Lehrstuhl für Internationale Politik und AußenpolitikProf. Dr. Thomas Jäger
Grundzüge der Internationalen Beziehungen
Einführung in die Analyse Internationaler Politik
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Realismus/Neorealismus
Realismus / Neorealismus 3/38
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09.05.2011
Gliederung der Vorlesung
Datum Nr. Thema Leitung Literatur Lehr-einheit
11.04. 1 Einführung Thomas Jäger 1
18.04. 2 Grundbegriffe I Thomas Jäger Czempiel (1996), Frei (1973)
2
02.05. 3 Grundbegriffe II Thomas Jäger Waltz (2003) 3
09.05. 4 Realismus/Neorealismus
Thomas Jäger Lynn-Jones (1999),Bull (1977)
4
16.05 5 Interdependenz und Institutionalismus
Simon Ruhnke Keohane (1989) 5
Realismus / Neorealismus 4/38
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Gliederung der Vorlesung
Datum Nr. Thema Leitung Literatur Lehr-einheit
23.05. 6 Liberalismus Rasmus Beckmann
Moravcsik (1997)
6
30.05. 7 Weltöffentlichkeit Henrike Viehrig Manheim (1994)
7
06.06. 8 Weltpolitik der USA Alexander Höse
Lake (2003) 8
20.06. 9 Intelligence- Kooperation
Anna Daun Westerfield (1996)
9
27.06. 10 Rüstungsdynamik und Rüstungskontrolle
Mischa Hansel Buzan/Herring (1998)
10
Realismus / Neorealismus 5/38
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Gliederung der Vorlesung
Datum Nr. Thema Leitung Literatur Lehr-einheit
04.07. 11 Konflikttheorie Thomas Jäger
Czempiel (1975), Link (1979)
11
11.07. 12 Globalisierung, Transnationalisierung Internationalisierung- Analysen internationaler Politik
Thomas Jäger
Jäger/ Beckmann (2007)
12
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Gliederung der Sitzung (1)
1. Literatur der Sitzung
2. Balance of Power
3. Abschreckung
4. Nullsummenspiel
5. Grundannahmen des Neo-Realismus
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Gliederung der Sitzung (2)
6. Internationales System
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
8. Sicherheitsdilemma
9. Bedrohung
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Literatur der Sitzung
• Lynn-Jones, Sean M. (1999): „Realism and Security Studies”, in: Craig A. Snyder (Hg.): Contemporary Security and Strategy, Houndmills et al.: Macmillan Press, 53-76.
• Bull, Hedley (1977): „The Balance of Power and International Order”, in: Hedley Bull: The Anarchical Society. A Study of Order in World Politics, London: MacMillan, 101-112.
1. Literatur der Sitzung
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Balance of Power
Balance of Power ist definiert als Zustand der internationalen Beziehungen, in denen kein Staat in einer Position ist, die ihn so übermächtig werden lässt, dass er die anderen Staaten beherrschen kann.
2. Balance of Power
Balance of Power is „a state affairs such that no one power is in a position where it is preponderant and can lay down the law to others.“
(Bull 1977: 101)
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Balance of Power Theorien (1)
…beschreiben und erklären die Prozesse von Vormachtstreben und Gegenmachtbildung
…formulieren Prognosen für die Entwicklung der internationalen Ordnung
…formulieren Handlungsanleitungen für die Außenpolitik
2. Balance of Power
Realismus / Neorealismus 11/38
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Balance of Power Theorien (2)
• beschreiben und erklären
2. Balance of Power
1. die internationale Ordnung (Struktur)
2. die Prozesse von Vormachtstreben und Gegenmachtbildung (Prozess)
3. das Verhalten der Akteure (Politik)
Realismus / Neorealismus 12/38
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Balance of Power (3)
System Struktur der Balance of Power
Akteur Beziehung: Gegenseitige Gegenmachtbildung
Verhalten: Politik der Gegenmachtbildung
2. Balance of Power
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Balance of Power (4)
Einfach Komplex
Global Regional
Dominant Untergeordnet
2. Balance of Power
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Balance of Power (5)
Objektiv Subjektiv
Zufällig Angestrebt
Zustand Systemziel
2. Balance of Power
Realismus / Neorealismus 15/38
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Balance of Power (6)
• Antagonistisch
• Kooperativ
• Integrativ
2. Balance of Power
Realismus / Neorealismus 16/38
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Techniken der Balance of Power (1)
• divide et impera
• Territoriale Arrondierung nach Kriegen
• Einrichtung von Pufferstaaten (cordon sanitaire)
• Bildung von Allianzen
• Regionale Einflussgebiete
2. Balance of Power
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Techniken der Balance of Power (2)
• Militärische Interventionen
• Diplomatische Verhandlungen
• Konfliktbeilegung/Mediation
• Kooperative Rüstungssteuerung
• Rüstungswettbewerb
• Krieg
2. Balance of Power
Realismus / Neorealismus 18/38
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Abschreckung (1)
1. Ein Land A droht einem Land B mit bestimmten Maßnahmen für den Fall, dass B bestimmte Handlungen durchführt, deren Ausführung B glaubhaft vermitteln kann.
