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Page 1: Lekach Tauw לקח טוב - by Heinrich S. Gelbart

Lekach tauw

ein

Handbuch für

praktische Schächter

Bearbeitet

von

Heinrich S. Gelbart

Prediger und Religionslehrer

Labes i. Pm.

-=-=-=-=-=-

Nachdruck untersagt.

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Namenverzeichnis der Herren Subskribenten

Altona (Schleswig-Holstein), Herr Rabbinatsassessor Elias Munk. Altenstadt a. Iller (Schwaben), Herr Lehrer I. Lautmann Bamberg (Ober-Franken, Bayern), Herr Distrikts-Rabbiner Dr. A. Eckstein. Bergzabern (Pfalz, Bayern), Herr Lehrer S. Baer. Berrent (Westpreußen), Herr Kantor M. Cohn. Bremen, Herr Lehrer und Kantor Mehrgut. Birkenfeld (Fürrstentum), Herr Großherzogl. Landes-Rabbiner Dr. Levy. Bromberg (Prov. Posen), Herr Rabbiner Dr. Walter. Bruchsal (Baden), Herr Bezirks-Rabbiner Dr. I. Eschelbacher. Bischofsweder (Westpreußen), Herr Kantor I. Menke. Büdingen (Lothringen), Herr A. Wilkow, Kultusbeamter. Braunsbach (Württemberg), Herr Lehrer I. Strauß. Bamberg (Hessen-Nassau), Herr Lehrer Ferdinand Heymann.

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II Cannstadt (Würtemberg), Herr W. Horwiz, Kultusbeamter. Cleve, Bad (Rheinprovinz), Herr Joseph Meyer, Kultusbeamter. Colmar (Ober-Elsaß), Herr Jaques Isaak, Oberschächter. Carthaus (Westpreußen), Herr Kantor und Lehrer J. Wagenheim. Crefeld (Rheinprovinz), Herr Ober-Rabbiner Dr. J Horwiz. Camen (Westfalen), Herr Prediger J. Gossel. Daber (Pommern), Herr Kantor Moriz Lewinsohn. Darkemen (Ostpreußen), Herr Kantor Hermann Friedländer. Detmold (Fürstentum Lippe), Herr A. J. Hamlet, Schochet. Dramburg (Pommern), Herr Lehrer und Kantor Kuschner. Erfurt (Sachsen), Herr L. Kaßenstein, Gemeindeschochet. Elmshorn (Schleswig-Holstein), Herr Kantor und Lehrer S. M. Bachrach. Ernsbach (Würtemberg), Herr Lehrer S. Rosenberger. Esens (Ostfriesland, Hannover), Herr Lehrer August Gottschalk. Floß (Oberpfalz, Bayern), Herr Lehrer und Kantor Jonas Wetzler.

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III Frankfurt a. Main, Buchhandlungen. Gailingen (Baden), Herr M. Bloch, Kultusbeamter. Graz (Steiermark, Österreich), Herr Ober-Rabbiner Dr. Mühsam. Gollantsch (Prov. Posen), Herr Kantor Elias. Görlitz (Schlesien), Herr Rabbiner Dr. S. Freund. Hardheim (Baden), Herr Lehrer F. Wertheimer. Heinsberg (Rheinprovinz), Herr Lehrer A. Gundersheim. Haigerloch (Rheinprovinz), Herr Jacob Hohenmyer, Schochet. Ingenheim (Rheinpfalz, Bayern), Herr Kantor Rafael Mandel. Insingen (Lothringen), Herr Kantor B. Lyon. Insterburg, Herr Kantor B. Pessen. Karlsruhe (Oberschlesien), Herr Kantor S. Translateur. Krakau (Galizien), Buchhandlung. Kirschberg (Rheinprovinz), Herr Lehrer J. Rotschild. Koschim (Prov. Posen), Herr Rabbiner Dr. Heppner.

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IV Lübeck, Herr Rabbiner Dr. S. Karlebach. Labes (Pommern), Herr Synagogen-Vorsteher Julius Jacob. Herr Synagogen-Vorsteher Victor Kronheim. Herr Synagogen-Vorsteher Max Meyer. Lüneburg (Hannover), Herr Lehrer Theodor Philipp. Löwenberg (Schlesien), Herr Lehrer A. Stoppelmann. Ludwigslust (Mecklenburg), Herr Lehrer und Kantor M. Süßkind. Metz (Lothringen), Herr Ober-Rabbiner A. Ulri. (Vicepräsident des Israel Consistoriums.) Märk. Friedland (Westpr.), Herr Kantor Lichtenstein. Montabour (Hessen-Nassau), Herr Kantor und Lehrer Heimann Wagschal. Müttersholz (Unter-Elsaß), Herr Vorsänger P. Löb. Moschin (Prov. Posen), Herr Kantor Philipp Goldberg. Nenzenheim, (Mittel-Franken, Bayern), Herr Lehrer G. Lind. Neustettin (Pommern), Herr Rabbiner Dr. Norden. Herr Kantor Victor Kochanowsky. Neckarbischofsheim (Baden), Herr Lehrer N. Niedermann.

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V Neuwedel (Prov. Brandenburg), Herr M. Sittenfeld, Kultusbeamter. Nikolaiken (Ostpreußen), Herr Kantor Jordan. Oberwaldbehrungen (Unter-Franken, Bayern), Herr Lehrer Hermann Rose. Ostrowo (Prov. Posen), Herr Rabbiner Dr. Freund. Osterode (Ostpreußen), Herr Prediger J. Sturmann. (Vorstand des Vereins Jüd. Religionslehrer Ostpreußens.) Odenheim (Baden), Herr Lehrer J. Gugenheim. Ohlau (Schlesien), Herr Lehrer Joseph Gutmann. Pyriz (Pommern), Herr Kantor M. Jacobi. Pirmasens (Rheinpfalz, Bayern), Herr Kantor A. Slodki. Puzig (Westpreußen), Herr Kantor A. Ehrenberg. Rheinbischofsheim (Baden), Herr Lehrer Daniel Levy. Rakwiz (Prov. Posen), Herr Prediger S. Nathan. Ratibor (Schlesien), Herr Rabbiner Dr. A. Blumenthal. Rimbach i. Odenwald (Hessen), Herr Lehrer Lewin.

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VI Rösel (Ostpreußen), Herr Kantor M. Rosenthal. Rees (Rheinprovinz), Herr Lehrer S. Cohen. Rotenburg a.d. Fulda (Hessen-Nassau), Herr Jes. Falkenstein, Kultusbeamter. Santomischel (Prov. Posen), Herr Kantor Max Lewandowsky. Sobernheim (Rheinprovinz), Herr Kantor S. Berendt. Sommerhausen a. Main (Unter-Franken, Bayern), Herr Lehrer Rosenfeld. Stettin (Pommern), Herr Rabbiner Dr. Vogelstein. Herr Louis Rosenthal, Gemeindeschochet. Startgard (Pommern), Herr Rabbiner Dr. Wolfsohn. Schlawe (Pommern), Herr Lehrer N. Rohberg. Stolp (Pommern), Herr Kantor Rothenberg. Stuttgart (Würtemberg), Herr Kirchenrat Dr. Th. Croner, Rabbiner.

(Vorsitzender des Verbandes Württembergischer Rabbiner.)

Sinzig, (Bez. Coblenz, Rheinprovinz), Herr Lehrer J. Friedheim. Surburg (Unter-Elsass), Herr Prediger Moriz Heimann.

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VII Schneidermühl (Prov. Posen), Herr Kantor H. Helischkowski. Stadtoldendorf (Großherzogtum, Braunschweig), Herr Lehrer S. Braun. Unterdeufstetten (Rheinprovinz), Herr Lehrer Eppstein. Untereisenheim (Unter-Franken, Bayern), Herr Lehrer Jacob Mannheimer. Weilburg a.d. Lahn (Hessen-Nassau), Herr Bezirks-Rabbiner Dr. G. Landau. Wangerin (Pommern), Herr Lehrer Magnus Magnescheff. Walldorf (Baden), Herr Lehrer J. Hahn. Worms (Hessen), Herr Kantor Julius Rosenthal. Wiesloch (Baden), Herr Lehrer D. Ackermann. Wächtersbach (Hessen-Nassau), Herr Lehrer H. Gans. Zduny (Prov. Posen), Herr Kantor Leopold Friedmann. Znin (Prov. Posen), Herr Kantor L. Schmuhl.

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Vorwort

Die vorliegende Schrift wird dazu beitragen, die

Kenntnisse des Schochets zu erweitern und zu vertiefen und das Verständnis für die Kennzeichen der seuchenkranken Tiere zu fördern.

Die Schwierigkeiten, welche der Bearbeitung des nach mehr als einer Richtung hin spröden Stoffes entgegenstanden, war ich mir wohl bewußt; ob ihre Besiegung mir in einem hinreichendem Maße gelungen ist, muß ich dem Urteile einer wohlwollenden Kritik überlassen.

Ich erwähne daher nur die umseitig stehenden Worte meiner Subskriptions-bestellkarte und bemerke hierzu:

"Ein Werkchen, welches eine derartige Subskribenten-liste nachweist, (ist der mich erfreuende beste Beweis, welches Bedürfnis

vorhanden ist und) bedarf keiner weiteren Empfehlung."

Labes 1899.

Der Verfasser

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Die Reichsgesetzlichen Grundlagen für die Regelung des Fleischverkehrs haben das Bedürfnis eines Werkes für den Schächter, wodurch er auch diejenigen Krankheiten erkennen lerne, die bei der Bedika nicht zu Tage treten, lebhaft geweckt.

Wie oft leidet das Ansehen des Jüdischen Beamten, wenn er nach Bedikas horeoh erklärt, das Rind ist Koscher und gleich darauf der amtierende Fleischbeschauer Lunge und Leber (auch nicht selten das ganze Vieh) verwirft.

Wie unangenehm muß es einem ehrenhaften tüchtigen Schochet sein, sich von einem erfahrenen Metzger unterrichten lassen zu müssen! Und in dieser Lage müssen sich alle diejenigen befinden, welche die Zeichen der Seuchen*) und häufigsten Krankheiten noch nicht kennen gelernt haben.

