eine solche Übergabe von Men-
schenaffen an den Schwaben Park stattgefunden.
Es steht jedoch fest, dass im März 2012 vier Schimpansen -
Sigi, Susi, Bubi und Nina - aus dem Schwaben Park an den
Arche Noah Zoo in Grömitz übergeben worden sind. (Vgl.
z. B. Goldner 2012) Der Wechsel von Tieren in andere Zoos
stellt für die betroffenen Individuen eine große Belastung
dar. Zum einen wird eine Gruppe von Tieren, die aneinander
gewöhnt waren, auseinandergerissen. Der damals siebenjäh-
rige Sigi wurde durch den Verkauf an den Arche Noah Zoo
von seiner Mutter getrennt. (Vgl. Mantik 2012) Zum ande-
ren ist der oft stundenlange Transport für die Tiere eine
Strapaze. Obendrein ist das Ziel des belastenden Transports
wiederum nur eine weitere Einrichtung, in der sie zur Unter-
haltung anderer ausgebeutet werden.
Die Tiere sind weder im Schwaben Park oder irgendeiner
anderen zooähnlichen Einrichtung um ihrer selbst Willen
untergebracht, wie dies in einem Refugium der Fall wäre.
Sie werden dort aus wirtschaftlichen Gründen gefangen ge-
halten. Aus diesem Grund werden ihre Interessen und Be-
dürfnisse immer den wirtschaftlichen Interessen des Zoos
untergeordnet sein. Tierausbeutung jeder Art ist nicht ak-
zeptabel, weswegen der Handel mit gefangenen Tieren zwi-
schen Zoos und deren Zucht in Gefangenschaft nicht akzep-
tabel ist.
36
37
EinE REchERchE von
1.3 zirkusähnLichE shOws
In Zirkussen und ähnlichen Betrieben, die Tiere zu Unter-
haltungszwecken benutzen, wird ein vollkommen verzerrtes
Bild der Situation der Tiere gezeichnet. Scheinbar lustige
und fröhliche Tiere führen zur Unterhaltung der Zuschauer
Kunststücke vor. Hinter den Kulissen - nicht sichtbar für die
Augen der Öffentlichkeit - sind die Tiere jedoch den Trai-
nerInnen und Pflegekräften ausgeliefert. Oft werden harte
Trainingsmethoden angewandt, um die Tiere gefügig zu ma-
chen. (Vgl. Animal Equality 2011)
Laut Aussage einer Mitarbeiterin des Parks am 24.09.2012
wurde die erste Schimpansenshow, an der etwa zwei bis drei
Tiere teilnahmen, vor etwa 35 Jahren aufgeführt. Mittler-
weile treten circa sechs Menschenaffen in der Show auf, die
meisten von ihnen sind Jungtiere (Gespräch Mitarbeiterin
24.09.2012). Die Schimpansenshow gleicht einer Art Zirkus-
vorführung, in der die dressierten Tiere in sie vermensch-
lichende Verkleidungen gesteckt werden und vor Publikum
einstudierte Einlagen vorführen müssen. Die Schimpansen
sind während der gesamten Show, die je nach Besucherzahl
bis zu drei Mal täglich in einem zirkusähnlichen Rundbau
aufgeführt wird, angeleint bzw. angekettet. (Vgl. Pix 2012)
38
39
EinE REchERchE von
Für die Show dressiert Thomas Hudelmaier mit seiner Frau
Silvia Schimpansenkinder, die von Hand aufgezogen wer-
den, erst in der Wohnung der Familie Hudelmaier, wo sie
während des ersten Lebensjahres leben, und später im Park
(Aussage einer Mitarbeiterin im Schwabenpark, 24.9.2012).
Ältere Schimpansen können für die Shows nicht mehr “ver-
wendet” werden, da sie zu aggressiv werden. Die hohe An-
zahl an per Hand aufgezogenen Schimpansen im Schwaben
Park (mindestens 18 von mindestens 24 im Park geborenen
Schimpansen wurden per Hand aufgezogen) suggeriert, dass
diese Tiere gegen ihren Willen von ihren Müttern getrennt
werden, um zu Showaffen dressiert zu werden.
Neben der Schimpansenshow zeigt der Schwaben Park täg-
lich noch ein Papageien-Theater und eine Haustiershow. In
der Haustiershow zeigen Hunde, Ziegen, ein Huhn und ein
Schwein eingeübte Tricks und Kunststücke. Die Tiere müs-
sen unter anderem durch einen hochgehaltenen Hula-Hoop-
Reifen springen, auf dem Boden kriechen, sich rollend fort-
bewegen oder Fußball spielen.
Im “Papageien-Theater” zeigen fünf Aras und drei Kakadus
ihre andressierten Einlagen, in denen sie sich an einem Seil
entlang hangeln und sich auf Rollern, Fahrräderrn oder Roll-
brettern fortbewegen müssen. Zudem gibt es eine eingeüb-
te Showeinlage eines Aras, der einen Kakadu aus einem am
Dach brennenden Haus “retten” muss.
Abb. 8 (linke Seite): Ein Schim-
panse muss entwürdigende
Kunststücke in der Schimpansen-
show vorführen
Tiere müssen zusätzliches Leid ertragen, wenn sie gezwun-
gen werden in Shows aufzutreten, in denen ihnen erniedri-
gende Tricks und Verhaltensweisen abverlangt werden, die
ihren Bedürfnissen nicht entsprechen. Diese Shows bein-
halten normalerweise vermeintlich komische Elemente und
werden von lauter Musik begleitet, was nachweislich ein
Stressfaktor für Tiere in Gefangenschaft ist. Verhaltens-
weisen und physiologische Parameter während der Show
zeigen, dass menschliches Publikum generell Stress für die
Tiere bedeutet. (Vgl. Animal Equality 2011)
40
41
EinE REchERchE von
2. ANORMALES UND STEREOTYPES VERHALTEN
Tiere gehören nicht in Käfige. Das Leben der meisten Tiere
ist sehr komplex und kann in Gefangenschaft nicht nach-
geahmt werden. Eingesperrte Tiere führen oft ein einsei-
tiges und monotones Leben, und sie fühlen sich durch die
Unmöglichkeit, natürliche Verhaltensweisen auszuführen, in
der Regel gestresst und frustriert. (Vgl. Mason et al. 2001;
Dawkins 1988)
Beispielsweise haben Tiere Fähigkeiten, nach Futter zu su-
chen, die manchmal komplexes Suchverhalten und Futterauf-
nahme beinhalten und die einen Großteil der Zeit des Tieres
in Anspruch nehmen können. (Vgl. Oftedal et al. 1996) Auch
die räumliche und zeitliche Verteilung von Nahrungsquel-
len ist typischerweise vielfältig. In Gefangenschaft können
die Tiere dieser Beschäftigung nicht nachgehen. (Vgl. She-
pherdson et al. 1998) Eher ist es die Abwechslung im alltäg-
lichen Leben, die wahrscheinlich im Zoo fehlt. (Vgl. Clubb
und Mason 2003)
Die Vielfalt des alltäglichen Lebens in der Wildnis ist
in Zoos nicht vorhanden. (Vgl. Clubb und Mason 2003)
Wenn Tiere in karger, steriler Umgebung gehalten wer-
den, werden sie aggressiv, introvertiert oder gestresst.
Dies kann unter Umständen zu anormalem oder stereo-
typem Verhalten führen. (Vgl. Animal Equality 2011) Un-
glückliche Tiere ruhen oft über lange Zeiträume hinweg,
besonders wenn es nichts anderes für sie zu tun gibt.
Sie können sich weiterhin überfressen, exzessive Haarpflege
durchführen, sich selbst aushungern oder verstümmeln oder
nach Essen betteln.
Zoos und zooähnliche Betriebe sind zudem nicht in der
Lage, die sozialen Bedürfnisse der Tiere zu befriedigen.
In Gruppen lebende Tiere werden oftmals in erzwungenen
Gruppenverhältnissen (bezüglich Größe und Zusammenset-
zung) oder völlig isoliert gehalten und manchmal werden
Einzelgänger gezwungen, in Gruppen zu leben.
Anormale Verhaltensweisen sind beispielsweise das konti-
nuierliche Hin- und Herbewegen des Kopfes oder des Ober-
körpers, das Beißen oder Lutschen an Gitterstäben, das
Werfen oder Essen von Kot und das Auf-und-Abgehen auf
den immergleichen Pfaden. (Vgl. Animal Equality 2011) Wei-
tere Beispiele von anormalen Verhaltensweisen, die von der
Zoogemeinschaft als „unerwünscht“ klassifiziert wurden,
sind die Folgenden (Vgl. Meyer-Holzapfel 1968):
• Anormaler Fluchtreflex
• Verweigerung von Futter
• Anormale Aggressivität
• Selbstverstümmelung
• Anormales Sexualverhalten
• Störung des Appetits
• Apathie
• Anhaltend infantiles Verhalten
und Zurückentwicklung
42
43
EinE REchERchE von
Wie im Animal-Equality-Bericht “Caged Lifes” aufgezeigt,
tritt selbstverletzendes Verhalten bei Menschen auf, die
an verschiedenen psychischen Problemen leiden. Bei Tieren
treten dieselben Verhaltensweisen auf, die von leichten Ver-
letzungen (z. B. übertriebene Fellpflege) bis hin zu starken
Bissen, Haar- oder Federausreißen und Selbstverstümmelung
reichen. Während infektiöse und nichtinfektiöse Fälle von
Hautirritationen als Grund für selbstverletzendes Verhal-
ten ausgeschlossen werden sollten, kommt dieses Verhalten
typischerweise besonders häufig vor, wenn die Umgebung
auffallend öde ist. Durch eine Beurteilung der Situation des
Tieres kann angenommen werden, dass der Grund dieser Ir-
ritationen wahrscheinlich ein psychologischer ist. (Vgl. Ani-
mal Equality 2011)
2.1 stErEOtyPEs VErhALtEn
Psychische Erkrankungen sind unter Zootieren, die häufig
zwanghafte und nutzlose Verhaltensweisen wiederholen,
üblich. Diese zwanghaften Verhaltensstörungen werden
„Stereotypien“ genannt und zeichnen sich durch wieder-
holte, gleichbleibende und sinnlose Verhaltensmuster aus.
(Vgl. Mason 1991) Normalerweise lassen sich zwei Arten un-
terscheiden – lokomotorische Stereotypien (d.h. wiederhol-
ter Verlauf der Fortbewegung) und stationäre Stereotypien.
Beide kommen nur bei Tieren in Gefangenschaft vor. (Vgl.
Animal Equality 2011) Ein in Freiheit lebendes Tier kann die
Menge an Stimulation kontrollieren, in Gefangenchaft ist
das nicht möglich. (Vgl. Zoocheck 2005) Stereotypien sind
bei Wildtieren besonders gut zu erkennen, aber domesti-
zierte Tiere können genauso davon betroffen sein. (Vgl. ADI
2006)
Wie im Animal-Equality-Bericht “Caged Lifes” beschrie-
ben, sind stereotype Verhaltensweisen auf einen Mangel
an Selbstbestimmung, Untätigkeit, Langeweile, Stress und
Frustration zurückzuführen. Sie treten auf, wenn Tiere mit
stressbelastenden Situationen, wie begrenzten Bewegungs-
möglichkeiten, Mangel an Rückzugsmöglichkeiten, unge-
wohntem Futter, anormalen Sozialstrukturen oder dem Le-
ben mit zu vielen anderen Tieren auf zu engem Raum, nicht
zurechtkommen oder sie ihnen nicht ausweichen können.
Wenn ihre Umgebung an Vielschichtigkeit abnimmt, zeigen
die Tiere eine entsprechende Minderung der Vielfalt ihres
Verhaltens und eine Zunahme von stereotypen Verhaltens-
weisen. (Vgl. Animal Equality 2011)
Allmählich schirmt sich das Tier von der Umwelt ab, statt
mit ihr zu interagieren, um mit den Stressoren zurechtzu-
kommen. (Vgl. Mason 1991)
Stereotypes Verhalten wurde mit Zwangsverhalten von Men-
schen verglichen: “Beim Menschen sind Stereotypien und
extreme Teilnahmslosigkeit Indikatoren für Depressionen
und andere Störungen in Verbindung mit einem Mangel an
Kontrolle über ihr Umfeld. Das Befinden von Zirkustieren,
die solche Anormalitäten zeigen, ist aus demselben Grund
schlecht.” (Broom 2011)
44
45
EinE REchERchE von
Außerdem besteht eine Verbindung zwischen Mutterdepri-
vation und stereotypem Verhalten. Zootiere werden häufig
in jungen Jahren von ihren Familien getrennt, da sie zu
anderen Ausstellungen oder Zuchtprogrammen geschickt
werden. (Vgl. Animal Equality 2011) Im Schwaben Park wer-
den fast alle Schimpansen per Hand und von ihren Familien
getrennt aufgezogen. (Vgl. Vermeer 2012a)
Meves (1991) beschreibt anhand verschiedener Beispiele
Parallelen zwischen Verhaltensstörungen bei Kindern und
bei Tieren: “Unter dem Begriff ‘jactatio capitis’ versteht
man ein Hin- und Herbewegen von Kopf und Oberkörper,
meist vor dem Einschlafen, in schweren Fällen auch während
des Schlafes und schließlich sogar tagsüber. Oft lässt sich
feststellen, dass das Kind unter erheblichen Frustrationen,
unter Mutter-Kind-Trennungen oder langen Schreizeiten lei-
den musste. Solche Verhaltensstörungen gibt es auch bei
isoliert aufgezogenen Affenbabys”.
Meves führt weiter aus, dass handaufgezogene Affen “sich
mehr mit relativ wenig bewegungsaktiven Stereotypien ein-
zelner Körperteile wie zum Beispiel Kopfwiegen [beschäfti-
gen], während Affen, die in natürlicher Umwelt groß wer-
den, generell größere Aktivität des ganzen Körpers zeigen.
Bei mutterlos aufgezogenen Schimpansen sind die Bewe-
gungsstereotypien ein Ersatz für die vielfältigen Stimuli,
die normalerweise das Muttertier vermittelt. Die selbe Ent-
wicklung findet man beim Menschen.” (Meves 1991)
Stereotypien sind klare Indikatoren für ernsthafte Missstän-
de und werden gemeinhin bei vielen Zootieren beobachtet.
(Vgl. Animal Equality 2011) Auch wenn die Umwelt darauf-
hin verändert wird, können die Verhaltensweisen so tief sit-
zen, dass sie bestehen bleiben. (Vgl. Mason 1991)
Aus drei Gründen sind Stereotypien Beweise für ein unzu-
reichendes Wohlbefinden der Tiere (Animal Equality 2011):
• Sie sind an aversive Umweltbedingungen gebunden.
• Sie entwickeln sich häufig aus dem Versuch, bestimm-
ten Verhaltensweisen nachzugehen.
• Sie sind oft verbunden mit physiologischen Stress-
symptomen (z. B. von Borell and Hurnick, 1991; Wie-
lebnowski et al., 2002).
46
47
EinE REchERchE von
3. LEBEN IM SCHWABEN PARK
3.1 sibirischE tiGEr (PAnthErA tiGris ALtAicA)
Der Sibirische Tiger (Panthera tigris altaica) oder auch Amur-
Tiger ist die größte Großkatze der Welt. (Vgl. Matthiessen
und Hornocker 2000) In der Natur ist er Temperaturen von
bis zu minus 40 Grad Celsius gewöhnt. (Vgl. Matthiessen
und Hornocker 2000) Das Streifgebiet eines Tigers liegt
etwa zwischen 15 und 100 Quadratkilometern. (Vgl. Aus-
termühle 1996) Bei Sibirischen Tigern kann die Reviergröße
einige tausend Quadratkilometer umfassen. (Vgl. Auster-
mühle 1996) Der vorwiegend nachtaktive Sibirische Tiger
hat einen großen Bewegungsbedarf. Er legt in der Regel
am Tag 15 bis 20 Kilometer zurück, in Ausnahmesituationen
können es auch 100 Kilometer sein. Er erreicht eine Ge-
schwindigkeit von über 80 km/h und darüber hinaus ist er
ein hervorragender Schwimmer. (Vgl. National Geographic
1997) Die Tiere können Flüsse von sechs bis acht Kilometer
Breite durchschwimmen. (Vgl. Walker und Nowak 1999)
Tiger meiden Menschen in der Regel und selbst ForscherIn-
nen haben Schwierigkeiten, die scheuen Tiere aufzuspüren.
(Vgl. Matthiessen und Hornocker 2000)
Der illegale Handel mit Tigerhäuten, -knochen, -fleisch u.a.
ist die primäre Bedrohung für Tiger in Freiheit. Die Um-
wandlung von Wäldern zu Weideland, kommerzielle Rodun-
gen und die Ausbreitung von Siedlungen sind weitere Fak-
toren für den Lebensraumverlust von Tigern. (Chundawat et
al. 2011)
sibirischE tiGEr im schwAbEn PArk
Unmittelbar an das Schimpansengehege angrenzend leben
zwei Sibirische Tiger in Gefangenschaft. Nach Aussage ei-
ner Angestellten des Schwaben Parks sind beide Tiger weib-
lich. Eine der beiden Tigerinnen humpelt auf dem linken
Vorderbein. Dies ist, laut Aussage der BetreiberInnen des
Schwaben Parks, auf eine angeborene Gliedmaßenfehlstel-
lung zurückzuführen. Es ist schwer einzuschätzen, inwiefern
diese Verletzung das Verhalten des Tieres beeinflusst. Das
offensichtliche Übergewicht der Tigerin kann beispielsweise
sowohl auf eine Depression, als auch auf Bewegungsman-
gel aufgrund der Verletzung hindeuten. Aus diesem Grund
beziehen sich die folgenden Aussagen bezüglich der Ver-
haltensstörungen in erster Linie auf die Tigerin ohne Ver-
letzung.
48
49
EinE REchERchE von
Abb. 9: Die beiden Tigerinnen im Schwaben Park; eine leidet an
Übergewicht, die andere zeigt lokomotorische Verhaltensstörungen
Sibirische Tiger sind kräftige und schnelle Läufer. Das Be-
dürfnis der körperlichen Auslastung kann in einem Gehege
niemals befriedigt werden. Lokomotorische Stereotypien,
wie das bei Raubkatzen in Gefangenschaft oft zu beobach-
tende wiederholte Hin- und Herlaufen auf ausgetretenen
Pfaden, können beispielsweise durch den Mangel an Bewe-
gungsmöglichkeit entstehen. (Vgl. Austermühle 1996) Meh-
rere Studien zeigen, dass Tiere, die in Freiheit lange Stre-
cken zurücklegen würden, mit größerer Wahrscheinlichkeit
stressbedingtes, anormales Verhalten und psychologische
Dysfunktionen zeigen. (Vgl. Clubb und Mason 2003; Robbins
et al. 1996; Lewis et al.1996; Bahr et al. 1998) Wie oben
erwähnt, legen Tiger in freier Wildbahn in der Regel am Tag
15 bis 20 Kilometer zurück (vgl. Austermühle 1996), was in
keinem Verhältnis zur Größe eines Zookäfigs steht. Während
der Recherche im Schwaben Park wurden lokomotorische
Stereotypien bei einer Sibirischen Tigerin dokumentiert.
Nicht nur die Länge der gelaufenen Strecke spielt für Groß-
katzen eine Rolle, sondern vor allem die Stimulation, die
das Tier auf der Strecke erlebt. (Vgl. Clubb und Mason 2003)
Tiger in Gefangenschaft leiden daran, ihre Umgebung nicht
kontrollieren zu können. Langeweile und Monotonie bestim-
men ihr Leben. Sie können sich weder anspruchsvollen kör-
perlichen noch geistigen Herausforderungen stellen. (Vgl.
Austermühle 1996) Der Schwabenpark gewährleistet keine
vielfältige, abwechslungsreiche und veränderbare Umwelt.
Eine Studie von Lyons et al. untersuchte neun Katzenarten
in elf verschiedenen Gehegen im Edinburgh Zoo in Schott-
land.
50
51
EinE REchERchE von
Der Autor beobachtete stereotypes Auf- und Abschreiten
bei 15 von 19 Katzen, also 79%. Auch hier ist man über-
zeugt, dass der Mangel an abwechslungsreicher Umwelt eine
Rolle spielt. (Vgl. Lyons et al. 1997)
Im Schwaben Park gibt es für die schwimmfreudigen Tiger
keine Möglichkeiten zu Schwimmen. Das viel zu kleine Was-
serbecken kann keine Alternative zu einem Fluss oder See
im natürlichen Lebensraum darstellen. Es dient ausschließ-
lich der Erfüllung von Richtlinien. Die wirklichen Bedürfnis-
se der Tiere können durch ein Wasserbecken dieser Größe
nicht annähernd berücksichtigt werden.
Der renommierte Tierethiker Dr. Andrew Knight beschreibt
die Situation der Tiger im Schwaben Park folgendermaßen:
“Das Gehege der Sibirischen Tiger erschien mir karg und
räumlich begrenzt, angesichts der enormen Gebiete, die
diese Tiere normalerweise in der Wildnis erkunden würden.“
(Vgl. Expertenaussage Andrew Knight, siehe Anhang)
Die menschenscheuen Tiere sind weiterhin dem täglichen
Kontakt zu Menschen ausgesetzt, was in ihrem natürlichen
Umfeld niemals der Fall wäre. Der Trubel und die Lautstärke,
die von den Parkbesuchern ausgehen, ist enorm im Verhält-
nis zu einem abgeschiedenen Leben in der Wildnis. Auch der
aus Platzgründen ständige zwanghafte Kontakt mit einem
Artgenossen muss auf die sehr autonomen Tiere auf Dauer
belastend wirken. Ein Leben in Gefangenschaft spielt sich
für einen Tiger auf extrem kleinem Raum ab.
Frustrierte, unglückliche und beunruhigte Tiere zeigen häu-
fig stereotype Verhaltensmuster. Diese sind klare Anzeichen
für psychisches und/oder physisches Leid. (Vgl. Animal
Equality 2011)
52
53
EinE REchERchE von
3.2 PAPAGEiEn (PsittAcinEs)
Frei lebende Papageien kommen vor allem in tropischen und
subtropischen Gebieten vor. Sie bewegen sich oberhalb der
Baumkronen in großer Höhe, wohingegen sie in Gefangen-
schaft keine oder kaum Möglichkeit zum freien Flug haben.
Die sehr sozialen, geselligen Tiere leben in Freiheit in Fami-
lienverbänden, Kleingruppen oder größeren Schwärmen von
bis zu über 100 Tieren. (Vgl. Hoppe 1992)
Aras gehören zu den größten Vertretern der Papageienvö-
gel. Sie sind besonders gute und schnelle Flieger. In der
Natur schlafen sie bevorzugt in hohen Bäumen, um sich vor
Gefahren besser zu schützen. (Vgl. Hoppe 1992)
ArAs und kAkAdus im schwAbEn PArk
In Gefangenschaft werden Papageien oft einzeln oder paar-
weise gehalten und entwickeln dadurch nicht selten Verhal-
tensstörungen. Die im Käfig gehaltenen Tiere gehen eine
zwanghafte Beziehung zum Menschen ein und fristen ein
Dasein, das ihren Bedürfnissen in keiner Weise entspricht.
Im Schwaben Park werden verschiedene Papageienarten,
darunter Kakadus und Aras, gehalten. Einige Aras leben zu-
sammen mit anderen Vögeln in einer Voliere. Ob die bauli-
che Höhe einer Voliere dem Sicherheitsbedürfnis eines Pa-
pageien beim Schlaf gerecht werden kann, ist fraglich.
Einige der Papageien dienen den ParkbetreiberInnen als Pu-
blikumsattraktion und müssen, ähnlich wie die Schimpan-
sen, während der Öffnungszeiten täglich in einer eigenen
Show auftreten. Dort zeigen sie das in einem langwierigen
Prozess anerzogene Verhalten beim Modellfahrrad fahren
oder Zünden einer Miniaturkanone. In einem der Showteile
wird in unmittelbarer Nähe der Papageien ein Feuer ent-
facht. Das regelmäßige Zurschaustellen der Tiere stellt für
jedes Individuum eine Belastungssituation dar und ist mit
Stress durch laute Geräusche und anderen unnatürliche Be-
dingungen verbunden.
