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Page 1: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

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Sonne tankenAm Rio Negro in Brasilien ... S. 5

Im Tiroler Sonnendorf Virgen ... S. 7

Erde spürenAuf dem steirischen Bioweingut ... S. 10

Als Klimaflüchtling aus Kiribati ... S. 12

Luft holenBei der Analyse zu Kopenhagen ... S. 13

Lebensenergie ...••

Mit Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

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Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: [email protected] • Redaktion: Brigitte Drabeck, Hannes Höller, Johann Kandler, Petra Muerth, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser • AutorInnen: Peter Czermak, Maria Hawle, Wolfgang Mehl • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Elfriede Hecher • Druck: Kärntner Druckerei, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungs-weise: 4 mal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2010 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.

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Neu beigetretene Gemeinden: • Burgenland: Leithaprodersdorf, Strem. • Niederösterreich: Atzenbrugg, Irnfritz-Messern, Natsch-bach-Loipersbach, Neidling, Schollach, Steinakirchem a. Forst. • Oberösterreich: Bad Leonfelden, Diersbach, Dietach, Esche-nau i. Hausruckkreis, Freinberg, Gosau, Heiligenberg, Kallham, Neukirchen a. Walde, Neumarkt i. Hausruckkreis, Peuerbach, Pierbach, Rosenau a. Hengstpaß, St. Aegidi, St. Agatha, St. Ul-rich b. Steyr, Sattledt, Steinbach a. Ziehberg, Steyregg, Waldburg, Windischgarsten. • Salzburg: Rauris.

Neu beigetretene Kindergärten und Schulen:• Burgenland: HTL Pinkafeld, Kindergarten Strem. • Nieder-österreich: Don Bosco Gymnasium Unterwaltersdorf, VS Wiesel-burg. • Oberösterreich: LWBFS Burgkirchen, BHAK Gmunden, VS Gunskirchen, Agrarbildungszentrum Lambach, VS Puche-nau, HS Sarleinsbach, LFS Vöcklabruck, LWBFS Waizenkirchen, LFS Weyregg. • Steiermark: HRS Laßnitzhöhe, Kindergarten Walfersam (Kapfenberg) • Schülerhort Fridolin, Kindergarten Sternschnuppe, Kindergarten Regenbogen (alle Mürzzuschlag).

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 850 Städte und Gemeinden, rund 500 Betriebe und über 200 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.

Neu beigetretene Betriebe:• Oberösterreich: Eurothermen Resort (Therme Bad Hall – Bad Ischl – Bad Schallerbach), Baumarkt Gillhofer, Gasthaus zum Färberwirt, Kurcafé Peböck, Raiffeisenbank Region Pregarten, Sunzenauer Reisen (Bad Zell), Konditorei Café Vogl, Maier & Stel-zer (Eferding), Pfarre Krenglbach, Palfinger Produktionstechnik (Lengau), Xerox Linz Buchner (Linz), Neubaubüro, KFZ-Werkstatt Fürntratt, Ökoenergie Zauner (Pettenbach), Bammer Holzbau, Mayr Schulmöbel (Scharnstein), Stahlbau Hörmannseder (Tu-meltsham) • die OK-Hafner: Böckl (St. Georgen i.A.), Huber (Kremsmünster), Martetschläger (Vorchdorf), Plank (Oberweis), Seyrlehner (Behamberg, Enns), Holzer (Sierning), Zistler (Wai-zenkirchen). • Steiermark: Heuberger Eloxieranstalt (Graz), ecoliGhts SOLARE BELEUCHTUNG (Weißkirchen), Elektro Nauschnegg (Eibiswald), e2 group umweltengineering & TB Ing. Hammer (Fohnsdorf, Graz, Weng i. Gesäuse), Gemeinnüt-zige Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft Ennstal (Graz, Liezen), Handl Fruchtsäfte (Nestelbach), hmh Haustechnik (Stainach), Retter Seminar Hotel Restaurant (Pöllauberg). • Salzburg: Firestix Pelletswerk (Abtenau), Hausmann (Bergheim), Auto-haus Vierthaler (Bischofshofen), Palfinger (Elsbethen, Kösten-dorf, Salzburg), Landgasthof Neuwirt (Lofer), Energieinvest (Piesendorf), Funbike (Puch), Installationen Schwaiger (Saal-felden), BAZ St. Gilgen Rettet das Kind (St.Gilgen), Bioladen Wallner (Seeham), Hannak Bauzentrum, Salzburger Lehrer-haus, Stiftsbäckerei St. Peter, Ingenieurbüro Zauner (Salzburg), Prodinger & Partner, Romantikhotel (Zell am See).

Willkommen im Klimabündnis!

Neu im Klimabündnis: Seit Herbst arbei-tet Karin Biancchi in der Regionalstelle Tirol. Sonja Gamper ist nach der Babypause wieder mit dabei und neu ist Martina Abraham (v.l.).

DIE LEHREN AUS KOPENHAGEN

Eigentlich könnten wir uns freuen. Das Jahr 2009 war ein überaus erfolgreiches Jahr für das Klimabündnis Österreich: Beim europaweiten Klimaschutz-Wett-bewerb Climate Star hatten sich 444 Gemeinden und Städte aus 11 Ländern beworben. 15 Gewinner aus 7 Nationen bekamen in Melk an der Donau die Auszeichnung für Ihre Klimaschutzbemühungen.

Die Anzahl der Klimabündnis-Gemeinden hat 2009 die 800er-Grenze klar überschritten und stieg mittlerwei-le auf über 850. Damit ist jede dritte Gemeinde Ös-terreichs Mitglied im größten Klimaschutz-Netzwerk Europas.Mit unserer Best-Practice-Datenbank sammelten und analysierten wir Vorzeigeprojekte aus unseren Klima-bündnis-Gemeinden und präsentierten über „100 Wege aus der Klimakrise“.

Bei der siebten Auflage der Kindermeilen-Kampagne wurde die Welt 44mal klimafreundlich umrundet – ein neues Rekordergebnis für unsere kleinsten Klimaschützer, die für jeden umweltfreundlich zurückgelegten Schulweg eine grüne Meile bekamen.Zwei Vertreter unserer indigenen PartnerInnenorganisation der FOIRN aus dem Nordwesten Brasiliens wurden von uns auf ihrer Delegationsreise nach Europa erstmals auch durch unsere östlichen Nachbarländer Ungarn, Slowakei und Tschechien begleitet.40 weitere „kommunale Klimaschutz- und Bodenschutz-ExpertInnen“ wurden über unsere Klima- und Bodenschutzlehrgänge in den Gemeinden ausgebildet.

Klimaschutz ist in aller Munde – Kopenhagen leider auch! Deshalb hält sich die Freude in Grenzen. Das Zeitfenster, in dem wir weltweit und ernsthaft unsere Treibhausgasemissionen stark reduzieren müssen, wird jedes Jahr kleiner. In den nächsten zehn Jahren muss der Umbau unseres Wirtschaftssystems und unseres Lebensstils zu einer „low carbon“-Ära gelingen.Gerade jetzt sind Sie, als Vorreiter und Wegbereiter im Klimaschutz, gefor-dert und gefragt. Gehen Sie mit uns weiterhin mit gutem Beispiel voran und zeigen wir gemeinsam, dass wir bereit sind, großflächig in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, in die Energieeffizienz und in alternative Formen der Mobilität zu investieren. Das bringt uns weiter – und stärkt gleichzeitig auch unsere Verhandlungsposition in den folgenden Klimakonferenzen.

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Titelbild: Bgm Ruggenthaler auf dem Dach der Hauptschule der Gemeinde Virgen ...

www.klimabuendnis.at

Peter MolnarGeschäftsführer Klimabündnis Österreich

Claudia Daniel und Christiane Barth verstärken das Team in Niederösterreich. Bernhard Holzbauer widmet sich in Wien nach einem Intermezzo bei der Ökostrom AG wieder den Betrieben im Klimabündnis (v.l.).