Diesem Übelstande soviel als möglich abzuhelfen, wird durch gegenwärtiges Handbuch beabsichtigt. Der Schochet muß die Feststellung der Sanitätspolizeilichen Krankheiten vollständig beherrschen, um sich dem Fleischer gegenüber nicht als Unzuverlässiger bloß zu stellen.

_____________ *) Was die Bezeichnung "Seuchen" anbelangt, so verstehen wir

darunter ansteckende Krankheiten, gleichgültig, ob nur ein Tier oder

viele davon betroffen sind. (Simon's Fleischbeschau).

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Er soll nicht denken, das sein Ansehen darunter leidet, wenn er erklärt: Diesen Fall darf ich nicht allein beurteilen, hier muß der Tierarzt zugezogen werden. Im Gegenteil. Die Stellung bei seiner Gemeinde und sein Ansehen in den Augen des Fleischers, sowie des Publikums kann nur gehoben werden, wenn er nach der Bedika offen erklärt, daß die Beurteilung des betreffenden Falles außerhalb seiner Befügnisse liegt.

Mit Mühe und Sorgfalt habe ich daher alles dessen Erwähnung getan, was nur irgend von Nutzen sein kann, auch das Werk Jüdischen Sanitäts-Tierärzten, wie auch Direktoren größerer Schlachthäuser und Professoren der Hochschule vorgelegt, die es mit Freuden begrüßen und sich über dasselbe höchst anerkennend aussprachen.

Ganz bedeutende Rabbiner vom In- und Auslande, wie Kantoren und Lehrer, auch erfahrene und kompetente Schochtim, als auch Vorstände größerer Gemeinden, sind als Subskribenten mit mehreren Bestellungen beigetreten und haben erklärt, daß die Arbeit die wärmste Empfehlung verdient.

Das Buch soll in erster Reihe dem Schochet ein Ratgeber sein. *) Es findet darin u. a. die Kennzeichen der Tierkrankheiten, Milzbrand, Tuberkulose, insbesondere die Kennzeichen der Seuchen u.s.w. mit einem Worte: Es wird ihm ein belehrender Führer in manchen unklaren Fällen sein. (Die Anleitung ist auch der Fassungskraft eines jeden angemessen.) u.s.w. u.s.w.

________ *) Siehe Seite 23

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An dieser Stelle sage ich allen Subskribenten, welche mir zur Deckung eines kleinen Teiles meiner Druckkosten halfen, meinen herzlichsten Dank.

Ferner hatte Herr Kreistierarzt Biernacki die Freundlichkeit, mir die Benutzung seiner Bibliothek zu gestatten und mich bei der Bearbeitung dieses Handbuches mit manchen Brauchbaren unterstützt. Hierfür auch an dieser Stelle besten Dank.

Ganz besonderen Dank schulde ich dem Direktor des städtischen Schlachthofes zu Görlitz, Herrn Sanitäts-Tierarzt Simon, *) Verfasser des Werkes "Grundriß der gesamten Fleischbeschau", der mir mit manchen nützlichen Anweisungen zur Seite stand.

Ebenso spreche ich hiermit dem Herrn Geheimen Ober-Regierungsrat Dr. Lydtin - Karlsruhe**) an dieser Stelle meinem besten Dank aus.

Den meisten Dank aber schulde ich Herrn Kreistierarzt Fischöder - Königsberg, Verfasser des Werkes "Leitfaden der praktischen Fleischbeschau" und Herrn Dr. Med. Ostertag' Professor an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, wie auch Professor Bollinger - München.

Der Verleger.

Heinrich S. Gelbart, Labes i. Pom.

*) Verfasser der Broschüre "Die rituelle Schachmethode der

Juden." (Frankfurt a. Main 1893 bei Kaufmann verlegt.) **) Verfasser des Werkes "Anleitung zur Ausübung der

Fleischbeschau."

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Inhalts-Verzeichnis. ------------>>+<<------------

Kap.............................................................................................Seite:

1. Verfahren für die Vorbereitungen des Tieres zur

Schächtung ............................................................................... 8

2. Vermeidung häufigen Übelstandes beim

Schächten von Großvieh......................................................... 9

Die reichgesetzlichen Grundlagen für die

Regelung des Fleischverkehrs ............................................... 9

3. Die Milz....................................................................................10

4. Infektions-Krankheiten (Milzbrand)..................................12

5. Kennzeichen nebst Beurteilung...........................................12

6. Milzbrand Infektion beim Menschen ..................................13

7. Tuberkulose (Wesen und Vorkommen)..............................13

8. Kennzeichen ...........................................................................15

9. Die Leber .................................................................................16

10. Untersuchung geschlachteter tuberkulöser Tiere............17

11. Sanitätspolizeiliche Beurteilung der Tuberkulose............19

12. Gesundheitsschädliches Fleisch ..........................................20

13. Massen-Erkrankungen nach Genuß ungesunden

Fleisches..................................................................................21

14. Dienstanweisungen (Gang der Untersuchung) .................21

15. Nützliche Untersuchung nach Beidkas Horeoh ................22

16. Formular zur Anzeige ...........................................................23

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Kap.............................................................................................Seite: 17. Erkennung der Alters der Schlachttiere............................24 18. Unreife .....................................................................................24 19. Erkennung der Unreife .........................................................25 20. Eiterige Brust und Bauchteil Entzündungen nebst Beurteilung...................................................................26 21. Notschlachtungen wegen schwerer infektiöser Erkrankungen ....................................................27 22. Fleischvergiftungen...............................................................29 23. Jauchige Blutvergiftung .......................................................29 24. Erscheinungen Jauchiger Blutvergiftungen .....................30 25. Blutige Darmentzündung .....................................................32 26. Die Rindersinne nebst Beurteilung .....................................32 27. Wichtige Anweisung für Schächter.....................................33 28. Das Ausblasen ........................................................................34 29. Erkennung nebst Beurteilung..............................................35 30. Das Schächten ........................................................................36 31. Fleischschau Ordnung...........................................................38 32. Reichsseuchen Gesetze .........................................................40 33. Schäden und krankhafte Zustände des Schachttieres, welche das Fleisch genußuntauglich machen ...................41 34. Äußere und innere Erkennungszeichen.............................41 35. Genauere Kennzeichen der Finne .......................................43 36. Genauere Beschreibung des Milzbrandes ..........................45 37. Die Genaueren Zeichen des Milzbrandes unmittelbar nach dem Schächten .......................................46 38. Die Maul und Klauenseuche des Rindviehes, der Schafe und Ziegen nebst Merkmalen...........................48 39. Genauere Kennzeichen der Tuberkulose (Perlsucht)..............................................................................49

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Kap.............................................................................................Seite:

40. Die Rinderpest ........................................................................50

41. Gefahren der Tuberkulose der Schlachttiere für

den Menschen.........................................................................51

42. Fleisch von fieberhaft erkrankt gewesenen Tieren..........52

43. Verschiedene für den Schächter wichtige

Vorkommnisse .......................................................................53

44. Schlusswort ............................................................................55

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Cap. 1. Verfahren für die Vorbereitungen

des Tieres zur Schächtung

I. Das Niederlegen von Großvieh darf nur durch Winden oder ähnliche Vorrichtungen bewirkt werden. Die Winden, sowie die dabei gebrauchten Seile müssen haltbar, bezw. fest und geschmeidig sein.

II. Während des Niederlegens muß der Kopf des Tieres unter Anwendung geeigneter Vorrichtungen gehörig unterstütz und so geführt werden, das ein Ausschlagen des selben auf den Fußboden und ein Bruch der Hörner vermieden wird.

III. Bei dem Niederlegen des Tieres muß der Schauchet bereits zugegen sein und unmittelbar darauf die Schechita vornehmen.

VI. Nicht nur während der Schächtungs-handlung, sondern auch für die ganze Dauer der nach dem Halsschnitte eintretenden Muskelkrämpfe bis zum Eintritte des Todes muß der Kopf des Tieres festgelegt werden. Herr Direktor Zecha in Wien läßt die Tiere mittelst Gurten etwa 10 cm vom Boden in die Höhe ziehen und dann auf die Seite legen. Das Verfahren wurde vom Wiener Tierschutz-Kongreß sehr beifällig beurteilt. Indessen sind zu seiner Ausführung 5 Mann notwendig.

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In Stuttgart hat Herr Stadtdirektions-Tierarzt Sauer eine sehr zweckmäßige Methode zum Niederlegen eingeführt. Die Tiere werden mit dem Kopfe durch einen kurzen Strick an einem Boden angebrachten Ringe befestigt, erhalten hierauf zwei einfache mit einem Ringe an dem einen Ende versehene Schlingen um die Mitte eines jeden Vorderfußes gelegt, während um den Fessel eines Hinterfußes die Schlinge eines Wurfseiles geführt wird. Das Wurfseil wird durch die Ringe der Vorderfuß-Schlingen so hindurch gezogen, daß es auf der Seite des nicht befestigten Hinterfußes wieder zum Vorschein kommt. Eine Winde zieht das Seil hoch und das Tier fällt oder legt sich vielmehr langsam nieder und schließlich auf die Seite. Der freie Hinterfuß verhindert dabei das gewaltsame Nieder und Umfallen. (Handbuch Professor Dr. Ostertag.)

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Cap. 2.

Vermeidung Häufigen Übelstandes beim Schächten von Großvieh

(Kopfhalter.)

Ein häufiger Übelstand beim Schächten kräftiger Ochsen und Bullen ist die mangelhafte Befestigung des Kopfes. Zur Verhütung dieses Übelstandes kann ich auf einem sehr zweckmäßigen Apparat hinweisen.

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Es ist dieses der Kopfhalter für Rinder beim Schächten. So ist beispielsweise im Städtischen Schlachthode zu Stettin, Elberfeld, Crefeld und Halberstadt ein derartiger Apparat in Gebrauch. Derselbe besteht im großen und ganzen aus einer circa 11/2 Meter langen Zange. Der Kopf des Tieres wird zwischen den Zangenschenkeln mittelst einer Schraubenspindel fixiert und der Apparat, sowie der darin festsitzende Kopf durch einem Gehilfen mittelst einer an dem anderen Ende Des Apparates befindlichen Handhabe beim Schächten in der gewünschten Lage erhalten. Im Interesse der Humanität und um unnötige Tierquälerei beim Schächten besser vermeiden zu können, scheint es wünschenswert, daß mit fragl. Apparaten auch in weiteren Kreisen Versuche angestellt werden. Es dürfte sich dieses um so leichter erreichen lassen, als die Verstellung des Apparates nur mit geringem Kostenaufwand verknüpft ist, und der Apparat leicht von den meisten Schlossern und Schmieden angefertigt werden kann. (Schlachthof-Tierarzt Jacob.)

