Die Inzidenz von Harnblasenentleerungs-und Erektionsstörungen
nach Rektum-Operationen
ProstataZentrum Nordwest I Möllenweg 22 I 48599 Gronau, Tel. +49 (0) 2562 915-2100 - Fax +49 (0) 2562 915-2105
Einleitung
Funktionelle Harnblasenentleerungsstörungen nach Rektumoperationen
werden häufig beobachtet und dennoch in der Fachliteratur wenig
thematisiert.
Das Ausmaß einer postoperativen Blasenfunktionsstörung ist neben der
Ausprägung und Lokalisation der Nervenschädigung auch von einer
perivesikalen Entzündung oder einer Lageveränderung der Harnblase nach
Rektumoperation abhängig.
Funktionelle Harnblasenentleerungsstörungen nach Rektumoperationen
wurden in der Literatur bei 0 bis 41% beschrieben. (1,2)
Einleitung
Erektile Funktionsstörungen sind häufig unterschätzte Komplikationen nach operativen Eingriffen am Rektum, die zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen können.
Ein wesentlicher Faktor zur Vermeidung derartiger Funktionsstörungen ist die Schonung der autonomen Beckennerven.
Erektile Funktionsstörungen nach Rektumoperationen wurden in Literatur in 13-74% der Fälle beobachtet.(1,2,6,7)
Innervation der unteren Harnwege
+M3
Nervus pelvicus(parasympathisch) ACh
+NNervus pudendus
(somatisch) ACh
-3
+1 Nervus hypogastricus
(sympathisch) NA
Ziele der Studie
Das Ziel dieser Studie ist, die Inzidenz und Form der Harnblasen-
entleerungsstörungen nach Rektumoperationen zu evaluieren.
Es wurde der Einfluss von verschiedenen operativen Technikenund/oder von der Radiochemotherapie auf die Ausprägung vonfunktionellen Harnblasenentleerungsstörungen untersucht.
Der Umfang der postoperativen urologischer Nachsorge wurdeuntersucht.
Die Wertigkeit von postoperativen Komplikationen wurde erstellt.
Patienten und Methoden
536 Patienten wurden im Zeitraum 2000-2004 an der chirurgischen Universitätsklinik Erlangen wegen eines Rektumkarzinoms operiert.
Die Patienten mit einem Tumorrezidiv sowie die bisher verstorbenen Patienten wurden aus der Studie ausgenommen (140).
Alle Patienten wurden retrospektiv mittels standardisierten Fragebögen zu Ihrer prä- und postoperativen Harnblasenfunktion befragt.
Bei einer Rücklaufquote von 70.2% konnten endgültig 278 Fragebögen ausgewertet werden.
Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Statistikprogrammes SPSS. Die univariate Analyse erfolgte mit dem Chi-Quadrat-Test und dem U-Test (Mann-Whitney-Test).
Alle männlichen Patienten wurden retrospektiv mittels standardisierten
Fragebögen (IIEF) zu Ihrer prä- und postoperativen Sexualfunktion befragt.
145 Fragebögen konnten ausgewertet werden.
Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Statistikprogrammes
SPSS.
Die univariate Analyse erfolgte mit dem Chi-Quadrat-Test und dem U-Test
(Mann-Whitney-Test).
Patienten und Methoden
Ergebnisse I
Unser Patientenkollektiv bestand aus 167 (60.1%) Männern und 111 (39.9%) Frauen
Eingeschränkte Lebensqualität: n=165 59.6%
Urologische Diagnostik oder Therapie: n=35 12.6%
Komplikationen: n=63 25.5%Wundheilungsstörungen n=37 (13.3%)Thrombose n=12 (4.4%)Fistel n=10 (3.6%)Embolie n=4 (1.4%)
Ergebnisse II
Urge (Drang) Inkontinenz:
Imperativer Harndrang:Präoperativ: 11 von 278 (4.0%) Postoperativ: 55 von 278 (19.8%)
Pollakisurie:Präoperativ: 25 von 278 (9.0%) Postoperativ: 73 von 278 (26.3%)
Nykturie:Präoperativ: 129 von 278 (46.4%) Postoperativ: 176 von 278 (63.3%)
Ergebnisse IIIBelatungsinkontinenz:
Grad I:Präoperativ: 25 von 278 (9.0%) Postoperativ: 47 von 278 (16.9%)
Grad II:Präoperativ: 5 von 278 (1.8%) Postoperativ: 21 von 278 (7.6%)
Grad III:Präoperativ: 2 von 278 (0.7%) Postoperativ: 16 von 278 (5.8%)
Grad I: Urinverlust bei Husten, Niessen und körperlichen Belastung
Grad II: Urinverlust bei Lageveränderung
Grad III: Urinverlust in der Ruhe
Ergebnisse IV
Unser Patientenkollektiv bestand aus 145 Männern
IIEF-Score*Präoperativ: IIEF<22: 44 von 145 (30.3%)Postoperativ: IIEF>22: 112 von 145 (77.2%)P-Wert<0.001
Sexuelle ZufriedenheitPräoperativ: sehr zufrieden 52 von 145 (35.9%) Postoperativ: sehr zufrieden 16 von 145 (11.0%)