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Mit Klimameilen auf (Post)-Kyoto-Kurs

Auch wenn Kinder und Jugendliche keinen direkten Einfluss auf die (in-

ter)nationale Klimapolitik haben, sie ver-stehen es, ohne langwierige politische Vertragsverhandlungen und gegensei-tige Schuldzuweisungen direkt die kli-mafreundliche Route in Richtung Zukunft einzuschlagen – so geschehen bei der Kindermeilen-Kampagne 2009.Unter dem Motto „Wir sammeln Klima-meilen“ stand für 38.000 österreichische SchülerInnen und Kindergartenkinder in über 300 Bildungseinrichtungen ein emissionsfreier Schulweg an erster Stel-le. Damit bewiesen die Kinder und Ju-gendlichen bereits zum 7. Mal ihre Vor-bildwirkung im Bereich klimafreundliche

Mobilität und stellten den Rekord von über 880.000 grünen Schulwegen auf. Die Vorarlberger legten einen ganz be-sonderen Sammeleifer an den Tag und waren allein für knapp die Hälfte der gesammelten „Klimameilen“ verant-wortlich, allen voran die Volksschule Tisis (13.465 Meilen). Die weiteren Sam-melmeisterInnen kommen aus Nie-derösterreich, VS Laa/Thaya, und dem Burgenland, VS Marz. Diese vorbildliche Leistung blieb auch Klimaclown „Mon-sieur Hugo“ nicht verborgen. Er reiste höchstpersönlich mit dem Fahrrad an, um die GewinnerInnen auszuzeichnen. Ausgezeichnet war auch das europä-ische Sammelergebnis von 2,8 Millionen

38.000 österreichische Kinder und Jugendliche zeigen wie‘s geht.

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2009 durfte Umweltminister Niki Berlakovich ein ganz beson-deres Weihnachtsgeschenk entgegen nehmen: Österreichische SchülerInnen überreichten das Kindermeilen-Sammel- ergebnis von 880.000 klimafreundlichen Schulwegen.

Klimameilen. Der österreichische Beitrag wurde von SchülerInnen mit dem Zug zur Klimakonferenz nach Kopenhagen transportiert, wo das Gesamtergebnis gemeinsam mit dänischen KollegInnen präsentiert wurde. Dass die Kindermeilen-Kampagne ein unverzichtbarer Beitrag zur Bewusst-seinsbildung ist, bestätigt die Evaluie-rung der TeilnehmerInnen: Sie halten bewusstseinsbildende Initiativen und Aktionen für die effektivsten Maßnah-men, um den motorisierten Individual-verkehr von und zu den Bildungseinrich-tungen zu reduzieren.

Maria Hawle | Petra MuertH

info! www.klimabuendnis.at

Der Yasuní-Regenwald in Ecuador kann zum Vorzeigeprojekt beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern werden. Dazu übergab das Klimabündnis am 3. Februar eine Unterstützungserklärung an den Botschafter von Ecuador in Wien, Diego Stacey-Moreno. Gleichzeitig fordert das Klimabündnis die EU-Staaten auf, den Vorschlag mitzutragen. Österreich hat sich bisher – im Gegensatz zu Deutsch-land, Spanien, Belgien, Frankreich und Schweden – noch nicht engagiert. Im Juni 2007 schlug die Regierung des OPEC-Mitglieds Ecuador mit Präsident Rafael Correa vor, rund 900 Millionen Barrel Erdöl, die unter dem Yasuni-Nationalpark im Nordosten des Landes erkundet wurden, im Boden zu lassen, wenn die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen durch die Weltengemeinschaft ersetzt wird. 900 Millionen Barrel entsprechen dem weltweiten Erdölbedarf von 11 Tagen. In Summe geht es um 7 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von 20 Jahren und einer Vermeidung von 410 Millionen Tonnen CO2. Der Vorschlag basiert auf bis-herigen negativen Erfahrung mit den Folgeschäden der Ölförderung für Mensch und Natur. Das Geld soll in den Erhalt von Naturschutzgebieten, den Ausbau erneuerbarer Energien und Sozialprojekte fließen. Brigitte DraBeck

Regenwald oder Erdöl für 11 Tage?

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Peter Molnar übergibt Botschafter Diego Stacey-Moreno die Unterstützungserklärung vom Klimabündnis Österreich.

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Seit 1991 unterstützt Klimabündnis Vorarlberg die Krisenregion Chocó in Kolumbien.

Chocó: Kooperation als beste Hilfe

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Es ist eines der letzten großen tro-pischen Regenwaldgebiete in einer

der artenreichsten Gegenden der Welt mit Bodenschätzen wie Edelmetalle und Erdöl. So sieht der Lebensraum des hauptsächlich von Afrokolumbi-anerInnen und Indigenen bewohnten Bundeslandes Chocó in Kolumbien aus. Eine Region, die so groß wie die Schweiz ist und so viele EinwohnerInnen (ca. 400.000) wie Vorarlberg hat. Chocó ist aber aufgrund der strategisch-geo-grafischen Lage und der Bodenschätze auch eine Aufmarschzone von Paramili-tärs, Guerilla, Militär und Polizei. Mit allen Problemen, die damit zusam-menhängen: Extreme Armut, fehlende sanitäre Anlagen, mangelhafte Gesund-heitsversorgung, prekäre Wohnverhält-nisse oder zuwenig Lehrpersonal.

„ Gewalt, Vertreibung und Mord an den UreinwohnerInnen sind allgegenwär-tig. Viele Dorfgemeinschaften wurden verdrängt und müssen auf schlechte, unfruchtbare und oft auch schwer zugängliche Gegenden ausweichen“,

so Heinz Allgäuer-Hackl vom Klimabünd-nis Vorarlberg. Nicht viel besser steht es um die Urwälder im Chocó: Bereits zu zwei Dritteln sind diese zerstört. Durch die geplante Ausdehnung der Ölpalm-plantagen für Agro-Sprit droht jetzt die völlige Vernichtung. Allgäuer-Hackl: „ Gegenwärtig verschlimmert sich die

Situation durch den zunehmenden Drogenhandel sowie die verstärkte Präsenz von Paramilitärs und den Mi-litärs, die in der Gegend angesiedelte Bergbauunternehmen sowie Ölpalm-firmen schützen.“

Bildung & ErfahrungsaustauschJe schwieriger die Lage im Chocó, desto wichtiger ist die langfristige Partner-schaft mit dem Klimabündnis Vorarlberg. Seit 19 Jahren unterstützen mittlerweile 35 Gemeinden und das Land Vorarlberg die PartnerInnen in Kolumbien. Das Kli-mabündnis Vorarlberg setzt vor allem auf die agrarökologische Bildung in den Primar- und Sekundarschulen und fördert den Austausch der Erfahrungen zwischen Bäuerinnen und Bauern in den Bereichen Kompostwirtschaft, Bienen- und Pilz-zucht, Gemüse- und Obstbau sowie der Tierzucht. „Wichtige Themen sind zudem Biogas, Wasserenergie sowie Hand- und Kunstwerk sowie Gesundheit und Kultur. Besonders erfreulich ist, dass erfolgreiche Bauern als Teilzeitberater in den Dorfge-meinschaften und Schulen ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben“, so Allgäuer-Hackl. Hannes Höller

KontaKt! kliMaBünDnis VorarlBerg

Hauptstadt Quibdó: Vertriebene Frauen in ihrem Projekt „Blumen und Medizinalpflanzen“ .Volksschule im Emberadorf Yucal an der Pazifikküste.

Das Leben am Fluss der Embera.

Große & kleine Schritte● Stop der Abwanderung. Durch das

Autonomieprojekt „Plan des Lebens“ wurde die Abwanderung stark redu-ziert: Trotz Terrors bleiben 80% der Be-völkerung in ihren Dörfern (in anderen Regionen flohen 80%).

● Gesundheit. Eröffnung des Gesund-heitszentrums „Daubarade“ für ca. 45.000 IndianerInnen

● Infrastruktur/Transport. Dank großan-gelegter Pilgerfahrt mit internationa-ler Unterstützung kann die Zivilbevöl-kerung den Fluss wieder befahren.

● Menschenrechte. Klimabündnis-Pe-tition zur Einhaltung der Menschen-rechte wurde u.a. von LH Sausgruber, Landtagsabgeordneten und Natio-nalräten unterstützt.

