„Tipi“ Konzept der Arbeitsgemeinschaft der Sozialpsychiatrischen Zentren im Kreis Mettmann
„TIPI“
Rahmenkonzeption zum Aufbau eines intensiv-betreuten Ruhe - und
Orientierungshauses für junge, psychisch erkrankte Menschen
im Kreis Mettmann
Stand: 23.04.2012
Träger: Tipi gemeinnützige GmbH:
Arbeitsgemeinschaft der Sozialpsychiatrischen Zentren im Kreis Mettmann:
Verbund psychosozialer Dienstleistungen (VPD) Mettmann g GmbH,
Sozialpsychiatrisches Zentrum Ratingen (Träger: Kooperation des Sozialdienstes
katholischer Frauen e.V. Ratingen und der Diakonie im Kirchenkreis Düsseldorf –
Mettmann gGmbH),
SGN Gemeinnützige Sozialpsychiatrische Gesellschaft Niederberg mbH
Der Trägerverbund sieht es als seine Aufgabe, psychisch Kranke und seelisch
behinderte Menschen vor Zurückweisung und sozialer Isolation zu bewahren. Im
Rahmen einer konstruktiven Partnerschaft wollen wir die Teilhabe junger seelisch
beeinträchtigter Menschen am Leben in der Gemeinschaft gewährleisten und zur
Entfaltung der eigenen Persönlichkeit verhelfen.
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Vorwort
Die Sozialpsychiatrischen Zentren im Kreis Mettmann sehen erheblichen Bedarf zur Verbes-
serung der Versorgung junger Menschen im Alter von 16-27Jahren, die aufgrund unter-
schiedlicher Faktoren von chronischer psychischer Erkrankung bedroht oder betroffen sind.
In den Hilfeplankonferenzen, in den Einrichtungen der Jugendhilfe, bei den Sozialpsychiatri-
schen Diensten und auf den Stationen der zuständigen Kliniken wird einhellig ein Zuwachs
der Gruppe junger Hilfesuchender beobachtet, die bereits langfristig unter psychischer Be-
hinderung leiden oder davon bedroht sind, und somit Anspruch auf Eingliederungshilfen ge-
mäß §§ 35 a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und/oder in Verbindung mit §41 SGB VIII
(Hilfen für junge Volljährige) haben.
Angemessene und innovative Ansätze einer Begleitung dieser Klientel wurden anderenorts
bereits entwickelt (s. beispielsweise „Trialog" der Eggersstiftung in Essen: therapeutisch-
pädagogische Wohngruppe für junge Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung), ste-
hen im Kreis Mettmann aber derzeit nicht zur Verfügung. Die PSAG (Psychosoziale Arbeits-
gemeinschaft) hat sich in Kooperation mit den Jugendhilfeeinrichtungen bereits mehrfach
inhaltlich mit dem Thema auseinandergesetzt.
Aus diesen Gründen haben sich drei sozialpsychiatrische Zentren des Kreises Mettmann zu
einem Trägerverbund zusammengeschlossen und eine gemeinsame gemeinnützige Gesell-
schaft gegründet. Die Zielsetzung ist dabei, ein intensives gemeindenahes, integriertes
Wohn - und Betreuungsangebot für junge Menschen zu schaffen, die mit den Mitteln der
ambulanten Hilfen zum selbständigen Wohnen nicht erreicht werden oder nicht ausreichend
versorgt sind.
Die Sozialpsychiatrischen Zentren decken mit einer breiten Angebotspalette komplexe Hil-
febedarfe ab. Neben ambulanten und stationären Wohnformen werden hier auch tagesstruk-
turierende Maßnahmen, Ergo - und Beschäftigungstherapie, suchtspezifische Angebote so-
wie Gruppen - und Einzelberatung vorgehalten. Besonderen Wert legen wir auf die Integrati-
on in das Erwerbsleben, auf Ausbildung, Qualifizierung, berufliche Rehabilitation, Vermitt-
lung und Begleitung durch den Integrationsfachdienst, der ebenfalls Bestandteil unseres
Trägerverbundes ist.
Die nachfolgenden konzeptionellen Ausführungen beziehen sich auf seelisch beeinträchtigte
Jugendliche oder junge Erwachsene bei denen seit längerer Zeit eine oder mehrere komor-
bide psychische Störungen (z.B. Psychose (auch drogeninduziert), Depression, Angststö-
rung, Zwangsstörung, Belastungsstörung, Essstörung, Persönlichkeitsstörung) und/oder eine
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Entwicklungsstörung oder erhebliche Einschränkungen bei der Bewältigung im Alltag vorlie-
gen und eine Chronifizierung droht. Diese Menschen sollen durch die Wohngruppe „Tipi“ die
Möglichkeit erhalten, intensiv betreut und begleitet zu werden. In einem bedeutsamen Ent-
wicklungsabschnitt (Jugend und junges Erwachsenenalter) soll die Einrichtung „Tipi“ den
Betroffenen gute Bedingungen bieten, sich wohl- und zuhause zu fühlen sowie fachkundige
Hilfen zur Verfügung stellen.
Um dem differenzierten Bedarf junger, psychisch auffälliger Menschen gerecht zu werden,
beinhaltet die Betreuung: die allgemeine psychosoziale Versorgung, tagesstrukturierende
Maßnahmen, Freizeitorganisation, Psychoedukation, Hilfen bei Schule/ Ausbildung sowie
schwerpunktmäßig therapeutische Angebote zum Aufbau/ zur Stabilisierung gesundheitsför-
derlichen Verhaltens im Alltag. Zudem streben wir eine enge Kooperation mit den Jugend-
ämtern und Jugendhilfeeinrichtungen des Kreises an. Der Zusammenarbeit mit Eltern und
Angehörigen, Lehrern, Ausbildern, Berufsbildungs- und Trainingszentren, Kliniken, niederge-
lassenen Ärzten sowie Psychotherapeuten widmen wir besondere Aufmerksamkeit.
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1. Notwendigkeit eines therapeutisch-pädagogischen Angebots für junge psy-
chisch Kranke
Zunahme (chronischer) psychischer Erkrankungen
Epidemiologische Untersuchungen (in Deutschland wie auch weltweit) sowie Daten der
Krankenkassen und Rentenversicherungsträger weisen auf eine deutliche Zunahme psychi-
scher Erkrankungen in den letzten beiden Jahrzehnten hin. Zudem zählen psychische Er-
krankungen bekanntermaßen zu den Hauptgründen für eine langfristige Behinderung (und
beispielsweise Frühberentung) (1, 2, 3). Hohe Prävalenzraten psychischer Störungen finden
sich dabei nicht nur im Erwachsenenalter (Zwölfmonatsprävalenzen liegen: bei 37% für
Frauen und 25,3 % für Männer), sondern auch im Kindes- und Jugendalter (Zwölfmo-
natsprävalenzen liegen - entsprechend einer Analyse mehrerer Studien - zwischen 15 und
22 %.) (4, 5, 6). Bis zum Erwachsenenalter leiden 30-40 % der Kinder/ Jugendlichen mindes-
tens einmal unter einer psychischen Störung. Psychische Störungen in Kindheit und Jugend
stellen dabei den größten Risikofaktor für eine seelische Erkrankung im Erwachsenenalter
dar. 50% der psychischen Störungen beginnen im Alter bis zu 14 Jahren, 75% im Alter bis zu
24 Jahren (7). Dabei verändert sich das Krankheitsspektrum immer mehr von akuten zu
chronischen Erkrankungen (8).
