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Stücke 2012Neuerscheinungen bei henschel SCHAUSPIEL

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Stücke 2012Neuerscheinungen bei henschel SCHAUSPIEL

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Redaktionsschluss: 21. Oktober 2011Gestaltung:Jana Weiz, Berlin (www.artain.de)Illustrationen: © Franziska Schaum, Berlin (www.schaum.tv)

henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbHMarienburger Str. 2810405 Berlin Telefon +49 (0)30 44318888Telefax +49 (0)30 [email protected]

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Lisa D’Amour Detroit 5

Sergi Belbel Im Abseits 6

Bulgakow/Schall/van Dyk Der Meister und Margarita 7

Peter Dehler Der Froschkönig 8

Pia Hierzegger Es brennt Reis oder Drei Schwestern auf Urlaub 9 Schweinehunde. Im Hintergrunde Grillparzer 10

Jón Atli Jónasson Die Tiefe 11

Thomas Morgan Jones Trollkind 12

Sigtryggur Magnason Imminent 13

Philippe Malone Septembren 14

Alexander Moltschanow Mörder 15

Bragi Ólafsson Die Hühnchen oder Erinnerungen an Karhula 16

Brüder Presnjakow Salmans Kopf 17

Claudia Schreiber Sultan und Kotzbrocken 18

Biljana Srbljanovi Das Leben ist kein Fahrrad 19

Sabine Stein Watchdog 20

Darja Stocker Reicht es nicht zu sagen ich will leben 21

Bernhard Studlar Don Q. 22 Um die Ecke 23

Lothar Trolle Hans (im Glück) 24

Soeren Voima Das Gestell 25 Ursprung der Welt 26

Iwan Wyrypajew Illusionen 27

Petr Zelenka Im falschen Film (Train Departures) 28

Inhalt

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Eine in die Jahre gekommene Vorortsiedlung außerhalb einer amerikanischen Stadt, die Detroit heißen könnte. Ben und Mary laden die neuen Nachbarn zum Barbecue ein. Man versucht sich in gepflegtem Smalltalk über Gott und die Welt, doch schon bald bröckelt der Putz. Ben ist arbeitslos, Mary hat offenbar ein Alkoholproblem. Kenny und Sharon sind erst kürzlich aus einer Entzugsklinik entlassen worden und besitzen kein einziges Möbel. Mit Hilfe von Durchhalteparolen und angestrengten Witzen stemmen sich die vier gegen die triste Realität. Die beiden Frauen machen sich schließlich auf zu einem gemeinsamen Campingwochenende. Doch bevor Kenny und Ben sich vor ihrem Abflug in eine Striptease-Bar einen ansäuseln können, sind Mary und Sharon wegen einer Autopanne wieder zurück. Dank reichlichen Alkohol-konsums entwickelt sich der angebrochene Abend zu einer ausgelassenen Party, an deren Ende Ben und Marys Haus ein Haufen Asche ist und Kenny und Sharon wieder spurlos verschwinden.Ein tragikomisches Kammerspiel und großartiges Schauspielerstück über vier in der Vororthölle gestrandete Existenzen.

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

L I SA D ’AMoUR

ist Autorin zahlreicher Theaterstücke, die an vielen Orten in den USA von New York bis San Francisco gespielt werden. Außerdem arbeitet sie gleichermaßen erfolg-reich als interdisziplinäre Performancekünstlerin. (www.lisadamour.com) „Detroit“ wurde im September 2010 am Steppenwolf Theatre in Chicago in der Regie von Austin Pendleton uraufgeführt.

Lisa D’AmourDetroit

(Originaltitel: Detroit)

Aus dem amerikanischen Englisch von

Christine Richter-Nilsson und Bo Magnus Nilsson

2 D, 2 H

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Pol, Familienvater Anfang 50, hat ein Problem. Gerade hat er seinem gekündigten Kollegen und alten Freund all sein Erspartes geliehen, da gerät er selbst in Geldnot. Sein Gehalt wird drastisch gekürzt, dabei braucht seine 18-jährige Tochter Lisa aus-gerechnet jetzt die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern, um das vorgesehene Aus-landsstudium antreten zu können. Der Familienfrieden ist dahin, das durchgeplante Leben gerät aus dem Takt. Überhaupt: Ist nicht der bettlägerige Vater das eigentli-che Problem, dessen kleine Stadtwohnung ein Vermögen an Miete verschlingt? Eine Lösung muss her, bis dahin lebt man auf Kredit. Und scheut nicht davor zurück, den lateinamerikanischen Altenpfleger anzupumpen, der seinem kleinen Sohn eine Fuß-ballprofikarriere ermöglichen will. Ein Stück über scheinbar ganz normale Menschen aus der sogenannten breiten Mitte der Gesellschaft, deren starre Perspektiven plötzlich ins Taumeln geraten. Über Nöte, die als existenziell wahrgenommen werden, obwohl die Fallhöhen begrenzt sind. Über Lebensträume, die sich als Zwangsvorstellungen entpuppen. Und immer wieder lässt Belbel in surrealen Szenen die Gewalt und Verzweiflung spürbar werden, die das brü-chige Durchschnittsleben seiner Figuren grundieren.

Über die Deutschsprachige Erstaufführung wird verhandelt.

Sergi BelbelIm Abseits

(Originaltitel: Fora de joc)

Aus dem Katalanischen von Klaus Laabs

2 D, 3 H

SERGI BELBEL

gilt als einer der wichtigsten katalanischen Autoren der Gegenwart. Mit seinem Stück „Liebkosungen“ wurde er 1992 international bekannt. 1996 erhielt er den Spanischen Nationalpreis für Dramatische Literatur. Erfolgsstücke wie „Nach dem Regen“, „Ein Augenblick vor dem Sterben“ oder „Mobil“ wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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Teufel Voland stattet Moskau einen Besuch ab. Er will herausfinden, ob sich die Be-wohner der Stadt tatsächlich zu „neuen Menschen“ gewandelt haben, wie die sozi-alistische Propaganda behauptet. Natürlich hat er leichtes Spiel, das Gegenteil zu beweisen. Mit höchst amüsanten und zugleich bitterbösen Streichen lösen er und seine bizarre Suite großes Chaos in der Stadt aus. Nur einer wird von seinem Besuch wirklich profitieren – der Meister. Ihm wird er seinen Roman wiedergeben, den der Schriftsteller über Jeschua und Pontius Pilatus geschrieben hat, und er wird ihn mit seiner Geliebten Margarita vereinen. Johanna Schall und Grit van Dyk gelingt mit ihrer Bühnenfassung eine besonders spielfreudige und eigenständige Umsetzung dieses vielschichtigen, satirischen Ro-mans von Michail Bulgakow. Sie lösen sich von der Struktur der literarischen Vorla-ge und bauen eigene, expressive Bilder, die der philosophischen Tiefe des Romans ebenso gerecht werden wie seiner Sinnlichkeit, Verrücktheit und überschwänglichen Phantasie.

