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Page 1: Möglichkeiten und Grenzen ultrastruktureller Untersuchungen bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur

Beitr. Path. Bd. 151,1-29 (1974) Review

Aus der Universitatskinderklinik (Direktor: Prof. Dr. \VI. KUNZER) der Universitat Frei­

burg i. Br.

Moglichkeiten und Grenzen ultrastruktureller Untersuchungen bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur *

Possibilities and Limitations of Ultrastructural Investigations in Muscle Diseases

U.-P. KETELSEN

Mit 8 Abbildungen und 5 Tabellen . Eingegangen am 14. Februar 1973 . Angenommen am

J 5. September 1973

Einleitung Lichtmikroskopische Routine-Untersuchungen von Muskelbiopsien kon­

nen meist nur fortgeschrittene, morphologische Schadigungen aufdecken. Durch lichtmikroskopisch-histochemische Untersuchungen konnen verschie­dene Enzyme lokalisiert, damit ihre Reaktion in bestimmten Zellorganellen sichtbar gemacht und Fasertypen differenziert werden. Diese Untersuchun­gen konnen dazu beitragen, Veranderungen der Ultrastruktur zu erklaren. Sie versagen jedoch in Fallen mit Zellstruktur-Veranderungen, die histoche­misch nicht faBbar sind (vgI. ENGEL et a!., 1970).

':. FUr ihre freundliche UnterstUtzung danke ich Frau Prof. Dr. E. FREUND-MoLBERT

(Institut fUr Biologie II, Mikrobiologie, Labor II im Max-Planck-Institut fiir Immunbio­logie, Freiburg/Br.) und Herrn Prof. Dr. R. BECKMANN (Universitatskinderklinik Freiburg i. Br.)

':. Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ':. Nach einem Vortrag anlamich eines Symposiums des wissenschaftlichen Beirates der

,.Gesellschaft zur Bekampfung der Muskelkrankheiten e. V." auf der Burg Schnellenberg bei Attendorn im Oktober 1972

1 Beitr. Path. Bd. 151

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2' U.-P. KETELSEN

Elektronenmikroskopische Untersuchungen bei Myopathien unterschied­licher Genese haben eine groBe Vielfalt pathologischer Reaktionen der mus­kelzelluHiren Organellen und Myofibrillen erbracht, von denen in der fol­genden Dbersicht wesentliche Veranderungen dargestellt werden. Zusam­men mit einer kurzen tabellarischen Dbersicht iiber Vorkommen und Art der zellularen Reaktion soll gezeigt werden, daB die Spezifitat einer Muskeler­krankung in den meisten Fallen nicht durch eine einzelne morphologische Veranderung bestimmt wird, sondern daB Reaktionsmuster der Zelle be­riicksichtigt und gesucht werden miissen, innerhalb derer die Zellorganellen in unterschiedlicher Starke oder Kombination betroffen sind (vgl. FARDEAU,

1970 ).

Am eindrucksvollsten gelang die Abgrenzung solcher pathologischer Reak­tionsmuster bisher in der Gruppe der kongenitalen Myopathien an Beispielen wie "Nemaline"-Myopathie, "central core disease", "mulicore disease" oder "fingerprint-body"-Myopathie (vgl. ENGEL et al., 1972). Demgegeniiber zeigen die hauptsachlichen Gruppen der Muskeldystrophie groBe Schwan­kungsbreiten ihrer ultrastrukturellen Veranderungen, deren Systematisie­rung bisher nicht gelang. Eine Ausnahme bildet die myotonische Dystrophie, die ein wiederkehrendes ultrastrukturelles Reaktionsmuster aufweist (vgl. SCHRODER et al., 1968; KETELSEN et al., 1972). Auch schein en bei der okula­ren Muskeldystrophie mitochondriale Veranderungen im Vordergrund zu stehen.

Der Wert einer derartigen ultrastrukturellen Analyse liegt darin, daB sie der Ausgangspunkt zu gezielten biochemischen und histochemischen Unter­suchungen sein kann. Erst die Gesamtheit der Befunde kann so bei vielen

Abb. 1. a) Mitochondrienvermehrung im Subsarkolemmalraum. Nicht klassifizierbare Myo­pathie. b) Riesenmitochondrium im InterfibrilIarraum. Nicht klassifizierbare Myopathie mit gutartigem Verlauf. c) Vakuolig degenerierte Mitochondrien bei Corticoid-Myopathie. d) Myelinartig degeneriertes Mitochondrium im InterfibrilHirraum. Nicht klassifizierbare Myopathie. e) VergroBertes Mitochondrium mit astartig verzweigten Cristae und Vermeh­rung der Grundmatrix bei myotonischer Dystrophie. f) Mitochondrium mit starker Ver­mehrung der Grundmatrix und Cristaeresten mit leicht erweiterten Cristaespatien bei myotonischer Dystrophie. Kontrastierung: Uranylacetat und Bleicitrat. VergroBerungs­maBstab: 0,5 ft. Fig. 1. a) Focal increase of mitochondria in the sub sarcolemmal space. Myopathy, type undetermined. b) Giant mitochondria in the interfibrillar space. Myopathy, type undeter­mined, benign course. c) Vacuolar degenerated mitochondria. Steroid myopathy. d) Myelin­like degeneration of a mitochondrion in the interfibrillar space. Myopathy, type undeter­mined. e) Enlarged mitochondria with branched cristae and increased matrix in myotonic dystrophy. f) Mitochondrion with extremely augmented matrix and remnants of cristae with slightly enlarged cristae-spaces in myotonic dystrophy. Staining: Uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents 0,5 fl.

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Ultrastruktur bei Myopathien . 3

Abb. I . Fig. I

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4· U.-P. KETELSEN

Myopathien tiber die Diagnose hinaus Fragen zu Atiologie und Pathogenese des jeweiligen Krankheitsbildes beantworten.

