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Page 1: Pigmentstörungen

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2009.07137.x Akademie 187

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2010/0803 JDDG | 3˙2010 (Band 8)

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JDDG; 2010 • 8:187–203 Eingereicht: 9.2.2009 | Angenommen: 21.4.2009

ZusammenfassungDas Hautkolorit ist eine extrem individuelle Erscheinungsform und wird vonzahlreichen Genen kontrolliert. Die fast unendlichen Variationen der Hautfarb-töne werden nicht durch die Zahl der Melanozyten sondern durch die Anzahlund Größe der Melanosomen bedingt. Pigmentstörungen können durch fehler-hafte Auswanderung der Melanoblasten von der Neuralleiste, durch einen ge-störten Transfer von reifen Melanosomen in die umliegenden Keratinozyten,durch eine Störung der Melaninsynthese oder auch durch einen verzögertenAbbau oder Abtransport von Melanin entstehen. Außerdem können immunolo-gische oder toxische Einflüsse durch Zerstörung von Melanozyten zu Pigment-verschiebungen führen. Pigmentstörungen werden in Hyper- und Hypopig-mentierungen eingeteilt und können angeboren oder erworben auftreten undsich lokalisiert oder diffus manifestieren. Hypopigmentierungen bei Geburt treten entweder als rein kutane Erkrankungen auf wie beim Piebaldismus, odersie können auch einen Systemcharakter aufweisen wie beispielsweise beimMenkes-Syndrom oder der Phenylketonurie. Umschriebene Hypo- und Hyper-pigmentierungen im Kindesalter gelten als Markerveränderungen wie z. B. dieEschenblatt-artigen Hypopigmentierungen bei der tuberösen Sklerose bzw. dieCafé-au-Lait-Flecken bei der Neurofibromatosis Recklinghausen. Die häufigsteautoimmun induzierte Hypopigmentierung ist die Vitiligo. Generalisierte diffuseHyperpigmentierungen sind selten primär genetisch bedingt, sie sind meistAusdruck einer erworbenen Erkrankung wie Morbus Addison, sekundäre Hä-mochromatose bei gestörter Hämosynthese und/oder Hämolyse und häufigenBluttransfusionen oder Ausdruck einer Autoimmunerkrankung wie primär biliäre Zirrhose. Die Therapie der Pigmentstörungen ist nach der Ursache zu rich-ten, wobei kosmetisch befriedigende Resultate oft schwer zu erreichen sind.

SummarySkin color is highly individual and the variations are controlled by numerousgenes. The different skin colors result from the size and number ofmelanosomes and do not mirror the amount of melanocytes. Disorders of pig-mentation can result of migration abnormalities of melanocytes from the neu-ral crest to the skin during embryogenesis. In addition, impairment ofmelanosome transfer to the surrounding keratinocytes, an alteration inmelanin synthesis and a defective degradation or removal of melanin may leadto abnormal skin pigmentation. Immunologic or toxic mediated destructions

Facharztwissen

RedaktionProf. Dr. Jan C. Simon,

Leipzig

Keywords• disorder of pigmentation• hypopigmentation• hyperpigmentation• genodermatosis• melanocytes• melanosomes

Schlüsselwörter• Pigmentstörungen• Hypopigmentierung• Hyperpigmentierung• Genodermatosen• Melanozyten• Melanosomen

Pigmentstörungen

Disorders of Pigmentation

Susanna K. Fistarol, Peter H. ItinDermatologische Universitätsklinik Basel, Schweiz

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of melanocytes can end in pigmentation disorders. Disorders of pigmentationare classified in hypo- or hyperpigmentation which can occur as a genetic oracquired disease. They can manifest locally or diffuse. Congenital hypopigmen-tations can be restricted to the skin as in piebaldism or they represent a sys-temic disease as in Menkes disease or phenylketonuria. Localized hypo- orhyperpigmentations in children may serve as markers for systemic diseases.Ash-leaf hypopigmentations are characteristic for tuberous sclerosis and morethan 5 café-au-lait spots suggest neurofibromatosis 1 (von Recklinghausen dis-ease). The most common autoimmune-induced depigmentation is vitiligo.Generalized hyperpigmentation only rarely reflects a primary genetic disorderbut is most often from acquired diseases as in Addison disease, secondaryhemochromatosis or primary biliary cirrhosis. Treatment of pigmentation disor-ders are based on a diagnosis which sometimes allow a specific intervention.Cosmetically acceptable results are difficult to obtain.

EinleitungDefinition und AbgrenzungDie normale Hautfarbe wird vorwiegend durch den Pigmentgehalt bestimmt. Diewichtigsten Pigmente für das Hautkolorit sind Melanin, Hämoglobin in oxygenierterund reduzierter Form sowie das Karotin [1]. Weiterhin beeinflussen Dicke der Epi-dermis und Gefäßversorgung, Anzahl, Lumenweite und Reagibilität der Blutgefässein der Dermis das Erscheinungsbild und den Farbton der Haut [2].Die Melaninpigmente des Integuments werden in den epidermalen Melanozyten gebil-det. Melanozyten entstammen entwicklungsgeschichtlich der Neuralleiste und sind inder Basalzellschicht der Epidermis gelegen [3]. Spezialisierte Organellen in den Melano-zyten synthetisieren das Melanin, welches sie über Dendriten in Form von ausgereiftenMelanosomen an durchschnittlich 36 Keratinozyten abgeben. Melanin wird mit Hilfedes Enzyms Tyrosinase aus Tyrosin über Dopa und Dopachinon synthetisiert. In dermenschlichen Haut sind drei verschiedene Melanine zu unterscheiden. Das Eumelanin,mit einer braunen bis schwarzen Farbe, das Phäomelanin, welches rot bis gelblich im-poniert und die Trichrome, welche mehrere chemisch gut definierte Varianten darstel-len. Das Ausmaß der Melaninproduktion wird durch das Gen für den Melanocortinre-zeptor 1(MC1R) festgelegt [4]. MC1R ist ein beim Menschen auf dem Chromosom16, Genlocus q24.3, codierter transmembraner G-Protein-gekoppelter Rezeptor, der inMelanozyten exprimiert wird, die Hautbräunung (Empfindlichkeit für Hautbestrah-lung und Sonnenbrand) kontrolliert, maßgeblich Haut- und Haarfarbe beeinflusst so-wie das Melanomrisiko mitbestimmt. Variationen in der Hautfarbe zwischen einzelnenPersonen und Rassen werden durch die Zahl und Größe der ausgereiften Melanosomenbestimmt und nicht durch die Melanozytenzahl. Das Verhältnis von Melanozyten zuBasalzellen beträgt 1 : 4 bis 1 : 9 je nach Körperregion, jedoch unabhängig von der Eth-nie. Das Gesicht weist mit 2 900 ± 249/mm2 die höchste Melanozytendichte auf,während diese am Oberarm mit 1 100 ± 215/mm2 am geringsten ausgeprägt ist.Die Melaninsynthese wird beeinflusst durch genetische Faktoren und weist einestarke individuelle, familiäre und ethnische Variabilität auf. Zusätzlich spielen UV-Exposition, hormonelle Faktoren und biochemische Substanzen eine Rolle. Die hy-pophysären Hormone wie Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH, Melatonin),�-Lipotropin und in geringerem Masse auch adrenocorticotropes Hormon (ACTH)weisen Melanozyten-stimulierende Aktivität auf. Melatonin in höheren Dosierungenführt zu einer schmutzig braun-grauen Hautfarbe.Eine Verminderung der Melanozytenzahl und/oder reifer Melanosomen, beziehungs-weise ein gestörter Transfer der reifen Melanosomen in die umliegenden Keratino-zyten, führen zu einer Hypopigmentierung, welche diffus oder umschrieben, angebo-ren oder erworben sein kann und einem bestimmten Verteilungsmuster folgt. Eineverstärkte Bildung des Melanins durch verstärkte Aktivität der Melanozyten und derTyrosinase, aber auch verzögerter Abbau und Abtransport des Melanins führen zu ei-ner Hyperpigmentierung (metastasierendes Melanom, T-Zell-Lymphom vom Bacca-reda-Sézary-Typ, Kala-Azar, Morbus Addison). Sind große Teile des Integuments be-troffen, spricht man von einer Melanodermie. Erworbene Pigmentstörungen werdenim Rahmen chemischer oder physikalischer Ursachen als umschriebenes Leukodermbzw. Melanoderm bezeichnet.

