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EinleitungWeltweit werden ca. eine Million Patienten pro Jahraufgrund degenerativer Veränderungen operativ ander Wirbelsäule mit einem versteifenden Verfahren(Fusion) behandelt. Obwohl diese versteifenden Opera-tionsverfahren somit weltweit etabliert, akzeptiert undsicher sind, werden die potenziellen Nachteile der „Ver-steifung“ von Seiten der Ärzte als auch der Patientenwiederholt kritisch diskutiert. Insbesondere wird kriti-siert, dass die Fusion eines Bewegungssegmentes un-physiologisch sei und den Verlust der Beweglichkeit imbetreffenden Bewegungssegment zur Folge hat. Eswird postuliert, dass diese segmentale Unbeweglich-keit zu einer Überlastung der benachbarten Be-wegungssegmente führt, wodurch eine verfrühte De-generation in den Nachbarsegmenten eintreten kann[1, 2].

Bei monosegmentaler Fusion werden hohe Fusionsra-ten beschrieben, wobei aber als potenzielle Komplika-tionen das Implantatversagen, die Implantatsinterungund Ausbildung einer Pseudarthrose (insbesondere beiStand-alone Cage-Implantation) mit nachfolgender Re-Kyphosierung und insuffizientem sagittalem Aligne-ment beschrieben werden [2].

Eine Möglichkeit, diese Probleme zu vermeiden, stelltdie Verwendung einer Bandscheibenprothese dar. DieBandscheibenprothese soll nach operativer Entfernungder Bandscheibe und erfolgter Dekompression des Spi-nalkanals die Höhe des Segmentes bewegungserhal-tend wiederherstellen, damit die Facettengelenke ent-lasten und zu einer foraminalen Dekompression beitra-gen. Es wird postuliert, dass durch die erreichte Wie-derherstellung des sagittalen Profils bei erhaltener seg-mentaler Beweglichkeit die Degeneration der An-schlusssegmente verlangsamt oder sogar verhindertwerden kann.

Die Erstbeschreibung einer Bandscheibenprothesewird Fernström zugeschrieben, der 1966 die Implanta-tion einer Edelstahlkugel in den Bandscheibenraum be-schrieb [3], obwohl Reitz und Joubert bereits 1964 [4]eine Studie über 75 Implantationen eines Bandschei-benersatzes veröffentlichten. Die Implantation dieserersten einfachen „Bandscheibenprothese“ war mit vie-len Problemen wie z. B. Hypermobilität und Sinterungbehaftet.

Nach Weiterentwicklung des Prothesendesigns galtenBandscheibenprothesen zur Jahrtausendwende als gro-ße Hoffnungsträger. Es wurden viele verschiedene Mo-delle von unterschiedlichen Herstellern, insbesonderean der Lendenwirbelsäule verwendet. Der Hype derBandscheibenprothesen wurde jedoch durch hohe in-traoperative und postoperative Komplikationen auf-grund der anspruchsvollen Operationstechnik als auchdurch ernüchternde klinische Ergebnisse gedämpft,

Künstliche Bandscheibe HWSMatti Scholz, Andreas Pingel, Christoph-Heinrich Hoffmann, Frank Kandziora

CME-Fortbildung

ABKÜRZUNGEN

ACD anterior cervical DecompressionACDF anterior Decompression and FusionBV BildverstärkerBW BrustwirbelcTDR cervical total Disc ReplacementCTS KarpaltunnelsyndromFDA Food and Drug Administration (United States)HO heterotope OssifikationHW HalswirbelHWS HalswirbelsäuleKG KraftgradMRT MagnetresonaztomographieNPP Nucleus-pulposus-ProlapsPRT periradikuläre TherapieTDR total Disc ReplacementVAS Visuelle Analogskala

Die zervikale Bandscheibenendoprothetik kann sehr gute Ergebnisse erzielen,wenn präoperativ eine sorgfältige Abklärung erfolgt ist und die richtigePatientenselektion getroffen wird. Dieser Artikel soll als Hilfestellung dienen, dieIndikation zur Versorgung mit einer zervikalen Bandscheibenprothese zu stellen,die Implantationstechnik als auch Komplikationsmöglichkeiten erläutern undeinen Literaturüberblick über das Outcome nach Versorgung mit einer zervikalenBandscheibenprothese geben.

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sodass insbesondere die lumbale Bandscheibenendo-prothetik zunehmend kritisch betrachtet wurde.

Durch die daraufhin intensivierte Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit von Medizinern und Industrie konntein den letzten 10 Jahren Einiges am Design, der Funk-tionalität und der Implantationstechnik insbesondereder zervikalen Bandscheibenprothesen verändert wer-den. Die modernen zervikalen Bandscheibenprothesenbestehen in der Regel aus einer Metall-Kunststoff- (ul-trahochmolekulares Polyethylen) Gleitpaarung. Nurbei wenigen Prothesen kommt eine Gleitpaarung „me-tal-on-metal“ zum Einsatz.

Mechanisch sind zervikale Bandscheibenprothesen inder Regel „non-constrained“ mit frei beweglichem Ro-tationszentrum oder „semi-constrained“ mit einem fi-xierten Rotationszentrum designt (▶Tab. 1). EinigeProthesen ermöglichen durch das Zusammenspiel derMetall-Polyethylen-Gleitpaarung/künstlichen Anuluszusätzlich eine axiale Dämpfung („compressible coredesign“).

Indikationen undKontraindikationenPrinzipiell sind die Indikationen zur Implantation einerzervikalen Bandscheibenprothese vergleichbar mit denIndikationen zur interkorporellen Fusion an der Hals-wirbelsäule, wobei relevante Voraussetzungen sowiedeutlich mehr Kontraindikationen im Vergleich zur Fu-sion zu beachten sind.

Indikationen

Als primäre Indikation zur Implantation einer zervika-len Bandscheibenprothese werden zervikale Band-scheibenvorfälle angesehen, die nicht endoskopischoder über eine dorsale intraforaminale Dekompression(Frykholm-OP) behandelt werden können.

Die Implantation einer Bandscheibenprothese ist auchim Rahmen erweiterter Indikationen wie z. B. bei zervi-kaler Myelopathie [5], mehrsegmentaler Pathologie[6], als Hybridversorgung in Kombination ACDF beimehrsegmentaler Pathologie [7, 8], Radikulopathie beiausgeprägter knöcherner Foramenstenose [9] als auchzur Behandlung der Anschlussdegeneration nach vor-heriger Fusion [10] möglich. Diese erweiterten Indika-tionen werden aber teils kontrovers diskutiert, sodassdie Bandscheibenprothesenimplantation in diesem In-dikationsspektrum nicht uneingeschränkt empfohlenwerden kann.

Zervikale Bandscheibenvorfälle mit passendem radiku-lärem Schmerz und/oder zur betroffenen Nervenwur-zel passendem motorischem Defizit KG >3 stellen beiVersagen der leitliniengerechten konservativen Thera-pie (s. a. die aktualisierte Leitlinie „Zervikale Radikulo-pathie“) eine relative OP-Indikation dar. Eine absoluteOperationsindikation besteht, wenn aufgrund eineszervikalen Bandscheibenvorfalls eine passende radiku-läre neurologische Ausfallsymptomatik mit einemKraftgrad (KG) ≤3 besteht.

▶ Tab. 1 Eigenschaften der derzeit gängigsten zervikalen Bandscheibenprothesen.

Produkt Hersteller Kinematik Gleitpaarung Biomaterialien

Activ C Aesculap AG semi-constrained Metall/Polymer CoCrMo EP, Polyethylen Inlay

Baguera-C Spineart non-constrained Metall/Polymer CoCrMo EP, Polyethylen Inlay

Bryan Medtronic non-constrained Metall/Polymer Titan EP, Polyurethan Inlay

M6-C Spinal Kinetics, Sunnyale, CA non-constrained Metall/Polymer Titan EP,PCU Nukleus, Polyethylen Anulus

Mobi-C LDR Medical non-constrained Metall/Polymer Titan EP, Polyurethan Inlay

Prestige LP Medtronic non-constrained metal-on-metal Titan-Keramik Gemisch

Prodisc-C Vivo DepuySynthes Spine semi-constrained Metall/Polymer CoCrMo EP, Polyethylen (UHMWPE)Inlay

Rotaio Signus Medizintechnik non-constrained metal-on-metal Titan-EPCoCr Inlay

Secure-C Globus Medical semi-constrained Metall/Polymer CoCrMo EP, Polyethylen Inlay

AbkürzungenCoCrMo=Cobalt-Chrom-MolybdänEP= EndplattePCU=PolycarbonaturethanUHMWPE=Ultrahochmolekulargewichtiges Polyethylen

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Vor Implantation einer Bandscheibenprothese mussgeprüft werden, ob die notwendigen Voraussetzungenzur Implantation einer Bandscheibenprothese gegebensind (s. Übersicht). Als wesentliche Voraussetzungengelten die erhaltene physiologische Mobilität des Be-wegungssegmentes und die Intaktheit der dorsalen li-gamentären Strukturen (Zuggurtung) als auch der knö-chernen Strukturen (Facettengelenke) (s. a. Übersicht).