Der Verlust von Federn oder Haaren ist eines der am meisten
beobachteten Anzeichen eines schlechten gesundheitlichen
Zustandes bei Zootieren. Sie sind wahrscheinlich das Re-
sultat von Selbstverstümmelung oder Fremdverstümmelung
durch Käfiggenossen und können ein Indikator für psychi-
sches Leid der Tiere sein. (Vgl. Animal Equality 2011) Bei
Kakadus zeigen sich stereotype Verhaltensstörungen in der
Regel durch Selbstrupfen der Federn und den daraus resul-
tierenden kahlen Stellen. (Vgl. Mason, 2010) Diese sind bei
einem weißen Kakadu des Schwaben Parks sehr stark vertre-
ten. Sein gesamter Bauchbereich ist bereits federlos und es
kann davon ausgegangen werden, dass dies eine Folge der
enormen Stresssituation ist, in der sich das Tier befindet.
Ähnliche kahle Stellen konnten auch bei einigen der Aras,
die in der Papageienshow auftreten müssen, festgestellt
werden.
54
Abb. 10- 12 (rechte Seite): Ein
Kakadu und mehrere Aras, die
in der Papageienshow auftreten
müssen, weisen erschreckenden
Federverlust auf, der auf Stress
und Depression der Tiere hin-
weisen kann
55
EinE REchERchE von
3.3 dOmEstiziErtE tiErArtEn im
strEichELzOObErEich
Die Bedürfnisse von domestizierten Tieren werden in hohem
Maß von ihren in Freiheit lebenden Vorfahren beeinflusst.
Zum Beispiel ist das Verhalten von domestizierten Pferden
und Wildpferden in ihren Herden sehr ähnlich, genauso wie
die Reaktionen von sich pflanzlich ernährenden Tieren, wenn
sie auf Feinde treffen. Der Bestseller-Autor, Jeffrey Masson,
hat beobachtet, dass domestizierte Hühner innerhalb von
wenigen Tagen, nachdem sie in die Freiheit entlassen wor-
den sind, nachts in Bäumen schlafen. (Vgl. Masson 2003)
Sogar nach tausenden von Jahren der Domestizierung haben
sich diese Tiere ihre inhärenten Verhaltensweisen bewahrt.
Nach Price bedeutet die Domestizierung von Tieren nur, dass
ihrer Tendenz vor Menschen zu fliehen eliminiert worden ist.
(Vgl. Price 1984)
Die Grundfläche des Geheges ist im Verhältnis zu der Anzahl
der Tiere sehr klein und besteht ausschließlich aus kargem
Kieselboden ohne Bewuchs. Im Jahr 2000 war auf Satelli-
tenbildern noch eine grüne Fläche an der Stelle des heuti-
gen Außengeheges zu sehen. Diese ist spätestens seit 2008
gänzlich veschwunden. (Quelle: Satellitenaufnahme, Google
Earth)
56
57
EinE REchERchE von
Während der Ermittlungen von Animal Equality stand den
Tieren zu keinem Zeitpunkt eine andere Futterquelle zur Ver-
fügung als das von StreichelzoobesucherInnen im Schwaben
Park gekaufte Futter. Wahrscheinlich haben die Tiere tags-
über keinen Zugang zu Futter, damit sie mit BesucherInnen
interagieren, die sie füttern können. Laut Experten weisen
sie einen beunruhigenden Hungerpegel auf, was zu Strei-
tigkeiten und Aggressionen zwischen den Tieren aus Fut-
terneid und Hunger führen kann (vgl. Expertenaussage von
Andrew Knight, siehe Anhang).
Abb. 13: Die Futterstelle im
Streichelzoobereich blieb bei
sämtlichen Besuchen leer
Abb. 14: Die Tiere weisen laut
Experten einen erschreckenden
Hungerpegel auf und drängen
und schubsen sich gegenseitig,
um an Futter zu gelangen, wel-
ches ihnen Besucher durch den
Zaun reichen
Der Umstand, dass das Streichelzoogehege viel zu klein ist
(0,1 Hektar), stellt generell eine Belastung für die Tiere dar.
Die Situation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass es
keinerlei Rückzugsmöglichkeit gibt, was von den Betreiber-
Innen höchstwahrscheinlich beabsichtigt ist. So haben die
BesucherInnen ständig die Möglichkeit, die Tiere zu strei-
cheln oder zu füttern. Die Tiere können also nicht selbst
bestimmen, ob sie Kontakt zu den BesucherInnen haben
möchten oder nicht. Das Fehlen von Privatsphäre ist ein
sehr häufig zu beobachtendes Phänomen in Zoos und führt
in der Regel zu erhöhtem Stress. Da, wie oben erwähnt, eine
alternative Futterquelle im Streichelzoogehege fehlt, wer-
den die Tiere noch stärker zu einem Kontakt mit Menschen
gezwungen.
Zudem liegt das Gehege der Tiger sehr nah am Streichelzoo-
gehege. Da die Tiere im Streichelzoogehege Beutetiere sind,
besteht das Risiko, dass sie die Nähe der Tiger als Stress
empfinden. Studien über das Verhalten von Säugetieren, die
sich in der Nähe ihres natürlichen Feindes befinden, haben
gezeigt, dass diese Tiere konstantes Stressverhalten zeigen,
welches zu dauerhaften Veränderungen in ihrem Gehirn
führen kann. (Vgl. Adamec et al. 2005) Tiger zeigen nicht
selten depressives und angespanntes Verhalten, wenn sie
dazu gezwungen werden, sich konstant in Riechweite von
Beutetieren aufzuhalten, wie es beispielsweise in Zirkussen
der Fall ist.
58
59
EinE REchERchE von
Laut Aussagen von MitarbeiterInnen bleiben die Tiere im
Winter in der Scheune. Die Fläche dieser Scheune beträgt
maximal 250 Quadratmeter (Quelle: Google Earth) und ist
damit im Verhältnis zur Anzahl der Tiere sehr klein. Ani-
mal Equality liegen Bilder aus dem Inneren dieser Scheu-
ne vor, während etwa 60 Ziegen und Schafe, 4 Alpakas
und 4 Schweine auf engstem Raum eingepfercht lebten.
Eng aneinandergepresst hatten sie kaum Möglichkeit sich
fortzubewegen. Viele der Ziegen hatten abgestoßene Hör-
ner, was auf Streitigkeiten und Kämpfe innerhalb der Gehe-
ge hinweist und deutlich zeigt, dass die Tiere an Stress und
Raumbegrenztheit leiden. Bei einem Alpaka wurden Blut-
spuren im Gesicht und an der Flanke dokumentiert.
Abb. 15: Etwa 60 Ziegen und Schafe, vier Alpakas und vier Schwei-
ne leben den ganzen Winter über auf engstem Raum zusammenge-
pfercht in einer Scheune.
3.3.1 ALPAkAs
Das Alpaka stammt vom Vikunja ab (Vgl. Kadwell et al. 2001)
und wurde vor 6000 bis 7000 Jahren domestiziert. Alpakas
leben und weiden auf den grasigen Hängen Boliviens, Ar-
gentiniens und Chiles in Höhen von 3200 bis 4800 Metern
über dem Meeresspiegel. (Vgl. Lichtenstein 2008) In Frei-
heit leben Alpakas in Herden von bis zu acht Mitgliedern.
(Vgl. Felix 1981)
Alpakas werden nicht nur in Zoos gehalten, sondern müssen
auch als Wolllieferanten dienen oder werden in der tierge-
stützten Aktivität eingesetzt. Alpakas sind Pflanzenfresser,
sie essen sauberes Heu, Gras und Mineralfutter und haben
einen hohen Rohfaserbedarf. (Vgl. Otterstedt) Einzigartig
unter den Huftieren ist das Nachwachsen der Zähne, was
bedeutet, dass die Zähne und Hufe in Gefangenschaft ge-
trimmt werden müssen, da Nahrung und Untergrund nicht
derart rau sind. Im Vergleich zu Lamas sind Alpakas etwas
scheuer, da sie im Laufe der Domestikation weniger an den
Menschen gewöhnt wurden. Plötzliche Bewegungen und un-
bekannte Situationen und Begegnungen können für die Tie-
re angstauslösend sein. (Vgl. Otterstedt 2007)
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61
EinE REchERchE von
Alpakas haben ein sehr gutes Sehvermögen. Bewegungen
nehmen sie als Fluchttiere dabei besonders gut wahr. Auch
Gehör und Geruchssinn sind gut ausgebildet. (Vgl. Ot-
terstedt 2007) Es ist möglich, dass Alpakas lernen, gegen-
über dem Menschen physischen Kontakt zuzulassen, ihrem
Wesen entspricht Körperkontakt allerdings nicht. Diesen
lassen sie innerartlich nur zwischen Muttertier und Fohlen
zu. Gegenseitige Körperpflege wird von Alpakas nicht prak-
tiziert. (Vgl. Otterstedt 2007)
ALPAkAs im schwAbEn PArk
Der Schwaben Park hält vier Alpakas im Streichelzoobe-
reich. Diese werden mit einer großen Anzahl an Ziegen und
anderen Tieren zusammengehalten. Eine solche Vergesell-
schaftung mit anderen Tierarten ist laut Otterstedt “we-
gen eventueller Probleme durch verstärkte Aufnahme von
Magen-Darm-Parasiten und wegen des unterschiedlichen
Verhaltens der verschiedenen Tierarten nur bedingt zu emp-
fehlen.” (Otterstedt 2007)
Für Fluchttiere kann die ständige Anwesenheit von Be-
suchern in unmittelbarer Nähe ein Stressfaktor sein. So
schreibt Otterstedt zwar, dass sich Alpakas sowohl schnell
an veränderte Lebensräume als auch an neue Bezugsper-
sonen und Besucher anpassen könnten, jedoch nur, “so-
fern diese sich berechenbar verhalten” (Otterstedt 2007).
Auf einem Streichelzoogelände mit offenem Zugang für Be-
sucher und ohne Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere gibt
es immer wieder unvorhersehbare Situationen, aus denen
die Fluchttiere nicht entweichen können. Besucher können
versuchen, die Tiere anzufassen. Otterstedt betont, dass bei
Körperkontakt ein von beiden Seiten entwickeltes Vertrauen
und Interesse im Vordergrund steht. Dieses Vertrauen kann
sich bei flüchtigen Streichelzoobesuchen nicht entwickeln.
Animal Equality konnte zu keinem Zeitpunkt feststellen,
dass den Alpakas im Schwaben Park Futter zur Verfügung
stand, das nicht von den Besuchern gekauft und verfüttert
wurde.
Ein Alpaka konnte von Animal Equality dabei gefilmt wer-
den, wie es an den Eisenstangen des Geheges kaute, was
auf Hunger oder auch auf eine stressbedingte Störung hin-
weisen kann. Der renommierte Tierethiker Andrew Knight
kommentierte das Bildmaterial aus dem Schwaben Park mit
folgenden Worten: “Ein Alpaka wurde beobachtet, wie es an
Stangen kaute, eine Ziege an Müll. Dieses Verhalten kann
Hunger oder Stress bedeuten” (vgl. Expertenaussage von
Andrew Knight, siehe Anhang).
62
63
EinE REchERchE von
Abb. 16: Ein Alpaka wurde dabei dokumentiert,
wie es immer wieder die Gitterstäbe ableckte
3.3.2 ziEGEn
ziEGEn im schwAbEn PArk
Im Schwaben Park werden mindestens 65 Ziegen zusammen
mit anderen Tieren im Streichelzoobereich gehalten.
Mehrere der Tiere gehen auf Besucherinnen und Besucher
zu, sehr wahrscheinlich deswegen, weil sie während der Öff-
nungszeiten keine andere Futterquelle haben. Animal Equa-
lity hat mehrmals beobachtet, dass Tiere festgehalten oder
gestoßen wurden und den BesucherInnen schutzlos ausge-
liefert waren.
64
Abb. 17: Besucher greifen, schubsen und fangen Babyziegen
ohne Beaufsichtigung von Parkpersonal
65
EinE REchERchE von
Die Ziegen haben keinerlei Rückzugsmöglichkeiten. Während
der Anwesenheit des Rechercheteams war der Zugang zur
Scheune immer versperrt. Sie wiesen teilweise abgestoßene
oder verletzte Hörner auf, die möglichweise als Folge von
Aggressionen zwischen den Tieren verletzt wurden. Weiter-
hin wurde dokumentiert, dass Ziegen auf sich im Gehege
befindendem Müll herumkauten.
Die Ziegen, die im Streichelzoo gehalten werden, scheinen
außerdem als Futter für die Tiger benutzt zu werden. Ani-
mal Equality liegen Bilder von zerfetzten Ziegenkörpertei-
len vor, die in Kühlräumen des Schwaben Parks aufgenom-
men worden sind. Es liegt die Vermutung nahe, dass Ziegen
an Tiger verfüttert werden, solange diese im Innengehege
sind, damit den Besuchenden dieser Anblick erspart bleibt.
Ist dies tatsächlich der Fall, wird das liebenswerte Bild,
das die Familie Hudelmaier von den Ziegen im Streichelzoo
zeichnen will, zur Farce. Da die Besucherinnen und Besucher
nichts davon merken, werden sie im Glauben gelassen, die
Familie Hudelmaier meine es tatsächlich gut mit ihren Tie-
ren. Es ist unmöglich, eine respektvolle Beziehung zu den
Tieren zu haben, wenn diese eingesperrt und sogar anderen
Tieren zum Fraß vorgeworfen werden.
66
EinE REchERchE von
67
Abb. 18-20: Grausamer Fund in den Lagerräumen des Schwaben Parks. Tote Babyziegen liegen achtlos in
Kartons übereinander gestapelt und andere zerkaute Überreste von möglichen Ziegen liegen in Kisten.
3.3.3 schAfE
Ähnlich wie im Fall der Ziegen kennen wir Schafe vor allem
als domestizierte Tiere. Wilde Schafe leben hauptsächlich
in gebirgigen Regionen in Europa, Asien und Nordafrika. In
Herden lebende Herbivore wie Ziegen und Schafe verteilen
sich in der Regel breitflächig über die zu begrasenden Flä-
chen, was deutlich zeigt, dass jedes Tier seinen individuel-
len Raum schätzt und braucht. (Vgl. Michelena et al. 2008)
Genauso wie Ziegen grasen auch Schafe etwa acht Stunden
täglich, dies kann sich jedoch unter Umständen auch auf 13
Stunden pro Tag ausweiten. (Vgl. Jensen 2009)
schAfE im schwAbEn PArk
Im Streichelzoobereich des Schwaben Parks leben mehre-
re Kamerunschafe zusammen mit den Ziegen und Alpakas
auf Kieselboden. Laut Carola Otterstedt benötigen Schafe
als Wiederkäuer viel Grasweideland und genügend Wasser-
tröge und Fressplätze, da sonst Futterneid entstehen kann.
(Vgl. Otterstedt 2007) Grasland ist im Schwaben Park für
die Streichelzootiere nicht zugänglich und auch die Exis-
tenz verschiedener Fressplätze konnte Animal Equality nicht
bestätigen.
Kamerunschafe sind tendenziell ängstlich, zurückhaltend
und fluchtbereit. Sie können folglich ebenso wie Alpakas
und Ziegen in einer Streichelzoohaltung durch den Mangel
an Privatsphäre Stress ausgesetzt sein und unter der stän-
digen Nähe der BesucherInnen leiden.
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69
EinE REchERchE von
3.3.4 hänGEbAuchschwEinE
Das heutige domestizierte Schwein stammt vom eurasischen
Wildschwein ab. Wildschweine sind an eine Vielzahl von
Landschaften angepasst, einschließlich Wälder und Savan-
nen. Sie sind hauptsächlich nachtaktiv und bewegen sich in
Gruppen. Männliche Wildschweine leben jedoch teilweise als
Einzelgänger. (Vgl. Peitz und Peitz 2007) Die Gruppengröße
beeinflusst das Verhalten der Gruppenmitglieder - in gro-
ßen Gruppen können Schweine, die einen niedrigeren Rang
haben, Schwierigkeiten haben, höherrangigen Gruppenmit-
gliedern auszuweichen. (Vgl. Broom und Fraser 2007)
Die soziale Organisation von Gruppen basiert auf der Anla-
ge freundschaftlicher Beziehungen und Hierarchie. (Jensen
und Wood-Gush 1984) Für eine funktionierende Hierarchie
sind Gruppengröße und Raumangebot von großer Bedeu-
tung. (Vgl. Broom und Fraser 2007)
Es wurde nachgewiesen, dass die heutigen domestizierten
Schweine innerhalb kürzester Zeit, nachdem sie in die Frei-
heit entlassen wurden, ein Verhaltensrepertoire annehmen,
das dem von Wildschweinen sehr ähnlich ist. Dies legt nahe,
dass Schweine bestimmte Verhaltensmerkmale während der
Domestizierung nicht verloren haben. (Vgl. Peitz und Peitz
2007; Otterstedt 2007; Gieling 2011)
Studien zeigen, dass Wildschweine hoch sozial sind und
meist während der Morgen- und der Abenddämmerung aktiv
sind (abhängig von Jahreszeit, Feinddruck und Nahrungs-
mittelverfügbarkeit). Wildschweine sind circa 65% des Ta-
ges aktiv. (Vgl. Graves 1984) Während der Nahrungssuche
bewegen sie sich zwischen verschiedenen Arten der Nah-
rungsaufnahme, wie z.B. Grasen und Wühlen. (Vgl. Gieling
2011) Die Möglichkeit zu Wühlen ist ein inhärentes Bedürf-
nis von Schweinen. (Vgl. van Putten 1978)
Weil Schweine keine Schweißdrüsen haben, suhlen sie sich
in Wasser oder Schlamm, um ihre Körpertemperatur zu sen-
ken. (Vgl. Jensen 2003; Broom und Fraser 2007; Gieling
2011) Kürzlich hat eine Studie nachgewiesen, dass Schwei-
ne sich nicht nur Suhlen, um sich abzukühlen, sondern auch
deshalb, weil sie es genießen. (Vgl. Bracke 2011) Suhlen ist
deshalb eine sehr wichtige Aktivität für Schweine. Sie sind
außerdem gute Schwimmer.
hänGEbAuchschwEinE im schwAbEn PArk
Die beiden Hängebauchschweine im Schwaben Park leiden
an dem Mangel an Rückzugsmöglichkeiten, Möglichkeiten
zum Wühlen und Suhlen, dem erzwungenen Kontakt zu Be-
sucherInnen sowie Platzmangel. Den BetreiberInnen des
Parks fehlt deutlich das Verständnis und/oder das Verant-
wortungsbewusstsein diesen Tiere gegenüber.
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71
EinE REchERchE von
4. SCHIMPANSEN IN DER WILDNIS (PAN TROGLODYTES)
Schimpansen (Pan troglodytes) sind neben Gorillas, Oran-
gutans, Bonobos und Menschen eine der fünf Arten von
Menschenaffen. Sie sind für ihre Intelligenz, geschickten
Werkzeuggebrauch und komplexe soziale Verhaltensweisen
bekannt. Schimpansen sind die dem Menschen am ähnlichs-
ten Tiere. Sie teilen die gleichen Emotionen wie wir: Mit-
gefühl, Neid, Ärger, Freude, Großzügigkeit, Scham, Sinn von
Humor, Trauer etc. (Vgl. Centre for Great Apes Webseite)
4.1 LEbEnsrAum
In Freiheit lebende Schimpansen bewohnen tropische Re-
genwälder, Savannen oder auch Bergland im mittleren Afri-
ka und bewegen sich je nach Gruppengröße und Nahrungs-
angebot auf einem Streifgebiet von etwa zehn bis über 50
Quadratkilometern, (also etwa 1400 bis 7000 Fußballfelder,
Anm. d. A.). (Vgl. Morris und Parker 2010)
Dieses wird von der Gruppe regelmäßig durchzogen. Die
meiste Zeit halten sie sich allerdings im Zentrum des Streif-
gebiets auf, das etwa ein Drittel der Fläche umfasst. Schim-
pansen verbringen ungefähr die Hälfte des Tages damit, zu
fressen und sich in Bäumen und am Boden fortzubewegen.
Nester zum Schlafen in Bäumen bauen sich Schimpansen
aus miteinander verflochtenen Ästen, Zweigen und Blättern
selbst. Sie befinden sich im Schnitt in fünf bis 20 Metern
Höhe und schützen sie vor Fressfeinden oder giftigen Tie-
ren. (Vgl. Morris und Parker 2010)
4.2 sOziALstruktur
Schimpansen sind besonders gesellig, lebhaft und extrover-
tiert. In einer Schimpansengemeinschaft von weniger als 20
bis zu über 100 Tieren leben die Schimpansen in lockeren
Untergruppen, die sich immer wieder neu zusammensetzen.
Schimpansen gehen also keine dauerhaften Bindungen ein.
Diese Untergruppen haben etwa drei bis zehn Mitglieder
und finden sich zu verschiedenen Anlässen wie Essen, Jagen
oder Lausen zusammen. (Vgl. Morris und Parker 2010)
Für diese veränderbare Sozialstruktur wurde der Begriff
“Fission-Fusion-Organisation” geprägt. (Vgl. Morris und
Parker 2010) Die ganze Schimpansengemeinschaft kommt
sehr selten zusammen, doch die einzelnen Grüppchen halten
mit dem Rest der Gruppe durch Rufe Kontakt. Den Mittel-
punkt einer Schimpansengemeinschaft bildet eine Gruppe
aus erwachsenen, männlichen Schimpansen. (Vgl. Morris
und Parker 2010)
Nach einer Studie von Victoria Horner et al. verhalten
Schimpansen sich aus eigenem Antrieb altruistisch gegen-
über anderen, ein Verhalten, das lange Zeit nur Menschen
zugesprochen wurde. (Vgl. Horner et al. 2011)
Männliche Schimpansen bleiben meistens in ihrer Ursprungs-
gruppe, bei den weiblichen Schimpansen kommt es häufig
vor, dass sie im Alter von neun bis 13 Jahren die alte Gruppe
verlassen und eine neue Gruppe im näheren Umfeld von bis
zu 20 Kilometern Entfernung aufsuchen. (Vgl. Morris und
Parker 2010)
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EinE REchERchE von
4.3 GEburt und ErstE LEbEnsjAhrE
In der Regel bringt ein weiblicher Schimpanse bei einer Ge-
burt ein einziges Junges zur Welt. (Vgl. Morris und Parker
2010) Schimpansenbabys sind sehr hilflos und lange auf die
Zuwendung und Fürsorge ihrer Mütter angewiesen. (Vgl.
Morris und Parker 2010) Die Bindung zwischen Mutter und
Kind ist sehr stark und bleibt meist ein Leben lang beste-
hen. (Vgl. Goodall 1971) Für Neugeborene sind Berührungen
mit der Mutter und anderen vertrauten Tieren sehr wichtig.
Die Bindung zwischen dem Kind und der Mutter wird durch
Körperkontakt gefestigt. (Vgl. Morris und Parker 2010)
frEiE wiLdbAhn„schimpansenKleingruppen mit 3-10 Tie-
ren in einer Gemeinschaft
mit 20-200, keine dauerhaf-
ten Bindungen“
(aus: Morris und Parker
2010)
Grafik angelehnt an
Morris und Parker 2010
Junge Menschenaffen entwickeln sich verhältnismäßig
langsam. Laut Morris und Parker ist wohl kein anderes Säu-
getier außer dem Elefanten so lange Zeit von seinen Eltern
abhängig. (Vgl. Morris und Parker 2010) Während dieser
Zeit lernen sie von ihrer Mutter, adäquate soziale Interak-
tionen mit ihren Artgenossen einzugehen und alles, was
sonst noch notwendig ist, um zu überleben. Die Schim-
pansenmutter gibt auch Persönlichkeitsmerkmale, wie
beispielsweise Selbstsicherheit oder Unsicherheit, an ihre
Jungen weiter. (Vgl. Goodall 1971)
Wenn in der Wildnis die Mutter eines Schimpansenkindes
stirbt, ist es nicht ungewöhnlich, dass das Kind von Ge-
schwistern oder anderen Familienangehörigen adoptiert
wird (Morris and Parker 2010). Die Trennung von der Mutter
und soziale Isolation eines jungen Kindes kann dazu füh-
ren, dass die Tiere eine Bandbreite anormaler Verhaltens-
weisen entwickeln, die dauerhaft sind (Brune et al. 2006;
Goodall 1986; Birkett and Newton-Fisher 2011; Bourgeois
et al. 2007; Bradshaw et al. 2008).