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen seelischer Erkrankungen sind dabei oft vielfältig. Man geht von einem multifak-
toriellen bio-psycho-sozialen Modell aus (9). Genetische Faktoren, körperliche Erkrankungen
sowie psychosoziale Gründe spielen eine Rolle. Nicht zuletzt sind veränderte soziokulturelle
Faktoren wie:
geringerer familiärer Zusammenhalt,
Abnahme dauerhafter sozialer Bindungen,
veränderte Rollenerwartungen,
deutlich gestiegene berufliche Anforderungen: zunehmende Leistungsgesellschaft mit
immanenter Wettbewerbssituation sowie der Forderung nach Mobilität und Flexibilität,
hohe Jugendarbeitslosigkeit,
Überflutung mit Reizen und Informationen,
zunehmende Orientierungslosigkeit und Werteverlust,
Mangel an Prinzipien und Überzeugungen,
verstärkte Unsicherheit in Zeiten rascher gesellschaftlicher Veränderungen,
Mangel an körperlicher Aktivität und Übergewicht,
Alkohol und Drogenkonsum
für die Zunahme psychischer Erkrankungen mitverantwortlich.
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Auch Krisen und belastende Lebensereignisse wie Trennungen von Eltern, Heimaufenthalte,
oder Scheidungen der Eltern sind insbesondere bei jungen psychisch Kranken häufig und
führen zu erhöhter Vulnerabilität. Wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Stö-
rungen bei Kindern und Jugendlichen sind zudem (10, 11):
eine unsichere Bindung,
starke Meinungsverschiedenheiten der Eltern,
ein niedriger sozialer Status, welcher sich z.B. in finanzieller Not äußern kann,
psychische Störungen der Eltern. Ein Elternteil steht hier beispielsweise nicht zur Verfügung.
Kinder psychisch kranker Eltern werden dann beispielsweise unsicher, ziehen sich zurück
oder übernehmen altersuntypische Verantwortungen (siehe auch: 15),
(emotionale) Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch.
Psychische Störungen und Schwierigkeiten im jungen Erwachsenenalter
Zu den wichtigsten psychischen Störungen im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter gehören
u.a. Folgende (11, 12, 13, 14):
Psychosen: z.B. Schizophrenien, schizotype Störungen, wahnhafte oder schizoaffektive Stö-
rungen. Die Diagnose erfolgt meist im jungen Erwachsenenalter. Die Prognose einer Schizo-
phrenie ist dabei umso schlechter, je früher die Erkrankung auftritt.
Depressionen: Diese gehören zu den Erkrankungen, unter denen Kinder und Jugendliche am
häufigsten leiden. Der Beginn liegt meist in der späten Kindheit und kann mehrere Jahre an-
dauern. Im Jugendalter zeigt sich die Störung im Vergleich zum Erwachsenenalter hier häufi-
ger auch in gereizter Stimmung, in somatischen Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen), in
Versagensängsten, in Schulverweigerung und Lernstörungen. Genauso wie im Erwachse-
nenalter sind Antriebslosigkeit, Rückzug und ein negatives Selbstbild oft vorherrschend. Nicht
selten verlaufen Depressionen chronisch (20% der Fälle einer rezidivierenden Depression).
Depressionen können sich schon in jungen Jahren gefährlich zuspitzen. Jeder siebte depres-
sive Patient verstirbt durch Suizid.
Angststörungen: Hierzu zählen z.B. soziale Phobien, Panikstörungen sowie generalisierte
Angststörungen. Intensives Vermeidungsverhalten aufgrund von Ängsten führt oft zu vielfälti-
gen psychosozialen Problemen.
Zwangsstörungen: Je früher eine Zwangsstörung beginnt, desto schlechter ist die Prognose.
Belastungsstörungen: z.B. Posttraumatische Belastungsstörungen, die nach traumatischen
Erlebnissen wie Misshandlung oder Missbrauch auftreten können.
Essstörungen: Hierzu gehören: a) die Anorexia nervosa mit dem Leitsymptom selbst herbei-
geführten Untergewichts. Die Störung beginnt meist in der Pubertät und verläuft häufig chro-
nisch (in 1/3 der Fälle), b) die Bulimia nervosa. Hier sind die Leitsymptome Heißhungeratta-
cken sowie gegensteuernde Maßnahmen (z.B. Erbrechen, Abführmittelmissbrauch).
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Die Bulimie ist häufiger, hat jedoch eine etwas bessere Prognose als die Anorexie. Bei beiden
Störungen sind 90% der Betroffenen Frauen. c) Auch die Binge-Eating-Störung (Essattacken
ohne Gegensteuerung, meist einhergehend mit Übergewicht) gehört zu den Essstörungen.
Persönlichkeitsstörungen: (z.B. paranoide, dissoziale, borderline, histrionische, narzisstische,
ängstliche, dependente, zwanghafte oder depressive Persönlichkeitsstörungen). Diese begin-
nen in der Kindheit und manifestieren sich im frühen Erwachsenenalter. Studien weisen in kli-
nischen Stichproben auf Prävalenzen bis zu 60% hin. Es muss von einem chronischen Ver-
lauf über viele Jahre hinweg ausgegangen werden. Charakteristisch sind starre Normabwei-
chungen in Kognition, Wahrnehmung, Affekt, Denken Impulskontrolle und Beziehungen. Die
Störungen sind oft mit subjektivem Leid verbunden. Die häufigste Persönlichkeitsstörung mit
dem Hauptmerkmal großer Selbstunsicherheit ist die ängstlich-vermeidende Persönlichkeits-
störung. Auch die Borderline-Persönlichkeitsstörung mit einem tiefgreifenden Muster von In-
stabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, Selbstbild und Affektivität ist eine häufige
Störung, die eine spezifische Behandlung und Betreuung erfordert. Das größte Risiko an ei-
ner Borderline Persönlichkeitsstörung zu erkranken besteht im Jugendalter (14-17 Jahre).
Substanzmissbrauch: Riskante Konsummuster haben in den vergangenen Jahren bei Ju-
gendlichen zugenommen. Das Einstiegsalter für den Drogenkonsum sinkt. Der Spontanver-
lauf erscheint zwar relativ günstig, es sind aber viele Folgeprobleme zu verzeichnen: Rund
10% der Kinder und Jugendlichen, die psychotrope Substanzen konsumieren, leiden in Folge
davon als Erwachsene unter Leistungsstörungen, körperlichen Erkrankungen, psychischen
Störungen (z.B. drogeninduzierte Psychosen, Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen,
Verlust der früheren Interessen, Reduktion der Leistungsbereitschaft) Entwicklungsverzöge-
rungen und Kontaktschwierigkeiten.
