Wie gute Ideen entstehen und umgesetzt werden
INNOVATION
T O U R I S M U S M A G A Z I N | A U S G A B E 0 3 / 1 3 | S O M M E R 2 0 1 3
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STICHWORTSAISON
STICHWORT
INNOVATION
„Vielleicht ist die Geschichte der Irrtümer der Menschheit doch nützlicher und interessanter als die ihrer Entdeckungen.“ Benjamin Franklin (1706–1790), amerikanischer Politiker und Erfi nder
„Alles Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben.“Theodor Fontane (1819–1898), deutscher Erzähler
„Bill Gates wäre in Deutschland allein deshalb gescheitert, weil nach der Baunutzungsordnung in einer Garage keine Fenster drin sein dürfen.“Jürgen Rüttgers (*1951), CDU-Politiker
AnekdotischesAm 14. Juli 1881 erschien in Berlin das „Buch der 96 Narren” – das erste Telefonbuch.
„Buch der 96 Narren” wurde es genannt, weil die meisten dachten, dass die ersten
96 deutschen Teilnehmer auf einen Schwindel aus Amerika hereingefallen waren:
das Telefon. Der Postminister bot jeder Stadt ein eigenes Fernsprechnetz an, wenn
sich wenigstens 40 Interessenten melden würden. In Köln waren es nur 36, die
Industrie- und Handelskammer bürgte für die fehlenden vier.
Erfolg durch ScheiternViele Innovationen entstanden durch Fehlschläge: So wie das Post-it,
das einem Erfi nder zu verdanken ist, der ursprünglich einen besonders
starken Superkleber entwickeln wollte. Wie man konstruktiv scheitert,
erklärt Kathryn Schulz in ihrem Buch „Richtig irren: Von falschen
Glaubenssätzen, Denkfehlern und der kreativen Kraft unserer Fehl-
barkeit“ (Riemann Verlag). Ihr Buch gilt als das Werk der „Wrongology“
schlechthin.
PREISGEKRÖNTES MARKETING
Der „Bergdoktor“ hat sich zum touristischen Botschafter Tirols entwickelt. Am Wilden Kaiser
weiß man das für sich zu nutzen. Zwischen der Region und „ihrem“ TV-Star Hans Sigl wurde
eine Kooperation geboren, die nun Jahr für Jahr ausgebaut wird. Die Bergdoktorwochen
wurden nun mit dem Tirol Touristica in der Kategorie Marketing und Vertrieb ausgezeichnet.
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INNOVATION, DIE
Von lat. Innovare = erneuern.
Im heutigen Sprachgebrauch versteht
man unter Innovationen neue Ideen oder
Erfi ndungen, die wirtschaftlich
genutzt werden.
4 SAISON
EDITORIAL
Eine gute Idee reicht nicht aus, wenn man nichts mit ihr unternimmt. Unterneh-mer, sozusagen die Ideen-manager, nicht die Erfi nder verändern die Welt.
Wer den Markt erkennt, prompt bedient, die Verbes-serungen fl ießend weiter entwickelt, lukriert am Ende entscheidende Wettbewerbs-vorteile.
Innovatives Destinations-management ist geprägt von Menschen, die viele Einzelleistungen zu einer ge-lungenen Ensemblewirkung zusammenführen können.
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Wenn der Markt „Hurra“ schreit
W irtschaftlicher Erfolg hängt in ho-
hem Maße von Innovationsfähig-
keit ab. Doch Innovationen sind
eine heikle Sache. Die Unternehmer brauchen sie, die
Kunden wollen sie, denn das Neue zieht sie an. Bloß
reicht eine gute Idee nicht aus, wenn man nichts mit ihr
unternimmt. Unternehmer, sozusagen die Ideenmana-
ger, nicht die Erfi nder verändern die Welt. Gemessen am
anhaltenden Erfolg des Tourismuslandes Tirol versteht
es die Branche o� ensichtlich meisterhaft, unternehme-
rische Potenziale kreativ aufzuspüren, aber auch konse-
quent umzusetzen. Ganz nach dem Motto: Erfolgreich
ist, wem es gelingt, gute Ideen sowie eigene Disziplin und
gute Planung perfekt zu verschmelzen. In diesem Sinne
waren und sind Tirols Touristiker seit Jahrzehnten auch
Innovationsvorreiter, die im Kontext ihrer Tradition den
Blick für Trends und Technologien beweisen, um immer
neue anziehende, überraschende und gut komponierte
Angebote mit viel G‘spür für den Gast zu kreieren. Denn
erst wenn der Markt „Hurra“ schreit und kauft, dann sind
innovative Produkte tatsächlich angekommen.
Wirtschaftlicher Erfolg. Wie aber lässt sich In-
novation managen, wie gelingt es ein Innovationsklima
zu scha� en und zu pfl egen? Keine leichte Frage, wenn
man weiß, wie schwer sich alle mit diesem Thema tun.
Laut neuesten Untersuchungen, für die der Innovations-
Experte Robert Cooper, Unternehmen quer durch alle
Branchen analysierte, wird nur eines von vier Entwick-
lungsprojekten zu einem wirtschaftlichen Erfolg. Die
wichtigsten Eigenschaften eines Innovators, so sind
sich Fachleute einig, sei zu hören und zu sehen, was die
Leute brauchen. Gutes Verständnis und soziales Talent
gepaart mit strategischem Unternehmergeist sind dem-
nach wichtiger für den Erfolg einer Neuerung als ihre
technische Tiefe oder Perfektion.
In der Realität bedeutet das oft vermeintlich Ein-
faches. Es kann heißen: Alltägliche Herausforderungen
analysieren, Verbesserungspotenziale erkennen und
auf dieser Basis Schritt für Schritt ein unschlagbares
Produkt entwickeln. Die Wirtschaftgeschichte ist voll
von Innovationshits, die so entstanden. Ein Beleg mag
die Geschichte von Je� Bezos sein, dem Gründer des
erfolgreichsten eCommerce-Unternehmens der Welt:
Amazon. Er beobachtete im Jahr 1994/1995 den Inter-
net-Markt und stellte sich die konkrete Frage, welche
20 Produkte sich am besten über das World Wide Web
verkaufen ließen? Seine Analyse: Bücher wären ideal für
einen Online-Shop, einfach deshalb, weil es sehr viele
Bücher gibt – umgekehrt bislang aber kein Buchladen
existierte, der alle Bücher führte statt bloß eine Auswahl.
Derartige Erfolgsgeschichten, die auf sensibles
Beobachten des Umfelds basieren, kennt auch der Ti-
roler Tourismus. Wanderer, die sich am Bächlein laben,
ihre Füße ins Wasser strecken, relaxen, und spielende
Kinder legten in Söll vor über zehn Jahren nahe, dass sich
Berg und Wasser zu einer nachgefragten Inszenierung
verschmelzen ließen. Das „Hexenwasser“ war geboren
und viele höchst erfolgreiche Erlebniswelten am Berg
bestätigten diese pionierhafte Erfolgsidee nachhaltig.
Diese gelungenen Unternehmerleistungen bekräftigen
zudem: Wer den Markt erkennt, prompt bedient, die
Verbesserungen fl ießend weiter entwickelt, lukriert am
Ende entscheidende Wettbewerbsvorteile.
Das Einzelne prägt das Bild. Abseits von betrieb-
lichen Einzelleistungen stellt sich das Thema „Innovation
im Tourismus“ noch komplexer dar, als auf den ersten
Blick erfassbar. Die Erklärung ist einfach. Wer ein Land
bereist, erfährt es immer auch als Gesamtkunstwerk. Das
Einzelne prägt das Bild des Ganzen. Deshalb ist innova-
tives Destinationsmanagement geprägt von Menschen,
die viele Einzelleistungen zu einer gelungenen Ensemble-
wirkung zusammenführen können. Die Qualität eines
stimmigen Gesamterlebnisses zu scha� en, Kontraste an-
sprechend zu gestalten, die Beständigkeit des Tradierten
mit aufregendem Neuen zu verbinden – darin liegt ein
Erfolgsgeheimnis gerade auch für unser Tourismusland.
Tirol ist auch auf dieser Ebene reich an Erfolgs-
geschichten, die unseren aktuellen gemeinsamen Wohl-
stand begründen. Es gilt den Wert dieses Innovationskli-
mas nicht nur zu erkennen und zu bewahren, sondern
auch künftig in allen Bereichen intensiv und mit aller Kraft
zu fördern. ×
EDITORIAL
J O S EF M A R G R EI T ER , D I R EK TO R T I R O L W ER B U N G
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ADVENTURE TRAVEL
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„HALBWEGS VERGNÜGTER
BLICK ZURÜCK“
DIE ÜBERLEBENSSTRATEGIE 20
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DER AKTIVE GENIESSER
SAISON
INHALT
IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 3/2013 (65. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20
HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Ste� en Arora, Mag. Florian Gasser, Mag. Nina Heizer-Walch, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Emanuel Kaser, Franz Oss • GRAFIK: Marco Lösch • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, [email protected] ANSCHRIFT VERLAG: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -2820, [email protected] • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten. Die Informationen zur O� enlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL www.zielgruppenverlag.at/Impressum abgerufen werden.
8Von der Idee zur InnovationInnovationen sind keine zufälligen Entdeckungen, sondern können bewusst gefördert werden.
10Tirol Touristica 2013Die Preisträger des dies-jährigen Wettbewerbs
14„Halbwegs vergnügter Blick zurück“Andreas Braun: Preisträger des Tirol Touristica in der Kategorie Lebenswerk
18 Auf Umwegen zum ErfolgScheitern gilt als Tabu – zu Unrecht.
20Die ÜberlebensstrategieTirol muss sich noch inno-vativer positionieren.
24„Der verschärfte Wett-bewerb tri� t alle“Wettbewerbsstratege Ralph Scheuss im Interview
27
„Eine gute Theorie hat der Praxis noch nie geschadet“Tourismusforschung wird in der Branche oft nur auf den Begri� „Marktforschung” reduziert.
MAGAZIN
32Das Rad muss nicht neu erfunden werdenKongress über die Zukunft des Wellness-Tourismus
34 Der aktive GenießerReisemarkt Belgien im Porträt
36Virtueller Concierge auf BestellungDas rund um die Uhr erreichbare tele-fonische Butler-Service Henry Phone
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38Was Kinder im Urlaub wollenDie Tiroler Familiennester feiern heuer ihr 15-jähriges Bestehen.
41 Facebook für HotelsNadine Tschiderers Worldhotelbook
42 Adventure Travel 50 Jahre Alpinschule Innsbruck
44Mit Luft und LeichtigkeitDie Innsbrucker Promenaden-konzerte von 3. bis 28. Juli
46Nach unten sehenDas Museum in Kitzbühel zeigt Dächer und Dachlandschaften.
49 Kommentare
50 Nachgefragt
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„EINE GUTE THEORIE HAT DER PRAXIS NOCH
NIE GESCHADET“
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NACH UNTEN SEHEN
THEMA: INNOVATION
Von der Idee zur InnovationInnovationen sind keine zufälligen Entdeckungen, sondern können bewusst gefördert werden. Vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen und gewisse Hemmnisse werden überwunden.
VON SYLVIA AINETTER
Motivation. Damit Innovationen überhaupt entstehen können, brauchen die kreativen Köpfe in den Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen – und vor allem auch die Motivation, innovativ zu sein.
9 SAISON
INNOVATION
B evor Alexander Fleming in
seinen wohlverdienten Ur-
laub fuhr, räumte er sein La-
bor auf. Nur eine Petrischale
mit Bakterien vergaß er auf seinem Schreib-
tisch. Als er nach drei Wochen zurückkam,
überwucherte ein Pilz die Petrischale – von
den Bakterien fehlte jede Spur. Beim Pilz
handelte es sich um Penicillium notatum.
Die Weichen für die Entwicklung des Anti-
biotikums waren gestellt.
Andere Erfi ndungen gehen eben-
falls auf Zufälle bzw. „Unfälle“ zurück: Der
Physiker Wilhelm Conrad Röntgen ent-
deckte die nach ihm benannten Strahlen
nur, weil in seinem unordentlichen Büro
herumliegende, fl uoreszierende Kristalle
zu leuchten begannen, während er mit
Gasentladungs-Röhren experimentierte.
Und die Anti-Baby-Pille sollte ursprünglich
ein Medikament gegen Arthritis werden.
„Der Zufall begünstigt nur einen vor-
bereiteten Geist“, sagte einst der Chemiker
Louis Pasteur – und brachte damit das We-
sen von Innovationen auf den Punkt: Die
Idee kann spontan, zufällig entstehen. De-
ren Umsetzung erfordert jedoch Struktur
und Planung. Voraussetzung für geglückte
Erfi ndungen ist ein schlauer Kopf, der das
Innovations-Potenzial einer neuen Idee
erkennt und auch das Know-how und die
Disziplin hat, um sie umzusetzen.
„Kreative Menschen gehen mit of-
fenen Augen durch die Welt und hinter-
fragen vieles. Wenn sie einen Mangel im
bestehenden Angebot entdecken, denken
sie sich ein neues Produkt aus. So entsteht
Innovation“, erklärt Dr. Johann Füller, Pro-
fessor für Innovation and Entrepreneurship
an der Universität Innsbruck und Vorstand
der HYVE AG.
Richtige Rahmenbedingungen. In der Wirtschaft sind Innovationen ein
großes Thema. Sie gelten als Wirtschafts-
motor, als unverzichtbar für den Fortschritt
und als probates Mittel zur Standortsiche-
rung. Größere Unternehmen haben eine
eigene Entwicklungsabteilung, die dafür
zuständig ist, innovative Produkte und Lö-
sungen zu erfi nden. „F&E“, „Forschung und
Entwicklung“, sollen die Zukunft sichern.
(Siehe auch Beitrag auf Seite 27.)
Doch ist Innovation deswegen nur
ein Thema für große Betriebe, die eigene
Mitarbeiter dafür abstellen können? „Nein,
viele Innovationen kommen aus kleinen
und mittelständischen Unternehmen“, sagt
Füller. Das liege auch daran, dass gerade
Eigentümer und Gründer, die einen starken
persönlichen Bezug zu ihrem Unterneh-
men haben, besonders großes Interesse
daran haben, sich ständig zu verbessern
und erneuern. „In großen Unternehmen
ist es wesentlich schwieriger, innovativ zu
sein. Hier braucht man bestimmte Pro-
zesse, die Innovation steuern“, erklärt der
Wirtschaftswissenschaftler.
Damit Innovationen überhaupt
entstehen können, brauchen die kreativen
Köpfe in den Unternehmen die richtigen
Rahmenbedingungen – und vor allem auch
die Motivation, innovativ zu sein. Eine Stu-
die der Tiroler Wirtschaftskammer aus dem
Jahr 2012 zeigt, was innovative bzw. hoch-
innovative Unternehmen anders machen.
Als „hochinnovativ“ gelten Unternehmen,
die mindestens 40 Prozent ihres Umsatzes
aus Produkten erzielen, die jünger als drei
Jahre sind. Die Ergebnisse: Hochinnovative
Unternehmen scheuen die Investitionen
nicht: 15 Prozent ihres Umsatzes fl ießen in
die Entwicklung und Forschung. Sie haben
außerdem den Innovationsprozess in der
Unternehmensstrategie verankert und mo-
tivieren ihre Mitarbeiter aktiv, kreative Pro-
blemlösungen zu fi nden. Bei der Entwick-
lung neuer Produkte setzen hochinnovative
Unternehmen auf die Unterstützung von
wissenschaftlichen Einrichtungen, Beratern
und Clustern. Kundenorientierung spielt
eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung
neuer Produkte. Doch hochinnovative Un-
ternehmen lassen sich nicht ausschließlich
von Kundenwünschen leiten.