Deutschsprachige Erstaufführung 19.3.2011, Theater Ingolstadt, Regie Johanna Schall

MICHA IL BULG AkoW (1891-1940)

ist einer der wichtigsten russischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Zu Lebzeiten war er bekannt vor allem als Dramatiker und Feuilletonist, die meisten seiner satirischen Prosawerke wurden von der Zensur verboten. Auch sein Hauptwerk, der Roman „Der Meister und Margarita“, konnte erst 1967 veröffentlicht werden, heute gilt es als eines der Schlüsselwerke der russischen Literatur.

Michail BulgakowDer Meister und Margarita

(Originaltitel: Master i Margarita)

Aus dem Russischen von Thomas Reschke

Für die Bühne bearbeitet von Johanna Schall und Grit van Dyk

4 D, 7 H

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Annabelle, erfolgsverwöhnte Prinzessin und König Papas Ein und Alles, ist schwer verknallt in Prinz Paul. Der ist egozentrisch, eitel und mit wachem Verstand besehen eine Pest für sein gesamtes Umfeld. Aber gleichzeitig ist er ein so schöner Traum. Annabelle will ihn erobern und wird von Pauls Überheblichkeit verletzt. Der erste Liebeskummer durch Kränkung ist zerstörerisch. So beschließt die aus dem Himmel fallende Frau Ho(lle) Paul eine Lektion zu erteilen und spricht eine Verwünschung aus, die versehentlich alle Bewohner des Schlosses (und auch ihren eigenen ange-beteten W(eihnachts)-Mann) in Frösche verwandelt. Obendrein bleibt es nun an Paul hängen, diesen Fluch zu lösen. Der Egomane in Lurchgestalt muss sich um Zuneigung bemühen, um den erlösenden Kuss von Annabelle zu bekommen. Die aber findet das Treiben im Froschteich mit einem herumunkenden W(eihnachts)-Mann viel zu lustig, um sich durch schnöde Küsserei den Spaß verderben zu lassen. Der beliebte Märchenklassiker als originelle, durchkomponierte Weihnachtsrevue. (Komposition John R. Carlson)

Uraufführung 28.11.2010, Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin, Regie Peter Dehler

PE T ER DEHLER

Jahrgang 1963, Autor, Schauspieler, Regisseur. Seit 1999 Schauspieldirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Märchen-, Roman- und Filmdramatisie-rungen u. a. „Helden wie wir“ nach dem Roman von Thomas Brussig, „Solo Sunny“ nach dem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase oder „Die Olsenbande dreht durch“ nach der legendären dänischen Filmreihe.

Peter DehlerDer Froschkönig

Nach den Brüdern Grimm

4 D, 4 H, kleine Rollen

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Lotte, Marianne und Paula, die sich der Einfachheit halber Schwestern nennen, ob-wohl Marianne nur eine Freundin ist, ziehen sich alljährlich auf eine abgelegene Hütte zur Sommerfrische zurück. Die drei haben verdrängt, dass sie sich längst nicht mehr ausstehen können. Zwischen selbst Gekochtem und schlechten Gedichten warten sie auf Männer oder andere Abwechslungen. Sobald sie zu zweit sind, überlegen sie, wie die Dritte am besten umzubringen wäre. Aber Gott sei Dank droht eine Sintflut. Lotte übernimmt das Kommando, und unter ihrer Anleitung bereiten sie sich auf die Kata-strophe vor. Endlich soll etwas Erzählenswertes passieren, das sie vielleicht sogar ins Fernsehen bringt. Doch die Nacht vergeht, ohne dass die Flut das Haus wirklich be-droht. Aus Enttäuschung treibt Lotte ihre Schwester Paula zur Weißglut. Sie will fort von hier, kommt aber wegen der Überschwemmungen nicht weit und findet sich am Abend mit den zwei anderen bei Grillwürsteln und Bier wieder. Sie macht noch schnell ein Gedicht und alles ist wie es immer war. (Pia Hierzegger über ihr Stück)

Frei zur Uraufführung.

P I A HIER ZEGGER

1972 in Graz geboren, schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Drehbücher und arbeitet als Schauspielerin und Regisseurin. Sie ist derzeit Hausautorin und Ensemblemit-glied am Grazer Theater im Bahnhof. 2007 bekam sie für „Vernetzt denken“ den Preis des Augsburger Stückewettbewerbs zum Thema „Wir. Terroristen“.

Pia Hierzegger Es brennt Reis oder

Drei Schwestern auf Urlaub

3 D

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Armin Ofner lebt auf einem abgelegenen Bauernhof in Österreich. Sein einziger Kon-takt ist der wöchentliche Besuch seines Bruders Alexander, der ihn mit Medikamenten versorgt. Eines Tages taucht Anna auf, die sich als Enkelin einer ukrainischen Zwangs-arbeiterin ausgibt. Armin weiß nichts darüber, lädt Anna aber zum Essen ein. Für die Frau aus dem Osten opfert er sogar eines seiner drei Hühner. Alexander bricht herein und erzählt von verschiedenen Zwangsarbeitern. Von Annas Großmutter will er nichts gehört haben. Der seltsame Armin und der imponierwillige Alexander finden Gefallen an Anna und ihrer Suche nach vergangener Wahrheit. Alexander verspricht seinem Bruder, ihn mit Anna zu verkuppeln. Und tatsächlich landen Anna und Armin im Bett. Um Mitternacht lockt Alexander die Frau daraufhin in sein Zimmer. Dort, hinter ge-schlossener Tür, muss Schreckliches geschehen. Immer undurchsichtiger wird, ob sich Anna nicht eingeschlichen hat, um ihre Großmutter zu rächen oder ob sie gar kein Mensch, sondern eine Widergängerin ähnlich Grillparzers Ahnfrau ist. Ihre Mission scheint am nächsten Morgen beendet. Armin bleibt verliebt alleine zurück und ob Ale-xander im Kochtopf gelandet ist, erfahren wir genauso wenig wie die wahre Identität Annas. Eine gallig bizarre Komödie voller Situationskomik und Sprachwitz.

Frei zur Uraufführung.

Weitere Stücke: „Sound of Seiersberg“ und „Vernetzt denken“

Pia Hierzegger Schweinehunde.