2. Es lässt sich nachweisen, dass Land B diese bestimmten Handlungen ohne die Drohungen von Land A ausgeführt hätte.
3. Die Entscheidungsträger B glauben, dass Land A die angedrohten Maßnahmen ausführen kann und wird – und entscheiden sodann, die zuvor angestrebten Handlungen nicht mehr auszuführen
3. Abschreckung
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Abschreckung (2)
Erklärung für die Stabilität gegenseitiger Abschreckung:
1. Allseitiges Streben nach Überlegenheit führt zu dem „Nebenprodukt“ balance of power
2. balance of power als Systemziel: arms control
3. Abschreckung
Realismus / Neorealismus 20/38
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Nullsummenspiel (1)
Das Nullsummenspiel ist ein Konstantsummenspiel, d.h. die Summe der zu verteilenden Werte bleiben die Gleiche. Bei Beteiligung von zwei Parteien impliziert grundsätzlich der Gewinn einer Seite einen Verlust auf der anderen Seite. Die sozialwissenschaftliche Anwendung von Null- summen bezieht sich auf eine vollkommen anta- gonistische Konfliktsituation.
4. Nullsummenspiel
Realismus / Neorealismus 21/38
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Nullsummenspiel (2)
Dementsprechend geht das Nicht-Nullsummenspiel davon aus, dass grundsätzlich die Gesamtmenge der zu verteilenden Werte durch Kooperation und Interaktion vermehrt werden kann und somit jeder beteiligte Akteur aus diesem Verhalten einen Nutzen ziehen kann.
(Vgl. Fuchs 1978: 538)
4. Nullsummenspiel
Realismus / Neorealismus 22/38
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Grundannahmen des Neo-Realismus (1)
1. Staaten sind die zentralen Akteure der internationalen Beziehungen
2. Staaten verfolgen ihre eigenen Interessen und sind insofern rationale Akteure
3. Anarchie als Tiefenstruktur der internationalen Beziehungen ist die Bedingung für die Ausgestaltung der staatlichen Präferenzen
Woraus folgt:
5. Grundannahmen des Neo-Realismus
Realismus / Neorealismus 23/38
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Grundannahmen des Neo-Realismus (2)
1. Staaten sind an der Gewährleistung ihrer Sicherheit interessiert, wodurch die Fähigkeit zur Kooperation eingeschränkt wird
2. und internationale Institutionen haben nur marginale Effekte auf die Möglichkeit zur Kooperation
5. Grundannahmen des Neo-Realismus
Realismus / Neorealismus 24/38
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Internationales System
• Internationales System (IS)• Struktur (St)• interagierende Einheiten (iE)
IS = St + iE
6. Internationales System
Realismus / Neorealismus 25/38
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Analogie zu inneren Verhältnissen
• Verfassungsmäßige Ordnung
• Funktionale Differenzierung
• Relative Fähigkeiten
6. Internationales System
Realismus / Neorealismus 26/38
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Internationales System
• Staaten sind nebeneinander angeordnet
• Staaten sind nicht funktional getrennt
• Es existieren unterschiedliche Fähigkeiten
6. Internationales System
Realismus / Neorealismus 27/38
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Realismus – Neorealismus (1)
Gemeinsame Prämisse: Verhalten von Staaten über Zeit und Raum zeigt mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede
Inhaltlich-perspektivische Differenz vom politischen Realismus und Neorealismus
Realismus NeorealismusDominanz des Akteurs Dominanz des internationalen
Systems
Akteursverhalten bestimmt durch anthropozentrische Grundannahmen: Machtstreben
Akteursverhalten bestimmt durch systemische Grundannahme: Strukturelle Anarchie
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
Realismus / Neorealismus 28/38
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Realismus – Neorealismus (2)
Charakteristische Eigenschaften, Situationsdefinition und Zielsetzung der Akteure eines Systems be- stimmen dessen Verhalten und die Verhaltensergebnisse (bottom-up-view)
Struktur des Systems (Verteilung der Macht unter den Akteuren) bestimmt das Interaktionsverhalten der Akteure und die Verhaltens- ergebnisse (top-down-view)
Primat des in Kategorien von Macht definierten Nationalinteresses
Primat der Sicherheit