Unter anderem sind dabei folgende störungsübergreifende Schwierigkeiten junger psychisch
Kranker häufig:
Suizidalität: Psychische Erkrankungen sind der Hauptrisikofaktor des Suizids. Zudem steigt
mit der Pubertät das Risiko eines Suizids sprunghaft an. In einer Untersuchung junger psy-
chisch Kranker (Young Adult Chronic Patients (YACPs) im Zentrum für Neurologie und
Psychiatrie der Universität zu Köln (16) konnte herausgestellt werden, das 30% der Be-
fragten bereits selbstverletzendes Verhalten und 60% bereits Suizidversuche hinter sich
hatten.
negative Verhaltensmuster: Häufig zu beobachten sind beispielsweise einerseits sozialer
Rückzug oder extremes Vermeidungsverhalten, andererseits Distanzlosigkeit oder die
mangelnde Fähigkeit zur Emotionsregulation (welches sich z.B. durch Gereiztheit oder
Aggressivität bemerkbar machen kann) (16).
Delinquenz
schulische Probleme
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Das Erreichen einer Ausbildung, die Herstellung von Erwerbs - und Arbeitsfähigkeit, die Ab-
lösung aus der Ursprungsfamilie, das Erlangen einer sexuellen Identität sowie seelische Rei-
fung und Stabilisierung sind Aufgaben, die in der Adoleszenz bewältigt werden müssen.
Junge Menschen mit einer psychischen Erkrankung haben hier häufig besondere Schwierig-
keiten. Fällt die Entstehung der psychischen Störung in ein Zeitfenster (Kindheit und Ju-
gend), in dem vielfältige Entwicklungsaufgaben anstehen, die dann aber störungsbedingt
nicht gemeistert werden können, geht die Störung mit einer Beeinträchtigung der psychoso-
zialen Entwicklung einher. Es kommt zu Defiziten in verschiedenen Fertigkeitsbereichen
(z.B. Stresstoleranz, Affektregulation, soziale Kompetenz, Eingehen von Bindungen und Be-
ziehungen, Selbststeuerungsfertigkeiten), die zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag
führen können. Eine psychische Störung kann auch als ein Versuch gesehen werden, eine
schwierige (Lebens-) Situation zu meistern, Gefühle zu regulieren oder Kompetenz-Defizite
auszugleichen. Dieses führt wiederum zu Problemen im Alltag (z.B. Ausbildung/ Schule, Fa-
milie), denen die Betroffenen mit hinderlichen Lösungsversuchen begegnen. So verwundert
es nicht, dass ein hoher Anteil der psychisch Kranken Jugendlichen ihre Ausbildung abge-
brochen haben (16). Zudem ist ein hoher Anteil jugendlicher psychisch Kranker bei den
Langzeitarbeitslosen zu verzeichnen (17). Perspektivlosigkeit und die Befürchtung, dass die
eigenen Lebenspläne vernichtet werden, breiten sich aus. Ängste führen dabei meist entwe-
der zu Aggression oder zu Flucht. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass sich entspre-
chende Symptomatiken festigen.
Typische Besonderheiten des Jugendalters wie Widerstand und Wunsch nach Autonomie,
Einschränkungen in der Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstregulation sowie mangelnde
Krankheitseinsicht können zum Teil Auswirkungen auf die Motivation haben. Nicht zuletzt
aus diesem Grund bleibt die Inanspruchnahme von Hilfen oft weit unter dem Bedarf junger
psychisch Kranker. Hinter einer scheinbar niedrigen Behandlungsmotivation steckt dabei
jedoch häufig eine unbewusste Sehnsucht nach Hilfe (11).
Hohe Rückfallraten im gewohnten Umfeld
Familien sowie die klassische Heimerziehung stoßen an Grenzen, wenn Jugendliche derart ge-
stört sind, dass ihnen in vorrangig erzieherischer Weise nicht begegnet werden kann. Krank-
heitsbedingte Störungen im Denken, Fühlen und Handeln sowie Kommunikationsstörungen
oder Rückzug, können auch für Familienmitglieder eine hohe Belastung darstellen. Eine Sta-
bilisierung der Betroffenen und die Unterstützung ihrer Verselbständigung kann in diesem
Umfeld oft nicht erreicht werden. Es bestehen hier hohe Rückfallquoten. Untersuchungen
haben gezeigt, dass in einer familiären Atmosphäre, in der viel Kritik, Feindseligkeit oder emotio-
nales Überengagement herrscht, die Rückfallquote bei schizophrenen PatientInnen nach einer
Klinikbehandlung von 19% auf 58% steigt (18). Weitere Verlaufsuntersuchungen haben erge-
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ben, dass die Rückfallrate bei jugendlichen Schizophrenien, innerhalb von drei Jahren nach
der stationären Behandlung, zwischen 70 und 80% liegt und nahezu 80% der PatientInnen
noch im Alter von 30 Jahren ohne eigenes Einkommen dastehen und von öffentlicher oder
familiärer Förderung abhängig sind. Auch längere stationäre Behandlungszeiten bei der
Ersterkrankung haben an diesem ungünstigen Verlauf bisher wenig ändern können.
Protektive Faktoren
Zu den Faktoren, die junge Menschen vor einem ungünstigen Verlauf psychischer Störungen
schützen können, gehören beispielsweise: eine sichere Bindung, Unterstützung durch Andere,
klare Regeln, Identifikationsfiguren, die Übernahme von Verantwortung, die Förderung von Un-
abhängigkeit und Eigeninitiative, eine verständnisvolle, zugewandte Grundhaltung, Echtheit im
Erzieherverhalten, ein robustes Temperament sowie gute Kommunikations- und Problemlösefä-
higkeiten der Jugendlichen (11, 19). Auf diese Schutzfaktoren haben chronisch psychisch Kran-
ke häufig kaum Zugriff.