Im Hintergrunde Grillparzer

1 D, 2 H

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Im Dämmer verlassen Männer mit Seesäcken ihre Häuser. Ihr Schiff fährt ins Ungewis-se, dem Kabeljau nach. Der junge, starke Seemann steht noch in seinem Elternhaus. Jeder Schritt, jede Berührung, jeder kindheitsbekannte Duft wird von ihm aufgeso-gen, denn jede Ausfahrt ist ein Abschied. In Gottes Namen. Der Junge geht an Bord, betritt die Kajüte, die nach Schweiß, Öl und Frauenlosigkeit riecht. Die Seemannsseu-che liegt auf der Lauer. Und die unberechenbare Gewalt der See. Wenige Seemeilen später kippen die dreihundert Tonnen Stahl um und laufen voll. Die Welt steht Kopf. Der Junge kämpft sich die Treppe hinunter hinauf auf die Brücke unter Wasser an die Luft. Der Pott sinkt. Die Mannschaft ist weg. Keine Mama, kein Papa, kein Gott. Nur ein Vogel, mit dem der dahin treibende Junge spricht. Das Auto und die letzte Rate, Rockgruppen, Witze, Träume von einem Mädchen, dem er aus der salzigen Dunkel-heit nur noch hinterher sehen kann. Das Leben dieses in der galaktischen Einsamkeit schwimmenden Menschen wird so unendlich schützenswert. Nur noch einen Tag will er haben. Der Monolog von Jón Atli Jónasson ist ein Meisterstück. Tief, poetisch, präzise und von umwerfender Kraft.

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

JÓN AT L I JÓNA SSoN

1972 in Reykjavík geboren, zählt zu den bekanntesten Dramatikern Islands. Er war Fischer, Pizzeriachef, Heavy-Metal-DJ und Bauarbeiter. Er schreibt Drehbücher, Prosa, Hörspiele und ist Mitbegründer von Mindgroup, einem Zusammenschluss europäischer Theatermacher. „Die Tiefe“ wurde 2009 in Edinburgh uraufgeführt und gewann 2011 den Preis für das beste nordische Radiostück.

Jón Atli JónassonDie Tiefe

(Originaltitel: Djúpi )

Aus dem Isländischen von Richard Kölbl

1 H

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Rubys Mutter findet Arbeit in der weit entfernten Großstadt. Mutter und Tochter ver-lassen nicht nur das vertraute Haus am Waldrand, sondern auch Rubys Vater und ihren älteren Bruder, die ein paar Straßen weiter wohnen. In Rubys neues Zimmer hat die Mutter an die Wand einen Phantasiewald als Ersatz für den heiß geliebten echten gemalt. Ruby findet gleich eine Freundin, telefoniert täglich mit Vater und Bruder und alles scheint schnell seinen gewohnten Gang zu gehen. Doch irgendetwas ist anders: Die Mutter ist ständig müde, ihre Hände zittern und sie vergisst Ruby zum Abschied zu küssen. Ruby selbst findet ihre Anziehsachen daneben und wird immer zickiger. Zu allem Übel scheinen auch noch die Figuren im Wald ihres Zimmers lebendig zu sein, und schon bald ist Ruby davon überzeugt, dass sie selbst zu einer dieser Figuren geworden ist, einem Trollkind, das Rubys Mutter die Lebensenergie stiehlt. Thomas Morgan Jones greift den Mythos des Wechselbalgs auf und erzählt anhand dessen eine sehr moderne wie alltägliche Geschichte über die vielschichtigen Her-ausforderungen, die neue Lebenssituationen an Kinder wie Erwachsene in unserer flexiblen Gesellschaft stellen. (Für Kinder ab 5 Jahre)

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

Thomas Morgan JonesTrollkind

(Originaltitel: The forest in my room)

Aus dem kanadischen Englisch von Matthias Grön

2 – 3 D

T HoMA S MoRG AN JoNE S

arbeitet als Autor, Regisseur, Dramaturg und Choreograph. Seine Stücke werden in ganz Kanada sowie in Irland und Taiwan aufgeführt. Mehrere Spielzeiten begleitete er die Arbeit der Modern Times Stage Company und des Charlottetown Festivals. Momentan ist er Author-In-Residence für die Cahoots Theatre Company. Thomas Morgan Jones lebt in Toronto.

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Am 6. August 1985, als sich der Atombombenabwurf auf Hiroshima zum vierzigsten Mal jährt, erstickt eine junge Mutter ihren fünf Wochen alten Säugling mit einem Kissen. Schon bald wachsen aus der Asche des Säuglings im Vorgarten Gänseblüm-chen. Sechsundzwanzig Jahre später sitzt die Mutter mit ihrem Kind, inzwischen ein junger Mann, im Wohnzimmer. Er singt für sie, sie tanzen, verbünden sich gegen den Vater. Dann kippt die Situation und er wird zu ihrem Richter, Priester, Therapeut, dem sie sich hilflos ausliefert. Der vorgestellte Sohn ist die einzige gültige Realität der Mutter, der leibhaftige Ehemann, der Abend für Abend pfeifend nachhause kommt, dagegen eine lästige Erscheinung. Egal worüber das Ehepaar redet, alle Versuche, so etwas wie Alltag zu behaupten, scheitern kläglich. Mit der unerklärbaren Tat ist das gemeinsame Leben wie ausgelöscht. Handlungen und Gefühle lassen sich fortan nicht mehr in den üblichen Bezugssystemen fassen, alles verschwindet in diesem einen Tag. Gleich Strahlenopfern leben die beiden Eheleute ihr Leben in der Gewissheit, längst tot zu sein.

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

S IG T RyGGUR MAGNA SoN

1974 in Island geboren, arbeitet in der Werbebranche und als Journalist, schreibt Gedichte und Theaterstücke. 2004 Uraufführung seines Theaterstücks „Herjólfur hat aufgehört zu lieben“ im Nationaltheater in Reykjavík. 2009 erhielt er für „Imminent“ den isländischen Theaterpreis, 2010 den zweiten Preis im Hörspiel-wettbewerb der nordischen Länder.