Unterschiede der Hautfarbe zwischeneinzelnen Personen und Rassen wer-den nicht durch die Melanozyten-quantität sondern durch Zahl undGröße der Melanosomen bestimmt.

Eine Verminderung der Melanozyten-zahl und/oder reifer Melanosomen,beziehungsweise ein gestörter Trans-fer der reifen Melanosomen in dieumliegenden Keratinozyten, führenzu einer Hypopigmentierung

Eine verstärkte Bildung des Melaninsdurch verstärkte Aktivität der Melano-zyten und der Tyrosinase, aber auchverzögerter Abbau und Abtransportdes Melanins führen zu einer Hyper-pigmentierung

Pigmentanomalien können lokalisiertoder diffus, kongenital oder erworbensowie mit oder ohne systemische Be-gleiterscheinungen auftreten.

Das Ausmaß der Melaninproduktionwird durch das Gen für denMelanocortinrezeptor 1(MC1R) fest-gelegt

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Diagnostisches VorgehenDie Dermatologie kennt über 4 000 Krankheiten. Zahlreiche Dermatosen sind miteiner Veränderung der Hautfarbe verbunden. Die diagnostischen Abklärungsschrittebasieren auf Expertenmeinungen und institutionellen Erfahrungen. Eine Validierungdieser diagnostischen Maßnahmen nach den Prinzipien der evidenzbasierten Medizinexistiert bis anhin noch nicht.Es ist kaum möglich alle Entitäten simultan zu kennen und deshalb ist eine systema-tische Diagnostik entscheidend. Krankhafte Pigmentveränderungen sollten nach ei-nem Algorithmus analysiert werden, um die prinzipielle Einordnung der Krankheitzu ermöglichen (Abbildung 1). Diese Einteilung basiert auf einer systematischenAnamnese und einer standardisierten Ganzkörperuntersuchung. Erst danach solltenweiterführende und z. T. kostenintensive Abklärungen angeschlossen werden.

AnamneseDie Anamnese eruiert das familiäre Auftreten, den Zeitpunkt und die Dynamik derPigmentveränderung. Zusätzlich interessieren Hinweise betreffend Beeinflussung desAllgemeinbefindens oder Pathologien an anderen Organen [5, 6]. Es müssen Medi-kamente oder der Kontakt mit beruflichen Lösungsmitteln erfragt werden, welche zuHyperpigmentierungen und aufgrund toxischer Wirkungen auf Melanozyten zu Hy-popigmentierungen führen können (Tabelle 1).

Klinische UntersuchungAufgrund von Anamnese und klinischer Untersuchung muss prinzipiell entschiedenwerden, ob eine Hyper- oder eine Hypopigmentierung vorliegt, ob sie angeboren odererworben ist und ob sie diffus oder umschrieben auftritt. Weiterhin ist bedeutsam, obBegleiterkrankungen und insbesondere Zeichen neuroektodermaler Störungen vorlie-gen. Ist die Pigmentierungsstörung erworben, so spielt das Alter bei Krankheitsbeginneine Rolle. Bolognia empfiehlt drei Lebensalter betreffend des Krankheitsbeginns zuberücksichtigen: Geburt/Kleinkind, Kindheit, Erwachsenenalter [7].

HypopigmentierungenHypopigmentierungen können nach Erkrankungsalter und nach zugrunde liegendempathogenetischem Mechanismus eingeteilt werden. Das Vorliegen von extrakutanen

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Pigmentanomalie

Hypo-/Hyperpigmentierung

Angeboren Erworben

Diffus

Umschrieben

Diffus

Umschrieben

Entlang Blaschkolininen

Segmental, Dermatom

Entlang Blaschkolininen

Segmental, Dermatom

isoliert

Begleiterkrankungen

isoliert

Begleiterkrankungen

isoliert

Begleiterkrankungen

isoliert

Begleiterkrankungen

Phylloid, Schachbrettmuster aggregiert, quadrantenartig, badeanzugartig

Abbildung 1: Algorithmus zur Beurteilung von Pigmentanomalien. In Anlehnung an Bolognia J (1999) A clinical approach to leukoderma.Int.J.Dermatol. 38:568–572.

Tabelle 1: Anamnese bei Pig-mentanomalien.

• familiäres Auftreten• Zeitpunkt des Beginns und

Dynamik der Entwicklung• Medikamenteneinnahme• Lösungsmittelkontakte• Begleiterscheinungen

Pigmentanomalien sollen nach einembestimmten Algorithmus beurteiltwerden. Hierbei berücksichtigt mandas Pigmentierungsmuster, Alter desAuftretens, und begleitende Sym-ptome.

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Begleiterkrankungen hat ebenfalls eine wichtige diagnostische Bedeutung. Es werdendiffuses Befallsmuster, umschriebene Formen, lineäre Pigmentstörungen und fleck-förmige Pigmentierungen unterschieden.

Hypopigmentierungen bei Geburt bzw. im Kleinkindesalter mit Befall vonHaut und Haaren mit oder ohne Augenbeteiligung (Abbildung 2)Diffuse Hypopigmentierungen, die bereits kongenital vorliegen oder spätestens imKleinkindesalter manifest werden, können verschiedene pigmentierte Organe invol-vieren. Diese Formen der Hypopigmentierungen können klinisch in eine ersteGruppe, bei der Haut, Haare und Augen betroffen sind, und in eine zweite Gruppe,bei der nur die Haut und/oder die Haare Hypopigmentierungsstörungen aufweisen,gegliedert werden (Abbildung 2). Pathogenetisch können kongenitale Hypopigmen-tierungen wie folgt eingeteilt werden:

Krankheiten, welche durch eine gestörte Wanderung der Melanoblasten vom Neurektod-erm in die Haut verursacht sind.Dazu gehört der Piebaldismus (Abbildung 3) und das verwandte Waardenburg-Syndrom. Beim häufigeren Piebaldismus findet sich eine weiße Frontlocke, fehlen-des Pigment an Stirnmitte, Augenbrauen und Kinn sowie am mittleren Thorax undAbdomen. Die Randbezirke der Hypopigmentierungen zeigen hyperpigmentierteFlecken. Piebaldismus und Waardenburg-Syndrom können zusätzlich durch eine He-terochromie der Iris, Schwerhörigkeit und einen Morbus Hirschsprung gekennzeich-net sein. Der Piebaldismus wird autosomal-dominant, das Waardenburg-Syndromautosomal-rezessiv vererbt [8].

Durch eine Störung der Melaningenese bedingte Krankheiten Kongenital kann es durch genetische Defekte des melaninbildenden Enzyms Tyro-sinase zu einem angeborenen Pigmentmangel kommen [4]. Diese Krankheit wirdAlbinismus genannt und zeigt eine Häufigkeit von 1 : 5 000–1 : 40 000. Unter Albinismus wird eine heterogene Gruppe von Krankheiten zusammengefasst, welchedurch Nystagmus, Sehschwäche, helle Haare und Haut gekennzeichnet ist. Je nachAusmaß des Albinismus unterscheidet man die okulokutanen von den rein okulärenFormen. Bei der okulären Form ist die Depigmentierung an Haut und Haaren nur diskret. Heute sind neun autosomal-rezessive Erbgänge und eine autosomal- dominante Form sowie vier weitere Typen des okulären Albinismus bekannt. AlsSpätfolgen des Albinismus ist eine gesteigerte Hautkrebsentwicklung zu beachten.Das Menkes-Syndrom ist eine sehr seltene X-chromosomal vererbte Kupferstoff-wechselstörung mit psychomotorischer Retardierung, Pili torti, blasser Haut, zerebra-len Krampfanfällen und Tod im Säuglings- oder Kleinkindesalter. Neben der Haut-blässe besteht eine ausgeprägte Hautschlaffheit, die an eine Cutis laxa erinnert. Dasverantwortliche Gen, eine kupfertransportierende ATPase, ist bekannt. Die kupferab-hängige Oxidation von Tyrosin zu Dihydroxyphenylalanin (DOPA) ist bei diesem

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Diffuse Hypopigmentierungbei Geburt / beimKleinkind

Augen, Haut, Haare Haut und/oder Haare

Menkes Griscelli Malnutrition EktodermaleDysplasie

PhenylketonurieHistidinämie

Homozystinurie

Typ 1 Typ 2 Typ 3 Chédiak-Higashi

Angelman

OkulokutanerAlbinismus

Piebaldismus

Waardenburg

Prader-Willi

Hermansky-Pudlak

Elejalde

Abbildung 2: Algorithmus zur Differentialdiagnose von diffusen Hypopigmentierungen in der Kindheit.In Anlehnung an Bolognia J (1999) A clinical approach to leukoderma. Int.J.Dermatol. 38:568–572. Abbildung 3: Piebaldismus.