Unterversorgung
Parallel zum beschriebenen Anstieg der Zahl psychisch kranker Jugendlicher, zunehmender
Chronifizierung und hoher Rückfallraten besteht in unserem Gesundheits- und Betreuungs-
wesen eine gravierende Unterversorgung (4). Eine Behandlung erfolgt in vielen Fällen vor
allem in Form von Notfallmaßnahmen (16). Zudem ist es für PatientInnen auch nach einer
stationären Therapie in einer Klinik, in der möglicherweise eine Besserung erreicht wurde,
häufig ein Problem, Erfolge in den Alltag zu übertragen und eine dauerhafte Stabilisierung
zu erzielen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele junge psychisch Kranke, trotz intensiver
klinischer psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung nach Entlassung häufig nicht in
der Lage sind, sich im Rahmen herkömmlicher ambulanter Behandlungs-Settings zu festi-
gen. Insbesondere junge PatientInnen sind bisher schlecht in die bisher bestehenden Nach-
sorge- und Rehabilitationsmaßnahmen eingebunden, so dass rasch wieder neue Notfallsitu-
ationen entstehen. Häufige Abbrüche oder disziplinarische Entlassungen von Rehabilitati-
onsmaßnahmen sind als Folge zu verzeichnen (17). In den meisten Fällen junger psychisch
Erkrankter ist nach einer stationären Behandlung eine ambulante Psychotherapie notwendig und
angezeigt, jedoch in vielen Fällen schwer zugänglich (begrenzte Zulassungen, lange Wartelis-
ten!) und meist auch nicht hinreichend. Betroffene, von seelischer Behinderung bedrohte Men-
schen brauchen Unterstützung in vielen psychosozialen und lebenspraktischen Fragen (9) sowie
kontinuierliche und konkrete Hilfen dabei, Inhalte der Psychotherapie auch in den Lebensalltag
zu übertragen sowie therapeutisch erreichte Ziele zu festigen.
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Notwendigkeit besonderer Versorgungsstrukturen
Für junge psychisch Kranke sind besondere Versorgungsstrukturen notwendig, damit lange,
häufige und kostenintensive Klinik- und Krankenhausaufenthalte (Drehtüreffekt) vermieden
werden können und eine langfristige Selbstverantwortlichkeit gefördert wird. Es gilt einen Ort
zu schaffen, der ein Zuhause darstellen kann, in dem unter professioneller Begleitung eine
Gemeinschaft entsteht, in der die Besonderheiten des Jugendalters berücksichtigt werden,
die ein Nachholen von Erfahrungen ermöglicht und die ein heilsames Klima mit entspre-
chenden Schutzfakttoren bietet. Gefühle von Geborgenheit und Sicherheit sind für vulnerab-
le, in ihrer Entwicklung zur stabilen Persönlichkeit gehinderte Menschen dabei von großer
Wichtigkeit. Zudem sollten sich die Angebote verschiedener Versorgungssektoren (stationä-
re Behandlung, ambulante Psychotherapie, betreutes Wohnen) ergänzen.
Therapeutisch-Pädagogische Wohngruppe im Kreis Mettmann
Der Anteil sehr junger Menschen und ihrer Familien, die sich hilfesuchend an die Institutio-
nen der Jugendhilfe, die sozialpsychiatrischen Dienste- und Zentren sowie die zuständigen
Kliniken wenden, ist auch im Kreis Mettmann in den vergangenen 3 Jahren stark gestiegen.
Vor Ort wurden einzelne Maßnahmen zur Installation spezifischer und differenzierter Hilfe-
angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene eingeleitet (Kooperationsverträge
von sozialpsychiatrischen Trägern mit der Jugendhilfe, Gründung einer Arbeitsgruppe der
PSAG: Kooperationsmöglichkeiten von Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe, Erwach-
senenpsychiatrie), die aber im Ergebnis keine hinreichende Versorgung sicherstellen.
Durch eine intensiv-betreute therapeutisch-pädagogische Wohngruppe im Kreis Mettmann
soll eine nachhaltige, geduldige und ganzheitliche Förderung der betroffenen jungen Men-
schen ermöglicht werden, um eine weitgehende Verselbständigung zu erreichen. Der Gestal-
tung eines therapeutischen Milieus kommt daher eine besondere Bedeutung zu.
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2. Inhaltliche Ausdifferenzierung
Größe der Einrichtung und Einzugsgebiet
Die Einrichtung umfasst 10 vollstationäre Plätze und soll primär für das Kreisgebiet Mett-
mann mit insgesamt 536.000 EW zugänglich sein. Darüber hinaus können Menschen mit
einem entsprechenden Hilfebedarf aus angrenzenden oder überregionalen Städten und
Kreisen aufgenommen werden. Eine Aufteilung der Bewohner der Intensivgruppe auf zwei
autarke Wohngruppen mit je 5 Plätzen ist vorgesehen. Darüber hinaus stehen 2 Verselb-
ständigungsplätze in einer separaten Wohngemeinschaft zur Verfügung.
Trägerschaft
Drei Sozialpsychiatrische Zentren des Kreises Mettmann (VPD, SPZ Ratingen, SGN) haben
für die Einrichtung gemeinsam einen eigenen Rechtsträger (Tipi g GmbH) gegründet.
Zielgruppe/ Aufnahmekriterien
Die Einrichtung richtet sich an Jugendliche/ junge Erwachsene ab 16 bis zum Alter von 27
(maximales Aufnahmealter 25 Jahre, maximales Betreuungsalter 27 Jahre) mit (komorbiden)
psychischen Erkrankungen/ drohenden seelischen Behinderungen,
Psychosen/drogeninduzierte Psychosen
Affektive Störungen
Angststörungen
Zwangsstörungen
Belastungsstörungen
Persönlichkeitsstörungen
deren Krankheitsverlauf eine drohende Chronifizierung erkennen lässt, und bei denen Art
und Schwere der Erkrankung eine selbständige Lebensführung verhindern.
Gleichzeitig zur psychischen Erkrankung vorliegen bzw. drohen können:
eine unzureichenden Persönlichkeitsentwicklung, oder
Defizite in wichtigen Funktionsbereichen (soziale Kompetenz, Affektregulation), oder
durch die Erkrankung entstandene erhebliche Belastungen der familiären Beziehungen
und/ oder die Krankheit stabilisierende Familienprobleme.
Eine Aufnahme von Menschen mit Suchtmittelmissbrauch in der Vorgeschichte ist möglich.
Jugendliche bei denen eine Drogenproblematik jedoch aktuell im Vordergrund steht, können
nicht aufgenommen werden. Menschen mit wesentlichen geistigen Behinderungen und ei-
nem entsprechenden Hilfebedarf können aufgrund ihrer speziellen Anforderungen an die Hil-
feerbringung nicht ausreichend versorgt und deshalb nicht aufgenommen werden.
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Weitere Aufnahmevoraussetzungen:
Gesetzliche Grundlagen sind § 27, §35a, § 36, § 41 sowie § 86 SGB VIII.
Im Rahmen der individuellen Hilfeplanung ist unter Mitwirkung der Betroffenen zu klären,
welche psychotherapeutischen und psychosozialen Hilfen benötigt werden und welche
Schritte zur Integration in Ausbildung und Beruf erforderlich sind.
Eine Bereitschaft zur Erarbeitung einer schulisch/ beruflichen sowie therapeutischen Per-
spektive sollte vorhanden sein.
Die Kosten werden durch das zuständige Jugendamt übernommen.
Die KlientInnen halten sich an Haus- und therapeutische Regeln.