Unternehmenskultur. „Ob Innova-
tionen entstehen können, hängt sehr von
der Unternehmenskultur ab“, befi ndet
auch Füller. Damit sich Mitarbeiter über-
haupt Gedanken über neue Produkte,
Verbesserung bestehender Produkte und
Arbeitsabläufe machen können, benötigen
sie ausreichend Zeit und kreativen Frei-
raum. „Dazu kommt noch, dass passende
Räumlichkeiten und je nach Branche auch
Maschinen, Werkzeuge, und so weiter zur
Verfügung stehen müssen“, erklärt Füller.
Für die Realisierung der Ideen braucht es
eine ausführliche Planung und eine struk-
turierte Umsetzung. Dieser Aufwand lohnt
sich im Idealfall: Innovationen verscha� en
Unternehmen Wettbewerbsvorteile, hö-
here Einkünfte und eventuell sogar eine
Monopolstellung. „Das ist aber nur die Un-
ternehmerseite. Doch Innovation ist kein
Selbstzweck“, sagt Füller, „der Konsument
muss profi tieren, denn er lässt sich nur auf
ein neues Produkt ein, wenn er einen Vor-
teil davon hat.“
Verständlich: Jedes neue Produkt
bedeutet eine Umstellung und kurzfristig
einen erhöhten Aufwand für den Konsu-
menten. Der Nutzer muss sich mit der
Funktionsweise beschäftigen und lernen,
wie das neue Handy oder die neue Ka� ee-
maschine funktioniert.
Zeit und Geld. Bringt ein Unterneh-
men keine neuen Produkte hervor, hat
das unterschiedliche Gründe. Als die
größten Innovationshemmnisse gelten
mangelnde Zeit und fehlendes Budget.
Mitarbeiter, die ihr Arbeitspensum kaum
bewältigen können, sind nicht innovativ.
Auch fehlende (technische) Infrastruktur
verhindert so manches neue Produkt.
„Viele Unternehmen sind auch schlicht
und einfach zu bequem“, sagt Füller,
„außerdem ist eine Neuerung auch im-
mer ein Risiko und erfordert Mut.“ Wei-
terer Hemmschuh: ein bereits erreichter
großer Erfolg. Wer ein gut eingeführtes
Produkt am Markt hat, sieht häufi g zu
wenig Anreiz, sich um etwas Neues zu
bemühen.
Gesamtgesellschaftlich gesehen,
sind Innovationen die einzige Möglich-
keit, um die bevorstehenden sozialen
Veränderungen zu bewältigen. Johann
Füller: „Wir stehen vor großen Aufgaben:
Überalterung, Ressourcenknappheit, Na-
turkatastrophen, mangelnder Wohnraum,
eine Explosion der Gesundheitskosten etc.
Diese Probleme können wir nur mithilfe
von Innovationen lösen.“ ×
„Nicht jede Neuerung verdient den Namen ,Innovation’! Eine Innovation ist stets auch wirtschaftlich nutzbar.“ DR. JOHANN FÜLLER, PROFESSOR FÜR INNOVATION AND ENTREPRENEURSHIP
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10 SAISON
INNOVATION
Tirol Touristica 2013Auch heuer wurden wieder herausragende touristische Projekte im Herzen der Alpen mit dem Tirol Touristica ausgezeichnet. Einmal mehr wird Tirol dabei seiner Vorreiterrolle im Tourismus gerecht, wie ein Blick auf die vier Siegerprojekte zeigt.
VON STEFFEN ARORA
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D rei Regionen, zwei Länder,
ein Fluss. Auf gut 125 Kilo-
metern führt der Lechweg
vom Formarinsee, der in der Nähe von
Lech am Arlberg, also in Vorarlberg, liegt,
über Warth in die Tiroler Naturparkregi-
on Lechtal-Reutte bis hinaus ins Allgäu,
wo der Weg beim Lechfall in Füssen,
Deutschland, endet. Doch der einzigar-
tige Wanderweg besticht durch mehr als
seine schiere Größe. In enger Zusammen-
arbeit haben die am Projekt beteiligten
Tourismusregionen ein umfangreiches
und spannendes Angebot erarbeitet, das
den Besuchern die Natur sowie Land und
Leute näherbringt.
Begonnen hat die Erfolgsgeschich-
te Lechweg im Jahr 2008, als der TVB
Lechtal, die Naturparkregion Reutte und
der Naturpark Tiroler Lech eine Arbeits-
gemeinschaft bildeten, um zusammen
ein touristisches Konzept für die einmalige
Wildfl usslandschaft zu entwickeln. Es galt,
die sensible Naturlandschaft für Gäste zu
erschließen, ohne dabei dem empfi nd-
lichen Ökosystem Schaden zuzufügen.
Bald konnten auch die Nachbarregionen
in Vorarlberg und im Allgäu ins Boot geholt
werden. Das Ergebnis des gemeinsamen
Prozesses war ein völlig neuer Zugang zum
Thema Wandern sowie Weitwandern, der
neben dem Naturerlebnis auch kulturellen
Mehrwert bietet.
Für den Wandergast. Die Zielgrup-
pe, die der Lechweg anspricht, ist der ty-
pische Wandergast. Topographisch eignet
sich der Lech ideal dafür, weil er leichtes,
moderates Wandererlebnis inmitten einer
außergewöhnlichen alpinen Naturland-
schaft bietet. Entlang des Lechweges
erwarten den Gast unzählige interessante
Stationen, die ihm Fauna, Flora und Kultur
der Region näherbringen. Auf eine auf-
wändige Inszenierung der Flusslandschaft
wurde bewusst verzichtet, da diese für
sich selbst spricht und keiner Inszenierung
bedarf. Das Angebot für den Wandergast
umfasst mehrtägige Weitwanderungen,
die auf Wunsch auch mit Gepäcktransport
zum jeweils nächsten Ziel buchbar sind,
bis hin zur klassischen Standortwande-
rung ausgehend vom Hotel. Zu Zweiterem
werden 2013 in den Tallagen des Natur-
parkgebietes weitere Rundwanderwege,
sogenannte Lechschleifen, als Halb- oder
Ganztagestouren entwickelt, die ab 2014
in den Markt eingeführt werden.
Vorbildfunktion. Mit dem einzig-
artigen Konzept sorgt der Lechweg, der
im Rahmen eines EU-kofi nanzierten
Interreg-Projekts entwickelt wurde, seit
seiner Erö� nung im Juli 2012 europaweit
für Furore und dient auch als Vorbild. So
wurde in enger Zusammenarbeit mit der
Europäischen Wandervereinigung ein Zer-
tifi zierungsverfahren ausgearbeitet, das
europaweit sowohl für Küsten- als auch
Mittelgebirgs- und Hochgebirgswege zur
Anwendung kommen soll. Dieses Modell
des „Leading Quality Trail – Best of Europe“
stieß in der Fachwelt auf großes Interesse.
Nach nur einer Saison kann der
Lechweg bereits erste messbare Erfolge
für sich verbuchen. So waren 2012 rund
2.700 Gäste auf der 125 Kilometer lan-
gen Wanderroute unterwegs. Der TVB
Naturparkregion Reutte konnte schon im
ersten Jahr seine Nächtigungszahlen um
7,8 Prozent steigern. Für dieses innovative
und zukunftsweisende Konzept erhält der
Lechweg den Tirol Touristica in der Kate-
gorie Angebotsentwicklung.
Kategorie: AngebotsentwicklungSIEGER: DER LECHWEG
Erfolgsmodell. Mit seinem einzigartigen Konzept sorgt der Lechweg europaweit für Furore.
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Kategorie: Marketing und VertriebSIEGER: DIE BERGDOKTORREGION UND DIE BERGDOKTORWOCHEN WILDER KAISER
B ergdoktor Martin Gruber, alias
Schauspieler Hans Sigl, bringt
die Schönheit der Urlaubsregion
Wilder Kaiser in mehr als sechs Millionen
Haushalte. Die erfolgreiche TV-Serie hat
sich zum touristischen Botschafter Tirols
entwickelt. Am Wilden Kaiser weiß man
das zu schätzen und für sich zu nutzen.
Zwischen der Region und „ihrem“ TV-Star
wurde eine für beide Seiten befruchtende
Kooperation geboren, die nun Jahr für Jahr
ausgebaut wird.
Die einzigartige Kulisse des Wilden
Kaisers, die Dorfi dylle Ellmaus und das
urige Bergdoktorhaus begeistern Fans
nicht nur in Deutschland. Die Erfolgsserie
des ZDF hat weltweit in Ländern wie Dä-
nemark, Kroatien und sogar in den USA, in
Namibia, Indien und China eine treue und
große Fangemeinde. Seit 1992 ordiniert der
Bergdoktor – damals noch von Darsteller
Gerhart Lippert gespielt – in den Tiroler
Bergen. 2008, als Sigl die Rolle übernahm,
wurde aus dem fi ktiven Bergdoktordorf
Sonnenstein der reale Ort Ellmau. Seither
ist die Serie ganz o� ensichtlich mit der
Gemeinde und der Region verbunden.
Scharen von Fans pilgern nun alljährlich in
die Region, um die Originalschauplätze zu
besuchen.
Potenzial erkannt. Beim TVB Wilder
Kaiser erkannte man schnell das Potenzial
dieses Kults rund um den Bergdoktor. Man
schuf daher die Initiativen „Bergdoktor-
region“ und „Bergdoktorwochen“ in der
Region Wilder Kaiser. Schauspieler Hans
Sigl wurde zum Testimonial der Urlaubs-
region.
Dank seiner umgänglichen Art be-
geistert der Mime die Fans und auch die
Einheimischen. Mittlerweile stellt er die
touristischen Attraktionen der Region in
verschiedenen Kurzfi lmen vor, lädt zum
Nachkochen von Kaiserschmarrn und
anderen Spezialitäten ein und nimmt die
Zuschauer mit zum Skifahren, Bergwan-
dern oder zu Mountainbike-Touren in der
faszinierenden Bergwelt des Wilden Kai-
sers. Im Rahmen der Marketingkooperati-
on wirbt er in Broschüren und auf Plakaten
für Sommer- sowie Winterurlaub in Ellmau,
Going, Sche� au und Söll. Und vor allem
während der „Bergdoktorwochen“ des
Tourismusverbandes ist Sigl der große Star
zum Anfassen. Das kommt bei den Fans
gut an, allein bei den Bergdoktor-Fantagen
am Hartkaiser in Ellmau verzeichnete man
zuletzt mehr als 500 begeisterte Fans.
Ganzjährige Attraktionen. Besu-
chern der Region stehen ganzjährig Berg-
doktor-Attraktionen zur Verfügung: Im
Ellmauer Ortsteil Faistenbichl kann man
das originale Bergdoktorhaus besichtigen,
das zum Sinnbild der Serie und der Region
wurde. Und im Ortskern sind mit dem fi k-
tiven Gasthof Wilder Kaiser, der Apotheke
und dem Polizeiwachzimmer permanente
Requisiten erhalten. Für Ortsunkundige
bisweilen verwirrend, denn es gibt in
Wahrheit keine Apotheke und kein Wach-
zimmer im Dorf. Eine eigene Broschüre
für Gäste, in denen die bekanntesten
Drehorte in der Region aufgelistet sind,
führt vom pittoresken Hintersteinersee
über den Gasthof Föhrenhof bis nach
Söll, wo der Köpfi nghof, das Elternhaus
„Gruberhof“ des Bergdoktors, steht. Aus
touristischer Sicht ist die Marketingkoope-
ration mit dem Bergdoktor ein Konzept,
dessen Erfolg auch TVB-Geschäftsführer
Lukas Krösslhuber überrascht: „Es ist un-
glaublich, wie viele Leute kommen. Aber
für uns als Bergdoktorregion ist das ein
großer Schritt nach vorne.“
Von 7. bis 14. September 2013
steht wieder die Bergdoktorwoche am
Programm, die sich an Gäste und auch
Einheimische richtet. Von Radtouren
über geführte Wanderungen bis hin zur
Bergdoktor-Schnitzeljagd stehen zahlrei-
che Highlights am Programm. Die ideale
Gelegenheit, sich selbst davon zu über-
zeugen, warum der Tirol Touristica in der
Kategorie Marketing und Vertrieb an die
Bergdoktorregion Wilder Kaiser geht.
Kooperativ. Der Bergdoktor als touristischer Botschafter – der TVB Wilder Kaiser hat das Potenzial um die Kult-TV-Serie mit Hans Sigl erkannt.
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Reinigungen,
Reparaturen,
Montage von
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w w w. s c h a n k a n l a g e n s e r v i c e . a t
D er Preis in der Kategorie Infra-
struktur geht heuer an ein be-
sonders innovatives Projekt der
Naturpark- und Gletscherregion Kaunertal,
die den hochalpinen Bereich für Menschen
mit Behinderung zugänglich macht. Das
Motto dahinter laut Florian van der Bellen,
der als Bereichsleiter für das Projekt ver-
antwortlich zeichnet: „Barrierefreier Urlaub
ohne Wenn und Aber“ vom Naturparkhaus
Kaunergrat bis zum Kaunertaler Gletscher.
Rollstuhlfahrer, Menschen mit Gehbehin-
derung, Familien mit Kinderwägen oder alte
und gebrechliche Gäste – ihre Bedürfnisse
werden im Kaunertal mitbedacht.
Anfänge in der 70ern. Der Ursprung
dieser Idee geht im Kaunertal bis auf die
späten 1970er-Jahre zurück, erklärt van der
Bellen: „Alles begann mit der Erö� nung des
Gletscherskigebietes. Durch die gute Er-
reichbarkeit mit dem Auto – der Parkplatz
liegt auf 2.700 Metern direkt beim Start der
Lifte – wurden sportliche Monoskifahrer
auf die Region aufmerksam.“ Und auch das
Gletscherrestaurant wurde barrierefrei ge-
baut, was einen Glücksfall hinsichtlich die-
ser Gästeschicht bedeutete und die Region
zum barrierefreien Nischenmarkt werden
ließ. Van der Bellen nennt diese Entwick-
lung einen Glücksfall für die Region: „Man
muss sagen, die Zielgruppe hat uns zuerst
gefunden. Jetzt versuchen wir im Gegen-
zug, den Bedürfnissen dieser Zielgruppe
bestmöglich gerecht zu werden.“
So wurde im Kaunertal von Hotelier
Charly Hafele das erste Rolli-Hotel der
Alpen, das Sporthotel Weissseespitze, er-
richtet. Mittlerweile wurde als preisgünstige
Alternative zum 4-Sterne-Haus mit dem
Haus Renate von Familie Penz ein weiteres
Angebot für Rollstuhlfahrer gescha� en.
Immer mehr Betriebe wie etwa das Haus
Bergfrieden rüsten um und machen ihre
Häuser rollstuhltauglich.
Insgesamt betragen die Nächtigun-
gen von Rollstuhlfahrern oder gehbehin-
derten Menschen bereits 10 bis 12 Prozent
der Gesamtnächtigungen, Tendenz stark
steigend. „Man muss dazu bedenken“, er-
klärt van der Bellen, „dass Rollstuhlfahrer
selten alleine auf Urlaub kommen, sondern
oft die Familie oder Freunde mitbringen.
Wir haben auch immer öfter Gruppen wie
etwa Firmen, die sich für unsere Region
entscheiden, weil ein oder mehrere Mit-
glieder im Rollstuhl sitzen.“ So betrachtet,
liege daher der Anteil an den Gesamtnäch-
tigungen sogar bei rund 20 bis 30 Prozent.
