InHalt
Einleitung 6
DiewichtigstenInformationenvorab 8
01 Wie Hochwasser entsteht! 10
HochwassersindnatürlicheEreignisse 13
Hochwasser–vomMenschenverstärkt 16
WelcheRollespieltderKlimawandel? 16
WelcheBedeutunghatdieLandnutzung? 20
VeränderungenderGewässerstruktur,VerlustanRetentionsraum 22
02 Hochwasserrisiko 26
WieoftkönnenHochwasserauftreten? 28
WasbedeutetderBegriffSchadenspotenzial? 29
Hochwasserrisiko–Wasistdas? 31
Hochwasserereignissederletzten20JahremitbesondererBedeutung 32
03 Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements 34
MehrRaumfürdenFluss–Flächenvorsorge
fürmehrÜberschwemmungsflächen 39
Siedlungsentwicklungsteuern–Schadenspotenzialeminimieren 41
Hochwasserdezentralzurückhalten–
DennatürlichenWasserrückhaltstärken 46
Flussausbauüberprüfen–Schifffahrtumweltfreundlichentwickeln 51
3
Die Broschüre ist kostenlos zu beziehen
Broschürenbestellung Anschrift:
Umweltbundesamt c/o GVP
Postfach 30 03 61 | 53183 Bonn
Service-Telefon: 0340 2103-6688
Service-Fax: 0340 2104-6688
E-Mail: [email protected]
Internet: www.umweltbundesamt.de
ErhöhungdesHochwasserbewusstseins 52
Hochwassergefahren-undHochwasserrisikokarten 53
Hochwasservorhersageund-warnung 55
VersicherungvonHochwasserschäden 56
TechnischerHochwasserschutz 58
StaatenübergreifendeHochwasserrisikomanagementpläne–
EuropäischeZusammenarbeit 60
04 Zukunftsaufgaben 62
SynergienzwischenHochwasserrisikomanagementund
EG-Wasserrahmenrichtlinie 64
EntwicklungundEinsatzökonomischerInstrumente 66
RisikokommunikationundElementarschadensversicherung 68
AnpassungandenKlimawandel 69
10TippsfürrichtigesVerhaltenbeiHochwassergefahr 72
FußnotenundLiteraturverzeichnis 74
WeiterführendeLinks(Auswahl) 75
Bildquellen 77
Abb. 01: Hochwasser – trotz Schäden,
natürliche Ereignisse
4 5
eInleItung
HochwassersindnatürlicheEreignisse.
Sietretenregelmäßigaufundsindcha-
rakteristisch für das Abflussverhalten
vonFlüssen.MitderGestaltungunserer
Umweltbeeinflussenwirallerdingsdie
Entstehung,VerlaufunddieAuswirkungen
vonHochwasserereignissenmaßgeblich.
Sohäufenwir„Werte“inGebietenan,die
ehemals den Flüssen als Überschwem-
mungsflächenzurVerfügungstanden.
TriffteinHochwasseraufflussnaheSied-
lungenoderIndustriegebiete,sokannes
sehrhoheSchädenverursachen.
TrotzvielerInvestitioneninSchutzmaß-
nahmen und neuer gesetzlicher Rege-
lungenistdasThemaHochwassernach
wievorsehraktuell.ImAugustundSep-
tember2010sindgroßeSchädendurch
HochwasserinSachsenundinBranden-
burgentstanden.Sachsenalleinrechnet
mit einem Schadensumfang von über
900Mio.Euro.Betroffenwarenvorallem
dieEinzugsgebietederOderundNeiße
sowiederElbeundMulde.
SeitJahrhundertenkennenMenschendie
GefahrenvonHochwassern,dochoftliegen
mehrereJahreoderJahrzehntezwischen
denEreignissen,sodassdieErfahrungen
verwischenundvergessenwerden.Wir
wollenmitdieserBroschüregrundlegen-
desWissenzurEntstehungvonHochwasser
vermitteln,wichtigepolitischeEntwick-
lungenskizzieren,rechtlicheRahmen-
bedingungenerläuternundneueTrends
zum Leben mit dem Hochwasserrisiko
darstellen.
Am1.März2010tratdieNovelledesWas-
serhaushaltgesetzes(WHG)desBundesin
Kraft,damitwurdendieVorgabenderEG-
Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie
(HWRMRL)indeutschesRechtüberführt.
UnsereBroschüreerklärtdiewesentlichen
InhaltederHochwasserregelungendes
WHGundsprichtdieHerausforderungen
derZukunftan,z.B.dieWirkungendes
KlimawandelsaufdieWahrscheinlichkeit
vonHochwasserereignissen.Dieprakti-
scheUmsetzungderHWRMRLunddes
WHGerfolgtdurchdieBundesländer.[01]
EineffektivesHochwasserrisikomanage-
mentistaberauchvonderUnterstützung
derbetroffenenBürgerinnenundBürger
abhängig.EsbleibtjederEinzelneverant-
wortlichfürseinenSchutzunddenSchutz
seinesEigentums.Deshalbistessinnvoll,
nebeneinerkontinuierlichenVerbesse-
rungderRisikokommunikationzukünftig
auchökonomischeInstrumentestärker
anzuwenden,wiez.B.einePflichtversiche-
rungfürElementarschädeneinzuführen.
Abb. 02: Mainhochwasser in
Frankfurt im Januar 2011
6 7
HochwassersindnatürlicheEreignisse.Die
EntstehungvonHochwasserhängtvonder
StärkedesNiederschlags,denEigenschaf-
tendesEinzugsgebietesunddenBesonder-
heitendesFlussesab.
DurchdenKlimawandelverändertsichin
DeutschlandinZukunftdieWahrschein-
lichkeitfürdasAuftretenvonHochwasser.
Daraufmüssenwirunseinstellen.
DieArtderBodennutzungdurchdieLand-
wirtschaft,derBewuchsunddieFlächen-
versiegelungfürSiedlungenundVerkehr
sowieEntwässerungsanlagen(Dränagen,
Kanalisationen)sindvoralleminkleinen
EinzugsgebietenundbeikleinenHochwas-
sernrelevanteFaktoren,dieHochwasser
verstärkenkönnen.
DurchdenDeichbauundandereFlussaus-
baumaßnahmen sind natürliche Über-
schwemmungsgebieteverkleinertworden
oderganzweggefallen.DieFlussläufesind
verkürztworden.DieFließgeschwindigkeit
derFlüssehatdadurchzugenommen.Der
AbflussvielerZuflüssekonzentriertsich
schnellerineinemFlussbett.Dadurchlau-
fenHochwasserwellenheuteschnellerab:
InkürzererZeitwirdmehrWassertranspor-
tiert,dieHochwasserwelleiststeiler–dieGe-
fahrderSchädendurchHochwassersteigt.
Schäden–zumTeilkatastrophalenAus-
maßes-richtenHochwasseran,wennsie
aufmenschlicheSiedlungentreffen.Der
BegriffSchadenspotenzialbeschreibtdie
Werte(GebäudenebstInneneinrichtung,
Industrieanlagen,Verkehrsinfrastruktur,
Autos),diedurcheinHochwassergeschädigt
werdenkönnen.
DieAusweisungvonÜberschwemmungs-
gebietenhatBeschränkungenzurFolge.
DadurchkönnenRetentionsflächenzum
RückhaltvonHochwassererhaltenunddie
SchädenbeiHochwasserreduziertwerden.
DasWasserhaushaltsgesetzschaffthier
verbindlicheRegelnüberdieGrenzender
Bundesländerhinweg.
InÜberschwemmungsgebietennichtzu
bauen,istdaswirksamsteMittel,umSchä-
denbeieinemHochwasserzuverhindern.
WodennochinfestgesetztenÜberschwem-
mungsgebietenunterengenVoraussetzun-
genneugebautwerdendarf,fordernstren-
geRegelungeneineangepassteBauweise
unddenVerzichtaufÖlheizungen.Jeder
EinzelneistzurEigenvorsorgeverpflichtet.
Durch die dezentrale Regenwasserversi-
ckerung, die Entsiegelung von Flächen
undeinerstandortangepasstenLand-und
Forstwirtschaft,lässtsichdasWasserspei-
chervermögendesBodensverbessern.Da-
durchkannWasserimEinzugsgebietinder
Flächezurückgehaltenwerden.Daswirkt
sichinsbesondereinkleinenEinzugsgebie-
tenundbeikleinenHochwassernpositiv,
alsovermindernd,aufdieEntstehungvon
Hochwasseraus.
Eine umfassende Information und Kom-
munikationderHochwasserrisikenstärkt
dieEigenvorsorgederdurchHochwasser
gefährdetenPersonen.Elementarschadens-
versicherungensindeinwichtigerBaustein
zurReduzierungvonKostenfürdieAllge-
meinheit.Richtigausgestaltetkönnensie
guteAnreizezurEigenvorsorgegeben.
DertechnischeHochwasserschutz,vorallem
derDeichbau,istfesterBestandteileinesum-
fassendenHochwasserrisikomanagements.
DennochkönnenHochwasserauftreten,wel-
chedieLeistungsfähigkeitdertechnischen
Bauwerkeüberfordern.Dannentstehensehr
hoheSchäden.TrotztechnischerLösungen
bleibtalsoimmereinRestrisiko.AbsoluteSi-
cherheitkannderStaatnichtgewährleisten.
DerInformationsaustauschzwischenden
zuständigenBehörden,dieKooperation
unddieKoordinierungimganzenFlussein-
zugsgebietisteinewichtigeVoraussetzung
füreinerfolgreichesHochwasserrisikoma-
nagement.
DieEinführungvonInstrumentenzurStär-
kung der Eigenverantwortung und eine
BerücksichtigungdesKlimawandelssind
einigederHerausforderungenindenkom-
mendenJahreninDeutschlandundinder
EuropäischenUnion.Esgilt,dasBewusstsein
inderBevölkerungfürdieGefahrendurch
HochwasserzustärkenundPlanungenund
Maßnahmenregelmäßiganneuewissen-
schaftlicheErkenntnissezumKlimawandel
anzupassen.
DIe wIcHtIgsten InformatIonen vorab
8 9
HocHwasser sInD natürlIcHe ereIgnIsse
RegelmäßigeHochwasserhabeneinewich-
tigeökologischeFunktion.DieTiereund
PflanzeninnatürlichenFlussauenhaben
sichandenWechselzwischenÜberflutung
undAustrocknungangepasst.Siebenö-
tigendieVielfältigkeitderLebensräume,
diedurchdieÄnderungdesWasserstandes
hervorgerufenwird.WieHochwasserent-
stehenundwiesiesichausbreiten,hängt
von einem komplexen Zusammenspiel
verschiedenerFaktorenab.Hochwasser
bildensichalsFolgelanger,großflächiger
Dauerregenoderkurzzeitiger,kräftiger
Starkniederschläge.
TrifftderRegenaufdieErdoberfläche,ver-
sickerteinTeilindenBoden,wirddortzwi-
schengespeichertundträgtzurEntstehung
vonGrundwasserbei.EinweitererAnteil
verdunstetdirektundderRestfließtüber
dieBodenoberflächealsOberflächenabfluss
indieGewässer.
speicherung im Gelände
Oberflächenabfluss
abfluss (Graben, Bach,
Fluss)
Grundwasser
speicherung im Boden Zwischenabfluss
Grundwasserabfluss
abb. 03: Die entstehung von oberflächlichem abfluss
niederschlag
Verdunstung
Pflanzenverdunstung
speicherung durch Benetzung
Versickerung
12 13
01· Wie Hochwasser entsteht!
WelcheMengedesNiederschlagsversickert,
hängtvondenEigenschaftendesBodensim
EinzugsgebietdesFlussesab:Istdieser–ver-
gleichbareinemvollgesaugtenSchwamm
–mitWassergesättigt,weilesbereitsseit
Tagenregnet,oderaberderBodenistgefro-
ren,fließtfastdergesamteNiederschlagin
dieBäche,FlüsseundSeen.
Lange,großflächigeDauerregen–mögli-
cherweiseinVerbindungmiteinerSchnee-
schmelze–lassendenWasserstandingro-
ßenFlüssensteigen,dadortdasWasseraus
vielenNebenflüssenundBächendesEin-
zugsgebieteszusammenströmt.DieGröße
desFlussbettesbestimmtdabei,welcheWas-
sermengedasGewässeraufnehmenkann.
ErstwenndiesesVolumenausgeschöpftist,
trittderFlussüberseineUfer:Eskommtzu
Überschwemmungen.DieHochwasserwelle
fließtlangsamerundflacherab,jemehrPlatz
derFlusszumAusufernhat.
ImWinteristdieUrsachefürHochwasser
meistenseinTemperaturanstieg,derzur
Schneeschmelzeführt.Fälltdannzusätz-
lichRegenaufdengefrorenenBoden,kann
diesernichtversickernundverschärftdie
Hochwassergefahrzusätzlich.Eineweitere
HochwasserursachebildenaufdenGewäs-
serntreibendeEisschollen,diesichz.B.an
BrückenverkeilenundsodasWasserim
Flussaufstauenkönnen.
Auslöser für Hochwasser im Sommer ist
meistdiehochwassertypischesogenannte
Vb-Wetterlage.Hierbeihandeltessichum
außergewöhnlicheTiefdruckgebiete,die
überdemnördlichenMittelmeerentstehen.
InunserenBreitengradensorgensiefürhef-
tigsteNiederschläge,die,sobaldderBoden
gesättigtist,FlüsseundBächezureißenden
Strömenverändernkönnen.
ÖrtlichbegrenzteStarkregen–oftinder
KombinationmitGewittern–führenhäu-
figinkleinenFlusseinzugsgebietendazu,
dasskleineBächeundFlüsseinkurzerZeit
anschwellen.SieentwickelnsichunterUm-
ständenindiesenGebietenzuSturzfluten
mitgroßerZerstörungskraft. (vgl. Abb. 04)
WichtigfürdieGestaltderHochwasserwel-
lenistdieBeschaffenheitdesEinzugsge-
bieteseinesFlusses.HatdasEinzugsgebiet
einerundeForm,läuftdasWasserausallen
Teilengleichzeitigzusammen.Esbildetsich
einekurzeundsehrsteileHochwasserwelle.
ImGegensatzdazufließtdasWasseraus
langgestrecktenEinzugsgebietenineiner
flachen,anhaltendenWelleab.
Hochwasser sind natürliche Ereig-nisse. Die Entstehung von Hoch-wasser hängt von der Stärke des
Niederschlags, den Eigenschaften des Einzugsgebietes und den Beson-
derheiten des Flusses ab.
Abb. 04: Hochwasserschäden
durch Sturzflut
14 15
01· Wie Hochwasser entsteht!
abb. 05: erwärmung der erdoberfläche in °c – szenarien
So ändern sich nach Berechnungen der Regionalmodelle REMO und WETTREG die Jahresmitteltemperatur in Deutschland in den Szenarien A2, A1B und B1 verglichen mit dem Mittelwert aus den Jahren 1961 - 1990. Das Globalmodell ECHAM5 liefert die Eingangsdaten.
HocHwasser – vom menscHen verstärkt
ObwohlHochwassereinnatürlichesEreignisist,beeinflusstderMensch,wiehochdie
Wahrscheinlichkeitist,dasseinHochwassereintritt,wieesverläuftundwelcheSchäden
esanrichtet.