Essen wird das Schimpansenkind zunächst nur, was ihm von
seiner Mutter angeboten wird. Wird es etwas älter, sucht es
gelegentlich auch selbst nach Nahrung und entfernt sich
dabei für einen Moment von seiner Mutter. Es wurde be-
obachtet, dass Schimpansenkinder wimmern, wenn sie ihre
Mutter nicht gleich wiederfinden. Dieses Verhalten kann
auch Jahre später noch beobachtet werden, wenn die er-
wachsenen Schimpansen in Stress geraten. (Vgl. Morris und
Parker 2010)
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75
EinE REchERchE von
Die langsame Entwöhnung erfolgt erst nach dreieinhalb bis
viereinhalb Jahren, nach fünf bis sechs Jahren kann die
Mutter dann ein weiteres Kind zur Welt bringen. Diese sehr
lange Phase zwischen den einzelnen Geburten ist besonders
bezeichnend für Menschenaffen. Stirbt die Mutter eines
Jungtieres, kommt es in der Natur gelegentlich zu Adoptio-
nen durch ältere Geschwister oder andere Verwandte. (Vgl.
Morris und Parker 2010)
4.4 wErkzEuGGEbrAuch und kOmmunikAtiOn
Schimpansen sind geschickte Werkzeugbenutzer. Sie bear-
beiten auch Objekte in ihrer Umwelt und stellen damit neue
Werkzeuge her, eine Fähigkeit, die lange Zeit als Monopol
des Menschen galt. Dass Schimpansen dazu in der Lage sind,
zeigt gleichzeitig, dass sie die Fähigkeit zur Planung und
Problemlösung besitzen. Das Wissen über den Werkzeug-
bau können Schimpansen später an ihre Kinder weiterge-
ben. (Vgl. Morris und Parker) Dabei bedienen sie sich eines
komplexen Kommunikationssystems aus Mimik, Gestik und
Lauten. (Vgl. Morris und Parker; Goodall 1971)
In den 60er Jahren begann ein amerikanischer Forscher, der
jungen Schimpansin Washoe die Amerikanische Gebärden-
sprache ASL beizubringen. Im Laufe der Zeit eignete sich
Washoe einen Wortschatz von circa 1500 Gebärden an und
war in der Lage, Vier-Wort- und gelegentlich auch Sieben-
Wort-Sätze zu bilden. Sie brachte ihrem Kind die Symbole
der Gebärdensprache bei und auch der Rest der mit ihnen
lebenden Schimpansengruppe kommunizierte regelmäßig
untereinander per ASL. (Vgl. Fouts und Fouts 1996)
Die Hauptgesprächsthemen der Schimpansen untereinander
betreffen die Kategorien des Spiels, der sozialen Interakti-
on und Rückversicherung, außerdem das Essen, die Körper-
pflege, die Sauberkeit und Disziplin. (Vgl. Fouts und Fouts
1996) Dabei können sie sich auch auf zurückliegende oder
zukünftige Ereignisse beziehen und sind in der Lage, Dinge
zu erwähnen, die nicht aus ihrer unmittelbaren Umgebung
kommen. (Vgl. Fouts und Fouts 1996) Dass einige zufällig
ausgewählte Schimpansen menschliche Gebärdensprache er-
lernen können, kann nicht bedeuten, dass sie im Vergleich
zu ihren Artgenossen besonders intelligent sind. Es zeigt
stattdessen, dass weitaus mehr als die bisher bekannten
Schimpansen in der Lage wären, ein menschliches Kommu-
nikationssystem zu erlernen.
Schimpansen, die in einem natürlichen Umfeld aufgewach-
sen sind, kommunizieren komplex und subtil über die art-
eigene Mimik, Körper- und Lautsprache. Der Tierfotograf
Frans de Waal zeigt in seinen Aufnahmen zum Beispiel ver-
schiedene Droh- und Spielgesichter von Primaten, in denen
sie deutlich ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Er fängt
Szenen ein, in denen sich Schimpansen gegenseitig trös-
ten, in denen sie tanzen, Grimassen schneiden, symbolisch
bestrafen oder Frieden schließen. Schimpansen zeigen auch
Sinn für Humor. “Für einen Schimpansen ist es zum Beispiel
witzig, wenn man so tut, als wolle man ihn packen (und
absichtlich daneben greift).” (De Waal 2004)
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EinE REchERchE von
4.5 GEfAhrEn
Schimpansen stehen auf der Roten Liste der vom Ausster-
ben bedrohter Tierarten (Oates et al. 2008). Dies lässt sich
größtenteils auf politische Instabilität in manchen Gebie-
ten, in denen sie leben, Lebensraumzerstörung, Krankheiten
(z.B. Ebola) und Wilderei zurückführen.
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EinE REchERchE von
5. SCHIMPANSEN IM SCHWABEN PARK
Der Park hält 44 Menschenaffen (Stand Oktober 2012), von
denen circa sechs relativ junge Tiere für die Show arbeiten
müssen. Das macht die Schimpansenhaltung des Schwaben
Parks zur größten privaten Haltung von Schimpansen in Eu-
ropa. (Vgl. Graefe 2012) Der Freiluftkäfig, in dem die Schim-
pansen für die BesucherInnen sichtbar untergebracht sind,
ist in sechs Abteilungen unterteilt, in denen jeweils eine
Gruppe von Schimpansen gehalten wird. Des Weiteren ver-
fügt die Anlage über vom Publikum nicht einsehbare Innen-
gehege, die in acht Bereiche unterteilt sind. Zwei Schim-
pansenkinder werden zur Öffnungszeit zusammen in einem
separaten Kindercontainer gehalten.
5.1 hALtunG
Die Innengehege der Schimpansenanlage sind entsprechend
des Säugetiergutachtens von 1996 zu klein. Die Mindestgrö-
ße von 480 Quadratmetern (vgl. Vermeer 2012a) für die 44
Schimpansen wird bei weitem nicht erreicht. Das Sozialle-
ben bei Schimpansen ist normalerweise geprägt durch eine
Struktur, bei der innerhalb der großen Stammgruppe täglich
neue Kleingruppen in unterschiedlicher Zusammensetzung
entstehen. (Vgl. Morris und Parker)
Diese Kleingruppenbildung ist im Schwaben Park nicht
möglich. Die 44 Tiere leben aufgeteilt in acht voneinan-
der getrennten Käfigen. Sie sind tagtäglich zur Interaktion
mit denselben Individuen gezwungen und können ihr Be-
dürfnis nach wechselnden Sozialstrukturen nicht ausleben.
Dr. Lorraine Docherty, Spezialistin für Schimpansenrettung
und -rehabilitation bestätigte dies auf Anfrage von Animal
Equality: “Schimpansen sind höchst soziale Tiere und das
Leben in Gruppen ist grundlegend für ihre psychische Ge-
sundheit.”
Schimpansen sind in der Natur hoch aktive Tiere mit aus-
geprägter Rangordnung unter den männlichen Tieren. (Vgl.
Morris und Parker 2010) Auf Grund des viel zu kleinen Raums
ist es den Tieren im Schwaben Park nicht möglich, sich ge-
genseitig auszuweichen, da nicht ausreichend Rückzugs-
möglichkeit zur Verfügung steht. Bei Auseinandersetzungen
zwischen den Tieren gibt es nicht genügend Fluchtwege,
da die Innenräume teils nur einen einzigen Zugang in die
Freigehege haben. (Vgl. Vermeer 2012a) Einem rangniedri-
gen Tier kann so der Zugang zum Innengehege von einem
ranghöheren versperrt werden. Zudem soll gerade bei nied-
rigen Temperaturen im Winter laut Säugetiergutachten auf
jeden Fall ein Zugang zum Innengehege gewährleistet sein,
da zu bedenken ist, dass Schimpansen unsere mitteleuro-
päischen Temperaturverhältnisse nicht gewöhnt sind. (Vgl.
BMELV 1996)
Weiterhin ist es nicht allen Schimpansen möglich, nachts
in größerer Höhe in Baumkronen zu schlafen, wie sie es in
freier Wildbahn aus Schutz vor Gefahren tun würden.
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EinE REchERchE von
5.2 hALtunG dEr junGtiErE
5.2.1 kLEinkindEr VOn EtwA EinEm jAhr
Die beiden jüngsten Schimpansen namens Robbi und Anni,
beide im Jahr 2011 geboren, sind während der Öffnungszei-
ten zu zweit in einem umgebauten Baucontainer mit Kunst-
stoffglasscheibe eingesperrt. Der Container misst circa acht
Quadratmeter (vgl. Vermeer 2012b) und unterschreitet so-
mit drastisch die Vorgaben des Säugetiergutachtens, nach
denen ihnen eine Mindestfläche von 25 Quadratmetern zur
Verfügung stehen sollte. Die Kinder werden isoliert von den
anderen Menschenaffen in Paarhaltung gehalten, was den
Vorgaben des Säugetiergutachtens ebenso widerspricht.
Während die Jungtiere laut Aussage von Hudelmaier (vgl.
Pix 2012) und einer Angestellten des Schwaben Parks (Aus-
sage einer Mitarbeiterin am 24.09.2012) im ersten Lebens-
jahr im Hause der Familie Hudelmaier leben, besagt Jan
Vermeer in seinem Bericht (vgl. Vermeer 2012a), dass sie
während dieser Zeit in einem kleinen Gehege in einem Ge-
bäude des Parks eingesperrt sind.
Dieses Gehege ist eine kleine Zelle mit einer Fläche von
circa acht Quadratmetern und einer Höhe von circa zweiein-
halb Metern. Es ist davon auszugehen, dass die zwei jüngs-
ten Kinder ihre Zeit in dieser Zelle verbringen, wenn sie sich
nicht in dem Container befinden. Diese Zelle hat geflieste
Wände und verfügte im Juli 2012 über keinerlei Spielzeuge
oder andere Beschäftigungsmöglichkeiten, es befand sich
lediglich ein Holzbrett an der Wand und Stroh auf dem Bo-
den.
Die Affenkinder haben im Kindercontainer kaum Beschäfti-
gungsmöglichkeiten und sind weiterhin den ständigen Bli-
cken, Lärm und Belästigungen der ZuschauerInnen ausge-
setzt. Sie verfügen über keinerlei Rückzugsmöglichkeiten.
Während der Recherche wurde vermehrt beobachtet, wie
Kinder unbeaufsichtigt gegen die Glasscheiben schlugen.
Diese Art der Haltung stellt eine psychische Belastung für
die Tiere dar.
An der Rückseite des Containers befindet sich eine Bühne,
die im Rahmen der Kinderunterhaltung im Park als Veran-
staltungsort für eine Zaubershow genutzt wird. Die Kinder
sitzen in mehreren Bankreihen vor der Bühne und applau-
dieren dem Zauberer regelmäßig. Es kann davon ausgegan-
gen werden, dass die Schimpansenkinder bewusst dem aus
der Zaubershow resultierenden Lärm ausgesetzt werden, um
sie an die Geräuschkulisse der Tiershows zu gewöhnen, in
denen sie später auftreten sollen.
Abb. 21: In diesem umfunktionierten
Baucontainer verbringen zwei Baby-
Schimpansen auf etwa 8 Quadratme-
tern ihre Tage. Direkt dahinter be-
findet sich die lärmende Bühne einer
Zaubershow.
82
83
EinE REchERchE von
Wie beim Menschen und vielen anderen Tieren ist die Kind-
heit für Schimpansen ein sehr entscheidendes Alter für die
physische und psychische Entwicklung. Schimpansenkinder
sind für lange Zeit von ihrer Mutter abhängig, mehr als vier
Jahre schlafen und trinken sie bei ihr. Wenn die Gruppe
unruhig wird und sich bedroht fühlt, springen sie auf den
Rücken ihrer Mutter, um Sicherheit zu finden. (Vgl. Goodall
1971)
Die meisten Affenkinder trinken während ihres ersten Le-
bensjahres circa drei Minuten pro Stunde an der Brust ih-
rer Mutter. (Vgl. Goodall 1971) Die Mutter-Kind-Bindung ist
sehr stark ausgeprägt. Wenn diese gebrochen wird, stürzt
die Welt der Betroffenen zusammen. Kinder können von der
Trennung depressiv werden. Sie werden teilweise von ih-
rem Kummer so geschwächt, dass sie sterben. (Vgl. Goodall
1971)
Im Schwaben Park verbringen die handaufgezogenen Kinder
ihre ersten Jahre in kleinen Zellen und ohne Kontakt zu
anderen Schimpansen.
5.2.2 kLEinkindEr im ALtEr VOn zwEi bis drEi jAhrEn
Die drei anderen jungen Kinder sind etwas älter, sie wur-
den in den Jahren 2010 und 2011 geboren. Die meiste Zeit
verbringen sie anscheinend in einem der Innengehege ohne
Zugang nach außen. Sie wurden im Rahmen der acht Besu-
che von Animal Equality nie draußen gesichtet. Ihr Zugang
nach außen war jedes Mal abgeschlossen und sie zeigten ab
und an ihre Gesichter durch die milchige Tür.
Ihr Innengehege ist circa sieben Quadratmeter groß (vgl.
Vermeer 2012a) und sie haben - abgesehen von Autoreifen,
Tüchern und von der Decke hängenden Gurten - keine Be-
schäftigungsmöglichkeiten.
84
Abb. 22: Drei junge Schimpansen-
kinder in einem der Innengehege
85
EinE REchERchE von
Junge Schimpansen in freier Wildbahn verbringen viel Zeit
damit zu spielen. Im Alter von zwei und drei Jahren spielen
sie praktisch die ganze Zeit. (Vgl. Goodall 1971) Sie widmen
sich jedoch selten länger als ein paar Minuten der gleichen
Beschäftigung. (Vgl. Goodall 1971) Über diese nötige Ab-
wechslung verfügen die Schimpansenkinder im Schwaben
Park in ihren kleinen Zellen und isoliert vom Rest der Gruppe
in keiner Weise.
Jane Goodall beschreibt das Spiel von jungen Schimpansen
so: “Am Liebsten jedoch spielen sie mit anderen Schimpan-
senkindern, jagen sich gegenseitig um Baumstämme herum,
springen, einer nach dem anderen durch die Baumwipfel,
lassen sich an einem Arm baumeln und stoßen sich gegen-
seitig oder wälzen sich ausgelassen auf dem Boden und
beißen, schlagen oder kitzeln sich, ohne einander weh zu
tun.” (Goodall 1971). “Wenn jedoch das Spiel für den jun-
gen Schimpansen einerseits auch eine Art Lernprozeß ist, so
ist es andererseits doch zugleich offensichtlich eine höchst
vergnügliche Beschäftigung.” (Goodall 1971).
5.3 AussEn- und innEnGEhEGE
Die Schimpansen kommen außer mit Gras und gelegentlich
Ästen, die als Gartenabfälle anfallen, mit keiner Vegetation
in Berührung, was in starkem Kontrast zu ihrem natürlichen
Lebensraum steht. Sie haben kaum Möglichkeit, ihre Umge-
bung zu erkunden und zu manipulieren, da viele Teile der
spärlichen Gehegeausstattung, wie beispielsweise ein toter
Baumstamm oder Steinbrocken, starr und unbeweglich sind.
“Lebensraumbereicherung”, wie man das Ausstatten eines
Käfiges mit Beschäftigungsmaterial im Zoojargon nennt,
gibt es im Schwaben Park kaum.
Schimpansen bauen sich in freier Wildbahn ihre Schlafnes-
ter selbst. (Vgl. Morris und Parker 2010) Im Schwaben Park
steht ihnen kaum Nestbaumaterial zur Verfügung. Unab-
hängig davon wie üppig die Ausstattung eines Zoogeheges
auch immer ausfallen mag - sie kann niemals die Zustände
in freier Natur ersetzen. In der Natur werden Schimpansen
von einer sich in ständiger Veränderung befindenden Um-
welt stimuliert. Die Menschenaffen im Schwaben Park ha-
ben kaum Stimulation, ihre Umwelt bleibt ständig gleich,
eine Interaktion mit ihr ist nur beschränkt möglich. Die
Bereicherung des Lebensraums mit Beschäftigungsmaterial
kann einen Mangel an Platz niemals ausgleichen.
86
87
EinE REchERchE von
Im Außengehege gibt es kaum Nischen und andere Mög-
lichkeiten, sich von ParkbesucherInnen oder Artgenossen zu
distanzieren. Die Innengehege sind sehr kantige Räume mit
für ihre Zwecke niedrigen Decken, die zwischen zweieinhalb
Metern und weniger als vier Meter hoch sind. (Vgl. Vermeer
2012a) Die Räume sind gefliest und machen einen sehr
kahlen Eindruck, auch wenn der Boden teilweise mit Stroh
bedeckt ist. Sie verfügen nur über sehr spärliche “Einrich-
tung”: im besten Fall einen hängenden Autoreifen und an
die Decke gehängte Gurte. Im Sommer scheinen die Türen
zwischen Innen- und Außengehege immer verschlossen zu
sein, so dass die Tiere immer draußen in Sicht des Parkpu-
blikums sein müssen. Während die Schimpansen sich in der
Natur Schlafnester aus Ästen bauen, verfügen sie im Park
weder in den Innengehegen noch in der Außengehegen über
Möglichkeiten, etwas Vergleichbares zu tun.
Die Zeit, die die Schimpansen im Winter in den engen, kah-
len Innengehegen verbringen müssen, muss eine große Be-
lastung für die Individuen sein. Sie können sich dort noch
weniger vor Artgenossen zurückziehen und haben noch we-
niger Möglichkeiten, sich zu bewegen und zu beschäftigen.
5.4 strEss und sEinE fOLGEn
5.4.1 diE umGEbunG
Die Geräuschkulisse im Schwaben Park ist auf Grund der
Fahrgeschäfte höher als in einem gewöhnlichen Zoo. Schim-
pansen haben ein gutes Gehör, das ihnen in der Natur hilft,
Gefahren zu erkennen oder Gruppenmitglieder zu orten.
(Vgl. Morris und Parker 2010) Sie sind im Schwaben Park
dauerhaften Hintergrundgeräuschen und der zusätzlichen
Belastung durch Besucherlärm ausgesetzt. Diese Geräusche
können Stressfaktoren für die Tiere sein.
5.4.2 PsychischE fOLGEn
Die meisten Wildtiere, auch die in Gefangenschaft leben-
den, müssen ihren instinktiven Verhaltensweisen nachge-
hen. Sie sollten die Möglichkeit haben, zu einem gewissen
Grad ihr Leben selbst zu bestimmen damit sie mental und
physisch gesund bleiben. Fehlende Kontrolle und wieder-
holende Frustration kann zu schwerwiegenden psychischen
Problemen führen (Zoocheck 2006).
Eine neue Studie hat ergeben, dass die Trennung von ihren
Müttern und anderen Schimpansen und das jahrelange Fris-
ten in Gefangenschaft für kleine Schimpansenkinder nicht
selten in anormalen Verhaltensweisen, wie das Hin- und
Herbewegen des Kopfes, resultiert (Lopresti-Goodman et al.
2013).
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89
EinE REchERchE von
Einiger der meist verbreitesten anormalen Verhaltensweisen,
die bei in Gefangenschaft lebenden Schimpansen beobach-
tet wurden sind Koprophagie (das Essen von Kot), die Re-
gurgitation und Wiederaufnahme von Essen und Selbstum-
klammerung. (Vgl. Birkett und Newton-Fisher 2011; Nash et
al. 1999; Wobber und Hare 2011; Hook et al. 2002; Walsh et
al. 1982).
Auch üblich ist selbstverletzendes Verhalten, wie sich selbst
zu schlagen, beißen oder sich selbst die Haare auszureißen
(Brune et al. 2006; Birkett et al. 2011; Walsh et al. 1982;
Mason und Latham 2008; Davenport und Menzel 1963).
Einige Tiere führen exzessive Haarpflege bis zu dem Punkt
durch, an dem sie an bestimmten Stellen vollkommen haar-
los sind. Obwohl solche Verhaltensweise sinnlos erscheinen,
sind sie wahrscheinlich eine Art der Selbststimulation für
die Tiere, die nicht genug Beschäfigungsmöglichkeiten zur
Verfügung haben und sind stressbedingt (Brune et al. 2006;
Birkett und Newton-Fisher 2011; Bradshaw et al. 2008;
Wobber und Hare 2011; Dorey et al. 2009; Fabrega 2006;
Novak 2001; Reimers et al. 2007).
Bei jedem der acht Besuche des Rechercheteams von Animal
Equality in den Anlagen des Schwaben Parks konnten Ver-
haltensauffälligkeiten der Schimpansen dokumentiert wer-
den. Es handelt sich hierbei um Symptome von psychischem
Stress und eine Vielzahl anormaler Verhaltensweisen und
Verhaltensstörungen, die klare Indikatoren dafür sind, dass
die Tiere im Schwaben Park stark unter ihrer Situation lei-
den und diese als Qual empfinden. Es wurden zum Beispiel
das repetitive Hin- und Herbewegen des Kopfes oder Kör-
pers, raspberry Geräusche, exzessive Fellpflege, das Bespu-
cken und Bespeicheln der Gitterstäbe und Lippeneinsaugen
dokumentiert. Auch das Umklammern des eigenen Körpers
und das Verharren in stark depressiven Posen wurde immer
wieder, und auch bei sehr jungen Tieren, dokumentiert.
Während der Shows zeigten die Tiere ebenfalls Verhalten,
welches mit Stress in Verbindung gebracht werden kann.
Die Schimpansenrettungs- und Rehabilitationsspezialistin
Dr. Lorraine Docherty beschreibt die Situation der Schimpan-
sen im Schwaben Park mit den folgenden Worten: “Die men-
tale Gesundheit der Schimpansen im Schwaben Park scheint
gefährdet zu sein. Das zeigt sich in einer Reihe anormaler
Verhaltensweisen, wie man gut in den Videoclips von Ani-
mal Equality erkennen kann. Man sieht z. B. sich wiederho-
lende stereotype Verhaltensweisen, raspberry vocalizations
(Mundgeräusche) und excessive displaying (übertriebenes
Zurschaustellen).
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91
EinE REchERchE von
Diese Verhaltensweisen sind Indikatoren für psychisches
Leiden und andere Störungen, die im Zusammenhang damit
stehen, keine Kontrolle über Umwelteinflüsse zu haben, was
für im Zoo lebende Schimpansen typisch ist.” (Vgl. Exper-
tenaussage Dr. Lorraine Docherty, siehe Anhang)
Es konnten bei einigen Schimpansen im Schwaben Park wie-
derholt stereotype Verhaltensweisen wie das andauernde
Vor- und Rückwärtsschaukeln des Oberkörpers, das Aussto-
ßen seltsamer Laute und die bis zum Haarverlust führende
Fellpflege dokumentiert werden. Diese sind laut Patti Ra-
gan, der Gründungsdirektorin des Center for Great Apes in
Florida, häufig auftretende Verhaltensstörungen bei Schim-
pansen, die ihre ersten fünf oder sechs Lebensjahre nicht
von ihrer eigenen Schimpansenmutter aufgezogen wurden.
(Vgl. Expertenaussage Ragan, siehe Anhang)
“Angesichts der vielen Ähnlichkeiten in den Gehirnstruk-
turen, die bei Menschen und Schimpansen bei Stress be-
troffen sind (z. B. der Hippokampus, die hypothalamisch
pituitäre Adrenalachse), und den psychosozialen Verhalten-
sähnlichkeiten der beiden, zeigen viele Schimpansen, die in
Gefangenschaft leben, das posttraumatische Stresssyndrom
(PTSD), das komplexe posttraumatische Stresssyndrom
(CPTSD) und Depressionen, ähnlich denen von Menschen.
Diese Symptome haben ihre Ursache in der Trennung von
der Mutter, unangemessenen Umweltbedingungen, denen
kognitive Bereicherung fehlt, im seltsamen Verhalten der
Schimpansen, die gezwungen werden, Tricks vorzuführen
(z. B. Kleidung zu tragen und auf einem Motorrad zu fah-
ren) und in der andauernden Präsenz der Menschen und der
Interaktion mit ihnen.” (Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy
Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
Es wurden verschiedene Schimpansen in ihrem Gehege doku-
mentiert, die ruckartig ihre Köpfe bewegten und sie darauf-
hin schüttelten. Mehrere andere Schimpansen wurden dabei
aufgenommen, wie sie raspberry Geräusche mit ihrem Mund
machten. All diese Verhaltensweisen sind anormal und tau-
chen nur bei in Gefangenschaft lebenden Schimpansen auf.