Sigtryggur MagnasonImminent

(Originaltitel: Yfirvofandi)

Aus dem Isländischen von Richard Kölbl

1 D, 2 H

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Ein Kind schlüpft im Anbruch des Tages aus der Wärme der Bettdecke, steigt zit-ternd über die schlafenden Brüder, pocht zaghaft an die Tür der Schwester, verlässt schließlich allein, bewaffnet nur mit einem Fußball, das Haus. Es treibt den Ball durch die Ruinen einer vom Krieg zerstörten Stadt, flieht vor ihre Tore auf eine aus ihren Trümmern errichtete Anhöhe. Dort angekommen sitzt es unter einem Feigenbaum und schenkt der Morgenröte ein erstes Lächeln. Der tosende Lärm angreifender Flug-zeuge wird die Idylle jäh zerstören, die zeitgleich auf der anderen Seite der Erde als magisches Schauspiel zwischen zwei Werbeblöcken über die Bildschirme flimmern. In seinem expressiven Antikriegspoem konterkariert Philippe Malone den stumpfen Blick des westlichen Voyeurs, das Irreale der Bilder, den Krieg als Spektakel mit der physischen Wahrnehmung des Kindes, dem sich der Schrecken des Krieges mit je-der fallenden Bombe in den kleinen Körper einhämmert. Ein Kind ohne Familie, ein schreiender Schmerz, der sich in besinnungslose Wut wandelt, die ein junger Mann mit einem Sprengstoffgürtel über dem Bauch gen Westen tragen wird.

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

Philippe MaloneSeptembren

(Originaltitel: Septembres)

Aus dem Französischen von Kristin Schulz

Besetzung variabel

PHIL IPPE MALoNE

Jahrgang 1967, begann nach seiner Ausbildung zum Fotografen für die Bühne zu schreiben. Seine Stücke „III“, „Das Gespräch“ und das im Verbund mit drei Autoren geschriebene Stück „Die Außerordentliche Ruhe der Dinge“ wurden in der Reihe Scène veröffentlicht. „Septembren“ wurde im Januar 2009 in der Regie von Michel Simonot in Montpellier uraufgeführt.

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Eine Liebesgeschichte, ein Roadmovie, erzählt aus mehreren Perspektiven. Jede Figur konterkariert die Sicht der anderen, die Erzählfolien legen sich übereinander, und so bekommt diese im Grunde einfache Story sehr viel Farbigkeit und Tiefgang. Es geht um Andrej, einen naiven, verschüchterten Studenten aus der Provinz. Er hat beim Karten-spiel gegen Seka verloren, den großen Seka, der nicht nur das Glück im Spiel gepachtet zu haben scheint, sondern auch jede Schlägerei gewinnt und die schönsten Mädchen lieben darf. Andrej soll nun für Seka Schulden eintreiben, von Mironow, der sich vor ihm in sein Dorf verkrochen hat. Andrej soll diesen Mironow sogar umbringen, wenn der nicht zahlen will, und damit er nicht abhaut, gibt Seka ihm seine Freundin Oxana mit. Wie diese beiden nun gemeinsam auf die erzwungene Reise gehen, sich zunächst verachten und piesacken, dann allmählich Gefallen aneinander finden und Auswege aus der vertrackten Situation suchen, wie alles zunächst ständig schiefläuft, am Ende aber aus dem von Selbstzweifeln und Ängsten gepeinigten Andrej ein zu allem entschlosse-ner Romeo wird - das ist nicht nur witzig und emotional, sondern auch dramaturgisch gekonnt erzählt.

Über die Deutschsprachige Erstaufführung wird verhandelt.

ALExANDER MoLTSCHANoW

geboren 1974 im Gebiet von Wologda, ist Journalist, Drehbuchautor und Dramatiker. Bekannt wurde er vor allem als Autor beliebter Fernsehserien. Sein Theaterstück „Mörder“ ist in Russland sehr erfolgreich, es wurde mit mehreren Preisen bedacht und läuft an zahlreichen Bühnen des Landes. Alexander Moltschanow lebt in Moskau.

Alexander MoltschanowMörder

(Originaltitel: Ubijca)

Aus dem Russischen von Manuela Lachmann

2 D, 2 H

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Eine isländische Tragikomödie über den normalen Wahnsinn in einem kleinbürgerlichen Mehrfamilienhaus. Sigurhans, ein leidenschaftlicher Jazzliebhaber, hat einen Hang zu Ordnung und Gerechtigkeit. Die Wohngegend ist unsicher geworden. Also ist Sigurhans auf der Hut. Als er feststellen muss, dass aus seiner Tiefkühltruhe im Gemeinschafts-keller mehrere eingefrorene Hühner entwendet wurden, beruft er schnurstracks eine Hausversammlung ein, um den Fall im Kreuzverhör zu lösen. Gegen den Willen seiner Frau, der bereits Ungutes schwant. Als Verdächtige kommen für ihn vor allem das ver-schlossene Vater-Sohn-Duo aus der Nachbarwohnung sowie die punkige Tochter des eben verstorbenen Mitbewohners aus dem Obergeschoss in Betracht. Aber auch die etwas spinnerte Dame aus dem ersten Stock hat sich verdächtig gemacht. Der Abend läuft bald außer Kontrolle. Erst wird gedruckst, dann fliegen die Fetzen. Währenddes-sen räumen ganz reale Diebe die Nachbarwohnung leer. Am Schluss bleiben zwar die Hühnchen verschollen, aber dafür sind einige heimliche und unheimliche Verhältnisse aufgedeckt worden.

Frei zur Deutschsprachigen Erstaufführung.

Bragi ÓlafssonDie Hühnchen

oder Erinnerungen an karhula

(Originatitel: Hænuungarnir)

Aus dem Isländischen von Richard Kölbl

2 D, 4 H

BRAGI ÓLAFSSoN

1962 in Reykjavík geboren, war Musiker und Verleger, bevor er sich endgültig dem Schreiben zuwandte. Die Romane „Die Haustiere“ und „Der Botschafter“ sind auch in Deutsch erschienen. Seine Theaterstücke „Belgischer Kongo“ (UA 2004 Stadttheater Reykjavík) und „Die Hühnchen oder Erinnerungen an Karhula“ (UA 2010 Isländisches Nationaltheater) feierten in Island große Erfolge.

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Salman ist ein betagter Schriftsteller, er hat keine Ideen mehr, fühlt sich ausgelaugt. Er steckt in einer Erwartungsschleife, denn solange er erfolgreich war, mit seinen Büchern die Welt herausgefordert hat und von ihr dafür verehrt wurde, konnte er seiner Familie ein Luxusleben garantieren. Das ist nun gefährdet, und seine Frau und die beiden Söhne versuchen alles, um ihn auf neue Schreibideen zu bringen, doch nichts hilft. Da sein Kopf nun also nutzlos geworden ist, wollen sie ihn meistbietend versteigern, schließlich war einst eine Million Dollar auf ihn ausgesetzt. Als auch diese Idee zu scheitern droht, meldet sich ein russischer Millionär, der Salmans Kopf seinem Freund zum Geburtstag schenken will. Eilig wird eine Guillotine herbeigeschafft und die Köpfung vorbereitet, doch kurz bevor das Fallbeil heruntersaust, erlöst die Familie den entsetzten Autor – alles war nur inszeniert, um ihn aus seiner Lethargie zu befreien. Warum sollte bei ihm nicht wirken, was einst Dostojewski zu seinen großen Werken verhalf – die Todesangst eines beinahe Hingerichteten, der in letzter Sekunde begnadigt wird? Eine wunderbar schräge, mit allen Mitteln des Theaters spielende Komödie, die vor keinem Tabu Halt macht. Und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind natürlich rein zufällig.

