Primär konservativ medikamentöse Therapie der
KHK – Was bedeutet die Courage-Studie?
Carsten ZobelUNIVERSITÄTSKLINIKUM KÖLN HERZZENTRUM
Klinik III für Innere Medizin(Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische
Intensivmedizin)
Die Zukunft ist Heute!
Katheterzahlen
1 Feldmann et al. Am J Cardiol 2006;98:1334-1339
Bruckenberger Herzbericht 2005:
• 772.137 Linksherzkatheter • 270.964 PTCA´s hiervon 230.580 mit Stentimplantation• Anteil an DES 28%
Cirka 30% der Interventionen werden bei stabiler Angina pectoris durchgeführt1
Waren cirka 100.000 Interventionen nicht indiziert?
Courage Studie
Zentrale Frage der Studie: Ist bei Patienten mit stabiler KHK die Kombination aus interventioneller und medikamentöser Therapie einer alleinigen medikamentösen Therapie überlegen? • Randomisiert und kontrolliert• 50 Zentren in Nordamerika• Einschluss von 2287 Patienten zwischen 1999 und 2004• Mittlerer Nachuntersuchungszeitraum 4,6 Jahre
Courage Studie
Einschlusskriterien:
• Stabile KHK• Mindestens eine proximale Stenose ≥ 70% und objektiver Ischämienachweis• Alternativ mindestens eine proximale Stenose ≥ 80% und klassische Angina pectoris
Ausschlusskriterien:
• Persistierende Angina pectoris CCS IV• Ausgeprägte Ischämiereaktion unter geringer Belastung• Refraktäre Herzinsuffizienz• Kardiogener Schock• Ejektionsfraktion ≤ 30%• Revaskularisation in den letzen 6 Monaten• Koronare Anatomie erlaubt keine Intervention
Courage Studie
Endpunkte:
Primär:• Kombinierter Endpunkt aus Tod und Myokardinfarkt
Sekundär:• Kombinierter Endpunkt aus Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall• Hospitalisierung wegen Akutem Koronarsyndrom• Myokardinfarkt• Tod• Schlaganfall
Courage Studie
Medikamentöse Therapie:
• Aspirin und/oder Clopidogrel• Metoprolol, Amlodipin und Isosorbid Mononitrat (Allein oder kombiniert)• Lisinopril oder Losartan• Simvastatin±Ezetimibe (Ziel LDL: 60-85 mg/dl) • Niacin, Fibrate (Ziel HDL: >40 mg/dl)
Risikofaktoren unter Therapie:
LDL: Baseline 100±1,17 vs. 102±1,22 mg/dl3 Jahre 76 ±0,85 vs. 74±0,92 mg/dl
Blutdruck: Baseline 131±0,77/74±0,33 vs. 130±0,66/74±0,33 mmHg
3 Jahre 125±0,68/70±0,52 vs. 123±0,78/70±0,52 mmHg
Courage Studie
Vorgeschichte
Courage Studie
Ischämie?
Courage Studie
Katheterbefund
Courage Studie
Angina pectoris? PCI-Gruppe
Baseline 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre
Angina frei 12% 66%* 72%* 74%
Konservative Gruppe
Baseline 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre
Angina frei 13% 58% 67% 72%
* signifikant
Courage Studie
Revaskularisation (PCI oder CABG)?
PCI-Gruppe: n=228 Konservative Gruppe: n=348 nach 4,6 Jahren
Hazard Ratio (95% CI): 0,6 (0,51-0,71)
Cross-Over aus der konservativen Gruppe in die PCI-Gruppe 32,6%
Courage Studie
Nitschman und Erdmann Internist 2007;48:1305-1308
Harte Endpunkte?
Courage Studie
Zusammenfassung:
• Intervention und medikamentöse Therapie ist der alleinigen medikamentösen Therapie der stabilen KHK im Hinblick auf die Symptomkontrolle (nach 1 und 3 Jahren, nicht nach 5 Jahren) und die Rate an Revaskularisationen überlegen.
• Unterschiede in harten Endpunkten zeigen sich nicht.