Offener Brief des Klimabündnis an den kolumbianischen Präsidenten

● Zentrale Anliegen in der Kooperation sind: Nahrungssicher-

heit, Kultur, Bildung und Gesundheit sowie selbstbestimmte Befreiungs-prozesse.

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Solidarität mit den indigenen Völkernzeigten MitarbeiterInnen und Stammkun-dInnen von "die umweltberatung". Insgesamt wurden 7.500,- E gesammelt und damit der Bau einer Anlage gesichert. Hubert Fragner von "die umweltberatung" NÖ: „Auf Wunsch der MitarbeiterInnen wurde auf Weihnachts-geschenke verzichtet und das Geld stattdessen für Solarstromanlagen im Amazonasgebiet gesammelt. In den acht niederösterreichischen

Info! Klimabündnis Österreich

Beratungsstellen von "die umweltberatung" gab es außerdem für KundInnen die Möglich-keit, diese Aktion zu unterstützen.“ Im Herbst fand im Rahmen des Climate Star 2009 die feierliche Überreichung der gesammelten Unterstützungen an Irineu Laureano Rodri-gues und Daniel Benjamin da Silva vom Volk der Baniwa statt.

www.umweltberatung.at

Solarstrom am Rio Negro Seit vergangenem November bezieht

das Dorf São Jorge am Rio Negro den Strom direkt von der Sonne. Die Freude der BewohnerInnen über den Beginn des neuen „Energiezeitalters“ ist groß.„Bei unseren österreichischen Partnern im Klimabündnis haben wir die Möglich-keiten der Solarenergienutzung kennen-gelernt“, berichtet Abrahão França, der Präsident der Föderation der indigenen Völker vom Rio Negro, FOIRN. „Mit ihr eröffnen sich viele Chancen für die Dör-fer, die nie an ein Stromnetz angeschlos-sen werden können.“Die Anlage musste in São Paulo gekauft und zunächst rund 5.000 km nach São Gabriel da Cachoeira transportiert wer-den. Mehrere kleine Boote brachten sie dann über die Stromschnellen des Rio Negro bis São Jorge, wo sie mit Hilfe der Bevölkerung errichtet wurde und am 18. November in Betrieb ging. Groß war die Freude der 110 DorfbewohnerInnen, als die Lichter in den Häusern angingen.

Die Energie aus der Sonne wird außer-dem für Computer, Radios und Funkge-räte genutzt. Im Namen der Bevölkerung von São Jorge danken wir den Schulen, Betrieben und Gemeinden sehr herz-lich, die mit ihren Beiträgen die Anlage ermöglicht haben, der bald weitere fol-gen werden. JoHann kanDler

Ein herzliches Dankeschön von Klimabündnis Österreich und den Partnern am Rio Negro an:Land Oberösterreich • die umweltberatung Niederösterreich • Stadtgemeinde March-trenk • Stadtgemeinde St. Johann i.P. • MEA SOLAR GmbH • Gemeinde Virgen • HBLA Ried • Stadtgemeinde Weiz • Stiftsgymnasium Sei-tenstetten • VS Scharten • Energiewerkstatt Purgstall • Fahrgast-Pro Bahn Allgäu/Tirol • und private UnterstützerInnen.Insgesamt wird damit der Bau von drei Anlagen sicher gestellt.

www.klimabuendnis.atwww.sunshine-eu.org

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Eine Anlage besteht aus 6 Modulen mit einer Gesamtleistung von 0,78 kWp. 6 Batterieeinheiten ermöglichen eine Speicherung. Aufgrund der Äquatornähe ist die Anlage horizontal angebracht. Der Stacheldraht soll freilaufende Haus- und Nutztiere von der Anlage und den Batterien fern halten.

Irineu Laureano Rodrigues, Daniel Benjamim da Silva (beide von der FOIRN), LR Stephan Pernkopf und Vertrete-rInnen von "die umweltberatung" und Klimabündnis Österreich bei der Überreichung des „Solarstrom-Schecks“.

Videofilme ergänzen jetzt den Unterricht.

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Die schönsten Blumengrüße sind fair ...

Belo Monte – Verbrechen an Mensch und Natur

„Wir brauchen nichts zum Leben von den Weißen. Die Flüsse bedeuten alles für uns, wenn sie austrocknen, sterben auch wir. Wir wollen in Frieden hier leben und wir haben ein Recht da-rauf!“ meinen die indigenen Völker Südamerikas. Die Pläne für den Bau des 11 Gigawatt-Mammutprojekts Belo Monte am Rio Xingu, einem Amzonas-Zufluss wurden wieder aufgegriffen. Belo Monte soll nach dem Dreischluchtendamm in China und Itaipú an der brasilianisch-paraguayischen Grenze das dritt-größte Wasserkraftwerk der Welt werden. Der dort ansässige österreichische Bischof Erwin Kräutler spricht sich vehement gegen den geplanten Staudamm aus: „Dieses Projekt ist ein Verbrechen an der Natur und an den Menschen.“

Hier nur einige der katastrophalen Folgen:• In der Region leben 250.000 Menschen, davon 14.000 Indi-

gene. Über 19.000 Menschen müssten umgesiedelt werden.• 400-600 km2 Land würden überschwemmt.• Die durch den Fäulnisprozess entstehenden Methangase

schaden dem Klima. Zwei Staudämme in der Größe von Belo Monte erzeugen gleich viel Emissionen wie São Paulo mit 20 Mio. EinwohnerInnen.

• Der Großteil der produzierten Energie geht in die Aluminium-produktion, die EinwohnerInnen der Region gehen leer aus.

• Über die Gesamtkosten herrscht Unsicherheit, zuletzt wurde von bis zu 11,5 Milliarden E gesprochen. (Quelle: Dreikönigsaktion)

8 www.sunshine-eu.org • www.belomonte.org/petition

Fair Flowers Zu besonderen Anlässen wie dem

Valentinstag oder Muttertag freu-en sich Frauen auf der ganzen Welt über Rosen von ihren Liebsten. Doch gerade in der kalten Jahreszeit wächst ein Großteil dieser Rosen nicht in Europa, sondern in Äquatornähe, wie etwa in Ecuador, Kenia oder Simbabwe. Denn

der Anbau im Norden ist im Winter nur unter hohem Energieaufwand für Be-heizung und Beleuchtung der Treibhäu-ser möglich. Trotz Flugtransport weisen die Rosen aus Lateinamerika oder Afrika eine bessere Klimabilanz auf.Die Blumen aus dem Süden werden al-lerdings unter katastrophalen Arbeits-bedingungen und starken Umweltbela-stungen, wie hohem Wasserverbrauch und Einsatz giftiger Pestizide, gezüchtet. Deshalb fordert FIAN, die Menschen-

rechtsorganisation für das Recht auf Nahrung, Blumen nur aus kontrollierter Produktion vom Flower Label Program (FLP) oder Fairtrade zu kaufen. Beide Gütesiegel garantieren die Einhaltung von Sozial- und Umweltkriterien. Für die Floristin Manuela Dunst aus Kaindorf in der Steiermark steht fest: „Es ist höchste Zeit, umweltgerechtes und faires Handeln auch in der Wirtschaft in den Vordergrund zu rücken. Außerdem überzeugen mich Qualität und Sortenvielfalt von FLP.“In der Kampagne „Fair Flowers – Mit Blumen für Menschenrechte“ von FIAN werden neben KonsumentInnen auch Gemeinden aufgefordert, in ihrer Beschaffung auf faire Blumen zu ach-ten und beim Floristen nach FLP oder Fairtrade zu fragen. Denn je größer die Nachfrage nach fairen Blumen ist, desto mehr Betriebe in den Ländern des Sü-dens führen menschenwürdige Arbeits-bedingungen ein. soPHie Vessel

Info! www.fian.at (Food First Informations- und AktionsNetzwerk

• Homepage mit FLP-HändlerInnenliste)

www.flowers-for-human-rights.org

Mit Blumen für Menschenrechte ...