Über die Deutschsprachige Erstaufführung wird verhandelt.

DAS RUSSISCHE AUToRENDUo oLEG UND WLADIMIR PRESNJAkoW

(Jahrgang 1969/74), international erfolgreich mit den Theaterstücken „Terrorismus“, „Opfer vom Dienst“ und „Vor der Sintflut“ sowie dem Roman „Tötet den Schiedsrich-ter“, fühlt sich vor allem der Ästhetik des Absurden verbunden: „Uns scheint, dass jedes unserer Stücke ein Gruß an Buñuel ist, aber auch an Beckett und Ionesco.“ Die Autoren leben in Budapest und Moskau.

Brüder PresnjakowSalmans kopf

(Originaltitel: Golova Salmana)

Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja

2 D, 6 H

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Der kleine Sultan lernt von der Pike auf das Nichtstun. Das kann er bald so gut, dass er großer Meister mit schwarzem Gürtel im Überhauptnichtstun wird. Er hat hundert Frauen und jede liebt ihn bis zum Umfallen. Je mehr Frauen, die ihn baden, knuddeln, füttern, umso größer der Kissenberg, auf dem er jeden Tag rumthront. Sultan braucht einen starken Diener und findet einen Typen, der sich zwar sofort den zärtlichen Namen Kotzbrocken einfängt, der dem zerliebten Herrscher aber auch hilft, die Nase über den Kissenrand zu strecken und Weltluft zu schnuffeln. Sultan lernt in seiner anfänglich rein egoistischen Freundschaft zu Knecht Kotzbrocken so manche Lebensart. Zum Beispiel, dass Urlaub machen nicht Uhren im Laub suchen bedeutet. Oder dass die sultanesische Spucke auf Kotzbrockens Kopf nicht so lustig ist. Ein leichtes, erfrischendes Spiel zwi-schen Kissenhimmel, Straßenstaub und Meerblick. Viel zu lernen, zu lachen, zu staunen für Kinder ab 4 Jahre.

Claudia Schreibers Kinderbuchvorlage ist auch für weitere Bühneneinrichtungen zu nutzen.

Uraufführung 19.9.2009, theater junge generation Dresden, Regie Rüdiger Pape

Claudia SchreiberSultan und kotzbrocken

Bühnenfassung Jörg Hückler und Rüdiger Pape

2 Spieler

CLAUDIA SCHREIBER

wurde 1958 bei Kassel geboren. Ihr Roman „Emmas Glück“ ist in neun Sprachen übersetzt, verfilmt und für das Hörspiel bearbeitet worden. „Sultan und Kotzbrocken“ wurde bisher in vier Sprachen übersetzt. Weitere Werke: „Oben Himmel unten Gras. Ein Kuhspiel in sechs Akten“, „Süß wie Schattenmorellen“ u. a.

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Nade da hat ihren Vater ins Krankenhaus gebracht. Er hatte einen Hirnschlag und braucht dringend einen Arzt. Doch es kommt keiner. Obwohl es ein besonders gutes Krankenhaus ist und sie nur durch Beziehungen hier aufgenommen wurden. Nade da ist nervös, wieder scheitert sie vor ihrem Vater, wieder hat er einen Grund zu sagen: Du packst es nicht, du weißt einfach nicht, wie es geht. Es ist der Beginn eines Ab-schieds, den sie beide vor sich haben und den sie mit allen Widersprüchen zelebrieren, die ihr Verhältnis immer geprägt hat. Nade da weiß um die Brutalität ihres Vaters, sie hat ihn immer gefürchtet, aber nie akzeptiert, sie hat ihn geliebt und zugleich ein Leben lang gegen ihn gekämpft. Eingebettet ist dieser Vater-Tochter-Konflikt in einen Reigen von starken persönlichen Szenen, die mit Nade da und ihrer Geschichte etwas zu tun haben. Immer geht es um den von widersprüchlichen Emotionen begleiteten Versuch, sich von starken Autoritäten zu lösen, ohne sie leben zu lernen und mit der unerfüllten Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit fertig zu werden. Die Figuren begegnen einander, obwohl sie sich eigentlich nicht kennen. Und sie ahnen nicht, wie sehr sie tatsächlich miteinander verbunden sind.

Uraufführung 3.12.2011, Schauspielhaus Bochum, Regie Anselm Weber

Biljana SrbljanovicDas Leben ist kein Fahrrad

(Originaltitel: Nije smrt biciklo)

Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann

3 D, 4 H

BILJANA SRBLJANoVIC

1970 in Belgrad geboren, gehört zu den wichtigsten Stimmen der europäischen Gegenwartsdramatik. Ihre Stücke (u. a. „Belgrader Trilogie“, „Familiengeschichten. Belgrad“, „Heuschrecken“, „Barbelo“) werden international mit großem Erfolg gespielt, sie ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, u. a. mit dem renommierten „Europe Prize New Theatrical Realities“.

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Nils, von seinen Mitschülern „Lutscher“ genannt, glaubt nur versehentlich in der Kör-perhülle eines 14-jährigen Schülers zu stecken. Gleichzeitig buhlt er um die lebens-notwendige Aufmerksamkeit seiner Peiniger. Er sucht sich ein Opfer, das schwach wie er selbst ist. Im Physiklehrer Edgar Schacht, dessen Stunden von den Schülern performancemäßig sabotiert werden, findet er das ideale Ziel. Dessen hilflose Ver-suche, Fasson in den Unterricht zu bringen, filmt der unscheinbare Junge mit sei-nem Handy und stellt die lustigen Katastrophen ins Internet. Nils mausert sich zum „watchdog“, zum heimlichen Drahtzieher einer öffentlichen Exekution des Lehrers, den er auch privat entblößt. Als Sexvideomontagen im Netz auftauchen, beginnt der Lehrer um sein Leben zu kämpfen. Er hat den kaltschnäuzig arroganten, türkischen Schüler Murat im Visier und verfolgt ihn mit manisch wachsendem Vergeltungsstre-ben. Der „cyber warrior“ Nils weiß sich als Herrscher über Untergang oder Überleben. Die genau recherchierte Geschichte über Cyber-Mobbing an Schulen endet in einem dramatischen Showdown.

Frei zur Uraufführung.