DieNutzungfossilerEnergieträger–wie
Kohle,ÖloderGas–durchdenMenschen
hatindenvergangenenJahrzehntendazu
geführt,dassderAusstoßdesklimaschäd-
lichen Kohlendioxid (CO2) und anderer
Klimagase spürbar zunahm. Die daraus
resultierende Temperaturerhöhung auf
derErde(vgl. Abb. 05)führtdazu,dasssich
derWasserkreislaufintensiviertundbe-
schleunigt.Denn:JehöherdieTemperatur
inderAtmosphäredestomehrWasserkann
verdunstenunderneutalsNiederschlag
fallen.DabeiistdieVeränderungdesNieder-
schlagsnichtgleichmäßigüberdasganze
Jahrverteilt.BesondersimWinternehmen
dieNiederschlägezu,währendsieimSom-
merleichtzurückgehen.Regnetesmehr,
steigtdieHochwassergefahr.Hierspielen
extremeRegenereignisseeinebesondere
Rolle.UntersuchungenfürDeutschland
zeigeneinenTemperaturanstiegvon0,9
Grad(°C)imZeitraum1901-2006.Dieersten
sechsJahredes21.Jahrhundertswarendabei
deutlichwärmeralsdasvieljährigeMittel
derKlimanormalperiode.[a]
AuchfürdenNiederschlaglassensichin
Deutschland Veränderungen beobach-
ten:ImwestlichenTeilsindNiederschläge
vondurchschnittlich650-1.500Millime-
ter(mm),imöstlichenTeil–außerinden
Mittelgebirgen–hingegenvonnur450-
650mmüblich.GegenüberdemBeginn
des20.JahrhundertsistdermittlereJah-
resniederschlaginDeutschlandetwaum
9%angestiegen.Dabeihabenvorallemdie
NiederschlägeimWinterundimFrühling
zugenommen.ImSommerergibtsichnoch
keinwesentlicherTrend.BeiderNieder-
schlagsverteilungzeigensichstarkeregio-
naleTrends.DieZunahmederJahresnieder-
schlägeistgrößtenteilsaufdiewestlichen
Bundesländerbeschränkt.Indenöstlichen
Bundesländerngleichtderabnehmende
SommerniederschlagdenAnstiegimWinter
wiederaus.[02]
Welche rolle spielt der klimawandel?
TrotzeingeleiteterMaßnahmenzumSchutz
desKlimaswerdendiebisherigenundzu-
künftigenEmissionenanTreibhausgasen
–abhängigvomverwendetenKlimamodell
sowieEmissionsszenario–dieTemperatu-
reninDeutschlandbis2100voraussichtlich
um1,5-3,5°CgegenüberderKlimanormal-
periodeansteigenlassen.DieseErwärmung
dürfteimSüdwestenDeutschlandsstärker
alsimNordostenausfallen.Auchdieregi-
onaleVerteilungderNiederschlägewird
sichwahrscheinlichverändern,wobeiAus-
sagenhierzunochsehrunsichersind.Die
Winterniederschlägekönntenbis2100um
0-40%steigen,dieSommerniederschläge
könntenbundesweitdagegenumbiszu40%
abnehmen.NebenderVerschiebungdes
NiederschlagsvomSommerindenWinter
wirdesimWintervoraussichtlichmehr
regnenunddafürwenigerschneien.Erste
Analysendeutenaußerdemdaraufhin,dass
Starkniederschlägehäufigerundintensiver
auftretenwerden.DieshatAuswirkungen
aufdieHochwassergefahr.
-1
-0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090
ecHam5 remo wettreg
a1ba2b1
16 17
01· Wie Hochwasser entsteht!
WiesichdieHochwassergefahrkonkret
ändert,hängtvondenBedingungenim
EinzugsgebieteinesFlussesab.Siemuss
daherfürjedenFlussgesondertuntersucht
werden.IndenBundesländernBayernund
Baden-WürttembergwurdenzumBeispiel
dieregionalenAuswirkungendesKlima-
wandelsaufdenWasserhaushaltdetailliert
untersucht:KleinereHochwasserhaben
indenWintermonatenindensüdlichen
FlussgebietenBaden-Württembergsund
teilweiseBayernsseitdensiebzigerJahren
zugenommen.DieUntersuchungenimEin-
zugsgebietdesNeckarsergabenfürdasJahr
2050eineZunahmedermittlerenHoch-
wasserabflüsseumca.40-50%.Hochwasser
miteinerEintrittswahrscheinlichkeitvon
einemMalin100Jahren (vgl. S. 28)erhöhen
sichfürdiesenUntersuchungszeitraum
umca.15%.[03]
abb. 06: modellvergleich: mittlere niederschlagsmenge im sommer
So könnten sich laut den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR die sommerlichen (Abb. 06) und winterlichen (Abb. 07) Niederschlagsmengen ändern, wenn die Menschheit so viele Klimagase in die Luft abgibt wie im Szenario A1B – Emissionsszenaric projiziert. Die oberen Bilder zeigen die Projektionen für die Zeit von 2021 - 2050, die unteren für den Zeitraum von 2071 - 2100. Als Nullpunkt gelten die Mittelwerte der Jahre von 1961 - 1990. © Deutscher Wetterdienst
Datenquelle: REMO: MPI-M i.A. des Umweltbundesamtes, 2006 | CLM: MPI-M/MaD i.A. des BMBF, 2007 | WETTREG: Meteo Research i.A. des Umweltbundesamtes, 2006 | STAR: PIK Potsdam, 2007
Durch den Klimawandel verändert sich in Deutschland in Zukunft die Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten von Hochwasser. Darauf müssen wir uns einstellen.
Abb. 08: Überspülte Straße,
Hochwasser der Gottleuba im August 2002
abb. 07: mittlere niederschlagsmenge im winter
18 19
01· Wie Hochwasser entsteht!
abb. 09: abflussbildung in abhängigkeit der landnutzung und der stärke des niederschlags
Die Landschaft in Deutschland ist stark
zersiedelt,dieBödenwerdenimmermehr
verdichtet.DasschränktdieFähigkeitdes
Bodensein,Regenwasseraufzunehmen.Das
WasserfließtanderBodenoberflächeaboder
gelangtüberDrainagenunddieKanalisation
indieBächeundFlüsse.DasWasserversickert
nichtlokalindenBoden.Esfindetkeinoder
nureineingeschränkterWasserrückhaltin
derFlächestatt.
UmFlächenfürdieLandwirtschaftnutzbarzu
machen,wurdenübervieleJahrzehntehin-
wegumfangreicheMaßnahmenzurBoden-
verbesserung(sog.Melioration)vorgenom-
men:EserfolgteeinegezielteEntwässerung
derBödenbeispielsweisedurchDrainagen.
Diesunddieimmerintensiverbetriebene
LandwirtschaftverändertendenBewuchs
unddieBodeneigenschaften.Sosickertin
einenaufgelockertenBodendasWassergut
ein.DerEinsatzschwererLandmaschinen
verdichtethingegendenBoden,störtdie
Bodenstrukturnachhaltigundmachtsie
dadurchwenigerwasserdurchlässig.
AuchderBewuchsistfürdenWasserrück-
haltauflandwirtschaftlichenFlächenvon
Bedeutung.EineganzjährigeBodenbede-
ckung–etwadurchDauergrünland–redu-
ziertdenAbflussanderBodenoberfläche.
DerAnbauvonZwischenfrüchtenoderdie
VerwendungvonMulchen,alsoPflanzen-
resten,dieaufdemBodenbelassenwerden,
habenebenfallseinenpositivenEffektaufdie
VersickerungseigenschaftendesBodens.Auf
forstwirtschaftlichgenutztenFlächenistdie
DichtedesWaldesfürdenWasserrückhalt
imGebietausschlaggebend.(vgl. Abb. 09)
DieZunahmederFlächenfürSiedlungund
Verkehrwirktsich–abgesehenvondennega-
tivenFolgenfürFloraundFauna–auchaufdie
EntstehungvonHochwasseraus.Esgibtwe-
nigerVersickerungsflächenfürRegenwasser.
DasführtinsbesondereinkleinenEinzugs-
gebietenundbeikleinenHochwassernzu
Schäden.Mehrals13%derbundesdeutschen
BodenflächesindsogenannteSiedlungs-und
Verkehrsflächen[04].EtwadieHälftederin
AnspruchgenommenenFlächeistversiegelt.
InBallungsräumen,wieinInnenstädten,
kannderAnteilderversiegeltenFlächenan
Siedlungs-undVerkehrsflächenaufüber50%,
inEinzelfällenauf70%odermehransteigen.
Insgesamtwurden2006-2009proTag94
HektarinSiedlungs-undVerkehrsflächen
umgewandelt,vondenenetwa46%versiegelt
wurden[05].DiesetäglichversiegelteFläche
entsprichtcirca61Fußballfeldern(43ha).
Welche Bedeutung hat die landnutzung?
Die Art der Bodennutzung durch die Landwirtschaft, der Bewuchs und die
Flächenversiegelung für Siedlungen und Verkehr sowie Entwässerungs-
anlagen (Dränagen, Kanalisationen) sind vor allem in kleinen Einzugsge-bieten und bei kleinen Hochwassern relevante Faktoren, die Hochwasser
verstärken können.
Wo Pflanzen wachsen, kann mehr Wasser verdunsten und im Boden gespeichert werden. Es fließt weniger Wasser ab. Je dichter und höher der Bewuchs, desto besser funktioniert der natürliche Rückhalt. Auf asphaltierten Flächen kann kein Wasser versickern. Es fließt vollständig ab.
niederschlag in liter pro m2
100Liter
60Liter
20Liter
versickerung
wald
10 liter abfluss bei 60 liter niederschlag pro m2
33,5 liter abfluss bei 100 liter niederschlag pro m2
praktisch kein abfluss bei 20 liter niederschlag pro m2
wiese, weide
1,5 liter abfluss bei 20 liter niederschlag pro m2
20 liter abfluss bei 60 liter niederschlag pro m2
50 liter abfluss bei 100 liter niederschlag pro m2
getreide, futterpflanzen
3 liter abfluss bei 20 liter niederschlag pro m2
27 liter abfluss bei 60 liter niederschlag pro m2
60 liter abfluss bei 100 liter niederschlag pro m2
undurchlässige flächen
20 liter abfluss bei 20 liter niederschlag pro m2
60 liter abfluss bei 60 liter niederschlag pro m2
100 liter abfluss bei 100 liter niederschlag pro m2
20 21
01· Wie Hochwasser entsteht!
Veränderungen der Gewässerstruktur, Verlust an retentionsraumAlsFolgederhöherenFließgeschwindigkeit
kommteszueinersteilerenundhöheren
Hochwasserwelle,zueinerVerschärfungdes
Hochwassers.AuchanderDonaukannman
anhandvonPegelständenquantitativeine
HochwasserverschärfungdurchEingriffedes
Menschenseit1845nachweisen.Sokames
amPegelKehlheimverschiedentlichzueiner
Scheitelaufhöhung–alsoeinerErhöhung
desWasserstandesamhöchstenPunktder
Hochwasserwelle–umüber10%undeiner
VerkürzungderFließzeitderWelleumcirca
20Stunden.[07]
AnderElbewurdenaufdemGebietderheu-
tigenBundesrepublikseitdem12.Jahrhun-
dertDeichegebaut,sodassvonderfrüher
6.172 Quadratkilometer großen Über-
schwemmungsflächeheutelediglichnoch
einGebietvon838Quadratkilometernfür
denRückhaltvonHochwasserübriggeblie-
benist.VerknüpftmitdemRückgangder
Überschwemmungsflächenumrund86%
sindeingeringererWasserrückhaltinder
AueundsomitaucheinVerlustdertypischen
Auenvegetation.
ÜbervieleJahrzehntesindanDeutschlands
FlüssennatürlicheÜberschwemmungsge-
biete–sogenannteRetentionsräume–durch
dieintensiveNutzungalsSiedlungsraum,
fürdieLandwirtschaftoderdenAusbau
derFlüssefürdieSchifffahrtverlorenge-
gangen.KommteszueinemHochwasser,
sostehenheutewenigernatürlicheÜber-
schwemmungsflächenzurVerfügung,auf
dersichdasüberdieUfertretendeWasser
ausbreitenkann.Auchverändertesichdas
andieJahreszeitenangepassteAbflussver-
haltenderGewässer–dieFließgeschwin-
digkeitnahmzu.DieGründehierfürsind:
ImmermehrDeiche,damitdieMenschen
direktandenFlüssensiedelnkönnen,die
ErschließunglandwirtschaftlicherFlächen
auffruchtbarenAuenstandortensowiedie
SchiffbarmachungderFlüsse.Speziellder
BauvonStaustufenverursachtezwangsläu-
figeinenerheblichenVerlustderanzeitwei-
seÜberflutungenangepasstenunddarauf
angewiesenenVegetationindenAuen.So
gingseitderdurchWasserbaumeisterJo-
hannGottfriedTullaerstmalsverwirklich-
tengroßräumigenRheinbegradigungMitte
des19.JahrhundertsbisheuteamOberrhein
zwischenBaselundKarlsruhedieZahlder
AuenstandortewegendesAusbausum87%
zurück.InsgesamtverringertesichdieÜber-
schwemmungsflächeamOberrheinum60%
–dassind130Quadratkilometer,diesent-
sprichtinetwaderFlächederStadtDessau
[06].Flussbegradigungenverkürztendie
LauflängederFlüsse–amOberrheinum
etwa82Kilometer,amNiederrheinumetwa
23Kilometer.DiesbeschleunigtdenAbfluss
desWassersimRhein,derFlusswird–bild-
lichgesprochen–schneller.DieKonsequenz
daraus:DieFließzeitderHochwasserwelle
imRheinhatsichbeispielsweiseaufderStre-
ckeBasel/Maxauum30Stundenverringert.
abb. 10: veränderung des rheins durch ausbaumaßnahmen
Rhein: 1838
Rhein: 1872
Rhein: 1980
Abb. 11: Elbehochwasser in
Hitzacker April 2006
22 23
01· Wie Hochwasser entsteht!
Durch den Deichbau und andere Fluss-ausbaumaßnahmen sind natürliche
Überschwemmungsgebiete verklei-nert worden oder ganz weggefallen. Die Flussläufe sind verkürzt worden.
Die Fließgeschwindigkeit der Flüsse hat dadurch zugenommen. Der Ab-
fluss vieler Zuflüsse konzentriert sich schneller in einem Flussbett. Dadurch
laufen Hochwasserwellen heute schneller ab: In kürzerer Zeit wird
mehr Wasser transportiert, die Hoch-wasserwelle ist steiler – die Gefahr der
Schäden durch Hochwasser steigt.
GleichzeitigführteanderElbedieVerkürzung
derLauflängeum55KilometeraufdemGe-
bietderTschechischenRepubliksowieeffektiv
20KilometerinDeutschlanddurchdasAbtren-
nenvonFlussbögenzueinerhöherenFließge-
schwindigkeitderHochwasserwelle[08].Mit
demAbschneidenderAuenundAltarmeste-
hendenFlüssenheutenichtmehrdiegleichen
GebietezurAusdehnungbeiHochwasserzur
Verfügungwiefrüher.DainDeutschlandnicht
nurgroßeFlüsse,sondernauchNebenflüsseund
kleinereFließgewässerimEinzugsgebietaus-
gebautwurden,kanneszusätzlichzuungüns-
tigenÜberlagerungenderHochwasserwelle
imHauptflussmitdenHochwasserwellenaus
denNebenflüssenkommen(vgl. Abb. 12 & 13).
abb. 12: Die Hochwasserwelle des Haupt- und des nebenflusses fließen getrennt ab
tage
17. Jan.
17. Jan.
14. Jan.
14. Jan.
tage tage
1 2 3
1
2
3
abb. 13: Die Hochwasserwelle des Haupt- und nebenflusses überlagern sich zu einer welle
Abb. 14: Flussnaher Deich
tage
17. Jan.
02. Feb.
03. Feb.
02. Feb.
tage tage
1 2 3
1
2
3
24 25
01· Wie Hochwasser entsteht!
wIe oft können HocHwasser auftreten?
was beDeutet Der begrIff scHaDenspotenzIal?
Hochwasserwerdenin„häufigauftretende
Ereignisse“–zumBeispieljedesoderalle
fünfJahre–und„selteneEreignisse“–zum
Beispieleinmalin100Jahrenunterschie-
den. Seltene Hochwasserereignisse sind
durchhoheDurchflussmengenundhohe
Wasserständegekennzeichnet.Eskönnen
Flächen überflutet werden, die "norma-
lerweise"nichtvonHochwasserbetroffen
sind.DieUnterscheidungderHochwasser
nach einer bestimmten Jährlichkeit ba-
siertaufstatistischenAuswertungender
AbflüsseeinesFlusses,diemanüberviele
JahreundJahrzehntehinwegbeobachtete.