Weltweite Abstimmung über die Zukunft unserer ErdeBoliviens Präsident Evo Morales hat gegen die Vorgangsweise der Mächtigen in Kopenhagen protestiert und zur „Weltkonfe-renz der Völker über den Klimawandel und die Rechte von Mut-ter Erde“ vom 20. bis 22. April 2010 in Cochabamba eingeladen. Weiters gibt es die Möglichkeit der Stimmabgabe bei einem weltweiten Referendum für unsere gemeinsame Zukunft: 8 www.klimabuendnis.at/abstimmung

Brigitte DraBeck

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Virgen: Ein Sonnendorf macht mobilKlimaschutz ist Teamwork – das zeigt die Gemeinde Virgen. Und dafür regnete es bereits Preise: Vom Tiroler Umweltpreis bis zum European Energy Award in Gold.

Energie und Klimaschutz waren in Vir-gen schon Anfang der 90er Jahre ein Thema. Den Startschuss bildeten das Programm „Energiebewusste Gemeinden in der Arge Alp“ von Energie Tirol und der Ein-steig in das e5-Landesprogramm. Ein Energieteam mit starker Beteiligung der lokalen Bevölkerung wurde gegrün-det. Zwischen September 1997 und Jän-ner 1998 besuchten 19 VirgerInnen 190 Haushalte. Im Rahmen der Virgener En-ergieanalyse wurden u.a. Daten zu den Gebäuden, zur Heizung und zum Ener-gieverbrauch erhoben.

Die Ergebnisse waren Grundlage für die darauffolgende Planungsphase. Die Ge-meinde selbst geht mit gutem Beispiel voran. Alle relevanten Gebäude weisen Niedrigenergiehaus-Niveau auf und werden über die Dorfwärme mit Bio-masse beheizt. Die Straßenbeleuchtung wurde zweimal erneuert – beide Male wurde die Energieeffizienz erhöht, in einigen Nachtstunden wird das Licht gänzlich abgeschaltet. Im Februar 2010 erhielt die Gemeinde Virgen den Euro-pean Energy Award in Gold und zählt damit zu den vorbildlichsten europä-ischen Energiegemeinden.

Mit Dorfwärme zur Energieautarkie Ein Erfolgsrezept in der Klimabündnis-Gemeinde liegt im Engagement und der Beteiligung der VirgerInnen. Die Dorf-wärme (Nahwärme mit Hackschnitzel) sowie die drei Kleinwasserkraftwerke wurden alle in Kooperation mit der ei-genen Bevölkerung errichtet. Ein paar Zahlen zur Erfolgsgeschichte: Der Anschlussgrad der öffentlichen Ge-bäude liegt bei 100%, jener der privaten bei 90%. Der Autarkiegrad bei kom-munalen Gebäuden beträgt 100%, bei Raumwärme und Warmwasser 56%, bei Stromanwendungen 49%.

Die Klimabündnis-Gemeinde Virgen in Osttirol lebt von der intakten Umwelt: Fast die Hälfte des Gemeindegebietes liegt im Nationalpark Hohe Tauern.

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Name: VirgenBundesland: TirolBezirk: LienzLage: Virgen liegt im nördlichen Osttirol. Mit einem Anteil von rund 42 km2 am Nationalpark Hohe Tauern steht knapp die Hälfte des Gemeindegebietes unter Naturschutz.EinwohnerInnen: 2.172Klimabündnis-Gemeinde: seit 1996Bürgermeister: Dietmar Ruggenthaler.

www.virgen.at

Zur Gemeinde

Virgen hat mit 1,9 m2/EinwohnerIn thermische Solaranlagen heute

die höchste Solardichte Tirols. Möglich machte das einerseits die besondere Lage am Südhang der Hohen Tauern, andererseits aber auch eine bewusste Initiative der Gemeinde. Sie positionierte sich selbst als Sonnendorf, erweiterte die Förderungen, errichtete gemeindeeigene Solaranlagen und erarbeitete eine Son-nenstandskartierung als Schulprojekt mit der Hauptschule. Seit letztem Jahr werden außerdem Photovoltaikanlagen gefördert – auch hier war Virgen die er-ste Gemeinde in Tirol.

Fortsetzung Seite 8

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Bgm. Dietmar Ruggenthaler über seine Eindrücke beim Besuch der

Achuar in Peru. Im Rahmen einer Klima-bündnis-Solidaritätsreise wurde eine Region besucht, die von Erdölkonzernen verwüstet wird ...

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Unterwegs mit dem Virger MobilDer Gesamtautarkiegrad der Gemeinde ist 42% – nach unten gedrückt wird die-ser Wert durch die Mobilität. 80% der VirgerInnen pendeln zu ihrem Arbeitsplatz. Gerade deshalb – wurden in diesem Bereich viele Maßnahmen umgesetzt. Eine Mobilitätszentrale samt BeraterIn, „Virgen mobil“ mit Schnuppertickets, kommunalen Fahr-plänen und Mitfahrbörse sowie Sprit-spartrainings wurden initiiert. Außer-dem wurde die Ortseinfahrt rückgebaut und verengt. Herzstück ist aber das „Vir-ger Mobil“.

Seit September 2005 ist es im Orts-gebiet unterwegs und kann von allen GemeindebürgerInnen und Gästen benutzt werden. Täglich chauffieren 20 freiwillige FahrerInnen abwechselnd Personen durch das Gemeindegebiet. Vormittags mit zwei fixen Routen und am Nachmittag auf Rufdienstbasis – je-weils für 1 Euro pro Fahrt. „Durch das Virger Mobil können viele Haushalte auf ein Zweitauto verzichten. Ältere Personen sind damit wieder mobil und knüpfen vermehrt soziale Kontakte. Und die Lebensqualität ist seither gestie-gen“, so Projektleiterin Angelika Berger. Die Bilanz 2009: 25.000 zurückgelegte km und 4.500 Beförderungen.

Ein Film über Virgener FeldflurenAuch bei der Raumordnung geht Virgen einen alternativen Weg. Wieder wird die Bevölkerung von Beginn an einge-bunden. 2,5 Hektar private und weitere Gemeindegründe wurden von Bau- in Freiland rückgewidmet – das entspricht 50 Bauplätzen. Eine Zahl, die zeigt, wie die VirgerInnen hinter den Klimaschutz-Projekten stehen: Null Einsprüche wur-den erhoben. Mit der Umwidmung wurden wichtige Grünflächen im Orts-zentrum erhalten. Wie dynamisch und lebendig sich Projekte in Virgen entwi-

Was hat dich bei dem Besuch der indigenen Partner im Erdölfördergebiet in Peru besonders beeindruckt? Mich hat die Genügsamkeit der Leute be-eindruckt, die dort leben. Gleichzeitig aber auch der Kampfgeist, mit dem sie ihren Le-bensraum erhalten wollen. Um dort sein, existieren und leben zu können. In Erinne-rung geblieben sind mir aber auch die ne-gativen Auswirkungen, Einflüsse und Spu-ren, die die westliche Welt dort hinterlässt.

Haben sich diese Erfahrungen in deinem Le-ben bzw. deiner Tätigkeit ausgewirkt? Eine Auswirkung war, dass wir auf Tro-penhölzer verzichten. Nach meinem Auf-enthalt habe ich auch Gespräche hier ge-führt, z.B. mit den Öllieferanten unserer Kläranlage. Es hat uns auch sehr bestärkt, Maßnahmen und Impulse zu setzen, um den CO2-Ausstoß in unserer Gemeinde zu senken, eben klimafreundlich zu agieren. Das betrifft aber auch mich selbst. Durch

unsere doch schwierige ÖV-Anbindung bin ich immer wieder auf das Auto angewiesen. Da möchte ich jetzt aber umsteigen auf ein Auto mit geringem Treibstoffverbrauch und sehr niedrigem CO2-Ausstoß. Da fühle ich mich persönlich verpflichtet.

Das Klimabündnis hat zum Unterschied zu anderen Umwelt/Klimaschutzinitiativen die Partnerschaft mit indigenen Völkern um weltweite Zusammenhänge in der lokalen Arbeit einfließen zu lassen. Welche Bedeu-tung hat das für die Arbeit in der Gemeinde? Direkten Kontakt zu den Indigenen haben wir in unserer Gemeinde natürlich weniger. Aber über die gemeinsame Dachorganisati-on im Klimabündnis hängen wir ja zusam-men. Solche Angebote sind wesentlich für uns, und da versuchen wir das Klimabünd-nis immer zu unterstützen. Wir haben auch einige Sonderbeschlüsse im Gemeinderat gefasst, um weitere Unterstützungen der Partnerschaft zu ermöglichen.