SABINE STEIN

Jahrgang 1961, studierte Germanistik und Philosophie in Hamburg. Sie schreibt Prosa und ist Autorin zahlreicher Hörspiele. Lehrtätigkeit an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg. Die Arbeit an dem Stück „Watchdog“, das auch als Hörspiel vorliegt, wurde durch die Filmstiftung NRW gefördert.

Sabine Stein Watchdog

2 D, 4 H

(kleine Rollen/Mehrfachbesetzungen)

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„Meine Heimat ist da wo mir die Dinge nicht egal sind.“Zusammen mit der Autorin Claudia Grehn (Verlag der Autoren) hat Darja Stocker Ge-spräche, die sie mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Generationen geführt haben, zu einer Szenencollage verdichtet, die verschiedene Aggregatzustände des Auf-begehrens, angefangen von schlichter Empörung bis hin zu aktivem Widerstand, aus-loten. Es ist ein scharfzüngiges Gesellschaftspanorama entstanden, in dem der Einsatz dieser kämpferischen Individuen am bleiernen Konsens über die Unveränderbarkeit der bestehenden Verhältnisse abprallt. Je selbstbestimmter und radikaler diese Figuren - vom Manager über die Studentin, Altenpflegerin oder Asylbewerberin - gegen Hartz IV, Pflegenotstand, Residenzpflicht usw. agieren, desto weiter werden sie in ein privates wie öffentliches Abseits gedrängt, landen in der Gosse oder im Gefängnis.Der Text der beiden Autorinnen führt den Titel in jedweder Hinsicht ad absurdum. Er ist ein berührendes Zeitdokument, ein vielstimmiges Manifest wider das Einverneh- men der politischen Ohnmacht.

Uraufführung 30.6.2011, DNT Weimar; 28.9.2011 Centraltheater Leipzig, Regie Nora Schlocker (koproduktion von DNT Weimar und Centraltheater Leipzig)

Darja StockerREICHT ES NICHT

ZU SAGEN ICH WILL LEBEN

Besetzung variabel

DARJA SToCkER

Für ihr erstes Stück „Nachtblind“ bekam Darja Stocker, geboren 1983 in Zürich, 2005 den Ersten Preis des Heidelberger Stückemarktes. 2007 wurde die Aufführung des Thalia Theater Hamburg zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. 2009 inszenierte Armin Petras die Uraufführung ihres zweiten Stücks „Zornig geboren“ in Koproduktion mit dem Maxim Gorki Theater Berlin für die Ruhrfestspiele.

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Modern in Sprache und Zugriff auf die liebenswürdig-verschrobenen Figuren, gleichzei-tig dem Original verpflichtet - so hat Bernhard Studlar den großen Cervantes-Stoff für ein jugendliches Publikum (ab ca. 11 Jahre) verdichtet und dramatisiert. Wir erleben den Aufbruch des Ritters aus Leidenschaft in eine Welt, in der es noch echte Helden und Gefahren gibt, begleiten ihn und seinen treuen Knappen Sancho Panza durch etliche Abenteuer, verlieben uns mit ihm in seine Dulcinea und lachen über die vergeblichen Versuche seiner „vernünftigen“ Umgebung, den Alten von seinem vermeintlichen Wahn-sinn zu befreien. Und am Schluss übernimmt Sancho Panza das utopische Erbe seines Herrn und trägt das Flämmchen der Sehnsucht nach einer anderen Welt in unsere Ge-genwart.

Frei zur Deutschen Erstaufführung.

Uraufführung 13.1.2011, Theater Rabenhof Wien, Regie Roman Freigaßner

BERNHARD STUDLAR

Jahrgang 1972, arbeitet als freier Autor in Wien. Bekannt wurde er vor allem durch seine Stücke „Transdanubia-Dreaming“ und „Mariedl-Kantine“, beide uraufgeführt am Wiener Burgtheater. Zusammen mit dem Regisseur Hans Escher hat er 2005 das Autoren-Förderungsprojekt „wiener wortstaetten“ ins Leben gerufen.

Bernhard StudlarDon Q.

Von Rittern, Eseln und anderen traurigen Gestalten

2 D, 4 H, Mehrfachbesetzungen

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Bernhard Studlar hat ein assoziativ-verspieltes Abenteuer für das allerjüngste Publi-kum (ab 3 Jahre) geschrieben: Zwei spielen an einer Ecke. Hinter Ecken lässt es sich gut verstecken, es lassen sich Dinge entdecken (Nussecken! Schnecken!), und manch-mal lauert um die Ecke auch Erschreckendes. Da braucht es dann Mut und eckenche-ckende Mit-Entdecker.

„Da dies mein erster Versuch ist, einen literarischen Text für die allerjüngsten Zu-schauer zu verfassen, hoffe ich, dass das Stück als Spielvorlage den beiden Akteuren und später dem Publikum genauso viel Freude macht wie mir beim Schreiben. Und auch wenn es überhaupt nicht mein Bier ist, will ich trotzdem erzählen, dass ich mir für das Schreiben immer einen relativ großen (höher als menschenhoch!), drehba-ren Würfel als Bühnenbild vorgestellt habe, bei dem es sich wunderbar um die Ecke schauen, gehen, rennen, kriechen etc. lässt. Eventuell kann man in dem Würfel auch verschwinden oder ein Fenster öffnen und rein/rausschauen. Ich nenne diesen Würfel eine Magic Box und würde mich freuen, einmal eine solche Box auf der Bühne zu se-hen. Und damit habe ich fertig.” (Bernhard Studlar)

Uraufführung 12.12.2011, DSCHUNGEL WIEN, Regie Michael Alexander Pöllmann; 24.3.2012 Theater der Jungen Welt Leipzig, Regie Anne klinge

Weitere Stücke: „Durch die Schluchten des Balkan“, „Human Being Parzival“, „Me and You and the EU“, „SONNE, WOLKE, Amerika“, „Transdanubia-Dreaming“

Bernhard StudlarUm die Ecke

2 Darsteller

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Hans ist der (Märchen)-Mann, der wie ein Versprechen von Freiheit seinen Goldklum-pen tauscht gegen immer kleiner werdende störrische Tiere, bis er auf den Wetzstein kommt und diesen im Brunnen versenkt. Trolle zelebriert mit rhythmischer Detailver-liebtheit diese verlustreichen Transaktionen. Das alte Zuhause erträgt einen solchen Entmaterialisierten nicht. Und so zieht Hans in die modernen Städte, taucht an Stra-ßenrändern auf, bleibt vor Schaufenstern stehen, beobachtet das Treiben der Leute, schnappt auf und lässt laufen. Der Ruf nach ihm und seinem Geheimnis wispert wie eine Beschwörung durch den Text, wie eine alte Ahnung von Glück. Authentische Berichte außergewöhnlicher Menschen ragen aus dem assoziationsreichen Fließtext heraus. Scheinbare Zufallsfunde. Eine Turmspringerin mit Höhenangst, ein schizo-phrener Nobelpreisträger für Mathematik, ein Pianist, seit der „Kristallnacht“ auf weltweiter Konzertflucht oder ein Internetkrämer, der mit einer Büroklammer zu Reichtum gelangt. Momente des Innehaltens und Wunderns. Hans (im Glück) läuft weiter. Ruhelos, unbemerkt. Das Getriebe der Welt scheint neben ihm zu knirschen. Und manchmal verschwindet er in einem Kino oder sitzt am Wegesrand. Trolles Text bietet Spielmaterial für unterschiedliche Bühnenformate.