DerBegriff„Jährlichkeit"beschreibtdie
WahrscheinlichkeitfürdasEintreteneines
Hochwasserereignissesmitdazugehörigem
WasserstandundDurchflussmenge.Der
Begriff„Jährlichkeit"wirdinderÖffent-
lichkeithäufigfalschinterpretiert.Hoch-
wasserbetroffeneverknüpfenihnoftmitder
Annahme,dasseinHochwassermiteiner
Jährlichkeitvon100JahreninAbständen
von100Jahrenauftritt.Tatsächlichliegt
der„Jährlichkeit“abereineWahrschein-
lichkeitsbetrachtungzugrunde.Esistdaher
durchausmöglich,dassstatistischseltene
Hochwasserereignissetatsächlichindeut-
lichkürzerenZeitspannenauftreten–so
wieesamRhein1993und1995derFallwar.
EineanschaulichereGrößeerhältmandurch
dieBeschreibungvonHochwasserereignis-
senmitHilfedesWasserstands.DerWasser-
stand,dersichwährendeinesHochwassers
einstellt,istabhängigvonderdurchfließen-
denWassermengeunddemdurchströmten
Raum,demHochwasser-Abflussprofil.Wird
dasAbflussprofildurchAblagerungenoder
Bautenverkleinert,erhöhtsich–beiglei-
cherWassermenge–derWasserstand.Die
VerwendungdesWasserstandeserlaubtdie
VerknüpfungmitderHöhe,biszuderein
Schutzdurchz.B.vorhandeneDeicheoder
mobileSchutzwändegewährleistetist.[09]
DieMenschenhabendieFlüsseimmermehr
fürihreZweckebeanspruchtundgleichzei-
tigihrennatürlichenLaufundRaumeinge-
engt.ParalleldazukonzentriertensieSach-
werteindenehemaligenAuengebietenund
aufdennatürlichenÜberschwemmungsflä-
chen.GebautwurdenteureWohnhäuser,In-
dustrieanlagenundVerkehrsinfrastruktur.
BeiÜberschwemmungennehmendeshalb
dieSchädenzu–dasSchadenspotenzialin
diesenGebietensteigt.
RichtungweisendfürdieSchätzungvon
SchadenspotenzialensinddieArbeitender
InternationalenKommissionzumSchutz
desRheines(IKSR).DieIKSRveröffentlichte
bereitsimJahr2001denIKSR-Rheinatlas
zurÜberschwemmungsgefährdungund
zudenmöglichenSchädenbeieinemex-
tremenHochwasseramRhein.DerIKSR-
RheinatlasbeziffertdieaufÜberschwem-
mungsflächenbefindlichenVermögens-
werte mit 750 Mrd. Euro. Abhängig von
derHöhederÜberschwemmungundder
EmpfindlichkeitderBebauungistjedoch
nureinbestimmterAnteildieserWertevon
potenziellenHochwasserschädenbetrof-
fen.InderfolgendenTabelle(vgl.Tabelle1)
sinddiemöglichenSachschädenandenein-
zelnenRheinabschnittendargestellt.Die
Abb. 15: Pegelmesslatte zur Bestimmung des Wasserstandes
28 29
02· Hochwasserrisiko
Schäden – zum Teil katastrophalen Ausmaßes – richten Hochwasser an,
wenn sie auf menschliche Siedlun-gen treffen. Der Begriff Schadens-
potenzial beschreibt die Werte (Gebäude nebst Inneneinrichtung,
Industrieanlagen, Verkehrsinfra-struktur, Autos), die durch ein Hoch-
wasser geschädigt werden können.
summe 164.903,10
rheinabschnitt summe in mio. euro
hochrhein 38,30
Oberrhein 11.978,00
Mittelrhein 1.687,40
niederrhein 20.333,00
rheindelta 130.866,40
ErmittlunglegteeinsehrseltenesHochwas-
serereignis,beidemeszueinemVersagen
derSchutzeinrichtungenkommenwürde,
miteinembishernichtbeobachteten,hohen
Wasserstandzugrunde.FürdenAbschnitt
desMittelrheinsistdasz.B.derWasserstand
eines200-jährlichenHochwasserserhöht
umweitere50cm[10].
Diesoermittelte,möglicheSchadenssum-
meliegtbeietwa165Mrd.Eurofürden
gesamtenRheinlauf–unddassindlediglich
dieSachschäden.WeitereKostenentstehen
beieinemHochwasserdurchdenProdukti-
onsausfallinUnternehmen,denEinsatzder
FeuerwehrunddesKatastrophenschutzes
sowiedurchSchädenanHochwasserschutz-
einrichtungen.DieseunddieKostenfür
fürärztlicheBehandlungenbetroffener
MenschenunddenVerlustanKulturgütern
berücksichtigtderIKSR-Rheinatlasnicht.
ObwohlderStaatgrundsätzlichzurGefah-
renabwehrverpflichtetist,musserdar-
aufachten,seinefinanziellenRessourcen
gezielteinzusetzen,ummöglichsteffizi-
entvorHochwasserzuschützenunddie
damitverbundenenSchädenzumindern.
EinhundertprozentigerSchutzvorHoch-
wasseristalsonichtbezahlbar.MitHilfe
vonKosten-Nutzen-Analysenkönnendie
Maßnahmenkostengegenüberdemerziel-
tenSchutzabgewogenwerden (vgl. S. 66).
SolassensichdienotwendigenPrioritäten
fürMaßnahmenzumSchutzgegenHoch-
wassersowiezurHöhedesSchutzniveaus
entwickeln.
SchädenandenÖkosystemen–zumBei-
spieldurchdenEintragwassergefährden-
derStoffe–sowiediesozialenKosten,z.B.
tabelle 1: mögliche sachschäden entlang des rheins bei einem sehr seltenen Hochwasserereignis (Iksr - rheinatlas 2001)
HocHwasserrIsIko – was Ist Das?
HäufigauftretendeHochwasserereignisse
richtenoftnurgeringenSchadenan.Diebe-
troffenenMenschenkennendieGefahrdieser
Hochwasserundsindgutvorbereitet.Das
Schadenspotenzialaufdenüberschwemm-
tenFlächenistgeringoderdieseFlächensind
sehrgutgeschützt,sodasskaumSchäden
entstehen.SelteneHochwasserereignissebe-
treffennichtnurinsgesamtgrößereFlächen,
sieüberschwemmenauchGebiete,indenen
Menschenleben,diesichnichtodernurwe-
nigaufeinHochwasservorbereitethaben,so
dasshiergroßeSchädenentstehenkönnen.
AuchwennSchutzeinrichtungenversagen,
was–glücklicherweise–nursehrseltenge-
schieht,entstehensehrgroßeSchäden.Um
dieseKombinationzwischenHäufigkeiteines
EreignissesundmöglicherSchädengutkom-
munizierenzukönnen,wurdeseitdemElbe-
hochwasser2002vermehrtderBegriffHoch-
wasserrisikoindieöffentlicheDiskussion
unddiegesetzlichenRegelwerkeeingeführt.
DasHochwasserrisikoistdieKombination
ausEintrittswahrscheinlichkeit(derJähr-
lichkeit)einesHochwassersunddenmögli-
chenSchäden(vgl.§73Absatz1Satz2WHG).
Abb. 16: Hochwasser-Katastrophe im Osterzgebirge im Juli 1927
30 31
02· Hochwasserrisiko
Isar,desLechs,derIller,desInnundanderen.
EsentstandenSchädeninHöhevon172Mio.
Euro.[12]
DasHochwasseranderElbeundanderMulde
imAugust2002betrafdirektetwa370.000
Menschen.Eswaren21Totezubeklagen.Die
Bundesregierunggabzunächstdiemateri-
ellenSchädendesHochwassersmit9,2Mrd.
Euroan[13].DurcheineNacherhebungder
FlutschädeninSachsen2003istdieseSumme
aufüberelfMrd.Eurofürallebetroffenen
Bundesländerangestiegen[14].InSachsen
entstanden28%derSchädenanderWohn-
bebauung,23%Schädeningewerblichen
Unternehmenund21%anderkommunalen
Infrastruktur–wieStraßenoderöffentli-
cheGebäude.Darüberhinausentstanden
SchädenanderInfrastrukturandererTräger
sowieinderLand-undForstwirtschaft.
Im Süden Bayerns gab es während der
Pfingsttage1999eingroßesHochwasser.Die
AbflüsseausdenalpinenEinzugsgebieten
indenOberläufenderIller,desLechs,der
AmmerundderIsarwarenextremhoch.Sie
entsprachenteilweiseeinem300-jährlichen
Hochwasser.EsentstandenSchädeninHöhe
vonrund345Mio.Euro[15].
ImSommer1997fordertedasHochwasser
imEinzugsgebietderOder–alsoinPolen,
TschechienundDeutschland–insgesamt
74ToteundverursachtematerielleSchä-
deninHöhevondreibisvierMrd.Euro,in
DeutschlandbeliefensichdieSchädenauf
etwa331Mio.Euro.
MehrereMrd.EuroSchädengabesdurch
dieHochwasserereignisseanRhein,Mosel,
SaarundMaasindenJahren1993und1995.
EinanderesBeispielmachtdiesenZusam-
menhangvielleichtnochdeutlicher:Trifft
einHochwassermiteinerWahrscheinlich-
keitvoneinemMalin20Jahrenaufeinen
AuwaldodereinenatürlicheÜberschwem-
mungsflächeohneBebauung,Landwirt-
schaftoderIndustrietretenkaumSchäden
auf.DasHochwasserrisikoisthiergering.
TrifftdasgleicheHochwasseraufeinenun-
geschütztenIndustriebetriebkönnensehr
großeSchädenentstehen.ObwohldieEin-
trittswahrscheinlichkeitdesHochwassers
gleichist,istdasHochwasserrisikohierwe-
sentlichhöher.DieseneueArtundWeise,an
denUmgangmitHochwasserheranzugehen
undRisikenzukommunizieren,eröffnet
auchneueWegezumHochwasserrisiko-
management. So kann in Abhängigkeit
von den Schäden das Schutzniveau für
unterschiedlicheFlächenvariiertwerden.
StaatlicheInvestitionenindentechnischen
Hochwasserschutzkönnenzielgerichteter
erfolgen.Eswirddeutlich,dasstechnische
SchutzeinrichtungendasHochwasserrisiko
zwarreduzieren,aberkeinenhundertpro-
zentigenSchutzbietenkönnen.AlleBürger
undBürgerinneninHochwasserrisikogebie-
tensinddeshalbgefordert,weitergehende
MaßnahmenzurEigenvorsorgezuergreifen.
DasHochwasserrisikomanagementmuss
somitalleBereicheumfangen:dieHochwas-
servorsorgevoreinemHochwasserereignis,
dieBewältigungeinesakutenHochwasser-
ereignisses und die Nachsorge, also die
Auswertung,denWiederaufbauunddie
UnterstützungderBetroffenen (vgl. Kap. 03).
HocHwasserereIgnIsse Der letzten 20 JaHre mIt besonDerer beDeutung
Hochwasser forderten an den Flüssen
DeutschlandsimmerwiederMenschenle-
benundverursachtengroßeSachschäden.
ImFrühsommer2010kamesinganzMit-
teleuropazugroßenÜberschwemmungen,
inDeutschlandwardavoninsbesondere
dieOderbetroffen.ImAugust2010haben
StarkregenereignissezuHochwassermit
Höchstpegeln an der Neiße, Schwarzen
ElsterundOdergeführt,dasHochwasser
richtetealleinimLandkreisGörlitzSchäden
inHöhevon200Mio.Euroan.[11]
ImAugust2005verursachtenintensiveund
anhaltendeNiederschlägeÜberschwem-
mungenvorallemindenFlussgebietender
Abb. 17: Dresden im September 1890 Abb. 18: Dresden im August 2002
Abb. 19: Schäden an kommunaler Infrastruktur
32 33
02· Hochwasserrisiko
möglIcHkeIten Des HocHwasserrIsIko
managements
34 35
03
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
WichtigbeiderPlanungundUmsetzung
vonMaßnahmenzumHochwasserrisiko-
managementistausdiesemGrund,dassdie
Wasserwirtschaft,dieRegionalplanung,
derNaturschutz,dieLand-undForstwirt-
schaft,derKatastrophenschutzundandere
Betroffeneengzusammenarbeiten.Einer-
folgreichesHochwasserrisikomanagement
umfasstdarüberhinausdasgesamteEin-
zugsgebieteinesFlussesunabhängigvon
administrativenGrenzen.Dennesbesteht
immerdieGefahr,dassdurcheineaneinem
OrtgutwirksameHochwasserschutzmaß-
nahmedasHochwasserschnellvorbeige-
leitetunddieÜberschwemmungsgefahr
soandieUnterlieger,d.h.dieflussabwärts
lebendenMenschen,weitergegebenwird.
DieswäreletztlichnureineVerlagerungdes
Problems.Darausergibtsichauchdiebeson-
dereBedeutungdergrenzüberschreitenden
Zusammenarbeit.SosindzumBeispielHoch-
wasserrisikomanagementplänegemein-
samvondenineinemFlusseinzugsgebiet
liegendenBundesländernundStaatenzu
erarbeiten (vgl. S. 60).EinebesondereRolle
kommtderBeteiligungderdurchHochwas-
sergefährdetenBürgerinnenundBürger
zu.SiekönnenzueinerschnellerenVer-
wirklichungvonMaßnahmenzurReduzie-
rungdesHochwasserrisikosbeitragen,z.B.
durchdieaktiveBeteiligungundUnterstüt-
zungvonPlanungsverfahren.
DieVerantwortlichkeitenfürdenUmgang
mitHochwasserundfürdasHochwasserri-
sikomanagementsindinDeutschlandals
föderalorganisiertemStaataufBundund
Länderverteilt.DemBundstehtimBereich
desWasserrechtsnachArtikel74Absatz1
Nummer32Grundgesetz(GG)diekonkur-
rierendeGesetzgebungskompetenzzu.D.h.
dieLänderhabendieBefugniszurGesetzge-
bungnurdann,wennderBundvonseiner
KompetenzkeinenGebrauchgemachthat.
DieBundesländerkönnenjedochineinigen
Bereichen–soauchbeiderNormierungdes
Hochwasserrisikomanagementsvonden
Bundesregelungenabweichenundeigene
Vorschriftenerlassen,soweitdiebetroffe-
nenRegelungennichtstoff-oderanlagen-
bezogensind(Artikel72Absatz3Nummer
5GG).VonseinerKompetenzVollregelun-
genzuschaffen,hatderBundimWasser-
haushaltsgesetz(WHG)fürdenBereichdes
HochwasserrisikomanagementGebrauch
gemacht.IndemerRegelungentrifftzur
BewertungvonHochwasserrisiken,zuGe-
fahren-undRisikokartensowieHochwas-
serrisikomanagementplänezurInformation
undaktivenBeteiligungderÖffentlichkeit
undzurKoordinierungmitdenPlanun-
gen nach der EG-Wasserrahmenrichtli-
nie(2000/60/EG).DurchdenAbschnitt6
(§§72-81WHG)haterdieEG-Hochwasser-
risikomanagement-Richtlinie(2007/60/EG)
vollständiginnationalesRechtumgesetzt.
DennochsehendiebundesrechtlichenRege-
lungendesWHGhäufigauchÖffnungsklau-
selnvorundbelassendenLänderneigenen
Regelungsspielraum.SokönnendieLänder
nebenderAusgestaltungdesVollzugsbe-
stimmteInhalteebenfallsdurchGesetze
DiedurchHochwasserentstandenenSchä-
denindenvergangenen20Jahrenzeigendie
dauerhafteAktualitätdesThemas.Sieun-
terstreichenauchdiegroßeNotwendigkeit
sichfrühzeitigmitvorsorgendenundlang-
fristigwirkendenMaßnahmenzumUmgang
mitHochwasserundeinemumfangreichen
Hochwasserrisikomanagementauseinan-
derzusetzen.DiebisherigenErfahrungen
machendeutlich,wodieMöglichkeiten,
aberauchwodieGrenzendessogenannten
technischenHochwasserschutzesliegen,
derzumBeispielaufMaßnahmenwieDeiche
undHochwasserschutzmauernsetzt.