Realismus: Machtstreben Neorealismus: strukturelle Anarchie
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
Realismus / Neorealismus 29/38
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Realismus – Neorealismus (3)
Realismus: Machtstreben Neorealismus: strukturelle Anarchie
Erwerb, Vermehrung, Demonstration von Macht als Zweck der Außen- politik des Akteurs
Selbsthilfe
Maximierung von Macht Verteidigung der Akteursposition im System relativ zu den Positionen anderer Akteure
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
Realismus / Neorealismus 30/38
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Realismus – Neorealismus (4)
Realismus: Machtstreben Neorealismus: strukturelle Anarchie
Sicherung der nationalen Sou- veränität als Voraussetzung des Überlebens des Akteurs in einer feindlichen Umwelt
Herstellung und Sicherung des Gleichgewichts im System als Voraussetzung des Überlebens der Akteure unter Anarchie
(Meyers 1997: 380)
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
Realismus / Neorealismus 31/38
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Macht Realismus Defensiver Neorealismus Offensiver Neorealismus
Warum streben Staaten nach Macht?
Wegen des als Macht definierten Interesses
Wegen der Struktur des internationalen Systems
Wegen der Struktur des internationalen Systems
Wieviel Macht streben Staaten an?
Angestrebt wird maximale Macht mit dem Ziel der Hegemonie
Bewahrung der Macht- stellung relativ zu anderen; Staaten versuchen als defensive Positionalisten das Gleichgewicht der Macht zu erhalten
Angestrebt wird maximale Macht mit dem Ziel der Hegemonie
(Mearsheimer 2001: 22)
7. Unterscheidung Realismus - Neorealismus
Realismus / Neorealismus 32/38
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Macht- und Sicherheitsdilemma (nach J. Herz)
Staat A: Unsicherheit bezüglich des Verhaltens von Staat B
Staat A strebt nach Sicherheit
Staat A häuft Macht (und somit Sicherheit) an
Staat B: Unsicherheit bezüglich des Verhaltens von Staat A
Staat B strebt nach Sicherheit
Staat B häuft Macht (und somit Sicherheit) an
8. Sicherheitsdilemma
Realismus / Neorealismus 33/38
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Bedrohung
Bedrohung resultiert aus den Fähigkeiten und Intentionen anderer (objektive versus subjektive Bedrohung)
9. Bedrohung
(Walt 1985: 3-41)
B = F + I
Realismus / Neorealismus 34/38
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Fähigkeiten resultieren aus:
• Der aggregierten Macht (Territorium, Bevölkerung, ökonomische Ressourcen)
• Der geographischen Nähe
• Den offensiven militärischen Fähigkeiten
9. Bedrohung
(Walt 1985: 3-41)
Realismus / Neorealismus 35/38
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Intentionen
Intentionen beschreiben die (wahrgenommene) Absicht, diese Fähigkeiten auch einzusetzen
9. Bedrohung
(Walt 1985: 3-41)
Realismus / Neorealismus 36/38
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Weiterführende Literatur (1)
• Fuchs, Werner (u.a.) (Hg.) (19782): Lexikon zur Soziologie, Opladen: Westdeutscher Verlag.
• Mearsheimer, John J. (2001): The Tragedy of Great Power Politics, New York et al: Norton.
• Meyers, Reinhard (19973): „Grundbegriffe und theoretische Perspektiven der Internationalen Beziehungen“, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Grundwissen Politik, Bonn, 313-434.
• Morgenthau, Hans Joachim (1948): Politics among Nations. The Struggle for Power and Peace, New York: Knopf.
• Walt, Stephen M. (1985): „Alliance Formation and the Balance of World Power“, International Security, 9(4), 3-41.
Realismus / Neorealismus 37/38
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Weiterführende Literatur (2)
• Waltz, Kenneth N. (1979): Theory of International Politics, New York: Random House.
Realismus / Neorealismus 38/38
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Literatur für die nächste Woche
• Keohane, Robert O. (1989): „Neoliberal Institutionalism. A Perspective on World Politics”, in: Robert O. Keohane (Hg.): International Institutions and State Power. Essays in International Relations Theory, Boulder, CO: Westview Press, 1-20.