Hochalpines Terrain erleben. Ne-
ben den Beherbergungsbetrieben wurde
und wird die touristische Infrastruktur bar-
rierefrei gestaltet: So ist das Naturparkhaus
Kaunergrat bereits barrierefrei gebaut wor-
den und bietet Gästen mit Behinderung die
einmalige Möglichkeit, hochalpines Terrain
zu erleben. Mittels Holzstegen wurde das
Hochmoor zugänglich gemacht und das
Gletscherskigebiet ist mittels Schleppliften
– die für Monoskifahrer ideal sind – und
entsprechenden Einstiegshilfen (stufen-
loser Zutritt zur Karlesjoch-Gondelbahn,
stufenfreier Ausstieg am Gipfel und Rampe
zum „Dreiländerblick“ auf 3.108 m) bei den
Gondelbahnen ohnehin seit jeher rolli-
freundlich.
Auf Anfrage stehen zudem Nie-
derfl urbusse für Gruppen zur Verfügung.
Ö� entliche Einrichtungen wie das Infor-
mationsbüro des TVB oder das Kaunertaler
Hallenbad sind ebenfalls barrierefrei zu-
gänglich. Und selbst das Lebensmittelge-
schäft, die Sportgeschäfte und die Skischu-
len im Kaunertal sowie auf dem Gletscher,
ja sogar die Wallfahrtskirche Kaltenbrunn
lassen sich barrierefrei erreichen.
Für die Zukunft plant man im Kau-
nertal, das barrierefreie Angebot sukzes-
sive auszubauen, bestätigt Bereichsleiter
Florian van der Bellen: „Wir arbeiten
derzeit daran, die Verpeilschlucht mittels
Stegen und Plattformen für Rollstuhlfah-
rer zu erschließen. Zudem ist geplant, eine
Aussichtsplattform auf der rund 60 Meter
hohen Seitwand zu errichten, die ebenfalls
barrierefrei zugänglich sein soll.“ So sehr
man den Tirol Touristica als Auszeichnung
für das bisher Erreichte sieht, so wenig will
man sich auf diesen Lorbeeren im Kaunertal
ausruhen und arbeitet weiter am Ausbau
des Angebots.
Kategorie: Infrastruktur und BautenSIEGER: ENSEMBLE BARRIEREFREIE NATURPARK- UND GLETSCHERREGION KAUNERTAL
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Seit 20 Jahren. Der Ski-Weltcup in Sölden ist der symbolische Auftakt zur Wintersaison.
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Engagiert. Das Kaunertal ist Vorreiter in Sachen
Barrierefreiheit.
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Service,
Reinigungen,
Reparaturen,
Montage von
Getränkeaus-
schankanlagen
GmbHH o t l i n e : 0 6 6 4 / 2 1 4 3 9 6 5 | Te l e f o n : 0 5 2 8 2 / 5 1 0 2 5 | A - 6 2 8 4 R a m s a u i . Z . 1 6 8
w w w. s c h a n k a n l a g e n s e r v i c e . a t
Kategorie: Events und
Großveranstaltungen
SIEGER: FIS SKI-WELTCUP-AUFTAKT SÖLDEN
Im Oktober 1993, also vor genau 20
Jahren, fand am Rettenbachferner
in Sölden erstmals ein Skiweltcup-
Rennen statt. Dieses Rennen zum Saison-
auftakt wurde zur Tradition und fi ndet seit-
her alljährlich statt. Mittlerweile gilt Sölden
als Synonym für den Beginn der Winter-
saison. Zehntausende Fans vor Ort und
Millionen vor den Bildschirmen verfolgen
Jahr für Jahr die ersten Ski-Weltcuprennen
im Ötztal. Somit sind die ersten Winterim-
pressionen, die in Millionen Haushalte in
den Zielmärkten gesehen werden, Bilder
aus dem frühwinterlichen Tirol.
Auftakt der Wintersaison. Im Lauf
der Jahrzehnte wurde dieser Event stetig
verbessert und ausgebaut. Es gilt schließ-
lich Tausende Fans zu beherbergen,
Hunderte internationale Medienvertreter
zufriedenzustellen und nicht zuletzt per-
fekte Bedingungen für die Athleten und
ihre Betreuer zu scha� en. All das gelingt
den Gastgebern in Sölden seit 20 Jahren
alljährlich perfekt. Wie sonst hätte dieser
Event Kultcharakter erlangen können?
Dank des Engagements von Jack Falkner
und des touristischen Know-hows des TVB
Ötztal zählt der FIS Ski-Weltcup-Auftakt zu
den absoluten Topereignissen im Tiroler
Bergwinter. Mehr noch, er ist zugleich der
symbolische Auftakt der Wintersaison.
Nicht nur die Tourismusbranche, auch der
Sporthandel sowie der Ski-Weltcupzirkus
nutzen Sölden als Auftaktevents.
Wichtigstes Urlaubsmotiv. Ski-
fahren ist nach wie vor das wichtigste
Urlaubsmotiv der Gäste im „Herz der
Alpen“. Daher ist es naheliegend, den tou-
ristischen Saisonauftakt mit dem sportli-
chen zu kombinieren. Die seit nunmehr
20 Jahren bestehende Zusammenarbeit
zwischen Sölden und dem ÖSV zum all-
jährlichen Weltcupauftakt zeigt, wie man
beides auf ideale Weise verbinden kann.
Der materielle und vor allem auch perso-
nelle Aufwand ist unwahrscheinlich groß
und alle geben ihr Bestmögliches, um die
Faszination Skisport in die Welt hinaus-
zutragen. Der Erfolg bestätigt, dass sich
dieser Einsatz lohnt. Die Auszeichnung mit
dem Tirol Touristica unterstreicht dies und
dient zugleich als Anerkennung für den
Pioniergeist, den Sölden hier vor zwei
Jahrzehnten an den Tag gelegt hat. ×
15 SaiSON
INNOVATION
„Halbwegs vergnügter Blick zurück” Der Tirol Touristica 2013 für das touristische Lebenswerk geht an Andreas Braun, den langjährigen Direktor der Tirol Werbung und Miterfi nder der Swarovski Kristallwelten. Ein Gespräch über Herkulesaufgaben, belebenden Dilettantismus und den Fluch und Segen von Klischees.
DAS INTERVIEW FÜHRTE MATTHIAS KRAPF.
SAISON: Herr Braun, ein Preis fürs Lebens-werk – was löst das bei Ihnen aus? aNdreaS
BraUN: Ganz banal die Freude, dass ich es
erleben kann. Und dann löst so ein Preis
trotz aller Unzufriedenheit, die in mir wohnt, Genug-
tuung aus, dass man eine gewisse resonanz erzielen
und einen Beitrag leisten konnte. diese auszeichnung
lässt mich innehalten mit einem absolut nicht selbst-
zufriedenen, aber halbwegs vergnügten Blick zurück.
Manche experimente sind in die hose gegangen, einige
aber auch geglückt.
Wann hat Ihr touristisches Lebenswerk begonnen?
tourismus ist eine biographische Konstante. Meine
Mutter war Bilanzbuchhalterin in tourismusbetrieben.
ich habe mir mein Studium als gebürtiger Kitzbüheler
mit touristischer arbeit fi nanziert.
Vor Ihrer Zeit bei der Tirol Werbung haben Sie dann aber doch in Windeseile die ersten Stufen der Kar-riere in der Landesverwaltung genommen. Welcher Weg führt vom Verfassungs- und Verwaltungsjuris-ten, vom stellvertretenden Bezirkshauptmann zum Landestourismusdirektor? Zwei dinge waren dafür,
denke ich, maßgeblich. erstens genoss ich in der
Landesverwaltung bereits eine gewisse anerkennung.
Zweitens waren Landesrat Bassetti und Landeshaupt-
mann Wallnöfer der Meinung, dass jemand, der sich
in der Landesverwaltung auskennt, größere Chancen
hat, dinge voranzutreiben, als ein tourismusexperte.
Man hat Ihnen zugetraut, etwas weiterzubringen. Bassetti und Wallnöfer ging es darum, die Stellung
der tourismuswerbung in der Landesverwaltung zu
stärken. im Gegensatz etwa zum agrarwesen war der
tourismus trotz seiner großen Bedeutung fürs Land auf
der ebene der verwaltung nicht ausreichend repräsen-
tiert. die tiroler Fremdenverkehrswerbung war nicht
einmal eine abteilung, sondern nur eine dienststelle,
eine verlegenheitskonstruktion.
Ihr erstes Ziel war dann also, Strukturen aufzubauen. richtig. 1984 wurde die tourismuswerbung eine regu-
läre abteilung. die tiroler Fremdenverkehrsabteilung
ii d – das war die Zwischenetappe. Nach Bassettis
rückzug 1986 hat mich auch Landesrat Kranebitter
sehr unterstützt – wir hatten allerdings die Landes-
verwaltung nicht unbedingt auf unserer Seite. das Be-
harrungsvermögen gewachsener Strukturen ist enorm.
1989 war es dann aber trotzdem so weit. Die Tirol Werbung wurde als Verein ins Leben gerufen. Ein Mei-lenstein? es war ein Glücksfall, dass diese herkulesauf-
gabe gelungen ist. ich empfi nde die Gründung der tirol
Werbung als meinen größten erfolg. Man hat damit
sicher den Grundstein für eine noch professionellere
und für die tiroler Bedürfnisse besser geeignete Or-
ganisationsform gelegt. Und die tirol Werbung wurde
dann ja zum vorbild für andere Landestourismusorga-
nisationen. Wie anders es auch hätte verlaufen können,
sieht man am Beispiel von tiscover, wo die Politik nicht
die richtigen rahmenbedingungen ermöglicht hat.
Ihr Name wird auch heute mit dem Kontroversiellen, Unangepassten verbunden. Hatten Sie eigentlich von Beginn an Zeit und Muße dafür? in den ersten Jahren
hatte ich alle hände voll zu tun, um mich in das vielfälti-
ge touristische Geschehen einzuarbeiten. dem gesam-
ten Phänomen habe ich mich sehr vorsichtig genähert.
Frei nach Umberto eco war ich sicher ein integrierter
und kein apokalyptiker. allerdings habe ich neben dem
alltagsgeschäft Studien und analysen vorangetrieben,
die mein Gefühl empirisch belegt haben.
Was hat Ihnen Ihr Gefühl gesagt? Zum einen war ich
zur einsicht gelangt, dass der tiroler Bergsommer
„Vielleicht war der Leidensdruck in Tirol am größten, sodass wir als Erste im gesamten Alpenraum etwas geändert haben. Die Banali-sierung Tirols, die nach dem Krieg eingesetzt hatte, war ja gräulich.“
16©
Pr
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zunehmend seine attraktivität in den hauptmärkten
deutschland und Österreich verlor – ganz massiv vor
allem bei den jungen Leuten. Zum anderen war für mich
die fehlende akzeptanz des tourismus bei der tiroler
Bevölkerung offensichtlich. die sogenannten Opinion
Leader aus Wissenschaft und Kultur pflegten eine fast
schon schamvolle distanz zum tourismus. Beide ent-
wicklungen wurden in den erhebungen bestätigt. das
hat mir sehr zu denken gegeben.
Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen? Letztlich
habe ich mir ein ganz einfaches Ziel gesetzt: ich wollte,
dass diese alltagskultur tourismus aktueller, avantgar-
distischer wird, sich in ihrer ganzen Zeichensprache auf
der höhe der Zeit bewegt und die Jugend berührt. ich
habe damals immer gesagt: Wenn sich die jungen Leu-
te nicht ein Plakat von Prince, sondern eines der tirol
Werbung ins Zimmer hängen, haben wir gewonnen.
Keine leichte Aufgabe, oder? Am Berg regierten da-mals doch die Knickerbocker. ich kann mich an eine
Journalistenwanderung im Pitztal erinnern, wo wir mit
Skistöcken gegangen sind. Was wurden wir dafür aus-
gelacht! die Leute haben gesagt: Stecken im Sommer
– wie kann man nur! alles andere als die Knickerbocker,
rote Stutzen, kariertes hemd war eigentlich verpönt.
das wollte ich aufbrechen. außerdem ging es mir, was
den tourismus anbelangt, um ein neues Wir-Gefühl
der tiroler. deshalb habe ich mit Künstlern wie anton
Christian, Griseldis hofer Mitterer oder Christian Berger
zusammengearbeitet. die idee war, mit den Mitteln
der verstörung, verfremdung und ironisierung etwas
zu bewirken. Und da wurde es natürlich kontroversiell.
Legendär ist der Gulasch-Sager. Worum ging es Ihnen?
Mir ging es um eine neue angebotskultur. Man kann dem
Gast kein Gulasch als gut verkaufen, wenn es das ein-
fach nicht ist. da ist dann irgendwann in holland dieser
berühmte Sager gefallen. die empörung war groß, es
hat geheißen: der Braun als tourismusdirektor macht
unsere wunderbare Qualität kaputt. es wurde als Lan-
desverrat empfunden. Zum raffl war es nicht mehr weit.
Waren die 80er-Jahre eine dankbare Zeit für das Brechen von Tabus? vielleicht war der Leidensdruck
in tirol am größten, sodass wir als erste im gesamten
alpenraum etwas geändert haben. die Banalisierung
tirols, die nach dem Krieg eingesetzt hatte, war ja
gräulich. es gab einheitsblumenkästen, einheitsessen,
einheitsmarketing. tabubrüche sind da in den 80er-
Jahren einfach angestanden. es war paradox: einerseits
war da diese Liebe zum Land, andererseits mussten wir
trotzdem auch Nein zu tirol sagen. ich habe versucht,
tirol eine vielbödigkeit zurückzugeben.
Wie wichtig war es Ihnen, dabei innovativ zu sein?
das veritable Neue ist meist eine verknüpfung von
bestehenden elementen. Bei innovation handelt es
sich also um eine Kombinationsleistung. Solche ver-
knüpfungsleistungen haben wir viele erbracht – auch
im Kleinen. Wenn man zum Beispiel ein Buch fördert,
das den tirolern zeigt, welche Bergstationen Baumann
gebaut hat, setzt man einen impuls. Und vielleicht be-
kommen zehn Jahre später junge architekten im Ötztal
die Chance, eine Seilbahnstation zu bauen, die anders
ist als der einheitsbrei.
Welche Positionierung schwebte Ihnen für Tirol vor?
die herausforderung bestand darin, einen Kompromiss
zu finden zwischen den kulturellen Bedürfnissen einer
Bevölkerung von 700.000 Menschen und den idylli-
schen erwartungshaltungen von zehn Millionen Gäs-
ten. im rahmen der Komplexitätsreduktion, ohne die
es nicht geht, hatten sich hier tirol-Klischees verfestigt.
diese waren Fluch und Segen, weil sie einerseits als
einfaches Pattern sehr gut funktioniert haben, man sich
andererseits allerdings nicht ewig auf diese Klischees
beschränken konnte. Wir mussten schauen, dass die
Klischees wieder sexy wurden. denn das ist bei jeder
erzählung so: Sie hat einen archetypischen Kern und
zeitgeistige Metamorphosen.
Und um diese Metamorphosen ist es Ihnen also ge-gangen? Jeder Markenartikler im Premiumsegment
weiß: Man muss auch gut gehende Produkte heraus-
nehmen, da sie irgendwann Gefahr laufen, banal zu
werden. ich musste also für das Unternehmen tirol
den anteil an bedrohlich malerischen Blumentöpfen
und holzhimmeln zuücknehmen, damit dieses Landl
noch irgendeine Schärfe vorzuweisen hatte.
Sie haben sich bewusst Kulturhistoriker und Phi-losophen ins Team geholt. Warum? touristisches
Fachwissen ist sehr wichtig. ich behaupte aber, dass
der tourismus ein offenes System sein sollte, in dem
Quereinsteiger eine Chance bekommen. ich sehe es
kritisch, wenn sich das teilsystem tourismus abschließt
und auch heute plädiere ich deshalb für einen beleben-
den dilettantismus.