Die ultrastrukturellen Veranderungen, die bei zahlreichen menschlichen und experimentell ausgelosten Myopathien beobachtet werden, betreffen das Sarkolemm, die Kerne, das transversal tubulare System, das sarkoplasma­tische Retikulum, das Golgi-System, die Mitochondrien und die Myofibril­len. Weiterhin werden Schwankungen im Glykogen-Gehalt oder die Akku­mulation von Fetttropfchen beobachtet. In der folgenden Obersicht wurde weitgehend auf die Diskussion von Einzelbefunden verzichtet. Diese ist in den entsprechenden Originalarbeiten (siehe Text und Tabelle 1-5) zu finden.

Ultrastrukturelle Veranderungen bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur

1. Mitochondriale Veranderungen (Tab. lund 2, Abb. lund 2)

Die Mitochondrien als Energie-Trager variieren in ihrer Anzahl in den verschiedenen Fasertypen. Typ I (rote Fasern, C-Fasern) zeigen mehr Mito­chondrien als Typ II (weiGe Fasern, A-Fasern). Inwieweit Alter oder Ge­schlecht, verschiedene Muskeln, sowie Muskeltraining die Zahl der Mitochon­drienpopulation beeinflussen, ist nur wenig bekannt. Elektronenmikrosko­pisch konnte in der Muskulatur trainierter Ratten eine zahlenmaGige Ver­mehrung und VergroGerung der Mitochondrien sowie eine Vermehrung der cristae mitochondriales beobachtet werden (HOWALD et aI., 1972). Diese Veranderungen waren kombiniert mit einer Zunahme des Gesamtprotein-

Abb. 2. a) Umordnung der cristae mitochondriales in der Langsachse eines Mitochondriums bei okularer Muskeldystrophie. b) KreisfOrmige Umordnung der cristae mitochondriales. Okulare Muskeldystrophie. c) Kreisformige Proliferation der cristae mitochondriales bei gleichzeitiger Vermehrung der Mitochondrienmatrix. Okulare Muskeldystrophie. d) Kri­stalloide Ablagerungen innerhalb der Cristaespatien von vergrogerten und umstrukturier­ten Mitochondrien bei okuliirer Muskeldystrophie. e) Runder, homogener Mitochondrien­einschlug bei okuliirer Muskeldystrophie. f) Mitochondriale Glycogeninvagination bei ex­perimenteller Corticoidmyopathie. Kontrastierung: Uranylacetat und Bleicitrat. Vergroge­

rungsmagstab: 0,5 fl. Fig. 2. a) Reorganization of the mitochondrial cristae in the longitudinal axis of a mito­chondrion in ocular muscular dystrophy. b) Circular reorganization of the mitochondrial cristae. Ocular muscular dystrophy. c) Circular proliferation of the mitochondrial cristae with simultaneous increase of the mitochondrial matrix. d) Crystalloid deposits in enlarged :llld rearranged mitochondria. Ocular muscular dystrophy. e) Round, homogeneous mito­chondrial inclusion in ocular muscular dystrophy. f) Glycogen invaginations into mito­chondria. Experimental steroid myopathy. Staining: Uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents 0,5 fl .

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Ultrastruktur bei Myopathien . 5

Abb. 2 . Fig. 2

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8 0 Uo-Po KETELSEN

und Mitochondrienproteingehaltes sowie einer erhohten Aktivitat mitochon­drialer Enzyme.

Eine Beurteilung einer .allgemeinen Vermehrung oder eines Verlustes der Mitochondrien als Folge eines pathologischen Prozesses ist deshalb auBerst schwierig. Eher kommt der fokalen Vermehrung oder Verminderung dieser Organellen eine pathogenetische Bedeutung zu. Sie konnen sowohl subsar­kolemmal (Abb. I a) als auch interfibrillar gehauft gefunden werden. In ei­nem Fall einer kindlichen Myopathie, bei dem groBfUichige Mitochondrien­Anhaufungen das morphologische Leitsymptom waren, wahlten SHY et al. (I966) deshalb die Bezeichnung "pleoconiale Myopathie". Ein fokaler Ver­lust der Mitochondrien dagegen kann bei jeder Myopathie beobachtet werden und tritt haufig in Bereichen mit myofibrillarer Degeneration auf (siehe "central-core-disease", "multi-core disease"). Neben denSchwankungen in der Anzahl der Mitochondrien werden VergroBerungen bis zu I x 3,5 f1 mit Ver­mehrung der cristae mitochondriales beobachtet (Abb. I b). SHY et al. (I 966) gaben einer kindlichen Myopathie mit vergroBerten Mitochondrien, die au­Berdem Formanomalien und kristalloide Einschliisse aufwiesen, den Namen "megaconiale Myopathie". Vakuolige und myelinartige Degeneration die­ser Organellen wurde bei zahlreichen Myopathien unterschiedlicher Genese beschrieben und sind als allgemeine, unspezifische Reaktion dieser Organellen zu werten (Abb. I C und I d). Die myotonische Dystrophie weist meist ver­groBerte Mitochondrien mit diinnen, astartig verzweigten cristae und ver­mehrter und verdichteter Grundmatrix auf (Abb. I e). Die Vermehrung der Mitochondrienmatrix kann im Vergleich zu Veranderungen an den cristae iiberwiegen (Abb. I f).

Ausgepragte Formanomalien ergeben sich durch Umordnung und Proli­feration der cristae mitochondriales in der Langsachse der Organellen (Abb. 2 a). Schliemich entstehen kreisformige Gebilde, die aus konzentrisch ange­ordneten Mitochondrienmembranen aufgebaut sind (Abb. 2 b). Bei gleich­zeitiger Vermehrung der Mitochondrienmatrix werden Organellen beob­achtet, die morphologisch autophagen Vakuolen gleichen (Abb. 2 c). Inner­halb der Spatien von proliferierten Cristae werden haufig kristalloide Ein­sdlliisse mit einer GroBe von etwa O,I x 0,3 {l sichtbar (Abb. 2 d). Sie weisen je nach Schnittrichtung eine lamellare bis gitterformige Feinstruktur auf und kommen haufig in Dreier- oder Viereranordnung vor. Daneben finden sich runde, feingranulare bis homo gene Mitochondrien-Einschliisse, die im Zu­sammenhang mit einer Kalzium-Akkumulation diskutiert werden konnen (Abb. 2 e). Ein seltener Befund ist der EinschluB von Glykogenpartikeln, den wir bei experimenteller Corticoidmyopathie beobachteten (Abb. 2 f). Die Formanomalien und pathologischen Einschliisse wurden inzwischen bei einer sehr heterogenen Gruppe von Myopathien mitgeteilt. Es handelt sich haufig

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Ultrastruktur bei Myopathien . 9

Tabelle 3. MyofibriWire Veranderungen

Table 3. Myofibrillar changes

Art der Veranderung Vorkommen

Proliferation von Konduktorinnen der pro-Myofilamenten mit gressiven Muskeldystrophie

globularen Untereinheiten nichtklassifizierbare Myo-

Proliferation "glatter" Myofilamente

pathie (praklinische MD?)