Sie sind ein Zeichen für psychischen Stress und Langeweile.
(Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe
Anhang) Durch diese Art der Verhaltensweisen versuchen
die Tiere in der Regel sich selbst zu beruhigen oder sie zei-
gen diese psychischen Störungen aufgrund der mangelnden
Stimulation durch äußere Umstände. (Vgl. Expertenaussage
Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
Andere Schimpansen umklammerten sich selbst, während
sie sich in niedergeschlagenen und gekrümmten Positio-
nen zusammenkauerten. Diese Art der Körperhaltung deu-
tet ebenso auf Stress hin. (Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy
Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
92
Abb. 23 (rechte Seite): Ein jun-
ger Schimpanse wurde in de-
pressiver Haltung verharrend
dokumentiert, die Furchen auf
seinem Kopf können Zeichen
von selbstverletzendem Verhal-
ten sein, welches eine Folge von
Reizdeprivation, Depression und
Traurigkeit sein kann
93
EinE REchERchE von
Die Anwesenheit der BesucherInnen ist für die Schimpan-
sen auch keine angenehme Erfahrung. Dass die Tiere vom
Publikum sichtbar verärgert sind, zeigt sich durch folgende
Verhaltensweisen: Sie rennen auf die Menschen zu, spucken
sie an oder werfen Gegenstände und Dreck in ihre Richtung.
“Das sind Versuche der Schimpansen, mit den Zuschauern
zu kommunizieren und ihnen mitzuteilen, dass sie gestresst
sind und möchten, dass sie verschwinden.” (Vgl. Experten-
aussage Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
“Einige Schimpansen sind in unmittelbarer Nähe zu einem
kleinen lärmenden Zug untergebracht, der die BesucherIn-
nen durch den Park befördert. Als Folge dieser Bedingungen
sind die Tiere äußerst angespannt, ihr Leben reduziert auf
Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit, zusammengekauert
oder versunken in sich wiederholende Wippbewegungen,
was auf psychischen Zusammenbruch hinweist.” (Vgl. Ex-
pertenaussage Dr. John Sorenson, siehe Anhang)
Eine weitere Verhaltensstörung, die bei Schimpansen, die
in Gefangenschaft unter Stress leiden, auftritt, ist das so-
genannte salivating (exzessive Speichelproduktion). Animal
Equality dokumentierte mehrere Schimpansen, die wieder-
holt die Gitterstäbe ihrer Gehege bespuckten und die Spucke
dann wieder einsaugten und schluckten. Studien zufolge ist
dies eine Verhaltensstörung, die als Folge von Langeweile
oder auch dem Fehlen einer angemessenen Ernährung auf-
tritt. (Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy Lopresti-Goodman,
siehe Anhang)
94
95
EinE REchERchE von
Tragischerweise haben ForscherInnen erkannt, dass auch
wenn die Tiere aus dieser Situation genommen werden, vie-
le der anormalen Verhaltensweisen und Zeichen von psy-
chischem Stress irreversibel geworden sind (Bowlby 1973;
Kalcher et al. 2008; Martin 2002). Zwei Schimpansen zum
Beispiel (Poco und Safari) wurden aus ihrer jahrelangen
Einzelhaltung gerettet, doch zeigten sie auch nach ihrer
Rettung noch Stereotypien, die Folge von dem psychischen
und physischen Trauma sind, welches sie durchlitten haben
(Lopresti-Goodman et al. 2013).
5.4.3 GEsundhEitLichE fOLGEn
Dem Gutachten von Jan Vermeer, welcher den Park im Spe-
tember 2012 besichtigte, ist zu entnehmen, die Schimpan-
sen befänden sich in bester Gesundheit. In seinem Gutach-
ten war zusammenfassend zu lesen, dass “es ungewöhnlich
sei, Tiere in so guten Konditionen vorzufinden” (Vermeer
2012a). Die ErmittlerInnen von Animal Equality jedoch ha-
ben ein gänzlich anderes Bild der Schimpansen im Park vor-
gefunden.
Der medizinische Zustand einiger der Schimpansen im
Schwaben Park bietet mindestens Anlass zur Sorge. Einige
Schimpansen weisen Wunden, Geschwüre oder Verletzungen
an verschiedenen Körperteilen wie Kopf, Gliedmaßen und
Extremitäten auf. Die extreme Enge der Gehege kann zu Ag-
gressionen zwischen den Schimpansen einer Gruppe führen
und Verletzungen hervorrufen.
Abb. 24-26: Einige der Schimpansen
haben Wunden an Händen, Füssen
oder Köpfen.
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97
EinE REchERchE von
Obwohl die Ursache der Verletzungen unbekannt ist, kann
man davon ausgehen, dass sie eine Folge der Stresssituation
sind, in der sich die Tiere befinden. (Vgl. Expertenaussage
Andrew Knight, siehe Anhang)
Einige der Schimpansen haben zudem Furchen an den
Köpfen, die auf selbstverletzendes Verhalten hinweisen.
“Schimpansen neigen – genau wie Menschen – zu selbst-
verletzendem Verhalten, um sich von psychischem Stress zu
befreien, wenn auf sie die Kriterien für CPTSD zutreffen.
Dies wird durch ein verlängertes und sich wiederholendes
Trauma herbeigeführt, im Gegensatz zu einzelnen trauma-
tischen Erlebnissen. Es ist möglich, dass die Schimpansen
im Schwaben Park Symptome von CPTSD aufweisen und sich
aus diesem Grund selbst verletzen.” (Vgl. Expertenaussage
Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
Viele der Schimpansen leiden unter Haarausfall im Gesicht,
auf Kopf, Brust und im hinteren Schulterbereich. Dieser
Haarausfall kann durch einen Anstieg des Stresshormons
Kortisol verursacht werden. (Vgl. Expertenmeinung Dr. Sta-
cy Lopresti-Goodman, siehe Anhang) Der Verlust der Haare
könnte auch ein Resultat einer Zwangsstörung sein. Dies ist
ebenso durch Stress verursachtes Verhalten, bei dem sich
die Schimpansen auf stereotype Weise die Haare ausreißen.
(Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe
Anhang)
Bei einigen der Schimpansen konnte weiterhin andauernder
und sich wiederholender Husten dokumentiert werden. Bei
einem Jungtier, welches in sich in engem Kontakt zu ande-
ren Schimpansen befand, war dieser besonders stark ver-
treten. Gelegentlicher Husten muss bei Schimpansen nicht
zwangsläufig ein Indiz für eine schwerwiegende Krankheit
sein, dennoch muss er medizinisch überwacht werden. Ob
dies im Schwaben Park bezüglich des Hustens der Fall ist,
ist fraglich, da so viele Individuen unter Husten leiden.
“Ich hoffe sehr, dass der junge Schimpanse mit dem Hus-
ten in medizinischer Behandlung bei einem Veterinär ist...
Von Zeit zu Zeit erkälten sie sich und dieser Husten könnte
durch eine Erkältung ausgelöst worden sein. Aber es könnte
auch etwas sehr viel Schlimmeres sein” (vgl. Expertenaussa-
ge Patti Ragan, siehe Anhang), lautet die Aussage von Patti
Ragan, Gründungsdirektorin des Center for Great Apes in Fo-
rida, bezüglich des Animal Equality Videos eines hustenden
Schimpansen im Schwaben Park.
Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die
Schimpansen im Schwaben Park erheblich unter ihrer Gefan-
genhaltung leiden und sich dies in physischen und psychi-
schen Störungen beweisend ausdrückt.
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99
EinE REchERchE von
5.5 hAndAufzuchtEn
Sehr wahrscheinlich hat der Schwaben Park ein gesteiger-
tes wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der
Schimpansenshow. Die Show zieht - im Gegensatz zu den
immer baufälliger werdenden Fahrgeschäften - langfristig
zahlendes Parkpublikum an. Um das Fortbestehen der Show
zu gewährleisten, sind Handaufzuchten von Jungtieren
notwendig. Da Schimpansen mit zunehmendem Alter nicht
mehr gefügig sind und sich Dressur und Auftritten mittels
Körperkraft verweigern (vgl. Pix 2012), müssen ständig
neue Schimpansenkinder per Hand aufgezogen werden. Min-
destens 18 der 24 vermutlich im Schwabenpark geborenen
Schimpansen wurden per Hand aufgezogen. (Vgl. Vermeer
2012a) Von den 44 heute im Park lebenden Schimpansen
wurden mindestens 30 per Hand aufgezogen. (Vgl. Vermeer
2012a)
Dressierbar sind nur die Schimpansen, die nach der Geburt
von ihrer Mutter getrennt und von Menschen aufgezogen
werden. (Vgl. Expertenaussage von Dr. Tobias Deschner,
siehe Anhang) Die Handaufzucht ist für die Parkbetreiber
also notwendig, um die Schimpansenkinder für die Show
verwenden zu können, da diese sonst nicht genügend an
den Menschen gewöhnt wären.
Da junge Schimpansen nicht ihren Müttern entrissen wer-
den dürfen, behauptet die Familie Hudelmaier, die für die
Show verwendeten Schimpansenkinder seien von den Müt-
tern verstoßen worden (Aussage Mitarbeiterin 24.09.2012).
Wäre dies tatsächlich immer der Fall, würde es für eine
schlechte gesundheitliche Verfassung der Schimpansenmüt-
ter im Schwaben Park sprechen. Schimpansenmütter neh-
men ihre Kinder in der Regel nur dann nicht an, wenn sie
aufgrund psychischer Krankheiten nicht dazu in der Lage
sind oder sie körperlich krank sind und beispielsweise an
Herpes Simplex leiden. (Vgl. Pix 2012) Weiterhin werden in
der Wildnis oft von anderen Gruppenmitgliedern adoptiert
(Boesch et al. 2010).
“Der Schwaben Park gibt auch an, dass viele der Mütter
aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage sei-
en, ihre Kinder aufzuziehen. Wenn das der Fall ist, ist dies
sehr wahrscheinlich das Ergebnis der unangemessenen und
stressigen Umgebung, in der sie leben. Dem Schwaben Park
sollte es unter keinen Umständen erlaubt sein, weiterhin
Schimpansen zu züchten.” (Vgl. Expertenaussage Dr. Stacy
Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
Laut Dr. Rietschel, dem behandelnden Arzt der Tiere im
Schwaben Park, wird mit Hilfe von Verhütungs-Implantaten
aus der Humanmedizin versucht zu verhindern, dass Müt-
ter, die nicht fähig sind, ihre Kinder aufzuziehen, weiteren
Nachwuchs bekommen. (Vgl. Pix 2012) Da es jedoch offen-
sichtlich weiterhin regelmäßig Nachwuchs gibt, der abge-
stoßen wird, scheint diese Methode nicht zu funktionieren
oder nicht ernsthaft verfolgt zu werden.
100
101
EinE REchERchE von
Die Mütter von 24 im Schwaben Park lebenden Schimpansen
leben laut Vermeer selbst im Schwaben Park. Daher liegt es
nahe, dass diese Kinder im Schwaben Park geboren worden
sind. (Vgl. Vermeer 2012a) Wie aus der im Anhang beige-
fügten Tabelle hervorgeht, wurden mindestens 18 dieser 24
im Park geborenen Menschenaffen von ihren Müttern ge-
trennt und per Hand aufgezogen. (a.a.O.) Es wurden also
mindestens 75 % der zwischen 1982 und 2011 geborenen
Schimpansenkinder von der Mutter verstoßen oder der Mut-
ter entrissen.
Zehn der 18 von Hand aufgezogenen Menschenaffen wur-
den danach zu “Showaffen” erzogen. (Vgl. Vermeer 2012a)
Drei der 18 von Hand aufgezogenen Schimpansen sind noch
zu jung für die Show. (a.a.O.) Zusätzlich leben noch zwei
weitere handaufgezogene Schimpansenkinder im Schwaben-
park, deren Mütter nicht im Schwabenpark leben. (a.a.O.)
Werden die insgesamt fünf jüngsten Kinder als “Showaffen”
trainiert, werden 83 % aller von Hand aufgezogenen Men-
schenaffen für die Show benutzt.
Weitere Schimpansen, die im Schwaben Park leben, aber
nicht dort geboren wurden, wurden ebenfalls von Hand auf-
gezogen. Im Fall von vier dieser Individuen behauptet der
Schwaben Park, dass sie aus anderen Einrichtungen stam-
men, der Geburtsort von weiteren neun Schimpansen wird
nicht genannt.
Von zwei Müttern der im Schwaben Park geborenen Schim-
pansen ist die Art der Aufzucht nicht bekannt. Alle ande-
ren fünf Mütter wurden ebenfalls per Hand aufgezogen.
Von diesen sieben Schimpansinnen, die Kinder geboren ha-
ben, durften nur drei einige ihrer Kinder selbst großzie-
hen, wie aus der im Anhang beigefügten Tabelle hervorgeht
(Vgl. Vermeer 2012a):
• Julchen zog eines selbst auf, zwei Kinder wurden ihr
weggenommen
• Cindy zog zwei selbst auf, ein Kind wurde ihr wegge-
nommen
• Mäde zog drei selbst auf, ein Kind wurde ihr wegge-
nommen.
Sina, Milli und Mari haben jeweils ein Kind geboren, alle
wurden per Hand aufgezogen. Kitty hat vier Kinder gebo-
ren, die ihr alle weggenommen wurden. Chita wurden alle
ihre acht Kinder weggenommen. (Vgl. Vermeer 2012a) Chita
kann angeblich ihre Kinder nicht selbst aufziehen, weite-
re Geburten hätten also spätestens nach der ersten durch
Empfängnisverhütung verhindert werden können. Dass diese
anschließend noch sieben weitere Kinder zur Welt brachte,
die allesamt von Hand aufgezogen wurden, legt den Ver-
dacht nahe, dass die Betreiber eine niedrige Motivation be-
sitzen, weitere Geburten zu verhindern. Das Platzangebot
für die einzelnen Tiere wird bei stetig wachsender Gruppen-
größe in den ohnehin schon viel zu kleinen Innengehegen
noch geringer.
102
103
EinE REchERchE von
Stimmt die Aussage der ParkbesitzerInnen nicht und nicht
alle Showschimpansen wurden von der Mutter verstoßen,
muss es zu einer zwanghaften Trennung von Müttern und
Kindern gekommen sein. Die Mutter-Kind-Beziehung ist bei
Schimpansen besonders intensiv und bleibt oft ein Leben
lang bestehen. (Vgl. Goodall 1971)
Eine Trennung durch Menschenhand stellt für Schimpan-
senmütter und ihre Kinder ein traumatisches Ereignis dar.
Schimpansenmütter haben von Natur aus einen ausgepräg-
ten Beschützerinstinkt. Sie leiden an Depressionen und Sor-
ge um das Kind, wenn es ihnen weggenommen wird. Diese
psychische Belastung kann so schwerwiegend sein, dass die
Schimpansin die Fähigkeit, ein weiteres Kind großzuziehen,
verliert. Menschliche Pflegekräfte können dem Schimpan-
senkind nicht annähernd die Mutter ersetzen. (Vgl. PROJECT
R&R)
Junge Schimpansen sind ohne mütterliche Unterstützung
vollkommen hilflos. Tatsächlich können die Kinder in ihren
ersten beiden Lebensmonaten ihr eigenes Gewicht noch
nicht selbst tragen und sind somit abhängig von ihren Müt-
tern (Bard 1995; Chimpanzee Species Survival Plan Websei-
te).
Im Schwaben Park werden die Schimpansenkinder vom ers-
ten Tag an von Hand aufgezogen und mit Milumil Kinder-
nahrung gefüttert (Gespräch mit Thomas Hudelmaier am
13.11.2012).
Breite Forschungen im Gebiet Handaufzuchten bei Schim-
pansen belegen die negativen Effekte dieser auf die Psy-
che der Tiere. (Vgl. Birkett und Newton-Fisher 2011; Mar-
tin 2004; Martin 2005). Wenn die Tiere im Schwaben Park
tatsächlich nur für die menschliche Unterhaltung und die
Steigerung des Profits für den Park ihren Müttern entrissen
werden, ist dies eine grausame und inhumane Praktik – so-
wohl für die Mutter als auch das Kind – und beweist eine
ernsthafte Missachtung der BetreiberInnen des Parks ge-
genüber den dort gefangen gehaltenen Tieren.
104
Abb. 27: Dieses Schimpansenkind wurde immer wieder in
apathischen und depressiven Posen vorgefunden
105
EinE REchERchE von
6. AUSBEUTUNG ZUR UNTERHALTUNG
Gefangen gehaltene Schimpansen werden oft für Fernseh-
shows, Filme und Werbespots benutzt. Die Tiere müssen oft
Menschenkleidung tragen und werden in vermenschlichten
Situationen dargestellt. Während es immer mehr in Verruf
gerät, Wildtiere in Wanderzirkussen zu halten (in mehreren
europäischen Ländern wurde dies bereits verboten), gibt es
immer noch zahlreiche Zoos, die zirkusähnliche Tiervorfüh-
rungen anbieten.
6.1 zirkusähnLichE shOws
Die Schimpansenshow im Schwaben Park ist eine Art Zir-
kusvorführung, in denen die dressierten Tiere in mensch-
liche Verkleidungen gesteckt werden und vor Publikum
einstudierte Einlagen vorführen müssen. Die Schimpansen
sind während der gesamten Show, die je nach Publikums-
zahlen bis zu drei Mal täglich aufgeführt wird, angeleint
bzw. angekettet. Für die Show dressiert Thomas Hudelmaier
mit seiner Frau Silvia erst im eigenen Zuhause und später
im Park Schimpansenkinder, die angeblich von ihrer Mutter
verstoßen wurden. Ältere Schimpansen können in der Regel
für die Shows nicht mehr “verwendet” werden, da sie unter
anderem dem Menschen körperlich überlegen sind und sich
Aufforderungen verweigern können.
Wildtiere haben von sich aus kein Interesse daran, Kunst-
stücke aufzuführen oder andere Verhaltensweisen zu erler-
nen, die ihren Bedürfnissen und Interessen nicht entspre-
chen. Ein solches Verhalten hat für sie keinen Nutzen. Die
Instinkte von Wildtieren bleiben erhalten, unabhängig von
dem Ort, an dem sie geboren werden. Sie bleiben unbere-
chenbar und in der Folge gehört es oft zum Training, den
Tieren durch extreme physische Gewalt Angst einzuflößen
und sicherzustellen, dass sie dem Trainer oder der Trainerin
gehorchen. (Vgl. Animal Equality 2011) Sie führen die Kunst-
stücke also nur aus Angst vor Bestrafung oder Resignation
durch. Führt das Tier die Kunststücke nicht zur Befriedigung
des Trainers oder der Trainerin aus, werden ‘überzeugendere’
Methoden angewandt, um die Leistung des Tieres zu ‘ver-
bessern’; letzten Endes wird ein nicht ‘arbeitendes’ Tier als
Belastung empfunden. (Vgl. Zoocheck 2006) Gewaltanwen-
dung zur Gewährleistung von Dominanz und Kontrolle wird
von vielen Dresseuren als notweniges Übel akzeptiert, da
ein Verlust der hundertprozentigen Dominanz ein Lebensri-
siko darstellen kann. (Vgl. Zoocheck 2006)
106
107
EinE REchERchE von
Andauernde Dressur von Wildtieren hat oft einen stark
schädlichen Effekt auf die Gesundheit und das Wohlbefin-
den der Tiere. (Vgl. Save the Chimps Webseite) Kalkulierte
Misshandlung kann einen Schimpansen zu einem furchtsa-
men Individuum werden lassen, das nur um weitere Miss-
handlungen zu umgehen, aufmerksam und folgsam ist. Iro-
nischerweise ist das “Grinsen” der Schimpansen (Mund weit
geöffnet, Zähne zusammengepresst und entblöst), wie es
von Animal Equality während der Shows im Schwaben Park
beobachtet worden ist, in Wirklichkeit eine Geste der Unter-
werfung. (Vgl. Goodall 1971)
Abb. 28 (unten): Schimpansen
müssen lächerliche Kunststücke
in der täglichen Show vorführen
Primaten brauchen - wie alle menschlichen und nicht-
menschlichen Tiere - Beschäftigung. Die Zurschaustellung
der Individuen in der Unterhaltungsindustrie lässt sich mit
dem Beschäftigungsargument allerdings nicht rechtferti-
gen. Für Beschäftigung muss kein Individuum zur Schau
gestellt werden.
Es handelt sich außerdem beim Einüben von Zirkusnum-
mern und vermenschlichenden Verhaltensweisen keinesfalls
um eine Beschäftigung, die ihren Bedürfnissen entspricht.
Auch die Aufführungen selbst stehen den Interessen und
Bedürfnissen der Schimpansen vollkommen entgegen.
Patti Ragan, die Gründungsdirektorin des Center for Great
Apes in Florida, beschreibt die Schimpansenshow im Schwa-
ben Park mit den folgenden Worten: “Die Methoden, mit
denen Schimpansen dieser Größe trainiert und diszipliniert
werden, sind meistens herabwürdigend und barsch. Aber
selbst wenn der Trainer die tierfreundlichste und positivste
Art des Trainings gewählt hat, lehrt diese Show dem Pub-
likum in keinerlei Weise etwas über die wahre Natur von
Schimpansen, über ihr natürliches Verhalten und auch
nichts über die Schwierigkeit, sie in der freien Wildbahn
zu beobachten, weil ihre Art immer gefährdeter ist. Sie zu
verkleiden und sie dazu zu bringen, sich wie kleine Pseudo-
Menschen zu verhalten, ist veraltet und respektlos. Diese
Art von Show existiert doch schon seit Jahrzehnten nicht
mehr.” (Vgl. Expertenaussage Patti Ragan, siehe Anhang)
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109
EinE REchERchE von
In der Unterhaltungsindustrie zählt nicht das Individu-
um mit seinen Bedürfnissen - wie der Name es sagt, zählt
ausschließlich die Unterhaltung für den menschlichen Zu-
schauerinnen und Zuschauer. Dabei werden die Tiere einer
unnatürlichen Geräuschkulisse durch die Publikumsmenge
und die Showmusik ausgesetzt, die während der Vorführung
über Lautsprecher abgespielt wird. Die Umgebung in der
Showhalle, die Lautstärke, die vielen Menschen und hek-
tischen Bewegungen bleiben nicht ohne Wirkung auf die
Tiere. Bei Beenden der Show werden die Schimpansen mit
einem Fahrzeug zurück in ihren Käfig gebracht und zu Be-
ginn der nächsten Show wieder zur Halle gefahren.
Im Schwaben Park werden nur diejenigen Menschenaffen
“beschäftigt”, die in der Show mitarbeiten. Sie stellen nur
einen Bruchteil der im Park lebenden Schimpansen dar. Nor-
malerweise treten die Tiere, sobald sie die Geschlechtsreife
erreicht haben, nicht mehr für die Shows auf, da sie ab
diesem Alter schwer zu bändigen sind und mit deutlicher
Aggressivität auf Dressur reagieren. (Vgl. Graefe 2012)
Die BetreiberInnen des Schwaben Parks haben vermehrt
ausgesagt, dass es den Schimpansen Freude bereite, in den
Shows zu arbeiten und es ihnen Spaß mache, vor Publikum
aufzutreten. (Vgl. Graefe 2012) Die starke Aggressivität der
Tiere, sobald sie die Geschlechtsreife erreicht haben, wider-
legt dies eindeutig.
Die verschiedenen Tiershows zeigen die Tiere in Situatio-
nen, die ihren Interessen und Bedürfnissen absolut nicht
entsprechen. Das Bild, das von den Wildtieren vermittelt
wird, entspricht in keiner Weise der Realität und die Besu-
cher erfahren nichts über das Verhalten der Tiere in ihrem
natürlichen Lebensraum. Die Tiere müssen erniedrigende
Kunststücke aufführen, wodurch den ZuschauerInnen ver-
mittelt wird, dass nichtmenschliche Tiere keinen inhären-
ten Wert haben und einzig der Unterhaltung des Publikums
dienen. Für die Tiere bedeutet der Einsatz in der Unterhal-
tungsindustrie ein Leben voller Entbehrungen.