Frei zur Uraufführung.

LoTHAR TRoLLE

1944 in Brücken (Harz) geboren. Seit 1970 freischaffender Dramatiker. Zahlreiche Stücke und Hörspiele. Lebt in Berlin. In Zusammenarbeit mit dem Alexander Verlag Berlin ist im Jahr 2007 erschienen: Lothar Trolle: Nach der Sintflut, Gesammelte Werke; Herausgegeben von Tilman Raabke, 608 Seiten, gebunden, ISBN: 978-3-89581-166-1, Euro 19,90

Lothar TrolleHans (im Glück)

Besetzung variabel

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Soeren VoimaDas Gestell

2 D, 4 H

Imme, Karl und Torben begegnen sich bei einer Attac-Veranstaltung. Karl verliebt sich in Imme, sie aber entscheidet sich für seinen Freund Torben, weil der so schöne kämp-ferische Reden hält. Doch schon bald soll sich das Bild komplett wandeln. Während Karl sich gleich nach dem Studium aufs Land zurückzieht und Ökobauer wird, denkt Torben als frisch gebackener Familienvater eher ans Geldverdienen und hängt seine politischen Ideale an den Nagel. Er nimmt einen Job in einem großen Autokonzern in Süddeutschland an und will von Kapitalismuskritik nur noch wenig wissen. Imme dagegen wird zur radikalen Umweltschützerin, scheitert aber mit ihren Widerstands-versuchen und zieht sich in eine Traumwelt zurück. Da bietet Karl ihr an, zu ihm aufs Dorf zu ziehen und gemeinsam ein neues Leben zu beginnen, aber für Imme kommt dieser Vorschlag zu spät.Der Begriff „Gestell“, von Heidegger verwendet für die Gesamtheit der Mittel, mit denen sich der Mensch über die Natur erhebt, gibt dem Stück nicht ohne Grund seinen Titel, denn in diesem privaten Beziehungsdrama spiegeln sich die großen Gesell-schaftsfragen unserer Zeit.

Uraufführung 4.5.2011, Staatstheater Stuttgart (in koproduktion mit dem Teatre Romea Barcelona), Regie Josep Galindo

SoEREN VoIMA

geboren 1972 in Wittgensdorf (Chemnitz), Studium der Verhaltensbiologie. Entdeckt durch die Begegnung mit dem Schauspieler Klaus Piontek das Theater und beginnt zu schreiben. 1995 Gründung der nach ihm benannten Autorengruppe. Seit 2003 eigene Stücke (u. a. „Herr Ritter von der traurigen Gestalt“, „Volpone“, „Eos“, „Simplicissimus Teutsch“, „80 Tage, 80 Nächte“).

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Gyges und Kandaules, Freunde von Kindheit an, betreiben gemeinsam eine Werbe-agentur. Von der Stiftung „Muslime für Deutschland“ bekommen sie einen Auftrag, der ihr Leben verändern wird – eine Kampagne zur Vermittlung muslimischer Werte, Geschichte und Kultur. Ihre unterschiedliche Religion – Gyges ist Katholik, Kandaules Moslem - hat für beide nie eine Rolle gespielt, doch nun beginnen sie sich intensiv damit zu beschäftigen. Auf dem Höhepunkt der Arbeit an dem Projekt muss Kandaules für ein paar Tage in seine persische Heimat reisen. Dort verliebt er sich unsterblich, heiratet und kehrt mit seiner völlig verschleierten Ehefrau Nyssia zurück. Gyges er-kennt in dem entrückt wirkenden Kandaules seinen alten Freund nicht wieder, und erst als er auf dessen Betreiben hin heimlich einen Blick auf Nyssia ohne Schleier werfen darf, ist auch er so betört von ihrer Schönheit, dass er alles zu vergessen scheint. Doch Nyssias Bruder, der zu ihrer Bewachung mit nach Deutschland gereist ist, entdeckt den Betrug der beiden Freunde, und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.Seit Herodot wird die Legende von Gyges und Kandaules immer wieder neu erzählt als Sinnbild des Widerstreits zwischen Aufklärung und Tradition. Voima holt sie in unsere Gegenwart und trifft damit ins Zentrum der Debatte um Toleranz und Traditionsbe-wusstsein.

Uraufführung 14.5.2011, schauspiel hannover, Regie Tina Lanik

Soeren VoimaUrsprung der Welt

2 D, 3 H

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Vier junge Schauspieler erzählen von zwei befreundeten Paaren – Danny und Sandra, Albert und Margret. Sie sind um die achtzig, seit über fünfzig Jahren verheiratet, und sie ringen am Ende ihres Lebens um letzte Momente der Wahrhaftigkeit. Als erster stirbt Danny, und er dankt Sandra auf dem Sterbebett für die Liebe, die sie verbun-den hat, für ihre Aufrichtigkeit und das gemeinsame Glück. Sandra wiederum gesteht Albert kurz vor ihrem Tod, dass sie im Grunde immer nur ihn geliebt hat, woraufhin Albert, der davon nichts geahnt hatte, seinerseits in Liebe zu Sandra entflammt, was er seiner Frau Margret auch in aller Ehrlichkeit erzählt. Und wie reagiert Margret? Sie beichtet Albert eine heimliche Affäre mit Danny, doch das ist nur ein Scherz, sie will ihn ärgern. Albert entdeckt daraufhin seine Liebe zu Margret neu, aber da hat sich diese schon aufgehängt.Auf geniale Weise, lustvoll und leicht, pendelnd zwischen Tragik und Komik, spielt Wyrypajew in diesem Erzählreigen mit der Auflösung sämtlicher Gewissheiten. Aus Realitäten werden Trugbilder, nichts hat Bestand, alles ist Illusion, und doch ist alles erfüllt von Liebe.