Als Spätfolgen des Albinismus ist einegesteigerte Hautkrebsentwicklung zubeachten.

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Kupfermangelsyndrom gestört. Es resultiert eine verminderte Tyrosinaseaktivität, wasklinisch schließlich als diffuse kutane Hypopigmentierung manifest wird.In diese 2. Gruppe gehören auch die Aminoazidopathien: Die Phenylketonurie isteine relativ häufige autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselstörung mit Mangel anPhenylalaninhydroxylase. Durch den fehlenden Stoffwechselpfad zum Tyrosin trittein relativer Mangel an dieser eigentlich nichtessenziellen Aminosäure auf. Tyrosinwird benötigt für die Biosynthese des Neurotransmitters Dopamin und der Schild-drüsenhormone, aber auch für die Bildung des Pigmentfarbstoffs Melanin, durchdas die Färbung von Haut und Haaren zustande kommt. Die Häufigkeit wird mit 1 : 6 000–1 : 16 000 angegeben. Im späten Säuglingsalter zeigen sich zunächst einestatomotorische Retardierung, später Imbezilität unterschiedlicher Ausprägung, Mikrozephalie und Krampfleiden. Häufig finden sich blonde Haare, blasse Haut undblaue Augen sowie Neigung zu Ekzemen, gelegentlich typischer Geruch (Phenyl-brenztraubensäure). Die Krankheit wird beim Neugeborenenscreening am 4./5. Lebenstag durch Bestimmung der Phenylalanin-Konzentration im Blut diagnostiziert(z. B. Guthrie-Test). Die Therapie besteht in einer phenylalaninarmen Diät. EinePigmentstörung, welche Augen, Haut und Haare betrifft, kann auch bei derHistidinämie und der Homozystinurie beobachtet werden. Bei der Histidinämie be-steht ein Mangel an Histidase-Aktivität im Stratum corneum und in der Leber. Ähn-lich wie bei der Phenylketonurie kommt es zu einem alternativen Abbauweg über dieImidazolprodukte, die dann im Urin erscheinen. Die Diagnose erfolgt durch Nach-weis der verminderten Enzymaktivität im Stratum corneum. Als Screeningtest dientder sogenannte Ferrichlorid-Test (Grünfärbung des Urins). Bei der Homozystinuriezeigen sich neben einer psychomotorischen Retardierung und zahlreichen Malforma-tionen Hellhäutigkeit sowie feine trockene, spärliche und brüchige Kopfbehaarung.Die hohen Konzentrationen von Homozystein scheinen die Tyrosinase zu hemmen.Die Nennung auch seltener Syndrome soll andeuten, dass bei Verdacht auf genetischeHypopigmentierungen ein Fachkollege mit Erfahrung in diesem Gebiet hinzugezo-gen werden sollte.

Durch eine Störung der Melanosomenformation bedingte Krankheiten Diese Krankheiten aus dem Formenkreis der gestörten Melanosomen-Biogenese beinhalten Systemerkrankungen wie das Hermansky-Pudlak (HPS)- und dasChediak-Higashi-Syndrom (CHS). Das HPS beinhaltet acht verschieden Subty-pen, die alle durch eine genetisch bedingte Störung der Biogenese lysosomaler Orga-nellen, inklusive der Melanosomen, bedingt sind. Patienten mit HPS zeigen nebendem Tyrosinase-positiven okulokutanen Albinismus eine verstärkte Blutungsneigungwegen fehlenden „dense bodies“ in den Thrombozyten [9]. Eine restriktive Lungen-erkrankung kann assoziiert sein und selten kann es zu Kolitis und Niereninsuffizienzkommen. Die gestörte Melanosomenbildung führt zu erhöhter Empfindlichkeit gegenüber UV-Exposition mit Prädisposition zu aktinischen Präkanzerosen und Neo-plasien der Haut, ähnlich wie beim Albinismus. Die Diagnose ergibt sich aus der Klinik und kann mit molekulargenetischen Methoden gesichert werden. Das CHS ist definiert durch einen partiellen okulokutanen Albinimus und ein Im-mundefizienzsyndrom. Ursächlich ist eine Mutation im LYST (lysosomal traffickingregulator)-Gen. Diese führt zur Dysregulation in der Teilung und Fusion lysosomalerOrganellen inklusive der Melanosomen. Histologisch finden sich charakteristischer-weise Riesenmelanosomen in den Melanozyten. Die assoziierte Immundefizienz ma-nifestiert sich vom ersten Lebensmonat an mit pyogenen Infektionen, die von derHaut (Impetigo, Abszess, Erysipel) oder vom Respirationstrakt (Sinus, Pharynx, Lun-gen) ihren Ausgang nehmen.

Krankheiten, die durch eine Störung des Melanosomentransfers bedingt sindBeim Griscelli-Syndrom (GS) besteht eine diffuse Hypopigmentierung von Hautund Haaren (GS1–3) assoziiert mit neurologischen (GS1) oder immunologischen(GS2) Störungen. Wegen des gestörten Transfers von Melanosomen in die Dendritenakkumulieren die Melanosomen in den Melanozyten. Das Elejalde-Syndrom istebenfalls gekennzeichnet durch partiellen Albinismus mit charakteristischen silbrigenHaaren, bedingt durch eine Störung des Melanosomentransfers von den Melano-zyten in die Keratinozyten. Zusätzlich bestehen schwere neurologische Defizite.

Die Phenylketonurie wird durch dasScreening am 4./5. Lebenstag durchden Guthrie-Test diagnostiziert.

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Hypomelanosen mit unterschiedlichen PathomechanismenPatienten mit verschiedenen Formen von ektodermalen Dysplasien oder Speicher-krankheiten zeigen oft eine blasse Haut mit hellen Haaren. Auch bei diesen Syndro-men ist eine molekulargenetische Diagnostik möglich, doch zuerst muss die klinischeVerdachtsdiagnose gestellt werden.

Umschriebene Hypo- und Depigmentierungen beim Kleinkind (Abbildung 4)Umschriebene Hypopigmentierungen können sich blaschko-lineär oder entlang denDermatomen verlaufend manifestieren. Sie können ein Schachbrettmuster aufweisenoder badeanzugartig auftreten (Abbildung 1). Diese Erscheinungsformen spiegelnmeist einen genetischen Mosaizismus [10].Eine sehr charakteristische Hypopigmentierung, die bereits bei Geburt oder aber inden ersten Lebensjahren auftritt, mit uni- oder bilateraler streifiger und wirbelartigerVerteilung wird als Hypomelanosis of Ito bezeichnet. Die Hypomelanosis of Ito istein Symptom und kein eigenständiges Krankheitsbild. Sie spiegelt unterschiedlichsteMosaikzustände wider. Entwicklungsstörungen von ZNS, Augen und Knochen kön-nen assoziiert sein. Depigmentierte Nävi werden aufgrund ihres größten Durchmessers arbiträr einge-teilt: Naevus depigmentosus simplex Typ I entspricht einer Größe < 10 cm ohne as-soziierte Pathologie. Naevus depigmentosus simplex Typ II entspricht einer Größe >10 cm ohne assoziierte Pathologie. Analog spricht man bei assoziierter Pathologie vonNaevus depigmentosus complex Typ I und Typ II. Depigmentierte Nävi Typ 1 sinddie häufigsten umschriebenen Depigmentierungen beim gesunden Neugeborenenund kommen bei 1 von 130 Neugeborenen in der weißen Bevölkerung vor [6]. Hi-stologisch finden sich Melanozyten in normaler oder verminderter Anzahl, die typi-scherweise weniger Melanosomen als gewöhnlich enthalten. Der Naevus depigmen-tosus simplex Typ I ist vom Naevus anaemicus abzugrenzen, der ebenfalls kongenitalauftritt. Der Naevus anaemicus ist meist 1 bis 3 cm groß, er ist blasser als die Umge-bung und imponiert mit unregelmäßiger Randbegrenzung. Da es sich um ein um-schriebenes Areal mit Vasokonstriktion handelt, entsteht jedoch beim Reiben keinereaktive Hyperämie. Beim Naevus anaemicus handelt es sich eher um eine pharma-kologische als um eine histologische Veränderung. Es wurde eine umschriebene Hypersensitivität �-adrenerger Rezeptoren der kutanen Blutgefässe gegenüber Kate-cholaminen gezeigt. Der Naevus depigmentosus simplex Typ 2 kann im Schachbrett-muster oder in lineärer Ausbreitung vorkommen und entwickelt sich in den erstenLebensjahren. Differenzialdiagnostisch ist die segmentale Vitiligo vom Naevus depig-mentosus simplex Typ II abzugrenzen. Während der Naevus depigmentosus Typ 2meist schon kongenital vorliegt und stets in proportional gleicher Ausprägung be-steht, ist die segmentale Vitiligo akquiriert und zeigt eine gewisse Variabilität im Ver-lauf. Histologisch fehlen bei der Vitiligo im betroffenen Areal die Melanozyten. Eschenblatt-artige Hypopigmentierungen, welche vorwiegend an Stamm und proxi-malen Extremitäten liegen, finden sich bereits kongenital oder während der ersten Le-bensmonate bei der autosomal-dominant vererbten tuberösen Sklerose (Abbildung 5).Neben Angiofibromen im Gesicht, welche während der Pubertät auftreten, sind