1994 sind Sie zu Swarovski gegangen. Hat eigentlich irgendjemand damit gerechnet, dass die Kristall-welten so ein riesiger Erfolg werden? Weder Gernot
Langes-Swarovski, andré heller noch meine Wenigkeit
haben mit diesem erfolg gerechnet. Wattens war nicht
„Ich habe damals immer gesagt: Wenn sich die jungen Leute nicht ein Plakat von Prince, sondern eines der Tirol Werbung ins Zimmer hängen, haben wir gewonnen.“
„Ich sehe es kritisch, wenn sich das Teilsystem Tourismus abschließt und
auch heute plädiere ich deshalb für einen belebenden Dilettantismus.“
In offizieller Mission. Andreas Braun ver-handelte immer wieder auch in Wien. Das Foto zeige, so meint er heute, seine „leicht entspannte Haltung zu den Wiener Zentralstellen“.
ZUR PERSON dr. andreas Braun arbeitete seit 1969 als verwal-tungs- und verfassungsjurist in verschiedenen Funk-tionen in der tiroler Landesverwaltung, ehe er 1981 mit der Leitung der Fremdenverkehrswerbung be-traut wurde, der vorgängerorganisation der von ihm begründeten tirol Werbung. diese wurde 1989 als verein ins Leben gerufen. als Landestourismusdirek-tor prägte Braun Begriff e wie „herz der alpen“ und „Starkes Land“ und sorgte mit Kampagnen für Fu-rore, aber immer wieder auch für teils heftige Kritik. 1994 wechselte der gebürtige Kitzbüheler zu Swa-rovski und baute dort die Kristallwelten auf. Seit 2012 ist Braun Geschäftsführer der destination Wattens regionalentwicklung Gmbh, einem Private-Public-Partnership-Projekt von Swarovski und der Gemeinde Wattens, das die entwicklung der region in den Be-reichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Bildung fördern soll. von 2001 bis 2010 war der vater zweier erwachsener Kinder zudem Stiftungsrat des OrF.
World Spirit Award für Brennerei
ErberBEIM 10. WORLD-SPIRITS AWARD
2013 GING AUF DIE BRIXNER TRADI-TIONSBRENNEREI ERBER EIN WAH-
RER MEDAILLENREGEN NIEDER.
Mit dem „World Spirit Award“, dem Titel „Spirit of the Year“ und zehn Mal Edelmetall in
der Tasche kam Brennmeister Christian Schmid von der Brennerei Erber aus Brixen im Thale
mehr als zufrieden von dem 10. World-Spirits Award (WSA) in Klagenfurt nach Hause. Für die Tiroler Brennerei Erber ist dieses Ergebnis
eine Bestätigung für den eingeschlagenen Weg: Brennmeister und Geschäftsführer
Christian Schmid setzt in Österreichs größter Kupferbrennerei konsequent auf höchste
Qualität und handwerkliche Präzision.
KRÄUTERBITTER IST DER GEWINNER
An sich sind ja die erlesenen Obstbrände die Domäne der Brixner Traditionsbrennerei.
Diesmal jedoch war der Kräuterbitter „Herber vom Erber“ als „Spirit of the Year“ der Star aus dem Hause Erber. Die Jury zeigte sich
vom „Herben“ beeindruckt und lobte unter anderem dessen „fi nessenreichen Gewürz-Kräuter-Wurzel-Mix“. Die Kräuter für diese
Spezialität werden im eigenen Haus extrahiert und nach einer hauseigenen Rezeptur veredelt.
das epizentrum des internationalen tourismus und ich
wollte nicht in die Falle tappen, die eigene Bekannt-
heit und Bedeutung zu überschätzen. deshalb habe
ich viele Klinken geputzt und mit dem ohnehin schon
sehr großzügigen herrn Langes ordentliche diskussi-
onen bezüglich des Marketingbudgets geführt, wo wir
anfangs um eine Zehnerpotenz auseinander gelegen
sind. dass es ohne internationales Marketing nicht ge-
hen würde, war mir von anfang an klar. 1996 im ersten
volljahr hatten wir dann deutlich über 300.000 Besu-
cher – und lagen damit weit über den erwartungen.
Sie haben die Kristallwelten dann sukzessive aus-gebaut, außerdem kamen Standorte in Wien und Innsbruck dazu. am ende hatte ich ein veritables KMU
mit 300 Leuten und 50 Millionen euro Jahresumsatz
aufgebaut. das hat mich natürlich gefreut, weil einem
Non-Profi t-touristiker, wie ich es bei der tirol Werbung
war, gerne vorgehalten wird, wie leicht er es doch habe,
weil er kein Geld verdienen muss. das hat mein touris-
tisches biographisches Spektrum ganz gut abgerundet.
Wermutstropfen ist vielleicht, dass ich gerne noch die
internationalisierung vorangetrieben hätte. aber dafür
war die Zeit wohl einfach noch nicht reif.
Konnten Sie Ihre Lust am Diskurs auch noch bei Swa-rovski ausleben? (lacht) auch bei Swarovski hab‘ ich
beherzigt, was ich bei der tirol Werbung gelebt habe:
anfangs still verhalten und viel lernen. ich durfte dann
im Unternehmen Swarovski viele Menschen und Mei-
nungen kennenlernen und ich habe an den diskursen
teilgenommen und vielleicht das eine oder andere
beigetragen. rückblickend muss man sagen: Sowohl
bei der tirol Werbung als auch den Kristallwelten habe
ich das Glück gehabt, den richtigen Zeitpunkt des Kom-
mens und Gehens zu erwischen.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Am Berg. Es gibt wenige Flecken von Tirol, die Andreas Braun nicht begangen hat. Und das schon früh mit Stecken, auch wenn das anfangsbestenfalls belächelt wurde.
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18 SAISON
INNOVATION
W er scheitert, hat ver-
loren. Fehler sind in
einer auf Leistung
getrimmten Gesell-
schaft verpönt, werden mit Schimpf und
Schande bestraft sowie dem Spott preis-
gegeben. Doch dass gerade das Scheitern
immer wieder zu erstaunlichen Innovati-
onen geführt hat, wird dabei in der Hektik
des Alltages vergessen.
„Vielleicht ist die Geschichte der
Irrtümer der Menschheit doch nützlicher
und interessanter als die ihrer Entdeckun-
gen“, schrieb der amerikanische Politiker
und Erfi nder Benjamin Franklin im Jahr
1784. Tatsächlich waren es nicht selten
kolossale Fehlschläge, die zu Innovatio-
nen geführt haben, wenn nur die richtigen
Schlüsse daraus gezogen wurden. Als
ein Arzt aus Südengland im September
1992 mit dem Entwicklungschef des
amerikanischen Pharmakonzerns Pfi zer
telefonierte, wollte er ihm lediglich die
Nachricht von einem Schlag ins Wasser
überbringen: Das neue Mittel zur Be-
handlung von Bluthochdruck bringe bei
seinen Patienten keine Besserung, das
Medikament mit dem Wirksto� Sildenafi l
sei ein Reinfall. En passant erwähnte er
eine etwas merkwürdige Nebenwirkung:
Männliche Patienten bekämen nach der
Einnahme eine hartnäckige Erektion. Pfi -
zer wurde sofort hellhörig, erkannte das
Potenzial der Nebenwirkung, meldete
ein Patent an und brachte sechs Jahre
später Viagra auf den Markt – die wohl
berühmteste Erfi ndung in der jüngeren
Geschichte der Männerheilkunde.
Schuss ins Blaue. Innovationsversu-
che sind stets ein Schuss ins Blaue, ein
„Handeln unter Informationsmangel“, wie
Reinhold Bauer sagt, Historiker an der
Universität Stuttgart und Autor des Buches
„Gescheiterte Innovationen: Fehlschläge
und technologischer Wandel“ (Campus-
Verlag). „Das Risiko des Scheiterns ist
immer gegeben. Bei erfolgreichen Inno-
vationen droht der Erfolg selbst den Blick
auf diese unvermeidbaren Entstehungs-
bedingungen zu verstellen.“
Auch die amerikanische Psycho-
login und Journalistin Kathryn Schulz
propagiert einen neuen, entspannteren
Umgang mit Fehlern: Es gebe Situatio-
nen, in denen sie geradezu „notwendig
sind“, schreibt sie in ihrem Buch „Rich-
tig irren“ (Riemann Verlag), quasi dem
Grundlagenwerk der neuen Disziplin
der „Wrongology“. Diese besagt unter
anderem: Fehler sind unerlässlich für die
Erkenntnisfähigkeit des Menschen. „Von
allen Fehlern, die wir machen, ist unsere
Vorstellung von Fehlern wohl unser größ-
ter Fehler überhaupt, unser Metafehler“,
meint Schulz. Eine gute Fehlerkultur, ein
Klima, in dem Verfehlungen kein Tabu
mehr sind, sei unerlässlich, in Firmen wie
auch in der Gesellschaft.
Nicht die erstbeste Idee. Irrtümer
ziehen sich wie ein roter Faden durch die
Menschheitsgeschichte. Als der Mensch
vor 40.000 Jahren, im letzten Abschnitt
der Altsteinzeit, in Europa auftauchte, er-
fand er sehr rasch eine ganze Reihe von
neuen Geräten aus Stein und Knochen –
und versuchte, seinem ureigenen Drang
folgend, sie stets zu verbessern und neu
zu erfi nden. Dieser Drang trieb auch den
„Es macht mich rasend, Unrecht zu haben, wenn ich weiß, dass ich Recht habe“MOLIÈRE, FRANZÖSISCHER DRAMATIKER
Innovative Produkte. Post-it, Viagra und Playmobil haben eines gemeinsam: Ihre Erfi nder kamen über Umwege zum Ziel.
W er scheitert, hat ver-
loren. Fehler sind in
Einnahme eine hartnäckige Erektion. Pfi -
zer wurde sofort hellhörig, erkannte das
Auf Umwegen zum ErfolgScheitern gilt als Tabu. Doch oft liegt in Niederlagen mehr Potenzial, als es auf den ersten Blick scheint. Geschichten voninnovativen Fehlschlägen.
VON FLORIAN GASSER
Auf Umwegen
19
BUCHTIPPS
• Reinhold Bauer: Gescheiterte Innovationen: Fehlschläge und technologischer Wandel, Campus-Verlag, 2006
• Kathryn Schulz: Richtig irren, Riemann Verlag, 2011
Homo heidelbergensis, den letzten ge-
meinsamen Vorfahren von Neandertaler
und Homo sapiens, bereits vor 500.000
Jahren dazu an, Steinspitzen auf Wurf-
speere zu stecken. Und 400.000 Jahre
später kam der Mensch vermutlich auch
erst nach einigem Ausprobieren auf die
Idee, seine Bettenlager in der südafrikani-
schen Sibuduhöhle aus den Blättern einer
bestimmten Baumart zu bauen, die Gifte
gegen Malariamücken produziert – so-
zusagen als erste Form des biologischen
Insektenschutzes.
Zu scheitern widerstrebt dem
Menschen. Wissen, dass man falsch liegt,
kann zermürben und einem die Schames-
röte ins Gesicht treiben: „Es macht mich
rasend, Unrecht zu haben, wenn ich
weiß, dass ich Recht habe“, schrieb der
französische Dramatiker Molière. Doch
Erfolg ist selten linear. Auch wenn gerne
Mythen von brillanten Köpfen erzählt
werden, die auf direktem Weg zum Erfolg
durchmarschiert sind. Im kalifornischen
Silicon Valley soll es angeblich wimmeln
von solchen Menschen. Doch die Wahr-
heit sieht oft völlig anders aus. So hat
die Firma blackbox dort gemeinsam mit
den Universitäten Stanford und Berkeley
650 Startup-Unternehmen und deren
(Erfolgs-)geschichte untersucht. Eine der
wichtigsten Erkenntnisse: Die beste Idee
ist selten die erste. Wer sich an die aller-
erste Eingebung klammert, hat zumeist
schon verloren.
Post-it und Playmobil. Als der
Chemiker Spence Silver von der Firma
Minnesota Mining and Manufacturing
Ende der 1960er einen neuen Superkleber
entwickelte, war er vom Ergebnis tief ge-
tro� en. Der Kleber tat vor allem eines nicht:
dauerhaft kleben. Mit so gut wie keinem
Kraftaufwand ließ er sich wieder ablösen.
Einige Jahre später ärgerte sich Silvers Kol-
lege Arthur Fry während einer Chorprobe
darüber, dass die Lesezeichen der Noten-
blätter stets aus dem Singbuch fi elen. Die
zündende Idee: der ablösbare Kleber. Nun
war es nicht mehr weit zu den Post-its,
die 1980 auf den Markt kamen. Auch die
unverwechselbare gelbe Farbe des Pa-
piers war ursprünglich nicht geplant; es
war zum Zeitpunkt der Entwicklung ganz
einfach kein anderes bei der Minnesota
Mining and Manufacturing vorhanden.
Selbst die Playmobil-Männchen
waren ursprünglich ein Verlegenheits-
produkt. Die Firma Brandstätter aus dem
beschaulichen Zirndorf in Bayern war
bekannt als Hersteller von Hula-Hoop-
Reifen, Kindertraktoren, Kaufl äden und
sonstigem Plastikspielzeug. Doch die
Ölkrise 1974 trieb den Rohsto� preis in
schwindelerregende Höhen. Das Spiel-
zeug musste unbedingt kleiner werden.
So wurden Figuren von knapp über sie-
ben Zentimeter Höhe entworfen – die
Geburtsstunde von Playmobil, das allein
2010 einen Umsatz von einer halben Mil-
liarde Euro erwirtschaftete.
Scheitern zulassen. „Innovation
wird immer noch gedankenlos mit Erfolg
gleichgesetzt“, sagt Reinhold Bauer. „Unter
dem Einfl uss dieses Denkens droht aber
die Forderung nach steigender Innovati-
onsfähigkeit zur Leerformel zu verkom-
men.“ Wer Innovation möchte, muss das
Scheitern zulassen. Auch der Erfi nder des
Laser-Druckers, ein Techniker der Firma
Xerox, führte seine Tests trotz zahlloser
Fehlschläge und dem immer heftiger
werdenden Kopfschütteln seiner Kollegen
stetig fort. Schlussendlich wurde das von
ihm entwickelte Gerät das grandiose Er-
folgsprodukt der Firma. Der Autokonzern
Toyota sanktioniert gar Mitarbeiter, die
Fehler vertuschen – denn sie berauben die
Firma der Möglichkeit, daraus zu lernen.
„Ich habe aus meinen Niederlagen
mehr gelernt als aus meinen Erfolgen“,
bekennt der Schriftsteller Hans Magnus
Enzensberger in seinem 2010 erschiene-
nen Buch „Meine Lieblingsfl ops“. Minutiös
listet er dort seine großen Niederlagen auf:
Opernpläne, Theaterstücke, Zeitschriften-
projekte und vieles mehr. Alles Niederla-
gen im Leben des 83-Jährigen, der seine
Leser fast dazu ermutigt, möglichst elegant
auf die Nase zu fallen. Denn: „In jeder Pein-
lichkeit wohnt eine Erleuchtung inne.“
Wer behauptet, niemals gescheitert
zu sein, der erzählt ziemlich sicher die Un-
wahrheit. Oder aber, er lebt nicht. Denn
schon Augustinus von Hippo, der große
lateinische Kirchenlehrer der Spätantike,
meinte: Si fallor, sum – Wenn ich mich
täusche, bin ich. ×
„Das Risiko des Scheiterns ist immer gegeben. Bei erfolgreichen Innovationen droht der Erfolg selbst den Blick auf diese unvermeidbaren Entstehungs-bedingungen zu verstellen.“REINHOLD BAUER, HISTORIKER AN DER UNIVERSITÄT STUTTGART
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20 SAISON
INNOVATION
Die ÜberlebensstrategieUm im internationalen Wettbewerb weiterhin mithalten zu können, müssen sich die Tiroler Destinationen und Betriebe noch besser, noch genauer und noch innovativer positionieren.