Kontraindikationen

Als wesentliche absolute Kontraindikationen zur Im-plantation einer zervikalen Bandscheibenprothesegelten entzündliche Prozesse, stattgehabte Verletzun-gen, fortgeschrittene Facettengelenkarthrose, struktu-relle sagittale/frontale Deformität, segmentale Instabi-lität, Tumorerkrankungen sowie das Vorliegen einermanifesten Osteoporose (s. a. Übersicht).

MerkeDie Ergebnisse der Bandscheibenprothesenimplanta-tion sind ganz entscheiden von einer sicheren Indika-tionsstellung abhängig.

In Anlehnung an das schmale Indikationsspektrum derlumbalen Bandscheibenprothetik wird die zervikaleBandscheibenendoprothetik auch heute noch eher zu-rückhaltend eingesetzt.

So hat die Arbeitsgruppe von Auerbach et al. [11] dieIndikationsstellung zur Fusion und TDR (total Disc Re-placement) retrospektiv anhand von 167 operiertenPatienten (Durchschnittsalter 50,8 Jahre, 20–89 Jahre)analysiert. 91,6% der Patienten erhielten eine ventralezervikale Fusion, und 8,4% wurden mit einer Band-scheibenprothese versorgt. Bei Zugrundelegung dervon den Herstellern vorgegebenen strengen Indikatio-nen/Kontraindikationen wiesen 57% der 167 Patientenretrospektiv eine absolute Kontraindikation für eineBandscheibenprothese auf, sodass prinzipiell 43% derPatienten mit einer Bandscheibenprothese hätten ver-sorgt werden können.

Interessant ist dies unter dem Gesichtspunkt der aktu-ellen Studienlage, die mit Level-I-Evidenz nachweist,dass die monosegmentale zervikale Bandscheibenen-

doprothetik bei Beachtung der Indikationen und Kont-raindikationen mindestens gleichwertige klinische Er-gebnisse im Vergleich mit der monosegmentalen Fu-sion liefert [9, 12].

Präoperative DiagnostikKlinische Untersuchung

Meist präsentiert sich der Patient mit einem aktuellenMRT, das aufgrund von Armschmerzen, neurologi-schen Ausfällen oder unspezifischen Halswirbelsäulen-beschwerden angefertigt wurde. In der Sprechstundesollte der Patient klinisch untersucht werden. Dabeisollte die Beweglichkeit der Halswirbelsäule in allen Be-wegungsrichtungen und der Tonus der paravertebralenMuskulatur dokumentiert werden.

Spurling-Test

Als wesentlicher Test, der auf das Vorliegen einer Wur-zelkompression hinweist, ist der Spurling-Test (Fora-menokklusionstest) zu nennen. Dabei wird die exten-dierte Halswirbelsäule nach links oder rechts geneigtund anschließend durch Druck auf den Kopf kompri-miert. Bei positivem Test gibt der Patient typische ein-schießende radikuläre Schmerzen, eine Verstärkungder Dauerschmerzen als auch ggf. dermatombezogeneMissempfindungen im entsprechenden Arm an. ZurKontrolle kann dann die Halswirbelsäule durch Zug amKopf extendiert werden, was zu einer Schmerzredukti-on führt und von den Patienten häufig als angenehmbeschrieben wird. Bei Schmerzfreiheit oder ausschließ-licher Angabe von Nackenschmerzen ist der Spurling-Test negativ.

ÜBERSICHT

Kontraindikationen zervikale BandscheibenendoprothetikAbsolute Kontraindikationen▪ entzündliche Erkrankungen▪ manifeste Osteoporose▪ Morbus Bechterew▪ Neoplasie▪ iatrogene Instabilitäten (z. B. Postlaminektomiesyndrom)▪ sagittale/frontale Deformitäten▪ translatorische Instabilitäten▪ traumatische segmentale Veränderungen▪ vorangeschrittene Facettengelenkarthrose

Relative Kontraindikationen▪ spondylotische zervikale Myelopathie▪ vorangeschrittene Spondylchondrose

ÜBERSICHT

Voraussetzungen für zervikale Bandscheiben-endoprothetik▪ mobiles Bewegungssegment▪ intakte Facettengelenke▪ intakte dorsale ligamentäre Strukturen▪ residuelle Bandscheibenhöhe >3mm

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Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch sollten das Schultergelenk alsauch das Akromioklavikulargelenk untersucht und einmöglicherweise vorliegendes Nervenengpasssysndromausgeschlossen werden (z. B. CTS).

Neurologische Untersuchung

An die klinische Untersuchung schließt sich eine orien-tierende neurologische Untersuchung an. Dabei solltedie Dermatomzugehörigkeit der Schmerzausstrahlung,der sensorischen und/oder motorischen Defizite alsauch der Reflexausfälle untersucht werden. Bei nichteindeutigen Befunden ist ggf. eine differenzialdiagnos-tische fachneurologische und/oder elektrophysiologi-sche Abklärung zu empfehlen. Daneben bietet sich imZweifelsfall die Durchführung einer probatorischenNervenwurzelblockade an.

Apparative Diagnostik

MRTMerke

Die Kernspintomografie stellt in der Diagnostik eineszervikalen Bandscheibenvorfalls den Goldstandarddar.

Bei MRT-Kontraindikationen kann alternativ eine CT-Diagnostik durchgeführt werden. Vor Indikationsstel-lung zur Operation ist immer zu prüfen, ob der sich ra-diologisch darstellende Befund (z. B. Kompression derNervenwurzel durch einen NPP) zur klinischen und neu-rologischen Symptomatik des Patienten passt. Bei Dis-krepanz zwischen klinisch/neurologischem und radio-logischem Bildbefund oder konkurrierenden Bildbefun-den kann eine Infiltration der Nervenwurzel (PRT) zurEtagendiagnostik durchgeführt werden. Bei temporä-rer Beschwerdebesserung würde sich die Indikationzur Operation erhärten. Bei ausbleibender Wirkungsollten wiederum alternative Beschwerdeursachen ab-geklärt werden (Schultergelenkpathologie, peripheresNervenkompressionssyndrom, Plexusläsionen).

Röntgen

Wenn die Indikation zur operativen Behandlung ge-stellt wurde und die Entscheidung zur Wahl des Opera-tionsverfahrens ansteht, sollten zunächst konventio-nelle Röntgenbilder der Halswirbelsäule angefertigtwerden. Anhand dieser Aufnahmen im Stehen angefer-tigten Röntgenbilder kann das Alignement der Halswir-belsäule unter Belastung hinsichtlich des Vorhanden-seins einer abnormalen segmentalen/globalen Kypho-se/Lordose oder auch Skoliose evaluiert werden(▶Abb. 1b).

Da sich in der nativen Röntgendiagnostik häufig funk-tionelle segmentale Kyphosen (▶Abb. 1b) darstellen,wird zusätzlich die Anfertigung von Funktionsaufnah-men der Halswirbelsäule in Flexion und Extension emp-fohlen. Dadurch kann eine degenerative Instabilität imbetroffenen Bewegungssegment (cave: Kontraindika-tion!) ausgeschlossen und eine ausreichende Mobilitätdes Indexsegmentes mit Möglichkeit zur Aufrichtungnachgewiesen werden (▶Abb. 1c)

Computertomografie

Sollten sich relevante segmentale degenerative Auffäl-ligkeiten zeigen oder facettogene Nackenschmerzenvermutet werden, so bietet das CT eine dezidierteMöglichkeit, das Ausmaß der Facettenarthrose oderdas Ausmaß der Osteochondrose zu klassifizieren(▶Abb. 1d)

Probatorische Facettengelenkinfiltration

Bei zusätzlich bestehenden Nackenschmerzen und ini-tialer Facettengelenkarthrose (Fujiwara Grad II, PathriaGrad I) kann eine Facettengelenkinfiltration durchge-führt werden, um einen facettogenen Nackenschmerzauszuschließen. Sollte auf die probatorische Facette-ninfiltration hin eine signifikante Besserung der Nu-chalgien zu verzeichnen sein, ist eine relevante Facet-tengelenkdegeneration anzunehmen, was gegen denEinsatz einer Bandscheibenendoprothese spräche.

Diskografie

Eine Diskografie zur Provokation eines diskogenenSchmerzes an der HWS ist technisch aufwendig. Beifehlender Datenlage zur Evidenz, fraglicher Aussage-kraft und risikobehafteter Durchführung bleibt einezervikale Discografie allenfalls Ausnahmefällen vorbe-halten.

Angiografie der hirnversorgenden Gefäße

Eine spezielle Darstellung der Anatomie der Halsgefäßeist für den ventralen Zugang zur Halswirbelsäule nichtzwingend notwendig. Allerdings sollten die vorliegen-den radiologischen Bilddokumente hinsichtlich mögli-cher anatomischer Anomalien der Vertebralarterie imZielsegment gescreent werden.