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umschriebene Hypopigmentierung beim Kleinkind

Vollständig fehlendesPigment

VerminderterPigmentgehalt

segmentaleVitiligo

Postinfektiös PostinflammatorischNaevusdepigmentosus

TuberöseSklerose

MosaizismenHypomelanosis of ItoIncontinentiapigmenti

Cutis tricolor

Abbildung 4: Algorithmus zur Differentialdiagnose von umschriebenen Hypopigmentierungen Geburt/Kleinkind. In Anlehnung an Bolognia J (1999) A clinical approach to leukoderma.Int.J.Dermatol. 38:568–572.

Diffuse und umschriebene Hypopig-mentierungen bei Geburt oder imKleinkindesalter können Hinweis füreine komplexe Systemerkrankung sein.

Depigmentierte Nävi Typ 1 sind diehäufigsten umschriebenen Depigmen-tierungen beim gesunden Neugebore-nen und kommen bei 1 von 130 Neuge-borenen in der weißen Bevölkerung vor

Differenzialdiagnostisch ist die seg-mentale Vitiligo vom Naevus depig-mentosus simplex Typ II abzugrenzen

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Abbildung 5: Eschenblatt-artige Hypopigmentierung bei tuberöser Sklerose.

Tabelle 2: Erkrankungen, diegehäuft assoziiert mit einer Viti-ligo auftreten.

• Hypo-/Hyperthyreose• Hashimoto-Thyreoiditis• Diabetes mellitus• Morbus Addison• Hypoparathyreoidismus• perniziöse Anämie, autoim-

munhämolytische Anämie• chronische Thrombozytopenie• Dysgammaglobulinämie• lymphoproliferative Erkrankung• Sklerodermie• rheumatoide Arthritis• Myasthenia gravis• Down-Syndrom• malignes Melanom

periunguale und gingivale Fibrome, Bindegewebsnävi lumbosakral und Epilepsiengehäuft. Es finden sich in der bildgebenden Untersuchung zerebrale Kalzifikationen,renale Hamartome und kardiale Rhabdomyome. Mehr als drei weiße Flecken, welcheoft nur im Woodlicht (UV-A) sichtbar sind, kombiniert mit Epilepsie und geistigerRetardierung (nicht obligat) sind verdächtig auf eine tuberöse Sklerose. Es sind heutezwei verschiedene Genloci bei der tuberösen Sklerose bekannt. Mutationen im Tube-rin bzw. Hamartin führen zu dieser Phakomatose. Bei hohem klinischem Verdacht isteine Echokardiographie des Herzens mit einem hohen prädiktiven Wert verbunden,wenn ein Rhabdomyom gefunden wird. Als zweitwichtigste Untersuchung gilt eineCT- oder MRI-Untersuchung des Schädels zur Darstellung von zerebralen Verkal-kungen. Differenzialdiagnostisch muss bei einem Patienten mit Angiofibromen imGesicht und fleckförmigen Hypopigmentierungen an eine multiple endokrine Neo-plasie Typ 1 gedacht werden. Diese wird durch das Protoonkogen MEN1 auf Chro-mosom 11q13 verursacht.Zahlreiche dermatologische Erkrankungen können zu umschriebenen Depigmentie-rungen führen (Abbildung 4 und 6) [11]. Mit einer Inzidenz von rund 1 : 200 ist dieVitiligo besonders häufig [12]. Sie kann sich bereits im Kindesalter oder erst im Erwachsenenalter manifestieren. Die Vitiligo kann in segmentaler oder diffuser Aus-prägung auftreten. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, welche zur Zer-störung der Melanozyten führt. Gehäuft finden sich bei Vitiligo weitere Autoimmu-nerkrankungen (Tabelle 2). In der Regel beginnt die Vitiligo an Händen und Füßenund geht dann auf die Streckseiten der Gelenke und ins Gesicht über (Abbildung 7).Die segmentale Vitiligo hat eine günstigere Prognose als die symmetrische diffuse Variante. Umschriebene postinflammatorische Hypopigmentierungen sind sehr häufig undnach zahlreichen entzündlichen Dermatosen möglich. Eine weitere sehr häufige imKindesalter akquirierte Hypopigmentierung ist die Pityriasis alba, die gehäuft beiatopischer Dermatitis auftritt. Die Ätiologie der Pityriasis alba ist bis heute nicht ein-deutig geklärt. Histologisch findet sich in der Regel eine unspezifische chronischeDermatitis. Zudem wurde eine verminderte Pigmentierung in der Basalzellschichtder Epidermis beobachtet. Elektronenmikroskopisch können Melanosomenanzahlund -größe reduziert sein.

Hypopigmentierungen im Erwachsenenalter (Abbildung 6) Eine diffuse Hypopigmentierung kann im Rahmen einer Hypophysenvorderlappenin-suffizienz (Panhypopituitarismus, Simmonds-Krankheit) auftreten. Es kommt zu ei-ner wachsfarbenen, fast alabasterweißen Blässe der Haut, welche durch den Ausfall desmelanozytenstimulierenden Hormons bedingt ist. Ursachen sind Hypophysentumoren,

Die wichtigsten Mosaiksteine in derDiagnose der tuberösen Sklerose sinddie klinische Untersuchung mitWoodlicht zur Identifiziereung vonbereits in den ersten Lebensmonatenauftretenden eschenblatt-artigen Hy-popigmentierungen und die Echokar-diographie mit Frage nach Rhyb-domyom.

Hormonelle Dysregulationen führenoft zu Pigmentstörungen.

Gehäuft finden sich bei Vitiligo weitereAutoimmunerkrankungen (Tabelle 2).

Die segmentale Vitiligo hat eine gün-stigere Prognose als die symmetrischediffuse Variante.

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Hypopigmentierung im Erwachsenenalter

Generalisiert Umschrieben

GanzkörperVitiligo

Post-traumatisch diverse

Sklerodermie

Vogt-Koyanagi-Harada

ChemischesLeukoderm

Melanom-InduziertesLeukoderm

Panhypo-pituitarismus

Vitiligo

Postinflammatorisch

-Atopische Dermatitis-Pityriasis alba-Psoriasis-Lichen striatus-Lichen sclerosus et atrophicus-Pityriasis lichenoides chronica-Hypomelanosis guttata-progressive maculöse Hypomelanose

Postinfektiös

-Lues-Pityriasis rosea-tuberkuloideLepra

Abbildung 6: Algorithmus zur Differentialdiagnose von Hypopigmentierungen im Erwachsenenalter.In Anlehnung an Bolognia J (1999) A clinical approach to leukoderma. Int.J.Dermatol. 38:568–572.