Hochwasser und ihre Folgen lassen sich
beeinflussen,indemdieHochwasserwelle
gedämpft,alsodieWahrscheinlichkeitfür
eineÜberflutungreduziertwirdundinsge-
samtdasSchadenspotenzial–etwadurch
einevernünftigeBesiedlunganFlüssen–
geringgehaltenundreduziertwird.Welche
MaßnahmenzumSchutzvorHochwasser
letztlichsinnvollsind,hängtvondenje-
weiligenGegebenheitenimEinzugsgebiet
einesFlussesab.
EinumfassendesHochwasserrisikomanage-
mentschließtdenvorsorgendenBereich,die
VorbereitungaufeinHochwasserereignis,
dieBewältigungdeseigentlichenHoch-
wasserereignisses,dieNachbereitungeines
Hochwasserereignisseseinschließlicheines
Wiederaufbausein(vgl. Abb. 20).
abb. 20: zyklus des Hochwasserrisikomanagements
hochwasserereignis9
abwehr10
hilfe für die Betroffenen11
auswertung12
aufbauhilfe13
Wiederaufbau14
auswertung15
Flächenvorsorge1
natürlicher Wasserrückhalt2
technischer hochwasserschutz3
Bauvorsorge4
risikovorsorge5
Vorbereitung Gefahrenabwehr und katastrophenschutz6
Verhaltensvorsorge7
Informationsvorsorge8
1
2
34
5
6
7
8
9
1011
12
13
14
15
36 37
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
Flächenvorsorge für mehr Überschwemmungsflächen
undVerordnungennormieren.ImBereich
desHochwasserschutzesliegtdaherdieVer-
antwortungfürdiekonkreteAusgestaltung
detaillierterStrategienundMaßnahmen
gegenHochwasserimWesentlichenbei
den16Bundesländern.DieVerantwortung
füreinzelneProjektedesHochwasserrisi-
komanagementskann–abhängigvonder
VerteilungderKompetenzenindenLändern
–beidenKommunenliegen.
meHr raum für Den fluss
IndenvergangenenJahrhundertenwurden
vieleÜberschwemmungsflächendurchufer-
naheDeichevondenFlüssenabgeschnit-
ten. Damit können sie Hochwasser nicht
mehraufnehmenundzurückhalten.Zum
BeispielliegendieVerlusteannatürlichen
ÜberschwemmungsflächenindenBereichen
derausgedehntenTieflandauendermittle-
renElbezwischen50%-90%unddas,obwohl
derZustanddernochbestehendenAueein-
zigartigistundgroßezusammenhängende
HartholzauwälderanderMittlerenElbezwi-
schenSaale-undMuldemündungaufweist.
AneinigenZuflüssenzurElbehingegen,z.B.
derSchwarzenElsteroderdemMittellauf
derUnstrutsinddieVerlustedernatürlichen
Überschwemmungsflächennochhöherund
übersteigen90%[18].EinewichtigeForde-
rungderHochwasserregelungendesWHG
istfolgerichtig,mehrRaum,alsogrößereFlä-
chenfürdieAusuferungvonFlüssenbereit-
zustellen.DiesistzumBeispielmitderFest-
setzungvonÜberschwemmungsgebieten,
dievonbestimmtenNutzungenfreizuhalten
sind,zuerreichen.Dadurchbleibenvorhan-
deneRückhalteflächenerhaltenundandere
Flächenkönnenzurückgewonnenwerden.
ZudemverminderteineEinschränkungder
NutzungeninÜberschwemmungsgebieten
(z.B.Neubauverbot)dasSchadenspotenzial
vonHochwasserereignissen.
die gesetzlichen regelungen zum hochwasserrisikomanagement in der eG-hochwasserrisikomanagement-richtlinie und im Wasserhaushaltsgesetz
DieHochwasserereignissevon2002betrafennichtnurDeutschland,sondern
hattenaucheuropaweiteAuswirkungen.DeshalbhatsichdieEU-Kommission
desThemasangenommenundam12.Juli2004eineMitteilungzumHochwas-
serrisikomanagement[16] herausgegeben.ImAnschlussdaranentwickeltedie
EU-Kommissioneineuropäisches"Hochwasseraktionsprogramm“(FloodAction
Programme[17]),dasindieam06.November2007inKraftgetreteneRichtlinie
überdieBewertungunddasManagementvonHochwasserrisiken(2007/60/EG
–HWRM-Richtlinie)mündete.
DieRichtlinieverfolgteinendreistufigenAnsatzbeginnendmitderErmittlung
vonGewässerabschnitten,dieeinsignifikantesHochwasserrisikoaufweisen.
DieserSchrittwirdbisEnde2011abgeschlossensein.FürjedenFlussundjeden
Küstenabschnitt,andenennegativeAuswirkungendurchHochwasserzuer-
wartensind,sollenbis2013Hochwassergefahren-undHochwasserrisikokarten
erstelltwerden.AufGrundlagedieserKartenwerdendieHochwasserrisikoma-
nagementplänebis2015aufgestellt.ZieldieserRichtlinieistes,dienachteiligen
FolgenfürdiemenschlicheGesundheit,dieUmwelt,dasKulturerbeunddie
wirtschaftlicheTätigkeitdurchdieFolgenvonHochwasserzuverringern.Die
HWRM-RichtliniewurdemitderNovellierungdesWHG(2009)innationales
Rechtumgesetzt.DasneueWHGistseit01.März2010inKraft.
IndasnovellierteWHGsindauchdieRegelungendesdeutschenHochwasserar-
tikelgesetzesvon2005eingeflossen.DasHochwasserartikelgesetzbasierteauf
einem5-Punkte-ProgrammderBundesregierung,indemdieKonsequenzen
ausdenErfahrungendesHochwassers2002imElbeeinzugsgebietfestgehalten
waren.DieHochwasserregelungendesWHGumfassendamitdiedeutschen
undeuropäischenErfahrungenausdenprägendenHochwasserereignissen
desSommers2002.
Abb. 21: Überschwemmte Flächen entlang der Elbe
38 39
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
DieVerringerungvonSchädendurchHoch-
wassergelingtvorallemdurcheineverän-
derteSiedlungsentwicklung.Erstens:In
bereitsfestgesetztenÜberschwemmungs-
gebietendürfengrundsätzlichkeineneuen
Baugebieteausgewiesenwerden.Ausnah-
mensindnurunterengenVoraussetzun-
genzulässig.Zweitenskönnendurcheine
vorausschauendeGestaltungvonGebäuden
diepotenziellenSchädendurchHochwasser
sogeringwiemöglichgehaltenwerden.
UnterdemBegriffBauvorsorgelassensich
alle Maßnahmen zusammenfassen, die
Häuser und Wohnungen besser an eine
GefährdungdurchHochwasseranpassen.
Bereits einfache Vorkehrungen wie das
HochlagernwertvollerGegenstände (vgl.
Abb. 23)tragenzueinerVerringerungder
Hochwasserschädenbei.
FürGebiete,dievomRisikokleinräumiger
StarkregenundanschließenderSturzfluten
betroffensind,istdieBauvorsorgeallein
nicht ausreichend. Daher sollten durch
SturzflutenzerstörteHäusernichtander-
selbenStellewiederaufgebautwerden.Wie
gravierenddieseSchädenseinkönnen,zeigt
Abbildung 04.InGebieten,indenenlang
anhaltende,flächenhafteHochwasserauf-
Freigehaltene Überflutungsflächen zur
SchaffungvonmehrRaumfürdieFlüsse
eröffnenauchdieMöglichkeit,einenatür-
licheAuenvegetationwiederanzusiedeln
undsoeinenBeitragzurVerbesserungder
ökologischenFunktionenderFlüssezuleis-
ten.DieAusweisungeinesÜberschwem-
mungsgebiets geschieht nicht willkür-
lich.Sierichtetsichnachdennatürlichen
Rahmenbedingungen,zumBeispielden
GrenzenderÜberschwemmungsflächeei-
nes100-jährlichenHochwassers.DieAus-
dehnungdesÜberschwemmungsgebietes
eines100-jährlichenHochwassershängt
dabeivonderFormderErdoberflächeim
Einzugsgebiet,derBeschaffenheitdesGe-
wässerssowiederWassermenge,dieein
100-jährlichesHochwasserhat,ab.
Natürliche Überschwemmungsge-biete sind an vielen Flüssen verloren gegangen. Noch vorhandende Über-
schwemmungsflächen zu erhalten oder zurückzugewinnen, verbes-
sert die ökologische Funktion von Flüssen und reduziert die Schäden
im Hochwasserfall. Nutzungsbe-schränkungen in ausgewiesenen
Überschwemmungsgebieten helfen dieses Ziel zu erreichen.
schadenspotenziale minimieren
sIeDlungsentwIcklung steuern
AlsÜberschwemmungsgebietewerdendieGebietezwischenoberirdischen
GewässernundDeichenoderHochufernsowiesonstigeGebietedefiniert,die
beieinemHochwasserüberschwemmtoderdurchflossenoderdiefürdieHoch-
wasserentlastungoderRückhaltungbeanspruchtwerden(§76Absatz1WHG).
Nach§76Absatz2WHGsinddieLänderverpflichtet,biszum22.Dezember
2013mindestensjeneGebieteinnerhalbderHochwasserrisikogebietealsÜber-
schwemmungsgebietefestzusetzen,indeneneinHochwasserstatistischeinmal
inhundertJahrenzuerwartenist.AußerdemsinddieGebieteauszuweisen,die
zurHochwasserentlastungundzumHochwasserrückhaltbenötigtwerden.
BereitsinderVergangenheithabendieLänderanvielenFlüssenÜberschwem-
mungsgebietefestgesetzt.WenndieAnforderungendesWHGdurchbereits
die regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes zu Überschwemmungsgebieten:
bestehendeÜberschwemmungsgebieteerfülltsind,sindkeineneuenAuswei-
sungenerforderlich.DasGesetzsiehtvor,dassinfestgesetztenÜberschwem-
mungsgebietenbesondereSchutzvorschriftengelten.SoistdieAusweisung
vonneuenBaugebietennurunterstrengenAuflagenmöglich.Z.B.darfder
HochwasserabflussundderHochwasserrückhaltnichtnegativbeeinflusst
werden.DieUmwandlungvonGrünlandinAckerflächenodervonAuwaldin
eineandereNutzungsartistuntersagt(§78Absatz1WHG).DieÖffentlichkeit
istüberdieFestsetzungvonÜberschwemmungsgebietenzuinformieren(§76
Absatz4WHG).
40 41
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
treten,istnichtnurdieÜberschwemmung
selbsteineGefahrfürdieHäuser.DieSi-
cherheitderGebäudeistauchwegender
AuftriebskräftedessteigendenGrundwas-
serspiegelsgefährdet.DerWasserdruck
erhöhtsich,dieSohleundGrundmauern
derHäuserwerdendurchdiewachsende
Strömungbelastet(vgl. Abb. 22).Dieskann
imExtremfalldazuführen,dassHäuser
aufschwimmenodersogarbrechen.Daher
musseinevorausschauendeBauplanung
dieHochwassergefahrbeiderBemessung
allerGebäudeteileberücksichtigen.Vorge-
sehenwerdensolltefürdenNotfall,dasseine
FlutungdesKellersvorgenommenwerden
kann.UmdemEindringendesWassers–so-
wohldeseigentlichenHochwassersalsauch
desGrundwassersoderdesRückstauwassers
ausderKanalisation–unddendamitver-
bundenenSchädenanderBausubstanzund
derInneneinrichtungvorzubeugen,bietet
sichbeimHausbauVerschiedenesan:der
VerzichtaufUntergeschosse,dieStelzen-
bauweise,diewasserdichteAusführungvon
Kellern,dieAbdichtungderFenster-und
TürenmitmobilenWänden,Dammbalken
oderdieVerwendungwasserbeständiger
BaustoffefürWändeoderBodenbeläge.
VorgesehenwerdensollteeineHausent-
wässerung,dieeinenRückstauausderKa-
nalisationvermeidet.ElektrischeInstalla-
tionenundwertvolleGegenständesollten
dieBewohnerhöheroderganzindenoberen
Stockwerkenan-oderunterbringen.Inden
NiederlandenwurdenHäuserentwickelt,
diesichdurchflexibleWasser-undAbwas-
serleitungenundeinespezielleBauweise
demWasserstandanpassenkönnen.
DieSchädenanunddurchÖlheizungenma-
cheneinengroßenTeilderSchadenssumme
einesHochwassersaus.VergangeneHoch-
wasserereignissehabengezeigt,dassbiszu
70%derSachschädenanGebäudendurch
ausgetretenesHeizölverursachtwurden.
NichtberücksichtigtsindindieserRech-
nungdiedurchaustretendesHeizölentste-
hendenUmweltschädenindenGewässern
undimBoden.[19]
SolcheUmweltschädenwurdenetwabeim
Pfingsthochwasser1999inBayerndeutlich.
HeizöltratausgebrochenenVerbindungs-
eindringen des Grundwassers durch die kellerwände / -sohle1
eindringen des rückstauwassers aus der kanalisation2
eindringen des Grundwassers durch Umlauf bei hausanschlüssen (rohrwege, kabel sind meist nicht wasserdicht) oder durch undichte Fugen
3
eindringen des Oberflächenwassers durch lichtschächte und kellerfenster4
eindringen des Oberflächenwassers infolge durchsickerung der außenwand5
eindringen des Oberflächenwassers durch tür- und Fensteröffnungen 6
6 6
5
4
1
1
2
3
3
hausanschlüsse z. B. Gas & strom
hochwasserhochwasser
abb. 22: mögliche eindringwege
Abb. 23: Hochlagerung von Geräten
42 43
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
In Überschwemmungsgebieten nicht zu bauen, ist das wirksamste Mittel,
um Schäden bei einem Hochwasser zu verhindern. Wo dennoch in festgesetz-ten Überschwemmungsgebieten unter
engen Voraussetzungen neu gebaut werden darf, fordern strenge Regelun-
gen eine angepasste Bauweise und den Verzicht auf Ölheizungen. Jeder Einzel-
ne ist zur Eigenvorsorge verpflichtet
leitungenaufgetriebenerÖltanksundaus
Heizöltanks,diewegendesstarkenWasser-
drucksbeschädigtwaren,aus.EinTeildes
ausgelaufenenHeizölskonzentriertesich
indenUferbereichenlangsamfließender
Entwässerungsgräben.DasHeizölkonta-
minierteaufeinerFlächevonfast37Hektar
denBodenmitMineralöl-Kohlenwasser-
stoffen–teilweisebisineineTiefevon90
Zentimeter.KontaminiertesErdreichmusste
anschließendabgetragenodergereinigt
werden,aneinigenStellenwarauchdas
Grundwasserbetroffen.EinesichereAus-
führungoderNachrüstungvonÖltanks
undFeuerungsanlagenistimmernurbis
zueinembestimmtenWasserstand,derdie
Heizungsanlageüberstaut,möglich.Wird
dieserWasserstandüberschritten,kommt
eszueinerZerstörungdes„hochwassersi-
cheren“TanksalsFolgedesWasserdrucks
oderaberindieEntlüftungdesTanksein-
dringendesWasserdrücktdasÖlnachau-
ßen.DainÜberschwemmungsgebietendas
ÜberschreitenderüblichenAuslegungshö-
he[b] von1,30MeterÜberstauhäufignicht
auszuschließenist,isteinAustauschder
HeizungsanlagedersichersteWeg.