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Cap. 3. Die Milz.

Die Milz ist festweich, meistens glatt, hat scharfe Ränder. Kurz nach der Futterausnahme wird die Milz größer. Es sei hier noch besonderes bemerkt, daß die Milz mit dem Darm und der Leber, abgesehen von der Verbindung durch das

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Bauchfell, weder direkt, noch durch den Portal-Kreislauf verbunden ist, sondern nur durch den großen Blutkreislauf.

(Wichtig für die Beurteilung der Tuberkulose.) Bei den einzelnen Tiergattungen hat die Milz eine verschiedene Gestalt und Farbe. Beim Rinde, länglich oval, platt, bei jungen fetten Tieren rotbraun, bei alten und nicht fetten Tieren Meer-blau, später graublau. Bei fetten Tieren sind die Ränder nicht so scharf. Bei manchen Rindern, welche auf torfigem Boden weiden, ist die Milz schon von außen, besonders aber auf dem Durchschnitt, dunkelbraun bis schwarz. Die Ränder sind aber scharf und die Milz ziemlich fest. (Zum Unterschiede von Milzbrand.) Beim Bussen und Mastochsen ist sie rotbraun, derb und dick. Bei der Kuh dagegen ist sie graubläulich, schlaff und besitzt platte Flächen. Die Ränder der Bullen und Ochsenmilz sind mäßig gerundet. Bei Kälbern ist die Milz graurot, später mehr braunrot. Sie besitzt mäßig gewölbte Flächen und gerundete Ränder. Bei Schafen und Ziegen ist die fast kreisrund, eine Fläche flach, die andere gewölbt, rotbraun später mehr rot. Die Größe der Milz ist auch bei einem und demselben Tiere physiologischen Schwankungen unterworfen (Leitfaden Kreistierarzt Fischöder).

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Cap. 4. Infektions-Krankheiten.

welche nicht bei einer Tierart vorkommen, sondern mehreren gemeinschaftlich sind.

A. Milzbrand. Der Milzbrand ist die am besten bekannte und am gründlichsten studierte Infektions-Krankheit und kommt hauptsächlich bei Schafen und bei Rindern vor. Menschen können ebenfalls an Milzbrand erkranken. Die Erreger des Milzbrands sind die Milzbrand-Bazillen. Diese Entdeckung wurde schon in den Fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts gemacht. {1850} Am empfänglichsten für Milzbrand erwies sich das Schaf. (Die Krankheit kann auch auf Geflügel übergehen.)

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Cap. 5. Kennzeichen.

Die wichtigste Veränderung zeigt die Milz. Sie ist bedeutend geschwollen, schwarzrot und von zerfließender Konsistenz, wenn man die Kapsel anschneidet, außerdem zeigt sich teerartige Beschaffenheit des Blutes. (Prof. D.) Diese Erscheinungen treten einmal mehr, ein andermal weniger stark hervor. Die Milz und das Blut zeigen aber regelmäßig die genannten Veränderungen.

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Beurteilung: Das Fleisch, sowie alle Teile Milzbrand-kranker Tiere sind gesundheits-schädlich. Die näheren Vorschriften enthalten § 9, 31 und 33 des Reichs-Viehseuchen-Gesetzes.*)

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Cap. 6. Milzbrand Infektion beim Menschen

wurden in Königreich Sachsen 1890 bei 26 Personen, darunter 15 Fleischern beobachtet. (Sächsischer Jahres-Bericht pro 1890.) Die Zeitschrift des Professors Herrn Dr. Ostertag beschreibt einen Fall von einem Erkrankten, welcher auf dem Wiener Zentralviehhofe als Desinfektor angestellt war und in der letzten Zeit nachweislich mit Milzbrand Radavern zu tun gehabt hatte, seine Speise mit den Händen berührt und sich auf diese Weise Milzbrand-Sporen einverleibt hat.

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Cap. 7. B. Tuberkulose

Wesen und Vorkommen Die Tuberkulose ist eine chronische Krankheit. Sie ist die häufigste Affektion der Schlachttiere und sanitätspolizeilich _______________ * Das Reichsgesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880 enthält folgende bindende Vorschrift: Tiere, welche an Milzbrand erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden.

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eine der wichtigsten Erkrankungen derselben. Die Tuberkulose kommt bei allen unsern Haustieren vor. Indessen besteht in Bezug auf die Häufigkeit dieses Befundes bei den einzelnen Haustierarten eine ungewöhnliche Verschiedenheit. Während die Fälle Tuberkulöser Erkrankungen beim Schaf zu den größten Seltenheiten gerechnet werden müssen, ist sie eine häufige Krankheit bei den Rindern. Von der Ziege hatte man früher angenommen, daß sie völlig frei von Tuberkulose sei. Indessen haben Impfversuche und die sorgfältigeren Untersuchungen auf den Schlachthöfen die Haltlosigkeit dieser Anschauung ergeben. Nach zuverlässigen Schlachthausberichten ist in Deutschland mindestens jedes 4. Rind Tuberkulös. (Kälber ausgenommen.) Der berühmte Professor Herr Dr. Ostertag schreibt wörtlich: "Nach meinen eigenen Beobachtungen, welche ich als Schlachthaus-Tierarzt in Berlin an Rindern aus den verschiedenen Teilen Deutschlands (Ost und Westpreußen, Posen, Brandenburg, Schlesien, Prov. Sachsen, Mecklenburg, Schleswig-Holstein) gemacht habe, sind von den älteren Rindern mindestens 25% als Tuberkulös anzusehen, wenn man auch die beginnenden und die auf eine Lymphdrüse beschränkten Herde mit Betracht zieht." "Dieses Ergebnis deckt sich vollkommen mit den Erfahrungen, welche ich in Stuttgart als ambulatorischer Kliniker zu machen Gelegenheit hatte." "Die einzelnen Schlachtrinder-Gattungen sind nicht in gleicher Weise mit Tuberkulose behaftet. Es bestehen sehr große Differenzen in Bezug auf das Alter. Junge Tiere

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bis zu einem Jahre sind sehr selten von Tuberkulose heimgesucht, mit jedem Jahre nimmt aber die Häufigkeit der Erkrankung zu, so das die alten, abgemolkenen Milchkühe die Veteranen unter den Schlachttieren, die höchste mitunter eine erschreckend hohe Verbreitung der Tuberkulose ausweisen. Bei Berliner Schlächtern, welche nur abgemolkene Kühe im Alter von 10-15 Jahren und darüber schlachteten, fand sich durchschnittlich 75% Tuberkulose."

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Cap. 8. Kennzeichen.

Der tuberkulöse Prozeß besitzt folgende besondere Kennzeichen. (Als charakteristische Kennzeichen des tuberkulösen Prozesses überhaupt, hebt Ostertag folgende hervor:)

I.

Aufbau aus kleinsten Knötchen, welche zuerst

vollkommen grau durchscheinend getrübt erscheinen.

II.

Vorhandensein kleinerer Knötchen in der Umgegend

größerer Knoten.

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Bei jungen Rindern erkrankt in der Regel zuerst der Darm und die Milz. Der erst Hirsekorngroße, grau durch scheinende Tuberkelknoten, pflanzt sich von dem ersten Herde in Körper weiter fort, erstens durch Weiter-kriechen auf benachbarte Teile, zweitens durch das Blut. Das Brustfell ist bei etwa einem Drittel aller tuberkulösen Rinder mit erkrankt. Das Bauchfell erkrankt in ähnlicher Weise, wie das Brustfell, aber für gewöhnlich nicht so stark und nicht so oft. (Etwa bei dem sechsten Teile aller tuberkulösen Rinder.) Die Magen und Darmschleimhaut zeigt Knötchen oder Geschwüre. (Jedoch selten.)

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Cap. 9. Die Leber.

Die Leber ist bei den einzelnen Haustiergattungen verschieden gestaltet. Die Leber zeigt entweder einzelne kleinere Herde oder große eitrige Höhlen. Die Lymphdrüsen der Leber findet man öfter erkrankt, ohne daß man im Stande ist, in der Leber selbst Tuberkeln nachzuweisen. Tuberkulose der Leber findet man etwa bei jedem 20. tuberkulösen Rinde. Die Milz ist nicht so oft erkrankt, wie man gewöhnlich annimmt. Grade bei der Milz ist zwischen der Erkrankung des Bauchfellüberzuges und der Milzsubstanz selbst streng zu scheiden.

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Es möge noch darauf hingewiesen werden, daß so leicht die Feststellung der Tuberkulose in den ausgebreiteten und vorgeschrittenen Fällen ist, so schwer ist sie oft im Anfange und bei der Unterscheidung der tuberkulösen von anderen Veränderungen. In dieser Beziehung ist zu beachten, daß sich bei der Tuberkulose kleine Knötchen bilden, die sich in der Mitte trüben, das die Knötchen wachsen, daß sich in der Umgebung der größeren noch kleinere Knoten befinden, und daß in jedem Falle die entsprechenden Lymphdrüsen mit ergriffen werden. Beim Geflügel kommt die Tuberkulose ebenfalls vor. Die Tiere magern stark ab! Es zeigen sich Anschwellungen an den Fuß und Flügelgelenken, aus denen sich nach erfolgtem Durchbruch käsige Massen entleeren. Nach dem Tode findet man tuberkulöse Herde im Darme, in der Leber und in der Milz, seltener in den Lungen. (Leitfaden Kreistierarzt Fischöder.)