110
Abb. 29 (unten):
Schimpansen werden
gezwungen stark ver-
menschlichte Situatio-
nen vorzuführen
111
EinE REchERchE von
6.2 PArkExtErnE untErhALtunGsindustriE
Seit Jahrzehnten werden Schimpansen ausgebeutet und für
Auftritte Werbespots, Fernsehshows und Filme gezüchtet
und dressiert. (Vgl. Ross und Vreemann 2010). Typischer-
weise werden junge Schimpansen benutzt, da sie in jun-
gem Alten noch kontrollierbar sind und für das Publikum am
attraktivsten. (Vgl. Lukas und Ross 2005; The Chimpanzee
Collaboratory 2000) Sind die Schimpansen zu alt, benöti-
gen sie lebenslange Pflege für circa 60 weitere Jahre. (Vgl.
Schroepfer et al. 2011)
Abb. 30 (oben): Die Tiere
werden während der Show
an Leinen und Ketten fest-
gehalten oder festgebun-
den
In der Vergangenheit wurden Menschenaffen aus dem
Schwaben Park für die parkexterne Unterhaltungsindustrie
benutzt und in mehreren Fernsehshows zur Schau gestellt.
Dort mussten sie außerhalb der bekannten Umgebung
Kunststücke und Auftritte absolvieren. Unter anderem hat
der Schwaben Park Schimpansen für die folgenden Sendun-
gen wirtschaftlich genutzt:
• „Die große Show der Naturwunder“ am 25.12.2009 in
München (Abendzeitung Webseite)
• Elstner Show am 06.08.2009 (Monster and Critics)
• Radio Ton verwendet Schwaben-Park-Schimpansen,
2012 (Südwest Presse Webseite)
• Schwaben-Park-Schimpanse bei Stern TV, 2005 (Stern
TV Webseite)
• Schwaben-Park-Schimpanse bei Ronnys Popshow (RTL
Webseite)
• aktuell: Schimpanse in einem Werbefilm für die tsche-
chische Versicherung Koop.cz, 2012 (Euro Group for
Animals Webseite)
112
113
EinE REchERchE von
Des Weiteren wurden Schimpansen aus dem Schwaben Park
mit folgenden Prominenten fotografiert, was darauf schlie-
ßen lässt, dass sie in weiteren Fernsehsendungen aufgetre-
ten sind:
• Oliver Geißen
• Stefan Raab
• Gabi Köster
• Elisabeth Lanz
• Ben (Sänger)
• Yvonne Catterfeld
114
115
EinE REchERchE von
7. GESETZLICHE RAHMEN- BEDINGUNGEN
„Für die Haltung von Säugetieren in zoologischen Einrich-
tungen und Zirkusbetrieben existieren in Deutschland kei-
ne tierartspezifischen rechtsverbindlichen Vorschriften. Um
die allgemeinen rechtlichen Anforderungen des § 2 TierSchG
näher zu bestimmen, wurden im Auftrag des BMELV zwei an-
tizipierte Sachverständigengutachten erarbeitet: die „Leit-
linien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren
in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ (Zirkus-
leitlinien, letzte Überarbeitung 2000) sowie das „Gutachten
über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren
(Säugetiergutachten, letzte Überarbeitung 1996).“ (BMT
2010)
Das erste dieser Gutachten stammt aus dem Jahre 1977 und
wurde von einer Gruppe deutscher ZoodirektorInnen erstellt.
Es diente Veterinärbehörden, Gerichten und Verbänden als
Entscheidungsgrundlage für die tierschutzgemäße Unter-
bringung von Tieren. Der darauf folgende Gutachtenentwurf
von 1996, der die Haltungsbedingungen eigentlich verbes-
sern sollte, unterschritt die Anforderungen des ersten Gut-
achtens jedoch sogar teilweise noch. Grund dafür war unter
anderem, dass nur einer von sieben Gremiumsmitgliedern
aus dem Bereich des Tierschutzes kam. (Vgl. Austermühle
1996) Laut BMELV werden die Richtlinien momentan überar-
beitet. (Vgl. BMELV 2012)
Die Schwaben Park GmbH verkauft sich als Freizeitpark mit
Tierhaltung. Deswegen sind die Zirkus-Leitlinien nicht auf
ihn anzuwenden und in der Folge ist es ihm möglich, Men-
schenaffen zu halten und in Shows zu benutzen: “Gleichwohl
die Haltung von Menschenaffen in reisenden Unternehmen
nach den Zirkusleitlinien von 2003 nicht mehr zulässig ist,
kann etwa besagter „Schwaben Park“ als nicht reisendes
Unternehmen sich diesem Verbot elegant entziehen.” (Gold-
ner 2011)
Im Rahmen der Recherche von Animal Equality wurden
zahlreiche Verstöße gegen das Säugetiergutachten und
das Bundesnaturschutzgesetz von Seiten der BetreiberIn-
nen des Schwaben Parks festgestellt. Einundfünfzig Punk-
te wurden von dem Rechercheteam von Animal Equality
als Verstöße gegen das Säugetiergutachten eingestuft.
Was die im Schwaben Park lebenden Tiere betrifft, gilt das
Säugetiergutachten ausschließlich für Schimpansen, Tiger,
Ziegen, Schafe und Schweine und nicht für die Papageien
und Fische. Animal Equality hat hauptsächlich Verstöße hin-
sichtlich Gehege- und Käfiggrößen, Mangel an Rückzugs-,
Ausweich- und Rundlaufmöglichkeiten sowie Mangel an
Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten festgestellt.
Zudem scheint der Park gegen mindestens vier Absätze des
Bundesnaturschutzgesetzes zu verstoßen. Dies ergibt sich
aus der Tatsache, dass die Gehege nicht art- und tiergerecht
ausgestattet sind und die Öffentlichkeit bei einem Besuch
des Schwaben Parks nicht genügend über den Erhalt der
biologischen Vielfalt und das Leben der Tiere in ihren natür-
lichen Biotopen lernen kann.
116
117
EinE REchERchE von
Die große Anzahl klarer Verstöße gegen die geltenden Richt-
linien weist darauf hin, dass Tierschutzregelungen (Gesetze,
die Tiere schützen sollen) nicht nur sehr aufwändig, son-
dern in der Praxis unmöglich zu kontrollieren sind. Laut
Bundesnaturschutzgesetz §42 (“§42 BNatSchG”), ist das
Veterinäramt dafür zuständig, regelmäßig Prüfungen und
Besichtigungen durchzuführen, um feststellen zu können,
ob die u. a. oben genannten Forderungen von den Betrei-
bern eingehalten werden. Durch dieses Versagen würde das
Veterinäramt gegen drei Absätze des §42 BNatSchG versto-
ßen (§42 Absätze 5, 6 und 7 BNatSchG).
Es muss unbedingt zur Kenntnis genommen werden, dass die
vorhandenen Richtlinien die Tiere nicht schützen und auch
durch eine Verbesserung der Richtlinien die Bedürfnisse der
Tiere im Schwaben Park nicht befriedigt werden können.
Die Bedürfnisse der Tiere können in Gefangenschaft aus den
zahlreichen oben genannten Beispielen niemals vollkom-
men befriedigt werden.
Tiere existieren um ihrer selbst Willen. Deshalb sind reine
Tierschutzreformen oder Veränderungen der Art und Weise
der Ausbeutung von Tieren nicht akzeptabel. In der Vergan-
genheit hat sich gezeigt, dass bei Reformen, die die Nutzung
von Tieren etwas „artgerechter“ gestalten sollen, nicht die
tatsächlichen Bedürfnisse der Tiere im Vordergrund stehen,
sondern lediglich die Profitsteigerung für den “Tierhalter”.
Die logische Konsequenz aus der Nutzung von Tieren für
menschliche Zwecke, wie sie in Zoos, Zirkussen und ähnli-
chen Einrichtungen vorliegt, ist, dass die Bedürfnisse der
gefangen gehaltenen Tiere Bedürfnissen und Interessen der
Menschen untergeordnet werden. Diese Diskriminierung von
nichtmenschlichen Tieren aufgrund ihrer Spezieszugehörig-
keit darf nicht toleriert werden. (Vgl. Animal Equality 2011)
Eine Verbesserung von Haltungsbedingungen verändert die
Situation der Tiere nicht grundlegend und trägt zur Normali-
sierung von Tierausbeutung bei. (Vgl. Animal Equality 2011)
118
119
EinE REchERchE von
8. VERHALTEN DER BESUCHER
Die Besucher stellen zweifellos eine wesentliche Kompo-
nente der Umgebung der Tiere im Schwaben Park dar und
haben daher einen bedeutenden Einfluss auf das Leben der
dort gefangen gehaltenen Tiere. Zahlreiche Studien haben
gezeigt, dass es in Zoos eine Verbindung zwischen den Pub-
likumszahlen und den Veränderungen im Verhalten der Tiere
gibt. (Vgl. Animal Equality 2011)
Das tägliche Leben der Tiere wird stark durch physische und
biologische Faktoren, wie soziale und räumliche Restriktio-
nen, die Anwesenheit von Tieren anderer Spezies, Menschen
miteingeschlossen, und die Anwesenheit angemessener Be-
schäftigungsmöglichkeiten, beeinflusst (Carlstead 1996).
Je nach Spezies und abhängig von den vorherigen Erfah-
rungen mit Menschen und dem Verhalten der jeweiligen
Person, reagieren nichtmenschliche Tiere auf Menschen in
unterschiedlicher Weise. Die großen Gruppen unbekannter
BesucherInnen, mit denen die Tiere täglich in Zoos konfron-
tiert werden, sind höchstwahrscheinlich keine angenehme
Erfahrung. (Vgl. Animal Equality 2011) Folglich leiden auch
die Tiere im Schwaben Park sehr wahrscheinlich unter der
Belastung durch den Publikumsverkehr.
Die dort gefangen gehaltenen Tiere nehmen die Besuche-
rInnen als Feinde, Beute, als neutral oder als Gegner wahr.
(Vgl. Hediger 1965) Viele Studien zeigen, dass Primaten die
Anwesenheit von großen, sich bewegenden Gruppen von
Menschen als extreme Stresssituation erleben. (Vgl. z. B.
Mitchell et al. 1991) Dieser Stress kann in anormalen Ver-
haltensweisen, Stereotypien, erhöhter Aggression, erhöhter
Aktivität sowie einer Abnahme des allgemeinen Interesses
und gruppenbezogener Aktivitäten resultieren. (Vgl. Animal
Equality 2011)
Bei andauernder aversiver Reizeinstrahlung durch vermehrt
wiederkehrende Situationen, die das Tier nicht kontrollieren
kann, kann eine Folge dessen chronische vermehrte Aus-
schüttung von Stresshormonen und stress-bezogenes Agres-
sionsverhalten sein (Kant et al. 1987).
Das Verhalten von Schimpansen in Abhängigkeit des Be-
sucherverhaltens wurde 1996 im Krefelder Zoo an einer
dort gefangen gehaltenen Schimpansengruppe untersucht,
die in einem 150 Quadratmeter großen Gehege lebt. Die
Studie kam zu dem Schluss, dass die Schimpansen desto
weniger spielen, je höher Aktivität und Anzahl der Be-
sucherinnen und Besucher ist. (Vgl. Austermühle 1996)
Hauptsächlich „aktives“ Verhalten von Seiten der Besu-
chergruppen lässt “bei den Schimpansen eine Atmosphä-
re [entstehen], wie sie bei der Zunahme sozialer Span-
nungen, bei unausgeglichenen Lebensbedingungen oder
reizenden Umwelteinflüssen beobachtet wurde und die
spielerisches Verhalten unterbindet.“ (Austermühle 1996)
120
121
EinE REchERchE von
“Schließlich nahm auch die Häufigkeit des Übersprung-
verhaltens, die Tiere kratzten sich oder betrieben an sich
selbst Fellpflege, mit steigender Besucheraktivität zu.
All dies belegt, dass die Besucher das soziale Gruppengefü-
ge der Tiere stark belasteten und Spannungen auslösten.”
(Austermühle 1996)
Während der acht Besuche im Schwaben Park haben die Er-
mittlerinnen und Ermittler von Animal Equality die im Fol-
genden beschriebenen Situationen beobachtet.
8.1 indirEktEr kOntAkt
Während der Recherche beobachtete Animal Equality, wie
Gegenstände in das Gehege geworfen wurden und innerhalb
der Gehege befand sich Müll, der vermutlich ebenfalls von
BesucherInnen hinein geworfen worden war. Das Recher-
cheteam sah weiterhin Tiere, die eindeutig unter der un-
mittelbaren Nähe der BesucherInnen litten und bezeugten
zusammenfassend folgende Handlungen:
• Werfen von Objekten auf die Tiere, u. a. eine bren-
nende Zigarette
• Rauchen am Gehege
• Unangemessen lautes Reden (z. B. Beschimpfen, Är-
gern, aggressives Verhalten)
• Werfen von Abfällen
• Klopfen an die Glasscheiben
122
Die ErmittlerInnen konnten unter anderem filmen, wie die
Tiere mit Objekten wie Erde und Zweigen beworfen wur-
den. Es wurde heftig an die Glasscheiben, hinter denen sich
Schimpansenkinder in einem engen Raum ohne Rückzugs-
möglichkeiten befanden, geklopft und getreten. Außerdem
konnte bezeugt werden, wie eine brennende Zigarette ins
Schimpansengehege geworfen wurde, woraufhin ein Schim-
panse die Zigarette weiterrauchte.
Patti Ragan äußerte sich bezüglich der Besucherinnen und
Besucher im Schwaben Park mit den folgenden Worten: “Der
nahe Kontakt zu den Schimpansen außerhalb ihres Ausstel-
lungsgeheges ist sehr besorgniserregend. Wenn Menschen
Essen in die Gehege der Schimpansen werfen, werden so
auch die Keime von ihren Händen übertragen und damit
auch alle möglichen Bakterien und Krankheiten. Und eine
Zigarette hineinzuschmeißen ist einfach schrecklich!” (Vgl.
Expertenaussage Patti Ragan, siehe Anhang)
Abb. 31 (unten) : Ein Schimpanse
kaut an Müll, den wahrscheinlich
Besucher in das Gehege geworfen
haben
123
EinE REchERchE von
Immer wieder wurde festgestellt, dass die Tiere provo-
ziert oder beleidigt werden. Die Menschenaffen wurden
als “Schweine”, “Arschloch”, “Penner” und “Blödmann” be-
schimpft. ParkbesucherInnen begrüßen die Tiere teilweise
provozierend und in aller Regel mit spottendem Unterton.
Werden Tiere in Gefangenschaft präsentiert, tendiert die/
der BetrachterIn dazu, sie als untergeordnet zu sehen. Da-
mit schützt er sich vor der Empathie mit den Gefangenen.
Verhöhnung ist eine weit verbreitete Reaktion und eine
Form von Diskriminierung.
“Die Menschen im Video wurden dabei gefilmt, wie sie ge-
gen das Fenster eines Jungtiergeheges schlugen, schrien
und Gesichter zogen. Man kann auch sehen, wie sie Dinge
nach einem erwachsenen Schimpansen in seinem/ihrem Au-
ßengehege werfen. Das ist ein Verhalten, das Schimpansen
als Provokation und Bedrohung ansehen. Während einige
Schimpansen Aggression und Frustration als Antwort auf
diese mitleidlosen und gleichgültigen Menschen zeigen,
sitzen andere einfach nur still da. Das deutet auf erlernte
Hilflosigkeit hin. Der Schimpanse hat gelernt, dieses belei-
digende Verhalten und seine nachteilige Situation zu akzep-
tieren, da er aus seiner stressigen Situation ohnehin nicht
fliehen, sie nicht ändern oder verhindern kann.” (Vgl. Ex-
pertenaussage Dr. Stacy Lopresti-Goodman, siehe Anhang)
8.2 dirEktEr kOntAkt
Direkter Kontakt zwischen Zootieren und BesucherInnen
kann nicht nur für Tiere erhöhtes Stress- und Angstverhal-
ten hervorrufen, sondern erhöht auch das Risiko von Ver-
letzungen und die Übertragung von Zoonosen (Infektions-
krankheiten, die von Mensch zu Tier und Tier zu Mensch
übertrage werden können). Im Schwaben Park hatte das
Publikum auf verschiedene Art und Weise Kontakt mit den
Tieren, der auch negative Konsequenzen haben kann, wie
zum Beispiel:
• BesucherInnen füttern Tiere mit der Hand
• BesucherInnen können Schimpansen Gegenstände
reichen
• BesucherInnen schubsen und fangen Babyziegen
• Schimpansen urinieren in Richtung der Besucherin-
nen und Besucher
124
125
EinE REchERchE von
Animal Equality beobachtete, dass das Publikum direkten
Kontakt mit Tieren hatte, wie zum Beispiel beim Füttern der
Tiere mit der Hand, beim Berühren der Tiere ohne Aufsicht
durch das Gitter oder innerhalb der Streichelzooanlage.
Auch Schimpansen und BesucherInnen können im Schwaben
Park aufgrund der Gegebenheiten am Gehege, d. h. durch
unzureichende Absperrungen, in direkte Berührung kom-
men. Direkter Kontakt zwischen Tieren und Zoopublikum
kann für die Tiere nicht nur Stress und das Risiko von phy-
sischem Leid bedeuten, sondern bringt auch die Gefahr der
Übertragung von Krankheiten auf die Tiere mit sich. (Vgl.
Animal Equality 2011)
Weiterhin wurde von Animal Equality dokumentiert, wie
Schimpansen vom Käfiggitter aus in die Richtung der Be-
sucher urinierten. Es besteht die Möglichkeit, dass diese
direkt mit Urin der Schimpansen in Berührung kommen, was
zu viralen oder bakteriellen Infektionen führen kann.
Die oben beschriebenen Einwirkungen der BesucherInnen
auf die Tiere im Schwaben Park führen nachweislich zu
Veränderungen im Verhalten der Tiere. “Zahlreiche Studi-
en haben gezeigt, dass es eine Verbindung zwischen Be-
sucherzahlen und Veränderungen im Verhalten der Tiere
gibt.” (Animal Equality 2011) Typische Stressreaktionen
sind beispielsweise anormale Verhaltensweisen, Stereotypi-
en, erhöhte Aggression und erhöhte Aktivität sowie eine
Abnahme des allgemeinen Interesses und des Interesses an
gruppenbezogenem Verhalten.
126
127
EinE REchERchE von
SCHLUSSFOLGERUNGEN
biLdunGsAuftrAG
Die mutmaßliche Rolle der Zoos als Bildungs- und Unter-
richtsstätte wird stark infrage gestellt, wenn man in einer
Gesellschaft leben möchte, welche die Interessen aller Tiere
gleich behandelt.
Im 19. Jahrhundert verkörperten Zoos Imperialismus und
die menschliche Herrschaft über die Natur. (Vgl. Hochadel
2005) Sie stellten lebende Trophäen imperialistischer Erobe-
rungen aus (vgl. Marlno et al. 2009) und die Herrschenden
hielten sich große Tiersammlungen als Zeichen ihrer Macht.
(Vgl. Jamieson 2006)
Die zoologische Gesellschaft London war der erste moder-
ne Zoo und öffnete seine Türen für die Öffentlichkeit als
Erholungsziel für Menschen. In den 70er Jahren führte ein
erhöhtes Bewusstsein für Tierrechte dazu, dass die Men-
schen das Konzept der Zoos und anderer Einrichtungen, in
denen Tiere gefangen gehalten wurden, in Frage stellten.
(Vgl. Animal Equality 2011)
Die Einrichtungen antworteten darauf, indem sie sich fort-
an die Erhaltung der Spezies und die öffentliche Bildung
auf die Fahnen schrieben und mit naturalistischen, ökologi-
schen und landschaftlichen Ausstellungsstücken prahlten.
(Vgl. Animal Equality 2011) Aber das Konzept blieb gleich,
wie Rob Laidlaw, Gründer und Geschäftsführer von Zoocheck
Canada12, verdeutlicht: “Die Zoos haben versucht sich neu
zu verpacken als Institutionen, die sich dem Schutz und
der Erhaltung der Tierwelt widmen, sowie der öffentlichen
Bildung und dem Wohlergehen der Tiere. Aber die meisten
Zoos werden ihrer eigenen Propaganda nicht gerecht und
eine gewaltige Anzahl von Zootieren erträgt weiterhin ein
Leben in Not und Entbehrung” (Laidlaw 2000).
Auch wenn einige moderne Zoos ältere Käfige durch neuere
ersetzt haben, bleibt der den Tieren zur Verfügung gestellte
Platz begrenzt. Der strategische Aufbau eines Zoos gibt den
Besuchern jedoch nur eine kleine Idee des wirklichen Le-
bens in einem Zoo. Geschickte Architektur bringt die Besu-
cherInnen buchstäblich dazu, zu glauben, dass die Tiere viel
mehr Platz und Umfang zur Verfügung gestellt bekommen,
als es tatsächlich der Fall ist. (Vgl. Animal Equality 2011)
Im Hinblick auf die pädagogische Rolle dieser Einrichtungen
hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Zoos und Aqua-
rien die Bildung des Publikums nicht maßgebend fördern.
(Vgl. Animal Equality 2011) Es wurde festgestellt, dass ein
Zoobesuch keine erkennbaren Veränderungen des Wissens-
standes und der Einstellung zur Folge hat. (Vgl. Balmford et
al. 2007)
128
129
EinE REchERchE von
„Die Schautafeln […] erreichen die normalen Zoobesucher
doch gar nicht. […] Die meisten kommen nur, um sich ein
paar lustige Tiere anzuschauen oder zuzusehen, wie Affen-
babys gewickelt werden.” (Nakott 2012)
Wie in Animal Equality (2011) beschrieben, ist das Argu-
ment, dass Zoos dazu beitragen, über die Situation von be-
drohten und gejagten Tierarten in der Wildnis aufzuklären
und die Bevölkerung somit auf ihr Leid aufmerksam zu ma-
chen, hinfällig. Es gibt hinreichende Beweise dafür, dass die
teilnahmslose Öffentlichkeit sich weiterhin des Leids der
Tiere in der Wildnis unbewusst ist. Es wird entweder kein
eigenes Interesse für die Bedingungen der Tiere von Seiten
der BesucherInnen entwickelt oder die Zoos weisen nicht
auf die Situation von beispielsweise bedrohten Tierarten in
der Wildnis hin. Eine Studie von 1999 zeigte, dass Erholung
der Hauptgrund für Besuche im Zoo war - und nicht eine
bildende Erfahrung. (Vgl. Turley 1999) Die Studie kam zu
dem Schluss, dass die BesucherInnen Tiere eher “sehen und
genießen” wollen, als sie zu verstehen.
Selbstverständlich können Unterhaltung und Bildung ge-
koppelt sein, aber Studien über das Verhältnis der Zeit, die
Menschen im Zoo verbringen, deuten an, dass sie sehr we-
nig über den Zoo lernen (vgl. Animal Equality 2011): Die
Beschilderung ist oft schlecht und bietet nur wenig nütz-
liche Informationen; es wurde angegeben, dass die Tiere
nur kurz und schnell hintereinander betrachtet wurden; die
Menschen tendieren zu den sogenannten „Babys und Schur-
ken” (Ludwig 1981), in anderen Worten: zu den Süßen und
Lustigen.
Wenn Zoos uns überhaupt irgendetwas beibringen, dann nur
etwas Trauriges und Gefährliches. Sie lehren uns, dass Men-
schen das Recht haben, andere Tiere zu versklaven. Zoos
zeigen uns, dass wir fühlende Individuen nicht respektieren
müssen und zeichnen ein falsches Bild von BewohnerInnen
und Ökosystemen, indem sie hauptsächlich charismatische
Großsäuger zeigen, also vor allem große Spezies mit einer
weit verbreiteten volkstümlichen Anziehungskraft. (Vgl.
Hancocks 1995)
Tiere in Zoos entwickeln wie Menschen in Gefangenschaft
psychische Störungen. Welche wichtige Lektion lehrt uns
also die Beobachtung von Tieren, die gestörte und oft bi-
zarre Verhaltensweisen an den Tag legen? Sicherlich nur die,
wie sich Tiere nicht verhalten sollten oder wie sie nicht
leben sollten. Dies liefert einen weiteren Beweis dafür, dass
es schlichtweg falsch ist, Tiere gefangen zu halten. (Vgl.