• esbestehtkeineandereMöglichkeitderSiedlungsentwicklung;
• dasneueBaugebietgrenztaneinbestehendesan;
• eineGefährdungvonLeibundLebensowieerheblicheGesundheits-oderSach-
schädensindnichtzuerwarten;
• derHochwasserabflussundderWasserstandwerdennichtnachteiligbeeinflusst;
• durchdieBaumaßnahmewirddieHochwasserrückhaltungnichtbeeinträchtigt,
fürverlorengehendenRückhalteraumerfolgteinAusgleich;
• derbestehendeHochwasserschutzdarfnichtnachteiligverändertwerden;
• essindkeinenachteiligenAuswirkungenaufOber-undUnterliegerzuerwarten;
• dieBelangederHochwasservorsorgesindzubeachten;
• dasbeantragteVorhabenmusshochwasserangepasstdurchgeführtwerden.
DieneuengesetzlichenBestimmungenzumHochwasserrisikomanagementsehen
vor,dassdieKommuneninÜberschwemmungsgebietendurchBauleitplänekeine
neuenBaugebietemehrausweisendürfen(§78Absatz1Nummer1WHG).Ausge-
nommensindBauleitplänefürHäfenundWerften.Dieses„Neubauverbot“,dasim
KerneinBauplanungsverbotdarstellt,isteinzentralesElementfüreinenwirksamen
UmgangmitHochwasserrisiken.EinemweiterenAnwachsenvonSchadenspoten-
zialenwirdsoentgegengewirkt.WenigerSchädenaufhochwassergefährdeten
FlächenbedeutetzudemaucheinniedrigeresHochwasserrisiko.Nach§78Absatz
2WHGsindneungleichzeitigeinzuhaltendeBedingungenvorgesehen,indenen
ausnahmsweiseauchinfestgesetztenÜberschwemmungsgebietengebautwerden
darf.DiesePunktebeinhaltenimEinzelnen
DamitwirddasBaueninÜberschwemmungsgebietennichtgenerellverboten,
sondernnurausunabweisbarenGründendesHochwasserrisikomanagements
(d.h.zumSchutzdesLebens,derSachwerteundderUmwelt)eingeschränkt.
PotentielleBauherrenhabendaherkeinenAnspruchaufEntschädigungbei
Einschränkungen.DieBundesländerbestimmendurchRechtsverordnungden
die regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes zur Bebauung und eigenvorsorge:
Abb. 24: Schäden durch aus-
gelaufenes Heizöl
44 45
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
Kannnacheinemlängerenodereinemsehr
starkenRegenkeinWassermehrimBoden
versickern,fließtdasWasseranderOber-
flächedirektinFlüsse,BächeundSeenoder
in Siedlungsgebieten in die Kanalisation
ab.DieHochwassergefahrsteigt.Daherist
eserforderlich,denBodenalsnatürlichen
Wasserspeicherzupflegenundzuerhalten.
Diesträgtdazubei,denNiederschlaginder
FlächezurückzuhaltenundsodieHochwas-
sergefahrzusenken.
Esgenügtnicht,sichbeieinemHochwasser
aufdieWasserwelleimHauptstromzukon-
zentrieren.EinementstehendenHochwasser
sindbereitsandenQuell-undNebenflüssen
imEinzugsgebieteinesgrößerenFlussesRe-
tentionsräumezubieten.
AuchankleinerenFlüssenisteserforder-
lich,Überflutungsflächenzuschaffen,etwa
durchdenSchutzunddieWiederherstellung
vonAuwäldern.DazudienenauchRenatu-
rierungsmaßnahmen,dieeinenaturnahe
EntwicklungdesFlusslaufeszulassenund
damitdenAbflusseinerHochwasserwelle
verzögern.DasschnelleAbfließendesRegen-
wassersüberversiegelteFlächenunddurch
dieKanalisationinStädtenspielteinewich-
tigeRollebeiderHochwasserentstehungin
kleinenEinzugsgebieten.DieseWirkunglässt
sichreduzieren,indemmandieversiegelten
FlächenverringertunddenWasserrückhalt
inSiedlungsgebietenverbessert.Dieskann
durchdiebessereAusnutzungvonStauräu-
meninderKanalisationaberauchdurchdie
dezentraleVersickerungvonRegenwasser
gelingen.DazugibtesverschiedeneTech-
niken,wiedasMulden-Rigolen-System(vgl.
Abb. 25).
DieSiedlungs-undVerkehrsflächeinDeutsch-
landhatimMittelwertderJahre2006-2009
uminsgesamt1.682Quadratkilometerzu-
genommen. Das sind pro Tag 94 Hektar.
Diesist–konjunkturellunddemographisch
bedingt–zwardeutlichwenigeralsinden
Jahren1997-2000,dochvondeminderna-
tionalenNachhaltigkeitsstrategie(NHS)der
Bundesregierung2002formuliertenZiel,
dentäglichenZuwachsanSiedlungs-und
Verkehrsflächenauf30HektarproTagbis
2020zusenken,istDeutschlandnochweit
entfernt(vgl. Abb. 26).
den natürlichen Wasserrückhalt stärken
HocHwasser Dezentral zurückHalten
UmgangmitwassergefährdendenStoffensowiediehochwassersichereErrichtung
undNachrüstungbestehenderÖlheizungsanlageninÜberschwemmungsgebie-
tennäher(§78Absatz5Nummer5WHG).ZusätzlichistdieErrichtungneuer
ÖlheizungsanlageninÜberschwemmungsgebietenverboten.§5Absatz2WHG
verpflichtetdarüberhinausjedeeinzelnePerson,diedurchHochwasserbetrof-
fenseinkann,zurEigenvorsorgeundSchadensminderung.Insbesondereistdie
NutzungvonGrundstückendenmöglichennachteiligenFolgenfürMensch,
UmweltundSachwertedurchHochwasseranzupassen.
abb. 25: mulden-rigolen-system zur dezentralen versickerung von regenwasser
Geotextil
Mulde (begrünt)
Grundwasser
durchlässiger Boden
Versickerrohr
rigole (gefüllt mit kies)
46 47
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
AuchdieLandwirtschaftkannmitderArt
derBearbeitungdesBodenssowiemiteiner
achtsamenNutzungderFlächeneinigeszur
HochwasservorsorgeundBegrenzungder
Hochwasserschädenbeitragen.Stichworte
sind:EindämmungderErosionderBödenund
damitwenigerNähr-undSchadstoffeinträge
inBäche,FlüsseundSeensowieFörderung
desBodenwasserhaushalts,waseinPlusfür
dieVersickerungsleistungunddasSpeichern
vonRegenwasserbedeutet.
DasWasserspeichervermögeneinesBodens
kannzumBeispielverbessertwerden,indem
auflandwirtschaftlichenFlächeneinekonser-
vierendeBodenbearbeitung[c]erfolgt.Aber
auchdieUmwandlungvonAckerflächenin
Grünlandträgtdazubei,dassderBodendas
ganzeJahrübermiteinerdichtenPflanzende-
ckebedecktoderdurchwurzeltist.Geeignete
landwirtschaftlicheMethodensindbeispiels-
weiseMulchsaatverfahrenoderZwischen-
fruchtanbau.BeideBewirtschaftungsarten
verringerndenAbflussaufderOberfläche
derBöden,wieerinAbbildung 27dargestellt
ist,undsetzendieErosionsanfälligkeitvon
Bödenherab.DieseMethodenschützendamit
sowohlBodenalsauchWasser.Besonders
effizientfüreineVerbesserungderFähigkeit
einesBodens,Wasserzurückzuhalten,istdie
UmstellungvonkonventionellerLandwirt-
schaftaufdenÖkolandbau.Aufökologisch
bewirtschaftetenFlächenwirkteineVielzahl
vonFaktorenpositivaufdieFähigkeitvon
Böden,Wasseraufzunehmen.Dazuzählen
etwahöhereHumusgehalteundvermehrte
biologischeAktivitätimBoden,welchezu
geringerenVerdichtungenunddadurchzu
erhöhtenInfiltrationsratenführen.
EinweitererwichtigerBeitragderLandwirt-
schaftzumUmgangmitHochwasseristdie
BereitstellungvonPolderflächen,diegezielt
geflutetwerdenkönnen,undsofürdenHoch-
wasserrückhaltnutzbarsind.
WegenderBedeutungderLandwirtschaftfürdasHochwasserrisikomanage-
mentermächtigtdasWHGdieLändereineRechtsverordnungzuerlassen,inder
geregeltwird,wiedieErosionlandwirtschaftlicherFlächenvermindertwerden
kannundwiedienachteiligenAuswirkungenaufdieGewässer,z.B.durchden
AustragvonNähr-undSchadstoffenauslandwirtschaftlichenFlächenimÜber-
schwemmungsgebietverringertwerdenkönnen(§78Absatz5Nummer2WHG).
UnterbestimmtenBedingungenkannsichfürLandwirtedarauseinAnspruch
aufeinenangemessenenAusgleichoderggf.aufeineEntschädigungergeben
(§78Absatz5Nummer2WHG).
das Wasserhaushaltsgesetz zu Maßnahmen in der landwirtschaft:
Abb. 27: Erosionsgefährdung landwirtschaftlicher Flächen
nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung 2020
Betriebsfläche ohne abbauland (z. B. halde)
Verkehrsflächen
Gebäude- und Freifläche Mehrfamilien-häuser
Bundesland mit erheblichen artefakten ab dem Jahr 2001
Gebäude- und Freiflächen sonstiges (z. B. Gewerbe)
erholungsflächen und Friedhöfe
Gebäude- und Freifläche ein- und Zweifamilienhäuser
zeitintervalle1989 - 1992: daten neue länder geschätztab 1993: Gleitende 4-Jahres-Mittelwerte für Wohnenab 2001: Gleitende 4-Jahres-Mittelwerte für alle nutzungen
abb. 26: entwicklung der siedlungs- und verkehrsflächen, dargestellt in gleitenden 4-Jahres-mittelwerten ("bund")
Zuna
hme
der s
iedl
ungs
- und
Ver
kehr
sfläc
he [h
a pr
o ta
g]
20
0
40
60
100
120
140
80
1989
- 19
92
1990
- 19
93
1991
- 19
94
1992
- 19
95
1993
- 19
96
1994
- 19
97
1995
- 19
98
1996
- 19
99
1997
- 20
00
1998
- 20
01
1999
- 20
02
2000
- 20
03
2001
- 20
04
2002
- 20
05
2003
- 20
06
2004
- 20
07
2005
- 20
08
2006
- 20
09
2007
- 20
10
2015
2020
uba-ziel 2010: 80 ha p.d.
uba-ziel 2015: 55 ha p.d.
Ist 1997-2000: 129 ha p.d.
nHs-ziel 2020: 30 ha p.d.
48 49
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
Neben der Landwirtschaft hat auch die
ForstwirtschafteinegroßeBedeutungfür
denUmgangmitHochwasser.Siekannmit
derWiederaufforstungvonFlächeninGe-
bieten,diefürhäufigereStarkniederschläge
undSturzflutenbekanntsind,derEntste-
hungvonHochwasserentgegenwirken.
AufforstungensindvoralleminHanglagen
einwirksamerErosionsschutzfürBöden.
DiebeschriebenenMaßnahmen–mehr
dezentraleVersickerungvonRegenwas-
ser,konservierendeBodenbearbeitung,
Schaffung von Grünland, Entsiegelung
vonFlächenundAufforstung–wirkenvor
allempositivaufHochwasserinkleinen
Flusseinzugsgebietenundbeihäufigen
kleinenHochwasserereignissen.Darüber
hinauserfüllensiewichtige,nichtdirekt
messbareFunktionenfüreinumfassendes
Hochwasserrisikomanagement.Dezentra-
leRegenwasserbewirtschaftungundEnt-
siegelungensindöffentlichkeitswirksam
undleisteneinenBeitrag,dass„Wasser“
und„Hochwasser“im„Bewusstsein“der
Bevölkerungpräsentbleiben.
Die Renaturierung von Fließgewässern
wirktinAbhängigkeitderGrößedesFließ-
gewässerseherauf"häufige"alsauf"selte-
ne"Hochwasserereignisse.EsentstehenFlä-
chenfürdieWiederansiedlungvonAuen,
indiealsnatürlicheRetentionsräumesich
Hochwasserausbreitenkann.Daswirkt
positivaufdenVerlaufvonHochwasser,es
entstehenRückzugsräumefürNiedrigwas-
serundesverbessernsichinsgesamtder
aquatischeLebensraumunddieökologi-
schenFunktionenderGewässer.
Durch die dezentrale Regenwasser-versickerung, die Entsiegelung von
Flächen und einer standortange-passten Land- und Forstwirtschaft,
lässt sich das Wasserspeichervermö-gen des Bodens verbessern. Dadurch
kann Wasser im Einzugsgebiet, in der Fläche zurückgehalten wer-
den. Das wirkt sich insbesondere in kleinen Einzugsgebieten und bei
kleinen Hochwassern positiv, also vermindernd, auf die Entstehung
von Hochwasser aus.
DerAusbauvonFlüssenzumTransportweg
kanndieBegradigung,denAufstauundviel-
fältigeUfersicherungsmaßnahmenbeinhal-
ten,wodurchdasHochwasserrisikodurch
den Verlust an Retentionsraum, erhöhte
WasserständeundverkürzteFließzeitenvon
Hochwasserwellenverstärktwird(vgl. S. 22).
ImInteressedesHochwasserschutzesregelt
dasWHGim§68Absatz3,dasseinvorge-
sehener Gewässerausbau nicht zu einer
ErhöhungderHochwasserrisikenoderzu
einer Zerstörung natürlicher Rückhalte-
flächen, vor allem in Auwäldern, führen
darf. Das Bundeswasserstraßengesetz
(§8Absatz1und§12Absatz7)konkretisiert
dieAnforderungenandenGewässerausbau
unddieGewässerunterhaltunginderArt,
dassdieBewirtschaftungszielenach§§27-
31WHGzuberücksichtigensindundmehr
alsnurgeringfügigeAuswirkungenaufden
Hochwasserschutzvermiedenwerdensollen.
DerFlussausbauwirddaheraufdasfürdie
RealisierungdesTransportaufkommensnot-
wendigeMaßbeschränkt.DieÄnderungen
imWasserhaushalts-undBundeswasser-
straßengesetzhabendieVoraussetzungen
geschaffen,dassdieZieledesGewässerschut-
zesbeiallenAusbau-undUnterhaltungsmaß-
nahmenstärkereBerücksichtigungfinden.
NebenderFestlegungderVerantwortlichkeit
desBundesfürdieHerstellungderDurchgän-
gigkeitundfüreineökologischeGewässerun-
terhaltunganBundeswasserstraßen,sind
dieAusbau-undUnterhaltungsmaßnahmen
stetshochwasserneutraldurchzuführen.
Das bedeutet, dass ein Infrastrukturaus-
bau,derzueinerpotenziellenErhöhungder
WasserständebeiHochwasserführt,von
Maßnahmenbegleitetwerdenmuss,diedas
AnsteigendesHochwasserrisikosimgleichen
Maßevermindern.ZudiesenMaßnahmen
könnenRückdeichungen,dasAnbindenvon
AltarmenoderdieSchaffungundReaktivie-
rungvonFlutrinnenzählen,diesichauch
positivaufdenökologischenZustandder
WasserkörperundderAuenauswirkenkön-
nen.Hochwasserschutz,Gewässerschutzund
SchifffahrtmüssendaherkeineWidersacher
sein.DieHerausforderungbestehtdarin,
LösungenfüreinenachhaltigeNutzungder
Bundeswasserstraßenaufzuzeigenundei-
nenAusgleichvonÖkologieundÖkonomie
herbeizuführen.ErklärtesZielderBundes-
regierungistes,WasserstraßenalsTeileiner
integriertenVerkehrspolitiknachhaltigzu
entwickeln.Bundeswasserstraßenfungieren
dabeinichtnuralsVerkehrsadern,sondern
auchalsLebensraum.
schifffahrt umweltfreundlich entwickeln
flussausbau überprüfen Abb. 28: Auenwälder sind natürliche Rückhalteräume
50 51
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
erHöHung Des HocHwasserbewusstseIns
DieHochwasserdervergangenenJahre–die
medienwirksameÜberflutungderhistori-
schenAltstadtvonDresden2002oderauch
dieEvakuierungvonGörlitz2010–zeigen,
dassauchvermeintlichgeschützteGebiete
hinterdenDeichengefährdetseinkönnen.