Konduktorinnen und Patienten mit progressiver Muskeldystrophie

Autoren

KETELSEN et al. (unveroffentlicht)

Herzmuskelzelle des Hundes ONISHI et al. (1969) bei experimenteller Herzhypertrophie

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Randstandige Abnahme der Myofilamente

normaler menschlicher Muskel SHAFIQ et al. (1966)

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BECKMANN et al. (1965)

McArdle-Syndrom SCHIMRIGK et al. (1967)

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WECHSLER (1966)

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MOLBERT (1960) FREUND-MoLBERT (1969)

MILHAUD et al. (1964) KLINKERFUSS (1967) SCHRODER et al. (1968) SCHOTLAND (1970)

DE RECONDO et al. (1966)

urn Erkrankungen des Kindesalters, die eine ungewohnliche klinische und biochemische Symptomatik aufweisen (Tab. I) und moglicherweise durch einen primaren mitochondrialen Defekt verursacht werden. Der biochemische Me-

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10' U.-P. KETELSEN

chanismus dieser Storungen ist aber weitgehend unklar und vermutlich unter­schiedlicher Natur. So konnten ERNSTER et al. (1959) und LUFT et al. (1962) Formanomalien und Stoffablagerungen in den Muskelmitochondrien bei ei­ner Myopathie mit Hypermetabolismus nichtthyreoidalen Ursprungs mittei­len. Biochemisch zeigten die isolierten Muskelmitochondrien eine gesteigerte Respirationsrate bei partieller Entkoppelung der unter normalen Bedingun­gen engen Beziehung zwischen den Oxydationsprozessen und der oxydativen Phosphorylierung. In anderen Fallen wurden sekundare Storungen des Lipid­Stoffwechsels und mitochondriale Kationenakkumulation diskutiert. Bei die­sen Krankheitsbildern ist daher eine primare mitochondriale Erkrankung oder Fehlanlage moglich, deren morphologisches Substrat elektronenmikro­skopisch sichtbar zu machen ist (vgl. JERUSALEM et al., 1971).

Demgegeniiber finden sich mitochondriale Formanomalien und Einschliisse bei klinisch eindeutig diagnostizierten Erkrankungen (Tab. 2). Ihr Nachweis ist ein Indikator fiir eine primare oder sekundare Anomalie der mitochon­drialen Funktion, die eine gezielte biochemische Untersuchung nahelegt.

2. MyofibrilHire Veranderungen (Tab. 3, Abb. 3)

Myofibrillare Veranderungen gehen in den betroffenen Bereichen haufig mit einem fokalen Verlust der Mitochondrien einher (z. B. "central-core disease", "multi-core disease"). Es ist bisher nicht eindeutig geklart, ob eine Degeneration der Mitochondrien Veranderungen an den Myofibrillen her­vorruft oder umgekehrt die Myofibrillendegeneration pathologische Veran-

Abb.3. a) Verschmalerung der Myofibrillen durch Verlust von Myofilamenten. Dadurch Verbreiterung der Interfibrillarraume. Nicht klassifizierbare Myopathie. b) Subsarkolem­male Proliferation von Myofilament mit globularen Untereinheiten (Inset). Nicht klassifi­zierbare Myopathie (praklinische Muskeldystrophie?). c) Proliferation von Myofilament ohne erkennbare Untereinheiten. Konduktorin der progressiven Muskeldystrophie. d) Proli­feration von Z-Band-Material (sog. "z-band-streaming"). Congenitale Muskeldystrophie. e) Sog. "cytoplasmic-body". Myotonische Dystrophie. f) "Rod-like-bodies" im Subsarkolem­malraum bei "Nemaline"-Myopathie. Inset: Bei starkerer VergroEerung wird die Quer­streifung der "rod-like-bodies" erkennbar. Kontrastierung: Uranylacetat und Bleicitrat. VergroEerungsmaEstab: I fl; Inset 3 b + 3 f: 0,5 fl·

Fig. 3. a) Myofibrils, diminished by loss of myofilaments causing broadening of the inter­fibrillar space. Myopathy, type undetermined. b) Subsarcolemmal proliferation of myo­filaments with globular subunits (Inset). Myopathy, type undetermined (preclinical mus­cular dystrophy?). c) Proliferation of myofilaments without apparent subunits. Carrier of progressive muscular dystrophy. d) Z-band-streaming in congenital muscular dystrophy. e) Cytoplasmic-body in myotonic dystrophy. f) Rod-like bodies in the subsarcolemmal space. Nemaline myopathy. Inset: higher magnification shows the cross-striation of the rod-like bodies. Staining: Uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents I fl;

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Ultrastruktur bei Myopathien . I I

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12' U.-P. KETELSEN

Tabelle 4. Reaktionen des Z-Bandes

Table 4. Reactions of the Z-band

Art der Veranderung

Verlust

Fragmentation

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Veranderungen

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Autoren

GONATAS et al. (1965)

HENDERSON et al. (1970)

FISHER et al. (1966)

ALEU et al. (1964)

Proliferation ("streaming") "central core disease" W. K. ENGEL et al. (1961)

GONATAS et al. (1965)

SCHRODER et al. (1968)

KETELSEN et al. (1972)

RESNICK et al. (1967)

TOMONAGA et al. (1970)

Bildung sog.

"rod-like-bodies"

Veranderung zum sog.