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AufklärungBei der Aufklärung für eine zervikale Bandscheibenpro-these sollte auf die typischen perioperativen und post-operativen Risiken des gewählten Zugangs/der Versor-gungsstrategie eingegangen werden (s. a. Infobox).

OperationsvorbereitungFür die Operation werden die Patienten in der Regeloral intubiert. Der Beatmungsschlauch wird regelhaftnach kranial über den Kopf geführt. Daher ist die Ver-wendung eines Spiraltubus zu empfehlen, um das Ab-knicken des Tubus mit nachfolgenden Beatmungspro-blemen zu vermeiden. Zusätzlich ist eine Cuffdruck-messung notwendig, um den Cuffdruck intraoperativ

FALLBEISPIEL

Fall 1: IndikationsstellungDas Fallbeispiel beschreibt eine 22-jährige Patientin mitsensomotorischem C6-Syndrom links (▶Abb.1). Die klini-sche Untersuchung zeigt einen Kraftgrad (KG) von 4, unddie Patientin beklagt moderate Nackenschmerzen. DasMRT zeigt einen breitbasigen Nucleus-pulposus-Prolaps(NPP) mediolateral links im HW 5 /6, die Röntgenaufnahmeder HWS eine funktionelle Kyphose im betroffenen Seg-

ment. In den Funktionsaufnahmen der HWS in Flexion/Ex-tension kann eine gute segmentale Mobilität und Reversi-bilität der segmentalen Kyphose nachgewiesen werden. Inder Computertomografie der HWS gelingt der Ausschlusseiner relevanten Facettengelenksarthrose.Somit handelt es sich um ein ideale Patientin zur Implanta-tion einer zervikalen Bandscheibenendoprothese.

▶Abb. 1 Fall 1. a MRT mit Darstellung eines breitbasigen Nucleus-pulposus-Prolaps mediolateral links HW 5 /6. b Röntgen-HWSmit funktioneller Kyphose im betroffenen Segment. c Funktionsaufnahmen der HWS in Flexion/Extension mit Nachweis einer guten seg-mentalen Mobilität und Reversibilität der segmentalen Kyphose. d CT HWS und Ausschluss einer relevanten Facettengelenksarthrose.

ÜBERSICHT

Aufklärung: zu nennende Risiken▪ Lagerungsschaden▪ Verletzung von Trachea oder Ösophagus▪ intraoperative Blutung (epiduraler Venenplexus, A. carotis,

V. jugularis)▪ Nachblutung/Hämatom mit ggf. notfallmäßiger Revisionsin-

dikation▪ Verletzung N. laryngeus recurrens → Stimmbandparese mit

Heiserkeit▪ Verletzung des Grenzstrangs → Horner-Syndrom▪ Verletzung von Nervenwurzeln/Rückenmark → Radikulo-

pathie/Querschnittsyndrom▪ Eröffnung der Dura → Durafistel▪ selten Wundheilungsstörungen/Wundinfekt▪ Protheseninfektion mit Notwendigkeit zum Ausbau und

nachfolgender Versteifung▪ Implantatextrusion/Sinterung/Lockerung der Prothese▪ Spontanfusion im Indexsegment▪ Anschlusssegmentproblematik▪ Reststenose der Neuroforamina

PRAXIS

TippZur Reduktion des Risikos für eine Ösophagus-verletzung sollte der Ösophagus durch eine Ma-gensonde geschient werden. Dadurch kann die-ser intraoperativ leichter identifiziert und ge-schont werden.

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regulieren zu können. Es sollte immer eine Magenson-de eingelegt werden, um den Ösophagus intraoperativzu tasten um dessen Lage im Zugangsgebiet zu verifi-zieren.

OP-TechnikLagerung

Für die ventrale Dekompression und Bandscheibenpro-thesenimplantation erfolgt die Lagerung des Patientenin Rückenlage. Der Kopf kann in einer Kopfschale(▶Abb. 2a), in einem Kopfring oder alternativ in derMayfield-Klemme gelagert werden. Eine zusätzlicheUnterpolsterung des Nackens, z. B. mittels Nackenrolle,kann die Stabilität der Halswirbelsäule für das spätereEinschlagen der Prothese erhöhen. Wenn möglich, soll-te die Halswirbelsäule in einer physiologischen Lordoseund orthograder Einstellung gelagert werden, um spä-ter die adäquate intraoperative Positionierung der Pro-these zu erleichtern (▶Abb. 2a).

Abschließend sollte die HWS mittels Bildverstärker imseitlichen und a.-p. Strahlengang durchleuchtet wer-den, um die achsgerechte Stellung und eine ausrei-chende Visualisierung des Zielsegmentes zu verifizie-ren. Die seitliche Durchleuchtbarkeit der unteren Hals-wirbelsäule kann durch die Überprojektion des Schul-tergürtels erschwert sein. Hier können die Arme ggf.vorsichtig mittels Zugeinrichtung oder Pflasterzüge-lung nach kaudal gezogen werden, um auch kaudaleBewegungssegmente intraoperativ radiologisch aus-reichend zu visualisieren (▶Abb. 2b).

ZugangDer anterolaterale (ventrale) Zugang ist der Standard-zugang für die zervikale Dekompression und Band-scheibenprothesenimplantation. Dieser Zugang er-folgt weichteilschonend streng medial des M. sterno-

cleidomastoideus, entlang anatomisch vorgegebenerVerschiebeschichten (▶Abb. 3).

Der Hautschnitt kann horizontal (▶Abb.3 oben) aus-gehend von der Mittellinie bis zum M. sternocleido-mastoideus in Projektion auf das Indexsegment (Clo-ward-Zugang) oder auch longitudinal direkt am Vor-derrand des M. sternocleidomastoideus erfolgen(Smith-Robinson-Zugang).

MerkeDer Cloward-Zugang eignet sich insbesondere für diemono- und bisegmentale Pathologie, ergibt das kos-metisch günstigere Ergebnis und wird als Standard-zugang für die Bandscheibenprothesenimplantationangesehen (▶Abb. 4b).

Ob der Zugang von links oder rechts durchgeführtwird, obliegt der klinischen Erfahrung und Präferenzdes Chirurgen. Bei bereits voroperierter Halswirbelsäu-le bietet sich der Zugang von der Gegenseite an, dadort weniger narbige Verklebungen zu erwarten sind.In diesem Fall ist präoperativ eine Läsion des N. recur-rens auf der voroperierten Seite sicher auszuschließen.Bei Nachweis einer Recurrensläsion auf der voroperier-ten Seite ist ein Zugang auf der gleichen Seite obligat!

Nach erfolgtem Hautschnitt, subtiler Blutstillung undEröffnung des Platysma sollten die weitere Präparationund Dissektion stumpf erfolgen, um das Risiko für dieVerletzung vaskulärer, viszeraler und neuraler Struktu-ren zu minimieren. Dabei ist es hilfreich, nach Identifi-kation des M. sternocleidomastoideus (▶Abb. 5a) dieTrachea und den Ösophagus mit einem stumpfen Ha-ken (z. B. Zenker-Haken) nach medial zu mobilisierenund die A. carotis zu tasten.

▶Abb. 2 47-jähriger Patient mit sensiblem C6-Syndrom links bei Nucleus-pulposus-Prolaps (NPP) im Halswirbel 5 /6. a Oral intubierter Patientin Rückenlagerung im Kopfring mit reklinierter Halswirbelsäule und einliegender Magensonde. b Seitliche Durchleuchtung der HWS mitmoderatem Zug an den Armen über eine Pflasterzügelung.

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MerkeDie A. carotis muss bei der Präparation zwingendlateral des Präparationsfeldes getastet und belassenwerden.

Bei korrekter Präparation kann dann in der Tiefe derventrale Anteil der Halswirbelsäule ertastet werden(▶Abb. 5b). Die darüber liegende tiefe Halsfasziemuss in der Regel scharf eröffnet werden. Bei der Prä-paration empfiehlt es sich, das kranial und kaudal desIndexsegmentes gelegene Segment ebenso zu expo-

nieren, um die Retraktionskräfte des Weichteilsperrerszu reduzieren.

Danach sollte beidseits der ventrolateral auf der Hals-wirbelsäule liegende M. longus colli vorsichtig von me-dial nach lateral mobilisiert werden, um den Weichteil-sperrer darunter platzieren zu können (▶Abb. 6a). Daauf diesem Muskel sympathische Nervenfasern verlau-fen, sollten die Verwendung von monopolarem Stromund eine ausgedehnte bipolare Koagulation vermiedenwerden. Eine Läsion dieses sympathischen Nervenge-

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1 M. sternohyoideus2 M. sternohyroideus3 M. sternocleidomastoideus4 M. longus colli5 M. scalenus anterior6 M. scalenus medius7 M. scalenus posterior8 A. carotis communis9 V. jugularis interna10 V. jugularis externa11 Vasa vertebralia12 Trachea13 Oesophagus14 Glandula thyroidea15 Fascia cervicalis, Lamina superficialis16 Fascia cervicalis, Lamina praetrachealis17 Fascia cervicalis, Lamina praevertebralis18 N. vagus19 N. laryngeus recurrens20 Lig. longitudinale anteriusVI Vertebra cervicalis

a

b

▶Abb. 3 Darstellung der Wirbelkörpervorderfläche per linksseitigem Smith-Robinson Zugang. Ulrich C, Bühren V. Verletzungen derHalswirbelsäule. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2006; 1: 415–441.