Animal Equality 2011)
Das Verhalten von Zootieren ist typisch für Tiere in Gefan-
genschaft. Die in Gefangenschaft geborenen und handauf-
gezogenen Tiere im Schwaben Park können beispielsweise
keine Verhaltensweisen aufweisen, die Schimpansen in der
freien Wildbahn von anderen erfahrenen Gruppenmitglie-
dern erlernen (z. B. Kommunikation, Werkzeugbau, Lebens-
mittelsuche). (Vgl. Morris und Parker 2010)
130
131
EinE REchERchE von
“Wir beschädigen, verdrehen seine/ihre Schimpansenhaf-
tigkeit mit einer Reihe menschlicher Mimiken, Gestiken,
Verhaltensweisen und Bedürfnisse, welche diesem Schim-
pansen in einer Schimpansenwelt nichts nützen, in der die
anderen als Schimpansen aufgezogen wurden und in jedem
Gen wissen, wer sie sind.” (Vgl. Expertenaussage Theodora
Capaldo, siehe Anhang)
Ein Kind erfährt im Zoo nicht, wie sich ein Tiger in freier
Wildbahn verhalten würde. Ganz im Gegenteil: Zoos zeigen
ein verzerrtes Bild der Realität und die Art und Weise, wie
Tiere niemals leben sollten. „Zoos sind keine Bildungsein-
richtungen und keine Archen Noah, sondern industrielle
Massenunterhaltung.” (Nakott 2012)
Der Schwaben Park erfüllt in keinerlei Hinsicht einen ethisch
vertretbaren pädagogischen Zweck. Er hat - und das macht
die Schimpansenshow überdeutlich - kein Interesse daran,
den Besuchenden etwas über das Wesen der Tiere und ihre
Schutzbedürftigkeit in freier Wildbahn nahe zu bringen. Das
einzige Ziel, das der Schwaben Park mit seiner Show verfol-
gen kann, ist die Belustigung des Publikums und die damit
verbundenen Einnahmen.
Die Primaten werden bei den Shows vermenschlicht darge-
stellt und ihre Bedürfnisse dadurch ignoriert. Ein Besuch
der fast ausschließlich von Familien mit Kleinkindern be-
suchten Show kann bei den Kindern dazu führen, es als nor-
mal anzusehen, wenn Tiere zum Vergnügen des Menschen
zu Handlungen gezwungen werden, die sie aus eigenem An-
trieb keineswegs ausführen würden.
Die Tiere mit all ihren individuellen Bedürfnissen bleiben
bei den Vorführungen im Menschenkostüm auf der Strecke.
Sie leiden unter der Geräuschkulisse, welche nachweislich
ein Stressfaktor für die Tiere ist. (Vgl. Animal Equality,
2011) Verhaltensweisen und physiologische Parameter wäh-
rend der Show zeigen, dass menschliches Publikum generell
Stress für die Tiere bedeutet. (a.a.O.)
Der Schwaben Park erfüllt also nicht nur keinen ethisch ver-
tretbaren Bildungsauftrag, sondern er hat auch noch einen
negativen Effekt auf die Besucher. Dies ist ein weiteres Ar-
gument gegen die Gefangenhaltung von Tieren. Sogar eine
strikte Verteidigerin von Zoos, Emily Hahn, gibt zu, dass
“das wilde Tier in Gefangenschaft gezwungen ist, sich in
seiner Natur zu verändern und aufhören muss, die Kreatur
zu sein, die wir sehen wollen” (Hahn 1967).
Auch Showvorführungen, die beweisen sollen, wie intelli-
gent Tiere sind, klären den Betrachter nicht zwangsläufig
über ihre Empfindungsfähigkeit oder die Art und Weise, wie
sie Emotionen kommunizieren, auf. Hierauf kommt es je-
doch an, wenn nichtmenschlichen Tieren ein Ort geboten
werden soll, an dem ihre Interessen und Bedürfnisse be-
rücksichtigt werden.
132
133
EinE REchERchE von
ArtEnschutz Vs. indiViduumschutz
Der Artenschutz leitet den Wert eines Tieres allein vom Zu-
stand der Spezies, der dieses Tier angehört ab. Nicht das
Wohl des einzelnen Lebewesens, sondern der Erhalt einer
Spezies steht im Mittelpunkt. Zoos behaupten, sie seien für
die Erhaltung gefährdeter Arten zuständig, indem sie Tiere
solcher Arten mit sogenannten Erhaltungszuchtprogram-
men züchten, aufziehen und einsperren. Demnach werden
Tiere, die einer sogenannten bedrohten Spezies angehören,
als schützenswerter betrachtet als Individuen, die einer Art
angehören, die als nicht „bedroht“ angesehen wird, von der
es also auf absehbare Zeit eine große Zahl an Individuen
geben wird.
Doch viel wichtiger als die Erhaltung einer Art sollte ei-
gentlich das Ende von Leid und Tod der Individuen sein,
die eine Art ausmachen, denn eine Tierart ist nicht emp-
findungsfähig, fühlt nicht und leidet auch nicht darunter
zu verschwinden. Diejenigen, die leiden, sind die Wesen,
die benutzt und gefangen gehalten werden. Nur ein emp-
findungsfähiges Lebewesen hat Bedürfnisse und Interessen
- und somit das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
Deswegen rechtfertigt die Erhaltung einer Art niemals die
Gefangenschaft der Individuen dieser Art. Zoos täuschen
mit dem Argument des Artenschutzes über die Tatsache
hinweg, dass sie leidensfähige Individuen durch Gefangen-
haltung quälen. Nur die Erhaltung von Lebensräumen und
eine Bildung, die Empathie mit allen Wesen vermittelt, ist
ethisch vertretbar.
“Meines Erachtens wäre es wesentlich sinnvoller, seine Ener-
gien dafür einzusetzen, dass die Lebensbedingungen der
Tiere in ihren Ursprungsländern akzeptabel gestaltet wer-
den [...]“ (Bekoff 2008).
bEssErE bEdinGunGEn sind kEinE LösunG
In der Natur werden Schimpansen und andere Wildtiere von
einer sich in ständiger Veränderung befindenden Umwelt
stimuliert. Die Tiere in den Käfigen im Schwaben Park haben
kaum Stimulation, ihre Umwelt bleibt ständig gleich, eine
Interaktion mit ihr ist nur beschränkt möglich. Die Anrei-
cherung eines Geheges ist in Wahrheit eine Täuschung des
Besuchers, der sich im Glauben wähnt, den Tieren gehe es
gut.
Auch Beschäftigungsmöglichkeiten wie Spielzeug, Hän-
gematten oder Baumimitate können ein Leben in Freiheit
nicht ersetzen. Die Bedürfnisse der Tiere werden dadurch
nicht gestillt. Mit der Zeit wird jeder neue Gegenstand zu
gewohnter Routine. (Vgl. Austermühle 1996) In Gefangen-
schaft gibt es kaum etwas zu erkunden, die Tiere sind ge-
langweilt und neigen zur Depression. Wenn ein Mensch eine
Hängematte im Zimmer hat, ersetzt das nicht die reizvolle
Umwelt, der er draußen begegnet.
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EinE REchERchE von
“Mit der artgemäßen Beschaffenheit eines Kletterbaums
[...] ist aber keineswegs die gesamte Bedeutung des Um-
weltfaktors Ast im natürlichen Wohngebiet eines Affen
erfasst. Ein lebender Ast aktiviert auch das Neugier- und
Erkundungsverhalten der Affen. Seine Rinde hat Risse, die
zu Untersuchungen anregen. Darin verbergen sich vielleicht
Insektenlarven, …” (Dittrich 1988)
Laut Georgia Mason gibt es keinen einzigen Fall von Lebens-
raumbereicherung, in dem es gelungen wäre, stereotypes
Verhalten eines Tieres vollständig zu beseitigen. (Vgl. Ma-
son and Rushen 2006)
Tiere existieren um ihrer selbst Willen und gehören in ihren
eigenen Lebensraum mit Artgenossen und nicht in künstlich
angelegte Umgebungen, in denen sie zur Unterhaltung und
dem Profit von Menschen ausgebeutet werden.
Im Fall der Schimpansen bestätigt Christophe Boesch, Di-
rektor und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Ins-
titut für evolutionäre Anthropologie: „Es gibt gute und es
gibt schlechte Gefängnisse, sie bleiben Gefängnisse. Frank-
furt und Leipzig sind Luxuszoos, aber Gefangenschaft für
Menschenaffen bleibt erniedrigend. Deshalb ist es falsch,
dass man das Problem ungelöst lässt, indem man die Repro-
duktion erlaubt. Empfängnisverhütung ist hier das einzig
Richtige.“ (Nakott 2012)
Alle empfindungsfähigen Tiere - ob menschlich oder nicht-
menschlich - haben eines gemeinsam: Sie sind Wesen mit
der Fähigkeit Freude, Schmerz, Glück und Angst zu emp-
finden. Daraus ergeben sich die gleichen Interessen, keine
Schmerzen und Leid empfinden zu müssen. Diese gleichen
Interessen verdienen gleiche Berücksichtigung.
Ein Aberkennen dieser Berücksichtigung ist gleichzusetzen
mit der willkürlichen Diskriminierung aufgrund von Spezi-
eszugehörigkeit. Jede Art der Diskriminierung ist ethisch
nicht vertretbar. Denn ebenso wie Rassismus oder Sexismus
beruht die Diskriminierung aufgrund der Spezieszugehörig-
keit auf willkürlichen Kriterien. Artgerecht ist folglich nur
die Freiheit.
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schLussfOLGErunGEn für dEn schwAbEn PArk
Die meisten Individuen, die im Schwaben Park in Gefangen-
schaft geboren wurden, haben nicht gelernt, ihre Nahrung
in der Wildnis zu suchen, sich sicher in der Natur fortzube-
wegen und deren Gefahren zu erkennen und zu verhindern.
Folglich wäre für diese Individuen ein Leben in der freien
Wildbahn höchstwahrscheinlich nicht möglich.
Dennoch ist die Haltung der Tiere im Schwaben Park oder
anderen zooähnlichen Betrieben nicht akzeptabel. Wir for-
dern deswegen die bestmögliche Lösung für die Tiere im
Schwaben Park: Ein Refugium, in dem alle tierlichen Indi-
viduen, die im Schwaben Park benutzt werden, ihr Leben
unter bestmöglichen Bedingungen verbringen können, ohne
menschlichen Zwecken zu dienen. Es soll ein Ort sein, an
dem ihre eigenen Interessen endlich im Vordergrund ste-
hen, ein Ort, an dem sie über Platz, Ruhe und Sicherheit
verfügen. Da dieser Ort in Europa nicht existiert, muss er
möglichst bald geplant, seine Finanzierung gesichert und
gebaut werden.
Wir fordern das sofortige Ende der Zucht von Tieren im
Schwaben Park. Dafür gibt es einfache Lösungen, die in der
Vergangenheit vom Schwaben Park sogar schon in Anspruch
genommen worden sind, jedoch in nur sehr geringem Um-
fang. Eine Möglichkeit ist eine Art der Geburtenkontrolle,
wie Depo-Provera, für die weiblichen Schimpansen. Auch
alle anderen Tiere im Schwaben Park, wie zum Beispiel die
Ziegen, sollten sich nicht weiter fortpflanzen. Der Zucht-
stopp muss amtstierärztlich überwacht werden.
Die verschiedenen Tiershows müssen umgehend untersagt
werden.
Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass unsere Forde-
rungen nicht zu der Schließung des Schwaben Parks führen
müssen und sollen. Uns geht es ausschließlich darum, die
Ausbeutung der Tiere im Schwaben Park zu beenden.
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ANHANG
AnhAnG A. ExPErtEnAussAGEn
dr. balcombe, jonathan - Leitender Professor der fakultät für tierstudien an der humane society
university, usA.
“Ich bin Verhaltensforscher mit einem Bachelor und Master in Biologie sowie einem Doktortitel der Universität
von Tennessee (von 1991) im Verhalten von Tieren. Ich habe drei Bücher zum Thema Empfindungsvermögen,
Verhalten und Gefühle von Tieren sowie über 45 von Fachleuten überprüfte Zeitungsartikel und Kapitel ge-
schrieben. Die in diesem Brief ausgedrückten Meinungen sind ausschließlich meine eigenen und basieren auf
meinen Bemühungen, die Informationen, die ich bekommen habe, zu interpretieren.
Das Verhalten der Schimpansen in ihren Käfigen, wie Schaukeln, stereotypes Gähnen, Husten und Aggressionen
zeigt, dass sie gelangweilt und in einigen Fällen möglicherweise depressiv sind. Die Aggressionen, die auf den
Kameramann gerichtet sind, deuten an, dass diese Tiere Grund dazu haben, Menschen zu hassen. Diese Schim-
pansen sind Misshandlungen durch die Öffentlichkeit ausgesetzt. Sie werden mit Objekten beworfen, wie z. B.
Zigaretten, die einige Schimpansen dann rauchen. Alle Schimpansen, die auftreten, tragen enge Kragen mit
Leinen. Weder sie noch die Menschen zeigen Freude.
Obwohl ich ein Foto gesehen habe, auf dem ein erwachsener mit einem kleinen Schimpansen zu sehen ist,
scheinen die meisten Kinder von ihren Müttern getrennt zu sein. Das stellt – ebenso wie für menschliche Mütter
– ein großes soziales und emotionales Defizit für die Schimpansen dar. Alle Schimpansen scheinen unglücklich
zu sein, wenn nicht sogar schlimmer.
Der Tiger ist fettleibig und für ein großes Raubtier, dessen natürliche Distanz hunderte Quadratkilometer be-
trägt, räumlich natürlich extrem eingeschränkt.
Im Allgemeinen sind Schimpansen-Unterhaltungsshows wie diese Anachronismen, sie haben keinen
Platz in einer modernen, zivilisierten Gesellschaft. Was wir bereits über diese sozial weit fortgeschritte-
nen, hochintelligenten großen Menschenaffen wissen, macht sie vollkommen ungeeignet für Spektakel,
in denen sie alberne Stunts für ein menschliches Publikum vorführen. Schimpansen sind Individuen mit
Biographien. Wir tun ihnen und letztlich uns keinen Gefallen, sie für unser Amüsement zu versklaven.
Das allein ist Grund genug, diesen Betrieb zu schließen.“
Prof. bekoff, marc - Professor für ökologie und Evolutionsbiologie an der universität von colorado,
boulder, usA.
„Das erschütternde Filmmaterial von Animal Equality zeigt angekettete Schimpansen in menschlichen Kostü-
men, die in Zirkusshows auftreten und mutterlose Schimpansenbabys, die auf dem Boden von winzigen, kahlen
Betonkäfigen starrend sitzen sowie das rituelle Auf- und Abgehen von Tigern. Und dennoch zeigt all das nur
einen kleinen, traurigen Ausschnitt der Misshandlungen an Tieren und der Leiden im Schwaben Park.
Es wird deutlich, dass zwischen den Tieren und den „Tierpflegern“ dieser Einrichtung eine eher düstere und von
Missbrauch gezeichnete Beziehung besteht. Um sie für Zirkusshows trainieren zu können, trennen die Pfleger
Schimpansenbabys, die erst einen Tag alt sind, von ihren Müttern. Tiere, die dazu erzogen wurden, unnatürliche
und erniedrigende Tricks zu lernen, leisten den Menschen nur unter Zuhilfenahme von Bestrafungen, Dominanz
und Isolation Folge. Das Schicksal der Tiere, die zu alt oder gefährlich sind, um an Shows teilzunehmen, ist
unbekannt. Aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Individuen in der Lage wären, sich in eine untereinander
etablierte Gruppe von Schimpansen zu reintegrieren.
Infolge dieser Recherche sollte der Schwaben Park nicht mehr länger als ein Vergnügungspark angesehen
werden, sondern vielmehr als ein Gefängnis für hunderte ausgenutzter, unschuldiger Lebewesen. Heutzutage
sollten wir Einrichtungen wie den Schwaben Park ablehnen. Tiere sind keine Unterhaltungsobjekte und ich rufe
die Öffentlichkeit auf, diese trostlose Einrichtung zu boykottieren.”
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dr. capaldo, theodora - diplom-Psychologin, Präsidentin der new England Anti-Vivisection society
und koordinatorin des Project r & r (release and restitution) für schimpansen in us-Laboratorien,
usA.
“Ohne Mutter oder Ersatzmutter können Kleinkinder sich nicht psychisch oder physisch entfalten, so grund-
legend ist diese Bindung für ihr Wohlergehen. Wir wissen, dass das Großziehen von Schimpansenkindern als
Ersatzmenschen, um sie darauf vorzubereiten, sich wie Menschen zu verhalten – für unsere „Unterhaltung“ oder
für unsere Forschung in Bereichen wie dem Erwerb von Zeichensprache – bei diesen Schimpansen Verwirrung
über ihre eigene Identität verursacht. Diese ist so schwerwiegend, dass sie nicht mit Sicherheit wissen, wer
sie in ihrem Innersten sind. Wenn ein Schimpanse als Mensch aufgezogen wird, identifiziert er sich mit dem
Menschsein – so prägend ist die Bindung zur „Mutter“ oder Ersatzmutter. Wir zwingen diesem Schimpansenkind
eine menschliche „Mutter“ und somit eine menschliche Identität auf. Um sie zukünftig zu unserer Unterhaltung
nutzen zu können, fordern wir, dass sie sich als Mensch identifizieren.
Dann kommt unweigerlich der verhängnisvolle Tag, an dem sie nicht mehr Teil der menschlichen Welt sein kön-
nen, aufgrund ihrer Stärke und der unwiderlegbaren Tatsache, dass sie – selbst in all ihrer Verwirrung – doch
Schimpansen sind: im Körper, Willen, Vernunft, Stärke und emotionalen Ausdruck. In diesem Moment ist der
als Mensch aufgezogene Schimpanse dazu verdammt, an den Grenzen zweier Welten zu leben – halb Mensch,
halb Schimpanse –, von keiner kann er oder sie vollständig ein Teil sein. Wir beschädigen, verdrehen seine/
ihre Schimpansenhaftigkeit mit einer Reihe menschlicher Mimiken, Gestiken, Verhaltensweisen und Bedürfnisse,
welche diesem Schimpansen in einer Schimpansenwelt nichts nützen, in der die anderen als Schimpansen auf-
gezogen wurden und in jedem Gen wissen, wer sie sind. Schimpansen, die in und von einer Schimpansenwelt
aufgezogen wurden, verstehen sich selbst als ein Teil der alten physischen, sozialen und psychologischen Kultur
der Schimpansen mit all ihren Regeln und Realitäten.
Wir aber berauben Schimpansen ihrer Welt für unsere Freude und Wünsche und lehnen sie anschließend gezwun-
genermaßen als volle Teilnehmer unserer menschlichen Welt ab. Ich kann mir keinen größeren Verrat als diesen
vorstellen. Jemanden als Familie zu begrüßen, wie ein Mitglied unserer Gemeinschaft zu behandeln und dann
eines Tages kurzerhand – wenn auch notwendigerweise – abzuweisen. Wir schauen sie an und mit der Macht,
die wir über sie haben, verschließen wir ihnen die Türen zu der Welt, die sie einmal kannten und glaubten, es
wäre ihre. Tatsächlich verriegeln wir jene Türen, um sicherzustellen, dass sie niemals wieder in unsere Welt ein-
treten können und werden. In der Unterhaltungsbranche verurteilt sie dieser tragische Verlauf zu einem Leben
als Unterhalter, solange ihr Wille gesteuert werden kann.”
dr. deschner, tobias - wild chimpanzee foundation, deutschland.
„Die Art und Weise, wie im Schwaben Park Schimpansen dem Publikum präsentiert werden, ist vollkommen
inakzeptabel.
Um die Schimpansen so abzurichten, dass sie für die Shows (und die Fernseheinsätze, zu denen sie gezwungen
werden) eingesetzt werden können, müssen die Babys frühzeitig von ihren Müttern getrennt werden. Diese
frühzeitige Trennung von der Mutter führt zu massiven Störungen der Tiere, sodass sie dadurch nicht mehr
in der Lage sind, sich später in einer arttypischen Weise zu verhalten und mit anderen Schimpansen normale
soziale Bindungen einzugehen. Die Tiere werden einzig zum Zwecke der menschlichen Unterhaltung ihren Art-
genossen entrissen und erleiden dadurch psychische Störungen.
Durch den Einsatz in den Shows wird weiterhin ein vollkommen falsches Bild von Schimpansen erzeugt, da ihre
Bedürfnisse keinerlei Berücksichtigung erfahren. Die Show trägt in keiner Weise dazu bei, über die Bedrohung
der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum aufzuklären.
Die Haltung der Schimpansen im Schwaben Park ist definitiv nicht artgerecht und die Betreiber der Anlage
gehen nicht auf die artspezifischen Bedürfnisse der Tiere ein. Deshalb betrachte ich es als eine Schande, dass
so eine Institution tatsächlich diese Tiere zur Schau stellen darf.”
dr. docherty, Lorraine - schimpansenrettungs- und rehabilitationsspezialistin, England.
“Die Gehege im Schwaben Park haben, wenn überhaupt, nur wenige Außenbereiche, wo die Schimpansen der
öffentlichen Beobachtung entfliehen können. Die mentale Gesundheit der Schimpansen im Schwaben Park
scheint gefährdet zu sein. Das zeigt sich in einer Reihe anormaler Verhaltensweisen, wie man gut in den Vi-
deoclips von Animal Equality erkennen kann. Man sieht z. B. sich wiederholende stereotype Verhaltensweisen,
raspberry Vokalisierungen und excessive displaying.
Diese Verhaltensweisen sind Indikatoren für psychisches Leiden und andere Störungen, die im Zusammenhang
damit stehen, keine Kontrolle über Umwelteinflüsse zu haben, was für im Zoo lebende Schimpansen typisch ist.
Ich bin auch schockiert und enttäuscht darüber, dass der Schwaben Park die Erlaubnis hat, seine geschmack-
losen Schimpansenshows durchzuführen, wenn man den Stress und das Trauma betrachtet, dem diese Tiere
ausgesetzt sind.”
156
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157
dr. knight, Andrew - bsc (Vet biol), bVms, certAw, dipEcAwbm (wsEL), Phd, mrcVs, fOcAE, tiere-
thiker an dem Oxford centre for Animal Ethics, England.
“Schimpansen
Schimpansen sind wirklich bemerkenswerte Kreaturen. Als unsere nächsten lebenden Verwandten besitzen sie
hochentwickelte emotionale, psychologische und soziale Charakteristiken. Dieselben Charakteristiken erhöhen
jedoch merklich ihre Fähigkeit zu leiden, wenn sie in eine unnatürliche Umgebung in Gefangenschaft hinein-
geboren werden. Auch wenn sie aus der Wildnis herausgerissen werden, woraufhin sie Gefangenschaft und
sozialer Zerrüttung unterworfen werden und gezwungen werden, Zirkustricks vorzuführen.
Die sinkende Anzahl der wilden Populationen dieser stark gefährdeten Kreaturen ist eine der größten Tragödien
innerhalb der sich ausbreitenden Katastrophe der Ausrottung von Spezies in unserer modernen Zeit. Wir müssen
sicherlich alles in unserer Macht stehende tun, um das soziale Bewusstsein über die Einzigartigkeit und Uner-
setzbarkeit der Schimpansen zu erhören.
Stattdessen führen Schimpansen im Schwaben Park eine Vielzahl erniedrigender Tricks auf, wie z. B. das Ba-
lancieren von großen Bällen und das Fahren von Dreirädern und Quads. Sie tun so, als würden sie Rasierer und
Telefone benutzen, sie tragen menschliche Kleidung und in einem Fall einen lächerlichen Hut, während sie zum
Tanzen gezwungen werden.
Erwartungsgemäß hat eine neue Studie, die in einem führenden wissenschaftlichen Journal (Schroepfer et al.
2011) veröffentlicht wurde, gezeigt, dass Menschen, die Schimpansen in menschlicher Kleidung auftreten se-
hen, weniger gern für die Erhaltung der Schimpansen spenden. Die Menschen denken vielleicht, dass die Schim-
pansen überhaupt nicht gefährdet sind, wenn sie für solche Vorführungen benutzt werden dürfen. Demzufolge
sind die Vorführungen im Schwaben Park nicht nur erniedrigend und abwertend, sondern auch schädlich für die
Sache der Erhaltung der Schimpansen.