"cytoplasmic-body"

myotonisme Dystrophie

»Target"-Fasern (bei Dener­

vierungsprozessen)

congt'uitale Muskeldystrophie

experimentelle Corticoid­

Myopathie

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"late-onset" -Myopathie

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PRICE et al. (1965)

GONATAS et al. (1966)

A. G. ENGEL et al. (1967)

FULTHORPE et al. (1969) BECKMANN et al. (1973)

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W. K. ENGEL et al. (1966)

A. G . ENGEL (1966 b)

progressive Muskeldystrophie KETELSEN et al. (1970)

Chloroquin-Myopathie FARDEAU (1970)

Myopathie bei Hypothyreose FARDEAU (1970)

Polymyositis

Muskeldystrophie

congenitale Muskeldystrophie KETELSEN et al. (1971)

myotonisme Dystrophie SCHRODER et al. (1968)

KETELSEN et al. (1972)

denervierter Mausmuskel NAKASHIMA (1971)

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Ultrastruktur bei Myopathien . 13

derungen an den Mitochondrien bewirken kann. Eine randstandige Ver­schmalerung der Myofibrillen bei erhaltener Struktur findet sich sowohl an normalem menschlichen Biopsiematerial als auch besonders ausgepragt bei verschiedenen Muskelerkrankungen wie Polymyositis, McArdle Syndrom und praeklinischer Muskeldystrophie (Abb. 3 a). Es kommt dabei zu einer Verbreiterung der interfibrillaren Raume. Eine ungeordnete Proliferation von Myofilament konnten wir bei Konduktorinnen als auch Patienten der progressiven Muskeldystrophie beobachten, deren Einzelfilamente morpho­logische Unterschiede aufweisen (Abb. 3 b und 3 c). Bei starkerer VergroBe­rung von zopfartig proliferierten Myofilamenten (Abb. 3 b) werden globu­lare Untereinheiten mit einem Durchmesser von ca. 75 A erkennbar (vgl. KETELSEN et al., 1970; Inset Abb. 3 b). Die elektronenoptische Darstellung isolierter Aktinfilamente durch HANSON und Lowy (1963) hat gezeigt, daB Aktin eine Doppelhelix bildet, deren einzelne Windung aus 13 globularen Untereinheiten besteht. Den Durchmesser einer Untereinheit geben diese Autoren mit 55 A an. Der Vergleich dieser Angaben mit unseren Abmessun­gen macht es wahrscheinlich, daB die beobachteten Filamentwucherungen proliferiertes Aktin darstellen. Daneben finden sich auch Proliferationen dunner Myofilamente ohne erkennbare Untereinheiten (Abb. 3 c).

Die sog. "Ringbinden" werden vorwiegend bei myotonischer Dystrophie beobachtet. Sie bestehen aus fehlorientierten Myofibrillen, die kreisformig die in der Langsachse der Muskelzelle orientierten Myofibrillen umschlieBen. Sie konnen bei myotoner Dystrophie gehauft oder auch nur sporadisch auf­treten (SCHRODER et al., 1968) oder konnen nach WOHLFAHRT (195 I) und SCHOTLAND (1970) ganzlich fehlen.

3. Reaktionen des Z-Bandes (Tab. 4, Abb. 3)

In den letzten Jahren wurden strukturell verschiedenartige pathologische Reaktionen des Z-Bandes voneinander abgegrenzt. Neben dem totalen Ver­lust und der Fragmentierung wurde vor allem bei menschlichen Myopathien und Denervierungsprozessen, aber auch bei experimenteller Corticoidmyo­pathie eine Proliferation von Z-Band-Material beobachtet, die im amerikani­schen Schrifttum als "streaming" bezeichnet wird. 1m Bereich dieser Ver­anderung kommt es zu einem Verlust an Mitochondrien (Abb. 3 d). Bei ent­zundlichen Myopathien, Muskeldystrophie und myotonischer Dystrophie wurde eine weitere pathologische Reaktion des Z-Bandes bekannt, das sog. "cytoplasmic-body". Dieser Begriff wurde vom lichtoptischen Bild hergelei­tet, in dem sich die Veranderung innerhalb der Muskelzellen als ovale, dichte Struktur bei Trichrom- und Haematoxilinfarbung darstellte. 1969 wurde ihre Herkunft aus dem Z-Streifen von MACDoNALD und ENGEL elektronen­mikroskopisch nachgewiesen. Das sog. "cytoplasmic-body" besteht aus einem

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feinfilamentosem Zentrum und wird haufig von einem hellen Hof umgeben, der den Dbergang zwischen noch erhaltenen Myofilamenten und dem Zen­trum der myofibrillaren Degeneration bildet (Abb. 3 e). Es fehlen in diesem Bereich die Mitochondrien.

Die Bildung sog. "rod-like bodies" (Abb. 3 f) hat der kongenitalen Nema­line- oder Stabchenmyopathie ihren Namen gegeben. Die auch im Licht­mikroskop bei entsprechender Farbung nachweisbaren Strukturen sind elek­tronenmikroskopisch aus dem Z-Band herleitbar und sind durch eine feine Querstreifung mit einer Periodizitat von ca. I40 bis I70 A sowie durch eine Langsstreifung mit einer Periodizitat von ca. 80 bis I20 A ausgezeichnet. Da auch andere Myopathien vereinzelt eine solche Veranderung des Z-Bandes aufweisen (vgl. Tab. 4), ermoglicht nur ihr gehauftes Auftreten im Zusam­menhang mit den klinischen Befunden die Diagnose.