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flechtes kann ein temporäres oder dauerhaftes Horner-Syndrom zur Folge haben.

MerkeDie Anpassung und Reduktion des Cuffdrucks nachdem Einbringen der Weichteilsperrer kann die Häu-figkeit einer Recurrensparese reduzieren [14].

Bei korrektem Zugang sollte abschließend das Gefäß-Nerven-Bündel (A. carotis, V. jugularis, N. vagus) late-ral des Zugangs gelegen sein und sich die Trachea alsauch der durch eine Magensonde geschiente Ösopha-gus medial des Zuganges tasten lassen.

CaveEine Präparation lateral der A. carotis und spätereRetraktion nach medial erhöht das Risiko für eineGefäß-/Nervenverletzung und kann eine Minder-durchblutung des Gehirns/Schlaganfall bedingen.

Durch Einbringen jeweils eines Steinmann-Pins kranialund kaudal der Indexbandscheibe und Verwendung ei-nes Distraktors (z. B. Caspar-Distraktor) werden diespätere segmentale Dekompression und das Einbrin-gen der Bandscheibenprothese erleichtert. Die Cas-par-Pins sollten dabei streng in der Mittelinie einge-bracht werden, was die spätere Orientierung für das

▶Abb. 4 Horizontaler linksseitiger Cloward-Zugang. a Planung des horizontalen linksseitigen Cloward-Zugangs zum Segment HW 6 /7 medialdes M. sternocleidomastoideus b Situs nach Hautschnitt.

▶Abb. 5a Situs nach Eröffnung des Platysma mit Darstellung des M. sternocleidomastoideus (Stern). b Situs nach stumpfer Präparation undDarstellung des ventralen Anteils der Halswirbelsäule.

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Ausrichten und Einbringen der Bandscheibenprothesevereinfacht. Eine parallele Ausrichtung der Caspar-Pinszum Bandscheibenraum ist zu empfehlen, um ein pa-ralleles Aufspreizen des Bandscheibenraums zu ermög-lichen (▶Abb. 6b).

CaveEine segmentale Überdistraktion sollte vermiedenwerden!

Dekompression

Die ventrale Dekompression lässt sich am besten unterVerwendung eines Mikroskops oder alternativ unterVerwendung einer Lupenbrille durchführen. Die Auto-ren präferieren die Verwendung des Mikroskops wegender hervorragenden Ausleuchtung des Operationsfel-des und der entsprechenden optischen Vergrößerung.Daneben empfiehlt sich die Verwendung des Mikro-skops auch unter Ausbildungskriterien, da Operateurund Assistent das Gleiche sehen.

Die Bandscheibe wird mit dem 11-er Skalpell eröffnet(▶Abb. 7a). Dabei sollte von der Mittelinie bis zu denProc. uncinati geschnitten werden, wobei der Proc. un-cinatus eine Eröffnung des lateralen Anulus/Läsion derVertebralarterie sicher verhindert. Die Bandscheibesollte nicht tiefer als 10mm inzidiert werden, um eineakzidentelle Eröffnung der Dura zu verhindern.

Anschließend wird die Bandscheibe mittels Fasszange,scharfem Löffel und Kürette entfernt (▶Abb. 7b). Da-bei sollte der knorpelige Überzug der Endplatten vor-sichtig entfernt werden, um eine spätere knöcherne In-tegration der Bandscheibenprothese zu fördern. Die

Endplatten selbst sollten nicht verletzt werden, umdas Risiko einer Prothesensinterung zu verringern.Ebenso sollte auf ausgedehnte Knochenglättungenmit High-Speed-Fräsen verzichtet werden, da dies dieverfrühte knöcherne Überbauung der Prothese mögli-cherweise fördert.

Anschließend wird das hintere Längsband eröffnet,partiell mit der Stanze abgetragen (▶Abb. 8a) und derBandscheibensequester dargestellt. Dabei muss dieHinterkante ggf. mit der Stanze unterschnitten wer-den. Der Bandscheibenvorfall kann dann mit dem Tast-häkchen mobilisiert werden (▶Abb.8b) und wird an-schließend mittels Rongeur entfernt. Bei knöchernerEnge im Neuroforamen oder partiell verknöchertem la-teralem Bandscheibenvorfall ist ggf. eine partielle Fora-minotomie notwendig, um den Spinalnerv vollständigzu entlasten.

CaveBei der Uncoforaminotomie sollte beachtet werden,dass die A. vertebralis im Foramen transversariumdurch knöcherne Fragmente verletzt sein kann, aberauch iatrogen eine Verletzung möglich ist.

Bei möglicherweise auftretenden venösen epiduralenBlutungen sollte eine sichere und schnelle Blutstillungoberste Priorität haben. Hier kann eine epidurale Instil-lation von Wasser, die vorsichtige bipolare Koagulationoder temporäre Einlage von Hämostyptika mit Hirn-watten zu einer Blutstillung führen. Bei persistierendervenöser Blutung kann ein injizierbares Hämostyptikum(z. B. FloSeal Fa. Baxter) verwendet werden, um eineschnelle und sichere Blutstillung zu erreichen. Ab-schließend sollte eine vollständige Dekompression des

▶Abb. 6 a Bipolare Koagulation einer venösen Blutung am medialen Rand des M. longus colli links. b Situs nach Einbringen des Weichteil-sperrers unterhalb der Mm. longus colli und der der Caspar-Pins.

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Spinalkanals und der Neuroforamen mit dem Tastha-ken unter seitlicher Durchleuchtung dokumentiertwerden.

Implantation der BandscheibenprotheseNach Beendigung der Dekompression und Vorberei-tung des Prothesenbetts werden dann Probeimplanta-te unter seitlicher BV-Kontrolle in den Diskektomiede-fekt eingebracht, um die adäquate Prothesengröße zubestimmen (▶Abb.9a). Die Größe des Implantats soll-te dabei so ausgewählt werden, dass die Prothese inder a.–p. BV-Kontrolle den Bereich zwischen den Unco-vertebralgelenken nahezu vollständig abdeckt. Im seit-lichen Strahlengang sollten mindestens 80% der Flächeder Endplatten durch die Prothese abgedeckt werden,um eine ausreichende Stabilität zu erreichen und dasRisiko der Einsinterung zu minimieren (▶Abb. 10b).

Eine dorsale/intraspinale wie auch eine ventrale Fehlla-ge muss zwingend vermieden werden. Die Höhe derProthese ist so auszuwählen, dass eine Überdistraktionder Facettengelenke vermieden wird. Hierbei kann sichder Operateur an der Höhe der Nachbarsegmente ori-entieren.

Nach Auswahl der geeigneten Prothese wird diese aufdem Prothesenhalter montiert und unter seitlicherund a.–p. Röntgenkontrolle bis zum gewünschten Sitzin den Diskektomiedefekt eingebracht (▶Abb. 9b). BeiKielprothesen müssen ggf. vorher entsprechende Kielegefräst resp.mit dem Kielmeißel eingeschlagen wer-den. Vor Entfernung des Prothesenhalters sollte dieDistraktion aufgehoben werden bzw. mit dem Distrak-tor das Segment komprimiert werden. Die detailliertenAngaben in der OP-Anleitung der jeweiligen Prothesen-hersteller sind hierbei zu beachten.

▶Abb. 7 a Inzision der Bandscheibe mit dem Skalpell. b Entfernen der Bandscheibe mit dem Rongeur.

▶Abb. 8 a Situs nach Eröffnen des hinteren Längsbandes mit Darstellung der Dura. b Mobilisation des Bandscheibensequesters mit dem Tast-häkchen..

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Anschließend wird der Prothesenhalter entfernt undder Caspar-Distraktor demontiert (▶Abb. 10a). DieBohrlöcher sollten mit Knochenwachs verschlossenwerden, falls spongiöse Blutungen persistieren. Dannwird der Situs gespült, und der Weichteilsperrer kannvorsichtig entfernt werden. Abschließend sollte diekorrekte Lage der Prothese im seitlichen und a.-p. BV-Strahlengang dokumentiert werden (▶Abb. 10b).

Es ist fallbezogen zu prüfen, ob eine Wunddrainage ein-gelegt werden muss. Anschließend wird die Wundenach Spülung mehrschichtig verschlossen (Platysma →

Subkutis → Haut). Der Hautverschluss sollte aus kos-metischen Gründen mittels intrakutaner Naht oder Al-ternativ mittels Fibrinkleber (z. B. Dermabond) erfol-gen. Die Anlage eines sterilen Wundverbandes beendetdie Operation.