Uraufführung 29.9.2011, Theater Chemnitz, Regie Dieter Boyer

Iwan WyrypajewIllusionen

(Originaltitel: Illjuzii)

Aus dem Russischen von Stefan Schmidtke

2 D, 2 H

IWAN WyRyPAJEW

1974 im sibirischen Irkutsk geboren, ist einer der formbewusstesten und poetischs-ten Dramatiker unserer Zeit. International bekannt wurde er vor allem durch seine Stücke „Sauerstoff“ (2002) und „Juli“ (2007). Wyrypajew ist auch als Filmregis-seur erfolgreich. Er erhielt bereits mehrere Preise, u. a. 2009 den Jürgen-Banse-mer-und-Ute-Nyssen-Dramatikerpreis. Wyrypajew lebt in Moskau.

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Zwei arbeitslose Schauspieler sollen die „Chinesen“ spielen, ein erfolgreiches Boule-vardstück von Michael Frayn mit irrwitzig schnellen Rollen- und Kostümwechseln. Es läuft alles schief an diesem Abend, und das nicht nur bei dem Paar im Stück, das für Freunde ein Abendessen gibt und aus Versehen den Ex der einen Freundin eingeladen hat, die aber mit ihrem neuen Partner erscheint. Auch die beiden Schauspieler müssen einen Irrtum ausbaden, denn er hat die Termine verwechselt, dachte, er sei zu einem Synchronsprechen eingeladen, soll aber für einen Kollegen einspringen. Er kennt die Rolle zwar, hat sie oft mit ihr zusammen gespielt, aber das ist lange her, und er hat alles vergessen. Um die Vorstellung zu retten, übernimmt sie immer wieder auch seinen Part, was die Turbulenzen nur noch steigert und die Verwirrung komplett macht. Ein Spiel im Spiel, Theater im Theater, bei dem Petr Zelenka nicht nur lustvoll und ge-konnt alle Register des Komödiantischen zieht, sondern durch eine geschickte Rahmen-handlung hinter dem puren Spaß auch eine leise Traurigkeit aufscheinen lässt.

Deutschsprachige Erstaufführung 28.10.2010, Landestheater Württemberg-Hohenzollern, Regie Elina Finkel

PETR ZELENkA

Jahrgang 1967, studierte an der Prager Filmhochschule und ist Autor, Film- und Theaterregisseur. Nach mehreren preisgekrönten Spielfilmen schrieb er 2001 sein erstes Theaterstück „Schrottengel - Geschichten vom alltäglichen Wahnsinn“, das international sehr erfolgreich war und auch in Deutschland zahlreiche Inszenierungen erlebt hat.

Petr ZelenkaIm falschen Film (Train Departures)

Unter Verwendung des Theaterstücks

„Chinesen“ von Michael Frayn

(Originaltitel: Odchody vlakov)

Aus dem Tschechischen von Simona Barazi unter

Mitarbeit von Ralf Siebelt

1 D, 1 H

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(Weihnachts)Märchen

Dornröschen (Schlender)

Die feuerrote Blume (Karnauchowa/Braussewitsch)

Frau Holle (Dehler)

Der Froschkönig (Buhss/Czesienski)

Gestiefelte katerina (Fünfeck)

Igelhans (Martin)

könig Drosselbart und das Mädchen Prinzessin (Hawemann)

Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen (Schlender)

Pinocchio (Collodi/Lavagna/Vitalini)

Rumpelstilzchen (Czechowski)

Die Schneekönigin (Schwarz)

Schneeweißchen und Rosenrot (Schöbel)

Die Schöne Wassilissa (Prokofjewa/Sapgir)

Das tapfere Schneiderlein (Ensikat/Lischka)

Die verzauberten Brüder (Schwarz)

Die Weihnachtsgans Auguste (Wolf/Ensikat)

Zwerg Nase (Martin)

Unser gesamtes Märchenangebot mit kurzen Annotationen finden Sie auf www.henschel-schauspiel.de unter der Rubrik „Kataloge“.

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henschel SCHAUSPIEL edition

edition #1 Marius von Mayenburg Eldorado / Turista / Augenlicht / Der Häßliche Stücke ISBN 978-3-940100-01-6, broschiert, 392 Seiten, Euro 19,80

edition #2 Sergi Belbel Wildfremde / Mobil / In der Toskana Stücke Aus dem Katalanischen von Klaus Laabs ISBN 978-3-940100-02-3, broschiert, 332 Seiten, Euro 19,80

edition #3 Ingrid Lausund Bin nebenan Monologe für zuhause ISBN 978-3-940100-03-0, broschiert, 188 Seiten, Euro 14,80

edition #4 Torsten Buchsteiner Nordost / Tango Sólo / Spieler Stücke ISBN 978-3-940100-04-7, broschiert, 212 Seiten, Euro 14,80

edition #5 Christian Martin Igelhans / Das tapfere Schneiderlein / Kalif Storch / Der kleine Muck / Zwerg Nase Märchenspiele ISBN 978-3-940100-05-4, broschiert, 272 Seiten, Euro 14,80

edition #6 Christian Martin Lulle und Pulle / Fast Fut / Formel Einzz / Schneemond / Moritz oder Das öde Land Stücke ISBN 978-3-940100-06-1, broschiert, 404 Seiten, Euro 14,80

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edition #7 Soeren Voima Herr Ritter von der traurigen Gestalt / Eos / Volpone oder Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg Stücke ISBN 978-3-940100-07-8, broschiert, 284 Seiten, Euro 16,80

edition #8 Marius von Mayenburg Der Stein / Freie Sicht / Der Hund, die Nacht und das Messer / Perplex Stücke ISBN 978-3-940100-08-5, broschiert, 282 Seiten, Euro 16,80

edition #9 Biljana Srbljanovic Heuschrecken Milena Markovic Der Wald leuchtet Maja Pelevic Orangenhaut Stücke aus Serbien Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann ISBN 978-3-940100-09-2, broschiert, 290 Seiten, Euro 16,80

edition #10 Sigtryggur Magnason Imminent Jón Atli Jónasson Die Tiefe Bragi Ólafsson Die Hühnchen Stücke aus Island Aus dem Isländischen von Richard Kölbl ISBN 978-3-940100-10-8, broschiert, 202 Seiten, Euro 14,80

Bestellungen sind über [email protected], über das „bücher“-Portal auf unserer Homepage www.henschel-schauspiel.de/de/buecher oder über den Buchhandel möglich. Versandkostenfreie Lieferung bei Direktbestellungen über den Verlag.

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henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbHMarienburger Straße 28 · 10405 Berlin · Telefon +49 (0)30 44 31 88 88 · Telefax +49 (0)30 44 31 88 [email protected] · www.henschel-schauspiel.de


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