4. Reaktionen des transversal-tubuHiren Systems, des sarkoplasmatischen Retikulums und des Golgi-Systems (Tab. 5, Abb. 4)

1m Hinblick auf seine Funktion als Impulsubertrager fUr die Myofila­mente sind Veranderungen des transversal-tubularen Systems fur die Mus­kelzellpathologie von groBer Bedeutung. Elektrolytverschiebungen im ex­ternen wie internen Zellmedium bewirken pathologische Veranderungen an dies em System (vgl. FREYGANG et al., I964). NetzwerkfOrmige Prolifera-

Abb.4. a) Netzwerkformige Proliferation des transversal-tubuHiren Systems (+). Ober­gang der Netzwerkstrukturen in Vakuolen (V). Nicht klassifizierbare Muskeldystrophie. b) Netzwerkformige Proliferation des transversal-tubularen Systems (+) im perinuklearen Raum. Erweiterung des sarkoplasmatischen Retikulums (SR). Polymyositis. c) Erweiterung des transversal-tubularen Systems (V) bei myotonischer Dystrophie. d) Neubildung von rauhem endoplasmatischen Retikulum. Inset: die AusschnittvergroBerung zeigt die Anlage­rung von Ribosomen. Nicht klassifizierbare Myopathie. e) Proliferation des Golgi-Systems (Go) im perinuklearen Raum. Experimentelle Corticoidmyopathie. f) Tubulare Aggregatio­nen im Subsarkolemmalraum. Nicht klassifizierbare Myopathie. Kontrastierung: Uranyl­acetat und Bleicitrat. VergroBerungsmaBstab: I f.l. Inset 4 d: 0,5 f.l. Fig. 4. a) Net-like proliferation of the transversal tubular system (+). Transition of net­like structures into vacuoles (V). Muscular dystrophy, type undetermined. b) Net-like proliferation of the transversal tubular system (+) in the perinuclear region. Dilatation of the sarcoplasmic reticulum (SR). Polymyositis. c) Dilatation of the transversal tubular sy­stem (V) in myotonic dystrophy. d) New formation of rough endoplasmic reticulum. Myo­pathy, type undetermined. Inset: higher magnification shows the attachment of ribosomes. e) Proliferation of the Golgi-system (Go) in the perinuclear region. Experimental steroid myopathy. f) Tubular aggregations in the sub sarcolemmal space. Myopathy, type undeter­mined. Staining: Uranyl acetate and lead-citrate. The scale marker represents I f.l. Inset

4 d: 0,5 f.l.

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Ultrastruktur bei Myopathien . 15

Abb. 4 . Fig. 4

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Tabelle 5 . Table 5

I. Reaktionen des transversal tubul:iren Systems (T-System)

1. Reactions of the transversal - tubular system (T-system)

Art der Veranderung Vorkommen - ---- - ... _-_._---.-

Autoren

Erweiterung

(normaler Durchmesser: ca. 200-400 A)

bei jeder Myopathie moglich, vgl. A. G. ENGEL et al. (1970) jedoch haufiger bei Dystro-

phien als bei entziindlichen Myopathien

meist stark ausgepragt bei myotonischer Dystrophie

vgl. SCHRODER et al. (1968) KETELSEN et al. (1972)

_._---_ . . - - .-- ----- - ----------Proliferation und Bildung denervierter Rattenmuskel PELLEGRINO et al. (1963) von Netzwerkstrukturen

neurogene Atrophie

myotone Dystrophie

autophage Glycogenose

thyreotoxisch-hypokaliamische

periodische Paralyse

hyperkaliamische periodische Paralyse

experimentelle Chloroquin­Myopathie

Myopathie mit Defizit an

saurer Maltase im Erwachsenenalter

Polymyositis

nicht klassifizierbare Muskeldystrophie

II. Reaktionen des sarkoplasmatischen Retikulums

II. Reactions of the sarcoplasmic reticulum --- ---------_._----- ---

Erweiterung des glatten Retikulums

Dermatomyositis Periodische Paralyse

SHAFIQ et al. (1967 b)

SCHOTLAND (1970)

A. G. ENGEL et al. (1968) KETELSEN et al. (im Druck)

SCHUTTA et al. (1969)

MACDoNALD et al. (1968)

A. G. ENGEL (1970)

A. G. ENGEL et al. (1970) KETELSEN (diese Ver­offentlichung)

KETELSEN et al. (1972)

A. G. ENGEL et al. (1970) HOWES et al. (1966) A. G. ENGEL (1966 a)

SCHUTTA et al. (1969) --- -- - - _. - --_.---_ .. _------------Vermehrung des

glatt en Retikulums

Neubildung des rauhen Retikulums

denervierter Froschmuskel

dystrophischer Mausmuskel

MUSCATELLO et al. (1965)

BANKER (1967) ---_ .... __ ._-- - - ----

Polymyositis

nicht klassifizierbare Myopathie

A. G. ENGEL et al. (1970)

KETELSEN (diese Ver­offentlichung)

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Ultrastruktur bei Myopathien . 17

tionen des transversal-tubuHiren Systems wurden von uns sowohl bei der Muskeldystrophie und Polymyositis (Abb. 4 a u. b) als auch bei einer kind­lichen Glycogenose mit Mangel an saurer Maltase gefunden. Mit dieser Ver­anderung geht haufig auch eine Erweiterung des sarkoplasmatischen Retiku­lums einher, welches bei Doppelfixation mit Glutaraldehyd und Osmium­saure einen feingranularen Inhalt aufweist (Abb. 4 b). In der Nahe der Netz­werkstrukturen finden sich haufig autophage Vakuolen. ENGEL (I 970) be­obachtete in der Muskelzelle bei der Glycogenose mit Mangel an saurer Mal­tase Vesikel, die ihren Ursprung in diesen Netzwerkstrukturen haben und AnschluB an die autophagen Vakuolen gewinnen konnen. Er vermutet des­halb, daB sie als Obertrager lysosomaler Enzyme zu den autophagen Vakuo­len dienen konnen. Die Erweiterung des transversal-tubularen Systems kann bei jeder Myopathie beobachtet werden, tritt jedoch haufiger bei der Dystro­phie als bei entziindlichen Muskelerkrankungen in Erscheinung. Besonders ausgepragt fan den wir sie bei myotonischer Dystrophie (Abb. 4 c).

Ein Befund, der eine erhohte Syntheseleistung der Zelle anzeigt, ist die Neubildung von rauhem endoplasmatischen Retikulum (Abb. 4 d).

In normal en Kontrollen findet sich ein unauffalliges Golgi-System, meist im perinuklearen Raum. Es proliferiert in Degenerationsbereichen der Mus­kelzelle (Abb. 4 e). Die Bildung autophager Vakuolen aus Golgi-Blaschen wird diskutiert.