Experten glauben zudem, dass die ausgeprägten psychologischen und sozialen Charakteristiken der Schim-
pansen es praktisch unmöglich machen, außerhalb großer Schutzgebiete Lebensräume zu schaffen, die ihre
Mindestanforderungen an das Verhalten und die Psychologie erfüllen. Diese beinhalten den Erhalt der Familie,
ausgiebige Möglichkeiten zu klettern, zu entdecken, Probleme zu lösen, zu spielen und beträchtlichen Freiraum
(Balls 1995, DeGrazia 1996, Smith & Boyd 2002).
Die Schimpansen im Schwaben Park sind in kleinen Innengehegen und in etwas größeren Außengehegen gefan-
gen. Dennoch bietet selbst das letztere wenig Raum zum Klettern und ist bei weitem zu klein.
Erwartungsgemäß wurden die Schimpansen in diesen Käfigen in deprimierten Posen und mit stereotypen
Verhalten gefilmt. Das sind sich wiederholende, offensichtlich zwecklose Verhaltensweisen, die auf psycho-
logischen Stress hindeuten, der tiefliegend und chronisch ist. Im Schwaben Park wurden Schimpansen dabei
beobachtet, wie sie hin und her schaukelten, den Kopf schüttelten, an Stangen leckten und spuckten und in
ihren Gehegen auf und ab liefen.
Sehr besorgniserregend war die große Anzahl von Babyschimpansen, die angeblich von ihren Müttern verstoßen
wurden und von Hand aufgezogen wurden. Die Mutter-Kind-Bindung ist bei Schimpansen sehr stark und ein
Verstoß eines Kindes kommt äußerst selten vor. Nur handaufgezogene Schimpansen sind jedoch am besten ge-
eignet für das Training und die Vorführung dieser Art von Zirkustricks, wie sie im Schwaben Park für zahlendes
Publikum zu sehen sind. Das unfreiwillige Trennen von Mutter und Kind führt bei Schimpansen zu extremem
Stress auf beiden Seiten.
Es war verstörend die kleinen Gehege zu sehen, in denen die Babyschimpansen gefangen waren. Das große
Fenster aus Plexiglas bot ihnen keine Möglichkeit, sich vor den Blicken der Zuschauer zu verstecken, welche
manchmal dabei gefilmt wurden, wie sie gegen das Fenster schlugen, was den Stress dieser Kleinkinder nur
noch verstärkt.
Obwohl die stressige Interaktion mit den Menschen von einer anderen Art ist, hat die Gefangenschaft von
Schimpansen in Forschungslaboren viel mit den Bedingungen im Schwaben Park gemeinsam. Aktuelle Studien
haben ohne jeglichen Zweifel belegt, dass die Gefangenschaft in Laboren und die Vorgehen dort sehr ernste
Auswirkungen haben, besonders auf einen längeren Zeitraum gesehen. Viele gefangene Menschenaffen, ein-
schließlich Schimpansen, sind kürzlich aus US-Laboren entlassen worden (Bradshaw et al. 2008). Sie zeigen
starke Verhaltensabnormitäten wie Stereotypien, unangemessene Aggressionen, Angst oder Entzug. (Brüne et
al. 2006, Bourgeois et al. 2007).
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Es wird mittlerweile anerkannt, dass solche anormalen Verhaltensweisen Symptomen ähneln, die menschlichen
psychiatrischen Krankheiten zugeschrieben werden, wie z. B. Depressionen, Angststörungen, Essstörungen
oder posttraumatischen Stressstörungen. Die medizinische Behandlung dieser Krankheiten, die bei Menschen
angewandt wird, wäre auch für schwerstgestörte tierische Patienten angemessen, wenn nicht sogar moralisch
verpflichtend (Brüne et al. 2006, Bourgeois et al. 2007). Eine Langzeittherapie in Kombination mit einem
positiven Bestärkungstraining sowie soziale und Umweltveränderungen könnten in schweren Fällen nötig sein.
(Bourgeois et al. 2007).
Der medizinische Zustand einiger Schimpansen im Schwaben Park bereitet auch Grund zur Sorge. So wurde einer
von ihnen dabei gefilmt, wie er wiederholt heftig hustete und in Kontakt zu anderen Schimpansen stand. Diese
Schimpansen haben auch Kontakt zu menschlichen Besuchern, von denen sie sich Atemwegserkrankungen ein-
fangen können. Ein anderer Schimpanse hatte eine geschwollene, eitrige Ohrenklappe, was auf Krebs hinweisen
könnte, obwohl zusätzliche Tests nötig wären, um diese Diagnose zu bestätigen. Eine Vielzahl kleinerer Wunden
oder Geschwüre wurden an den Gliedmaßen und Gesichtern beobachtet. Die Gründe sind nicht bekannt, aber
Kämpfe und andere traumatische Ereignisse könnten unter ihnen sein.
Die Interaktion mit den Besuchern des Parks war auch auf andere Arten schädigend für die Schimpansen. Die
Schimpansen wurden dabei gefilmt, wie sie an einem Apfelsaftpäckchen sowie einem Joghurtbecher kauten,
was die Möglichkeit der Verdauung von Fremdkörpern erhöht und ernsthafte Darmprobleme verursachen kann.
Einer wurde sogar dabei gesehen, wie er eine Zigarette rauchte und offensichtlich menschliches Verhalten
imitierte. Die Gegenstände sind wohl alle von Menschen achtlos weggeworfen worden. Einer wurde sogar dabei
gefilmt, wie er eine Zigarette in ein Gehege warf. Die Besucherüberwachung, die die Sicherheit der Schimpansen
gewährleisten soll, war hier eindeutig unzureichend.
Bei mehreren Schimpansen war Haarausfall sichtbar. Es war aber unklar, ob er durch den Kontakt zu bestimm-
ten Oberflächen, Hautparasiten, altersbedingt oder durch andere Gründe verursacht wurde.
Andere Tiere
Das Gehege des sibirischen Tigers schien ähnlich kahl und eng, wenn man die enormen Territorien betrachtet,
die diese Tiere in der Wildnis normalerweise erkunden.
Ein Alpaka wurde beobachtet, wie es an Stangen kaute, eine Ziege an Müll. Dieses Verhalten kann Hunger
oder Stress bedeuten. Mir wurde mitgeteilt, dass rund 50 Ziegen, Schafe und Alpakas während der Öffnungs-
zeiten keinen Zugang zu Futter oder Gras haben. Stattdessen können die Besucher dafür bezahlen, die Tiere
zu füttern. Die Menge der Tiere, die sich gegen die Gitter presst, zeigt das verstörende Level des Hungers. Das
Filmmaterial eines Besuchers, der versuchte, ein Ziegenbaby zu fangen, war ebenfalls besorgniserregend, da
dies zweifellos mehr Stress verursacht und wieder eine unzureichende Besucherüberwachung enthüllt.
Ich sah auch ein Alpaka, das möglicherweise herausgewachsene Hufe hatte.
Schlussfolgerung
Der Schwaben Park ist ganz klar ein wirtschaftliches Unternehmen, das Schimpansen und andere Tiere für den
Profit ausnutzt. Die Zirkustricks, zu denen sie die Schimpansen zwingen, sind höchst erniedrigend und kom-
munizieren falsche Werte über Respekt und Wertschätzung für diese erstaunlichen, gefährdeten Kreaturen. Sie
sind mit Sicherheit schädlich für die Sache der Erhaltung von Schimpansen.
Die Gehege im Schwaben Park sind relativ klein und kahl verglichen mit den wilden Lebensräumen der Schim-
pansen, Tiger, Ziegen, Schafen und Alpakas, die hier eingesperrt sind. Entdeckt wurden eine Vielzahl von An-
zeichen von Stress wie verstörtes stereotypes Verhalten zusammen mit Zeichen für schlechte Gesundheit und
Ernährung. Das wurde durch die unzureichende Überwachung der Besucher verschlimmert. Sie wurden gefilmt,
wie sie eine Zigarette ins Gehege warfen, worauf ein Schimpanse begann, sie zu rauchen. Ein anderer kaute auf
weggeworfenem Plastikmüll herum.
Kurz gesagt, der Schwaben Park ist sicherlich ein Anachronismus im modernen Europa. Er ist eine Beleidigung
für allgemein akzeptierte Werte, die das Gemeinwohl der Tiere und die Erhaltung bedrohter Tierarten unterstüt-
zen und sollte daher geschlossen werden.
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Lopresti-Goodman, stacy - Lehrbeauftragte für Psychologie, marymount university, usA.
“Mein Name ist Dr. Stacy Lopresti-Goodman und ich bin Lehrbeauftragte an der Marymount University in
Arlington, VA, USA. Meine Forschung konzentriert sich auf anormale Verhaltensweisen und Zeichen von psy-
chischem Stress sowie die Psychopathologie von Schimpansen, die aus dem exotischen Tierhandel, der Unter-
haltungsindustrie und der biomedizinischen Forschung gerettet wurden. Meine Forschungsergebnisse wurden
weltweit bei wissenschaftlichen Konferenzen vorgestellt. Weiterhin habe ich auch als Beraterin in zwei Schim-
pansen-Schutzreservaten gearbeitet.
Nach Ansicht des Filmmaterials und der Fotos, die von Animal Equality Germany im Schwaben Park gemacht
wurden, stellt sich deutlich heraus, dass viele der dort lebenden Schimpansen Symptome von psychischem
Stress und eine Vielzahl anormaler, stressbedingter Verhaltensweisen zeigen, die unten detaillierter beschrie-
ben werden. Das ist nicht überraschend, wenn man die aktuellen Forschungen zu Zoos betrachtet, die zei-
gen, dass 100% der dort lebenden Schimpansen mindestens ein anormales Verhaltensmuster [1] aufweisen.
Angesichts der vielen Ähnlichkeiten in den Gehirnstrukturen, die bei Menschen und Schimpansen bei Stress
betroffen sind (z. B. der Hippokampus, die hypothalamisch pituitäre Adrenalachse) und den psychosozialen
Verhaltensähnlichkeiten der beiden, zeigen viele Schimpansen, die in Gefangenschaft leben, das posttraumati-
sche Stresssyndrom (PTSD), das komplexe posttraumatische Stresssyndrom (CPTSD) und Depressionen, ähnlich
denen von Menschen [2-7]. Diese Symptome haben ihre Ursache in der Trennung von der Mutter, unangemes-
senen Umweltbedingungen, denen kognitive Bereicherung fehlt, im seltsamen Verhalten der Schimpansen, die
gezwungen werden, Tricks vorzuführen (z. B. Kleidung zu tragen und auf einem Motorrad zu fahren) und in der
andauernden Präsenz der Menschen und der Interaktion mit ihnen [8,9].
Während der Schimpansenvorführung im Schwaben Park, die von Animal Equality aufgezeichnet wurde, sowie
auf Fotos, die im Außengehege der Schimpansen aufgenommen wurden, wird sichtbar, dass viele Schimpansen
unter Haarausfall im Gesicht, auf Kopf, Brust und im hinteren Schulterbereich leiden. Ein Anstieg des Stresshor-
mons Kortisol kann Haarausfall oder den Verlust von Haaren an Teilen oder dem gesamten Körper verursachen.
Dies wurde bereits an anderen gefangenen Schimpansen beobachtet, wie z. B. in Guru, Südindien. Dort lebt
im Mysore Zoo ein Schimpanse, der mittlerweile überhaupt keine Haare mehr hat. Der Verlust der Haare könnte
auch ein Resultat von durch Stress verursachtem Verhalten sein, wie beispielsweise bei den Schimpansen, die
sich auf stereotype Weise die Haare ausreisen [1, 10, 11]. Das ist ähnlich wie das Haarausreißen bei Menschen
und als eine Form einer Zwangsstörung anzusehen.
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Ein anderer junger Schimpanse, der auf dem Video und den Fotos festgehalten wurde, wurde dabei beobachtet,
wie er sich selbst umklammerte, während er in einer niedergeschlagenen, gekrümmten Position auf einem klei-
nen Klettergebilde saß. Er/sie hatte scheinbar Furchen über den ganzen Kopf verstreut. Das ist wahrscheinlich
das Resultat von selbstverletzendem Verhalten. Schimpansen neigen – genau wie Menschen – zu selbstverlet-
zendem Verhalten, um sich von psychischem Stress zu befreien, wenn auf sie die Kriterien für CPTSD zutreffen.
Dies wird durch ein verlängertes und sich wiederholendes Trauma herbeigeführt, im Gegensatz zu einzelnen
traumatischen Erlebnissen [12-16]. Es ist möglich, dass die Schimpansen im Schwaben Park Symptome von
CPTSD aufweisen und sich aus diesem Grund selbst verletzen.
Es gibt auch Bilder von anderen jungen und erwachsenen Schimpansen, die sich selbst umklammern, während
sie in einer niedergeschlagenen, gekrümmten Position dasitzen, was ebenfalls auf Stress hindeutet.
Im Video sitzen drei Schimpansen in ihrem Gehege, bewegen ruckartig ihre Köpfe und schütteln sie immer
wieder. Mehrere andere Schimpansen wurden dabei aufgenommen, wie sie raspberry Geräusche mit ihrem Mund
machten. All diese Verhaltensweisen sind anormal und tauchen nur bei in Gefangenschaft lebenden Schimpan-
sen auf. Sie sind ein Zeichen für psychischen Stress und Langeweile [1, 11, 17]. Typischerweise beruhigen sich
Schimpansen selbst mit dieser Art von Verhalten, wenn sie aufgeregt sind oder sie stimulieren sich selbst bei
Langeweile [1, 2, 17-22].
In der Wildnis leben Schimpansen in sozialen Gruppenverbänden von bis zu 150 Individuen zusammen und
durchstreichen Gebiete, die 400 Quadratkilometer groß sind. In Gefangenschaft werden ihnen diese sozialen
Interaktionsmöglichkeiten und der weitläufige Platz genommen. Wenn man sich die kleinen, kahlen Käfige,
in denen die Schimpansen gezwungenermaßen leben müssen und in denen es an natürlichem Blattwerk,
Möglichkeiten zum Herumstöbern und an Versteckmöglichkeiten fehlt, ansieht, wird deutlich, dass sie keine
angemessenen Lebensbedingungen ausweisen und dass dies der Grund für die festgestellten anormalen Verhal-
tensweisen ist.
Die Schimpansen werden auch durch die Anwesenheit von Menschen sichtbar verärgert. Das zeigt sich, indem
sie auf die Menschen zurennen, spucken oder Objekte in ihre Richtung werfen. Die Menschen im Video wurden
dabei gefilmt, wie sie gegen das Fenster eines Jungtiergeheges schlugen, schrien und Gesichter zogen. Man
kann auch sehen, wie sie Dinge nach einem erwachsenen Schimpansen in seinem/ihrem Außengehege werfen.
Das ist ein Verhalten, das Schimpansen als Provokation und Bedrohung ansehen.
Während einige Schimpansen Aggression und Frustration als Antwort auf diese mitleidslosen und gleichgültigen
Menschen zeigen, sitzen andere einfach nur still da. Das deutet auf erlernte Hilflosigkeit hin. Der Schimpanse
hat gelernt, dieses beleidigende Verhalten und seine nachteilige Situation zu akzeptieren, da er aus seiner
stressigen Situation ohnehin nicht fliehen, sie nicht ändern oder verhindern kann [23]. Ein erwachsener
männlicher Mann wurde sogar dabei beobachtet, wie er eine brennende Zigarette auf einen Schimpansen warf,
die der Schimpanse dann rauchte und daraufhin zu husten begann. Das deutet auf Vernachlässigung durch die
Pfleger hin.
Zusätzlich dazu, dass sie in ihren Außengehegen keine Möglichkeit haben, sich vor lauten Zuschauern zu ver-
stecken, sind die Schimpansen gezwungen, einen lauten, quietschenden Zug zu ertragen, der mehrere Male
am Tag an ihren Gehegen vorbeizieht. Als Antwort darauf sieht man einen Schimpansen, der körperlich und
emotional unter Stress steht, was an Piloarrektion zu erkennen ist (die Haare stehen ihm zu Berge).
Er/sie steht auf seinem/ihrem Hinterfuß, schaukelt hin und her, klatscht in die Hände, gibt raspberry Geräusche
von sich und schlägt gegen den Zaun. In früheren Forschungen wurde dokumentiert, dass sich abnormales
und stereotypes Verhalten wie z. B. Schaukeln und Taumeln erhöht, je mehr Umweltgeräusche existieren [24].
Täglich derart laute Situationen aushalten zu müssen wird bei dauerhaftem Zustand in erhöhten Stresshor-
monen gründen und zusätzlich zu ihrer psychischen Gesundheit einen schädlichen Effekt auf die körperliche
Gesundheit der Schimpansen haben.
Ein anderer Schimpanse wurde dabei aufgenommen, wie er wiederholt auf die Stäbe in seinem Gehege spuckte
und die Spuke dann wieder verschluckte. Dies ist eine weitere, häufig verbreitete anormale Verhaltensweise, die
bei in Gefangenschaft lebenden Schimpansen auftritt und ein Zeichen von Zwangverhalten darstellt oder auf
Langweile oder das Fehlen einer angemessenen Ernährung hinweist [1, 11, 18, 25].
Mir wurde berichtet, dass ungefähr 30 der 44 Schimpansen, die zur Zeit im Schwaben Park leben, von Hand
durch Menschen aufgezogen wurden, 18 von ihnen sind im Park geboren worden, angeblich, weil sie von ihren
Müttern verstoßen worden waren oder weil die Mütter nicht gesund genug waren, um sie aufzuziehen. Obwohl
diese Zahl sehr hoch erscheint und viel höher ist als jede andere Mutter-Kind-Ablehnungsrate, die ich je gese-
hen habe, zeigen Forschungen, dass Schimpansen und anderen Primaten, die in Gefangenschaft aufgezogen
wurden, oft viele speziesspezifische Verhaltensweisen fehlen, wie beispielsweise ein normales bemutterndes
Verhalten [26-30].
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Forschungen zeigen auch, dass gestresste Schimpansen eher dazu neigen, ihre Kinder zu verstoßen [31]. In An-
betracht der Tatsache, dass die Mehrheit der Schimpansen im Schwaben Park von Menschen aufgezogen wurde
und, durch die Präsenz der Menschen und den Zwang, für die Unterhaltung der Menschen unnatürliche Tricks
vorzuführen, unter andauerndem Stress steht, wäre es keine Überraschung, wenn einige der Schimpansenmüt-
ter im Schwaben Park ihre Kinder verstoßen hätten.
Der Schwaben Park gibt auch an, dass viele der Mütter aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage
waren, ihre Kinder aufzuziehen. Wenn das der Fall ist, ist dies sehr wahrscheinlich das Ergebnis der unange-
messenen und stressigen Umgebung, in der sie leben. Dem Schwaben Park sollte es unter keinen Umständen
erlaubt sein, weiterhin Schimpansen zu züchten.
Falls die Schimpansen ihren Lebensabend nicht in einem zertifizierten Schutzgebiet, das lebenslange Pflege für
misshandelte und vernachlässigte Schimpansen bietet, verbringen können, sollten die weiblichen Schimpansen
einer Art Geburtenkontrolle wie Depo-Provera unterzogen werden. Die männlichen Schimpansen sollten sterili-
siert werden, um zu verhindern, dass zukünftig weitere Schimpansen auf die Welt kommen, nur um von ihren
Müttern verstoßen und gezwungen zu werden, unnatürliche Tricks vorzuführen, die Stress verursachen.
Literaturnachweise:
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mackay, barry kent, kanadischer Vertreter von bor free usA, usA.
„Nachdem ich das Video von Animal Equality über die Anlagen und Shows im Schwaben Park gesehen habe,
möchte ich folgende Beobachtungen loswerden. Diese Beobachtungen basieren auf meiner mehr als 40jährigen
Tätigkeit als Naturforscher im Bereich des Wildtierschutzes. Ich bin der kanadische Vertreter und Seniorpartner
des Programms Born Free USA, sowie der Direktor von Animal Alliance of Canada Environment Voters, einer
der Direktoren von Zoocheck-Canada und diverser naturgeschichtlicher und zoologischer Organisationen inklu-
sive den Ontario Field Ornithologists, dem Toronto Ornithological Club und der Wilson Ornithological Society.
Ich bin Autor diverser Kolumnen, Artikel und Bücher, die von Wildtieren handeln, insbesondere von Vögeln.
Ich habe Einrichtungen, die Tiere gefangen halten, in Nord-Süd- und Mittelamerika untersucht sowie auf den
Westindischen Inseln, in Europa, Afrika und Asien und habe umfassende praktische Erfahrungen im Bereich der
Rehabilitation von heimischen kanadischen Vögeln und anderen Wildtieren.
Es tut mir weh, solche Papageien Shows, wie sie im Schwaben Park aufgeführt werden, zu sehen, in denen
Papageien, Kakadus und andere Vogelarten inklusive Hühnern dazu gebracht werden, alberne Tricks auf einer
im bayrischen Stil aufgemachten Bühne vorzuführen. Diese Show erfüllt in keiner Weise die zwei Argumente,
die von der internationalen Zoogemeinschaft als die zwei wichtigsten und sozial gültigen Begründungen ange-
sehen werden, um Tiere in Gefangenschaft zu halten.
EinE REchERchE von
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Jegliche Behauptungungen, die Shows hätten erzieherischen Wert, sind falsch. Es wird höchstens impliziert,
dass man Vögel trainieren kann. Im Gegenteil, die Shows rauben den beteiligten Tieren ihre Würde und ihr
natürliches Leben in der Wildnis. Das beinhaltet auch, dass sie für das Amüsement der Zuschauer da sind und
um zahlende Kunden anzulocken. Ich bin besonders besorgt darüber, dass kleine Kinder in die Irre geführt und
verwirrt werden, was die Natur dieser Vögel angeht, indem man sie als Teil der menschlichen Gemeinschaft an-
sieht und sie vermenschlicht. Es gibt keine Hinweise auf ihre natürlichen Gegebenheiten - im Gegenteil: Spezies
aus verschiedenen Lebensräumen und Ökozonen werden einfallslos vermischt und leben in einem künstlichen
Umfeld ausschließlich für das Amüsement der Zuschauer.
Es beunruhigt mich weiterhin, dass das Konzept dieser Vögel als ideale und willenlose “Haustiere” verstärkt
wird. Tatsache ist, dass sie sehr schlecht als Haustiere geeignet sind und die dargebotenen Spezies (Kakadus,
Aras und andere, größere Papageien) berüchtigt dafür sind, sich selbst zu verstümmeln durch den Stress, dem
sie ausgesetzt sind, wenn sie als Haustiere gehalten werden. Diese albernen Shows sollten nicht fortgeführt
werden. Ich war auch sehr besorgt über den Zustand einer Hausziege, die auf dem Video zu sehen war. Ich weiß
durch meine Forschungen über die Praktiken der Streichelzoos , dass diese solche Tiere zu oft hungern lassen
oder schlecht ernähren, damit sie auf die Besucher zugehen und diese sie mit gekauftem Futter zum Profit der
Zoos füttern können. Die Ziege war in einem alarmierenden, abgemagerten Zustand. Das ist ein grausamer
Missbrauch.
Außerdem zeigte der Tiger ein klassisches, stereotypes Verhalten in seinem Käfig. Er lief immer wieder den
gleichen Weg entlang des Innengeheges hin und her. Das deutet auf Stress hin und Experten für das Verhalten
von Tieren sind sich einig, dass solch ein Verhalten auf ernsthaften Stress hindeutet. Ich bin außerdem besorgt,
dass die Absperrungen ein Risiko beinhalten, besonders für kleine Kinder, aufgrund der unangemessenen Ge-
hegeabsperrungen. Die Haltung eines Tigers in einem Käfig ist nicht weniger negativ behaftet, als die Haltung
der Vögel und trägt nur auf negative Art und Weise zur Erhaltung der Tiger oder der Bildung bei.“
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dr. martindale, Victoria - mbms und Primatologin, England.