JoHann kanDler | anna scHwerzler

Kampf um den Regenwald ...

Das „Virger Mobil“ ist eines von 100 Best-Practice-Beispielen des Klimabündnis.

Gemeinsam mit Bgm. Ingo Appe (Ferlach) und Johann Kandler bei den Achuar.

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Alice Saverschel ist in ihrer Frei-zeit meist mit umweltfreund-lichen 1 PS unterwegs ...

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Klima-Porträt Peter CzermakKlimabündnis ÖsterreichDer gebürtige Wiener lebte lange Zeit in Steyr, OÖ. Er ist Vater von 3 Töch-tern. Seit November 2008 ist der ge-lernte Volkswirt beim Klimabündnis in Wien tätig.

Du bist beim Klimabündnis für den Fachbereich Mobilität zuständig. Wie bist du unterwegs? Ich bin von meiner Sozialisation her ein Radfahrer. Ich hab schon früh bemerkt, was für ein Unfug es ist, in einer Stadt wie Wien Auto zu fahren. Damals hat man die meisten Radfahrenden noch persön-lich gekannt. Jetzt sind es Gott sei Dank schon mehr geworden. Aber gute Radfahrbedingungen gibt es in Wien leider noch immer nicht. So wie es Auto-Hauptverkehrsstraßen gibt, bräuchte es Rad-Haupt-straßen – ein Grün- und Radstraßennetz quer durch Wien. Dies wäre in den Nebenstraßen leicht reali-sierbar. Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung nach deutschem Vorbild mit der Einführung von „Fahrradstraßen“ würde dies ebenfalls erleichtern. Fo

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Klimaschutz klingt. Peter gibt ihm seine Stimme und mit dem Akkordeon geht er besonders leicht ins Ohr...

Du hast dich den Themen Mobilität und Klimaschutz u. a. von der künstlerischen Seite genähert ... ? In den 80er Jahren spielte ich ein Lieder- und Ka-barettprogramm mit dem Titel „Die Auto-Entwöh-nungs-Show“. Nun, man könnte meinen, der Thera-pie-Effekt war nicht sehr erfolgreich. Immerhin hat sich die Autonutzung seitdem fast verdoppelt. Aber man könnte auch sagen: Wow! Der Markt ist enorm gewachsen! Ich gehe es jetzt ruhiger an und mein aktuelles Programm heißt „VERKEHRte Chansons.“

Welches Potenzial siehst du in der Verknüpfung von Kunst, Kultur und Klimaschutz?

Es ist eine gute und legitime Sache, zu schwierigen und bedrohlichen Themen auch lockere und künst-lerische Zugänge zu bieten. Mit www.klimakultur.at bietet hier das Klimabündnis den Gemeinden ein breites Angebot von unterschiedlichsten künstleri-schen Zugängen: vom Kabarett über Tanz bis zum Musikprogramm. Bei aller Bedrohlichkeit der Kli-maprognosen – die Lebensfreude darf dabei nicht auf der Strecke bleiben. Petra MuertH

kontakt! [email protected]

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ckeln, zeigt das Beispiel „Virger Feldflur“. Ausgangspunkt waren Planungen zu Grundzusammenlegungen. Nach einer vollständigen Kartierung und Analyse des Kleinklimas oder der Artenvielfalt folgten Diskussionen, Schulungen und schlussendlich ein Konzept für die Land-wirtschaft. Wege wurden saniert, ein He-ckenpflegeprogramm gestartet und die

Hauptschule Virgen drehte über dieses Projekt sogar einen eigenen Film. Eine Wanderausstellung zum Thema wurde österreichweit gezeigt.

Ein lokaler Ansatz wurde auch für die Nahversorgung gesucht und gefunden. Im Bauernladen werden jede Woche Produkte aus dem Dorf verkauft. Dazu

zählen Marmeladen, Säfte und andere Produkte, die direkt aus den Virger Feld-fluren kommen. Versorgt werden damit auch Veranstaltungen der Gemeinde.

Ausgezeichnete Gemeinde zeichnet ausNeben dem Tiroler Umweltpreis und dem European Energy Award wurde Virgen für das Engagement im Kli-maschutz noch mit drei Mobilitätsster-nen, dem Climate Star und dem Öster-reichischen Klimaschutzgemeinde-Preis geehrt. Die Klimabündnis-Gemeinde setzt ebenfalls auf den Anreiz von Auszeichnungen. VirgerInnen werden zu zahlreichen Anlässen ausgezeich-net und geehrt: Zum Beispiel bei jeder runden m2-Zahl an Solaranlagen, für besonderes Energie-Engagement oder für Fahrgemeinschaften.Das Sonnendorf Virgen ist übrigens die einzige Gemeinde in den Tälern Osttirols mit steigender Bevölkerungszahl.

Hannes Höller

Info! www.virgen.at

Die Virgener Energie-Team bei der Überreichung des European Energy Award in Gold. Links: Bruno Oberhuber (Energie Tirol). Vorne mit Urkunden: Bgm. Ruggenthaler und Bgm.Stv. Rosa Bacher.

Page 10: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

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Das Bioweingut Knaus in der Steiermark hat sich ganz auf den Genuss eingelassen.

Wenn das Leben zurückkommt ...

K limaschutz kann man hören, rie-chen und schmecken. Otto Knaus

erlebt das bei seiner täglichen Arbeit. Vor zehn Jahren hat er sein Weingut in Sulztal an der Weinstraße bei Gamlitz auf biologischen Anbau umgestellt.

„Von Jahr zu Jahr musste ich mehr Fun-gizide spritzen und der Krankheitsdruck der Pflanzen stieg an – nur viel Ertrag bringt nichts“, zog er einen Schluss-strich. Geändert hat sich auf seinen 10 Hektar seither einiges – nicht nur zum Besseren: Der Ertrag hat sich halbiert und der Arbeitseinsatz ist gestiegen. Außerdem musste er einen neuen Kun-denstock aufbauen. „Es lohnte sich dennoch. Wir produzieren jetzt einen individuellen Wein, den man bewusst trinken und genießen kann. Er ist ganz einfach etwas Besonderes.“ War Knaus noch ein Pionier, stiegen in den letzten Jahren immer mehr seiner KollegInnen in der Steiermark um.

„In den letzten beiden Jahren hat sich der Anteil der Bio-Weinbaufläche auf 200 Hektar verdoppelt“, so Knaus, der auch Fachgruppenleiter für Bioweinbau in der Steiermark ist.

Den Klimawandel beobachtenBio-Weinstöcke sind robust. Und trotz-dem geht auch an ihnen der Klimawan-del nicht spurlos vorüber. Otto Knaus beobachtet die Veränderung und rea-giert darauf. „Welschriesling haben wir immer als letzte Sorte geerntet – jetzt kommt er oft schon als erster dran. Auf den Chardon-nay wiederum muss ich seit einigen Jah-ren immer genauer aufpassen - er hat

In der klassischen Weißweingegend werden jetzt auch Rotwein-Reben gepflanzt. Die Spaten-Probe ...

Ausgezeichnete Klimabündnis-Betriebe. Bio-Winzer Otto Knaus wurde im November 2009 in Graz als einer von 16 Betrieben in der Steiermark ausgezeichnet. In Oberösterreich erhielten gleich acht Hafner-Betriebe das Zer-tifikat – in Salzburg 15 weitere Betriebe. Die Zahl der Klimabündnis-Betriebe steigt konti-nuierlich: 2009 kamen 76 weitere dazu. 8 www.klimabuendnis.at

Otto Knaus (2.v.r.) bei der Auszeichnung zum Klimabündnis-Betrieb mit Andrea Gössinger-Wieser, Gerhard Rupp (l., beide Land Steier-mark) und Peter Molnar (2.v.l, Klimabündnis).