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Cap. 10. Untersuchung geschlachteter

tuberkulöser Tiere. Wenn auch bei dem gewöhnlichen Untersuchungsgang, wie er oben angegeben ist, das Vorhandensein der Tuberkulose

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festgestellt wird, so kommt es hier noch wesentlich darauf an, auch festzustellen, welche Ausbreitung die Tuberkulose im Körper genommen hat, um sich darnach ein Urteil darüber zu bilden, was mit dem Fleische zu geschehen hat. Zur Feststellung der Ausbreitung der Tuberkulose bei den Tieren hat Herr Professor Dr. Ostertag, einem bestimmten Untersuchungs-Modus eingeführt. Für die Beurteilung der Ausbreitung spielt das Brust und Bauchfell eine untergeordnete Rolle, weil sich die Tuberkulose auf direktem Wege nach diesen Häuten ausbreitet. Ebenso verhält es sich mit der Tuberkulose des Kehlkopfes und der Lymphdrüsen am Kopfe. Die Untersuchung der Tuberkulosen Tiere hat nicht von den erkrankten Organen auszugehen, sondern von denjenigen, welche vermutlich gesund sind und zwar deshalb, weil sonst die gesunden Teile unnötiger Weise mit tuberkulösen Massen beschmutzt werden. Aus demselben Grunde soll man auch jedes unnötige Anschneiden der offenbar tuberkulösen Herde unterlassen, um die Ansteckungsstoffe nicht unnötiger Weise weiter zu verbreiten. Hat man einen tuberkulösen Herd angeschnitten, so genügt es nicht, das Messer einfach abzuwischen, sondern man muß es vor dem weiteren Gebrauche mit kochendem Wasser gründlich reinigen oder ausglühen. (Nach Prof. D. untersucht man die einzelnen Teile der tuberkulösen Tiere in gewisser Reihenfolge. Letzteres ist aber Sache des Tierarztes.) Die Milz wird durch möglichst zahlreiche parallele Längsschnitte zerlegt.

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Außerdem sind selbst kleine Tuberkel in der Milz durch Abtasten leicht nachweisbar. Bei der Leber muß darauf gehalten werden, daß die Lymphdrüsen von der tierärztlichen Untersuchung in keinem Falle entfernt werden.

------------>>+<<------------ Cap. 11.

Sanitätspolizeiliche Beurteilung der Tuberkulose.

A. tuberkulöse Organe Es muß als erwiesen betrachtet werden, daß die Tuberkulose durch den Benutz tuberkulöser Organe auf den Menschen übertragen werden kann, denn nach Dr. Kochs klassischen Untersuchungen ist es ein und derselbe Bazillus, welcher die Tuberkulose des Menschen und der Tiere erzeugt. Durch Verimpfung tuberkulöser Produkte vom Menschen kann man leicht Tuberkulose bei anderen Säugetieren hervorrufen und umgekehrt haben Beobachtungen aus der Praxis die Tatsache erwiesen, daß die Tuberkulose von Haustieren bei Menschen nicht nur auf Hautwunden haftet, sondern daß auch Tuberkelkeime in Nahrungsmitteln die Tuberkulose auf den Wege des Verdauungstraktes auf den Menschen übertragen können. (Handbuch Professor Ostertag.) Einen Übertragungsfall von Rindertuberkulose auf den Menschen, welcher zur gleicher Zeit ein Mahnung zur

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Vorsicht bei der Untersuchung tuberkulöser Tiere enthält, teilt Tierarzt Dr. Pfeffer mit: Tierarzt Moses, aus gesunder Familie, zog sich im Sommer 1885 bei der Sektion einer tuberkulösen Kuh eine Verletzung des linken Daumens zu. Nach einer Zeit entwickelte sich an der Narbe ein so genannter Hauttuberkel und aus dem betreffendem Gelenk ein Schlottergelenk und auf den darauf folgenden Herbst stellte sich chronisches Leiden und nach einiger Zeit Tod ein. *) Sämtliche mit Tuberkulose behafteten Organe müssen daher Gesundheitsgefährliche Nahrungsmittel vom Konsume ausgeschossen werden.

------------>>+<<------------ Cap. 12.

B. Gesundheitsschädliches Fleisch. Gesundheitsschädliches Fleisch ist dasjenige, welches erfahrungsgemäß bereits die Gesundheit vom Menschen beschädigt hat, oder dessen Gesundheits-Gefährlichkeit wissenschaftlich nachgewiesen werden kann. Die Eigenschaft der Gesundheits-Gefährlichkeit muß dem Fleisch anhaften.

------------>>+<<------------ *) Möge dieser Fall auch den Schochet bei Untersuchung tuberkulöser Tiere zur größten Vorsicht mahnen.

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21 --------------------- Cap. 13.

Massen-Erkrankungen nach Genuß ungesunden Fleisches.

Über eine Massenerkrankung nach Genuß ungesunden Fleisches berichtet die Fleischbeschauer Zeitschrift. Die Kuh war etliche Tage erkrankt gewesen und wurde am 1. Oktober geschlachtet. Das Fleisch ist dann bei einem häuslichen Feste in Form von Braten und Suppe verzehrt worden. Von circa 115 Gästen erkrankten in der folgenden Nacht mehr als die Hälfte an Krämpfen. (Zeitschrift von O. für Fleisch und Milchhygiene.)

------------>>+<<------------ Cap. 14.

Dienstanweisungen. Gang der Untersuchung.

I. Im allgemeinen muß die Untersuchung solcher geschächteter Tiere bei Tageslicht vorgenommen werden.

II. Es darf nicht vergessen werden, das die Fleischer sehr gewandte Leute sind und das sie es vorzüglich verstehen, gewisse Veränderungen zu vertuschen, (Dr. O.)

III. Das Schlachten solcher erkrankten Tiere vor dem Einschreiten der Polizeibehörde oder des beamteten Tierarztes ist verboten.

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22 --------------------- Cap. 15.

Nützliche Untersuchung nach Bedikas horeoh.

I. Bei der Leber ist zu beachten: Schwellung, (Abrundung der Ränder), Trübung, graugelbe und dunkelrote Verfärbung, Tuberkelknoten auf dem Überzuge. Dann ist die Leber durchzufühlen, (Tuberkelherde, Verhärtungen, und Verdichtungen der Gallengänge).

II. Bei der Milz ist zu achten auf Schwellung, (Abrundung der Ränder), dunkelrote Färbung, Erweichung, (Milzbrand, Blutvergiftung); dann ist die Milz abzutasten (Tuberkelherde, Eiterherde). Beim Vorhandensein von Tuberkelknoten ist festzustellen, ob sich dieselben in der Milzsubstanz oder auf dem Überzuge befinden.

III. Am Kopfe ist die Zunge stets bis auf den Grund herauszuschneiden und zu achten, auf: Blasen, Geschwüre und auffallende Röte an der Maul-, Zahn- und Zungen-Schleimhaut. (Maul und Klauenseuche, Rinderpest.) Die Rieferknochen und Zunge sind abzutasten, die Kaumuskeln sind anzuschneiden (Rinnen), ebenso die Drüsen am Schlundkopf und am Unterkiefer (Tuberkulose). (Selbstredend ist letzteres Sache des Tierarzt).

IV. Beim Magen, Darmkanal ist die Außen und Innenfläche besonderes zu untersuchen.

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a) An der Außenseite ist zu achten auf traubige Auflagerungen. b) An der inneren Fläche: Starke Falten, Geschwüre, hautartige Auflagerungen, (Magen-, Darm- Entzündung, Milzbrand, Blutvergiftung).