CaveEin zu tiefes Einbringen der Prothese (Überschreitungder Hinterkante) sollte unbedingt vermieden wer-den, um eine Fehllage der Prothese mit Kompressiondes Duralsackes zu vermeiden.

▶Abb. 9 a Einbringen des Probeimplantats. b Einschlagen einer kiellosen Prothese in das dekomprimierte Bewegungssegment.

▶Abb. 10 a Situs nach dem Einbringen der Prothese und bereits entfernten Caspar-Pins. b BV-Abschlusskontrolle mit Dokumentation deskorrekten Prothesensitzes.

PRAXIS

TippDie Funktionalität der Prothese ist entscheidendabhängig von einer radiologisch perfekten Posi-tionierung und der idealen Prothesengröße.

PRAXIS

TippVenöse Blutungen aus den Bohrlöchern für dieCaspar-Pins können mit Knochenwachs zügiggestoppt werden.

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NachbehandlungDie Patienten können prinzipiell orthesenfrei mobili-siert werden. Die Mobilisation des Patienten beginntam 1. postoperativen Tag. Eine regelmäßige Wundkon-trolle ist erforderlich.

MerkeSollte eine Sogdrainage verwendet worden sein, soll-te vor Entfernung der Sog neutralisiert werden, umvaskuläre Komplikationen (Nachblutung) zu vermei-den.

Innerhalb der ersten 6 postoperativen Wochen wirdeine mobilisierende Krankengymnastik der Halswirbel-säule von den Autoren nicht empfohlen, um eine siche-re Einheilung der Prothese zu gewährleisten. Die Pa-tienten sollten das Heben und Tragen von Lasten >10kg in diesem Zeitraum vermeiden.

Eine Röntgenverlaufskontrolle ist spätestens nach 12Wochen zu empfehlen, um eine Implantatkomplikationauszuschließen. Nach frühestens 6 und spätestens 12Wochen kann der Patient die Halswirbelsäule zuneh-mend belasten. Ab der 6. postoperativen Woche kanneine aktivierende Krankengymnastik verordnet wer-den.

Der radiologische Verlauf der im Abschnitt Diagnostikvorgestellten Patientin (s. Fallbeispiel 1 mit ▶Abb.1)ist in ▶Abb. 11 dargestellt.

KomplikationenBei der ventraler Dekompression und Bandscheiben-prothesenimplantation an der HWS kann zwischen in-traoperativen und postoperativen Komplikationen un-terschieden werden.

Intraoperative KomplikationenParese des N. laryngeus recurrens

Dieser Nerv ist während der Präparation des Zugangsund durch den intraoperativen Druck des Weichteil-sperrers gefährdet. Patienten mit einer Läsion des N. la-ryngeus recurrens klagen postoperativ, teilweise mitVerzögerung von 2–3 Tagen, über Heiserkeit, und esstellt sich ein einseitiger Stimmbandstillstand bei derLaryngoskopie dar. Die Häufigkeit von temporären Be-schwerden wird in der Literatur mit 11% und von per-manenten Beschwerden mit 2–8% angegeben [14,15].

Ob die Wahl der Zugangsseite die Rate der Nervenlä-sionen reduzieren kann, wird seit langem kontroversdiskutiert. Der Zugang von rechts ist aber zumindesttheoretisch mit einer höheren Rate von Läsionen des

N. laryngeus recurrens vergesellschaftet. Andererseitskönnen Druckläsionen bei zu hohem Cuffdruck eben-falls zu einer Störung des N. laryngeus recurrens füh-ren. Daher sollte nach dem Platzieren der Weichteil-sperrer der Tubuscuff kurzzeitig entblockt und dannmit maximal 20–25mmHg erneut geblockt werden,um eine optimale Lage des Tubuscuffs und eine günsti-gere Druckverteilung zu erreichen. Die Rate von post-operativen Recurrensparesen kann dadurch verringertwerden [14].

Horner-Syndrom

Eine intraoperative Läsion des sympathischen Grenz-stranges kann zu dem seltenen postoperativ auftreten-den Symptomkomplex von Miosis, Ptosis und Enopthal-mus (Horner-Syndrom) führen [16, 17]. Ursächlich istmeist eine zu ausgedehnte mono- oder bipolare Ko-agulation auf dem M. longus colli, auf dessen lateralemRand das sympathische Nervengeflecht verläuft. ZurProphylaxe sollte nicht mit monopolarem Strom im Be-reich des M. longus colli gearbeitet werden, die bipola-re Blutstillung sollte sparsam erfolgen und der Muskelnur schonend ausgehend vom medialen Rand nach la-teral mobilisiert werden.

Neurologische Komplikationen

Bei der Dekompression kann in seltenen Fällen dasMyelon mit der Stanze kompromittiert werden. Auchist eine Schädigung des Myelons bei Einschlagen desProbeimplantats oder der definitiven Prothese mög-lich. Daher sollte das Einbringen der Implantate vor-sichtig erfolgen und engmaschig radiologisch über-wacht werden, um eine Implantatfehllage zu weit dor-sal im Spinalkanal zu verhindern.

Bei der Foramendekompression kann in seltenen Fällender Spinalnerv mit der Stanze verletzt werden. Es ist zubeachten, dass der Spinalnerv im Neuroforamen nachventral/lateral verläuft. Daher ist mit der Stanze immerein enger Knochenkontakt zu suchen, um eine Nerven-läsion zu vermeiden.

Vaskuläre Läsion

Intraoperative arterielle Gefäßverletzungen (z. B. derA. vertebralis) mit nachfolgenden Blutungen sind sel-ten und werden in der Literatur mit 0,3–0,5% angege-ben [18, 19]. Verletzungen der A. carotis sind bei zuweit lateraler Fehlpräparation oder durch den Weich-teilsperrer möglich. Daher sollte der Sperrer, wennmöglich, unterhalb des M. longus colli sicher platziertwerden.

Venöse Blutungen treten vor allem im Rahmen der spi-nalen/foraminalen Dekompression auf, bei denen esdurchaus heftig aus dem epiduralen Venenplexus blu-ten kann. Zur Blutstillung wird die Verwendung von Hä-

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mostyptika (z. B. fibrinbeschichtete Vliese oder topischapplizierbare Hämostyptika) empfohlen.

Viszerale Läsionen

Läsionen des Ösophagus oder des Pharynx/der Tracheasind selten und werden mit einer Inzidenz von bis zu0,4% bei hoher Mortalität von 20–50% in der Literaturbeschrieben [15, 20–22]. Diese können präparato-risch, durch den Druck des einliegenden Weichteilsper-rers oder auch durch eine direkte Verletzung (z. B. mitder Fräse) entstehen. Nach entsprechender anatomi-scher Präparation sollte, wie zur Prävention von vasku-lären Läsionen, der Weichteilsperrer unterhalb desM. longus colli platziert werden.

Postoperative KomplikationenHämatom

Ein postoperatives Hämatom stellt eine relevante Kom-plikation dar und wird in der Literatur mit einer Inzi-denz von bis zu 5,6% angegeben [15, 23]. Durch die un-mittelbare Nachbarschaft von Ösophagus und Pha-rynx/Trachea kann sich eine lebensbedrohliche Verle-gung des Atemweges entwickeln, was eine sofortigeEntlastung des prävertebralen Hämatoms – ggf. nochvor Intubation – mit anschließender operativer Revisi-on erfordert.

CaveSomit sollten die Patienten postoperativ streng hin-sichtlich der Zeichen eines sich entwickelnden prä-vertebralen Hämatoms überwacht werden.

Insbesondere werden ein zunehmender Halsumfang,Globusgefühl, zunehmende Schluckstörungen oderein zunehmender inspiratorischer Stridor mit subjekti-ver Atemnot als dringliche Indikation für eine frühzeiti-ge Revision – auch ohne vorherige Bildgebung – gese-hen.

Ursächlich ist meist eine diffuse Blutung, daher wirdbei der operativen Revision selten eine lokalisierte Blu-tung gefunden. Somit sind eine schonende Präparationund die sorgfältige intraoperative Blutstillung wichtig,um postoperativen Blutungskomplikation zu vermei-den. Die Einlage einer tiefen Redon-Drainage, mit prä-vertebraler Positionierung, wird von den Autoren emp-fohlen.

Im frühen postoperativen Verlauf ist eine neurologi-sche Verschlechterung (z. B. Tetraparese/-plegie)durch ein sich entwickelndes epidurales Hämatommöglich. Auch hier ist eine sofortige Revision obligat.

MerkeWar der Patient direkt postoperativ neurologisch in-takt, kann aus Gründen der Zeitersparnis auf einevorherige Bildgebung verzichtet werden, da einkompressiv wirkendes Epiduralhämatom hochwahr-scheinlich ist.