Page 11: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

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Das Private Oberstufenrealgymnasi-um (PORG) Volders wurde bei der

WHO-Ministerkonferenz für Umwelt und Gesundheit mit einem CEHAPE-Award für seine Aktivitäten und Maß-nahmen im Bereich „klimafreundliche Mobilität“ ausgezeichnet. Die Klimabündnis-Schule punktete da-bei vor allem mit der „Gehzeug-Aktion“. Die Schule organisierte eine Demons-tration gegen die Transitbelastung in der Region. Mit den „Gehzeugen“ – ei-ner vom Experten für sanfte Mobilität, Prof. Hermann Knoflacher, entwickelten Holzkonstruktion, die den enormen Platzbedarf eines Autos aufzeigt – gin-gen 25 SchülerInnen mit ihren Lehre-rInnen durch die Straßen und sorgten für großes mediales Echo.

Umdenkprozess eingeleitetDie SchülerInnen des PORG Volders setzten sich im Vorfeld der Demonstrati-on näher mit den gesundheitlichen Kon-sequenzen des Transitverkehrs auseinan-der. ÄrztInnen wurden eingeladen und gemeinsam wurde über Auswirkungen und Lösungsansätze – wie Geschwindig-keitsbegrenzungen – diskutiert. Ein Fra-gebogen wurde erstellt und Workshops wurden abgehalten. Durch die hohe An-zahl von Medienberichten wurde auch die Öffentlichkeit informiert und für das

Thema sensibilisiert. Aber auch an der Schule selbst setzte ein Umdenkprozess ein. Immer mehr SchülerInnen und Leh-rerInnen stiegen auf klimafreundliche Fortbewegungsmittel um. Bester Indika-tor: Die Radabstallanlage wurde zu klein. Die Klimabündnis-Schule beteiligte sich am klima:aktiv mobil Aktions- und Be-ratungsprogramm „Mobilitätsmanage-ment für Kinder, Eltern und Schulen“ und wurde im Zuge dessen bereits als klima:aktiv mobil Partner ausgezeichnet.

Hannes Höller

info! Klimabündnis Tirol

mit dem geänderten Klima große Pro-bleme. Die Vegetationszeiten haben sich zudem in den letzten 20 Jahren um gut drei Wochen nach vorne verschoben.“ Der Klimawandel wirkt sich in der ganzen Region aus. Über Jahrhunderte war es eine klassische Weißweinge-gend – immer öfter werden jetzt auch Rotweine angebaut.

Der Klimabündnis-Betrieb setzt neben biologischen Lebensmitteln auch auf umfassende Klimaschutz-Maßnahmen: Wärmedämmung, Erneuerung der Fen-ster, Einbau einer Hackschnitzelheizung, eine Pflanzenkläranlage und die Um-stellung auf Eigenwasserversorgung sind bereits erfolgt. Geplant ist zudem eine Photovoltaikanlage.

Am Weinberg kehrte seit der Umstel-lung auf Biolandbau das Leben wieder zurück. Im Boden wimmelt es von Mari-enkäfern, Spinnen und Ohrenschlürfern. Otto Knaus: „Man hört die Grillen wie-der, man riecht die Gräser wieder und man sieht den Blütenstaub fliegen. Es tut sich ganz einfach wieder etwas – und man schmeckt den Unterschied.“

Hannes Höller

info! www.biowein-knaus.at

... die Genuss-Probe.

Tiroler Klimabündnis-Schule wurde bei WHO-Minister-konferenz für Umwelt und Gesundheit geehrt.

Großer Preis für PORG Volders

Der Generalsekretär des Lebensministeriums, Reinhard Mang, gratulierte Franz Leeb, Direktor des Porg Volders, (r.)

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PORG Volders:Kleine Schritte für eine große Zukunft ...

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klima & wetter • News aus den Archiven

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Das wärmste Jahrzehnt • Für die Jahre 2000 bis 2009 hat die NASA die Entwick-lung der globalen Oberflächentempera-turen analysiert. Dabei wurden die Werte von Wetterstationen mit Satellitendaten kombiniert. Das Ergebnis war eindeutig: Seit Beginn der Aufzeichnungen wurden die höchsten Werte gemessen. Besonders auffällig ist dabei die Erwärmung der Arktis

Nationale Winter-Bilanz 2009/2010 • In Österreich war der Winter zu kalt. Die bundesweite Mitteltemperatur lag etwa 1° C unter dem 30-jährigen Mittel von 1971-2000. Auf den Bergen erwies sich der Win-ter 2009/2010 sogar als der kälteste seit 1980/1981, steht aber in der 159-jährigen Temperaturreihe nur auf Platz 34. In Wien wurden mehr als doppelt so viele Eistage gezählt als im vieljährigen Mittel. Bei Eis-tagen steigt die Temperatur auch tagsüber nicht über den Gefrierpunkt. Von West bis Ost wurden im Durchschnitt 65% mehr Eistage registriert. Am relativ wärmsten er-wies sich der südliche Teil Österreichs. Von der Südsteiermark bis in die Täler Oberkärn-tens wurden der Jahreszeit entsprechende Temperaturen gemessen.8 www.zamg.ac.atcHristian salMHofer | anDreas strasser

(siehe Grafik). 2009 gehört zu den vier wärmsten Jahren seit Beginn der globalen Temperaturaufzeich-nungen. In der südlichen Hemi-sphäre wurden seit Einführung der modernen Aufzeichnungen im Jahr 1880 noch nie so hohe Tempe-raturen wie 2009 gemessen.8www.giss.nasa.gov/ research/news/20100121

Raschere Temperaturerhöhung im hohen Norden.

Klimaflüchtlinge

Pelenise Alofa Piliati aus Kiribati war im Herbst als Klimazeugin in Österreich.Wie stark und wie rasch der Meeres-

spiegel aufgrund der Erderwär-mung ansteigen wird, darüber scheiden sich die Geister. Sicher ist, er wird steigen.Die Tatsache, dass in Italien seit Jahren an einem Deichprojekt zur Rettung Ve-

nedigs gearbeitet wird und auch die Nie-derlande mit großem technischen Auf-wand Vorkehrungen treffen, zeigt, dass das Problem sehr ernst genommen wird. Doch viele bedrohte Gebiete können sich nicht anpassen. Besonders betroffen sind die kleinen Inselstaaten im Pazi-fik (AOSIS). Als eine der VertreterInnen war Pelenise Alofa Piliati aus Kiribati im Vorfeld des Gipfels in Kopenhagen als Klimazeugin auf Tour durch Europa. Mit beeindruckenden Bildern zeigte sie die Probleme ihrer Welt. „Eindringendes Salz-wasser verunreinigt Trinkwasserreserven, lässt Palmen umstürzen – bedroht das

sensible Ökosystem der Inseln und Atolle. Wird der Klimawandel nicht auf ein er-trägliches Maß gebremst“, so die Klima-zeugin, „bleibt nur die Flucht“. Doch auch die ist problematisch: In den Nachbarstaaten Australien und Neu-seeland ist die Anerkennung des Flücht-lingsstatus der Inselvölker noch nicht ausdiskutiert. Um auf die Probleme der Inselstaaten aufmerksam zu ma-chen, und darauf, dass die Zeit drängt, verlegte der Präsident der Malediven, Mohammed Nasheed, kurzer Hand eine Kabinettsitzung auf den Meeresgrund.

salMHofer | strasser

Info! Klimabündnis Kärnten

Hilferuf: Unter-Wasser-Kabinettssitzung auf den Malediven im Oktober 2009.

Der Klimawandel zwingt viele Menschen bereits jetzt dazu, ihre Flucht zu planen.

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Das Jahr 2009: Global zu warm, lokal zu kalt • Der Win-ter 2009/2010 fiel in großen Tei-len von Nordamerika, Europa und Asien zu kalt aus. Im Zentral- und Ostpazifik und in großen Teilen

der Arktis sowie Grönland war es hinge-gen zu warm. Der Osten der USA erlebte einen sehr strengen Winter, der Westen wunderte sich über den sehr mildes Wet-ter. In Vancouver ging dadurch fast die Olympiade baden. In Summe war der Winter auf der Nord-halbkugel wieder einer der wärmsten seit es Aufzeichnungen gibt. Schnee-Rekorde in

Europa und zugleich weltweit hohe Tempe-raturen schließen sich also nicht aus. Der Januar 2010 war auf der südlichen Erdhalb-kugel der bislang wärmste überhaupt. Die unterschiedlichen lokalen Wettersysteme wie der El Niño sind nicht vom Menschen beeinflusst, sie gehören zum unberechen-baren natürlichen Chaos.