VON NINA HEIZER-WALCH
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D as Leben als Touristiker ist
anstrengend. Nie kann er
sich auf seinen Lorbeeren
ausruhen, eine gut gelaufe-
ne Saison feiern oder seine Gedanken ru-
hen lassen. Die Gäste wollen bei ihrer Rück-
kehr im kommenden Jahr Neues vorfi nden.
Mit Überraschungen angelockt werden.
Sie wollen einen Grund haben, warum sie
wieder nach Tirol kommen und nicht statt-
dessen einmal der Schweiz, Südtirol oder
Frankreich einen Besuch abstatten sollen.
Mit Qualitätskriterien lockt man Urlauber
nicht mehr in die Alpenrepublik. Das war
einmal. Inzwischen setzen sie diese voraus
und erwarten zusätzlich innovative Ideen,
die ihren Aufenthalt unterhaltsam gestalten.
Und das Jahr für Jahr.
„Das Thema Qualität war in den 90er-
Jahren eine wichtige O� ensive. Nun, seit
dem Millennium, stehen die Innovationen
mehr im Mittelpunkt“, sagt Birgit Pikkemaat
vom Institut für innovativen Tourismus in
Innsbruck. Sie hat 2009 eine Studie im Auf-
trag der Tiroler Zukunftsstiftung mit dem
Titel „Innovationen im Tourismus – Zur
Lage in Tirol“ erstellt. Ziel der Studie war
es, Möglichkeiten aufzuzeigen, in welchen
Bereichen Förderbedarf für Innovationen
besteht und in welcher Form Unternehmer
bei ihrer Innovationstätigkeit unterstützt
werden können. Befragt wurden 37 Des-
tinationsmanager, Seilbahnbetreiber und
Tourismusunternehmer.
Pikkemaat kam damals zu dem
Schluss, dass die Wichtigkeit von Inno-
vationen im Tiroler Tourismus durchaus
von einigen Unternehmern schon erkannt
wurde. Viele gute Ideen seien vorhanden.
Einiges konnte auch auf Destinations-
oder Betriebsebene umgesetzt werden.
„Alle, die das Thema Berg thematisiert, die
21SAISON
INNOVATION
Gaislachkogel-bahn. Häufi g sind in Tirol die Seilbahnen die Innovations-treiber. Technisch gesehen ist Tirol weltweit führend. Und auch die Architektur wird mutiger.
Natur inszeniert und konkrete Produkte
gescha� en haben, sind sehr erfolgreich.
Das Hexenwasser in Hochsöll war sicher
ein Vorreiter und ist ein gutes Beispiel, wie
es funktionieren kann.“ Auch die Familien-
region Serfaus-Fiss-Ladis beweist, wie er-
folgreiches Product Placement stattfi ndet.
„Die haben jede Saison was Neues“, meint
Pikkemaat.
Gesättigter Markt. „Innovationen
waren und sind deshalb so wichtig, weil
der Markt über weite Teile beziehungs-
weise in vielen Bereichen inzwischen
gesättigt ist. Tirol ist das tourismusinten-
sivste Bundesland in Österreich. Doch
die Nächtigungszahlen stagnieren, wenn
auch auf hohem Niveau“, sagt die Touris-
musexpertin. Die Rahmenbedingungen
haben sich geändert. Die Trends gehen
vermehrt in Richtung Erlebnisreichtum,
Gesundheits- und Qualitätsbewusstsein
und Individualisierung. Die Zielgruppe än-
dert sich: Immer mehr Senioren und die
Generation 50 plus buchen Aufenthalte.
„Der neue Kunde ist multioptional, was
bedeutet, dass eine Vielzahl an Angeboten
erwartet wird, auch wenn tatsächlich nicht
alles in Anspruch genommen wird“, hieß es
schon in der Studie 2009. Häufi g fällt es
besonders den kleinen Betrieben schwer,
sich diesen neuen Herausforderungen zu
stellen.
Geduld ist gefragt. Oft dauern Anträ-
ge, Verfahren und Gutachten jahrelang. Ein
Beispiel, wie schwierig es ist, eine innovati-
ve Idee zu entwickeln, ist das Projekt Natur-
Refugia Obernberger See. Der ehemalige
Wacker-Präsident Gerhard Stocker hat eine
innovative Wohnlösung unter der Erde
entwickelt und wartet seit 2010 auf einen
positiven Baubescheid. „Dieses Vorhaben
weicht von den üblichen Standards ab,
so etwas gibt es in ganz Tirol nicht“, sagt
Michael Brandl von der Tirol Werbung. Seit
Jahren kämpft Stocker gegen massiven
Widerstand. „Es ist bewundernswert, wie
er trotzdem mit Geduld und Ausdauer sei-
ne Idee verfolgt. Er legt sehr viel Aufwand,
Investment und unternehmerisches Risiko
in die Umsetzung“, so Brandl. Für ihn zeigt
sich an diesem Beispiel symptomatisch,
womit man bei der Realisierung von Ideen
zu kämpfen hat und wie viel Zielstrebigkeit
dafür gebraucht wird.
Oft sind die Seilbahnen die Innova-
tionstreiber. „Die Seilbahnen verdienen
Geld und investieren dieses auch in neue
Ideen. Außerdem kennen sie auch die
Märkte genau und treiben so in einer Region
Innovationen voran“, sagt Birgit Pikkemaat.
Der Chef der Seilbahn ist oft auch im Tou-
rismusverband tätig und führt den Leitbe-
trieb des Tales. Eine Destination mit einer
starken Seilbahn kann sich leichter auf neue
Ideen und deren Verwirklichung stürzen als
schwächere Destinationen. „Oft müssen
dort die Gemeinden versuchen, die Lifte
am Leben zu erhalten. Dieses investierte
Geld fehlt ihnen dann für Innovationen“, so
die Expertin, „das ist ein wesentlicher Un-
terschied.“ In jenen Regionen, die weniger
stark von den Seilbahnbetrieben geleitet
werden, sind meist die Tourismusverbände
die Innovationstreiber.
„Um und Auf“. Für den Tiroler NR-
Abgeordneten Franz Hörl, Obmann der
Fachgruppe Seilbahnen in Tirol, sind Inno-
vationen das „Um und Auf“. Nur dadurch
können sich einzelne Gebiete von anderen
abheben. Neuerungen, technische Fines-
sen, herausragende Architektur locken
die Gäste nach Tirol. „Die Seilbahnen in
„Innovationen waren und sind deshalb so wichtig, weil der Markt über weite Teile beziehungsweise in vielen Bereichen inzwischen gesättigt ist.“BIRGIT PIKKEMAAT, INSTITUT FÜR INNOVATIVEN TOURISMUS
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Zum Touristiker geboren?
Tirol haben in den vergangenen Jahren
Großartiges geleistet“, lobt ihr Obmann.
Die Galzigbahn in St. Anton, die Bahnen in
Sölden, die geplante neue Bahn in Ischgl
auf den Pardatschgrad oder die Besonder-
heiten der Lifte in Serfaus: „Hier haben wir
weltweit die ersten Lifte mit automatischer
Kindersicherung. Oder in Kitzbühel gibt es,
auch einzigartig, eine Bahn mit durchsich-
tigen Böden“, sagt Hörl.
Mit zum Teil spektakulären, zum Teil
praktischen Erneuerungen versuchen die
Seilbahnen die Einzigartigkeit zu transpor-
tieren. Man müsse sich etwas einfallen las-
sen, damit man bei der Zielgruppe punkte.
„Nicht umsonst werden bis zu 50 Prozent
des Umsatzes wieder investiert. Das muss
sich ja auch wo manifestieren.“ Und damit
heben sich die Tiroler Seilbahnen von
den Mitbewerbern der Alpenregionen ab.
Technisch gesehen sei Tirol im Seilbahn-
sektor weltweit führend. Die Schweiz
oder Südtirol liegen „teilweise Jahrzehnte“
zurück. „Nicht umsonst haben wir in den
vergangenen Jahren das beste Ergebnis
seit Menschengedenken erzielt“, sagt Hörl.
Seinen Rat an die Seilbahner des
Landes fasst er in einem Wort zusammen:
„Weiter!“ Wer still steht, bleibt hinten. „Die
Seilbahnen sind sicher gut beraten, auch in
Zukunft innovativ zu sein, sich anzupassen,
neue Zielgruppen zu erkennen und sich am
Markt entsprechend zu positionieren.“ Zu-
sammenschlüsse von Skigebieten werden
wohl die Ausnahme bilden. Die Innovati-
onen müssen in den bestehenden Skige-
bieten geschehen. In Ischgl, am Arlberg,
in Kitzbühel oder im Pitztal-Ötztal sind
weitere große Innovationen geplant.
Ideenpool. Michael Brandl von der Tirol
Werbung weiß, wie viel Arbeit und Entwick-
lung in Innovationen stecken. „Manchmal
passiert eine Erneuerung zufällig, aber das
ist eher die Ausnahme. Meistens braucht
es jahrelange Entwicklungsarbeit.“ Das
bedeutet Aufwand und intensive Arbeit
mit neuen Ideen. „Innovation kann mit
bestimmten Techniken gesteuert und
entwickelt werden. Aber dafür braucht es
Ressourcen“, so Brandl.
Wem selbst die Ideen oder die
Ressourcen ausgehen, kann sich an eine
beratende Tourismusagentur wenden.
Wer zum Beispiel bei der GFB Unterneh-
mensberatung um einige Punkte zum
Thema Innovation anfragt, bekommt von
alternativen Finanzierungsmodellen, einem
speziellen Mitarbeiterhaus und einem ge-
nau abgestimmten Marketingkonzept auch
Inputs für Personalmanagementsysteme
und optimierte Gehaltsabrechnungen, für
Tourismus und Green Business oder eine
GFB-Solarroute.
Mit der „Tourismusanleihe“ ver-
spricht das Unternehmen beispielsweise
eine „Finanz-Innovation“. „Wir haben den
touristischen Markt und seine Finanzie-
rungsmöglichkeiten aufgerüttelt“, sagt
Geschäftsführerin Gabriele Oberhauser.
Bis dato seien rund 80 Millionen Euro an
frischem Investitionsvolumen generiert
worden. Die Idee dahinter: Insgesamt 90
Prozent der Aktiva der Hotelbilanzen sind
in Anlagevermögen oder Investitionen ge-
bunden. Und diese sind fast ausschließlich
mit Bankkrediten fi nanziert. Nun sollen
regionale Investoren, die ihr Geld nicht
mehr in „undurchschaubaren Produkten
und exotischen Märkten riskieren wollen“
in Unternehmen investieren, damit diese
die notwendigen Investitionen für die Zu-
kunft ihrer Betriebe vornehmen können.
„Der Investor, und das ist eine absolute
Novität, hat drei Sicherheitsnetze“, so
Oberhauser, „einerseits die Emissions-
bank, dann bekannte Qualitätsunterneh-
men und schließlich die Sicherheit seiner
Finanzmittel durch deren Investition in der
Region.“
Das frische Geld könne dann etwa in
ein Mitarbeiterwohnhaus investiert werden.
Das jährlich wiederkehrende Thema der
Suche nach qualifi zierten Arbeitskräften
wollen die Berater mit einem „lichtdurch-
fl uteten, modernen Mitarbeiterwohnhaus“
lösen. Damit sollen motivierte, engagierte
„Die Seilbahnen sind sicher gut beraten, auch in Zukunft innovativ zu sein, sich anzupassen, neue Zielgruppen zu erkennen und sich am Markt entsprechend zu positionieren.“NR FRANZ HÖRL, OBMANN DER FACHGRUPPE SEILBAHNEN IN TIROL
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Zum Touristiker geboren?
Angestellte gewonnen werden, die sich –
im Einzelzimmer – so wohl fühlen, dass
sie gern im nächsten Jahr wieder für den
Arbeitgeber tätig sind und ihr Wonnegefühl
auch auf den Gast übertragen. Das nennt
sich dann „psychologischer Sympathie-
Mehrwert“.
Kein Bauchladen. Vorschläge und
Beispiele gibt es viele. Welchen Zugang die
Destinationen wählen, bleibt ihrem Ideen-
reichtum und ihren fi nanziellen Möglich-
keiten überlassen. Auf jeden Fall müssen
sie sich weiter umsehen, investieren und
sich genauer positionieren.
„Marktforschung wird noch viel
wichtiger werden, als es bisher schon war“,
sagt Forscherin Pikkemaat, „die Touristiker
müssen den Markt in nächster Zeit noch
genauer beobachten und analysieren und
was ganz wichtig ist: besser eruieren und
analysieren und auch in andere Branchen
und Märkte schauen.“ Ein Bauchladen, in
dem von allem ein bisschen vorhanden ist,
wird sich nicht durchsetzen können. Auch
in Zukunft müssen sie mit Innovation ihr
Haus oder ihre Destination positionieren
und ein abgegrenztes Produkt scha� en.
Pikkemaat sieht vor allem im Bereich der
Wellnesshotels Arbeitsbedarf. „Unter dem
Namen Wellness wird schon viel darunter
gepackt. Da müssen sich die einzelnen
Wellnessbetriebe genau positionieren.
Es gibt genug Möglichkeiten, ein ganz
spezifi sches Angebot für eine defi nierte
Zielgruppe zu scha� en.“
Generell gehe es eher darum, den
Status quo der vergangenen Jahre zu erhal-
ten. „Viel mehr Gäste werden wir nicht mehr
erreichen können. Die Zeiten des großen
quantitativen Wachstums wie in den 70er-
Jahren sind vorbei“, konstatiert Pikkemaat.
Heute ist entscheidend, als Standort Tirol,
als Tourismusregion attraktiv zu bleiben.
„Quantitatives Wachstum wird es vielleicht
in einzelnen Nischenmärkten, wie dem
E-Bike-Angebot, auf das jetzt viele setzen,
noch geben.“
Für die Zukunft scheint zu gelten:
Betriebe, die ihre Hausaufgaben nicht ma-
chen, sich nicht klar positionieren, laufen
langfristig Gefahr, vom Markt wegrationa-
lisiert zu werden. So bricht auch die Mitte
der Hotelbetriebe, die Drei-Stern-Hotel-
lerie, langsam weg. Bei Ferienwohnungen
und Bauernhöfen und im Luxussegment
hingegen gibt es leichte Zuwächse, aber
der Mitte rät Birgit Pikkemaat eindringlich:
„Eigene Stärken fi nden und sich klar posi-
tionieren!“
Für Michael Brandl von der Tirol Wer-
bung ist Innovation inzwischen – wegen
der zugespitzten Wettbewerbsbedingun-
gen am touristischen Markt – die Voraus-
setzung zum Überleben. Eine Überlebens-
strategie, sozusagen. ×
Geduld gefragt. Am Obernberger See soll das
innovative Projekt Natur-Refugia entstehen. Doch seit
2010 wartet man auf den Baubescheid.
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„ Der verschärfte Wettbewerb tri� t alle“Der Wettbewerbsstratege Ralph Scheuss erklärt im Interview, warum der Tourismus zu den Branchen gehört, in denen der Wettbewerb mit am härtesten tobt und was man tun kann, um in Zeiten des „wilden Wettbewerbs“ als Sieger dazustehen.
DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .
SAISON: Herr Scheuss, Ihre Tätigkeit als internationaler Managementberater führt Sie in die Regionen der Welt, in denen der Konkurrenzkampf
zwischen den einzelnen Anbietern am härtesten tobt. In welchen Ländern herrscht derzeit der größte Druck?