Eine begleitende psychiatrische und/ oder psychotherapeutische Behandlung wird ange-
strebt
Die Aufnahme muss sich nach der aktuellen Gruppenkonstellation richten
Es besteht keine akute Suizidalität.
Aufnahmeprocedere:
Anfragen erfolgen durch fallführende Stellen, Personensorgeberechtigte sowie Institutio-
nen. (z.B. Kliniken, Jugendämter etc.).
Vereinbarung eines Erstgesprächs/ Vorstellungstermins mit dem Klienten, gegenseitiges
Kennenlernen, Besichtigung der Einrichtung, Klärung von Erwartungen und Zielen, Klä-
rung organisatorischer Fragen
Prüfung der (oben definierten) Aufnahmevorrausetzungen
Anforderung von vorhandenen Sozialberichten, Arzt-oder Klinikberichten, fachärztlichen
Stellungnahmen oder ggf. Veranlassung einer aktuellen fachärztlichen Diagnostik
Antrag und gemeinsames Gespräch mit dem zuständigen Jugendamt,
Hilfeplanverfahren nach §36 SGB VIII
Einbindung von Familien und Kooperationspartnern
In den pädagogisch-therapeutischen Prozess werden die Familien der betroffenen Men-
schen von Beginn an individuell eingebunden. Die Zusammenarbeit mit Eltern, Geschwistern
und Einbindung von Bezugspersonen aus dem sozialen Kontext der Jugendlichen und jun-
gen Erwachsenen ist zur Sicherstellung eines langfristigen Erfolgs und einer guten Prognose
sorgsam zu planen und abhängig vom jeweiligen Bedarf zu gestalten. Wir verstehen den
individuellen Einbezug der Familien als kontinuierlichen, begleitenden Prozess, der insbe-
sondere der Stabilisierung der betroffenen Menschen dienen soll. Auch MitarbeiterInnen der
Jugendhilfe und Teams klinischer oder sozialer Einrichtungen und Beratungsstellen sollen
Partner der jungen Menschen und der geplanten Einrichtung sein. Eine Kooperation mit die-
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sen unterschiedlichen Institutionen, die jeweils ihre spezielle Fachkenntnis und Sichtweisen
einbringen, ist daher bereits in der Phase der Aufnahme unverzichtbar. Durch eine engma-
schige Kooperation mit Behandlern wie z.B. niedergelassenen Psychotherapeuten können in
Absprache Behandlungsbausteine durch das Betreuungsteam übernommen werden, die eine
Festigung erreichter Ziele im Alltag sichern.
Ziele der Maßnahme
allgemeine Stabilisierung des seelischen Befindens
Entlastung, um neue Entwicklungen zu ermöglichen
Aufbau einer realistischen (Lebens-)Perspektive
Vermittlung von Informationen zum Krankheitsbild
ressourcenorientierter Aufbau von Selbsthilfepotential
Abbau von Entwicklungsdefiziten, Ich-Stärkung, Stärkung der eigenen Persönlichkeit
Erlernen lebenspraktischer Fähigkeiten
Förderung von Kommunikations- und Problemlösefertigkeiten sowie sozialer und Bezie-
hungs-Kompetenzen durch ein professionell begleitetes Zusammenleben mit anderen
sowie durch individuelle Maßnahmen und Gruppenangebote
Vorbereitung der schulischen oder beruflichen Rehabilitation/ Ausbildung/ berufliche Ori-
entierung/ Belastungserprobung/ Praktika/ Vermittlung
Bearbeitung der individuellen psychischen Störung (Therapeutisches Gesprächsangebot
in Ergänzung/ Zusammenarbeit mit ambulanter Psychotherapie, psychologische Diag-
nostik, Besprechung der individuellen Lerngeschichte, Fallkonzeption: Problem- Bedin-
gungs- und Zielanalyse, Arbeit an Veränderungsmotivation, Arbeit an individuellen Zielen
(z.B. Förderung von Selbstakzeptanz, Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz, Affektregu-
lationsfähigkeiten) Abbau der Symptomatik, Bearbeitung lebensgeschichtlicher sowie ak-
tueller Konflikte, Erlernen hilfreicher, gesundheitsförderlicher Strategien)
Einzelne Familiengespräche (Mit unterschiedlicher Zielsetzung, je nach Alter und konkre-
ter Familiensituation. Z.B.: Vermittlung von Informationen zum Krankheitsbild, Beziehun-
gen klären, evtl. krankheitsaufrechterhaltende Muster erarbeiten, Vermittlung in externe
familientherapeutische Behandlung, Ablösung vom Elternhaus mit Verselbständigung)
Frühzeitige Intervention bei Krisen
Verselbständigung, eigenverantwortliche Lebensgestaltung
Vermeidung des Drehtüreffektes (Psychiatrie – Familie)
Vorbereitung des Auszuges
Organisation der Übergänge in ambulante Hilfen
Entlassung in eine der individuellen Situation angemessene stabile Lebenssituation
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Bausteine der Maßnahme
Mit „Tipi“ soll ein intensiverer unterstützender Betreuungsrahmen angeboten werden, als in
den bisher bestehenden Einrichtungen im Kreis Mettmann. Das speziell für die fachkundige
Betreuung junger psychisch gestörter Menschen entwickelte Wohngruppenkonzept soll die
Lücke zwischen Klinikaufenthalten und Verselbständigung schließen. Die Aufenthaltsdauer
in der Wohngruppe und der individuelle Ziel- und Behandlungsplan werden (in Absprache
mit den Betroffenen, ihren Familien, Ärzten und Therapeuten) in regelmäßigen Hilfeplan-
Gesprächen mit den zuständigen Jugendämtern bestimmt. Grundlage für die Aufnahme in
die Einrichtung ist der individuelle Hilfeplan und die Kostenübernahme durch die Jugendhilfe.
Das Betreuungskonzept sieht eine intensive Wohnbetreuung vor und kombiniert zusätzliche
notwendige Unterstützungsleistungen im Rahmen psychotherapeutischer und psychosozia-
ler Hilfen, tagesstrukturierender Maßnahmen und Leistungen zur beruflichen Rehabilitation
(Die beruflichen Reha-Maßnahmen finden dezentral statt. Unterschiedliche Angebote wer-
den im Anhang beschrieben). Die Betreuung durch kompetentes Personal soll für die Be-
troffenen die Möglichkeiten schaffen, neue, angemessene Verhaltensstrategien und Kompe-
tenzen zu erwerben und im Alltag weiter zu entwickeln.