Bei einer Myopathie unklarer Genese konnten wir tubulare Aggregatio­nen beobachten, die sich morphologisch weder aus dem transversal-tubularen System noch dem sarkoplasmatischen Retikulum oder Golgi-System herleiten lassen (Abb. 4 f) . .Khnliche Aggregationen fan den PEARSE et al. (I 970) bei einem myopathischen Krankheitsbild eines 48jahrigen Patienten vorwiegend in Typ-II-Fasern. Der auffallendste Befund ihrer histochemischen Untersu­chung dieser Tubuli war der Nachweis von Cytochromoxydase . .Khnliche Aggregationen fanden sich bei hypokaliamischer, periodischer Paralyse (BERGMAN et aI., I970) und bei dominant erbIicher Myotonie (SCHRODER et aI., I972).

5. Schwankungen im Glycogen- und Fettgehalt (Abb.5)

Der Glycogengehalt unterliegt im normalen Muskel groBeren Schwan­kungsbreiten. Ernahrungs- und Aktivitatszustand, jeweiliger Muskel und Fasertyp sind bestimmende Faktoren. Elektronenmikroskopisch wird eine Glycogenanreicherung frei dispers im Cytoplasma (Abb. 5 a), in einfachen, membrangebundenen Vakuolen (Abb. 5 b) oder in Autopagievakuolen mit heterogenem Inhalt (Abb. 5 c) beobachtet. Diese glycogenhaltigen Autopha­gievakuolen wurden in neuerer Zeit bei Glycogenosen mit Mangel an saurer Maltase sowohl im Erwachsenenalter (ENGEL et aI., I 968; ENGEL, 1970) als

2 Beitr. Path. Bd. 151

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auch beim Kind (KETELSEN et al., im Druck) beobachtet. Sie enthalten neben Glycogenpartikeln meist myelinartige Degenerate cytoplasmatischer Mem­branen. 1m Gegensatz zur klassischen Typ II-Glycogenose (POMPE) wurde diese offensichtlich prognostisch gunstigere Form dieser Glycogenspeicher­krankheit von ENGEL et al. (1968) als "autophage Glycogenose" bezeichnet.

Neben der Glycogenvermehrung fan den wir bei der menschlichen wie experimentellen Corticoidmyopathie eine starke Ablagerung von Fetttropf­chen in unmittelbarer Nahe der Mitochondrien (Abb. 5 d). HARRIMAN et al. (1972) beschreiben bei mensch lichen Myopathien und neuromuskularen Er­krankungen unerschiedlicher Genese Fettablagerungen vorwiegend in Typ I-Fasern. Andere Myopathien unklarer Genese mit starken Fettablagerungen in Typ I-Fasern wurden von PRICE et al. (1967) und BRADLEY et al. (1969) mitgeteilt. Es ergaben sich in diesen Fallen relativ geringe elektromyogra­phische Veranderungen im Vergleich zur ausgepragten Muskelschwache, die muskelspezifischen Enzyme im Serum waren jedoch erhoht.

6. Veranderungen des Sarkolemms (Abb.6)

Die Plasmamembran zeigt bei Myopathien elektronenmikroskopisch un­terschiedliche, wenn auch meist nicht spezifische Veranderungen. Neben der Bildung pinozytotischer Vesikel (Abb. 6 a) wird, wie hier bei einer autopha­gen Glycogenose, die Ausschleusung cytoplasmatischer Abbauprodukte sicht­bar (Abb. 6 b). Bei Muskeldystrophie finden sich haufig Aufspaltungen der Muskelzellen, die elektronenmikroskopisch als papillare Projektionen er­kennbar werden (Abb. 6 c). Bei myotoner Dystrophie fanden wir Einfal­tungen der Plasma- und Basalmembran (Abb. 6 d), die SCHRODER (1970) bei diesem Krankheitsbild als Oberreste denervierter Endplatten diskutiert.

Die herkommliche elektronenmikroskopische Praparationsmethode er­bringt meist nur Membranquerschnitte, von den seltenen Tangentialschnitten abgesehen. Durch Anwendung der Gefrieratzmethode (vgl. MOOR et al.,

Abb. 5. a) Glycogenvermehrung (G) frei dispers im Cytoplasma. Corticoidmyopathie. b) EinschluB von Glycogenpartikeln (G) in kleiner Vakuole. Corticoidmyopathie. c) Ein­schluB aggregierter Glycogenpartikeln in groBer autophager Vakuole. Glycogenose vom muskuHiren Typ mit Mangel an saurer a-r,4-Glucosidase. d) Ablagerung von Fettropfen (L) in der Umgebung der Mitochondrien. Experimentelle Corticoidmyopathie. Kontrastie­rung: Uranyl ace tat und Bleicitrat. VergroBerungsmaBstab: r fl . Fig. 5. a) Increase of glycogen (G) freely dispersed in the cytoplasm. Steroid myopathy. b) Enclosure of glycogen particles (G) in a small vacuole. Steroid myopathy. c) Enclosure of aggregated glycogen particles in a large autophagic vacuole. Glycogenosis of muscular type with deficiency of acid maltase. d) Deposition of lipid droplets (L) in the vicinity of mitochondria. Experimental steroid myopathy. Staining: Uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents I fl.

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Ultrastruktur bei Myopathien . 19

Abb. 5 . Fig. 5

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1964) ist es moglich, Membranflachen darzustellen. Die Zellmembran wird mit dieser Methode in ihrer hydrophoben Schicht aufgebrochen (BRANTON, 1966; PINTO DA SILVIA et aI., 1970; TILLACK et aI., 1970). Dadurch konnen zwei Membranflachen entstehen, eine innere, dem Cytoplasma zugekehrte oder eine auBere, dem Interzellularraum anliegende Flache. Die mit dieser Methode gewonnenen Muskelzellmembranflachen der Plasmamembran zei­gen neben den Einstiilpungen des transversal-tubularen Systems (Abb. 6 e) in der Grundmatrix zahlreiche, verstreut angeordnete Partikel mit einem Durchmesser von etwa 7-10 nm (Abb. 6 e). Diese Partikel sollen moglicher­weise Glycoproteine darstellen (PINTO DA SILVA et aI., 1971). Bei experimen­teller Corticoidmyopathie konnten wir zeigen, daB der Degeneration der Skelettmuskelzellen eine Vermehrung der Plasmamembranpartikel (Abb. 6 f) vorausgeht. Die Gefrieratzmethode wird in Zukunft neue Moglichkeiten in der Erforschung von Stoffwechselvorgangen an der Membran erbringen.