Abbildung 7: Vitiligo.

postpartale Ischämie (Sheehan-Syndrom), Granulomatosen und Entzündungserkran-kungen. Das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch das Fehlen von hypophysärenEffektorhormonen (Somatotropin, Prolaktin) und glandotropen Hormonen (ACTH,TSH, LH, FSH) mit sekundärer Insuffizienz der peripheren Drüsen. Die Symptoma-tik ist Folge des mehrfachen Hormondefizites und äußert sich in Form von Schwächeund Adynamie, Hypotonie, sekundärer Amenorrhoe, Impotenz, Libidoverlust, Ausfallder sekundären Körperbehaarung sowie der lateralen Augenbrauen, Kälteempfindlich-keit und Neigung zu Hypoglykämien. Die klinische Verdachtsdiagnose wird gesichertdurch einen fehlenden Anstieg der hypophysären Hormone im Serum nach Stimula-tion durch synthetische hypothalamische Releasing Hormone (kombinierter CRH-TRH-GnRH-Test). Ophthalmologische, neurologische und radiologische Untersu-chungen können z. B. bei Hypophysentumoren weitere wichtige Hinweise liefern(bitemporale Hemianopsie, Hirndruckzeichen, Excavatio sellae). Bei zahlreichen Systemerkrankungen können kongenitale und erworbene Hypopig-mentierungen diagnostisch wegweisend sein [13]. Eine wichtige Systemerkrankung,welche mit einer erworbenen Hypopigmentierung im Erwachsenenalter im Sinne

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einer Vitiligo vorkommt, ist das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom. Bei diesem Syn-drom besteht eine Entzündung der Uvea, der retinalen Pigmentschicht und derMeningen, nicht selten in Assoziation mit Enzephalitis und Hirnnervenausfällen. Das Melanom kann zu einer vitiligoähnlichen, konfettiartigen Depigmentierungführen, besonders im Stadium der Metastasierung. Depigmentierungen beim malig-nen Melanom wurden auch nach verschiedenen Therapien, Bestrahlung, Zytokinen,BCG und anderen Vakzinierungen beobachtet. Zytotoxische Antikörper und akti-vierte Lymphozyten scheinen mit Melanomzellen und benignen Melanozyten zukreuzreagieren. Eine akquirierte, ringförmig um einen bestehenden melanozytären Nävus auftre-tende Depigmentierung wird als Halo- oder Sutton-Nävus bezeichnet. Die Depig-mentierung kann bis zur vollständigen Regression des Nävus fortschreiten. Halonävitreten meist bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen auf. Histologisch findet sichcharakteristischerweise ein Compoundnävus, ein dichtes lymphozytäres Infiltrat imNävusparenchym und ein Verlust von Melanozyten und Melanin im Bereich des Ha-los, was eine immunologische Reaktion vermuten lässt. Umschriebene Hypo- und Depigmentierungen können auch Folge einer direktenchemischen oder pharmakologischen Einwirkung sein. Die wichtigsten Substanzensind Monobenzyläther, Hydrochinone sowie Benzoyl-Peroxide. Im Rahmen von entzündlichen Dermatosen wie Psoriasis oder atopischer Dermatitisbzw. Lichen sclerosus et atrophicus kann es zu umschriebenen postinflammatori-schen Depigmentierungen kommen [14]. Die idiopathische Hypomelanosis guttata mit konfettiartigen Depigmentierungenist sehr häufig und findet sich an den Unterschenkeln und Armen von aktinisch be-lasteter Haut (Abbildung 8). Die progressive makulöse Hypomelanose (PMH) kann in der Regel durch die dif-ferente Lokalisation abgegrenzt werden. Die PMH ist charakterisiert durch hypopig-mentierte, nummuläre, nichtschuppende Maculae am Stamm, die oft im Bereich derMittellinie konfluieren und sich selten auf die proximalen Extremitäten und dieHals-Kopf-Region ausdehnen (Abbildung 9). Die PMH ist in den letzten Jahren zah-lenmäßig vor allem bei schwarzen Einwanderern aus tropischen Ländern, gehäuft beijungen Frauen, auch in unseren Breitengraden bedeutsam geworden. Hier scheint derKlimawechsel einen Einfluss zu haben. Propionibacterium acnes spielt ätiopathogene-tisch eine wesentliche Rolle [15], indem ein von P. acnes produzierter Faktor mit derMelanogenese interferiert, was zu verminderter Melaninbildung und veränderter Me-lanosomenverteilung führt. In läsionaler Haut werden aggregierte, weniger stark me-lanisierte Melanosomen – anstelle von einzelnen, ausgereiften Melanosomen – vonden Melanozyten in die Keratinozyten transferiert.

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Abbildung 8: Hypomelanosis guttata idiopathica.

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Die lokalisierte makulöse oder die gemischte biphasische (makulöse und lichenoide Va-riante) der Amyloidose können mit De- und Hyperpigmentierungen einhergehen, wasauch zu dem Terminus vitiliginöse Amyloidose geführt hat. Oft besteht ein plagenderJuckreiz, der zum Kratzen führt und dadurch die Pigmentierungsstörungen verstärkt. Ein Leukoderm als Ausdruck einer kutanen Sarkoidose wird mit einer Häufigkeitvon 6 % beobachtet. Es handelt sich um schlecht abgegrenzte papulöse und plaquear-tige Hautveränderungen von einigen Zentimetern Durchmesser. Ein diskoider Lupus erythematosus kann fast identische Veränderungen produzieren. Auch eineSklerodermie kann neben den flächenhaften Hyperpigmentierungen mit vitiligoar-tigen Depigmentierungen einhergehen und ist dann gehäuft mit pulmonal-arteriellerHypertonie assoziiert [16]. Weiterhin ist die hypopigmentierte Mycosis fungoides,ein kutanes T-Zell-Lymphom, zu erwähnen. Diese hypopigmentierte Form kommtgehäuft bei Kindern vor. Postinfektiöse Pigmentausdünnungen haben manchmaleine diagnostische Bedeutung wie z. B. bei der sekundären Lues oder der tuberkuloi-den Lepra. Eine Onchozerkose und ein Post-Kala-Azar-Zustand können mit fleckför-migen Depigmentierungen einhergehen. Malnutrition führt zum typischen „Flag-sign“ beim Kwashiorkor, welches bandförmigen Hypopigmentierungen in denHaaren entspricht, die periodisch auftreten und den Phasen einer ausgeprägterenMalnutrition entsprechen. Zusätzlich wird auch die Haut heller [14].

HyperpigmentierungenDie Entwicklung von verstärkter Pigmentierung an der Haut kann Ausdruck einerbanalen Anpassung der Haut sein (Sonnenbräunung) oder aber Zeichen einer lebens-bedrohenden Erkrankung (z. B. metastasierendes Melanom) [17, 18].

Generalisierte diffuse Hyperpigmentierung, kongenitalDie Melanosis diffusa congenita, auch unter den Namen familiäre progressive Hy-perpigmentierung, universale akquirierte Melanose oder „carbon baby“ bekannt, isteine angeborene diffuse schmutzig braune Hyperpigmentierung der gesamten Haut.Das Krankheitsbild ist erblich bedingt mit wahrscheinlich autosomal-dominantemErbgang und zeigt keine weiteren Organbeteiligungen. Im Erwachsenenalter bestehteine Tendenz zu einer gewissen Aufhellung. Histologisch findet sich eine ausgeprägteVermehrung von Melanin in der gesamten Epidermis bis hin ins Stratum corneum.Die Ätiologie dieser Störung ist nicht bekannt.

Generalisierte diffuse Hyperpigmentierung, erworbenEine diffuse Braunfärbung der gesamten Haut kann durch verschiedene Endo-krinopathien verursacht werden und ist besonders typisch für die primäre

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Abbildung 9: Progressive makulöse Hypomelanose.