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Konkrete Behandlungs-/ Betreuungsbausteine in der Einrichtung
Prüfung der Indikation
Psychologische-pädagogische Eingangsuntersuchung (Diagnostik, Anamnese, Fallkon-zeption Abklärung des (psychotherapeutischen sowie pädagogischen) Bedarfs), regel-mäßige Entwicklungsdiagnostik und Hilfeplanung
psychotherapeutische Einzelbetreuung durch Psychologin (entsprechend o.a. Ziele)
psychotherapeutische Gruppenangebote durch Psychologin (z.B. Training sozialer Kom-petenz; Leitung durch Psychologin, zusätzlich: kotherapeutische Begleitung)
Bezugsbetreuung/ individuelle psychosoziale Hilfen: Die Einrichtung arbeitet mit einem Bezugsbetreuersystem. Die Bezugsbetreuer sind für die Einleitung und Umsetzung ge-planter Maßnahmen im Einzelfall verantwortlich und decken den erforderlichen individuel-len psychosozialen Unterstützungsbedarf ab. Dies beinhaltet je nach Einzelfall:
Unterstützung bei der schulischen/außerschulischen Bildung
allgemeine schulische Förderung, Möglichkeit der Nachhilfe
Unterstützung bei der Umsetzung der Planungen zur beruflichen Rehabilitation
Begleitung zu Institutionen, Ämtern und Behörden
Unterstützung bei einem förderlichen Kontakt zu Familienangehörigen und Freunden
Unterstützung beim Umgang mit Konflikten
Unterstützung bei altersentsprechenden Problemschwerpunkten (Freunde, Familie, Drogen, Alkohol, Sexualität)
Hilfestellung bei der praktischen Umsetzung der in der Therapie erworbenen Verhal-tensweisen
Unterstützung bei Krisen
Unterstützung bei der Gestaltung individueller Freizeit
Einberufung von Fallkonferenzen
Überprüfung der Rehabilitationsplanung
Überprüfung und Fortschreibung des Hilfeplans
weitere pädagogische Interventionen/ Hilfen zum Erlernen lebenspraktischer Fähigkeiten: (z.B. Anleitung zur Alltagsbewältigung- und strukturierung, Haushaltsführung, Beteiligung am Zubereiten der gemeinsamen Mahlzeiten, gemeinsame Einkäufe und Hausdienste, sinnvolle Freizeitgestaltung (auch in der Gruppe, Planung/Durchführung von Projekten im Bereich Musik/ Kunst), Anleitung bei der Einübung eines verantwortlichen Umgangs mit dem eigenen Körper (Gesundheit/ Ernährungsberatung), eigenem Raum, Belangen der Gemeinschaft und Geld (Haushalts-Taschengeld), genderspezifische Pädagogik)
Gestaltung eines therapeutischen Milieus (Gruppenatmosphäre und Wohnumfeld)
soziotherapeutische Gruppenangebote
Erlebnis- und Freizeitpädagogische Angebote
regelmäßige WG-Gespräche
Krisenmanagement
Begleitung geplanter stationärer Psychotherapien/ Klinikaufenthalte
Einbeziehen von bedeutsamen Bezugssystemen, einzelne Familiengespräche
notwendige pädagogische Präsenz und Betreuung
Alltägliche Versorgung
Vorbereitung der Entlassung aus der Maßnahme
klientenbezogene Verwaltungsarbeiten
Kooperation
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Jeder BewohnerIn steht ein eigenes Zimmer sowie der gemeinschaftliche, therapeutisch-
pädagogische Wohnbereich zur Verfügung. Durch das Leben in der Gemeinschaft sollen
Zurückweisung, soziale Isolation und Einsamkeit abgewendet und Entwicklungsprozesse
gefördert werden. Der Gestaltung des Lebens in der Wohngruppe kommt daher eine beson-
dere Bedeutung zu. Ziel ist es, jungen Menschen einen sicheren Rahmen zur Bewältigung
ihrer Krankheit und ihrer Konflikte zu bieten. Dies soll beispielsweise erreicht werden durch:
Atmosphäre und Präsenz,
die Option jederzeit Hilfen zu erhalten, wenn sie gebraucht werden,
die Möglichkeit Menschen ansprechen zu können,
die Teilnahme am Alltag,
die Wahrnehmung und Beobachtung Anderer (z.B. Modellfunktion der Mitarbeiter),
Zugehörigkeit,
das Angebot eines Ortes der Begegnung, der Gemeinschaft, der
Sicherheit und verlässlicher Strukturen
die Förderung einer positiven Atmosphäre als ein ganzheitlich wirkender Prozess.
In der Wohngemeinschaft können Betroffene, die Schwierigkeiten haben, außerhalb des Wohn-
raumes Kontakte herzustellen, profitieren. Die WG bedeutet auch, mit seinem Problem nicht
allein zu sein und sich gegenseitig unterstützen zu können. Gleichzeitig kann das Zutrauen im
zwischenmenschlichen Bereich gefördert werden, indem Regeln gemeinsam erarbeitet und
Konflikte gemeinschaftlich geklärt werden. Die WG stellt somit ein soziales Lernfeld dar, welches
die Entwicklung fördern kann (9).
Aufgrund anzunehmender Überlappungen bzgl. der Schwierigkeiten der BewohnerInnen
kann der Aufbau fehlender Kompetenzen teilweise in der Gruppe erfolgen. Gleichzeitig muss
die Einrichtung Raum für den Einzelnen bieten. Die BewohnerInnen erhalten daher regelmä-
ßig (bis zu tägliche) a) psychotherapeutische sowie b) bezugsbetreuerische Einzelgespräche
orientiert am individuellen Bedarf und an der individuellen Zielsetzung.
In Einzel - und Gruppengesprächen soll das Zusammenleben in der Gemeinschaft reflektiert
werden. Der Bearbeitung von Konflikten und der Erarbeitung von lösungsorientierten Hand-
lungsmodellen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Umgang mit Krisen
Wir streben eine enge Kooperation mit behandelnden niedergelassenen ÄrztInnen und Psy-
chotherapeutInnen an, um krisenhaften Zuspitzungen möglichst früh begegnen zu können.
Darüber hinaus werden Vereinbarungen mit den Sozialpsychiatrischen Diensten und der
Sektorabteilung der LVR –Klinik Langenfeld sowie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiat-
rie Düsseldorf und den Institutsambulanzen der zuständigen Kliniken geschlossen. Sollte
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eine stationäre Behandlung erforderlich werden, sehen wir uns weiter in der Verantwortung
für die Begleitung und Betreuung während des stationären Aufenthaltes und die Rücknahme
in unsere Einrichtung nach der Entlassung.
Übergänge in Nachsorge
Ist abzusehen, dass eine solch intensive Betreuung wie sie die Wohngruppe „Tipi“ bietet
nicht mehr gebraucht wird, da die Betroffenen Besserungen erreicht haben, erfolgt in der
individuell festzulegenden letzten Phase der Maßnahme die Vorbereitung der Entlassung.
Diese Phase kann beinhalten:
Übergang in ambulant betreutes Wohnen, wenn zunächst eine teilweise Verselbständi-
gung angestrebt wird.