7. Kernveranderungen (Abb. 7)

Dber den pathogenetischen Mechanismus von Kernveranderungen bei Myopathien ist nur wenig bekannt. Wir finden zentralstandige Kerne oder Kernreihen (Abb. 7 a) sowie alle Stadien cler Degeneration oder tiefe Ein-

Abb.6. a) Einstiilpung der Plasmamembran zu Pinozytosevesikeln (+). Myotonische Dystrophie. b) Exocytose zellularer Degenerationsprodukte (+). Glycogenose yom musku­laren Typ mit Mangel an saurer a-I,4-Glukosidase. c) Papillare Einfaltung des Sarkolemms bei progressiver Muskeldystrophie. d) Einfaltungen des Sarkolemms bei myotonischer Dy­strophie. e) Darstellung des Plasmalemms (innere Bruchflache) einer normal en mensch­lichen Muskelzelle mit Hilfe der Gefrieratzung. Einfaltungen des transversal-tubularen Sy­stems (T). In der Memhranmatrix verstreut liegende Partikel (+). Bedampfungsrichtung (++). f) Innere Bruchflache des Plasmalemms (Kaninchen), 9 Tage nach einmaliger Injek­tion von Depot-Corticoid. Starke Vermehrung der Membranpartikel im Gegensatz zur nor­malen Kontrolle (Inset). Einfaltung des transversal-tubuliiren Systems (T). Bedampfungs­richtung (++). Kontrastierung der Ultradiinnschitte: Uranylacetat und Bleicitrat. Vergro­BerungsmaBstab: 0,5 ~.

Fig. 6. a) Formation of pinocytotic vesicles by invagination of plasmalemma (+). Myo­tonic dystrophy. b) Exocytosis of cellular degeneration products (+). Glycogenosis of muscular type with deficiency of acid maltase. c) Papillary invaginations of the sarco­lemma in progressive muscular dystrophy. d) Invaginations of the sarcolemma in myotonic dystrophy. e) Representation of the plasmalemma (inner fracture face) of a normal human muscle cell with the help of the freeze etching method. Invaginations of the transversal tubular system (T). In the membrane matrix numerous scattered particles (+). Direction of shadowing (++). f) Inner fracture face of the plasmalemma (rabbit) nine days after a single injection of depot steroid (Inset: normal control). Increase of membrane particles. Invagination of the transversal tubular system (T). Direction of shadowing (++). Staining of the ultrathin sections: uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents 0.5 ,(to

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Ultrastruktur bei Myopathien . 2 I

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Abb. 6 . Fig. 6

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faltungen der Kernmembran bei Kernen mit reichem Chromatingehalt und mehr runde bis ovale Kerne mit feinverteiltem Chromatin (Abb. 7 b-d). Auch Invaginationen cytoplasmatischer Bestandteile wurden beschrieben (ENGEL et aI., 1970). Ein seltener Befund stellt die Ausbildung von Zentriolen im perinuklearen Raum dar (Abb. 7 e), die wir in atrophischen Skelettmuskel­zellen bei M. Werdnig-Hoffmann beobachteten (KETELSEN et aI., 1971).

8. Satellitzellen und Skelettmuskelzellregeneration (Abb. 8)

Untersuchungen zur Frage der Abstammung von Muskelzellen bei der Re­generation des quergestreiften Muskels haben bisher zu zwei verschiedenen Ansichten gefuhrt. Einerseits sollen die neugebildeten Myoblasten und Myo­tuben aus dedifferenzierten Muskelzellen entstehen (REZNIK, 1969; BARBERIE,

1970), andererseits wird ihre Herkunft auf einkernige Zellen zuruckgefuhrt, die in das Muskelgewebe einwandern (vgl. SLOPER et aI., 1970), sich teilen, zu Myoblasten werden und schlieBlich zu Myotuben verschmelzen. Der Transport einkerniger Zellen aus dem Blutstrom als Vorstufen von Myo­blasten konnte bisher nicht bewiesen werden.

MAURO (1961) beschrieb erstmals undifferenzierte Zellen, die zwischen Basal- und Cytoplasmamembran der Skelettmuskelzelle liegen und als Satellitzellen bezeichnet werden (Abb. 8 a). Er sah in ihnen Vorstufen von Myoblasten. Eigene elektronenmikroskopische Untersuchungen an kindli­chern Biopsiematerial bei Polymyositis und Corticoidmyopathie (FREUND­MOLBERT et aI., 1973) haben ergeben, daB wahrend der Regeneration eine Proliferation der Kapillarperizyten Zll beobachten ist. Diese lOsen sich zum Teil von der GefaBwand ab und werden zu Fibroblasten, Makrophagen und Satellitzellen oder, nach Ausbildung muskelspezifischer Organellen und

Abb.7. a) Zentralstandige Kerne bei progressiver Muskeldystrophie. b) Vakuolig degene­rierter Kern. Glycogenose yom muskularen Typ mit Mangel an saurer a-r,4-Glukosidase. c) Zentralstandiger Kern mit starken Einfaltungen der Kernmembran und reichem Chro­matingehalt. Myotonische Dystrophie. d) Zentralstandiger, runder bis ovalcr Kern mit feinverteiltem Chromatin. M yotonische Dystrophic. e) Zentriol (+) im perinuklearen Raum einer atrophischen Muskelzelle bei M. Werdnig-Hoffmann. Myofilamente (F). Kern (K). Golgi-Zone (G). Kontrastierung: Uranylacetat und Blcicitrat. VergroBerungsmaB­stab: I p.. Fig. 7. a) Centrally placed nuclei in progressive muscular dystrophy. b) Vacuolar degene­rated nucleus. Glycogenosis of the muscular type with acid maltase deficiency. c) Central nucleus with distinct invaginations of the nuclear membrane and high chromatin content. Myotonic dystrophy. d) Central round to oval nucleus with finely distributed chromatin. Myotonic dystrophy. e) Centriole (+) in the perinuclear region of an atrophic muscle cell in Werdnig-Hoffmann's disease. Myofilaments (F), nucleus (K). Golgi-system (G). Staining: Uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents r !-t.