*IIEF-Score: validierte Fragebogen mit 6 Fragen zur Erhebung der Erektionsstörung (Skala 0 bis 5)
IIEF <22 Punkte: Erektionsstörung; IIEF >22 Punkte oder gleich: normale Erektion
Ergebnisse V
LibidostörungPräoperativ: 13 von 145 (9.0%)Postoperativ: 71 von 145 (49.0%)P-Wert<0.01
EjakulationsstörungPräoperativ: 18 von 145 (12.4%)Postoperativ: 84 von 145 (57.9%)P-Wert<0.001
OrgasmusstörungPräoperativ: 19 von 145 (13.1%)Postoperativ: 81 von 145 (55.9%)
Ergebnisse VI
Unterschiede zwischen den Op-Techniken
RektumextirpationPräoperativ: IIEF<22: 8 von 20 (40%)Postoperativ: IIEF<22: 17 von 20 (85%)
Tiefe anteriore RektumresektionPräoperativ: IIEF<22: 24 von 89 (27%)Postoperativ: IIEF<22: 67 von 89 (75.3%)
Intersphinktäre RektumresektionPräoperativ: IIEF<22: 7 von 19 (36.8%)Postoperativ: IIEF<22: 18 von 19 (94.7%)
Einschränkungen der Studie
1. Urologische Nachsorge: punktuell
2. Erfassung der Studie: retrospektiv
3. Beobachtungszeitraum: kurzzeit
4. Auswahl der Patienten: selektioniert
Diskussion Risikofaktoren
Geringe Erfahrung des Operateurs Radikalität de operativen Verfahrens Bestrahlung Komorbidität Fortgeschrittene Tumore Adipositas Voroperationen
Diskussion
Folgen an der Harnblase:Minderung von Kinetik und KontraktilitätRestharnbildungViszerale BlasenatonieMinderung von Distensionsempfindungen
Der Nervus pelvicus gerät in Verletzungsgefahr, beiventraler Präparation des ventralen Blattes derDennovillier-Faszie
Gefahr des Nervus pudendus-Schadens bei erweitertenEingriffen
Neuroanatomie des kleinen Beckens
Neuroanatomie des kleinen Beckens
Neuroanatomie des kleinen Beckens
Neuroanatomie des kleinen Beckens
Neuroanatomie des kleinen Beckens
Schlussfolgerung
Eine präoperative Aufklärung über Beckennervenläsionen ist unbedingtindiziert.
Nervus pudendus-Läsionen treten weniger als erwartet auf.
Postoperative Restharnmessung und urodynamische Untersuchungensind unerlässlich.
Die funktionellen Harnblassenentleerungsstörungen führen zudeutlichen Lebensqualitätseinschränkungen der Patienten.
Nur wenige betroffene Patienten haben urologische Mitbehandlung
beansprucht.
Patienten mit einem Rektumkarzinom können nervenerhaltend operiertwerden ohne die Radikalität der Operation zu gefährden.
Die funktionelle Harnblasenentleerunsstörungen waren in unseremPatientenkollektiv vergleichbar mit internationallen Studien.
Die erektile Dysfunktion ist eine häufige Komplikation nach Rektumoperationen, sie führt zu einer deutlichen Minderung der Lebensqualität.
Ein wesentlicher Anteil der Patienten hatte bereits präoperativ erektile Störungen.
Eine Schonung der Beckennerven ist möglich ohne die Radikalität der Operation zu gefährden.
Nur wenige betroffene Patienten haben urologische Mitbehandlung beansprucht.
Die Erektionsstörungen waren in unserem Patientenkollektiv vergleichbar mit internationalen Studien.
Schlussfolgerung
Ein intraoperatives Neuromonitoring könnte die Funktion der
parasympathischen Anteile der autonomen Beckennerven erfassen
um damit die postoperative Funktion der Harnblase zu schonen
Es sind weitere Studien erforderlich, auch experimenteller Natur,
um die Neuroanatomie des kleinen Beckens besser zu verstehen,
um so intraoperative Nervenläsionen möglichst zu vermeiden.
Diese Patienten benötigen eine urologische Mitbetreuung um die
Harnblasenstörungen zu therapieren.
Zu klären ist in der Zukunft, ob eine intakte Harnblasenfunktion
(Innervation) automatisch eine intakte Genital- bzw. Sexual
Funktion bedeutet.
Perspektiven für die Zukunft
Perspektiven für die Zukunft
Durch ein intraoperatives Neuromonitoring könnten die
autonomen Beckennerven geschont werden.
Eine Verbesserung der Kenntnisse der komplizierten
Neuroanatomie des kleinen Beckens ist für alle Operateure
Erforderlich.
Präoperativ sollte der Patient, explizit über die Erektile
Dysfunktion aufgeklärt werden
Epidemiologische Daten zu erheben
Die erhobene Daten thematisieren undpublizieren
Validierte Fragebogen für sexuelle Funktionsstörungen der Frauen etablieren
Interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessern
Neuromonitoring entwickeln
Ziele der Studie
Weitere Termine