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Cap. 16. Formular zur Anzeige.

~~~~~ N.N., d. 20. Mai 1899.

Antrag auf Zuziehung eines Tierarztes.

Am heutigen Tage habe ich bei einer Kuh des Fleischermftr. N. N. den Verdacht auf Tuberkulose festgestellt. Zur Beurteilung dieser Kuh ist die Zuziehung eines Tierarztes erforderlich.

(Name.) An die städtische Polizei-Verwaltung

zu N. N.

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24 --------------------- Cap. 17.

Erkennung des Alters der Schlachttiere.

Die Feststellung des Alters bietet bei lebenden Tieren keine Schwierigkeiten. Der Schächter muß diese Feststellung vollständig beherrschen, um sich dem Fleischer gegenüber nicht bloßzustellen. Das Alter der lebenden Tiere wird namentlich nach dem Merkmalen festgestellt, welche die Entwicklung und der Wechsel der Schneidezähne im Unterkiefer darbietet. (P. O.)

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Cap. 18. Unreife.

als unreif bezeichnet man Tiere, welche neugeboren oder nicht langer als 7 Tage auf der Welt sind. Die subjektiven Begriffe über Unreife sind großen örtlichen Schwankungen unterworfen. Während man z.b. in ganz Süd-Deutschland ein Mindestalter von 14 Tagen bis 3 Wochen für die Schlachtreife der Kälber verlangt, erfreuen sich in anderen Gegenden wie in Mecklenburg und Holstein die Kälber schon in einem Alter von kaum 8 Tagen einer Nachfrage. In Berlin stellen Kälber mit 8 Tagen einen beliebten Handelsartikel dar.

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25 --------------------- Cap. 19.

Erkennung . Für die Bestimmung des Alters der Kälber, welches manchen Orts als ausschlaggebend für die Zulassung zum Konsume angesehen wird, besitzen wir folgende Anhaltspunkte. Neogeborene Tiere haben weiche Klauen. An den Zähen vollziehen sich weitere charakteristische Veränderungen. Die Schneidezähne nennt man von innen nach außen gehend: Zangen-, Mittelzähne, innere und äußere Eckzähne. Bei der Geburt haben die Kälber meist sechs Schneidezähne, das Zahnfleisch liegt aber glatt an. in der ersten Woche brechen die Schneidezähne durch. Mit zwei Wochen zieht sich das Zahnfleisch von den inneren Mittelzähnen zurück. (Prof. O.) Das Kalb und die Ziege haben 14 Tage nach der Geburt 8 Schneidezähne im Unterkiefer. (Das Schaf bekommt die zähne 1 Woche später.) Die Schneidezähne stehen in folgender Reihe: a a b b c c d d

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Die Schneidezähne aa heißen die Zangen, Die Schneidezähne bb heißen die inneren Mittelzähne, Die Schneidezähne cc heißen die äußeren Mittelzähne, Die Schneidezähne dd heißen die Eckzähne. Herr Dr. U. Lydtin, Großh. Geheimer Ober-Regierungsrat in Karlsruhe, früher Herausgeber des Organs: "Tierärztliche Mitteilungen für badische Tierärzte" schreibt in seiner Anleitung wörtlich: "Das Fleisch unreifer Kälber ist nicht als bankwürdig erklärt.*)" "Unreife Kälber haben weniger als 6 Schneidezähne; Das Zahnfleisch ist noch nicht blaß-rot und umschließt die Schneidezähne in Form eines Wulstes; der Nabel ist nicht verheilt; die Hornzapfen sind noch nicht hervorgetreten; die Klauen sind noch nicht weich und nicht abgenutzt; die Tiere sind mager, hochbeinig und ungeschickt im Gange u.s.w."

------------>>+<<------------ Cap. 20.

Eiterige Brust- oder Bauchfell- Entzündung

fuhren gewöhnlich zur allgemeinen Eitervergiftung und zum Tode, Können aber auch besonders beim Rinde durch Abkapselung abheilen. _____________ *) Eine Freibank ist eine öffentliche Verkaufsstelle für solches Fleisch, welches aus irgend einem Grunde dem freien Verkehre entzogen worden ist und nur bedingungsweise verkauft werden darf. Diese Bedingungen besteht in der Bekanntmachung des Grundes, weshalb das Fleisch der Freibank überwiesen ist.

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Beurteilung! Das Fleisch ist gesundheitsschädlich, wenn eine Abkapselung noch nicht eingetreten ist. Die Zuziehung eines Tierarztes ist erforderlich. Bei Kälbern achtet man auch auf das Bauchfell *) (Bei Entzündungen desselben ist das Kalb zu beanstanden und das Gutachten eines Tierarztes einzuholen.)

------------>>+<<------------ Cap. 21.

Notschlachtung wegen schwerer Infektiöser Erkrankungen.

Der wichtigste und schwierigste Teil der Sanitäts-polizeilichen Tätigkeit ist die Begutachtung der Not-Schlachtungen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiete der Massenerkrankungen durch Genuß des Fleisches von kranken Tieren haben unwiderleglich bewiesen, daß mindestens 4/5 dieser zahlreichen Erkrankungen mit Notschlachtungen zusammenhängen. Die Schwierigkeiten der Sanitätspolizeilichen Tätigkeit bei den Notschlachtungen entspringen dem Umstande, daß es sich bei denselben in vielen Fällen Um Krankheiten dunklen Ursprungs handelt. Vom Bezirkstierarzt Dinter (in Sachsen) wurde, wie Prof. Dr. Bollinger München hervorhebt, der ____________ *) Gesundheitszeichen: Das Brust- und Bauchfell ist glatt, feucht und durchsichtig, Es läßt sich gleich nach der Schlachtung leicht abziehen, wonach die darunter liegenden Muskeln und Knochen frei zu Tage treten.

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beachtenswerte Vorschlag gemacht, durch gesetzliche Bestimmungen dafür zu sorgen, daß notgeschlachtete Tiere überhaupt nicht von gewerbsmäßigen Fleischern verwendet werden dürfen, sondern in der betreffenden Gemeinde unter polizeilicher Kontrolle verpfundet werden. Auf diese Weise würde Täuschungen von Seiten der Metzger wirksam vorgebeugt werden. (Handbuch von Prof. Dr. O.) Der Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Lydtin*) schreibet mir wörtlich: "Es kommt auch bei nicht infektiösen Krankheiten vor, daß dieserhalb geschlachtete Rinder zwar ein gut aussehendes Fleisch liefern und vollkommen Koscher fallen, aber doch nur genußuntaugliches Fleisch geben, weil dasselbe, besonderes nach dem kochen, übel riecht und schmeckt. Dies kommt daher, daß die Tiere mit stark riechenden Mitteln innerlich oder äußerlich behandelt wurden und der Geruch sich dem Fleische mitgeteilt hat. Es kommt hauptsächlich beim so genanten Kalbsfieber vor. Die stark riechenden Mittel sind die verschiedenen Ätherarten, der Kampfer, das Steinöl, das Kreosot und die Karbolsäure. Auch Jodoform läßt sich aus dem gekochten Fleisch herausschmecken. (Alles Fleisch von Notschlachtungen an Tiere, die ärztlich behandelt wurden, ist verdächtig.)

------------>>+<<------------ _________ *) Herr Dr. Lydtin wurde bekanntlich in der badischen Religions-Konferenz von großherzogl. Oberrat der Israeliten rühmlichst durch sein Gutachten über das Schächten erwähnt.

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29 --------------------- Cap. 22.

Fleischvergiftungen Die Fälle von Fleischvergiftungen haben seit mehreren Jahrzehnten die größte Aufmerksamkeit der medizinischen Welt auf sich gezogen. Namentlich hat Professor Dr. Bollinger München zu wiederholten Malen mit eindringlichen Worten auf die hohe Bedeutung der Fleischvergiftungen für die menschliche Hygiene hingewiesen. Er führt mehrere Fälle von Vergiftungen an, darunter auch Massenerkrankungen, welche nicht auf Fleischgenuß, sondern auf Übertragung der Krankheit durch die fleischvergifteten Personen zurückzuführen waren. Die wohlbegründete Mahnung Prof. Bollingers hat aber noch nicht diejenige allgemeine Beachtung gefunden, welche ihr gebührt. Der beste Beweis für diese Tatsache ist der Umstand, daß die Fleischvergiftungen noch immer verhältnismäßig häufige Erkrankungen vorstellen.

------------>>+<<------------ Cap. 23.

Jauchige Blutvergiftung. Hierunter ist eine Reihe von Krankheiten zu verstehen, welche darin übereinstimmen, daß von irgend einer Körperstelle giftige Stoffe in das Blut aufgenommen werden und eine schwere allgemeine Erkrankung hervorrufen. Dabei sind an der Stelle, von welcher die Stoffe ins Blut gelangen, in der Regel besonders auffällige Veränderungen nicht vorhanden.

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In einigen Fällen findet man jedoch einen brandigen, jauchigen, stark Übel-Riechenden Herd, von welchem die allgemeine Vergiftung ausgegangen ist. Es sind dies besonders Erkrankungen und heftige Entzündungen größerer Flächen und Höhlen (Magen-Darm Schleimhaut, Brust- und Bauchfell), welche vielfach zu allgemeinen Vergiftungen führen, auch ohne daß sich in jedem Falle Übel-Riechende Veränderungen an ihnen zeigen. Dieser Umstand ist insofern sehr wichtig, als es gerade die jauchige (septische) Blutvergiftung ist, welche dem Fleische eine stark gesundheitsgefährliche Eigenschaft verleiht, und schon viele Menschenopfer gefordert hat. Die Erscheinungen dieser Krankheit muß man daher genau kennen und bei dem geringsten Verdachte die Zuziehung eines Tierarztes herbeiführen.

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Cap. 24. Erscheinungen Jauchiger

Blutvergiftung. Nach dem Schlachten findet man, abgesehen von dem etwaigen ursprünglichen Herde, nicht an einem Organe besonders auffällige Abweichungen, sondern es sind sämtliche Organe mehr oder weniger stark ergriffen und zwar:

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I. Die Milz geschwollen, dunkelrot, die Ränder abgerundet, der Inhalt weich.

II. Die Magen- und Darmschleimhaut dunkelrot gefleckt, geschwollen, daher in Falten gelegt, getrübt, mit zähem Schleim bedeckt. Der Dickdarm ist weniger ergriffen als der Dünndarm.

III. Die Leber geschwollen, graubraun gefärbt, getrübt, der Inhalt weicher.

IV. In der Brust- und in der Bauchhöhle geringe Mengen einer klaren, gelblichroten Flüssigkeit. Die Veränderungen sind nicht allen Fällen gleichmäßig stark ausgebildet, und besonders bei ausgebluteten Tieren nicht so leicht festzustellen. Regelmäßig sind vorhanden die angeführten Veränderungen an der Leber, am Brust- und Bauchfell.

Beurteilung Zur Beurteilung dieser Fälle ist ein Tierarzt zuzuziehen. Von den hierher gehörigen Krankheiten verdient nachstehende besonders hervorgehoben zu werden.