Schon wenige Zentimeter genügen ... eindringendes Salzwasser lässt Palmen stürzen.

Page 13: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

13klimapolitik

Das IPCC sammelt und bewertet seit 1988 im Auftrag der UNO die aktuellen

Forschungsergebnisse zum Klimawandel. Die zusammengestellten Ergebnisse zur Weltklimalage sind als vorsichtig formu-lierte Kompromisse zwischen Wissenschaft und politischen Interessen zu interpretieren.So definiert das IPCC die „erträgliche Gren-ze“ der globalen Erwärmung bei 2 Grad. Die wird bei einer Treibhausgaskonzen-tration von 450 ppm CO2-Äquivalenten in der Atmosphäre erreicht. Dieses Ziel ist laut IPCC nur bei einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 50% bis 2050 erreichbar. Viele ForscherInnen gehen aber davon aus, dass eine Reduktion der Treibh-ausgase um 80% nötig wäre, um das Welt-klima nicht kippen zu lassen. Bei der Abstimmung von tausenden Wis-senschaftern, die beim IPCC mitarbeiten, kann es auch zu Fehlern kommen. Im vierten Weltklimabericht stand, dass die Gletscher im Himalaja bereits bis 2035 ver-schwinden werden. Das wird erst 2350 Reali-tät sein. Diesen peinlichen Fehler haben aber nicht die Klimaforscher aus dem Bereich Ge-ophysik gemacht, sondern ExpertInnen der zweiten Arbeitsgruppe. Diese beschäftigte sich mit den Auswirkungen des Klimawan-dels. Wie sich ein derartiger Fehler einschlei-chen konnte, sorgte weltweit für Diskussi-onen. Nun muss die interne Abstimmung der drei Arbeitsgruppen Geophysik, Auswir-kungen und Anpassung verbessert werden. Schlampigkeitsfehler ändern aber nichts an den vielfach abgesicherten Gesamtaus-sagen über den Klimawandel. Anstatt eine Grundsatzdebatte über den vom Menschen verursachten Treibhauseffekt und dessen ge-fährliche Folgen zu führen, wäre aber eine Befreiung des IPCC von laufender politischer Einflussnahme dringend nötig.

wolfgang MeHl

Fakten und Hintergrund zur aktuellen Kritik am IPCC

Ist der Zug nun abgefahren? 5 nach 12 wartet nur noch die U-Bahn ...

Eine Chance im Scheitern?„Klimagipfelstürmer“ Wolfgang Mehl über Kopenhagen und kommende Gipfelereignisse ...

W e have lost!“, waren die Worte eines afrikanischen Delegierten,

der während der Schlussphase Prä-sident Obamas Pressekonferenz ver-folgte. Bei der größten Klimakonferenz aller Zeiten haben alle verloren. Vor allem die ärmsten Länder dieser Erde. Sie sind am schwersten vom Klimawan-del betroffen.Das Kopenhagener Klimaschutzabkom-men ist eine vage politische Deklarati-on ohne konkrete Ziele und Verpflich-tungen. Ihre Reduktionsziele bis 2020 dürfen sich die Industriestaaten mehr oder minder selber aussuchen. Das Gesamtziel „minus 80 Prozent Treib-hausgasemissionen“ für die Indus-triestaaten bis 2050 ist völlig aus dem „Copenhagen Accord“ entfernt worden. Der Waldschutz („REDD“) und viele wei-tere wichtige Fragen wurden vertagt.Den Entwicklungsländern wurden le-diglich 30 Milliarden Dollar Soforthilfe für die Jahre 2010 bis 2012 und 100 Milli-arden pro Jahr ab 2020 für Klimaschutz und Klimawandelanpassung zugesagt.Auch das organisatorische Chaos hat zum Scheitern beigetragen. Viele Teil-nehmerInnen mussten acht Stunden und mehr in der Kälte auf ihren Einlass warten und an den Schlusstagen wurde der Zugang für die „Observer Organisa-tionen“ auf 300 reduziert.

Nach KopenhagenAber im Scheitern besteht auch eine Chance für eine klimapolitische Neu-besinnung. Ein schwaches Kopenhagen-Abkommen hätte die internationale Klimapolitik bis 2020 gebunden. So kann man aus Fehlern lernen und neue Ansätze einbringen.Derzeit ist man aber noch mit Aufräum-arbeiten beschäftigt. UN-Klimachef Yvo de Boer ist zurückgetreten. Der Weltkli-marat IPCC geriet aufgrund mangelnder Kontrollen in die Schlagzeilen.Nach einer Zwischenkonferenz im Juni in Bonn ist im November Mexiko Gast-geber für die 16. Vertragsstaatenkonfe-renz. Das Schwellenland könnte eine Mittlerrolle zwischen Industrie- und Entwicklungsländern übernehmen.Österreichs Möglichkeiten in diesem Prozess als kleines Land mit vorbildlicher Klimapolitik Initiativen zu setzen, sind leider gering. Die massive Verfehlung der Kyoto-Ziele und das aktuelle Ran-king im jährlichen Klimaschutz-Index von Germanwatch – Platz 42 in der Liste der weltweit 57 größten Verursacher von Treibhausgasemissionen (siehe Seite 14) – lässt wenig Spielraum.

wolfgang MeHl

Info! www.klimabuendnis.at klimabuendnis.wordpress.com

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Page 14: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

14 klimapolitik

Nachzügler Österreich?

Andreas Drack ist Mitar-beiter der Oö. Akademie für Umwelt und Natur. Drack ist außerdem Ge-meinderat, Mitglied im Beirat von Klimabündnis Österreich und u.a. ge-meinsamer Länderver-treter zum Arbeitsbereich

Klimaschutz, Kovorsitzender des Kyoto-Forums und Klimaschutzbeauftragter des Landes OÖ. Im Alltagsverkehr legt er als Radfahrer jährlich ca. 8.000 km zurück! KontaKt: [email protected]

Zur Person

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Das Kyoto-Ziel rückt immer weiter in die Ferne und im jährlichen Klimaschutz-Index von Germanwatch liegen wir auch weit hinten. Sind wir wirklich so schlecht?Der umfassendere Klimaschutz-Index von Germanwatch ist ein besseres Maß als die alleinige Fokussierung auf die Kyoto-Zielerreichung. Hier punkten wir im Ländervergleich bei den erreichten Standards, z.B. Erneuerbare sowie Ge-bäude. Bezüglich Kyoto-Zielerreichung gibt es zwei große Emissionsbeiträge, welche man bei der Festlegung der Ziele nicht beachtet hatte: den preisbedingten Treibstoffexport („Tanktourismus“) – laut Berechnungen des Umweltbundesamts ca. 30% der Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich – sowie die Zunahme

der Produktion in der Industrie. Bezüglich der Industrie sieht man die Grenzen einer fairen Betrachtung: Denn pro Tonne Stahl liegt Ös-terreich hervorragend. Im Europavergleich hat Linz den effizientesten Hochofen. Eine Pro-duktionsverlagerung würde zwar die Klima-

bilanz in Österreich verbessern, global aber verschlechtern.Hier gibt es über die EU-Zuteilung der Emissionszeritfikate ab 2013 eine etwas verbesserte Situation.

Inwiefern können Klimabündnis-Partner hier einen Beitrag leisten?Alle Gebietskörperschaften müssen ihreBeiträge zum Klimaschutz leisten. Die Kommunen sind aber von ihrer Wirkung her beschränkt und von den Rahmenbe-dingungen von EU, Bund und Ländern abhängig. Wenn aber viele Gemeinden, viele kleine Schritte tun, wird das dem Weltklima enorm nützen. Gemeinden müssten Klimaschutz noch mehr in ihren Zuständigkeiten, insbesondere Raumordnung und -planung berück-sichtigen, indem etwa die Nähe zum öf-fentlichen Verkehrsmittel bedacht wird.

Wo liegen unsere größten Schwächen?Klimaschutz muss Chefsache sein und der Mut bei der Umsetzung gesteigert werden. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass mit gesetzlichen Maßnahmen mehr zu erreichen ist. Und als Rahmenbedingung muss Klimaschutz zwischen EU, Bund und Ländern besser synchronisiert werden.