Übergang in die ambulante Jugendhilfe
Erlangung von Ausbildungsreife, schulische und betriebliche Ausbildung
Kontakte zu Sportgruppen
sinnvolle Freizeitgestaltung in der Gemeinde
Anbindung an die Angebote der Sozialpsychiatrischen Zentren und der Einrichtungen der
Jugendhilfe jeweils in Absprache mit den KlientInnen und entlang ihrer persönlichen
Möglichkeiten, Fähigkeiten und Bedarfe.
Die Entlassung aus der Maßnahme ist mit allen Beteiligten frühzeitig abzustimmen und vor-
zubereiten.
Personelle und zeitliche Besetzung
Im Umgang mit der Klientel junger, psychisch schwer gestörter Jugendlicher/ junger Erwach-
sener bedarf es an fachkundigem, erfahrenem Personal. Die personelle Kompetenz des Be-
treuungspersonals, welches lange und häufige Klinikaufenthalte sowie drohende seelische
Behinderung möglichst eindämmen und abwenden kann, ist zentral für unser Konzept. Hier-
durch unterscheiden wir uns deutlich von bereits bestehenden Einrichtungen. Die Wohn-
gruppe muss eine personengebundene Atmosphäre bieten, in der möglichst wenige Perso-
nalwechsel stattfinden. Auf eine paritätische Besetzung (Mann/ Frau) ist zu achten.
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Wir legen einen Betreuungsschlüssel von 1:1 zugrunde und gehen davon aus, dass folgen-
de Berufsbilder in der Einrichtung vorhanden sein müssen:
eine erfahrener Sozialpädagoge (Leitungserfahrung sowie Erfahrung im Bereich Jugend-
hilfe) als Leitung der Einrichtung
Therapeutisches Personal: eine Diplom PsychologIn/ psychologische PsychotherapeutIn/
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Pädagogisches Fachpersonal: Vorzugsweise SozialpädagogInnen/ SozialarbeiterInnen
(mit Erfahrung im Bereich psychischer Störungen und/ oder Erfahrung im Bereich Ju-
gendhilfe). Ggf. können auch Diplom Pädagogen sowie qualifizierte ErzieherInnen oder
HeilpädagogInnen zu einem multiprofessionellen pädagogischen Team gehören.
eine (bestenfalls pädagogisch-qualifizierte) Hauswirtschafterin
Reinigungspersonal/ Hausmeister
Verstärkt wird das Team durch qualifizierte Aushilfen und PraktikantInnen.
In regelmäßigen Abständen wird das Team beraten und supervidiert. Die Teilnahme an Ar-
beitsgruppen und regelmäßigen Fortbildungen sind obligatorisch.
Die intensive Betreuung umfasst 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche. In der Einrichtung
soll ein kontinuierlicher Basisdienst etabliert werden. Die gesamte Wohngruppe soll in der
Zeit von 6:30 Uhr bis 22:00 Uhr mit Fachpersonal besetzt sein. In der Nacht muss ein qualifi-
zierter Bereitschaftsdienst im Haus erreichbar sein. Zusätzlich soll eine Hintergrund-
Rufbereitschaft installiert werden. An den Wochenenden werden zusätzliche Angebote zur
individuellen Freizeitgestaltung oder Gruppenunternehmungen angeboten.
Qualitätssicherung
Die Träger der Einrichtung verpflichten sich ein Qualitätssicherungssystem zu implementie-
ren und dieses in Absprache mit Fachleuten der Jugendhilfe, psychiatri-
schen/psychotherapeutischen Fachleuten, Angehörigen und BewohnerInnen kontinuierlich
weiter zu entwickeln. Maßnahmen zur Partizipation der BewohnerInnen sowie ein Be-
schwerdemanagement sollen installiert werden. Eine wissenschaftliche Evaluation über die
Wirksamkeit der Maßnahmen wird angestrebt.
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Literatur
(1) Deutsches Ärzteblatt: Psychische Erkrankungen: Dramatische Zunahme – kein Konzept, Jg. 107 Heft 33, B1380
(2) Bühren et al (2008) Psychische Erkrankungen, Alle Fachgebiete sind gefordert. Deutsches Ärzteblatt 2008; 105(17), 764-767
(3) Rentenversicherung in Zeitreihen 2006. Daten des VDR, www.vdr.de
(4) Wittchen, H.U., Jacobi, F.: Die Versorgungssituation psychischer Störungen in Deutsch-land – Eine klinisch-epidemiologische Abschätzung anhand des Bundesgesundheitssurveys ‘98. Bundesgesundheitsblatt 2001; 44: 993–1000.
(5) Ihle, W. Esser G: Epidemiologie psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter: Prä-valenz, Verlauf, Komorbidität und Geschlechtsunterschiede. Psychologische Rundschau 2002; 53: 159–69.
(6) Petermann, F. (2000). Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie und Psychotherapie, Göt-tingen: Hogrefe.
(7) Vortrag von Prof. Dr. Silvia Schneider (Ruhr Universität Bochum) auf dem 6. Jahreskon-gress Psychotherapie 2010: Kindheit und Jugend - größter Risikofaktor. PTK-Newsletter 4,2010.
(8) Hölling, H. 31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Hamburg, 4.-7. März 2009. Aktuelle epidemiologische Ergebnisse zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Er-gebnisse aus KiGGS, Robert-Koch-Institut, Epidemiologie und GBE, Berlin
(9) Schlichte, G. (2006). Basiswissen: Betreutes Wohnen – Hilfen zur Alltagsbewältigung. Bonn. Psychiatrie-Verlag.
(10) Rutter, M. (1988). Studies of Psychosocial Risk: The Power of Longitudinal Data. Cam-bridge (UK): Cambridge University Press.
(11) Rettenbach, R. (2005). Die Psychotherapie-Prüfung. Kapitel 4: Psychische Störungen im Kindes und Jugendalter. Stuttgart: Schattauer.
(12) Rettenbach, R. (2005). Die Psychotherapie-Prüfung. Kapitel 2: Entstehung Aufrechterhal-tung und Verlauf psychischer Störungen. Stuttgart: Schattauer.
(13) Hiller et. al (2004). Lehrbuch der Psychotherapie. Bd. 1 Wissenschaftliche Grundlagen. Cip-Medien-Verlag.
(14) Hiller et. al (2003). Lehrbuch der Psychotherapie. Bd. 3 Verhaltenstherapie. Cip-Medien-Verlag.
(15) Hipp, M., Schatte, D., Altrogge, B. (2010). Multiinstitutionelles Kooperationsprojekt im Kreis Mettmann: Präventive Hilfen für psychisch Kranke Eltern und ihre Kinder. Praxis Kin-derpsychologie/ Kinderpsychiatrie 59, 716-730.
(16) http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/24274/ Artikel zur Untersuchung der Psy-chiaterin Miriam Bruns im Zentrum für Neurologie und Psychiatrie der Universität zu Köln: Junge psychisch Kranke, das Bild einer neuen Patientengeneration, 10/2003.