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32 --------------------- Cap. 25.

Blutige Darmentzündungen kommen bei Rindern und bei Kälbern vor.

Erscheinung. Ausgebreitete Dunkelfärbung. Einzelne oberflächlich abgestorbene Teile, welche in Form von Häuten auf der Hochgeröteten Geschwüren Schleim- haut lagern.

Beurteilung. Die Zuziehung eines Tierarztes ist stets erforderlich. Das Fleisch ist gesundheitsschädlich.

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Cap. 26. Rindersinne.

Die Rindersinne ist der Larvenzustand des unbewaffneten Bandwurmes, welcher bei Menschen ziemlich oft vorkommt, während verhältnismäßig nur wenige Rinder mit Finnen behaftet, gefunden werden und von den finnigen Rindern die weitaus meisten nur in sehr geringen Grade mit Finnen durchsetzt sind. Die ausgewachsene Rinderfinne stellt ein Bläschen dar, häufig von weißer Farbe. Bei lebensfähigen Finnen ist der Inhalt des Bläschens klar, durchsichtig, während eine Trübung des Inhaltes darauf schließen läßt, daß die Finne abgestorben ist. Die Lieblingssitze der Rinderfinne sind die inneren und äußeren Kaumuskeln.

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Diese müssen stets bei der Untersuchung des Rindes auf das Vorhandensein der Finnen geprüft werden. (Finschneiden). Außer den Kaumuskeln kommt auch das Herz und dann die Zunge als Lieblingssitz in Betracht, während andere Körperteile (Hals, Brust- und andere Muskeln) seltener Finnen beherbergen. Die Erkennung der entwickelten, nicht abgestorbenen Finne bietet keine Schwierigkeiten. Eine längliche, erbsengroße, mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllte Blase, in welcher der nach innen gestülpte Kopf erkennbar ist und sich durch Druck nach außen heraus-stülpen läßt. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß die an der Oberfläche liegenden Finnen durch Verdunsten der Flüssigkeit leicht unkenntlich werden.

Beurteilung. Die Rindfinne ist gesundheitsschädlich, weil sich aus Finnen Bandwürmer bei Menschen entwickeln, welche schwere Störungen verursachen. (Finnenhaltiges Fleisch ist nur gesundheitsschädlich im rohen Zustande).

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Cap. 27. Wichtige Anweisung für

Schächter. Herr Dr. A. Lydtin, Großh. Geheimer Ober-Regierungsrat in Karlsruhe (Baden) schreibt in

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seinem Werke: "Anleitung zur Ausübung der Fleischbeschau" folgendes: Der Fleischbeschauer wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Metzger das Brustfell oder das Bauchfell, welches mit Perlen besetzt ist, abziehen. (Tatsache. G.) Fehlt daher auf den Rippen oder an den Bauchlappen das Brust- bezw. das Bauchfell, so ist das Stück perlig d.h. tuberkulös gewesen und demgemäß zu behandeln. (Als nicht genusstauglich und darum für den Verkauf unzulässig ist das Fleisch von Tieren anzusehen, welche an ausgebreiteter Perlsucht d.h. Tuberkulose gelitten haben.)

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Cap. 28. Aufblasen.

Das Aufblasen der ganzen Kälber und Schafe wird von den Fleischern für ein so begründetes Herkommen ihres Gewerbes gehalten, daß in vielen Orten die Behörden sich entschlossen, das Aufblasen zu verbieten. Die Fleischer heben insbesondere hervor, daß durch Aufblasen das Enthäuten der genannten Tiere ganz wesentlich erleichtert werde. Allein die tägliche Erfahrung in den Schlachthäusern mit Aufblase-verbot lehrt, daß das Abhäuten bei Rindern und Schafen --- bei letzteren ist das Aufblasen verbreiteter, als bei ersteren --- auch ohne künstliche Eintreibung von Luft in das Bindegewerbe besondere Schwierigkeiten nicht bereitet.

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Der wirkliche Grund des Widerstandes der Gewerbetreibenden gegen die behördlicherseits erlassenen Aufblase-Verbote dürfte daher ein anderer sein, nämlich der, daß es durch die fragliche Manipulation gelingt, den Scheinwert des Fleisches zu erhöhen. Durch das Einblasen von Luft wird das Fleisch ansehnlicher. --- Ob es auch appetitlicher wird, ist sehr fraglich! --- Dieses scheint Geschmacksache zu sein. Der angestrebte Effekt des Aufblasens bedeutet jedenfalls in solchen Fällen einen kommerziellen Vorteil für den Fleischer, in welchen es sich um magere, fettarme und unreife Tiere handelt, die im nicht aufgeblasenen Zustande einen wenig vorteilhaften Eindruck machen.

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Cap. 29. Erkennung.

Die Erkennung des aufgeblasenen Zustandes eines ganzen Tieres ist nicht schwer. Schon auf den ersten Blick markiert sich derselbe durch den eigentümlichen Glanz. Der aufgeblasene teil sieht größer aus, fühlt sich schwammig an und knistert beim Anfassen.

Beurteilung. In allen denjenigen Fällen, in denen das Aufblasen der ganzen Kälber und Schafe mit dem Munde geschehen ist, liegt der Verdacht vor, daß dadurch verschiedene schädliche Stoffe (Krankheitspilze) auf das Fleisch übertragen sind.

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Solches Fleisch ist daher als der Gesundheit schädlich verdächtig, vom Verkehr ganz auszuschließen. Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse und auf den Umstand, daß das Aufblasen zur Erleichterung des Enthäutens nicht erforderlich ist, ist durch Ministerial-Verfügung vom 13. Februar 1885 den Regierungspräsidenten empfohlen, durch Polizei-Verordnung das Aufblasen des Fleisches überhaupt zu verbieten ; *) in den meisten Regierungsbezirken (Bromberg, Posen, Königsberg u.a.) sowie in allen öffentlichen Schlachthäusern ist auch den Fleischern das Aufblasen des Kalbfleisches untersagt.

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Cap. 30. Das Schächten.

Zur zeit, wo gegen das Schächten ein erbitterter Kampf geführt wird, finde ich es nur richtig, einem großen Helden auch in meinem Büchlein einen freien Platz als Verteidiger zu gewähren, damit Du, lieber _________ *) Nach meiner Ansicht hat oben erwähnte Ministerial- Verfügung nur Bezug auf das Aufblasen des Kalbfleisches durch den Fleischer, aber nicht auf das rituelle Aufblasen der Lunge. Bei der letzten Beratung im Reichstage von 24. April 1899 war ja Abg. Dr. Kruse vollständig der Ansicht das Abg. Dr. Lieber und sagte: Man soll keineswegs Leute zwingen zu Dingen, die ihren Religionsgefühlen widerstreben. (Amtl. stenographischer Bericht.)

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Leser, zu jeder Zeit gegen den Schächtfeind stolz auftreten kannst. Der durch seine in Deutschland erschienenen Schriften rühmlichst bekannte Dr. Schmidt - Mühlheim, S. Zt. Kreistierarzt zu Iserlohn, Verfasser des Handbuches der Fleischkunde (eine Beurteilungslehre des Fleisches unserer Schlachttiere mit besonderer Rücksicht auf die Gesundheitspflege des Menschen und der Sanitätspolizei. Für Studierende, Tierärzte, Ärzte, Sanitätsbeamte und Verwaltungsbehörden) schreibt in seinem Buche wörtlich (nach Aufzählung der Schlachtmethoden 1. Masken-Bouterolle, 2. Schuß-Maske, 3. Schlacht-Masken, 4. Genickstich, 5. Genickschlag, 6. Haken-Bouterolle): *) "Wir müssen grade die am meisten angefeindete Schlacht Methode, nämlich das Schächten, für eine der besten halten. Diese rituelle Methode der Juden und der Muhammedaner führt den Tod durch Verblutung herbei und wird so ausgeführt, das mittelst eines langen Messers am Halse ein Schnitt durch äußere Haut, Luftröhre, Schlund und Gefäße geführt wird. Der Tod erfolgt unter heftigen Krämpfen u.s.w. Nach geschehener Durch-Schneidung der Blutgefäße am Halse hört die Blutzirkulation im Gehirn sofort auf; es stellt sich deshalb fast momentan Bewußtlosigkeit ein und die Krämpfe während des Verlusten erfolgen bei völlig aufgehobenem Bewußtsein." Die Krämpfe den Vorteil, daß sie zu einem ________ *) Das Französische Wort Bouterolle bedeutet Schlachtmaske

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Sehr vollkommenen Auspressen des Blutes aus den Muskeln führen, ein Umstand, der einen fördernden Einfluß auf die Haltbarkeit des Fleisches ausübt. Vom theoretischen Standpunkte aus, können daher kaum begründete Bedenken gegen das Schächten vorgebracht werden.*) (Praktische Schlachtmethode siehe im ersten Teil.)

------------>>+<<------------ Cap. 31.

Fleisch-Schau-Ordnung. (Verordnung des Großh. Bad. Minist. b. J. vom 26 November

1878. Gef. u. Verord. Bl. 1878 Nr. 28 S. 198) I

Nachgenante Tiere, die zum Verkauf ihres Fleisches als Nahrungsmittel für Menschen geschlachtet werden _______ *) Diese Schrift entscheidet die Frage unbedingt nicht durch Jüdische Autoritäten oder gesammelte Gutachten der Fachmänner, sondern durch die (in einem sehr verbreiteten Handbuche der Fleischkunde für Studierende, Tierärzte, Ärzte, Sanitätsbeamte und Verwaltungsbehörden) öffentliche Erklärung, daß das Schächten die zweckmäßigste Tötungsmethode ist. Dieser Herr Kreistierarzt Schmidt schreibt auch wörtlich in seinem Lehrbuche (welches von Geheimen Ober-Regierungs-Rat Dr. Lydtin - Karlsruhe warm empfohlen wird): Auch die Methode des Schlachtens ist insofern von Einfluß auf die Haltbarkeit des Fleisches, als sich dieses um so länger unzersetzt aufbewahren läßt, je vollkommener der Inhalt der Blutfässe entleert wurde. Grade das Blut geht sehr schnell in Fäulnis über und beeinträchtigt die Haltbarkeit des Fleisches sehr. Aus diesem Grunde sind alle Schlachtmethoden zu verwerfen, welche mit einer Lähmung der Gefäßnerven verknüpft sind. (Kreistierarzt Dr. Schmdit-Mühlheim, Verfasser des Handbuches der Fleischkunde.)

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sollen, müssen sowohl vor, als nach der Schlachtung (nach Bedikas horeoh) der Besichtigung des Fleischbeschauers unterstellt werden. Rindvieh, einschließlich der Kälber, Schafe, Ziegen. Zu diesem Zwecke muß die beabsichtigte Schlachtung einige Stunden vorher dem Fleischbeschauer angezeigt werden.

II. Bei krankem Schlachtvieh muß die zweite Besichtigung durch einen Tierarzt vorgenommen werden.

III. Als verdorben oder der Gesundheit schädlich ist namentlich zu behandeln: 1. Übelriechendes Fleisch. 2. Fleisch von Tieren, die an Milzbrand, Perlsucht, Finnen gelitten haben.