Sind wir „Klimaschutz-Muffel“?Die Dichte an Solaranlagen und Pas-sivhäusern bei uns ist ein Beleg für die große Aufgeschlossenheit der Bevöl-kerung. Wenn man aber zum nötigen Durchbruch bei Klimaschutz-Techno-logien kommen will, muss man einen

Andreas Drack im klimabündni-Gespräch über unser eher bescheidenes Abschneiden in Klimaschutz-rankings ...

Megatrend setzen, der auch durch ver-pflichtende Vorgaben Impulse erhält. Hier erwarte ich eher durch Energiekri-sen als den Klimawandel einen Durch-bruch. Energieautarkie spricht die Be-völkerung mehr an.

Was ist zu tun? Womit könnten wir punk-ten, um unseren Index-Platz zu verbessern?Die EU übernimmt in der Periode 2013-2020 die Verantwortung für Großemit-tenten. Energieversorger, Industrie und Flugverkehr werden sich dann an EU-Einsparungsziele halten müssen. Die nationale Ebene wird insbesondere in den Bereichen Bodenverkehr und Raum-wärme gefordert sein.Da stellt die rasche energetische Sanie-rung des zwischen 1945 und 1980 errichte-ten Gebäudebestands die zentrale Heraus-forderung dar. Wobei Wohnbauförderung, Bundesprogramme, steuerliche Absetzbar-keit und Rahmenbedingungen der Wohn-rechtsgesetze aufeinander abgestimmt zusammenwirken müssen. Im Wohnbau wie im Verkehr ist das Steuerwesen eine wichtige Unterstützung.Wichtig wäre eine Art „Differenzsteuer“, die immer stärkere Schwankungen der Energiepreise ausgleicht. Eine konstante und moderate Steigerung der Energie-preise weist den Weg und gibt Sicher-heit. Die daraus entstehenden variablen, aber verlässlichen Erlöse setzen Impulse für Investitionen in grüne Technologien.

cHristian salMHofer | anDreas strasser

Nachruf. Betroffen haben wir vor Druck-legung dieser Ausgabe vom plötzlichen Ab-leben von Toni Kübler erfahren, der von 1991 bis 1994 Geschäftsführer der Österreichischen Klimabündnis-Koordination mit Sitz in Villach war und das Klimabündnis gewissermaßen auf die Beine gestellt hat.

Klimabündnis Österreich

Toni Kübler 1993 auf Österreich-Tournee mit den ersten Gästen aus Amazonien: Marcinda Miranda da Silva/Desana und Brás França/Baré ...

Klimaschutz-Index 2010 für die EU-Länder. 42. Platz unter 57 Staaten. Mehr Details unter www.germanwatch.org

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Page 15: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2010

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Einfach anders lebenWir stehen an einem Scheideweg, an dem unser Herz gefragt und unser Kopf gefordert ist. Nötige Veränderungen betreffen unsere Art zu wirtschaf-ten ebenso wie unser individuelles Handeln. Wir brauchen eine neue Kultur der Nachhaltigkeit. Was im Einzelnen dafür getan werden muss, beschreibt der Bericht „Zur Lage der Welt 2010“.

Worldwatch Institute (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung und GermanwatchZur Lage der Welt 2010Einfach besser leben Nachhaltigkeit als neuer Lebensstiloekom Verlag, München 2010 • www.oekom.de 316 Seiten, € 19,90 • isbn 978-3-86581-202-5

Verschwinden ... Steigende Energiepreise werden unsere gesamte Wirtschaft fundamental verändern. Jeff Rubin, einer der wichtigsten amerikanischen Energie-Experten sieht eine Renaissance des Heimischen – die Dinge vor Ort werden wieder wertvoll und konkurrenzfähig.

Jeff RubinWarum die Welt immer kleiner wirdÖl und das Ende der GlobalisierungVerlag Hanser Wirtschaft, München 2010288 Seiten, € 18,90 • isbn 978-3446419551

Hinters Licht geführtLobbyisten werden nicht müde, die umstrittene Tech-nologie als probates Mittel gegen die Erderwärmung zu preisen. Wer soll das verstehen? Der Band „Mythen der Atomkraft“ liefert das überfällige, atomkritische Know-how zur Debatte, zeigt Alternativen auf und entlarvt die Atomenergie als das, was sie ist: eine unverantwort-liche und teure Risikotechnologie.

Gerd Rosenkranz Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.)Mythen der AtomkraftWie uns die Energielobby hinters Licht führtquergedacht Band 1oekom verlag, München 2010. 96 Seiten, € 8,95 • isbn 978-3-86581-198-1

AusgefahrenVom Virus Auto ist alles durchdrungen. Sobald ein Mensch ins Auto steigt, verändert sich sein Wesen. Eine provozierende und faszinierende Abrechnung mit dem Virus von einem großen Verkehrsplaner, der zugleich auch UN-Vertreter der Fußgänger dieser Welt ist ...

Herman KnoflacherVirus Auto Die Geschichte einer ZerstörungCarl Ueberreuter Verlag Verlag, Wien 2009 200 Seiten, € 12,95 • isbn 978-3-440-11926-6

Klimabündnis-Lehrgänge„Green Jobs“ sind als Schlagwort in aller Munde. Das Klimabündnis ist stark mitbeteiligt, dass die beruflichen Anforderungen für zukunftsfähige Lö-sungen im Gemeindebereich vermittelt werden. In mittlerweile drei Lehrgängen werden gemeinsam mit "die umweltberatung" österreichweit Ausbil-dungen zum „Kommunalen Klimaschutzbeauf-tragten“, „Kommunalen Bodenschutzbeauftrag-ten“ und „Kommunalen Mobilitätsbeauftragten“ angeboten. Die solchermaßen weitergebildeten GemeindemitarbeiterInnen, GemeinderätInnen oder AktivbürgerInnen erhalten in diesen Lehr-

gängen in 3 x 2 (bzw. 2 x 2) Tagen in komprimierter Form ein Rüstzeug für aktives Handeln in klimare-levanten Angelegenheiten in der Gemeinde. Top-ExpertInnen stehen für diese Lehrgänge zur Verfügung, die in Kooperation mit Lebensministe-rium, Umweltbundesamt und Wirtschaftskammer durchgeführt werden. Unter der Leitung der Kli-maforscherin Helga Kromp-Kolb bekommen die TeilnehmerInnen beim Klimaschutz-Lehrgang Einblicke und Kenntnisse u.a. zu den Themen-feldern Energieeffizienz, erneuerbare Energie, Mo-bilität, internationale und nationale Klimapolitik,

Kommunikationsstrategien. Gerlind Weber von der BOKU hat die fachliche Patenschaft für den Bodenmanagement-Lehrgang mit den Schwer-punkten Raumplanung, Flächenwidmung und Hochwasserschutz. Gemeindebezogene Projektar-beiten sorgen dafür, dass die TeilnehmerInnen das erworbene Wissen gleich aktiv in ihrer Gemeinde umsetzen können.

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InFo: www.umweltberatung.at www.klimabuendnis.at

Bildung für nachhaltiges Management in der Gemeinde

● KlimaschutzIn drei Modulen werden in Wien und NÖ Grundlagen der nationalen und internatio-nalen Klimapolitik vermittelt und Möglich-keiten, Maßnahmen und Projekte in und für Gemeinden präsentiert und analysiert. Termine: 22. + 23.09.2010, 24. + 25.11.2010, 23. + 24.02.2011InFo: [email protected]

● BodenmanagementDer Lehrgang in NÖ und OÖ zeigt Hand-lungsfelder, Maßnahmen und Projekte für Bodenschutz in Gemeinden auf. Die Themen reichen von Flächenwidmungen, Siedlungs-erweiterungen bis zu Hochwasserschutz. Termine: 17.+18.06.2010 und 14.+15.10.2010InFo: [email protected]

● MobilitätMobilitätsbeauftragte sind eine Schnittstel-le zu Information, Organisation und Moti-vation für klimaschonende Mobilität in der Gemeinde. Der Lehrgang in NÖ gibt das beste Werkzeug für eine Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Termine: 11.+12.05.2010, 14.-15.06.2010InFo: [email protected]

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