AllebetroffenenKommunenaberauchdie
WasserbehördenderBundesländersindda-
heraufgefordert,kontinuierlichüberdasbe-
stehendeHochwasserrisikoinihrerRegionzu
informieren,aufzuklärenundMaßnahmen
fürdieEigenvorsorgevorzuschlagen(Ver-
haltensvorsorge).DaszusätzlicheAngebot
vonVersicherungslösungenschafftweite-
reAnreizefürdieBetroffenensichaufein
Hochwasservorzubereiten(Risikovorsorge).
VongroßerBedeutungistdarüberhinausdie
Informationsvorsorge.DieHochwasserzent-
ralenderBundesländerstellenaktuelleInfor-
mationenüberdenWasserstandvonhoch-
wasserführendenFlüssenzurVerfügung.Sie
entwickelnPrognosen,mitwelcherHöhedes
Hochwassersnochgerechnetwerdenmuss
undsprechenHochwasserwarnungenaus.
DieseInformationensinddieGrundlagefür
jeglichesHandelnimHochwasserfall.
HochwasserkartenliegenineinigenBun-
desländern bereits vor und können über
derenInternetportaleeingesehenwerden.
DarüberhinaushabensichdieBundeslän-
derüberempfehlenswerteGestaltungsre-
gelungenfürHochwasserkartenverständigt
[20].EinebesondereBedeutungkommtden
HochwassergefahrenkartenunddenHoch-
wasserintensitätskartenzu.Siestellendie
überschwemmtenFlächeninAbhängigkeit
derJährlichkeitdesHochwasserereignisses
darundenthaltenweitereInformationen,
wieWasserstandoderStrömungsgeschwin-
digkeit.FürdieBewusstseinsbildunginder
BevölkerungistdieDarstellungvonExtre-
mereignissen–einschließlichSzenarienvon
Deichbrüchen–wichtig.Sieverdeutlichen,
welcheGefahrenvonHochwasserausgehen
können.ZudemkönnenBehördenHochwas-
serkarten–diedetailliertgenugsind–als
Planungsgrundlagenutzen.
BeispielhaftwirdinAbbildung 30einAus-
schnittausdem"AtlasderÜberschwem-
InUmsetzungderEG-Hochwasserrisikomanagement-Richtliniewurdenindas
WHGnebendenÜberschwemmungsgebietendiesogenanntenRisikogebieteaufge-
nommen.UnterdieBezeichnungRisikogebietefallenalleGebietemitsignifikantem
Hochwasserrisiko(§73Absatz1WHG).AuchdieFlächenhinterdemDeichzählen
dazu.DabeiwerdendiemöglichennachteiligenFolgendurchHochwasserfürdie
menschlicheGesundheit,dieUmwelt,dasKulturerbe,wirtschaftlicheTätigkeiten
undfürerheblicheSachwerteeinbezogen.DieBestimmungderHochwasserri-
sikenerfolgtfürjedeFlussgebietseinheitundsollnach§73Absatz5Satz1WHG
biszum22.Dezember2011abgeschlossenwerden.FürdieRisikogebietewerden
dannHochwassergefahren-undHochwasserrisikokartenbiszum22.Dezember
2013erstellt(§74Absatz6Satz1WHG).DieseKartenwerdenAuskunftüberdie
vonHochwasserbetroffenenFlächenunddasAusmaßderGefahrenundRisiken
geben.AlleKartenwerdenöffentlichzugänglichseinundbildeneinewichtige
BasisfürdieInformationundAufklärungderBevölkerung(§79Absatz1WHG).
das Wasserhaushaltsgesetz zu hochwassergefahren- und hochwasserrisikokarten:
hochwassergefahren- und hochwasserrisikokarten
Abb. 29: Sperrung von Uferbereichen
wegen Hochwasser
52 53
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
mungsgefährdungundmöglichenSchäden
beiExtremhochwasseramRhein"ausdem
Jahr2001dargestellt.Herausgegebenhat
ihndieIKSR (vgl. S. 29).Dieeingezeichneten
FlächenbeschreibendabeidieAusdehnung
einesextremenHochwassers.Linienförmig
sinddarüberhinausdieÜberschwemmungs-
grenzenfüreinHochwassermiteinemWie-
derkehrintervallvoneinmalin100Jahren
(violett)sowieeinmalin10Jahren(grün)
dargestellt.NebendenHochwassergefahren-
kartensindweitereDarstellungenüblichund
EG-rechtlichgefordert,zumBeispielHoch-
wasserrisikokarten.Siegebenweitergehende
InformationenzudenSchadenspotenzialen
indenbetroffenenGebieten. • HochwassermitsehrniedrigerWahrscheinlichkeitoderExtremereignisse
• HochwassermiteinermittlerenWahrscheinlichkeit,z.B.voneinMalin100Jahren
• HochwassermithoherWahrscheinlichkeit,häufige,regelmäßigeHochwasser
FürdieHochwassergefahrenkartenwerdengemäߧ74Absatz2WHGdreiver-
schiedeneSzenarienfürdieKartenerstellungzugrundegelegt:
NebendemAusmaßderÜberflutung,alsoderbetroffenenFläche,solleninden
KartenzusätzlicheInformationenzurWassertiefe,zumWasserstandundzur
Fließgeschwindigkeitenthaltensein(§74Absatz3WHG).DieHochwasserrisiko-
kartenerfassenmöglichenegativeFolgenvonHochwasseraufdieSchutzgüter,
(§74Absatz4WHG).DazusindzumindestdiegroßenIndustrieanlageninden
Hochwasserrisikokartendarzustellen,dennvonihnenkannimFalleinerÜberflu-
tungeineGefährdungfürdiemenschlicheGesundheitunddieUmweltausgehen.
das Wasserhaushaltsgesetz zu den Inhalten der karten:
Die Information über die grundsätzliche
Hochwassergefährdungistwichtig.Entschei-
dendfüreineerfolgreicheReduzierungvon
Hochwasserschädenistzudem,dassdieaktu-
ellvonHochwasserbedrohtenBürgerinnen
undBürgerschnellInformationenüberden
erwartetenWasserstanderhalten.Dazuist
einerechtzeitigeHochwasserwarnungund
einefunktionierendeHochwasservorhersage
erforderlich.EinerechtzeitigeHochwasser-
warnungaktiviertdenKatastrophenschutz
undunterrichtetdieBevölkerungüberdie
aktuelleHochwassergefahr.Sokönnendie
BürgerinnenundBürgerrechtzeitigMaßnah-
menzuihremeigenenSchutzeinleiten–etwa
indemsieTürenoderFenstermitDammbal-
kenoderSandsäckenvorHochwassersichern
oderihrAutoundandereWertgegenstände
ausdergefährdetenZoneentfernen.Fürdie
HochwasserwarnungsinddieHochwasser-
zentralen[21],diebeidenWasserbehörden
indenBundesländernangesiedeltsind,zu-
ständig.Besonderswichtigistes,dieVorwarn-
zeitenvoreinemHochwasserzuverlängern.
JeeherdieBehördenunddieBevölkerung
informiertsinddestobesser.
hochwasservorhersage und -warnung
Abb. 30: Darstellung der Hoch-
wassergefährdung
54 55
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
NachAngabendesGdVisteineAbsicherung
vonrund98,5%derGebäudeinBayernge-
genElementarschädenmöglich,nurca.
1,5%geltenwegenextremerGefährdung
alsnichtversicherbar.Tatsächlichistdie
VersicherungsquoteumeinVielfachesge-
ringer.Ausschlaggebendhierfüristdas
häufigniedrigeRisikobewusstseinderBe-
völkerung.VieleHauseigentümerschätzen
dieVersicherungsprämie–geradeauch
ingefährdetenGebieten–alszuhochein
undvertrauenbewusstoderunbewusst
darauf,dassimSchadensfallBehördenaus-
reichendeHilfsmaßnahmen–aufKostender
Allgemeinheit–ergreifen.Deshalbsollte
weiterhindieEinführungeinerElemen-
tarschadenspflichtversicherunggeprüft
werden (vgl. S. 68).
Eine umfassende Information und Kommunikation der Hochwasserrisi-
ken stärkt die Eigenvorsorge der durch Hochwasser gefährdeten Personen. Elementarschadensversicherungen
sind ein wichtiger Baustein zur Redu-zierung von Kosten für die Allgemein-
heit. Richtig ausgestaltet können sie gute Anreize zur Eigenvorsorge geben.
• Gefährdungsklasse4fürstarkhochwassergefährdeteFlächenmiteinerHochwasser-
wahrscheinlichkeitvonstatistischeinmalin10Jahren;
• Gefährdungsklasse3fürmittelhochwassergefährdeteFlächen,d.h.indenenein
Schadensereignisvonstatistischeinmalin10-50Jahrenzuerwartenist;
• Gefährdungsklasse2fürschwachhochwassergefährdeteFlächen,d.h.fürdiedieWahr-
scheinlichkeitfüreinHochwasserereignisstatistischeinmalin50-200Jahrenbeträgt;
• Gefährdungsklasse1füralleübrigenGebiete.
Seit1994bestehtdieMöglichkeit,dasÜber-
schwemmungsrisikoinDeutschlandzuversi-
chern.EineElementarschadensversicherung
decktdieSachschädeninFolgevonNatur-
ereignissen,wiez.B.Überschwemmungen,
Schneedruck,Vulkanausbruch,Starkregen
undErdbeben.EineElementarschadensversi-
cherungbestehtderzeitjedochlediglichbei
sehrwenigenWohngebäudeversicherungen
undbeieinigenwenigenHausratversiche-
rungen.DieherkömmlichenHausrat-oder
Wohngebäudeversicherungen ersetzen
Schäden durch Hochwasser nicht, daher
müssenprivateHaushalteundUnternehmen
zusätzlichundfreiwilligeineElementarscha-
densversicherungalsZusatzzurGewerbe-,
Wohngebäude-oderHausratversicherung
abschließen.InDeutschlandhabenderzeitle-
diglich30%allerHaushaltediesenSchutz[22].
FürdieElementarschadenzusatzdeckung
wirdmomentaneinTarifsystemverwendet,
dasdieRisikogebieteallerwichtigenFlüs-
seundNebenflüsseinDeutschlanderfasst.
UmdasAusmaßderHochwassergefährdung
darzustellenhatderGesamtverbandder
deutschenVersicherungswirtschaft(GdV)
dasgeographischeZonierungssystemZÜRS
[23]entwickelt,diesesunterscheidetvier
Gefahrenklassen:
Versicherung von hochwasserschäden
Abb.31: Mobiler Hochwasser-
schutz zur Abdichtung von Türen
abb. 32: versicherbarkeit von gebäuden in bayern
98,5%
1,5%
der Gebäude sind gegen elementarschäden versicherbar
der Gebäude sind wegen extremer Gefährdung nicht versicherbar
56 57
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
HochwasserrisikogebieteimfestenGlau-
bengeschieht,dassnichtspassierenwird.
DämmeundDeicheschützen,aber:Esgibt
keinenabsolutenHochwasserschutz.Je-
derDamm,jederDeichschütztnurbiszu
einembestimmtenWasserstandundei-
nerbestimmtenDauerdesHochwassers
vor Überschwemmung. Darüber hinaus
kann die technische Schutzeinrichtung
versagen.BrichteinDeich,sinddieSchä-
deninderRegelsehrgroß.Zudemtrennt
derDeichdieFlüssevondennatürlichen
Retentionsräumen.NatürlicheRückhal-
teräumestehenfüreineAusuferungdes
FlussesdannnichtmehrzurVerfügung,die
Auenvegetationgehtverloren.Diekürzere
Fließstreckeunddiefehlendennatürlichen
Überschwemmungsflächenführenzueiner
BeschleunigungderablaufendenHoch-
wasserwelle (vgl. S. 22).Fürflussabwärts
gelegeneGemeinden(Unterlieger)steigt
damitdieGefahreinerÜberflutung.
Der technische Hochwasserschutz, vor allem der Deichbau, ist fester Bestand-teil eines umfassenden Hochwasserri-sikomanagements. Dennoch können
Hochwasser auftreten, welche die Leistungsfähigkeit der technischen
Bauwerke überfordern. Dann entstehen sehr hohe Schäden. Trotz technischer
Lösungen bleibt also immer ein Restri-siko. Absolute Sicherheit kann der Staat
nicht gewährleisten.
AufderGrundlagederHochwassergefahrenundHochwasserrisikokartener-
stellendiezuständigenLandesbehördenHochwasserrisikomanagementpläne
(§75Absatz1WHG).DieFertigstellungdieserPläneistgemäߧ75Absatz6WHG
biszum22.Dezember2015vorgesehen.Hochwasserrisikomanagementpläne
umfassenallefürdenUmgangmitHochwassererforderlichenMaßnahmen
undsollen–soweiterforderlich-ausdrücklichauchnichtbaulicheMaßnahmen
enthalten.ZusätzlichfordertdasWHGin§77weitergehendeMaßnahmen,die
z.B.demErhaltundderRückgewinnungvonRückhalteflächendienen.
das Wasserhaushaltsgesetz zum hochwasserrisikomanagement:
tecHnIscHer HocHwasserscHutz
WoHochwasserHäuser,IndustrieundVer-
kehrswegebedroht,isttechnischerHoch-
wasserschutzdurchDeiche,Mauern,mobile
SchutzwändesowiesteuerbareHochwasser-
poldererforderlich.DeicheundHochwas-
serschutzmauernwerdenseitJahrhunder-
tenzumtechnischenHochwasserschutz
eingesetzt.KünstlicheRückhaltebecken,
TalsperrenundsteuerbarePoldersindweite-
rewichtigeMaßnahmen.SteuerbarePolder
sindRückhalteräume,diedieMöglichkeit
einergezieltenFlutungvorsehen.DasÖff-
nenderEinlassbauwerkeermöglichteine
zielgenaueKappungderHochwasserspit-
zeundgewährleistetsoeinenwirksamen
SchutzfürUnterlieger.
Wichtig ist, dass die Maßnahmen des
technischen Hochwasserschutzes nicht
dazuführen,dassdieBebauungweiterer
Abb. 33: Deichbruch während
des Hochwassers an Elbe und Mulde 2002
58 59
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
InsbesonderefürdiegroßenFlusseinzugs-
gebieteinDeutschland(Rhein,Oder,Elbe,
Donau)sindindenletztenJahrenbereits
internationaleHochwasseraktionsplänemit
einemunterschiedlichenGradderDetail-
lierungundeinemvariierendenMaßnah-
menkatalogentstanden.Diesesindbisher
rechtlichnichtverbindlich.Siehabenden
CharaktereinerpolitischenWillenserklä-
rung.AberbesondersdieregelmäßigeÜber-
prüfungderfestgelegtenZieleerzeugteine
öffentlicheWirkunginallenbeteiligtenStaa-
ten.Aktuellwirdinalleninternationalen
Kommissionendiskutiert,wiedieUmwand-
lungderinternationalenHochwasseraktions-
pläneinHochwasserrisikomanagementplä-
neerfolgenkann.Entscheidendhierbeiistdie
EinbindungderHochwasserrisikomanage-
mentplänederlokalenundregionalenEbene
indieinternationalenPlanungsunterlagen.
Der Informationsaustausch zwi-schen den zuständigen Behörden,
die Kooperation und die Koordi-nierung im ganzen Flusseinzugs-
gebiet ist eine wichtige Voraus-setzung für ein erfolgreiches
Hochwasserrisikomanagement.