Infektion

Infektiöse Wundheilungsstörungen nach Bandschei-benprothesenimplantation sind selten [24]. Bei Nach-weis einer Wundinfektion sollte vor der Revision wie

FALLBEISPIEL

Fall 1: Versorgung und OutcomeIn ▶Abb. 11 sind die präoperativen MRT- und Röntgenauf-nahmen gezeigt sowie postoperative Röntgenaufnahmen 4Tage sowie 3 Monate nach dem Eingriff. Bei der Aufnahme,

die 1/4 Jahr nach der OP entstand, ist die Patientinbeschwerdefrei bei vollständiger Rückbildung des motori-schen Defizits C6 links.

▶Abb. 11 Fall 1. a MRT präoperativ. b Röntgen HWS 2 Ebenen präoperativ. c Röntgen HWS in 2 Ebenen 4 Tage postoperativ.d Röntgen HWS in 2 Ebenen 3 Monate postoperativ.

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auch intraoperativ eine potenzielle viszerale Läsion (z.B. Ösophagusfistel) als Ursache der Infektion ausge-schlossen werden [25]. Eine infizierte Bandscheiben-prothese kann nur durch eine operative Revision, dieProthesenausbau und eine definitive Fusion beinhaltet,saniert werden. Ein deutlich erhöhtes Komplikations-spektrum bei Revisionsoperation nach Bandscheiben-prothesenimplantation ist in der Literatur evident [26].

CaveEine übersehene Ösophagusperforation als Ursacheeiner Wundinfektion stellt unbehandelt eine poten-ziell lebensbedrohliche Komplikation dar.

Implantatfehllage

Posteriore Prothesenfehllagen können zu einer neuro-logischen Verschlechterung des Patienten führen. Hin-gegen bleiben geringgradige ventrale Prothesenfehl-platzierungen klinisch häufig folgenlos. In seltenen Fäl-len sind Schluckstörungen und persistierende dyspha-gische Beschwerden möglich. In einigen Fällen istdann ggf. eine operative Revision notwendig (s. Fallbei-spiel 2). Die Auswahl einer zu hohen Prothese kann dasBewegungssegment destabilisieren und durch die Hy-perlordosierung des Bewegungssegmentes zu ver-mehrten postoperativen Nackenschmerzen führen.

Implantatversagen/Lockerung

Bei früheren Prothesendesigns wurde häufiger überProthesendislokationen/Extrusion berichtet. Bei denmodernen heutigen Prothesendesigns tritt eine voll-ständige Prothesendislokation nur noch selten auf.Eine Prothesenlockerung oder Sinterung ist aber beiunzureichender Knochenqualität oder sekundärer Pro-theseninfektion möglich. Die Revision ist entsprechendaufwendig und mit höheren Kosten und einem länge-ren Krankenhausaufenthalt verbunden, als wenn eineACDF-OP revidiert werden muss, wie Nadyala und Kol-legen [26] berichten.

Heterotope Ossifikation (HO)

Ein bisher ungelöstes Problem ist das Auftreten von he-terotopen Ossifikationen nach Implantation einerBandscheibenendoprothese [27, 28]. Diese könnensich als minimale ventrale oder dorsale Osteophyten(McAfee Grad I) darstellen oder im Vollbild zu einerventralen Überbrückung des Bewegungssegmentes(McAfee Grad IV) im Sinne einer vollständigen Fusionführen [29].

Dass dieses Problem nicht selten nach Bandscheiben-prothesenimplantation nachzuweisen ist, haben Chenund Kollegen [30] in einer Metaanalyse beschrieben.So sind nach 12 Monaten bei 44,6% der Prothesenlevelmoderate HO (Grad I + II) und bei 11,1% vorangeschrit-

FALLBEISPIEL

Fall 2Der 40-jährige Patient leidet unter einem rezidivierendenintolerablen Würgereiz bei Extension der Halswirbelsäuleund störenden Nackenschmerzen (VAS-Nacken 4–5) seitder Implantation einer Bandscheibenprothese HW5/6 6Monate zuvor. Die CT- und MRT-Diagnostik (▶Abb.12a)weist die ventrale Fehllage der Prothese und Überdistrakti-

on des Indexsegmentes nach. Es wird eine Revisions-OP mitEntfernung der Prothese und Fusion mittels Zero-Profile-Implantat durchgeführt ▶Abb. 12b. Der Patient ist an-schließend beschwerdearm (VAS-Nacken 1) bei komplettregredierter Dysphagie.

▶Abb. 12 Fall 2. a CT- und MRT-Diagnostik mit Nachweis der ventralen Fehllage der Prothese und Überdistraktion des Indexsegmentes.b Röntgen HWS in 2 Ebenen 6 Monate nach Revision.

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tene HO (Grad III + IV) nachweisbar [30]. Nach 24 Mo-naten steigt die Rate der moderaten HO auf 58,2%und der vorangeschrittenen HO auf 16,7%. Eine Korre-lation zum klinischen Outcome wurde jedoch nichtnachgewiesen [30]. Diese Erfahrungen können die Au-toren auch im eigenen Krankengut beschreiben. BeiNachweis einer HO Grad III– IV war das Bewegungsseg-ment in physiologischer Lordose fusioniert und die Pa-tienten waren meist beschwerdefrei bzw. gaben keineÄnderung der Beschwerden im Behandlungsverlauf an.

Letztendlich scheint das Auftreten von HO unabhängigvom Prothesentyp zu sein. So stellen sich sowohl beiProthesen mit Kiel als auch bei Prothesen ohne KielSpontanfusionen nach 2–3 Jahren Prothesenstandzeitdar (Fallbeispiele 3 u. 4). Als Risikofaktoren haben sicheine vorangeschrittene segmentale Spondylochondro-se als auch eine ausgedehnte Resektion ventraler und/oder dorsaler Osteophyten herausgestellt. Daher solltedie Resektion der Vorderkante sowie der Hinterkantedes Wirbels äußerst sparsam erfolgen und das Resekti-onsareal, insbesondere an der Vorderkante des Wirbel-körpers, mit Knochenwachs verschlossen werden.

Klinisches Outcome nachzervikaler Bandscheibenprothesen-implantationZahlreiche Fallstudien belegen, dass mit der zervikalenBandscheibenendoprothetik im klinischen Outcomeeine hohe Patientenzufriedenheit erreicht werdenkann. Dass eine Bandscheibenprothese in der Lage ist,die segmentale Beweglichkeit zu erhalten (s. Fallbei-spiel 5), ist ebenso hinreichend bewiesen [31]. Sokonnten Ren und Kollegen im Rahmen eines systemati-schen Review und Metaanalyse nachweisen, das nach4–6 Jahren eine durchschnittliche Beweglichkeit von8–10 Grad nach Implantation einer Bandscheibenen-doprothese verbleibt [32]. Aber auch in dieser Studiewurde auf eine hohe Rate von überbrückenden HO ver-wiesen, die je nach Studie bei 3,2–17% der implantier-ten Bandscheibenendoprothesen auftrat [32].

FALLBEISPIEL

Fall 3Das Fallbeispiel zeigt einen 41-jährigen Patienten nach Im-plantation einer zervikalen Bandscheibenprothese mit zen-tralem Kiel in HW 6 /7; der Eingriff war im März 2009durchgeführt worden ▶Abb. 13a. Der Patient hat keineBeschwerden, als 3 Jahre später in einer Röntgenkontrolle

eine überbrückende heterotope Ossifikation gefundenwird. ▶Abb.13c zeigt Funktionsaufnahmen in Flexion/Ex-tension mit Nachweis einer subtotalen Spontanfusion; esbesteht inzwischen eine Restbeweglichkeit von 2 Grad.

▶Abb. 13 Fall 3. a Postoperative Röntgenbilder der HWS a.-p./seitlich eines 41-jährigen Patienten nach Implantation einer zervikalenBandscheibenprothese mit zentralem Kiel HW6 /7 (03 /2009). b Seitliches Röntgenbild 3 Jahre später mit Nachweis einer überbrückendenheterotopen Ossifikation (04 /2012). c Funktionsaufnahmen in Flexion/Extension mit Nachweis einer subtotalen Spontanfusion mitRestbeweglichkeit von 2 Grad.

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FALLBEISPIEL

Fall 4Im Alter von 36 Jahren war der in ▶Abb. 14 vorgestelltenPatientin eine zervikale kiellose Bandscheibenprothese HW5 /6 implantiert worden. Im seitlichen Röntgenbild 2 Jahrespäter zeigt sich eine überbrückende heterotope Ossifika-

tion. Die Patientin ist nach wie vor beschwerdefrei. DieFunktionsaufnahmen in Flexion/Extension weisen die voll-ständige segmentale Fusion in physiologischer segmenta-ler Lordose nach ▶Abb.14c.

▶Abb. 14 Fall 4. a Postoperative Röntgenbilder der HWS a.-p./seitlich (08/2010). b Seitliches Röntgenbild 2 Jahre später mit Nachweiseiner überbrückenden heterotopen Ossifikation (06/2012). c Funktionsaufnahmen in Flexion/Extension mit Nachweis der vollständigensegmentalen Fusion in physiologischer segmentaler Lordose.