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Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) (Tabelle 3). Der Morbus Addisonwird in über 50 % durch eine Autoimmunerkrankung verursacht. Bei etwa 25–30 % der Patienten finden sich Autoantikörper gegen Nebennierenrindengewebe.Oft sind zusätzliche Antikörper gegen Schilddrüse, Gonaden, Magenschleimhaut undIntrinsic Faktor vorhanden. Auch Tuberkulose, Einblutung oder metastatisches Karzi-nom können für den Morbus Addison ursächlich sein. Patienten mit einer Adrenoleu-kodystrophie entwickeln ebenfalls einen Morbus Addison. Typische Symptome beimMorbus Addison sind die Zeichen des Kortikosteroidmangels wie Adynamie, Hypo-thermie, verstärkte Müdigkeit, Hypotonie, Gewichtsabnahme, Exsikkose, Diarrhö,Erbrechen und Neigung zu Hypoglykämien. Bei starker Ausprägung des Kortison-mangels können Muskelkrämpfe sowie Paresen im Rahmen der Hyperkaliämie auftre-ten. Verlust der Sekundärbehaarung bei Frauen und psychosexuelle Störungen mit Zyklusanomalien und Libidoverlust sind weitere Symptome. Im Rahmen des Gluko-kortikoidmangels fehlt der negative Rückkoppelungsmechanismus auf die Hypophy-sen-Hypothalamus-Achse, so dass ACTH und dessen Vorläufer Proopiomelanocortinvermehrt produziert werden. Proopiomelanocortin ist gleichzeitig Vorläufer von �- Lipotropin sowie �-Melanotropin (�-MSH), �-MSH und �-MSH, deren Melano-zyten-stimulierende Wirkung für die Braunfärbung der Haut verantwortlich ist. DieHyperpigmentierung geht meist den übrigen Symptomen der Erkrankung voraus und ist verstärkt an licht- und druckexponierten Stellen, in Hautfalten, Handlinien, Mamillen und in Narben (Abbildung 10). Lentiginöse Pigmentierungen finden sichan der Mundschleimhaut, an den Lippen und anogenital.Diese Form der Schleimhautpigmentierung muss vom Peutz-Jeghers-Syndrom(PJS) abgegrenzt werden. Das autosomal-dominant vererbte PJS führt zu Polyposismit allgemein gesteigerter Karzinominzidenz in Darmschleimhaut, Pankreas, Lunge,Brust, Ovar und Endometrium (Evidence Level B). Die Krankheit wird durch eine Mutation im Serin/Threonin-Kinase-Gen STK11 verursacht. Das Laugier-Hunziker-Syndrom zeigt Pigmentierungen wie das Peutz-Jeghers-Syndrom, doch esbestehen keine intestinalen Polypen und es konnte keine sichere Familiarität doku-mentiert werden (Abbildung 11 a, b).Beim Morbus Addison zeigt sich eine Vitiligo in etwa 10 % der Fälle als Ausdruckder möglichen Autoimmungenese. Eine Eosinophilie kann sich entwickeln und istbesonders bei Patienten in der Addisonkrise mit Bewusstseinseintrübung diagno-stisch hilfreich, da selten andere komatöse Zustände mit einer Eosinophilie einherge-hen. Während allgemeine Laborparameter (Elektrolyte, Blutzucker, Blutbild) nurhinweisenden Charakter haben, wird die Diagnose durch die Klinik vermutet unddurch den ACTH-Stimulationstest bestätigt. Die Diagnose kann zusätzlich durch dieBestimmung der ACTH-Konzentration im Plasma, welche beim Morbus Addison

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Tabelle 3: Erworbene diffuse Hy-perpigmentierung.

• Endokrinopathien• Porphyrie, Hämochromatose• Nephropathien, Hepatopathien• Malnutrition• Lymphogranulomatose• metastasierendes Melanom• Medikamente

Abbildung 10: Morbus Addison mit verstärkter Pigmentierung besonders in den Handlinien.

Abbildung 11: Laugier-Hunziker-Syndrom.

Frühsymptom eines Morbus Addisonist eine Braunverfärbung der Haut mitAkzentuierung an sonnenexponier-ten Arealen und Druckstellen, Narben,Mamillen, Genitalien sowie Handli-nien und Schleimhäuten. Die Siche-rung der Diagnose erfolgt mittelsACTH-Kurztest.

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deutlich erhöht ist (bis 1500 pg/ml; Normalbereich 20–100 pg/ml) gesichert werden.Bei Patienten mit großflächigen chronisch entzündlichen Dermatosen, die lange unter Lokalsteroiden standen, kann sich nicht selten eine sekundäre Nebennierenin-suffizienz einstellen.Akromegalie und Cushing-Syndrom können zu einer diffusen Hyperpigmentie-rung führen, wahrscheinlich bedingt durch Stimulierung der Melanozytenaktivitätmittels MSH. Ein kortikotropes Adenom der Hypophyse (Nelson-Tumor) kann eineexzessive ACTH-Sekretion verursachen mit dunkler Verfärbung der Haut. Bei etwa 2 % der Patienten mit Hyperthyreose tritt eine diffuse Hyperpigmentie-rung auf, welche in der Regel die Mundschleimhaut ausspart. Histologisch konnte ei-nerseits eine vermehrte basale Melanose, andererseits eine vermehrte Hämosiderinab-lagerung in der Dermis beobachtet werden. Die vermehrte Hämosiderinablagerungist durch eine erhöhte Kapillarfragilität bei Thyreotoxikose erklärbar. In der Schwangerschaft kommt es zu Hyperpigmentierungen im Gesicht (Melasmaoder Chloasma), aber auch der Mamillen, der Linea alba und anogenital. SowohlÖstrogene als auch Gestagene scheinen eine Rolle zu spielen, möglicherweise aberauch �-Lipoprotein, welches von der Hypophyse synthetisiert wird und eine mela-notrope Wirkung hat.Diffuse aber weniger ausgeprägte Hyperpigmentierungen treten bei Tumorerkran-kungen oder chronisch konsumierenden Prozessen wie z. B. Tuberkulose auf. Einediffuse Melanose unklarer Pathogenese mit Betonung der UV-exponierten Areale fin-det sich entsprechend Fallkontrollstudien in bis zu 47 % bei der primär biliärenZirrhose, welche als klinisches Leitsymptom mit einem unstillbaren Pruritus einher-geht, der lange vor dem Auftreten des Ikterus auftritt. Frauen sind deutlich häufigerals Männer betroffen. Als wichtiger diagnostischer Laborparameter finden sich anti-mitochondriale Antikörper.Die Hämochromatose wird auch als Bronzediabetes bezeichnet, da sich bei den Patienten mit der Zeit neben einer gestörten Stoffwechsellage auch eine allgemeinefahlgraue bis braune Hautfarbe entwickelt. Eine Hyperpigmentierung findet sich in70 %. Das Gesicht und die Hände sind besonders betont und Schleimhautverände-rungen können sich hinzugesellen. Die Hyperpigmentierung der Haut ist einerseitsdurch eine verstärkte Melanogenese mit vermehrtem Melanin in der Epidermis undin den dermalen Melanophagen, andererseits durch Eisenablagerung in der tieferenDermis bedingt. Durch die Eisenüberladung kommt es zu funktionellen Störungenverschiedener Organe (Leber, Pankreas, Herz, Gonaden). Diagnostisch hinweisendist ein hohes Ferritin. Heute kann neben der Leberbiopsie auch die molekulargeneti-sche Mutationsuntersuchung routinemäßig die Verdachtsdiagnose sichern. Auch an-dere Formen von chronischer Leberstörung zeigen eine betonte Braunverfärbung derHaut, meist kombiniert mit Pruritus.Die hepatolentikuläre Degeneration (Morbus Wilson) ist verursacht durch eine genetische Kupferstoffwechselstörung, welche zu neurologischen Symptomen mit typischem Tremor führt, bedingt durch Ablagerungen von Kupfer in den Basal-ganglien. Zusätzlich kommt es zu einer progredienten Leberzirrhose. Pathognomo-nisch ist der grünlich-braune Kayser-Fleischer-Kornealring, der oft nur mit der Spalt-lampe zu erkennen ist. Die Haut zeigt eine diffuse Hyperpigmentierung besonders anden unteren Extremitäten mit grünlichem Einschlag im Gesicht und einer bläulichenLunula an den Nägeln. Die Porphyrien mit Hautbeteiligung sind Porphyria cutanea tarda (PCT), kongeni-tale erythropoetische Porphyrie Günther (CEP), erythropoetische Protoporphyrie(EPP), hereditäre Koproporphyrie (HC) und Porphyria variegata (PV). Alle kutanenPorphyrien außer der EPP präsentieren sich mit Hautfragilität und Blasenbildungenan UV-exponierten Körperarealen. Die klinischen Manifestationen von PCT, CEP,HC und PV an der Haut können so ähnlich sein, dass sie nur durch zusätzliche bio-chemische Diagnostik differenziert werden können. Sie werden auch unter dem Be-griff „bullöse Porphyrien“ zusammengefasst. Zusätzlich können bei PCT, CEP, HCund PV eine Hypertrichose vor allem in den temporalen Gesichtsarealen und eineverstärkte Pigmentierung mit besonderer Betonung der sonnenexponierten Haut auf-treten. Die Porphyrine führen zu einer phototoxischen Reaktion mit Bildung vonErythemen, Ödemen, Blasen, Erosionen und Ulzerationen. Nach Abheilung bildensich Narben, Hyperkeratosen, Hypertrichosen aber auch depigmentierte Stellen.