WegenderBedeutunggrenzüberschreitenderPlanungfürdieEntwicklung
einesInteressenausgleichszwischenOber-undUnterliegernfordertdasWHG
nach§75Absatz5Satz2i.V.m.§7Absatz3grenzüberschreitendeinenHoch-
wasserrisikomanagementplanzuerstellen.Istdiesnichtmöglich,sollteeine
möglichstweitgehendeKoordinierungderHochwasserrisikomanagementpläne
angestrebtwerden.DarüberhinausdürfenHochwasserrisikomanagementpläne
keineMaßnahmenenthalten,diedasHochwasserrisikofürandereLänderoder
StaatenimEinzugsgebietdesgleichenFlusseserhöhen(§75Absatz4WHG).Hier
sindeineweitergehendeKoordinationunddieSuchenacheinereinvernehmli-
chenLösungerforderlich.
das Wasserhaushaltsgesetz zur Zusammenarbeit im einzugsgebiet:
HochwasserrisikomanagementsollBundes-
länder-undstaatenübergreifendgestaltet
werdenunddasgesamteEinzugsgebietei-
nesFlussesberücksichtigen.DieVorteile
derKooperationimEinzugsgebietsindzum
BeispieldiezügigeWeitergabevonVorher-
sageinformationenüberdieEntwicklung
einesHochwassersoderauchdieerfolg-
reicheZusammenarbeitderFeuerwehren.
AuchimBereichderMaßnahmenplanung
hatdieAbstimmungundKoordinierung
imFlusseinzugsgebietVorteile:Technische
Hochwasserschutzmaßnahmenkönnenfür
einbestimmtesHochwasserundeinevor-
rangigzuschützendeRegionvorteilhaft
sein,währendsiedieGefahrfüreineÜber-
flutungflussabwärtsverstärken.Deshalbist
hiereineAbstimmungerforderlich.
europäische Zusammenarbeit
staatenübergreIfenDe HocH-wasserrIsIkomanagementpläne
Abb. 34: Donauhochwasser in Passau im Juni 2010 - an der Donau koope-
rieren 14 Staaten und die EU beim Hochwasserrisikomanagement
60 61
03· Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
synergIen zwIscHen HocHwas-serrIsIkomanagement unD
eg-wasserraHmenrIcHtlInIe
Seit 2000 regelt die EG-Wasserrahmen-
richtlinie(WRRL)[24]dieintegrierteBe-
wirtschaftungdereuropäischenGewässer.
SiefordertdengutenZustandderOberflä-
chengewässerunddesGrundwassersinden
MitgliedsstaatenderEuropäischenUnion.
DieserguteZustandsollmöglichstbiszum
Jahr2015erreichtwerden.Dazusindbis
2009BewirtschaftungspläneundMaßnah-
menprogrammefürjedesFlusseinzugsge-
bieterstelltworden.
DerUmgangmitHochwasseristinderWRRL
nichtgeregelt.DasNaturereignisHoch-
wasserfindetdortnuralsmöglicheQuelle
fürSchadstoffeinträgeinFlüsseundSeen
alsFolgevonÜberflutungenErwähnung.
DennochgibteseinigeBerührungspunkte
zwischenderWRRLundderEGHochwasser-
risikomanagement-Richtlinie,diezukünftig
einestärkereVerzahnungderbeidenRicht-
liniennotwendigmachenwerden.Dergute
ökologischeZustandderOberflächenge-
wässerentsprechendderWRRLbeinhaltet
auchdieStrukturgüte[d]vonFlüssenund
Seen.DieVoraussetzunghierfürist,dass
denGewässernausreichendFlächen–also
genügendRaum–zurVerfügungstehen.
HierergebensichSynergienzwischenWRRL
unddemHochwasserrisikomanagement.
HochwassersindfürFlüssedie„struktu-
rierenden“Ereignisseschlechthin.Nach
einemHochwasserfindenGewässerorga-
nismendeutlichvielfältigereökologische
Gegebenheitenvor.InderRegelsindTiere
undPflanzen,dieinundandenGewässern
leben,anÜberschwemmungenangepasst,
sodassHochwassersienichtnegativbeein-
flussen,abgesehenvondenmenschlichver-
ursachtenSchadstoffeinträgen.DieFlächen
fürdieBildungökologischerStrukturenan
Fließgewässernkönnendarüberhinausden
RückhaltvonHochwasseraufnatürlichen
Retentionsflächenunterstützen.
DieWRRLzieltaufdieintegrierteBewirt-
schaftungderGewässerimgesamtenFluss-
gebiet.DieserganzheitlicheAnsatzkommt
darinzumAusdruck,dassGewässerinder
EGvonderQuellebiszurMündungnachein-
heitlichenGrundsätzenundeinheitlichen
(ökologischen)ZielenunterBerücksichti-
gungvonsozioökonomischenAspektenund
EinbeziehungderÖffentlichkeitbewirt-
schaftetwerdensollen.DasichdieGrenzen
derFlussgebietenichtandieLändergrenzen
Abb. 35: Flussgebietseinheiten
in Deutschland
64 65
04· Zukunftsaufgaben
mitihrenjeweiligenVerwaltungeninder
Wasserwirtschafthalten,müssensichdie
LänderundKommunenentlangderFluss-
läufeundimEinzugsgebietbesserkoordi-
nieren.DieWRRLbietetmitdiesemAnsatz
dieChance,dieneuentstehendeländer-und
staatenübergreifendeKoordinationauch
imSinneeinesnachhaltigenUmgangsmit
Hochwasserzunutzen.
EntsprechendistinverschiedenenFlussge-
bieten,z.B.derElbebereitsdieEntscheidung
gefallen,dievorhandenenAbstimmungs-
strukturenzwischendenBundesländern
(z.B.dieFGGElbe)aberauchaufinterna-
tionalerEbene(z.B.dieIKSE)auchfürdie
UmsetzungderEG-Hochwasserrisikoma-
nagement-Richtliniezunutzen.
WeitereSynergienfürbeideRichtlinien
ergebensichdurchdieNutzunggleicher
DatenquellenundimBereichderÖffent-
lichkeitsbeteiligung.InderHochwasserrisi-
komanagement-RichtliniewirdinKapitelV
(AbstimmungmitderRichtlinie2000/60/EG)
explizitaufdieVerantwortungderLänder
beiderKoordinationderbeidenRichtlinien
zurErzielungvonSynergienundverbesser-
terEffizienzhingewiesen(KapitelVArtikel9
HWRM-RL).
entwIcklung unD eInsatz ökonomIscHer Instrumente
InderVergangenheitwurdenverschiedene
MethodenfürKosten-Nutzen-Analysenfür
meisttechnischausgerichteteMaßnahmen
zumHochwasserschutzineinembegrenz-
tenGebietentwickelt.Unberücksichtigt
bleibenbeidiesenBetrachtungendiehäufig
nichtinGeldauszudrückendenFolgenvon
HochwasserunddesHochwasserrisikoma-
nagements,etwaderVerlustvonKulturgü-
tern,positiveökologischeEffekte,wiedie
EntwicklungvonAuenalsFolgederAuswei-
sungzusätzlicherÜberschwemmungsflä-
chenodernegativesozialeEffekte,wiedie
TraumatisierungBetroffener.
UmeinePartnerschaftimFlusseinzugsge-
bietzuerreichen,istesnichtausreichend,
dieWirkungeneinerHochwasserschutz-
maßnahmeaufdenWasserstandisoliertfür
einbestimmtesGebietzubetrachtenundzu
bewerten.EineüberregionaleBetrachtungs-
weiseistnotwendig,ummöglichenegative
EffekteaufdieUnterliegerzuerkennenund
damitstromabwärtsgelegenenOrtschaften
fernwirkung
vorsorge
öffentlicher fond
rückhalt
versicherung
stadt a
stadt b
schutzbauwerk
Finanzierungsbeitrag
positive Wirkung
posi
tive
Wirk
ung
finanzielle
kompension
physische Wirkung
finanzielle leistung
abb. 36: potentielle kompensationszusammenhänge von Hochwasserschutz- und vorsorgemaßnahmen
negative
Wirkung
66 67
04· Zukunftsaufgaben
DieKonsequenz:DadasHochwasserrisiko
nichtversichertwerdenmussundmögli-
cherweiseentstehendeSchädenwenigstens
teilweisedieAllgemeinheitträgt,istbei
vielendieBereitschaftnurgering,indie
privateHochwasservorsorgezuinvestieren.
VersicherungenundeinigeWasserbehör-
denderLänderarbeitendahergemeinsam
anKampagnen,umdieBereitschaftund
Offenheit der Bevölkerung gegenüber
Elementarschadensversicherungen zu
erhöhen.[25]
WeitereÜberlegungengehenindieRich-
tung,dasbisherversicherungsinterneZÜRS
–System(vgl. S. 56) alsöffentlichesInforma-
tionssystemzugestalten.Diskutiertwird
aucheinePflichtversicherungfürElemen-
tarschäden,diesichbisherallerdingsnicht
durchgesetzthat.Grundsätzlichkanneine
GestaltungderVersicherungsprämiemit
RabattenundEigenbeteiligungdieBereit-
schaftzurEigenvorsorgefördern.
rIsIkokommunIkatIon unD ele-mentarscHaDensversIcHerung
SchädendurchHochwasserinDeutschlandsindzwarversicherbar,Hauseigentümer
nutzendieseVersicherungsmöglichkeitabernurwenig(vgl. S. 56),wofürfolgendeGründe
wichtigsind:
dieMöglichkeitzugeben,denoptimalen
StandortfürMaßnahmendesHochwasser-
risikomanagementsimgesamtenEinzugs-
gebietzuermitteln.Nebeneinerräumlichen
ErweiterungderKosten-Nutzen-Analyseist
daherdieEntwicklungvonVerhandlungslö-
sungenundKompensationsmöglichkeiten
innerhalbeinesEinzugsgebietsvongroßer
Bedeutung.Dadurchwärebeispielsweise
eineKommuneamOberlaufeinesFlusses
stärkermotiviert,PolderflächenzurVer-
fügungzustellen,obwohlderEffektdieser
MaßnahmenichtdieserKommunedirekt
nutzt,sonderneherKommunenamUnter-
laufeinesFlusses.WeiterhinistdieFragezu
diskutieren,inwieweitbeimHochwasserri-
sikomanagementeinAusgleichzwischen
privatem Nutzer und öffentlicher Hand
möglichist.DennimAllgemeinenkommt
dieÖffentlichkeitmittelsSteuergeldernfür
einenumfassendenHochwasserschutzauf,
währendderSchutzeffektdieserMaßnah-
menprivatenNutzernzugutekommt.Im
SinnedesobengenanntenAusgleichsist
einestärkereBeteiligungderdurcheine
Maßnahme jeweils Geschützten an den
KostenfürdenBauunddenUnterhaltvon
Hochwasserschutzeinrichtungenanzustre-
ben.EinergänzendesInstrumentkönnten
hierFondslösungensein.
• DasRisikobewusstseinfürHochwasseristinderBevölkerunghäufignurgering.Die
persönlicheHochwassergefahrwirdschlichtvielfachunterschätzt;Hochwasserereig-
nissegeratenschnellinVergessenheit.ZumTeilspielenauchmangelndeInformationen
überdasindividuelleGefährdungsrisikohierbeieineRolle.
• GebäudeeigentümerhaltenhäufigdieVersicherungsprämien–geradeindenstärker
gefährdetenGebieten–fürzuhoch.
• VieleHauseigentümerverlassensichbewusstoderunbewusstaufdiestaatlichenHilfen
imHochwasserfall.
anpassung an Den klImawanDel
DerKlimawandelwirdsichauchinDeutsch-
landaufdenWasserhaushaltauswirken
(vgl. S. 16). Die Wahrscheinlichkeit für
Überschwemmungenaushäufigerenund
intensiverenStarkniederschlägensteigt.
DiewinterlicheHochwassergefahrsteigt
ebenfalls,dawenigerWasseralsSchnee
gespeichertwird,sonderndirektabfließt.
DieGefahrvonExtremhochwassersteigt,
wennSchneeschmelzeundStarkregenim
Frühjahraufeinanderfallen.IndenSom-
mermonatenerhöhtsichdieWahrschein-
lichkeitvonTrockenperiodenundNied-
rigwasser.FrühzeitigeAnpassungenan
Abb. 37: Hochwassermarke
68 69
04· Zukunftsaufgaben
Die Einführung von Instrumenten zur Stärkung der Eigenverantwortung
und eine Berücksichtigung des Klima-wandels sind einige der Herausforde-rungen in den kommenden Jahren in
Deutschland und in der Europäischen Union. Es gilt, das Bewusstsein in der
Bevölkerung für die Gefahren durch Hochwasser zu stärken und Planun-
gen und Maßnahmen regelmäßig an neue wissenschaftliche Erkenntnisse
zum Klimawandel anzupassen.
Das Bundeskabinett hat am 31. August
2011 den „Aktionsplan Anpassung“ zur
DeutschenAnpassungsstrategiebeschlos-
sen.DerAktionsplanunterlegtdiedortge-
nanntenZielemitspezifischenAktivitäten
desBundesindenkommendenJahren.So
sollenzumBeispielGebäudedesBundes
zukünftigauchandieFolgendesKlima-
wandelsangepasstwerden.Dasgiltinsbe-
sonderefürdieWiderstandsfähigkeitge-
genNaturgefahrenwieetwaHochwasser.
• Siesollenflexibelsein.EsmussdieMöglichkeitbestehen,eineMaßnahmezuergänzen
odernachzusteuern.
• Siesollenrobustsein.SolltesichderKlimawandelnichtwieheuteerwartetauswirken,
solltedieMaßnahmedennochwirksamsein(noregret).
• Siesolleneffektivsein.DieausgewählteMaßnahmemussinderLagesein,dieAuswir-
kungendesKlimawandelsmöglichstdirektundwirksameinzudämmen.
• ImgünstigstenFallistdieMaßnahmesogestaltet,dasssiemehrerenZielengenügt,z.B.
derWasserwirtschaftunddemNaturschutz(winwin).
dieseEntwicklungsinderforderlich.Dazu
hatdasBundeskabinettam17.Dezember
2008die„DeutscheAnpassungsstrategie
andenKlimawandel“beschlossen.Ziel
derAnpassungsstrategieistes,dielang-
fristigen Klimafolgen für Deutschland
zubenennen,bestehendeGefahrenund
Risikenzuermittelnundtransparentzu
machen,zusensibilisieren,zuaktivieren
undEntscheidungsgrundlagenzurVerfü-
gungzustellenundVerantwortlichkeiten
festzulegen.DerAktionsplanAnpassung
[26] benennt2011konkreteMaßnahmen
fürdieBundesebene.DieseMaßnahmen
betreffenauchdieWasserwirtschaftund
denHochwasserschutz.Esistwichtig,dass
MaßnahmenderWasserwirtschaft,fürdie
schonheutelangfristiginvestiertwerden
muss,nachMöglichkeitfolgendeGrund-
sätzeerfüllen:
ErsteAnsätzezuAnpassungsmaßnahmenfindensichbereitsinderEG-Hochwas-
serrisikomanagement-RichtlinieunddenRegelungendesWHG.Sosindbeider
BewertungdesHochwasserrisikosdieKenntnissezumKlimawandeleinzubeziehen.
AlleSchrittederEG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie–Risikobewertung,
ErstellungderHochwasserkartenundErstellungderHochwasserrisikomanage-
mentpläne–sindallesechsJahrezuüberprüfen.DieseRegelmäßigkeiterlaubtes,
neueKenntnissezudenAuswirkungendesKlimawandelskontinuierlichindie
aktuellenArbeitenzumUmgangmitHochwassereinzubeziehen.
das Wasserhaushaltsgesetz zur anpassung an den klimawandel:
Abb. 38: Fallen Schneeschmelze
und Starkregen zusammen, drohen Extremhochwasser.
70 71
04· Zukunftsaufgaben
Informieren Sie sich rechtzeitig vor einem Hochwasser bei Ihrer Kommune, ob Sie in einem
Überschwemmungsgebiet leben. Prüfen Sie die Möglichkeiten Ihr Haus so zu gestalten, dass es
einem Hochwasser besser standhält, z. B. können Sie die Kellerräume abdichten, den Heizöltank
sichern oder mobile Schutzelemente kaufen. Versichern Sie sich gegen Hochwasserschäden!