Vergleich PCI vs. Medikamentöse Therapie
Kereiakes et al. J Am Coll Cardiol 2007;50:1598-1603
Stenoseausmaß und Myokardinfarkt
Falk et al. Circulation 1995;92:657-671
Vulnerable Plaques vs. Stabile Plaques
Stabile Plaque•Dicke fibröse Kappe und kleiner Lipidkern•Hoher Anteil an glatten Muskelzellen•Wenige Makrophagen und viel Kollagen•Einwärts gerichtetes Remodeling = Stenose•Angiographisch gut sichtbarGeringes Risiko für Akutes Koronarsyndrom
Vulnerable Plaque•Dünne fibröse Kappe und großer Lipidkern•Geringer Anteil an glatten Muskelzellen•Viele Makrophagen wenig Kollagen•Auswärts gerichtetes Remodeling = keine Stenose•Angiograpisch kaum sichtbarHohes Risiko für Akutes Koronarsyndrom
Naghavi et al. Circulation 2003;108:1664-1672; Ambrose et al. J Am Coll Cardiol 1988;12:56-62; Little et al. Circulation 1988;78:1157-1166
Die interventionelle Behandlung von Koronarstenosen bei Patienten mit stabiler Angina pectoris verhindert keine Akuten Koronarsyndrome
Myokardinfarkt DES vs. BMS
Babapulle et al. Lancet 2004;363:583-591
Wäre das Ergebnis mit mehr DES anders ausgefallen?
Courage Studie
Ist die hohe Crossover Rate (32%) ein Problem für die Studie?
• Ähnliche Studien (RITA1 35% nach 7 Jahren, MASS-II2 24% nach 5 Jahren) hatten vergleichbare Crossover Raten
• Die Crossover Rate spiegelt die progressive Natur der KHK wieder
• Auch in der PCI-Gruppe mußten 21% der Patienten erneut revaskularisiert werden
• Die abwartende Haltung hinsichtlich einer Intervention war nicht mit einem schlechteren Endergebnis für den Patienten verbunden 1 Henderson et al. J Am Coll Cardiol 2003;42:1161-1170
2 Hueb et al. Circulation 2007;115:1082-1089
Courage Studie
35539 Patienten wurden evaluiert
8677 erfüllten die Einschlusskriterien nicht 5155 waren ohne Ischämienachweis3961 erfüllten nicht die Stenosekriterien
6554 wurden aus logistischen Gründen ausgeschlossen
Courage Studie
18360 hatten Ausschlusskriterien• 4513 waren innerhalb von 6 Monaten revaskularisiert worden• 4939 hatten eine Ejektionsfraktion <30%• 2987 hatten eine Kontraindikation für eine PCI• 2542 hatten eine schwere andere Erkrankung• 1285 hatten eine bedeutsame Klappenerkrankung• 1203 litten an Angina pectoris im Stadium CCS IV• 1071 hatten eine refraktäre Angina pectoris• 947 hatten eine Haupstammstenose >50%• 722 hatten nur eine Restenose nach PCI• 528 hatten Komplikationen nach MI3071 Patienten waren potentielle Kandidaten
• 450 wurden auf Basis einer Entscheidung des Arztes ausgeschlossen• 237 gaben nicht Ihr Einverständnis• 97 wurden aus unklaren Gründen nicht eingeschlossen
2287 wurden letztendlich eingeschlossen
Courage Studie
Kollektiv der Courage Studie war hoch selektioniert
Entscheidung zum Einschluss auf Basis der Katheteruntersuchung
Kann die Studie verwendet werden um Patienten ohne invasive Diagnostik zu stratifizieren?
Vergleich PCI vs. Medikamentöse Therapie
Bavry et al. J Am Coll Cardiol 2006;48:1391-1325
Akutes Koronarsyndrom
Wer soll 2008 kathetert werden ?
• Patienten mit Akutem Koronarsyndrom (Instabile AP, NSTEMI, STEMI)
• Patienten mit hochpathologischen Belastungsuntersuchungen die auf eine Dreigefäßerkrankung oder eine Hauptstammstenose hindeuten
• Patienten mit persistierender Angina pectoris unter optimaler medikamentöser Therapie
• Patienten mit hochgradig eingeschränkter LV-Funktion
• Möglicherweise asymptomatische Diabetiker mit pathologischem Belastungstest
Wer soll 2008 keine PCI erhalten?
Patienten ohne AnginaMit Ausnahme des akuten Koronarsyndrom bleibt
die PCI primär eine Maßnahme zur Symptomkontrolle
Patienten ohne IschämieEine PCI ohne Ischämienachweis erhöht nur das
Risiko für Komplikationen und die Behandlungskosten
Patienten ohne StenoseDie Behandlung von vulnerablen Plaques ist ein
nicht untersuchtes Konzept
Professor Erdmann:
Möchten Sie mit einer 80%igen LAD-Stenose und stabiler Angina pectoris bei einer 32.6%igen Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 5 Jahre instabil zu werden und einen Stent/OP zu benötigen mit Ihrer Frau im März in den Skiurlaub fahren oder soll ich Ihnen die Stenose gleich dilatieren?
Ende