RALPH SCHEUSS: Diese Frage lässt sich
nicht so leicht beantworten. Wettbewerb
fi ndet heute auf einer globalen Skala mit
unnachgiebiger Härte statt. Global heißt
dabei: Der verschärfte Wettbewerb tri� t
alle, auch lokale und regionale Anbieter.
Statt ins schöne Tirol einen Ausfl ug zu
unternehmen oder dort seine Ferientage
zu verbringen, steht dem Feriensucher eine
schier unendliche Anzahl an Alternativen
o� en, von denen die meisten auf die eine
oder andere Art Attraktives bieten. Unsere
heutige Medienwelt, sprich insbesondere
das Internet, verschärft den Wettbewerb
durch Transparenz und Vergleichbarkeit.
Gibt es bestimmte Branchen, in denen es kompetitiver zugeht als in anderen? Un-
terschiede lassen sich ausmachen. Doch
je nach Unternehmen, je nach Angebot
oder je nach Situation verschieben sich
die Intensitätsgrade. Generell gilt, dass der
Wettbewerbsdruck seitens der Konkurrenz
und seitens der Kunden zugenommen hat
und meines Erachtens sich auch noch
weiter verschärfen wird.
In welcher Liga spielt Ihrer Meinung nach der Tourismus? Tourismus ist zwangsläufi g
hochkompetitiv. Kunden sind immer auf
der Suche nach dem Besonderen, dem
Neuen, dem Innovativen, dem Außeror-
dentlichen oder nach dem unwiderstehlich
günstigen Schnäppchen.
Wie schätzen Sie die Lage im Tiroler Tou-rismus ein? Der Tiroler Tourismus spielt in
der obersten Liga, ist sehr wettbewerbs-
orientiert und dynamisch am Markt, aber
eine Spur zu wenig global ausgerichtet. Vor
allem in den aufstrebenden Schwellenlän-
dern bieten sich attraktive, neue Wachs-
tumschancen. Gerade in diesen Regionen
ist es zentral, frühzeitig die eigene Marke
markant zu etablieren.
Wie sehen Unternehmen aus, die es schaf-fen, in der von Ihnen eben beschriebenen, hochkompetitiven Wettbewerbssituation Oberwasser zu behalten und als Sieger hervorzugehen? Das sind die Champions
am Markt. Es sind die Anbieter, die den
Kunden faszinieren. Es sind die Angebote,
die man gesehen oder erlebt haben muss.
Unablässige Innovation und eine enge
Beziehung zu den Kunden sind deren
Charakteristika.
Welche sind die Verlierer? Es verliert derje-
nige, der kurzfristig denkt und handelt, der
nicht investiert und der sich nicht immer
wieder erneuert. Loser-Unternehmen
bauen auf den Erfolg von gestern. Es sind
die, die das Gewöhnliche, das Vergleichba-
re oder das Durchschnittliche wie andere
auch bieten. Kurz: Wer nicht etwas Beson-
deres oder zumindest einen attraktiven
Preis bietet, geht im Meer der mittelmäßi-
gen, gesichtslosen Angebote unter.
Welche Rolle spielt dabei der Faktor In-novation? Innovation ist Fortschritt. Er ist
der zentrale Erfolgsfaktor im Wettbewerb.
Neu ist allerdings nicht zwangsläufi g besser, es gibt auch Beispiele, in denen eine Innovation nicht die erwünschte Verbesserung bringt. Was braucht Inno-vation, die tatsächlich Sinn macht, Ihrer Meinung nach? Eine Neuigkeit ist noch
keine Innovation. Innovationen müssen
den Kunden faszinieren, einen Mehrwert
erzeugen und damit Erträge bringen.
Letztlich entscheidet der Kunde, was eine
Innovation und was nur eine gut gemeinte
Geschäftsidee ist.
Sie sprechen in Ihrem Buch „Zukunftsstra-tegien – Worauf es in der Ära des wilden Wettbewerbs ankommt“ vom Hyperwett-bewerb, der sich Ihrer Ansicht nach mitt-lerweile zur neuen Normalität entwickelt hat. Wie sieht diese neue Normalität aus?
Diese neue Normalität ist geprägt durch vie-
le, zu viele Anbieter, die mit viel zu ähnlichen
Angeboten um die Gunst derselben Kunden
„Tourismus ist zwangsläufi g hochkompetitiv. Kunden sind immer auf der Suche nach dem Besonderen, dem Neuen, dem Innovativen, dem Außerordentlichen oder nach dem unwiderstehlich günstigen Schnäppchen.“
25 SAISON
INNOVATION
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buhlen. Der Kunde weiß, dass er nun zum
König geworden ist. Er will entsprechend
umworben, begrüßt und bedient werden.
Er muss merken, dass er geschätzt wird und
dass man sich um ihn besonders kümmert.
Gerade die Ferien sind seine schönste Zeit
im ganzen Jahr, die will er rundum genie-
ßen. Daher reagiert er empfi ndlich auf den
ihm gebotenen Customer Value.
Ist ein Ende dieser Lage in Sicht? Nein, im
Gegenteil.
Sie selbst begeben sich gern auf durchaus abenteuerliche Reisen – in Usbekistan folgten Sie der Seidenstraße, Sie fuhren o� -road über die Anden und durch die Mongolei. Sind diese Reisen Quellen für
Ihre eigenen originellen Ideen? Mich inte-
ressieren Grenzen. Dort reibt sich die Ge-
genwart mit der Zukunft. Und Grenzen sind
zum Überschreiten da. An diesen Grenzen
entsteht das Neue und Unerwartete, was
inspiriert. Dies ist beim Reisen so, gilt aber
auch für die Businesswelt.
Ist es hin und wieder wichtig auszustei-gen, um eine neue Perspektive zu gewin-nen? Ich steige nicht aus, sondern vielmehr
ein, um Perspektiven zu gewinnen. Indem
ich beispielsweise über den Landweg nach
China oder Indien reise, erlebe ich die gan-
ze faszinierende Dynamik des Reisens. Die
„Letztlich entscheidet der Kunde, was eine Innovation und was nur eine gut gemeinte Geschäftsidee ist.“
Fliegerei unserer Tage führt immer nur zum
punktuellen Erleben, bei dem das Dazwi-
schen verloren geht. Der Kulturschock ist
programmiert. Gerade aber die fl ießenden,
oft nuancierten Veränderungen in Natur,
Kultur, am Speisezettel, bei der Sprache
oder im Umgang mit den Menschen vor
Ort machen das Reisen zu einem umfas-
senden, ganzheitlichen Erlebnis. Zusam-
menhänge werden geknüpft, anstatt wie
beim modernen Reisen gekappt. Wer er-
kennen will, braucht die Vernetzung. Diese
Perspektive gilt auch im Geschäftlichen.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
ZUR PERSONRalph Scheuss (Jahrgang 1956) ist Wettbewerbsstratege, Unternehmensberater, Buchautor und international gefragter Keynote Speaker. Der Schweizer hat an der Universität St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studiert und ist unter anderem Mitglied des International Council of Management Consulting Institutes (New York) und der WFS World Future Society. Außer-dem ist er als Dozent tätig. Seine Spezialgebiete sind Strategie, Trend, Innovation und Orga-nisationsentwicklung. Er hat zahlreiche Bücher zu diesen Themen verö� entlicht. Sein jüngs-tes trägt den Titel „Manager Tool-Box: Trends – Strategie – Change“ und ist 2012 im Walhalla Fachverlag erschienen.
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27 SAISON
INNOVATION
T ourismusforschung wird
innerhalb der Branche oft
missverstanden und auf den
Begri� „Marktforschung“
reduziert – zu diesem Schluss ist eine Ex-
pertenrunde gekommen, die im Auftrag
des Wirtschaftsministeriums einen Bericht
zur Lage der Nation verfasst hat und in
Fachkreisen damit eine breite Diskussion
entfachte. Die Ausgangsfrage lautete:
Was ist Forschung? Und macht nicht-
zielgerichtete Forschung im Tourismus
überhaupt noch Sinn? Der Expertenrat
kam zu dem Schluss: Innovation entstehe
nicht, indem man Innovationslehrstühle
oder -zentren gründet, sondern durch das
Entdecken von Problemen, systemischer
Beobachtung, Analyse, Interpretation und
Schlussfolgerung – also wissenschaftli-
ches Arbeiten.
Die Situation. Ein Blick in die For-
schungslandschaft bestätigt den Bericht.
Will man an einer ö� entlichen österreichi-
schen Universität „Tourismuswissenschaf-
ten“ studieren, ist das derzeit nicht mehr
möglich. „Etablierte Lehrstühle wurden
geschlossen, die Tourismuslehre fi ndet
zunehmend an Fachhochschulen oder
anderen Einrichtungen ohne ausreichen-
de Ressourcen statt“, schreibt Karl Wöber,
Dekan der privaten MODUL Universität in
Wien und Mitglied des Expertengremiums,
in einem Tourismus-Blog.
Renommierte Tourismuswissen-
schaftler wie Matthias Fuchs (Östersund)
oder Christine Matthies (New South Wales)
sind ins Ausland abgewandert und berich-
ten dort von besseren Forschungsbedin-
gungen. Und während in Ländern wie
China, Australien und Asien die Anzahl der
wissenschaftlichen Publikationen und Dis-
sertationen wächst, fi nden an Österreichs
Hochschulen massive Einsparungen statt.
Das ist umso verwunderlicher, als Vertreter
aus Wirtschaft und Politik immer wieder
unterstreichen, welch hohen Stellenwert
die Tourismuswirtschaft in Österreich hat.
„ Eine guteTheorie hat der Praxis noch niegeschadet“Ohne unabhängige Grundlagenforschung bleibe die Basis vieler Innovationsprozesse auf der Strecke, zu diesem Ergebnis kommt ein vom Wirtschaftsministerium eingesetzter Expertenrat. Fachhochschulen füllen in Österreich eine Lücke, die Universitäten längstnicht mehr abdecken.
VON JANE KATHREIN
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Anstelle der Unis. Tourismusforschung und -lehre fi ndet in Österreich zunehmend an Fachhochschulen wie dem MCI statt.
28
Ursachen-Forschung. Peter Hai-
mayer, Tourismusforscher und Projekt-
manager in Innsbruck, sieht die Ursachen
für den Verlust an touristischer Lehr- und
Forschungskapazität unter anderem in-
nerhalb der Institute und Universitäten.
Ein Trend sei international erkennbar
– im Zuge der Universitätsreformen
werden Institute zusammengelegt oder
ihre fachlichen Kompetenzen erweitert.
Eine Folge gezielter Berufungspolitik. Stu-
denten können Tourismuswissenschaften
an Universitäten nur mehr als einen un-
ter vielen vertiefenden Schwerpunkten
wählen.
Österreichs Beitrag in der interna-
tionalen Tourismusforschung sinkt, auch
das hat der Expertenbeirat festgestellt.
Nationale Beiträge sind das Ergebnis von
Einzelinitiativen und gehen nicht von
Institutionen aus, die langfristig orien-
tierte Grundlagenforschung betreiben.
Die Gründe sind verschieden. Entweder
stehen keine Geldmittel zur Verfügung
oder es fehlt an Forschungsstrategien.
In Gefahr sei auch der wissenschaftliche
Nachwuchs, der bislang eine wesentliche
Rolle für die Lehre an den Fachhochschu-
len gespielt hat. Schon jetzt sinkt die Zahl
der promovierten Wissenschaftler. Wer
soll die künftigen Tourismus-Studenten
ausbilden? Die private MU Wien freut sich
über regen Zulauf vor allem von Studenten
aus Asien.
Praxisorientierung. Die Fach-
hochschulen versuchen seit ein paar
Jahren, die Forschungs-Lücke zu füllen.
Mit ausgeprägter Praxisorientierung und
hoher Kompetenz der dort Lehrenden,
die teilweise auch einen akademischen
Hintergrund haben, werden hier aktuelle
Fragestellungen bearbeitet. Immer an den
Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert.
„Tourismusforschung kann keine
Forschung sein, die von der Wirtschaft
weit entfernt ist“, ist Hubert Siller, Leiter
des Studiengangs für Tourismus- und
Freizeitwirtschaft am Management Center
Innsbruck, überzeugt. „Wir wurden von der
Wirtschaft gegründet und sind mit ihr ge-
wachsen, also beobachten wir auch deren
aktuelle Fragen.“ Über Masterarbeiten hi-
nausgehende Arbeiten wären in manchen
Fällen sehr sinnvoll, vor allem wenn es um
soziale Netzwerke, Entwicklungen oder
Kooperationsverhalten geht.
Lernen könne man von jedem und
überall auf dieser Welt, von Mitbewerbern,
von anderen Branchen und Regionen,
empfi ehlt Hubert Siller den Blick über
den österreichischen Tellerrand. Koope-
rationen mit mehr als 100 Universitäten
ermöglichen einen Wissensaustausch,
der auch gesellschaftliche und techni-
sche Veränderungen mit einbezieht. „Bei
uns steht der alpine Raum im Mittelpunkt
und dort der urbane Raum. Die Fragestel-
lungen sind allerdings sehr ähnlich. Die
Gründe, warum jemand in den Urlaub
fährt, sind überall gleich“, weiß Siller.
Transparenz. Auch die Praktiker in den
Regionen interessieren sich zunehmend
für den Wissensaustausch. Seit dreiein-
halb Jahren betreiben Tirol Werbung und
MCI die Wissensplattform „Tirol Tourism
Research“. Trends, Marktwissen, aktuelle
Themen sowie Tourismusstatistiken sind
über dieses Portal einfach und e� zient
„Während in den letzten Jahren in-ternational die Anzahl der wissen-schaftlichen Publikationen gewaltig gestiegen ist, fanden in Österreich massive Einsparungen auf Kosten der Tourismusforschung statt.“KARL WÖBER, REKTOR DER MODUL UNIVERSITÄT WIEN
„Der Praktiker ist stark am Markt und der Marktforschung interessiert.“ HUBERT SILLER, LEITER FH FÜR TOURISMUSMANAGEMENT AM MANAGEMENT CENTER INNSBRUCK
VOM EXPERTENRAT EMPFOHLENE FORSCHUNGSFRAGEN• Demografi e und Mobilität der Gesell-
schaft und die Auswirkungen auf den Tourismus
• Entwicklung des touristischen Arbeits-marktes und der sich daraus ergeben-den Anforderungen für den Bildungs-markt und die Bildungspolitik
• Auswirkung der Informations- und Kommunikationstechnologie auf das Reiseplanungs- und Buchungsver-halten
• Medienbeobachtung und Wissensma-nagement
• Analyse des Reiseverhaltens im Lich-te stärkerer Konjunkturschwankungen und globaler Finanzkrisen
• Veränderung der Umweltsituation • Etablierung moderner Strukturen im
Destinationsmanagement
abrufbar. „Der Praktiker ist stark am Markt
und der Marktforschung interessiert“, be-
obachtet Hubert Siller. 1.500 Nutzer be-
suchen das Portal inzwischen regelmäßig.
„Die Ergebnisse der Arbeiten sind
selten rezeptartig aufgebaut“, erklärt
Siller. Die Nutzer des TTR seien jedoch
früher an den aktuellen Entwicklungen
dran und könnten die Erkenntnisse auch
auf ihre Projekte anwenden. Die Seite wird
regelmäßig aktualisiert und entsprechend
den Rückmeldungen der User optimiert.