Während eines Hochwassers, verfolgen Sie die aktuellen Wettermeldungen und Hochwas-
serwarnungen! Informieren Sie Mitbewohner und Nachbarn, die gerade nicht vor Ort sind.
Planen Sie Ihre Versorgung. Unter Umständen fallen die Energie- und Trinkwasserversorgung
und die Abwasserentsorgung aus. Haben Sie daher ausreichend Wasser, Lebensmittel, aber
auch Batterien im Haus.
Soweit möglich bringen Sie Ihre Kinder und hilfebedürftige Personen außerhalb des akut von
hochwasserbedrohten Gebietes in Sicherheit. Denken Sie auch an Ihre Haustiere!
Im Notfall geht Menschenrettung immer der Erhaltung von Sachwerten vor!
Sprechen Sie die Aufgabenverteilung im Ernstfall mit allen Familienmitgliedern ab, z. B. wer betä-
tigt den Hauptschalter oder die Absperrventile und wer nimmt die persönlichen Dokumente mit.
Räumen Sie gefährdete Bereiche leer! Versuchen Sie wertvolle Gegenstände – Computer und
andere technische Geräte- hoch in Regalen oder auf dem Speicher zu verstauen! Denken Sie
aber auch an persönliche Dokumente und Fotos. Parken Sie Ihr Auto um! Lagern Sie Lacke,
Farben, Pflanzenschutzmittel und andere gefährliche Chemikalien außerhalb der Bereiche,
die vom Hochwasser erreicht werden können!
Gehen Sie nicht in Ihren Keller, wenn Wasser eingedrungen ist – es besteht die Gefahr eines
Stromschlages!
Fahren Sie nicht zum Fluss oder in überflutete Bereiche. „Hochwassertourismus“ gefährdet
Ihre Sicherheit und behindert die Einsatzkräfte. Beachten Sie Absperrungen und Anweisun-
gen der Einsatzkräfte. Betreten Sie keine überfluteten Straßen und Uferbereiche! Sie können
unterspült sein!
Lassen Sie nach einem Hochwasser die beschädigte Bausubstanz prüfen. Achten Sie auf eine
sachgerechte Entsorgung verunreinigter Möbel. Verzehren Sie kein Obst und Gemüse aus
überfluteten Gebieten. Informieren Sie die Feuerwehr, wenn in Ihrem Haus Farben, Lacke
oder Heizöl ausgelaufen sind.
für rIcHtIges ver- Halten beI HocHwassergefaHr
tIpp
01
05
06
07
08
09
10
02
03
04
72 73
[a] Unter der Klimanormalperiode versteht man den Mittelwert des Zeitraumes 1961 - 1990. Dieser Mittelwert wird als Grundlage und Bezugswert für Vergleiche mit den Ergbnissen der Klimamodellie-rung zugrunde gelegt.
[b] Der Begriff Auslegungshöhe beschreibt den Wasserstand, der die Heizungsanlage überstauen kann, ohne dass die beschriebenen Schäden auftreten.
[c] Charakteristisch für die konservierende Bodenbearbeitung ist der Verzicht auf den Pflug. Stattdessen kommen Geräte zum Einsatz, die den
Boden nicht umwenden, sondern nur auflocken, z. B. Grubber. Das organische Material, etwa Ernterückstände, verbleibt bei dieser Bearbeitungs-methode an der Oberfläche oder in der oberflächen-nahen Schicht.
[d] Der Begriff Strukturgüte umfasst die Vielfältig-keit der Lebensräume, die sich unter naturnahen Bedingungen in und an Fließgewässern entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel: flache- und tiefe Bereiche, die unterschiedlich schnell durchströmt werden, Uferabbrüche, die als Rückzugsräume für Fische und andere Arten dienen oder Auen, die periodisch überflutet werden.
[01] Z. B. “LAWA – Empfehlung zur Aufstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokar-ten“ sowie „LAWA-Empfehlung zur Aufstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen“
[02] Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Kli-mawandel, beschlossen am 17.12.2008, http://www.bmu.de/klimaschutz/downloads/doc/42783.php
[03] "Klimaveränderungen und Konsequenten für die Wasserwirtschaft", Kliwa – Berichte, Heft 4, Dezember 2004
[04] UBA: Flächenverbrauch einschränken – jetzt handeln. Empfehlungen der Kommission Boden-schutz beim Umweltbundesamt, 2009 http://www.umweltbundesamt.de/boden-und- altlasten/boden/downloads/Flaechenpapier_KBU.pdf
[05] UBA: Die Erhebung eines bundesweiten Indika-tors „Bodenversiegelung“, Bodenschutz 2011
[06] T. Tittizer, F.Krebs (Hrsg.) "Ökosystemfor-schung: Der Rhein und seine Auen –eine Bilanz", Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 1996
[07] BfG – 1022 "Hochwasser – Gedanken über Ursachen aus hydrologischer Sicht", Koblenz 1996
[08] J. Rommel, "Laufentwicklung der deutschen Elbe bis Geesthacht seit ca. 1600", Aachen, Juni 2000
[09] Vgl. http://www.hochwasserinfo-koeln.de/pegel.php
[10] IKSR, "Atlas zur Überschwemmungsgefähr-dung und möglichen Schäden bei Extremhochwasser am Rhein", Koblenz 2001
[11] Mitteldeutscher Rundfunk, Stand 24.August 2010, http://www.mdr.de/nachrichten/ hochwasser2010/7562719.html
[12] "August-Hochwasser 2005 in Südbayern", Bericht von Werner Schnappauf im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz des Bayerischen Landtags am 24. November 2005, www.stmugv.bayern.de
[13] Pressemitteilung des Bundesministerium des Innern vom 06.11.2002
[14] Regierungserklärung Georg Milbradt im Sächsischen Landtag 11.09.2003
[15] "August-Hochwasser 2005 in Südbayern", Bericht von Werner Schnappauf im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz des Bayerischen Landtags am 24. November 2005, www.stmugv.bayern.de
[16] Im Internet zu finden unter: http://europa.eu/legislation_summaries/environment/civil_protection/l28146_de.htm
[17] http://ec.europa.eu/environment/water/flood_risk/consult.htm
[18] Vgl. BfN – Auenzustandsbericht, 2009 http://www.bfn.de/0324_auenzustandsbericht.html
[19] IKSR, "Hochwasservorsorge- Maßnahmen und Wirksamkeit" , Koblenz 2002
[20] LAWA – Empfehlungen zur Aufstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten
[21] Im Internet erreichbar unter www.hochwasserzentralen.de
[22] Gesamtverband der deutschen Versicherungs-wirtschaft (GdV) auf mündliche Nachfrage am 21.06.2011
[23] Vergleiche dazu die Internetseiten des GdV: http://www.gdv.de/Themen/Schadensverhuetung/NaturgewaltenElementarschaeden/inhaltsseite22828.html
[24] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32000L0060:DE:HTML
[25] „Voraus denken – elementar versichern“ Informationen der Bayerischen Staatsregierung zur Elementarschadensversicherung www.elementar-versichern.bayern.de/flyerfassung_aktuell.pdf
[26] Aktionsplan Anpassung, August 2011 http://www.bmu.de/klimaschutz/downloads/doc/47641.php
FuSSnoten
LIteRAtuRVeRZeICHnIS
Flussgebietskommissionen:• Internationale Kommission zum Schutz der
Donau: http://www.icpdr.org/flash.htm
• Internationale Kommission zum Schutz der Mosel und Saar: www.iksms-cipms.org
• Internationale Kommission zum Schutz des Rheins: http://www.iksr.org/
• Internationale Kommission zum Schutz der Elbe: http://www.ikse-mkol.org/
• Internationale Kommission zum Schutz der Oder: http://www.mkoo.pl/index.php
• Internationale Kommission zum Schutz der Maas: http://www.cipm-icbm.be
WeIteRFüHRende LInkS (AuSWAHL)
74 75
• Flussgebietsgemeinschaft Weser: http://www.fgg-weser.de/
europäische kommission: • http://ec.europa.eu/environment/water/flood_
risk/index.htm
Bundesministerien und nachgeordnete Behörden:• Bundesumweltministerium: http://www.bmu.de/
binnengewaesser/hochwasser/doc/3229.php
• Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: http://www.bmvbs.de/DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrstraeger/Wasser/wasser_node
• Umweltbundesamt: Themenseite Hochwasser: http://www.umweltbundesamt.de/wasser/ themen/hochwasser/index.htm
• Umweltbundesamt: Kompetenzzentrum Klima-folgen & Anpassung http://www.anpassung.net
• Bundesamt für Naturschutz: http://www.bfn.de/index.html
• Bundesanstalt für Gewässerkunde: http://www.bafg.de
• Bundesanstalt für Wasserbau: http://www.baw.de
Bundesländer: • Länderarbeitsgemeinschaft Wasser:
http://www.lawa.de/
Insbesondere:• LAWA - Empfehlung zur Aufstellung von Hoch-
wasserkarten: http://www.lawa.de/documents/HWGK15062010_b72.pdf
• LAWA - Empfehlungen für die Erstellung von Hochwasserrisikomanagementpläne:
http://www.lawa.de/documents/EmpfHWRMPl_25_260310_05f.pdf
• LAWA – Empfehlung: Leitlinien für einen zu-kunftsweisenden Hochwasserschutz: http://www.lawa.de/documents/Leitlinien_d59.pdf
• Baden-Württemberg: http://www.um. baden-wuerttemberg.de/servlet/is/1564/
• Bayern: http://www.stmugv.bayern.de/de/wasser/index.htm
• Berlin: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/wasser/
• Brandenburg: http://www.mlur.brandenburg.de/cms/detail.php/172770
• Bremen: http://www.umwelt.bremen.de/de/ detail.php?gsid=bremen179.c.1730.de
• Hamburg: http://www.hamburg.de/hwrm-rl/
• Hessen: http://www.hmulv.hessen.de/irj/ HMULV_Internet?cid=c42172c88d8a9e75b704e201958c01cf
• Mecklenburg-Vorpommern: http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/ Regierungsportal/de/lm/Themen/Wasser/ Hochwasserschutz/index.jsp
• Niedersachsen: http://www.umwelt. niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=2304&_psmand=10
• Nordrhein-Westfalen: http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/wasser/hochwasser/index.php
• Rheinland-Pfalz: http://www.wasser.rlp.de/ servlet/is/2026/
• Saarland: http://www.saarland.de/63449.htm
• Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/wasser/72.htm
• Sachsen-Anhalt: http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=2032
• Schleswig-Holstein: http://www.schleswig- holstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/ WasserMeer/ein_node.html
• Thüringen: http://www.thueringen.de/de/ tmlfun/themen/wasser/wasserwirtschaft/ hochwasservorsorge/
Hochwasserzentralen• http://www.hochwasserzentralen.de/
• Hochwasserschutzzentrale Köln: http://www.hochwasserinfo-koeln.de/
Zusätzliches
• Deutsches Forschungsnetz Naturkatastrophen: http://dfnk.gfz-potsdam.de/
• Deutsches Komitee Katastrophenvorsorge e.V.: http://www.dkkv.org
• RIMAX: http://www.rimax-hochwasser.de/
• Titelseite: © Shotshop.com | Erwin Wodicka | Hochwasser
• Kapitel 01: © Thinkstock | Hemera | Regen mit Blattwerk
• Kapitel 02: © RapidEye | Auto im Hochwasser
• Kapitel 03: © iStockfoto | makenoodle | gestapelte Sandsäcke
• Kapitel 04: © RS Stepanek KG / Mobiler Hochwas-serschutz
• Abb. 01: © Fotolia | Krane | Hochwasser – trotz Schäden natürliche Ereignisse
• Abb. 02: © Shutterstock.com | S.Borisov | Überschwemmte Strasse mit Litfasssäule
• Abb. 03: © publicgarden GmbH
• Abb. 04: © Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung GmbH – UFZ | Andre Künzelmann | Hochwasser geschädigtes Haus
• Abb. 05: © BMU-Broschüre: Dem Klimawandel begegnen, 2009 | Erwärmung der Erdoberfläche in °C – Szenarien
• Abb. 06: © Deutscher Wetterdienst | Modellver-gleich: Mittlere Niederschlagsmenge im Sommer
• Abb. 07: © Deutscher Wetterdienst | Mittlere Niederschlagsmenge im Winter
• Abb. 08: © LfULG /Ü berspülte Straße, Hochwasser der Gottleuba im August 2002
• Abb. 09: © publicgarden GmbH
• Abb. 10: © Generallandesarchiv Karlsruhe (1838 & 1872), Landesvermessungsamt Stuttgart (1980) | Veränderung des Rheins durch Ausbaumaßnahmen
• Abb. 11: © Fotolia / Martina Topf / Elbehochwasser in Hitzacker April 2006
• Abb. 12: © publicgarden GmbH
• Abb. 13: © publicgarden GmbH
BILdqueLLen
76 77
• Abb. 14: © iStockphoto | Mr-Eckhart | Bagger am Deich
• Abb. 15: © UBA | C. Baumgarten | Pegelmesslatte zur Bestimmung des Wasserstandes
• Abb. 16: © Sammlung M. Deutsch, Erfurt/Göttin-gen | Hochwasser-Katastrophe im Osterzgebirge im Juli 1927
• Abb. 17: © SLUB – Dresden, Deutsche Fotothek | Dresden im September 1890
• Abb. 18: © Landeshauptstadt Dresden, Umweltamt | Dresden im August 2002
• Abb. 19: © Medienstelle Anhalt - Zerbst | Schäden an kommunaler Infrastruktur
• Abb. 20: © publicgarden GmbH
• Abb. 21: © TU-Berlin | M. Zebisch | Überschwemm-te Flächen entlang der Elbe
• Abb. 22: © publicgarden GmbH
• Abb. 23: © publicgarden GmbH
• Abb. 24: © Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung GmbH - UFZ | Andre Künzelmann | Schäden durch ausgelaufenes Heizöl
• Abb. 25: © publicgarden GmbH
• Abb. 26: © Statistisches Bundesamt (eigene Berechnungen) | Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsflächen
• Abb. 27: © BGR | F. Krone | Erosionsgefährdung landwirtschaftlicher Flächen
• Abb. 28: © Photocase | zabalotta | Auenwälder Hochwasser
• Abb. 29: © Shotshop | Martina Berg | Straßenschild Hochwasser
• Abb. 30: © IKSR – Atlas der Überschwemmungsge-fährdung und möglichen Schäden bei Extrem-hochwasser am Rhein, 2001 | Darstellung der Hochwassergefährdung
• Abb. 31: © RS Stepanek KG/Mobiler Hochwasser-schutz zur Abdichtung von Türen
• Abb. 32: © publicgarden GmbH
• Abb. 33: © Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung GmbH – UFZ | Andre Künzelmann | Deichbruch
• Abb. 34: © Fotolia | Hendrik Schwartz | Häuserfront Hochwasser
• Abb. 35: © Umweltbundesamt | Flussgebietsein-heiten in Deutschland
• Abb. 36: © publicgarden GmbH
• Abb. 37: © RUBIN/Ruhr-Universität Bochum | Hochwassermarke
• Abb. 38: © iStockfoto | rzihlman | Fluss im Winter
78
Telefax: (0340) 2103 2285
E-Mail: [email protected]
Internet: www.umweltbundesamt.de
Herausgeber:
Umweltbundesamt (UBA)
Postfach 1406
06844 Dessau-Roßlau
Autoren:
Corinna Baumgarten, Eike Christiansen, Stephan Naumann, Gertrude Penn-Bressel
Jörg Rechenberg, Anne-Barbara Walter
Redaktion:
Fachgebiet II 2.1 | Corinna Baumgarten
Stand:
Oktober 2011
Gestaltung:
www.publicgarden.de
Gedruckt auf 100 % Altpapier
Impressum
umweltbundesamt
Wörlitzer Platz 1 | 06844 dessau-roßlautelefon: 0340 2103-0e-Mail: [email protected]: www.umweltbundesamt.de