IV. Als genußuntauglich und darum für den Verkauf unzulässig ist das Fleisch anzusehen: 1. Wenn das Fett weder weiß, noch gelblich, sondern grünlich oder sonst mißfarbig ist. 2. Wenn das Fleisch blaß und wässerig oder dunkel gefärbt und schmierig ist. 3. Ebenso das Fleisch von Tieren, welche an ausgebreiteter Perlsucht gelitten haben.

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40 --------------------- Cap. 32.

Reichsseuchengesetze. Durch den §4 des Reichsgesetzes vom 7. April 1869 betr. Maßregeln gegen die Rinderpest (Bundesges. - Bl. Seite 105) ist vorgeschrieben: Jeder, der zuverlässige Kunde davon erlangt, daß ein Stück Vieh an der Rinderpest krank oder gefallen ist, oder daß auch nur der Verdacht einer solchen Krankheit vorliegt, hat ohne Verzug der Ortspolizeibehörde Anzeige davon zu erstatten." (Siehe Formular im 1. Teil.) Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht erstreckt, sind folgende: 1. Der Milzbrand. 2. Die Maul- und Klauenseuche des Rindviehes, der Schafe und Ziegen. **) (Die Kennzeichen der Maul- und Klauenseuche werden am Schlußteile dieser Anleitung beschrieben.)

------------>>+<<------------ __________ *) Siehe Seite 2. **) Die übrigen fehlenden Seuchen, insbesondere Lungen, konnte ich deshalb nicht erwähnen, weil sich dieselben mit unsern rituellen Vorschriften nicht vereinbaren.

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41 --------------------- Cap. 33.

Schäden und krankhafte zustände des Schlachttieres,

welche das Fleisch genußuntauglich machen.

Genußuntauglich im Sinne der Gesetze ist erstens das Fleisch, das schon im frischen Zustande durch seine Verkunft, durch sein Aussehen, durch seinen Geruch Ekel erregt; sodann dasjenige, das für den Menschen schädliche Gifte oder Krankheitsstoffe enthält. Das Fleisch der Tiere, welche längere zeit und schwer erkrankt waren, hat seinen Nährwert zum größten Teil verloren. Das Fleisch hat sehr oft einen üblen Geruch und ist deshalb genußuntauglich. Siehe Seite 29.

------------>>+<<------------ Cap. 34.

Äußere und innere Erkennungszeichen.

Schwer erkrankte Tiere sind traurig, hängen den Kopf, schwanken im Gange' Legen sich oftmals nicht mehr und halten sich bis zum eintretenden Tode auf den Füßen. Sie sind abgemagert oder am Bauche aufgetrieben oder an der Brust, an den Gelenken

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oder an den unteren Teilen der Gliedmaßen geschwollen. Bei der Öffnung schwerkrank gewesener Tiere findet man: Daß das Fleisch dunkel gefärbt und blutreich oder umgekehrt blaß und wässerig, in beiden Fällen aber weich und schmierig ist, oder daß die Zunge geschwollen und hart oder mit einer Blatter versehen, schwarz und mürbe ist, oder daß die Milz geschwollen, manchmal auch eingerissen ist, daß auf ihrer Oberfläche Blasen bemerkbar sind und daß ihr Brei flüssig und pechschwarz ist (Milzbrand), oder daß gelblich, grünlich oder rötlich aussehende Knötchen oder Knoten von verschiedener Größe (Stecknadel-Kopf bis Walnuß) im Fleische selbst vorkommen, oder daß die Brusthöhle mit hellem oder trübem, mit gelbem oder mit rötlichem Wasser angefüllt ist, oder

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daß große Knoten mit rotem, grauem, gelbem, weisem, käferartigem, sandigem, oder steinigem Inhalt in großer Anzahl auf dem Brust- oder Bauchfell oder auf den Eingeweiden sitzen. Bevor der Tierarzt dieses Fleisch untersucht hat, darf kein Stück des Schlachttieres von Schlachtorte entfernt werden (Anleitung Dr. Lydtin).

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Cap. 35. Genauere Kennzeichen der Finne. Ferner ist als genußuntauglich bezw. gesundheitßchädlich zu Erkennen das Fleisch, welches Finnen enthält. Herr Dr. A. Lydtin, Großh. Geheimer Ober-Regierungsrat in Karlsruhe (Baden), Verfasser des Werkes "Anleitung zur Ausübung der Fleischbeschau" beschreibt folgende Kennzeichen: Die Finne ist eine Hirsekorn- bis erbsengroße weißliche Blase, die sich hart anfühlt und sich aus dem Fleische herausheben läßt. (Die harte Blase ist ein Sack aus Bindegewebe. In diesem Sacke befindet sich ein bohnenförmiges zartes Bläschen, das eine klare wasserartige Flüssigkeit enthält und an dem das mattweiße,

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stecknadelkopfgroße Köpfchen des Wurmes (die eigentliche Finne) sitzt. Die Finne kann den Kopf in die Blase einstülpen oder auch aus der Blase herausstrecken.) Wo die Finnen zahlreich sind, sieht das Fleisch aus, wie wenn abgekochte gerollte Gerstenkörner darüber hingeschüttet wären. Wenn man eine einzelne Finne aus dem Fleisch heraus und in die Hand nimmt, so bewegt sie sich langsam fort. Im roten Fleische sieht man sie am besten. Die Finnen kommen bei jungen Rindern am häufigsten vor. Sie sitzen gern im Fleische, an den Backen und Herzen. Wenn der Mensch finniges Fleisch, das roh oder nicht gar gekocht ist, verzehrt, so bildet sich in dem Darm des Menschen die Finne zum Bandwurm aus. Der Genuß finnigen Fleisches kann daher nicht allein die Gesundheit des Menschen schädigen, sondern auch schwere Körperverletzung und selbst den Tod desselben zur Folge haben. (Siehe Rinderfinne im ersten Teil.) Auch das gesalzene und das geräucherte finnige Fleisch ist unter Umständen noch schädlich.

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45 --------------------- Cap. 36.

Genauere Beschreibung des Milzbrandes.

Eine weitere Art von genußuntauglichem Fleisch liefern die Schlachttiere, welche mit Milzbrand behaftet waren. Wenn der Mensch solches Fleisch berührt, oder mit demselben hantiert, oder dasselbe roh, unter Umständen auch gekocht verzehrt, so kann er in dieselbe Krankheit verfallen, an welcher die Schlachttiere gelitten hatten. Daher muß der Hantierende (auch der Schochet) vorsichtig sein. Gefährlich ist die Berührung mit verletzten Händen und die Unterlassung einer gründlichen Reinigung aller etwa verunreinigten Körperteile. Die Ansteckung geschieht vorzugsweise durch die unmittelbare Berührung mit dem Blute, Fleische und den Auswurfstoffen der erkrankten Tiere, durch den Genuß des Fleisches, endlich durch Stiche von Insekten, welche von kranken Tieren kommen und hierauf gesunde verletzen. (Anleitung Dr. Lydtin.)

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46 ---------------------

Cap. 37.

Die Zeichen des Milzbrandes unmittelbar nach dem Schächten.

I.

Milzbrand kranke Tiere verbluten nicht vollkommen.

II. Die Tiere sind gewöhnlich am Bauche sehr aufgetrieben (Trommelvoll); aus dem Maul oder aus den Nasenlöchern ist schwarzes Blut ausgetreten. Nach einigen Stunden riecht das Fleisch schon faul.

III. Das Fleisch ist dunkel gefärbt und spielt ins veilchenblaue; es läßt sich leicht mit den Fingern zerreißen und ist sehr feucht.

IV. Das Blut ist schwarz, dickflüssig, teerartig; nirgends findet man dasselbe geronnen. Selbst bei den geschächteten Tieren ist das Blut in reichlicher Menge im Fleisch und in den Eingeweiden vorhanden.

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V. Auf dem Blute schwimmen Fettaugen; daß Blut rötet sich, wenn es längere Zeit an der Luft gestanden hat, wie daß Blut gesunder Tiere.

VI. Längs der dicken Adern am Halse finden sich gelbliche und rot eingesäumte Massen.

VII. Insbesondere ist die Milz oft 3 bis 4 mal so groß als im gewöhnlichen Zustande. Sie ist von dunkler Farbe, häufig aufgesprungen und fühlt sich teigig an. Ihr Inhalt ist ein schwarzer Brei, welcher große Ähnlichkeit mit dick eingekochtem verbrannten Apfelmus oder mit Blaubeertunke hat und die Hände tiefrot färbt.

VIII. Alle übrigen Eingeweide sind dunkelfarbig und blutreich. Gewöhnlich ist die Leber vergrößert, heller gefärbt und beim Befühlen brüchig. (Anleitung von Dr. I. Lydtin, Großherzogl. Geheimer Ober-Regierungsrat, Karlsruhe.)

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48 --------------------- Cap. 38.

Die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe und Ziegen.

Die Maul- und Klauenseuche ist eine stets eingeschleppte, sehr leicht ansteckende Krankheit, die sich rasch verbreitet. Die Merkmale der Seuche sind folgende: Die Tiere sind traurig, werden unruhig, trippeln oder heben abwechselnd die Beine in die Höhe. Sie gehen steif oder lahm. Sie geifern und "schmatzen". Schleim trieft fast beständig aus dem Maule. Es zeigt sich Röte, Hitze und Anschwellung der Schleimhaut der Maulhöhle, am Zahnfleische und an der Zungenspitze, ebenso an den Lippen; ferner um die Krone der Klauen herum und in der Haut zwischen den Klauen, an den angeschwollenen heißen geröteten Stellen bilden sich Bläschen oder größere Blasen, welche sich mit gelber Flüssigkeit füllen und nach 1 bis 2 Tagen platzen. Statt der Bläschen findet man dann wunde Stellen, die jedoch rasch abheilen.

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Diese Krankheit bricht 3 oder 4 Tage nach der Ansteckung aus und verläuft in etwa 8 bis 12 Tagen gewöhnlich ohne übeln Ausgang zu nehmen. Hier und da bleiben Nachkrankheiten zurück. Tiere, die noch an der Mutter saugen, gehen häufig an der Krankheit zu Grunde. Die Abschlachtung eines maul- und Klauen-Seuchen kranken Tieres ist der Orts-Polizei-Behörde anzuzeigen. Die Verwendung des Fleisches ist nur mit Genehmigung des angestellten Sachverständigen gestattet.

------------>>+<<------------ Cap. 39.

Genauere Kennzeichen der Tuberkulose *) (Perlsucht).

(Wesen und vorkommen siehe im 1. Teil.) Dem Herrn Kreistierarzt Biernacki verdanke ich

folgende Belehrung über Kennzeichen der Tuberkulose: Die Tuberkulose des Brust- und Bauchfells, (Perlsucht) beginnt mit der Bildung kleinster, hellgrauer, durchscheinender Knötchen, soggenannte Perlen. Durch Zusammenfließen mehrerer solcher Knötchen entstehen linsen- bis erbsengroße, schließlich Hühnerei- bis faustgroße _______ *) Ich muß voran schicken, daß darin wissenschaftlichen Bezeichnungen "Tuberkulose" und "Tuberkeln" durch die heutzutage veralteten und nicht mehr empfehlenswerten Ausdrücke "Perlsucht" bezw. "Perl-Knoten" ersetzt sind. (Sanitätstierarzt S.)