FALLBEISPIEL

Fall 5Es handelt sich um einen 42-jährigen Patient mit Radikulo-pathie C6 rechts. Im axialen MRT-Schnitt HW 5/6 wird eindas Neuroforamen okkludierenden Nucleus-pulposus-Pro-laps (NPP) mediolateral rechts nachgewiesen (▶Abb. 15a).Die Implantation einer zervikalen kiellosen Bandscheiben-

prothese HW 5 /6 wird durchgeführt und weist auch 4 Jahrepostoperativ keine Lockerung auf.Bei insgesamt Beschwerdearmut des Patienten zeigen dieFunktionsaufnahmen eine physiologische segmentale Be-weglichkeit im Indexsegment (▶Abb.15d).

▶Abb. 15 Fall 5. a Axialer MRT-Schnitt HW 5 /6 mit Nachweis eines das Neuroforamen okkludierenden Nucleus-pulposus-Prolapsmediolateral rechts. b Postoperative Röntgenbilder der HWS a.-p./seitlich nach Implantation einer zervikalen kiellosen Bandscheiben-prothese HW5 /6 (09/2009). c Seitliches Röntgenbild 4 Jahre später mit lockerungsfreiem Sitz der Prothese ohne relevante heterotopeOssifikation (09/2013). d Funktionsaufnahmen in Flexion/Extension mit Nachweis der physiologischen segmentalen Beweglichkeit imIndexsegment.

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Vergleichende Untersuchungen: Cervicaltotal Disc Replacement (cTDR) versusanterior Decompression and Fusion (ACDF) –klinische Ergebnisse

Es finden sich in der Literatur aktuelle Reviews und Me-taanalysen, die für die zervikale Bandscheibenendopro-thetik vergleichbare und teilweise bessere klinische Re-sultate im Vergleich mit der Fusion (ACDF) aufzeigen[12, 31, 32]. Auch wenn somit bereits Level-I-Datenexistieren, die eine klinische Überlegenheit der Band-scheibenprothese postulieren, sollte die Evidenzlageaus Sicht der Autoren kritisch hinterfragt werden. Ins-besondere muss hier auf die Widersprüche in den Da-ten hingewiesen werden, die den aktuellen Reviewsund Metaanalysen zugrunde liegen [33].

Die meisten Patienten wurden bis heute über die zurZulassung der Prothesen durchgeführten FDA-Studieneingeschlossen. Es erfolgte der Vergleich zwischenACDF und cTDR, wobei als ACDF-Vergleichsgruppe Pa-tienten herangezogen wurden, die mit einem Auto-graft oder einen Allograft – teils mit und teils ohne Plat-te – operiert worden sind. Unterschiede im klinischenOutcome und bei der Anzahl der Revisionen im Index-level sind somit gut zu erklären.

Auch hat die Arbeitsgruppe von Alvin und Kollegen [34]untersucht, bei wie vielen der Studien zu Bandschei-benendoprothesen ein relevanter Conflict of Interest(COI) angegeben wurde. Bei 50 von 74 ausgewertetenStudien (68%), darunter bei allen 22 randomisiertenFallkontrollstudien, wurde ein signifikanter COI ange-geben. Ein besseres klinisches Outcome im Vergleichzur ACDF wurde nur bei den Studien mit COI postuliert.Darüber hinaus zeigte sich bei den Studien mit COI einedeutlich niedrigere Rate von HO mit 22% versus 46%bei den Studien ohne COI [34].

MerkeDaher sollten die Schlussfolgerungen der aktuellenReviews kritisch hinterfragt werden, insbesonderedann, wenn eine signifikante Überlegenheit derBandscheibenendoprothetik postuliert wird.

Anschlussdegeneration

In der Literatur finden sich Hinweise, dass die Rate derAnschlussdegenerationen bei Verwendung einer zervi-kalen Bandscheibenprothese im Vergleich zur ventra-len Fusion niedriger ist [31, 35]. Ein statistisch signifi-kanter Unterschied wurde aber bislang nicht nachge-wiesen. Die Ursachen für eine Anschlussdegenerationsind weiterhin nicht vollständig geklärt. Es hat sich

FALLBEISPIEL

Fall 6Dem 31-jährigen Patienten wird im Juni 6 /2012 eine Band-scheibenprothese eingesetzt, die Röntgenverlaufskontrolleeinen Monat später ist ohne Befund (▶Abb. 16b). 2 Jahre

später jedoch zeigen sich in der Röntgenverlaufskontrolleinitiale degenerative Veränderungen im kranialen An-schlusssegment (▶Abb.16c).

▶Abb. 16 Fall 6. a Präoperatives seitliches Röntgenbild vor Prothesenimplantation bei einem 31-jährigen Patienten (06/2012).b Röntgenverlaufskontrolle 07/2012. c Röntgenverlaufskontrolle 2 Jahre später mit Nachweis initialer degenerativer Veränderungenim kranialen Anschlusssegment (rote Pfeile: ventrale Osteophyten).

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aber gezeigt, dass diese vor allem bei der ventralen Fu-sion mit Cage und additiver Platte auftreten. Es ist zudiskutieren, ob dieses Phänomen nicht ein Problemder Fusion per se ist, sondern eher über die Interferenzder Platte mit den angrenzenden Bewegungssegmen-ten erklärbar ist. Möglicherweise können zukünftigevergleichende Untersuchungen, unter Einbeziehungder derzeit erhältlichen Zero-Profile-Implantate, zurBeantwortung dieser Frage beitragen.

Bei der Frage nach einer Überlegenheit der Bandschei-benprothese hinsichtlich Anschlussdegeneration musshier erneut auf den Unterschied zwischen Studien mitund ohne COI hingewiesen werden. So wurde nur beiden Studien mit COI ein relevanter Unterschied hin-sichtlich der Rate von Anschlussdegenerationen (2,5%vs. 6,2%) beschrieben, während die Rate bei den Studi-en ohne COI gleichwertig (6,3% vs. 6,2%) angebenwurde [34]. Somit bleibt festzuhalten, dass die Implan-tation einer zervikalen Bandscheibenprothese degene-rative Veränderungen in den Anschlusssegmentennicht verhindern kann (s. Fallbeispiel 6). Daher mussein Voranschreiten der degenerativen Grunderkran-kung, unabhängig von der Art der operativen Therapie,als mitursächlich angenommen werden.

FazitMit der zervikalen Bandscheibenendoprothetik könnensehr gute klinische Ergebnisse erzielt werden, die sichmindestens gleichwertig zu den Ergebnissen der ven-tralen Fusion darstellen. Wenn präoperativ eine sorg-fältige Abklärung erfolgt ist, die Indikationen und Kon-traindikationen beachtet werden und die Bandschei-benprothese sorgfältig implantiert wird, kann die seg-mentale Beweglichkeit längerfristig erhalten werden.Somit ist der Einsatz der zervikalen Bandscheibenpro-these bei jungen Patienten in einem begrenzten Indika-tionsspektrum sicher gerechtfertigt.

Da nie alle Patienten die Einschlusskriterien für die Ver-sorgung mit einer Bandscheibenprothese erfüllen, wirdes immer ein Nebeneinander von Fusion und Band-scheibenendoprothetik geben. Es obliegt der Sorgfaltdes Chirurgen, das richtige Verfahren für den richtigenPatienten auszuwählen.

Schlüsselwörter

Bandscheibenvorfall, Stenose, Halswirbelsäule, Bandschei-benprothese, OP-Technik, Outcome, ACD, Komplikationen

Interessenkonflikt

Consultant Fa. Depuy Synthes, Siemens, Vexim; SpeakersBureau Fa. Depuy Synthes, Medtronic

KERNAUSSAGEN

▪ Die Bandscheibenprothetik an der HWS stellteine Non-Fusionstechnik mit schmalem Indika-tionsspektrum dar.

▪ Als Hauptindikation gilt ein weicher mediolate-raler Bandscheibenvorfall mit passender Radi-kulopathie bei Versagen der konservativenTherapie.

▪ Präoperative Abklärung mittels MRT, Röntgen+Röntgenfunktionsaufnahmen und ggf. CT not-wendig.

▪ Bei Beachtung der Indikationen und Kontrain-dikationen ist die zervikale Bandscheibenendo-prothetik der Fusion mindestens ebenbürtig.

▪ Degenerationen im Anschlusssegment könnenauch durch die Bandscheibenprothesenimplan-tation nicht verhindert werden.

▪ Ein ungelöstes Problem ist das Auftreten vonSpontanfusionen (heterotope OssifikationGrad IV) im Behandlungsverlauf, wobei bisherkein negativer Einfluss auf das klinische Ergeb-nis nachweisbar war.

▪ Die Auswahl der geeigneten Prothesengrößeund die sorgfältige Implantationstechnik sindentscheidend für den Behandlungserfolg.