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Ultrastruktur bei Myopathien . 23

Abb. 7 . Fig. 7

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Mycfibrillen, auch direkt zu Myoblasten (Abb. 8 b). Der Auslosungsmecha­n:smus, unter welchem eine solche Differenzierung in den einzelnen Zellarten stattfindet, ist bis heute unbekannt. Wir sehen in der Satellitzelle die Ruhe­form cler Promyoblasten, uber die die Regeneration einzelner Muskelzellen erfolgt, wahrend der Organismus bei starker Regeneration nach dem Unter­gang von Skelettmuskelzellverbanden auf das Reservoir der multipotenten Perizyten zuruckgreift (FREUND-MoLBERT et al., 1973).

Ausblick Diese kurze Ubersicht uber ultrastrukturelle Veranderungen der Muskel­

zelle bei Myopathien unterschiedlicher Genese sollte deutlich machen, daB viele Veranderungen nicht einem Krankheitsbild allein zuzuordnen sind.

Wir mussen auBerdem berucksichtigen, daB wir nur Momentaufnahmen eines Zellgeschehens erfassen, in dem Struktur und Stoffwechsel eine dyna­mische Ordnung bilden, welche vielfaltigen inner- und auBerorganismischen Milieueinflussen ausgesetzt ist und sich fortgesetzt mit diesem auseinander­setzen muB. Andererseits ist aber die Zelle durch ihren genetischen Code determiniert und ihr Stoffwechsel, der durch ein FlieBgleichgewicht ausge­zeichnet ist, wird von Steuerungsmechanismen festgelegter Information kon­trolliert (MOLBERT, 1968). Bier finden sich Grenzen und Moglichkeiten ul­trastruktureller Untersuchungen:

Abb. 8. a) 5atellitzelle (5) zwischen Basal- und Cytoplasmamembran ciner Muskelzelle (Mz). Kern der Muskelzelle (K1). Kern der Satellitzelle (K2). M. Werdnig-Hoffmann. b) Mononuklearer Myoblast mit Ausbildung von Elementarfibrillen (F). M. Werdnig-Hoff­mann. c) Zusammenlagerung undifferenzierter, mononuklearer Zellen aus Perizyten im Bereich einer Kapillare, Polymyositis. d) Engc Verzahnung der Cytoplasmamembranen (+) von Myoblasten mit beginnender Ausbildung von Elementarfibrillen (F). Regenerations­bereich bei Polymyositis. e) Ausschnitt aus einem Myoblasten. Anlagerung von Ribosomen (+) an neugebildeten Elementarfibrillen. Corticoidmyopathie. f) Multinuklcarc Myo­tube mit Vorstufen des transversal-tubularen Systems (+) und Elementarfibrillen (->-+). Corticoidmyopathie. Kontrastierung: Uranylacetat und Bleicitrat. VergroEerungsmaEstab: I p. Fig. 8. a) Satellite cell (S) between basal membrane and cytoplasmic membrane of a muscle cell (Mz). Nucleus of the muscle cell (K1). Nucleus of the satellite cell (K2). Werdnig-Hoff­mann's disease. b) Mononucleated myoblast with development of primary myofibrils (F). Werdnig-Hoffmann's disease. c) Collection of mononucleated, undifferentiated cells ori­ginating from pcricytes adjacent to a capillary. Polymyositis. d) Closely interdigitating cytoplasmic membranes (+) of myoblasts with early development of elementary myofibrils (F). Area of regeneration in polymyositis. e) Part of a myoblast. Elementary myofibrils with attached ribosomes (+). Steroid myopathy. f) Multinucleated myotube with precursors of the transversal tubular system (+) and elementary myofibrils (++). Steroid myopathy. Staining: uranyl acetate and lead citrate. The scale marker represents r f.t.

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Ultrastruktur bei Myopathien . 2 ~

Abb.8 . Fig. 8

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26· V .-P. KETELSEN

I. Ultrastrukturelle Untersuchungen von Muskelbiopsien bei Myopathien unterschiedlicher Genese erbringen ein weites Spektrum pathologischer Zell­reaktionen wie Veranderungen an den Myofibrillen, Mitochondrien, dem tubularen System, den Kernen und dem Sarkolemm. Diese Veranderungen sind als Einzelbefund meist nicht spezifisch und durfen nur in ihrer Gesamt­heit beurteilt werden.

2. Bei primaren Myopathien (z. B. Muskeldystrophie) und zum Teil auch bei neuromuskularen Erkrankungen (z. B. spinale oder neurale Muskel­atrophie) muss en deshalb "Reaktionsmuster" der Zelle gesucht und in Rel<>.­tion zur Topographie der Muskelgruppe oder zum jeweiligen Fasertyp ge­setzt werden. Hierbei ist die gleichzeitige histochemische Untersuchung der Muskelbiopsie von groBem Wert.

3. Serumenzymatische und elektromyographische Suchmethoden konnen wichtige Hinweise fur die Friiherkennung von Homo- und Heterozygoten in mit solchen Krankheiten belasteten Familien ergeben. Die ultrastrukturelle Untersuchung von Muskelbiopsien im Fruhstadium von Myopathien oder bei Konduktorinnen kann auf den morpholDgischen Ausgangspunkt der Erkran­kung hinweisen und zu weiteren biochemischen oder experimentellen Unter­suchungen fiihren.

4. Mit Hilfe der Gefrieratzmethode wird es moglich, makromolekulare Strukturveranderungen in Membranen sichtbar zu machen. Es kann vermutet werden, daB Veranderungen der Muskelzellmembranen (z. B. Plasmalemm) nicht ohne Folgen auf den Stoffwechsel und die Erregungsiibertragung der Muskelzelle bleiben. Ungeklarte Zellreaktionen durften durch derartige Un­tersuchungen eine Erklarung finden.

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Dr. UWE-PETER KETELSEN, Univ.-Kinderklinik, D-78 Frciburg i. Br., Mathildenstr. 1


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