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Knoten. Später werden sie derb und fest, und verkäsen oder verkalken von der Mitte aus, die dann aus einer mörtelartigen gelben Masse besteht, die beim Durchschneiden Knirscht. Die Perl-Knoten treten zu größeren Haufen zusammen, dann erhält man traubige, Blumenkohl ähnliche, oft auf einem Stiel sitzende Gebilde.

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Cap. 40. Die Rinderpest.

Die Rinderpest ist vorzugsweise eine Krankheit der Rinder. Schon einige Tage, in der Regel 4 bis 8 Tage nach der Ansteckung, offenbart sich die Krankheit wie folgt: Die Tiere werden, nachdem sie einen Tag etwas aufgeregt und munterer als gewöhnlich waren, traurig; sie schließen die Augen zur Hälfte, Tränen laufen über die Mangen herab; der Blick wird trübe, die innere Haut der Augenlider ist hochgerötet. Die Kräfte lassen nach, die Tiere wackeln mit dem Kopfe; hie und da schütteln sie mit demselben, wie wenn sie Mücken verjagen wollten.

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Wenn die beschriebenen Erscheinungen an einem lebenden Rinde wahrgenommen werden, so muß die Ortspolizeibehörde wie auch der beamte Tierarzt sofort benachrichtigt werden.

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Cap. 41. Gefahren der Tuberkulose der

Schlachttiere für den Menschen. Wir lernten die Tuberkulose als eine von Mensch auf Tier und von Tier auf Tier zu übertragende Infektionskrankheit kennen, wir hörten, daß bei der Tuberkulose des Menschen sowohl als bei der der Tiere derselbe Tuberkelbazillus die krankmachende Schädlichkeit bildet; die Annahme, daß die Tuberkulose von den Schlachttieren auf den Menschen übertragen werden kann, ist deshalb gut begründet. Herr Kreistierarzt Dr. Schmidt schreibt wörtlich: Was wir bei dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege zu fordern berechtigt sind, ist kurz folgendes: Niemals soll Fleisch tuberkulöser Tiere als gutes Fleisch in öffentlichen Verkehr gelangen, sei es denn, daß sich bei der Fleischbeschau nur ganz minimale und rein örtliche tuberkulöse Veränderungen

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gezeigt haben, daß das Tier vor der Schlachtung einen vollkommenen Gesundheitszustand befaß u.s.w. Tuberkulöse Tiere, die unmittelbar vor dem Schächten fieberhafte allgemeine Erscheinungen zeigten, sind selbst dann vom Genusse auszuschließen, wenn bei ihnen nur eng lokalisierte Veränderungen angetroffen werden.

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Cap. 42. Fleisch von fieberhaft erkrankt

gewesenen Tieren. Fleisch von Tieren, die fieberhaft und namentlich längere Zeit fieberhaft krank gewesen waren, ist in der Regel verfärbt, es ist dunkelrot und trübe. Auch das Fett hat seine gewöhnliche Farbe nicht; es ist rötlich punktiert. Das Fleisch fühlt sich weich an und erscheint welk. Beim Einschneiden verraten die zu Tage tretenden Flüssigkeiten (Blut und Blutwasser), daß das Fleisch noch blutreich ist. Es steigt ein eigentümlicher, oft verschiedenartig riechender Duft auf, der jedoch nicht den Fäulnisgeruch besitzt. Einige Zeit darauf verändert sich die frische Schnittfläche des Fleisches; sie wird heller und die Fläche bedeckt sich mit Tropfen klebriger

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gelblich aussehender Flüssigkeit. Das Bauch- und das Brustfell, oder beide zugleich sind bleifarbig und schmierig. Eine Verwechselung des Fleisches fieberkrank gewesener Tiere mit Fleisch gesund geschlachteter Tiere wird schon vermieden, wenn das gesunde Fleisch auf frischer Schnittfläche betrachtet wird, wo eine Verfärbung, ein eigentümlicher Geruch, ein Austreten von Blut und anderen Flüssigkeiten nicht wahrnehmbar ist.

(Anleitung Dr. Lydtin.) ------------>>+<<------------

Cap. 43. Anhang.

Verschiedene für den Schächter wichtige Vorkommnisse.

Sanitätstierarzt Simon schreibt in seinem Leitfaden: "Bei den Notschlachtungen *) werden von den Besitzern bezw. Fleischern die verdächtig aussehenden inneren Organe gern beseitigt. Bei Milzbrand ist es mir begegnet, daß die Milz sorgfältig in Dunghaufen verscharrt worden ist. Es ________ *) Notgeschlachtete Tiere leiden häufig an Krankheiten, die das Fleisch zu einer gesundheitsschädlichen Eßware stempeln. Daher muß der Schochet den Besitzer unter allen Umständen zur Herbeirufung eines Tierarztes veranlassen.

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bedurfte erst meiner energischen Vorhaltungen, ehe dieses Corpus Delicti zu Tage gefördert wurde. Man sei daher vorsichtig und lehne die Beurteilung der Genußtauglichkeit mit Entschiedenheit ab, wenn nicht sämtliche Organe zur Untersuchung vorgelegt werden können. Entscheidend ist die Besichtigung durch einem Tierarzt.

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(Durchgesehen und für den Schächter zweckmäßig befunden. Biernacki, Kreistierarzt. Herr Sanitätstierarzt und Kreistierarzt Simon in Görlitz hat das Werk durchgesehen und manche Verbesserungen vorgenommen. Derselbe schreibt u.a.: "Auch ich halte Ihr Werkchen für praktisch und zweckentsprechend." Herr Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Lydtin, Referent für Veterinärwesen und Tierzucht im Großherzogtum badischen Ministerium zu Karlsruhe hat vor dem Druck dies Werkchen gütigst geprüft und mit Verbesserungen versehen. (Aus dem amtlichen stenographischen Bericht aus dem Deutschen Reichstage vom 25. April d. Js. ist zu ersehen, daß sich Dr. Lydtin s. Zt. sehr ausführlich zu Gunsten des Schächtens ausgesprochen hat.) Herr Dr. med. Ostertag, Professor an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin hat das Werkchen ebenfalls vor dem Druck durchgesehen.

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Schlußwort _________

Bei der Verarbeitung dieses Werkes, aus welchem der Schochet auch die modernen Prinzipien des heutigen Standes der Wissenschaft erlernen soll, war mein ganzes Streben dahin gerichtet, diese Prinzipien mit der rituellen Behandlung (Bedikas horeoh) nicht zu vereinbaren. Denn beide sind so verschiedene Dinge, daß sie heute überhaupt nicht vereinbart werden können. Man wird doch nicht eine mehrere Tausende von Jahren alte Religionsvorschrift, die heilig gehalten wird, mit den Ergebnissen einer modernen Wissenschaft zusammenwerfen wollen. Eins muß dabei zu kurz kommen. Entweder würde der betreffende Beamte seine rituellen Vorschriften verletzen, oder er würde den Grundsätzen der Fleischbeschau zuwiderhandeln. Aus beregtem Grunde habe ich alle Fälle, in welchen ein Tier nach ritueller Vorschrift Verworfen (trëfo) wird, grundsätzlich ausgeschlossen, da das Werkchen auch ohne dies dem Zweck vollständig entspricht. Von den größten Autoritäten wurde mir reiches Material zur Verfügung gestellt. Ich bin aber dem Grund-satze gefolgt, alle überflüssigen Ausführungen streng auszuschließen und nur das für den Schochet durchaus Wissenswerte zu behandeln, und hoffe den Amtsbrüdern ein Buch in die Hand zu geben, das durch logische Behandlung und planmäßige Verteilung des Stoffes recht willkommen sein und mit Vergnügen benutzt werden wird.

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Das Vorhandensein eines großen Bedürfnisses beweist die Subskribentenliste und die Tatsache, daß bei einer Beratung des Deutsch-Israel. Gemeindebundes betreffs Ausbildung von Kantoren und Schächtern ein Antragsteller einem sechsmonatlichen Kursus an einer Tierärztlichen Hochschule verlangte, damit der Schächter auch diejenigen Krankheiten erkennen lerne, die bei der Bedika angeblich nicht zu Tage treten.*) Ich schließe (mit einigen sinngemäßen Veränderungen) mit dem Worten, welche Simon-Görlitz am Schlusse seines erwähnten Werkes an den Fleischbeschauer richtet: Lieber Leser! "Der Beruf jüdischen Beamten ist schon an sich ein verantwortungsreicher und mühe-voller. Du kannst aber auch den Vorschriften in diesem Werk nur dann gerecht werden, wenn Du mit voller Unparteilichkeit Deines Amtes waltest. Übertriebene Strenge ist hier ebenso wenig am Platze wie charakterlose Nachsicht. Dem Fleischer gegenüber suche Du den richtigen Takt zu finden und sei zu jeder Auskunft und Aufklärung bereit. Denn nichts erschwert Deinen Beruf in so hohen Grade, als versteckte oder offene Feindseligkeit seitens der Gewerbetreibenden. Bei richtigem und taktvollem Verhalten wird es Dir gelingen, diese Feindseligkeit zu entwaffnen oder doch wenigstens derartig zu mildern, daß ein erträgliches Verhältnis hergestellt wird. ___________ *) Nach Kreistierarzt Fischöder-Königsberg und Simon-Görlitz erlangt man schon die Befähigung durch eine sechswöchige Ausbildung an einem größeren und Ablegung einer hierauf folgenden Prüfung.

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--------------------- Untersuche mit Vorsicht und peinlicher Genauigkeit und gebe Dein Urteil in kurzer und bestimmter Form ab. Diese wird wesentlich dazu beitragen, Dir die allgemeine Achtung zu verschaffen. Wohl werden Zeiten kommen, wo Dein Amt Dir Sorgen bringt und unruhevolle Stunden. Doch dann erinnere Dich daran, daß Du nur dann Deinem Beruf gerecht zu werden vermagst, wenn Du an der Lebensregel:

Tue Deine Pflicht unerschütterlich festhältst. Dieses Bewußtsein wird dich erheben und mit frischer Kraft erfüllen."

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Während des Druckes sind noch eine große Anzahl Abonnements eingelaufen, die in dem Namenverzeichnis der verehrten Subskribenten keine Aufnahme mehr finden konnten. Ich beabsichtige infolge der guten Aufnahme, welche dies Werk gefunden, noch einem größeren Nachtrag zu demselben herauszugeben, der dann allen bisherigen Abonnenten frei nachgeliefert werden soll.

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Druck von A. Straube, Labes

Transkription zu modernen Buchstaben Ilan Szekely, September 2008,

Jerusalem Israel Der Uhrgroßenkel vom Verleger


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