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Autorinnen/Autoren

Matti Scholz

Dr. med., Facharzt für Orthopädie undUnfallchirurgie, Facharzt für Chirurgie,Schwerpunkt Unfallchirurgie. Tätigals leitender Oberarzt im Zentrumfür Wirbelsäulenchirurgie undNeurotraumatologie der BG-

Unfallklinik Frankfurt am Main.

Andreas Pingel

Dr. med. Facharzt für Neurochirurgie,Manuelle Medizin/Chirotherapie, Mas-ter-Zertifikat der Deutschen Wirbel-säulengesellschaft. Tätig als LeitenderArzt und Stellvertreter des Chefarztesam Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie

und Neurotraumatologie an der BG Unfallklinik Frankfurtam Main.

Christoph-Heinrich Hoffmann

Dr. med., Facharzt für Neurochirurgie.Tätig als Oberarzt im Zentrum für Wir-belsäulenchirurgie und Neurotrauma-tologie der BG-Unfallklinik Frankfurtam Main.

Frank Kandziora

Prof. Dr. med. Medizinstudium inFrankfurt am Main, dann orthopädi-sche Universitätsklinik Frankfurt amMain. Facharztausbildung an der Cha-rité der Humboldt-Universität Berlinzum Chirurg, Unfallchirurg und Ortho-

päden. Leiter des Wirbelsäulenzentrums am Campus Vir-chow-Klinikum der Charité. Seit 2008 Chefarzt des interdis-ziplinären Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie und Neuro-traumatologie an der BG Unfallklinik Frankfurt am Main.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Matti ScholzZentrum für Wirbelsäulenchirurgie undNeurotraumatologieBG-Unfallklinik Frankfurt am Main gGmbHFriedberger Landstraße 43060389 Frankfurt am MainE-Mail: [email protected]

Wissenschaftlich verantwortlich gemäßZertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäßZertifizierungsbestimmungen für diesen Beitragist Dr. Matti Scholz, Frankfurt/Main.

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Bibliografie

DOI https://doi.org/10.1055/a-0436-4465Die Wirbelsäule 2018; 02: 309–330© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 2509-8241

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Unter https://eref.thieme.de/CX9J3IQ oder über den QR-Code kommen Sie direktzum Artikel zur Eingabe der Antworten.

VNR 2760512018154654669

Frage 1

Warum sollte der Einsatz einer Bandscheibenprothese an derHWS bei jungen Patienten erwogen werden?

A Weil eine Fusion im Vergleich zur Bandscheibenprotheseimmer die schlechteren Ergebnisse erzielt.

B Weil bei Implantation einer Bandscheibenprothese keineKomplikationen auftreten.

C Eine Argumentation erübrigt sich, da junge Patienten keineDegeneration der Halswirbelsäule aufweisen.

D Weil die Bandscheibenprothesenimplantation dieImplantatkosten der Operation deutlich verringert.

E Weil nach Bandscheibenprothesenimplantation diesegmentale Mobilität primär erhalten bleibt und dieAnschlusssegmente mechanisch weniger belastet werdenals bei einer Fusion.

Frage 2

Welche Aussage über die Historie und das Design zervikalerBandscheibenprothesen trifft zu?

A Die Erstbeschreibung einer Bandscheibenprothese wirdFernström zugeschrieben, der 1956 eine Edelstahlkugel inden Bandscheibenraum implantierte.

B Implantatlockerungen und Implantatsinterungen tratenbei Prothesenmodellen der 1. Generation nicht auf.

C Die meisten der heutigen Bandscheibenprothesenbestehen aus einer Metall-Kunststoff-Gleitpaarung.

D Moderne Bandscheibenprothesen müssen im Wirbelkörperverschraubt werden, um deren Extrusion sicher zuverhindern.

E Als „non-constrained“ wird eine Bandscheibenprothese miteinem fixierten Rotationszentrum bezeichnet.

Frage 3

Als typische Indikation zur Implantation einer zervikalenBandscheibenprothese gilt welche der im Folgendengenannten Konstellationen?

A 58-jähriger Patient mit chronischem Nackenschmerz beimultisegmentaler Spondylchondrose

B 42-jährige Patientin mit akut einsetzendem Nacken-schmerz bei verschleißbedingtem Wirbelgleiten Halswirbel4/5

C 55-jährige Patientin mit pseudoradikulärem Armschmerzrechts und multisegmentaler Facettengelenkarthrose

D 60-jähriger Patient mit progedienter Gangunsicherheit beiabsoluter knöcherner zervikaler Spinalkanalstenose Hals-wirbel 7 /Brustwirbel 1

E 37-jährige Patientin mit akuter Bizepsparese rechts Kraft-grad 3 bei Nucleus-pulposus-Prolaps (NPP) im Halswirbel5/6 mediolateral rechts

Frage 4

Eine der folgenden Indikationen gehört nicht zum Indikations-spektrum resp. erweiterten Indikationsspektrum für die Im-plantation einer zervikalen Bandscheibenprothese. Welche?

A Radikulopathie bei partiell verknöchertem zervikalemBandscheibenvorfall

B Hybridversorgung nach anterior Decompression and Fusion(ACDF)

C zervikale Myelopathie bei Stenose und segmentalerInstabilität

D milde zervikale Myelopathie bei zentralem Nucleus-pulposus-Prolaps (NPP)

E mehrsegmentale Bandscheibenpathologie

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Frage 5

Einer der folgenden Befunde stellt keine Kontraindikation zurImplantation einer zervikalen Bandscheibenprothese dar.Welche?

A OsteoporoseB funktionelle segmentale Kyphose im IndexsegmentC ausgeprägte FacettengelenkarthroseD strukturelle segmentale KyphoseE degenerative Instabilität im Indexsegment

Frage 6

Auf welche der folgenden diagnostischen Modalitäten kann zurIndikationsstellung für eine zervikale Bandscheibenprotheseam ehesten verzichtet werden?

A Magnetresonanztomografie (MRT)B Angiografie der hirnversorgenden GefäßeC Röntgen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen im StehenD Funktionsaufnahmen der HWSE Computertomografie

Frage 7

Welche Aussage trifft für die Lagerung und den Zugang beigeplanter zervikaler Bandscheibenprothesenimplantation zu?

A Ob von links oder von rechts zugegangen wird, ist ent-scheidend für die zugangsbedingte Morbidität.

B A. carotis und V. jugularis sollten während/nach Abschlussdes Zugangs lateral des Zugangsgebietes lokalisiert wer-den.

C Die Halswirbelsäule muss in Kyphose gelagert werden, umneurologische Komplikationen zu vermeiden.

D Bei an der HWS voroperierten Patienten ist die Wahl derZugangsseite von der Präferenz des Chirurgen abhängig.

E Der Zugang von links ist der empfohlene Standardzugangbei der Indexoperation.

Frage 8

Welche Aussage trifft für die Dekompression und Band-scheibenprothesenimplantation nicht zu?

A Die Uncovertebralgelenke verhindern eine Läsion derVertebralarterie bei der Inzision der Bandscheibe.

B Das hintere Längsband sollte eröffnet werden, um denVorfall sicher und vollständig zu entfernen.

C Die korrekte Lage der Prothese muss intraoperativ radio-logisch überprüft werden.

D Eine ausgedehnte Resektion der Wirbelkörpervorderkanteist notwendig, um die Bildung von überbrückendenOsteophyten zu verhindern.

E Eine Fehlpositionierung der Prothese kann zu neurologi-schen Komplikationen führen.

Frage 9

Nur eine der folgenden Aussagen zu den Komplikationen nachImplantation einer zervikalen Bandscheibenprothese ist kor-rekt. Welche?

A Bei Revisionsoperation nach Bandscheibenprothesenim-plantation besteht ein geringeres Komplikationsspektrumals beim Ersteingriff.

B Bei V. a. postoperatives Hämatom sollte die Auswertungder bildgebenden Diagnostik abgewartet werden, um inder elektiven Revision die Blutung vorab möglichst präziselokalisieren zu können.

C Der Symptomenkomplex von Miosis, Ptosis und Enopthal-mus wird als Horner-Syndrom bezeichnet.

D Eine der häufigsten Komplikationen nach Implantationeiner zervikalen Bandscheibenprothese ist ein infektiösesGeschehen.

E Zur intraoperativen Stillung venöser Blutungen sindHämostyptika kontraindiziert.

Frage 10

Was trifft für des Outcome nach Implantation einer zervikalenBandscheibenprothese zu?

A Entscheidend für den Behandlungserfolg ist neben derAuswahl der geeigneten Prothesengröße die sorgfältigeImplantationstechnik.

B Anschlussdegenerationen treten nicht auf.C Patienten mit radiologisch nachgewiesenen heterotopen

Ossifikationen klagen über eine Zunahme der Nacken-schmerzen.

D Bei Nachweis einer heterotope Ossifikation (HO) Grad IVbesteht eine physiologische Mobilität der Bandscheiben-prothese.

E Heterotope Ossifikationen treten nur bei Bandscheiben-prothesen auf, bei deren Implantation ein Kiel gefrästwerden muss.

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