(17) Albers, M, Bruns, M.: Probleme der beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Men-schen - Ein einfaches Verfahren zur Erkennung von Personen mit erhöhtem Risiko für vor-zeitigen Abbruch einer Maßnahme Gesundheitswesen 2006; 68(11): 697-703
(18) Rutter, M., Brown, G.W. (1966). The reliability and validity of measures of family life and relationships in families containing a psychiatric patient. Social Psychiatry 1: 38-53.
(19) Schneewind, K.A. und Hermann, T. (Hrsg.) (1980). Erziehungsstilforschung. Theorien, Me-thoden und Anwendung der Psychologie elterlichen Erziehungsverhaltens. Bern: Huber.
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Anlage: Leitlinien und Möglichkeiten bzgl. der schulischen/beruflichen Rehabilitation
In der Einrichtung „Tipi“ soll regelmäßig ein Austausch über die beruflichen/schulischen Er-
fahrungen der KlientInnen sowie deren derzeitige gesundheitliche und private Situation statt-
finden. Ziel ist es, im Dialog Schritte und Möglichkeiten einer beruflichen Förderung zu erar-
beiten. Es wird angestrebt, die BewohnerInnen möglichst in normale Schulen/ Hochschulen
und/ oder Ausbildungsbetriebe sowie auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Alle hier
beschriebenen Maßnahmen sind immer im Hinblick auf die Entwicklungschancen des Ein-
zelnen zu betrachten. Die KlientInnen sollen die jeweils angemessene Förderung erhalten.
Darum handelt es sich nicht um die Einhaltung eines strikten Konzeptes sondern die Dar-
stellung möglicher Schritte. Menschen mit psychischen Störungen entwickeln selten lineare
Berufskarrieren. Aus diesem Grund bedeutet ein Schritt zurück auch kein Scheitern, son-
dern soll eine neue Reflexion der Situation und eine Anpassung des Tempos auslösen. Die
Würdigung der individuellen Fähigkeiten in Hinblick auf die Erlangung von Ausbildungsreife
oder beruflicher Entwicklung und seelischer Stabilisierung hat in Absprache mit den Betreu-
ern der Einrichtung, den Betroffenen und den LehrerInnen und MitarbeiterInnen der Bil-
dungsträger regelmäßig zu erfolgen. Insbesondere die Vorbereitung auf die Erstausbildung
ist ein individueller Prozess zwischen Schulabschluss und Eintritt in Ausbildung und Beruf,
der die Entwicklung beruflich relevanter Qualifikationen und Verhaltensstandards umfasst.
Arbeitsgrundfähigkeit, soziale Kompetenz und Lernkompetenz müssen trainiert werden, un-
ter Wahrnehmung der Angebote in der Region.
Berufliche Optionen können zum Beispiel sein:
Schule
Ausbildung
Hochschule
erster Arbeitsmarkt
Praktika
Zuverdienstmöglichkeiten
berufliche Rehabilitation
Eingliederung der Klienten in Beschäftigungsprojekte
geschützte Arbeitsbereiche in Werkstätten
Insoweit BewohnerInnen noch in schulischer Ausbildung sind oder schulische Ausbildung
zur Erlangung eines Abschlusses wünschenswert ist, arbeitet die Einrichtung eng mit den
Bildungsträgern zusammen.
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Sind Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation angezeigt, können nach erfolgter (Arbeits-)
Diagnostik und individueller Zielplanung je nach individueller Voraussetzung und dem indivi-
duellen Bedarf u.a. auch folgende Möglichkeiten durch kooperierende (Bildungs-)träger in
Anspruch genommen werden:
Maßnahmen für unter 25 jährige, SGB XII – Maßnahmen
Erprobung/Praktika in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes
Reha-Abklärung und Belastungserprobungen
Inanspruchnahme ergotherapeutische Leistungen
Die Eingliederung in Beschäftigungsprojekte/Integrationsfirmen kann als Mittel zur Erlangung
von Grundarbeitsfähigkeiten sinnvoll sein. Während des Aufbaus von Grundarbeitsfähigkei-
ten soll die Balance zwischen psychischer Stabilisierung und Arbeitsbelastung gehalten und
das Selbstvertrauen gestärkt werden. Dem Anleitungspersonal kommt hierbei eine besonde-
re Bedeutung zu. Durch die Möglichkeit, die Klientel in Beschäftigungsprojekte einzuglie-
dern, kann gewährleistet werden, dass dort Arbeitsplätze finden, die dem besonderen
Schutzbedürfnis von Menschen mit psychischen Erkrankungen entsprechen. Gleichzeitig
werden sie auf die Erfordernisse realer Produktions- und Arbeitsbedingungen vorbereitet.
In diesem Fall erfolgt erst im Anschluss an die Erlangung der Grundarbeitsfähigkeiten die
Planung weiterer Schritte (Erlangung von Schulabschlüssen, Berufliche Bildungsträger, Be-
rufliche Rehabilitationsmaßnahmen, Erstausbildung)
Erfahrungen der Träger:
Die Träger der Einrichtung verfügen über Erfahrungen im Bereich der beruflichen Bildung. In
Langenfeld besteht seit 2006 das Projekt F.A.M.E. (Für Alle Mit Erfolg) für junge Menschen
unter 25, die Arbeitslosengeld II beziehen. Die Maßnahme –mit derzeit 40 Teilnehmerplät-
zen- wird vom Verbund für psychosoziale Dienstleistungen in Kooperation mit Bildungsträ-
gern (Bildungszentrum Velbert e.V., Wirtschaftsschule Paykowsky) erfolgreich durchgeführt.
Die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit kann bei Bedarf mit Unterstützung des Integrati-
onsfachdienstes, der Arbeitsverwaltung und durch gute Kontakte der Träger der Einrichtung
zur regionalen Wirtschaft, zum Jobcenter ME- aktiv und zu den Bildungsträgern begleitet
werden.
Im Qualifizierungszentrum (Langenfeld) bieten wir seit 1999 berufliche Rehabilitation für
psychisch beeinträchtigte Menschen in Kooperation mit Betrieben des Ersten Arbeitsmark-
tes.
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Bei allen dargestellten Schritten der schulischen/beruflichen Eingliederung werden die Be-
troffenen von Bezugspersonen aus der Einrichtung beraten und begleitet. Motivationshemm-
nisse, problematische Verhaltensweisen und Defizite in der persönlichen Entwicklung wer-
den therapeutisch in Einzelgesprächen sowie in Gruppengesprächen bearbeitet. Unter Be-
rücksichtigung der gesundheitlichen, psychischen Verfassung soll die Arbeitswelt in einem
realistischen Milieu erfahren werden und ein Abgleich eigener Wünsche, Erwartungen und
Befürchtungen mit den individuellen Fähigkeiten erfolgen. Auch sozioemotionale Vorgänge
wie die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln oder für die Ergebnisse des
Teams können - neben den Anforderungen, die die Arbeit an sich an junge Menschen stellt -
in der Einrichtung speziell reflektiert, trainiert und erarbeitet werden.