“Viele Menschen haben im Zoo schon Schimpansen gesehen, die verkleidet verschiedene Tricks vorführen, wie
z. B. Fahrrad fahren oder Tee trinken. Das scheint eine amüsante Art der Unterhaltung zu sein, die Kinder zum
Lachen bringt. Alles scheint ein großer Spaß zu sein – für uns Menschen ist es das auch. Nur wenige von uns
realisieren, dass diese Szenen hinter den Kulissen extrem ausbeutend sind. Ein wildes Tier dazu zu zwingen,
sich so unnatürlich zu verhalten und Tricks vorzuführen bedeutet im Normalfall Training, das oft aus Bestra-
fung und Nahrungs- sowie Wasserentzug besteht. In vielen Fällen werden noch extremere Trainingsmethoden
angewandt. Im Beispiel des Schwaben Parks sprechen wir von Tieren, die ein bemerkenswertes Intelligenzlevel
sowie tiefliegende Emotionen und Kommunikationsfähigkeiten zeigen. Tatsächlich werden Schimpansen als die
intelligentesten Tiere überhaupt bezeichnet, was nicht überraschend ist, wenn man bedenkt, dass ihre DNA zu
98% der menschlichen entspricht und sie somit unsere am nächsten verwandte Spezies sind.
Es ist deshalb für einen westlichen Zoo im 21. Jahrhundert nicht nur herzzerreißend, eigens von Hand aufge-
zogene kleine Schimpansen dazu zu zwingen, Kleidung zu tragen, unnatürliche und erniedrigende Tricks vor-
zuführen und für Unterhaltung zu sorgen, sondern gleichzeitig auch ein höchst unethischer Missbrauch. Jede
Show, die lebende Tiere auf diese Art und Weise ausnutzt, ist eine Art Missbrauch und die Tiere leiden darunter.
Man kann sich der Wahrheit nicht entziehen, dass die Misshandlung dieser Tiere in dieser Art und Weise unnö-
tig und daher nicht akzeptabel ist und keinem anderen Sinn dient als der Erhöhung des Profits, während das
Wohlergehen der Tiere aufs Spiel gesetzt wird. Wer denkt denn wirklich, dass es normal für einen Schimpansen
ist, menschliche Kleidung zu tragen, Fahrrad zu fahren, alberne Hüte zu tragen oder Spiele zu spielen? Diese
Attraktionen geben unseren Kindern verzerrte Fehlinformationen. Diese Tricks haben nichts damit zu tun, wie
sich hochintelligente Menschenaffen in der Wildnis verhalten.
Bitte gehen Sie den Schritt und stoppen Sie alle Arten der Ausnutzung und Misshandlung von Tieren wie diese
hier.”
EinE REchERchE von
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ragan, Patti - Gründungsdirektorin des center for Great Apes, florida, usA.
“Als ich das Video von Animal Equality angeschaut habe, habe ich viele Dinge gesehen, mit denen wir täglich
zu tun haben. Stereotype Verhaltensweisen wie das andauernde Vor- und Rückwärtsschaukeln des Oberkörpers,
das Ausstoßen seltsamer Laute und die bis zum Haarverlust führende Fellpflege kommen bei Schimpansen, die
ihre ersten fünf oder sechs Lebensjahre nicht von ihrer eigenen Schimpansenmutter aufgezogen wurden, häufig
vor. Ich empfehle dem Schwaben Park, sein Zuchtprogramm zu stoppen und aufzuhören, Schimpansen von ih-
ren Müttern zu trennen. Schimpansen aus der Unterhaltungsindustrie (Zirkus, Film, Werbung usw.) ebenso wie
Schimpansen, die als private „Haustiere“ gehalten und wie Menschen erzogen wurden, zeigen – wenn sie in
unsere Pflegestation kommen – üblicherweise einige dieser anormalen Verhaltensweisen. Ich hoffe sehr, dass
der junge Schimpanse mit dem Husten in medizinischer Behandlung bei einem Veterinär ist... Von Zeit zu Zeit
erkälten sie sich und dieser Husten könnte durch eine Erkältung ausgelöst worden sein. Aber es könnte auch
etwas sehr viel Schlimmeres sein.
Am meisten beunruhigt haben mich an diesem Video die zirkusähnliche Show und die Nähe der Schimpansen zu
den Besuchern. Ich fordere, dass die Schimpansen-Show des Schwaben Parks sofort eingestellt wird. Menschen-
affen ein solch unnatürliches Verhalten anzutrainieren ist schon ein Problem für sich. Die Methoden, mit denen
Schimpansen dieser Größe trainiert und diszipliniert werden, sind meistens herabwürdigend und barsch. Aber
selbst wenn der Trainer die tierfreundlichste und positivste Art des Trainings gewählt hat, lehrt diese Show dem
Publikum in keinerlei Weise etwas über die wahre Natur von Schimpansen, über ihr natürliches Verhalten und
auch nichts über die Schwierigkeit, sie in der freien Wildbahn zu beobachten, weil ihre Art immer gefährdeter
ist. Sie zu verkleiden und sie dazu zu bringen, sich wie kleine Pseudo-Menschen zu verhalten, ist veraltet und
respektlos. Diese Art von Show existiert schon seit Jahrzehnten nicht mehr.
Prof. niemitz, carsten
iucn specialist Group for captive primates, deutschland
„Die Schimpasen im Schwaben Park zeigen zum Teil besorgniserregende Hautveränderungen. In dem mir vorlie-
genden Film husten manche Individuen auf eine Weise, die dringend einer Abklärung und Therapie bedarf. Für
das Training ihrer „Späßchen“ müssen die Jungtiere von ihren Müttern getrennt werden, was zu lebenslangen
psychischen Schäden führen kann.“
ragan, Patti - Gründungsdirektorin des center for Great Apes, florida, usA.
“Als ich das Video von Animal Equality angeschaut habe, habe ich viele Dinge gesehen, mit denen wir täglich
zu tun haben. Stereotype Verhaltensweisen wie das andauernde Vor- und Rückwärtsschaukeln des Oberkörpers,
das Ausstoßen seltsamer Laute und die bis zum Haarverlust führende Fellpflege kommen bei Schimpansen, die
ihre ersten fünf oder sechs Lebensjahre nicht von ihrer eigenen Schimpansenmutter aufgezogen wurden, häufig
vor. Ich empfehle dem Schwaben Park, sein Zuchtprogramm zu stoppen und aufzuhören, Schimpansen von ih-
ren Müttern zu trennen. Schimpansen aus der Unterhaltungsindustrie (Zirkus, Film, Werbung usw.) ebenso wie
Schimpansen, die als private „Haustiere“ gehalten und wie Menschen erzogen wurden, zeigen – wenn sie in
unsere Pflegestation kommen – üblicherweise einige dieser anormalen Verhaltensweisen. Ich hoffe sehr, dass
der junge Schimpanse mit dem Husten in medizinischer Behandlung bei einem Veterinär ist... Von Zeit zu Zeit
erkälten sie sich und dieser Husten könnte durch eine Erkältung ausgelöst worden sein. Aber es könnte auch
etwas sehr viel Schlimmeres sein.
Am meisten beunruhigt haben mich an diesem Video die zirkusähnliche Show und die Nähe der Schimpansen zu
den Besuchern. Ich fordere, dass die Schimpansen-Show des Schwaben Parks sofort eingestellt wird. Menschen-
affen ein solch unnatürliches Verhalten anzutrainieren ist schon ein Problem für sich. Die Methoden, mit denen
Schimpansen dieser Größe trainiert und diszipliniert werden, sind meistens herabwürdigend und barsch. Aber
selbst wenn der Trainer die tierfreundlichste und positivste Art des Trainings gewählt hat, lehrt diese Show dem
Publikum in keinerlei Weise etwas über die wahre Natur von Schimpansen, über ihr natürliches Verhalten und
auch nichts über die Schwierigkeit, sie in der freien Wildbahn zu beobachten, weil ihre Art immer gefährdeter
ist. Sie zu verkleiden und sie dazu zu bringen, sich wie kleine Pseudo-Menschen zu verhalten, ist veraltet und
respektlos. Diese Art von Show existiert schon seit Jahrzehnten nicht mehr.
Der nahe Kontakt zu den Schimpansen außerhalb ihres Ausstellungsgeheges ist sehr besorgniserregend. Wenn
Menschen Essen in die Gehege der Schimpansen werfen, werden so auch die Keime von ihren Händen über-
tragen und damit auch alle möglichen Bakterien und Krankheiten. Und eine Zigarette hineinzuschmeißen ist
einfach schrecklich.”
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EinE REchERchE von
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Prof. dr. sorenson, john - Professor der fakultät für soziologie an der brock university, kanada.
“Ich habe die Foto- und Videobeweise der Recherche von Animal Equality über in Gefangenschaft lebende
Schimpansen im Schwaben Park in Deutschland begutachtet. Es ist ein äußerst trauriger Aspekt menschlicher
Abartigkeit, dass solche mittelalterlichen Bedingungen in einem der fortschrittlichsten Länder Europas fort-
bestehen. Die tägliche Show, in der von den Schimpansen verlangt wird, verkleidet in Kostümen verschiedene
menschliche Aktivitäten vorzuführen – beispielsweise das Fahren eines Spielzeugautos, das Führen von Telefon-
gesprächen und das Vorführen eines albernen Tanzes – bietet lediglich dem Publikum eine Gelegenheit, über
diese Tiere zu lachen und nimmt ihnen ihre natürliche Würde. Wenn sie nicht auf der Bühne stehen, werden die
Schimpansen unter erbärmlichen Bedingungen gehalten, mit wenigen Bereicherungen für die Interessen dieser
intelligenten Tiere.
Einige Schimpansen sind in unmittelbarer Nähe zu einem kleinen lärmenden Zug untergebracht, der die Be-
sucher durch den Park befördert. Als Folge dieser Bedingungen sind die Tiere äußerst angespannt, ihre Leben
reduziert auf Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit, zusammengekauert oder versunken in sich wiederholende
Wippbewegungen, was auf psychischen Zusammenbruch hinweist. Einige der Tiere haben Wunden und leiden
unter Haarausfall, während andere offenbar Atemprobleme haben. Kleinkinder werden getrennt von ihren Müt-
tern gehalten und ausgestellt – ohne Möglichkeit, sich den ständigen Blicken der Besucher zu entziehen. Jene
Besucher, offenbar frustriert, wenn die Schimpansen ihnen nicht fortwährende Belustigung bieten, können
beim Werfen von Gegenständen auf die Tiere beobachtet werden – so warf ein Mann sogar eine brennende
Zigarette ins Gehege, die ein Schimpanse dann rauchte. Eine große und wachsende Reihe an Arbeiten in der
kognitiven Verhaltensforschung zeigt die geistige Komplexität der Schimpansen und es ist klar, dass derartige
Bedingungen für sie quälend sind.
Selbstverständlich ist es nicht nur ihre biologische Nähe zu uns selbst, die unsere ethische Anteilnahme auf sich
ziehen sollte: Alpakas, Ziegen sowie zwei Tiger werden ebenfalls in diesem Park zur allgemeinen Erheiterung
zur Schau gestellt und es scheint, dass auch diese Tiere unter Stress leiden. Es gibt kein Argument, welches
dafür spricht, dass die Zurschaustellung dieser Tiere irgendeinem essentiellen menschlichen Zweck dient und
tatsächlich fördern solche Einrichtungen nur die schlechtesten Aspekte unseres eigenen Charakters.”
AnhAnG b.
tELEfOnGEsPräch: thOmAs hudELmAiEr, 13. nOVEmbEr 2012
Telefongespräch Ermittler (E) mit Thomas Hudelmaier (TH), 13. November 2012.
E: Wenn Tiere großgezogen werden, kann nicht immer die Muttermilch verwendet werden und es teilweise dazu
kommt, dass andere Milch zum Einsatz kommt und die Tiere mit der Flasche aufgezogen werden. Wie ist es
dann im Vergleich zur Muttermilch? Wird es akzeptiert? Haben Sie hier irgendwelche Erfahrungen?
TH: Wir haben halt Erfahrungen mit Schimpansen. Die Schimpansen, die man von Hand aufzieht, die also keine
Muttermilch kriegen, werden größer und schneller größer wie die, die bei der Mutter aufwachsen.
E: Ab welchem Alter fangen Sie an, die Jungtiere (Schimpansen) von Hand aufzuziehen?
TH: Vom ersten Tag an. Die, wo man aufziehen muss, die zieht man auf.
E: Sie haben auch schon Schimpansen vom ersten Tag an aufgezogen?
TH: Ja, klar.
E: Und was für Präparate verwenden Sie für die Handaufzucht?
TH: Ganz normal Milumil. Ganz normale Kindernahrung.
E: Können Sie sonst noch was zum Vergleich sagen, wie die Kinder das aufnehmen, ob es irgendwelche Proble-
me oder auch positive Nebeneffekte gibt?
TH: Die Handaufzuchten, das liegt wahrscheinlich auch an der Milch, haben weißere Zähne, wie die, die bei der
Mutter aufwachsen, also schönere Zähne. Ja, sonst ist es eigentlich nicht viel anders.
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EinE REchERchE von
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AnhAnG c.
kOnVErsAtiOn: schwAbEn PArk mitArbEitErin, 24. sEPtEmbEr 2012
Mitarbeiterin (M) mit Ermittler (E) im Schwabenpark am 24.09.2012
M: Die kommen wieder. Die kommen am Mittwoch wieder zurück. Aber am Donnerstag werden sie dann wieder
auftreten. Die sind in der Tschechei. Die machen da ein Film. Die sind gefragt überall.
E: Sind die kleinen auch mit?
M: Die sind aber zu Hause.
E: Achso, die sind gar nicht mit in die Tschechei?
M: Nee, die haben nur zwei oder drei Affen mit. Die ganzen Affen sind da nicht mit dabei.
E: Ich hab jetzt auch gar nicht so viele Kleine gesehen. Ich wolle eigentlich mal kleine fotografieren.
M: Sind aber welche da. Aber die ganz kleinen sind im Haus.
E: Okay. Wie viele haben Sie da?
M: Von den ganz kleinen sind glaub ich zwei da. Die sind ein Jahr oder so.
E: Die kann man jetzt aber nicht sehen?
M: Nee, die gibt’s nicht zu sehen. Wenn dann hocken die mal am Fenster.
E: Achso, die sind schon da drinnen (Schimpansenhaus)?
M: Nee, da drinnen sind sie nicht. Die sind nur da, wenn die beiden da sind.
E: Wo bekommen sie die her die Affen? Bekommen Sie die aus Zoos?
M: Nein. Das ist eigene Zucht. Das sind ja 46 Stück, da werden höchstens nochmal welche abgegeben. Die
zieht sie alle selber groß, die verstoßen werden von der Mutter. Die hat bestimmt schon sechs, sieben Stück
großgezogen.
E: Werden die verstoßen?
M: Von der Mutter, ja. Entweder ist die Mutter zu jung oder was weiß ich. Ich hab’s schon selber miterlebt, dass
sie die entnabelt (?) haben. Ganz klein war das.
E: Wann werden die geboren? Im Frühjahr?
M: Das ist unterschiedlich. Die sind ja oftmals trächtig. Das sieht man ja, wenn das unten so rot ist, so dick.
Das ist wie bei einer Frau, die ihre Periode hat oder ihren Eisprung. Wenn Sie hier oben bei den Affen vorbei-
gehen, dann sind da eigentlich Kleine. Da sind auch welche hier drin. Und weiter hinten ist noch ein Kleiner.
Der ist auch manchmal mit zum Schimpansen-Theater.
E: Wann die nächsten geboren werden wissen Sie auch nicht?
M: Das weiß ich überhaupt nicht.
E: Manchmal sieht man auch, wenn die schwanger sind.
M: Selten. Wir haben ja eigentlich gar nicht so viel damit zu tun. Wir dürfen ja auch nicht mit rein. Nur die
beiden. Der Chef und die Chefin.
E: Ist es gefährlich, wenn man reinkommt?
M: Wenn die mit dem Auto runterfahren, die haben direkt ein geschlossenes Auto, vorher hatten sie ein offenes
gehabt. Die Leute greifen rein. Man darf auch nicht essen bei der Show. Das lenkt die Tiere ab. Die machen
das ja alles selbstständig. Die sind nicht darauf gedrillt. Die machen das wirklich von sich aus. Die machen
das gern.
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EinE REchERchE von
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E: Die (jungen Schimpansen) kommen meistens immer tagsüber. Vorher bringen sie die. Wenn letzte mal
Schimpansen-Theater ist, da es ja immer zweimal am Tag, dann nehmen sie die wieder mit. Dann holen die sie
und fahren sie nach Hause. Die wohnen ja bei denen mit im Haus. Ja, die haben richtig Zimmer, alles. Wenn
die ganz klein sind, was glauben Sie? Man muss alle drei Stunden aufstehen und die ernähren, als wenn man
ein Baby hat.
E: Wie lange müssen die im Haus bleiben?
M: Ich glaube zwei Jahre oder so. Die versuchen sie dann so langsam wieder einzugliedern.
E: Kommen die dann mit den anderen zusammen?
M: Jaja. Aber dann kommen die meistens dann in das vordere Gehege rein und nicht in diese hier.
E: Sind die zu viele dann?
M: Nee, aber da sind die Jungen drin, wo die Mutter nicht verstößt und da hinten sind dann die anderen. Mit
denen beschäftigen die sich dann auch.
E: Wieso machen die Mütter das, dass die verstoßen werden oder werden die genommen?
M: Sie zieht nur die groß, die verstoßen werden. Die anderen dürfen die Mütter selber.
E: Aber das ist schon doof, was mit denen passiert, wenn die verstoßen werden.
M: Das ist in der Natur so. Bloß in der freien Natur würden die schier verrecken.
E: Wie oft passiert das so, dass die Mutter die verstößt?
M: Bestimmt sieben, acht Stück. Ich kann’s Ihnen nicht genau sagen. Also letztes Jahr waren es zwei oder
drei. Die hat schon vier Stück gehabt auf einmal. Ich mein, so lange bin ich jetzt hier noch nicht, sechs Jahre
sind es jetzt.
E: Wie lange gibt’s den Park hier schon?
M: 40 Jahre.
E: Das haben die nicht selbst aufgebaut?
M: Doch. Unser Seniorchef hat es selbst aufgebaut alles. Eigentlich fast wie mit einem Zoo angefangen.
E: Wie viele waren das am Anfang?
M: Ich glaube zwei oder drei Affen hatten sie. Jetzt sind es 46, glaube ich. Die haben ja schon wieder mal
abgegeben an andere Zoos. Der Tierarzt, ich weiß nicht, ob Sie es wissen, ist von der Wilhelma, der betreut die
hier alle. Das macht ja nicht jeder mit den Tieren.
(...)
Sie können das buchen mit den kleinen Affen. Dann sind Sie da drin und dann können Sie die füttern. Aber
man muss älter wie zwölf sein. Kleine Kinder lässt sie da nicht rein.
E: Zu allen Tieren?
M: Nee, das können Sie nicht.
E: Wie kriegen Sie das hin, dass die mitmachen und die Kunststücke machen?
M: Die machen viel nach. Sie brauchen sich nur mal eine Weile zu so einem Affen hinstellen. Zeigen Sie mal
einen Vogel. Das machen die alles. Das machen die Leute vor und machen die nach.
E: Bekommen die Leckerlies?
M: Das kriegen die auch. Wenn die eine gute Show gemacht haben und die waren lieb, dann kriegen die schon
mal ein Eis. Aber das sind bloß ein paar Affen.
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EinE REchERchE von
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E: Die ganzen anderen Tiere kamen die dann später dazu?
M: Nee, da sind schon wieder viele weg. Da war ein Elefant, da waren Schafe, Ziegen. Ziegen haben wir ja noch.
Tiger sind noch da. Die hat er aus Stukenbrock. Safaripark Stukenbrock bei Bielefeld. Falls Sie denken, dass die
krank ist die Tigerin, die ist so geboren. Der tut nichts weh. Die war auch schon paar mal trächtig, ist aber nie
durchgekommen, immer wieder.
E: Vielleicht weil sie krank ist?
M: Man weiß es nicht, was es ist. Da kann man nichts sagen.
AnhAnG d.
kOnVErsAtiOn: schwAbEn PArk mitArbEitEr, 24. OktObEr 2012
Konversation Schwaben Park Mitarbeiter (M) mit Ermittler (E), 24. Oktober 2012.
E: Entschuldigung, stimmt das, dass der Park bald schließt?
M: Ein bisschen noch.
E: Im Winter ist geschlossen, oder?
M: Ja.
E: Und wie lange?
M: Bis Ende März.
E: Dann kann man gar nicht hier rein, oder?
M: [Schüttelt den Kopf.]
E: Ist dann geschlossen, weil dann weniger Leute kommen, weil es dann kalt ist oder warum?
M: Schnee und kalt.
E: Und die Tiere? Bleiben die hier oder gibt es da irgendwo noch ein Winterlager?
M: Die bleiben hier.
E: Aber draußen auch, oder?
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EinE REchERchE von
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M: [Unverständlich]
E: Und die Ziegen? Wo sind die dann?
M: Unten im Stall.
E: Ach, da ist auch ein Stall? Bei dem Auslauf oder ist der woanders?
M: Beim Auslauf, da unten, da haben sie einen Stall.
M: Die werden gefüttert und Wasser gegeben und so. Da gibt es auch Leute, wo den ganzen Winter arbeiten
auch.
E: Die sind dann hier, ja klar, muss ja sein, bei so vielen Tieren. Wie viele Tiere gibt’s denn hier? Viele, ne?
M: Ja, viele.
E: Viel zu pflegen, hm?
M: Ja. Aber die von der Affenshow, des ist Chef und seine Frau. Und der tut die Affen füttern und versorgen.
Der macht das alles für die Affen. Und für die anderen Tiere gibt’s einen Jungen, der tut alle, Ziegen, Schafe,
da hinter den Affen, gibt’s auch viele Tiere.
M: Aber jetzt sind ja auch wieder viele schwanger, hab ich gesehen. Da sind ja ganz viele dick.
M: Welche?
E: Die, die liegen, die sind alle so dick, sind die schwanger, oder was?
M: Keine Ahnung.
E: Die sind so dick alle.
M: Kann sein, kann sein. Doch, aber viele Ziegen verkauft er auch.
E: Sind ja zu viele, ne, die kriegen ja jedes Jahr Kinder.
M: Immer mehr, mehr, mehr. Die kriegen eine, die kriegen zwei. Die Ziegen kriegen sogar drei. Da muss man
immer die Flasche geben. [Unverständlich]
E Kann man Ziegen an Metzger verkaufen?
M: Nein, nein. Ich weiß es nicht. Kann ich nicht sagen. Ich weiß, dass viele Leute kaufen so [Kalb? Unverständ-
lich]. Da war ein Mann, der hat sechs Stück gekauft. Dann kommt wieder jemand und kauft welche. Vielleicht
werden groß Ziegen oder… Viele Leute [unverständlich] Milch von Ziegen. Ich habe gehört, das ist sehr, sehr
gesund.
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AnhAnG E.
wEitErE AnhänGE (VErmEEr 2012A)
E: Sind ja zu viele, ne, die kriegen ja jedes Jahr Kinder.M: Immer mehr, mehr, mehr. Die kriegen eine, die kriegen zwei. Die Ziegen kriegen sogar drei. Da muss man immer die Flasche geben. [Unverständlich]
E Kann man Ziegen an Metzger verkaufen?M: Nein, nein. Ich weiß es nicht. Kann ich nicht sagen. Ich weiß, dass viele Leute kaufen so [Kalb? Unverständlich]. Da war ein Mann, der hat sechs Stück gekauft. Dann kommt wieder jemand und kauft welche. Vielleicht werden groß Ziegen oder… Viele Leute [unverständlich] Milch von Ziegen. Ich habe gehört, das ist sehr, sehr gesund.
ANHANG E. WEITERE ANHÄNGE (Vermeer 2012a)
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E: Sind ja zu viele, ne, die kriegen ja jedes Jahr Kinder.M: Immer mehr, mehr, mehr. Die kriegen eine, die kriegen zwei. Die Ziegen kriegen sogar drei. Da muss man immer die Flasche geben. [Unverständlich]
E Kann man Ziegen an Metzger verkaufen?M: Nein, nein. Ich weiß es nicht. Kann ich nicht sagen. Ich weiß, dass viele Leute kaufen so [Kalb? Unverständlich]. Da war ein Mann, der hat sechs Stück gekauft. Dann kommt wieder jemand und kauft welche. Vielleicht werden groß Ziegen oder… Viele Leute [unverständlich] Milch von Ziegen. Ich habe gehört, das ist sehr, sehr gesund.
ANHANG E. WEITERE ANHÄNGE (Vermeer 2012a)
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3
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3
3
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GUTACHTEN ÜBER DIE SITUATION
DER TIERE IM SCHWABEN PARK
Eine Recherche von Animal Equality