Das Interesse an Themen, die auch in der
wissenschaftlichen Community disku-
tiert werden, sei groß und der Transfer
entscheidend. Der angewandte Bereich
schließe die Lücke zwischen Forschung
und Praxis und darin spiele das MCI eine
Vorreiterrolle. Denn: „Eine gute Theorie
hat der Praxis noch nie geschadet.“ Für die
Kooperation zwischen Hochschuleinrich-
tungen und der Branche fordert Siller neue
Modelle – schon jetzt sei aber immerhin
sehr viel in Bewegung. ×
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Einzigartige Veranstaltungen, überzeugende Umsetzung und reibungslose Abläufe. Wir legen Wert auf Arbeit am Detail und Optimierung der einzelnen Teilbereiche. Modernste Technik, von der Idee über die Planung, Visualisierung bis zur Ausführung. Der Umfang des Events spielt dabei keine Rolle.
Winteropening, Zeltfeste, Firmenevents, Open Air Veranstaltungen, Tagungen, …
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Kinder in den Mittel-punktDas Paznauntal setzt auf ein neues Familienkonzept: Im gesamten Tal gibt es heuer erstmals ein kostenloses Kinderprogramm.
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D iesen Sommer verwandelt sich
das Paznaun in einen Hot-Spot
für Familien. Die vier Ortschaf-
ten Galtür, Kappl, See und Ischgl machen
das Paznaun zu einem abwechslungs-
reichen Familienparadies – mit einem
Kinder- und Jugendprogramm, das
jeden Tag an einem anderen Ort stattfi n-
det. Dank der Silvretta Card All Inclusive
ist die Teilnahme kostenlos.
Für die Kinder und Jugendlichen
bedeutet das: spannende Abwechslung,
jeden Tag ein neues Abenteuer und neue
Entdeckungen inmitten der Alpen. Beim
Klettern im Silvapark Galtür erleben Fel-
sakrobaten ein neues Körpergefühl und
fi nden die richtige Balance, während sie
lernen, sich gegenseitig zu sichern und
aufeinander zu verlassen. Geheimnisse
über die Tier- und Pfl anzenwelt verra-
ten Klara, die Kräuterhexe in Kappl, und
Willi, der freche Waldwichtel in See. Bei
Mountainbiketouren geht’s für Teenager
in rasantem Tempo durch die Ischgler
Bergwelt.
Das Kinder- und Jugendpro-
gramm fi ndet vom 24. Juni bis 6. Sep-
tember erstmals jeden Tag statt – ro-
tierend zwischen Kappl, See, Ischgl und
Galtür. ×
Im Winter 2012/13 wurden rund 26,2
Mio. Nächtigungen (+1,8 %) und
knapp 5,4 Mio. Ankünfte (+2,1 %)
verzeichnet. Damit wurde bei den Näch-
tigungen erstmals die 26-Millionen-Marke
überschritten, das Ergebnis der Gästean-
künfte konnte seit dem Winter 2007/08
durchgehend gesteigert werden. Die Auf-
enthaltsdauer blieb konstant zum Vorjahr
bei durchschnittlich 4,9 Tagen.
Tirols Tourismusreferent und Landes-
hauptmann Günther Platter sieht angesichts
dieses Gesamtergebnisses Tirols führende
Position als Wintersportland Nummer eins
der Alpen eindrucksvoll bestätigt: „Auch
wenn der internationale Wettbewerb der
Destinationen deutlich gestiegen ist, baut
Tirol – gemessen an den Nächtigungen und
Ankünften – seine Anziehungskraft aus.“
Für die Zukunft gelte es weiterhin
die Rahmenbedingungen zu scha� en, um
derartige Erfolge zu ermöglichen. Ganz
in diesem Sinne bekräftigt der Landes-
hauptmann sein Bekenntnis: „Als starkes
Rückgrat Tirols bleibt der Tourismus auch
künftig Chefsache!“ ×
Erfolgreiche WintersaisonDer Tiroler Wintertourismus erzielte das beste Ergebnis aller Zeiten.
theALPS in Chamonix
B ereits zum vierten Mal, aber erst-
malig in den Westalpen, laden
die Vertreter der AlpNet-Partner-
Regionen engagierte Alpentouristiker zu
theALPS. Es gilt, durch bessere Vernet-
zung, durch gemeinsame Analysen und
Zukunftsstrategien nachhaltige Impulse
für einen zukunftsweisenden, wert-
schöpfungsintensiven und ganzjährigen
Alpentourismus zu geben. „Mythos Alpen
– Strategien für die Zukunft“ lautet der
Titel des prominent besetzten theALPS-
Symposiums, das die Relevanz des alpi-
nen Mythos für die Tourismuswirtschaft
beleuchtet.
Das Symposium am 19. und 20.
September in Chamonix Mont-Blanc
steht allen Branchen-Interessierten o� en.
Die Teilnahme kostet 450 Euro. Anmel-
dungen werden bis 1. Juli ausschließlich
online unter www.the-alps.eu entgegen
genommen. ×
31
JUGENDLICHES SINGENÖsterreich ist ein musikalisches Land, wie sich alle drei Jahre beim Bundesjugendsingen zeigt. 2013 fi ndet es in Tirol statt, mit Konzerten, Ausschei-dungssingen und einer Messe. Aus Tirol ist unter anderem die 3a der HS I St. Johann (Bild) dabei.21. bis 25.6.2013, Kufstein und Umgebung
LUST AN DER VIELFALTIm „Langen Sommer am Sparkassenplatz“ spielt sich unter freiem Himmel vieles ab. Das Pro-gramm umfasst eine Klassiknacht mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, ein Konzert von Jennifer Rostock, Filme und anderes mehr. 29.6. bis 17.8.2013, Sparkassenplatz, Innsbruck
KLÄNGE AUS ALTER ZEITVier Abende im Juli sind traditionell der Alten Musik gewidmet. Bei den „50. Ambraser Schloss-konzerten“ treten das Ensemble Amarcord Leipzig (Bild) und das Quatuor Mosaïques auf, dazu gibt es eine Jubiläums-Gala zum Auftakt.9. bis 30.7.2013, Schloss Ambras, Innsbruck
WEITERE VERANSTALTUNGENJohann Nestroy. Einen Jux will er sich machen1.7.–9.8.2013, Schlossbergspiele Rattenberg, www.schlossbergspiele-rattenberg.atFelix Mitterer. Die Geierwally6.7.–31.8.2013, Geierwally Freilichtbühne,Elbigenalp, www.geierwally.atMax Weiler. Bilder 1938–1989, Privatsammlungbis 6.7.2013, Galerie Theodor von Hörmann, ImstRobert Fleischanderl. ALT.SEIN. Kunst im ö� entli-chen Raum, Ausstellungbis 7.7.2013, Mo–So, 10–18 h, Galerie im Franzis-kusheim, Fügen, www.robert-fl eischanderl.com
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Bergstation-Tirol Wien ist um ein Szenelokal reicher.
Im Herzen von Wien, am Karlsplatz, gibt
es jetzt ein Stück Tirol. Die Bergstation-
Tirol wurde am 14. Mai erö� net. Die
Gastronomen Kurt Bender und Tina Schu-
rian inszenieren in Kooperation mit der Tirol
Werbung eine alpine Lifestyle-Location, die
zwei Restaurants, eine Bar und einen Club
beherbergt. „Moderne tri� t Alpenschick“
lautet die Idee zum Konzept hinter der
neuen Bergstation-Tirol. Beim rauschen-
den Erö� nungsfest mit dabei: Prominenz
aus Sport, Kultur, Politik und Gesellschaft.
Mit der Bergstation-Tirol ist das Herz der
Alpen künftig ganzjährig in Wien präsent. ×
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ILM
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Frauen im FelsDas Filmfest in St. Anton am Arlberg fi ndet heuer zum 19. Mal statt.
B eim diesjährigen Filmfest „Berge,
Menschen, Abenteuer“ dreht sich
wieder alles um Bergsportler, Aben-
teurer, besondere Charaktere, mutige Ideen,
Durchhaltevermögen und Können, porträtiert
in 29 Filmen. Herausragend in der diesjährigen
Veranstaltungsreihe sind die vielen erfolgrei-
chen Frauen, die längst zu ihren männlichen
Kollegen aufgeschlossen und ihren festen
Platz in der Kletterszene gefunden haben.
Fast alle Dokumentationen werden von den
Protagonisten selbst vorgestellt. Zu sehen von
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Eine Reise durch TirolDieser topaktuelle und gewissenhaft recherchierte Band rich-
tet sich an Einheimische wie Gäste gleichermaßen und stellt
ein Land vor, das wie kaum ein anderes reich ist an außerge-
wöhnlichen landschaftlichen und kulturellen Höhepunkten.
Nach einer kurzen allgemeinen Einführung zur Ge-
schichte, Geografi e und Kunst Tirols werden in fünf Kapiteln
(Innsbruck, Innsbruck-Umgebung, Unterland, Oberland,
Außerfern) alle Orte und Sehenswürdigkeiten Nordtirols
beschrieben. Übersichtliche Infotafeln und Tabellen bieten
vertiefende Informationen auf einen Blick. Freizeittipps (u. a. Museen, Schwimmbäder,
Sommerrodelbahnen) fi ndet man in diesem reich bebilderten Führer ebenso wie Auskünfte
über Ö� nungszeiten, Telefonnummern und Internetadressen. Wanderhinweise schließlich
stellen für den Leser eine weitere Möglichkeit dar, das Land besser kennen zu lernen.
Anton Prock: Reiseführer Tirol, 317 Seiten, Tyrolia Verlag
v.l.: Tirols Landes-hauptmann Günther
Platter, Opernstar Natalia Ushakova,
Bundesminister Karl-heinz Töchterle und
Tirol Werber Josef Margreiter
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AG
32 SAISON
MAGAZIN
B in ich Spezialist oder Ge-
neralist? Bin ich echter
Wellness-Anbieter oder sind
Hot Stones und Ähnliches
lediglich der Beipack eines vielfältigen
Angebots – diese Frage sollten sich
Wellness-Anbieter in Tirol stellen, meint
Hannes Lösch von der Tourismusbera-
tung Michaeler & Partner. „Hotels müssen
sich in Zukunft noch klarer positionieren
und enger an den Bedürfnissen einer klar
defi nierten Zielgruppe ausrichten“, warf
Lösch in das dicht besetzte Auditorium.
Die Standortagentur Tirol und der „Cluster
Wellness Tirol“ luden Ende Mai zum Kon-
gress in die Villa Blanca und diskutierten
„Die Zukunft des Wellnesstourismus“.
Nach Tirol kommen immer mehr
Gäste neben Skifahren und Wandern
vor allem auch, um sich in exklusiven
Spa-Landschaften und professionellen
Gesundheitsbetrieben zu erholen. Well-
ness ist für viele Betriebe mittlerweile die
Chance, in der Zwischensaison eine länge-
re Auslastung zu erreichen. Und: Wellness-
Angebote machen den Winterurlaub in
Tirol interessanter, besonders wenn der
Schnee ausbleibt. Der Wellness-Tourist ist
unabhängig vom Wetter, ganz im Gegen-
satz zum Outdoor-Fan.
Megatrends. Wellness und Gesundheit
sind die Megatrends der letzten Jahre. Gibt
man bei Google den Begri� „Wellness“
ein, erhält man 2.840.000 Begri� e, sucht
man nach Wellness-Hotels in Österreich,
wirft Google 1.700.000 Tre� er aus. Ein
schwer überschaubares Angebot, das auf
große Nachfrage stößt, wie ein Blick auf
das Reiseverhalten der Deutschen zeigt,
einem der Kernmärkte der Tiroler Touris-
muswirtschaft. 36 Prozent der Deutschen
interessieren sich im Urlaub für gesund-
heitsorientierte Themen. 12,3 Millionen
zieht es zum Wellness-Urlaub, 8,5 Milli-
onen zum Kurzurlaub und 9,9 Millionen
möchten am liebsten Gesundheitsurlaub
machen. „Obwohl die Nachfrage groß
ist, klagen die meisten Wellness-Betriebe
über eine mäßige Auslastung“, stellt Han-
nes Lösch fest. Gut ausgelastet sind die
exklusiven Spa-Landschaften, als Beispiel
für eine gelungene Umsetzung führt Lösch
die Achensee-Region an.
Keine „Trallala-Wellness“. Er reiche
nicht mehr aus, nur Hot Stones zu ver-
packen, sagt wiederum Andreas Wieser.
„Die klassische Wellness braucht mehr
Wissenschaft über die Wirkung der An-
wendungen. Jeder Anbieter muss nach-
denken, wie er mehr Inhalt und Wissen
in seine Leistung integrieren kann statt
Trallala-Wellness zur Pfl ege von Wehlei-
digkeiten und Flucht aus Brüchen, Krisen
und Stress“, fordert der Gründer des Lans
Institute for the future of health. Das dafür
nötige Wissen wäre vielfach vorhanden,
die Studien dazu würden jedoch unaufge-
arbeitet in den Schubladen liegen.
Gefragt sei ein massiver Wandel.
„Der Weg muss von der analogen Tou-
rismusgesellschaft, die sich auf Materie
konzentriert, hin zu Angeboten für eine
neue, digitale beziehungsweise kreative
Generation führen“, ist Andreas Wieser
überzeugt. Diese suche vermehrt geistigen
Anreiz, Kunst, Kultur und Kommunikation.
Bis hin zu Spiritualität und Transzendenz.
Andreas Wieser sieht Spiritualität
als Begri� der spätmodernen Religiosität.
Eine neue Zielgruppe für den Wellness-
Touristiker könnte der Esoteriker sein. Ein
Gast, der in Yoga-Retreats und Detoxing
zur Ruhe fi ndet, sein neu entdecktes Kör-
perbewusstsein könnte der Verbindungs-
schlüssel zur Wellness sein. Die Tiroler
Natur der Anker.
Sehnsucht. Immer mehr Menschen
spüren eine tiefe Sehnsucht nach dem
Ursprünglichen in sich, sie wühlen mit
ihren Händen in der Erde auf der Suche
nach ihren Wurzeln. Schul- und Gemein-
schaftsgarten-Projekte wachsen, immer
mehr Österreicher und auch Deutsche
werden zu Hobbygärtnern. Ein Trend, der
sich weltweit bis in den organisierten Ur-
laub hinein zieht, wie Andreas Wieser auf
einer Reise nach Arizona beobachtete. Hier
arbeiteten Gäste in einem Hotelgarten mit
und waren bereit, dafür zu bezahlen.
Das Rad muss nicht neu erfunden
werden, darin war sich die Expertenrunde
einig. Und nicht jeder Betrieb muss ein
Wellness-Anbieter sein.
„Tirol soll zum begehrtesten Kraft-
platz der alpinen Welt werden“, wünscht
sich Harald Gohm, Geschäftsführer der
Standortagentur Tirol. Andreas Wieser
sieht Tirol als Modellland der Touris-
muswirtschaft. Die heimischen Betriebe
müssen mit den modernsten Instrumen-
ten der Unternehmensführung arbeiten,
denn nur so können sie Spitzenkräfte im
Land halten. Investment in ein Klima, in
dem sich Innovationen und Ideen entfal-
ten können. So erwecke man vermehrt
soziale und intellektuelle Potenziale.
Gegen den Strom. Authentizität war
ein viel verwendetes Schlagwort in der
Das Rad muss nicht neu erfunden werdenWellness und Gesundheit sind die Megatrends der letzten Jahre. Wie der Tiroler Tourismus dieses Segment stärker nutzen kann, wurde kürzlich im Rahmen eines Kongresses in Innsbruck diskutiert. Mut zu Neuem und Authentizität waren die am häufi gsten verwendeten Schlagworte.
VON JANE K ATHREIN
„Der Gesundheitstourismus hat großes Potenzial und ist in unserer neuen Marketingstrategie als wichtiges Entwicklungsthema berücksichtigt.“MICHAEL BRANDL, PROKURIST DER TIROL WERBUNG
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Expertenrunde. Wer die eigenen Stärken
und Schwächen kennt, fi ndet die Themen,
die er mit Überzeugung nach außen trans-
portieren kann und das überzeuge auch
die Gäste. „Der Gesundheitstourismus hat
großes Potenzial und ist in unserer neuen
Marketingstrategie als wichtiges Entwick-
lungsthema berücksichtigt“, betont Mi-
chael Brandl, Prokurist der Tirol Werbung.