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Die klinischen Manifestationen vonPCT, CEP, HC und PV an der Haut kön-nen so ähnlich sein, dass sie nur durchzusätzliche biochemische Diagnostikdifferenziert werden können. Sie wer-den auch unter dem Begriff „bullösePorphyrien“ zusammengefasst.

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Charakteristisch ist die Angabe der Patienten, dass ihr Urin zeitweise rotbraun biskräftig rot gefärbt ist. Die Bestimmung der Porphyrinmetaboliten je nach Porphyrie-form in Urin, Blut oder Stuhl bestätigt die klinische Diagnose.Die chronische Niereninsuffizienz ist gekennzeichnet durch ein schmutzig grau-gelblich-braunes Hautkolorit. Die Hautverfärbung resultiert aus der Kombinationvon Anämie und Pigmentablagerungen (Melanin, Urochrome).Typischerweise zeigt die fortgeschrittene Systemsklerose (SSc) auch ohne Nierenbe-teiligung eine Braunpigmentierung des Integuments. Der genaue Mechanismus derdiffusen Hyperpigmentierung bei SSc ist nicht bekannt. Rezente Studien postuliereneine ätiopathogenetische Rolle von Endothelin-1, welches bei SSc nicht nur verstärktin endothelialen Zellen sondern auch durch epidermale Keratinozyten produziertwird. Es besteht eine positive Korrelation zwischen der Endothelin-1-Produktion vonKeratinozyten und dem Ausmaß der Hyperpigmentierung bei SSc. Es wird vermutet,dass Endothelin-1 die epidermale Melanogenese stimuliert.Beim Felty-Syndrom findet sich neben einer chronischen Polyarthritis eine Neutro-penie und Splenomegalie. Etwa 20 % der Patienten mit Felty-Syndrom weisen zusätzlich eine Hyperpigmentierung des Integuments auf, einerseits bedingt durchvermehrtes epidermales Melanin, andererseits durch dermale Hämosiderinablagerun-gen. Hämosiderinablagerungen durch Vaskulitis und Hautblutungen führen zu einerEisen-induzierten Stimulation der Melanozyten. Die Hyperpigmentierung kanndurch die eingesetzten Therapeutika verstärkt werden: Einerseits stimulieren dermaleGoldablagerungen die Melaninproduktion und führen zu photoakzentuierter Hyper-pigmentierung, andererseits können Antimalarika (Quinacrin, Chloroquin undHydroxychloroquin) zu Hyperpigmentierung von Haut und Schleimhaut Anlass geben.Zahlreiche Medikamente, wie eben genannt Antimalariamittel, aber auch Amioda-rone, Minozyklin, antiretrovirale Medikamente und Chemotherapeutika können zuumschriebenen und diffusen Hyperpigmentierungen führen [19].

Lokalisierte Hyperpigmentierungen, genetischEs gibt eine große Zahl von Genodermatosen, welche als Teilsymptom Hyperpig-mentierungen aufweisen. Besonders aus dem Spektrum der ektodermalen Dyspla-sien gehen verschiedene Entitäten mit retikulären Pigmentierungen im Bereich desNackens einher, so das Naegeli-Franceschetti-Jadassohn-Syndrom oder die Dyske-ratosis congenita [20]. Lineäre, quadrantenartige sowie mittellinienbetonte Hyper-pigmentierungen können im Rahmen von genetischen Mosaizismen auftreten (Abbildung 1).

Umschriebene Hyperpigmentierung bei Geburt oder in der KindheitCafé-au-Lait-Flecken treten kongenital auf oder entwickeln sich im Laufe der er-sten Lebensjahre. 2 % der kaukasischen Bevölkerung zeigt bei der Geburt einenCafé-au-Lait-Fleck. Café-au-Lait-Flecken weisen eine homogene Pigmentierung aufmit scharfem Rand. Ihre Größe kann von 0,2 cm bis 30 cm im Durchmesser vari-ieren. Die verstärkte Braunfärbung wird durch eine Zunahme des Melaningehaltesin den Melanozyten und basalen Keratinozyten verursacht. Café-au-Lait-Fleckenkönnen Marker für Genodermatosen sein, insbesondere für die Neurofibromatose[21]. Das Vorliegen von mehr als 5 Café-au-Lait-Flecken ist suggestiv für eine Neu-rofibromatose und es sollte in diesen Fällen nach axillärem Freckling (Crowe- Zeichen) und nach Iris-Hamartomen (Lisch-Knötchen) gesucht werden. Die dia-gnostischen Guidelines des National Institutes of Health (NIH) entsprechen einerEvidenz Level C (Konsensus-Empfehlung). Seltenere genetische Syndrome wie dasAlbright-Syndrom oder das Cowden-Syndrom sind ebenfalls gehäuft mit Café- au-Lait-Flecken assoziiert. Lentigines sind dunkle 2–20 mm große Flecken, welche überall am Integument vor-kommen können (Abbildung 12). Die Lentigo simplex ist gekennzeichnet durchdünne verlängerte Reteleisten, eine epidermale Hyperpigmentierung und eine Ver-mehrung von Melanin. Die Zahl der Melanozyten ist proportional zur Verlängerungder Reteleisten erhöht. Die Melanozyten liegen in Einzelformationen in der Basalzell-schicht. Im Gegensatz dazu findet sich bei den Epheliden zwar ebenfalls eine Vermeh-rung von Melanin der basalen Epidermis, jedoch keine Verlängerung der Reteleisten.Dasselbe gilt für die Lentigo der Schleimhaut. Verschiedene Syndrome sind als

Ursächlich für erworbene diffuse Hy-perpigmentierungen sind häufig ne-ben verschiedenen hormonellen Dys-regulationen, Niereninsuffizienz undHepatopathien auch medikamentöseNebenwirkungen.

2 % der kaukasischen Bevölkerungzeigt bei der Geburt einen Café-au-Lait-Fleck.

Das Vorliegen von mehr als 5 Café-au-Lait-Flecken ist suggestiv für eine Neu-rofibromatose und es sollte in diesenFällen nach axillärem Freckling (Crowe-Zeichen) und nach Iris-Hamartomen(Lisch-Knötchen) gesucht werden.

Seltenere genetische Syndrome wiedas Albright-Syndrom oder das Cow-den-Syndrom sind ebenfalls gehäuftmit Café-au-Lait-Flecken assoziiert.

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augenfälliges Merkmal mit Lentigines simplices, Epheliden und melanotischenSchleimhautflecken assoziiert. Das LEOPARD-Syndrom ist ein Akronym für Lenti-ginosis, elektrokardiographische Veränderungen, okulärer Hypertelorismus, Pulmo-nalstenose, abnorme Genitalien, retardiertes Wachstum, und defizientes Hörvermö-gen. Bei den multiplen Lentigines handelt es sich um Lentigines simplices. Zusätzlichkönnen Café-au-Lait-Flecken und melanozytäre Nävi vorkommen. Das verantwort-liche Gen kodiert für die Synthese von Protein-Tyrosin-Phosphatase Non-receptorTyp 11 (PTPN 11). Der Carney-Komplex ist auch unter den Akronymen LAMB-Syndrom (Lentigines, atriale Myxome, mukokutane Myxome und blaue Nävi) oderNAME-Syndrom (Nävi, atriale Myxome, myxoide Neurofibrome und Epheliden)bekannt. Die umschriebenen Hyperpigmentierungen imponieren als Lentigines sim-plices, Epheliden, melanotische Flecken der Lippen und blaue Nävi. Es besteht einDefekt für ein Tumorsuppressorgen, das für die regulatorische Untereinheit 1-� dercAMP-abhängigen Proteinkinase A (PRKAR 1a) kodiert.Die Hypermelanosis naeviformis Becker ist ein einseitiges Hamartom, ein organoi-der Nävus, und zeigt sich mit einer archipelartig begrenzten Hyperpigmentierung besonders im Schulterbereich. Im Pubertätsalter entwickeln sich neben der Braunver-färbung auch dunkle und dickere Haare im betroffenen Bezirk. Histologisch findetsich eine Vermehrung von Melanin in der Basalzellschicht bei normaler Anzahl vonMelanozyten. Es besteht eine Akanthose und in der Dermis eine Hyperplasie glatterMuskelfasern. Es gibt keine Nester von Nävuszellen wie bei den melanozytären Nävi.Eine besondere Entartungsgefahr besteht nicht. Es gibt das seltene Becker-Nävus-Syndrom, welches eine gleichseitige Hypoplasie der Mamma und des Musculus pec-toralis aufweist, oft kombiniert mit einer Skoliose und Missbildungen im Urogenital-Bereich (Abbildung 13).

Umschriebene Hyperpigmentierung, erworben Das Melasma umschreibt eine lokalisierte Hyperpigmentierung im Gesicht beiFrauen, welche besonders nach Hormonumstellungen auftritt. Beim Melasma wer-den ein epidermaler und ein dermaler Typ unterschieden. Beim epidermalen Typ fin-den sich vermehrte Melaninablagerungen in den basalen und suprabasalen Epider-misschichten. Beim dermalen Typ wird das Melanin verstärkt in perivaskulärenMakrophagen des oberen und tiefen Gefäßplexus abgelagert. Bei beiden Typen pro-duzieren die Melanozyten verstärkt Melanin. Die Anzahl der Melanosomen in denDendriten der Melanozyten ist erhöht. 87 % der Frauen, die ein Melasma unter ora-ler hormoneller Antikonzeption entwickeln, leiden unter derselben Problematik auchwährend folgenden Schwangerschaften. Es scheint eine gewisse Disposition für einehormonelle Stimulation der Melanozyten vorzuliegen. Das Melasma ist auch nachEinnahme von Phenytoin und im Rahmen der HIV-Erkrankung beschrieben worden

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Abbildung 12: Unilaterale Lentiginose.

87 % der Frauen, die ein Melasmaunter oraler hormoneller Antikonzep-tion entwickeln, leiden unter dersel-ben Problematik auch während fol-genden Schwangerschaften.

Page 15: Pigmentstörungen

Die diabetische Dermopathie wird in bis zu 70 % der Patienten mit diabetischerStoffwechsellage gesehen. Typisch sind prätibiale makulopapulöse bräunliche Verfär-bungen.Die Pityriasis versicolor vom Typus flavus, verursacht durch Malassezia furfur, kanneine bräunliche bis rötliche Hautverfärbung zur Folge haben. Diese hyperpigmen-tierte Form ist nicht Melanin-bedingt. Histologisch findet sich ein verdicktes Stratumcorneum. Andererseits ist Malassezia furfur in der Lage, die Umwandlung von Tyro-sin in Melanin zu blockieren, was zu einer hypopigmentierten Variante der Pityriasisversicolor (Typus albus) führt. Dieser oberflächliche Pilz kann mit einem Scotch-Streifen gewonnen und dann mit Methylenblau gefärbt werden. Man sieht die typi-schen „spaghettiartigen Strukturen mit Fleischklößen“.Physikalische oder chemische Traumen, chronische Reize sowie entzündliche Derma-tosen können neben den bereits erwähnten Hypopigmentierungen auch, meist zeit-lich begrenzte, Hyperpigmentierungen verursachen [22]. <<<

InteressenkonfliktKeiner.

KorrespondenzanschriftProf. Dr. med. Peter ItinDermatologieUniversitätsspitalPetersgraben 4CH-4031 Basel, SchweizTel.: +41-61-265-4084Fax: +41-61-265-4885E-Mail: [email protected]

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Abbildung 13: Becker-Nävus-Syndrom.

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1. Welche Antwort ist richtig?a) Die Hautfarbe wird vorwiegend

durch den Hämoglobingehalt bedingt.

b) Die Hautfarbe wird vorwiegenddurch die Zahl der Melanozytenbedingt.

c) Die Hautfarbe wird vorwiegenddurch den Karotingehalt bedingt.

d) Die Hautfarbe wird vorwiegenddurch die Zahl der Melanosomen bedingt.

e) Die Hautfarbe wird vorwiegenddurch exogene Pigmente bedingt.

2. Welche Antwort ist richtig?a) Dunkle Rassen weisen vorwiegend

Eumelanin auf.b) Dunkle Rassen weisen vorwiegend

Phäomelanin auf.c) Dunkle Rassen weisen einen De-

fekt im Tyrosinmetabolismus auf.d) Dunkle Rassen haben mehr

Melanozyten als helle Rassen.e) Dunkle Rassen steuern ihr

Pigment mit dem Hormon Melatonin.

3. Welche Aussage ist falsch?a) Ein Melanozyt versorgt etwa 36

keratinozyten mit Melanosomen.b) Eumelanin entspricht dem braun-

schwarzen Farbton.c) Phäomelanin entspricht dem rot-

gelblichen Farbton.d) Das Verhältnis der Melanozyten

zu Baselzellen beträgt 1:4 bis 1:9.e) a–d sind falsch.

4. Welche Antwort ist nicht richtig?a) Hypopigmentierungen können

durch fehlende Migration derMelanoblasten von derNeuralleiste in die Hautentstehen.

b) Hyperpigmentierungen könnendurch gestörten Transfer vonMelanosomen in die umliegendenKeratinozyten entstehen.

c) Hypopigmentierungen könnendurch einen Tyrosinsynthese- Defekt entstehen.

d) Hyperpigmentierungen könnendurch gestörten Melanosomenab-bau entstehen.

e) Hypo- und Hyperpigmentierun-gen können postinflammatorischentstehen.

5. Welche Antwort ist richtig?a) Das Waardenburg-Syndrom wird

verursacht durch eine gestörte Mi-gration der Melanoblasten ausdem Neuroektoderm.

b) Das Waardenburg-Syndrom isteine Krankheit durch eine gestörteMelaninsynthese.

c) Das Waardenburg-Syndrom istgekennzeichnet durch einegestörte Melanosomenformation.

d) Das Waardenburg-Syndrom wirddurch einen gestörten Melanoso-mentransfer bedingt.

e) Keine der Antworten ist richtig.

6. Welche Aminoazidurie führt alsZusatzproblem zu brüchigen Haaren?a) Phenylketonurieb) Alkaptonuriec) Homozystinuried) Cystinosee) Oxalose

7. Die Häufigkeit der Vitiligo in derWeltbevölkerung wird angegeben mit:a) 0,01 %b) 0,5 %c) 1 %d) 5 %e) 10 %

8. Welche Antwort ist richtig?a) Beim Panhypopituitarismus

entsteht eine diffuseHyperpigmentierung der Haut.

b) Beim Panhypopituitarismusentsteht eine diffuseHypopigmentierung der Haut.

c) Beim Panhypopituitarismusentsteht eine phylloide Hypopig-mentierung.

d) Beim Panhypopituitarismusentsteht eine blaschko-lineäre Hyperpigmentierung.

e) Beim Panhypopituitarismus en -twickeln sich zunehmend Lentig-ines.

9. Welche Antwort ist richtig?a) Die progressive makulöse

Hypomelanose wird durch eineAutoimmunerkrankung bedingt,welche zur Zerstörung derMelanozyten führt.

b) Die progressive makulöseHypomelanose wird durchCorynebacterium diphtheriaeverursacht.

c) Die progressive makulöseHypomelanose ist Ausdruck einer Malnutrition.

d) Die progressive makulöseHypomelanose wird durchPropionibacterium acnes bedingt.

e) Die progressive makulöseHypomelanose ist eine Spielformder Syphilis.

10. Welche Antwort ist richtig?a) Die Verdachtsdiagnose eines

Morbus Addison wird gesichertdurch eine Biopsie.

b) Die Verdachtsdiagnose eines Morbus Addison wird gesichertdurch eineHypophysenaufnahme.

c) Die Verdachtsdiagnose eines Morbus Addison wird gesichertdurch Nachweis von Antikörperngegen Nebennierenrindengewebe.

d) Die Verdachtsdiagnose eines Mor-bus Addison wird gesichert durcheinen ACTH-Stimulationstest.

e) Die Verdachtsdiagnose eines Morbus Addison wird gesichertdurch die Pigmentierung derLinea alba.

Fragen zur Zertifizierung durch die DDA

Liebe Leserinnen und Leser,der Einsendeschluss an die DDA für diese Ausgabe ist der 16. April 2010.Die richtige Lösung zum Thema ,,Hereditäre Palmoplantarhyperkeratosen“ in Heft 11 (November 2009) ist: 1d, 2c, 3e, 4a, 5b, 6b, 7d, 8b, 9d, 10a.Bitte verwenden Sie für Ihre Einsendung das aktuelle Formblatt auf der folgenden Seite oder aber geben Sie Ihre Lösung onlineunter http://jddg.akademie-dda.de ein.