„Es braucht allerdings insbesondere noch
eine stärkere Spezialisierung und Positio-
nierung auf betrieblicher Ebene.“
Wer aber alte Pfade verlassen und zu
seinem Angebot fi nden will, braucht Mut.
Die Frage „Würde ich selber gerne in mei-
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CLUSTER WELLNESS TIROL113 innovationsstarke Unternehmen, Institutio-nen und Hochschulen haben sich zum Cluster Wellness Tirol zusammengefunden. Gemeinsam wollen sie ihre Stärken bündeln und so Entwick-lungen vorantreiben und auch zwischen Wirt-schafts- und Forschungspartnern vernetzen. Die Höhe des Clusterbeitrages ist nach Unterneh-mensgröße gesta� elt, von Start-up-Unternehmen wird im ersten Jahr kein Beitrag eingehoben. An-sprechpartner: Robert Ranzi, 0512/ 57 62 62-35.
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nem Hotel Urlaub machen?“ helfe einen
großen Schritt weiter, ist Hannes Lösch
überzeugt. Das Hotel als vielfältiger Alles-
könner, das viele Zielgruppen gleichzeitig
bedient, hat hingegen ausgedient. Zum
Bauchladen würden sich heute nur noch
große Hotelanlagen und Resorts eignen.
„Die drei Schlagwörter für den
Tiroler Tourismus müssen künftig Raum,
Ruhe und Zeit sein. Wenn es uns gelingt,
dem Gast einen gesunden Lebensstil
vorzuleben, bleiben wir erfolgreich“, gab
Siegfried Egger, Obmann der Fachgruppe
Hotellerie der Wirtschaftskammer Tirol,
den Teilnehmern mit auf den Weg. ×
„Die klassische Wellness braucht mehr Wissenschaft über die Wirkung der Anwendungen. Jeder Anbieter muss nach-denken, wie er mehr Inhalt und Wissen in seine Leistung integrieren kann statt Trallala-Wellness zur Pfl ege von Wehleidigkeiten und Flucht aus Brüchen, Krisen und Stress.“ANDREAS WIESER, GRÜNDER DES LANS INSTITUTE FOR THE FUTURE OF HEALTH
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34 SAISON
MAGAZIN
Der aktive GenießerDie Belgier lieben die Alpen. Vor allem der Sommer hat großes Potenzial. Seit einigen Jahren sind die Nächtigungszahlen im Sommer jedoch rückläufi g. Diesen Abwärtstrend will die Tirol Werbung mit gezieltem Marketing umkehren.
VON S YLVIA A INE T TER
BELGIEN
R und neun Stunden Au-
tofahrt: Die nimmt der
belgische Gast in Kauf, um
Urlaub in Tirol zu machen.
Im Sommer 2012 waren es rund 97.500
Gäste, im Winter 2012/2013 156.700. Der
Belgier ist im Urlaub gerne fl exibel – des-
wegen entscheiden sich 85 Prozent für
die Anreise mit dem Pkw. Die Belgier sind
anspruchsvolle Gäste – sie bevorzugen
mehr als andere Nationen die gehobene
Hotellerie: Rund 40 Prozent steigen in
4- und 5-Stern-Unterkünften ab. Doch
auch in anderen Bereichen zeigt sich der
belgische Gast wählerisch: „Der Urlauber
aus Belgien legt viel Wert auf gute Küche
und ist auch bereit, dafür entsprechend
Geld auszugeben“, sagt Nicole Pfeifer,
bei der Tirol Werbung für den belgischen
Markt zuständig. Die Tiroler Küche hat es
ihnen eben besonders angetan.
Diese hohen Ansprüche machen
sich auch in den Kosten des Urlaubs
bemerkbar: Im Winter liegt er mit Tages-
ausgaben von 142 Euro ein gutes Stück
über dem Durchschnitt von 123 Euro.
Im Sommer ist der belgische Gast zwar
sparsamer und gibt nur 85 Euro pro Tag
aus (Durchschnitt: 97 Euro), allerdings hat
er mit 5,8 Tagen eine überdurchschnittlich
hohe Aufenthaltsdauer (Tirol gesamt: 4,0).
Die niedrigen Tagesausgaben sind auch
darauf zurückzuführen, dass die belgi-
schen Gäste in der warmen Jahreszeit
vor allem Familienurlaub machen.
Der belgische Sommergast. Zwar
kommen auch die belgischen Urlauber in
erster Linie in den kalten Monaten zum
Skifahren nach Tirol, doch auch für den
Sommertourismus sind sie wichtige Gäs-
te: 40 Prozent machen Sommerurlaub in
Tirol. Aktivität Nummer eins: Wandern.
Dicht gefolgt von Baden/Schwimmen,
Radfahren und Mountainbiken. Der bel-
gische Gast sieht sich im Vergleich zu
anderen Nationen überdurchschnittlich
aktiv und kombiniert viele Aktivitäten in
seinem Urlaub in Tirol.
Neben Sport ist Kulinarik eine
wesentliche Urlaubskomponente: Der
Restaurantbesuch und der Genuss Tiro-
ler Speisen steht vor allem im Sommer
im Fokus. Zur Erholung gehen belgische
Gäste gern spazieren, machen Ausfl üge,
besuchen Sehenswürdigkeiten, Freizeit-
parks, Erlebnisbäder und Museen. Sehr
beliebt ist außerdem das Shopping.
Werbeo� ensive. Reist der Belgier
nach Österreich, fällt seine Wahl meist
auf Tirol (60 %). Doch seit 2007 sind die
„Wir konzentrieren uns auf den kaufkraftstarken Raum Flandern, der eine hohe A� nität zu Tirol hat – im Gegensatz zu den Wallonen, die stärker zu Frankreich tendieren.“NICOLE PFEIFER, MARKETING BELGIEN, ITALIEN
Präsenz. Eine groß angelegte Image-Kampagne soll Tirol wieder ins Bewusstsein der Belgier rücken.
35
DER TYPISCHE BELGISCHE GAST: ist im Som-mer durchschnittlich 46 Jahre, im Winter 45 Jahre alt. Der Wintergast ist älter als der durchschnittliche Tirol-Gast (42 Jahre), der Sommergast jünger (48 Jahre).
AUFENTHALTSDAUER: Der belgische Gast bleibt überdurchschnittlich lange. Im Winter 2011/12 und im Sommer 2012 jeweils 5,8 Tage (Tirol gesamt 4,9 bzw. 4,0 Tage)
BEVORZUGTE UNTERKUNFT 2011/12: Mit fast 40 % überdurchschnittlich hoher Anteil in der 4/5-Sternehotellerie (Tirol gesamt: 34 %); Ferienwohnungen sind mit 18 % unterdurch-schnittlich gefragt (Tirol gesamt: 25 %).
WINTERAKTIVITÄTEN: Skifahren (85 %), Snow-boarden (20 %), Winterwandern (16 %), Rodeln (14 %), Langlaufen (9 %), Skitouren (5 %)
SOMMERAKTIVITÄTEN: Wandern (96 %), Baden und Schwimmen (40 %), Bergtouren (30 %), Radfahren (22 %), Mountainbiken (11 %)
ANREISE: Belgier reisen sehr häufi g mit dem Auto an (Winter 83 %, Sommer 84 %). Im Som-mer spielt auch die Busanreise (12 %) bzw. im Winter das Flugzeug (7 %) eine wichtige Rolle.
BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: Der Großteil der belgischen Gäste bucht direkt beim Ver-mieter (Sommer 60 %, Winter 52 %), Buchun-gen werden hauptsächlich per E-Mail durch-geführt.
INFORMATIONSQUELLEN: Internet im Win-ter (60 %), im Sommer Internet und Bekannte/Freunde in gleichem Maße (je 40 %)
TAGESAUSGABEN 2011/12: Im Winter gibt der Belgier pro Tag 142 Euro (Durchschnitt aller Nationen: 123 Euro) aus, im Sommer 85 Euro (Durchschnitt: 97 Euro).
ANTEIL AM TIROLER GÄSTEMIX: 3,4 % der Übernachtungen im TJ 2011/12
REISEHÄUFIGKEIT 2011: sehr hohe Auslandsreise intensität von 174 %
NÄCHTIGUNGSZAHLEN: Sommer 2012: 566.700, Winter 2012/2013: 915.500
REISEVOLUMEN: Die Belgier unternahmen 2011 rund 15,2 Mio. Auslandsreisen, wovon 12 Mio. auf Urlaubsreisen entfallen.
BIP PRO KOPF 2011: 33.700 Euro (EU: 25.100 Euro)
REISEMARKT BELGIENIN ZAHLEN:
KONTAKTMag. Nicole Pfeifer Marketing Belgien, ItalienTel.: +43 (0)512/53 20-664
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Zahlen deutlich rückläufi g. Nicole Pfeifer
führt das nicht auf Desinteresse oder die
Wirtschaftskrise zurück: „Die Zahl der
Alpenauslandsurlaube ist gestiegen, Tirol
hat es aber in der Vergangenheit nicht
gescha� t, dieses Potenzial abzuschöp-
fen. Unsere Konkurrenten konnten die
Sommerzahlen in den vergangenen Sai-
sonen steigern, während Tirol Einbußen
verzeichnen musste.“
Die Tirol Werbung hat den bel-
gischen Markt wieder aufgewertet und
bemüht sich nun verstärkt um den belgi-
schen Gast. „Wir konzentrieren uns auf den
kaufkraftstarken Raum Flandern, der eine
hohe A� nität zu Tirol hat – im Gegensatz
zu den Wallonen, die stärker zu Frankreich
tendieren“, erklärt Pfeifer. Nach einer sehr
erfolgreichen Kooperation mit dem belgi-
QUELLEN: CIA, EUROSTAT 2011, AMT DER TIROLER LANDESREGIERUNG, SG. LANDESSTATISTIK, TIRIS, TOURMIS, DZT MARKTINFORMATION BELGIEN, T-MONA SOMMER 2011 UND WINTER 2011/12
schen Autofahrerclub VAB folgte im April/
Mai diesen Jahres eine innovative und groß
angelegte Imagekampagne: Straßenbahn-
beklebungen, ansprechende Gestaltung
von Tirol-Bushaltestellen mit Social-Me-
dia-Komponente und Verteilaktion sowie
zahlreiche Citylights in Antwerpen und
Gent sollen Tirol wieder ins Bewusstsein
der belgischen Bevölkerung rücken.“
Der Belgier sieht sich selbst als
sportlich und aktiv – in Tirol wird der
belgische Urlauber jedoch als Genussur-
lauber wahrgenommen. Bisher sprach ihn
die Tourismuswerbung auch als solchen
an – das soll sich nun ändern. „Wir streben
einen Image-Wandel an“, erklärt Pfeifer,
„und präsentieren uns vermehrt als Sport-
Region, um den sportlichen Genießer
adäquat anzusprechen.“
„Wir müssen etwas tun, damit wir
diesen wichtigen Sommergast nicht ver-
lieren“, erklärt Nicole Pfeifer, „unser Ziel ist
es, den Negativtrend aufzuhalten und auf
lange Sicht den Marktanteil zu erhöhen.“
Gemeinsam mit den Regionen will die
Tirol Werbung bis 2016 den Abwärtstrend
im Sommer umkehren, damit künftig in Ti-
rol wieder mehr belgische Gäste begrüßt
werden können. ×
TIPPS FÜR DIE MARKTBEARBEITUNG• Dem belgischen Gast ist die persön-
liche Betreuung sowie auch gute Qualität wichtig. Dafür ist er gerne bereit, mehr zu bezahlen.
• Die Ansprache der Flamen sollte auf Flämisch, Englisch oder Deutsch passieren, aber nicht auf Französisch.
• Flamen und Wallonen dürfen schon alleine aufgrund der Sprachen nicht über einen Kamm geschert werden.
• Kulinarik ist dem belgischen Gast sehr wichtig – er ist ein Genießer.
• Der Belgier sieht sich selbst aber als sehr sportlich aktiv – aus diesem Grunde sollte der sportliche Genießer mit passenden Angeboten angesprochen werden.
• Vor allem im Sommer spielen Familien eine große Rolle und daher ist die Kommunikation von Familien-angeboten und -aktivitäten von großer Bedeutung.
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)
36 SAISON
MAGAZIN
G utes, geschultes Personal
kostet – zu Recht. Aber
was in der Hauptsaison
das größte Kapital eines
Hotels ist, kann in der Zwischensaison
zur fi nanziellen Belastung werden. Zu
den kostenintensiven Services gehört
auch die Rezeption. Nicht immer wird sie
im gleichen Ausmaß in Anspruch genom-
men. Außerhalb der Hauptsaison oder zu
Randzeiten des Tages wird dieses Ange-
bot oft kaum genutzt. Der elektronische
Concierge-Service von Susanne Thamer
und Margarethe Ritsch soll hier Abhilfe
scha� en. Sogenannte Henrys erledigen
alles, was zu den klassischen Aufgaben
eines Concierge gehört. Mit nur einem
Unterschied: Sie sind nicht tatsächlich
vor Ort.
Henrys sind eigens für diese Aufga-
be ausgebildete Mitarbeiter. Ruft der Gast
an, wird er an die Henrys weitergeleitet,
die dann seine Anfrage entgegenneh-
men und ihm weiterhelfen. „Es ist keine
Hotline und auch kein Callcenter“, betont
Thamer. Der Anrufer merke gar nicht, dass
er sich nicht mehr im Hotel befi nde. Der
zuständige Henry melde sich nämlich mit
dem jeweiligen Hotelnamen. Er verfüge
außerdem über dieselben Informationen
wie der dortige Tourismusverband und
die Rezeption des Hotels.
Damit er darüber hinaus auch das lokale
Umfeld kennt, wird ein Teamleiter vor Ort
geschickt. Er macht sich dann mit dem
Betrieb und seiner Umgebung vertraut.
Dieses Wissen gibt dieser dann an sein
Team weiter. „Wenn beispielsweise ein
Gast anruft und sagt, ich bin gerade bei
der Hütte XY, aber die hat zu, erklärt ihm
ein Henry, wo er die nächstgelegene of-
fene Almhütte fi ndet“, so Thamer.
Kostensparender Service. Die Idee
stammt von Ritsch. „Es ist einfach schön
zu wissen, da ist jemand nur für mich da“,
erklärt sie die Vorzüge des Concierge-
Service für den Anrufer. Egal welche
Auskunft gebraucht werde, ob es die
Abfahrtszeit des nächsten Zugs ist oder
welche Veranstaltungen am Abend in-
teressant sein könnten, ein Henry hilft
weiter. Die Rezeption habe dafür nicht
immer ausreichend Zeit. Auch wenn viele
Gäste heute ihr Smartphone nutzen, hat
die telefonische Auskunft für Urlauber aus
dem Ausland immer noch einen wichtigen
Stellenwert, ist Ritsch überzeugt. Gerade
internationale Besucher seien angesichts
Virtueller Concierge auf BestellungMit einem rund um die Uhr erreichbaren, telefonischen Butler-Service wollen die beiden Touristikerinnen Susanne Thamer und Margarethe Ritsch für Hotels eine Kosten sparende Alternative zur ständig besetzten Rezeption bieten. Zwei Hotels setzen bereits auf Henry Phone.
VON SONJA K AINZ
„Es ist einfach schön zu wissen, da ist jemand nur für mich da.“MARGARETHE RITSCH
37
zusätzlich ein Henry mit entsprechenden
Sprachkenntnissen organisiert werden.
Die Henrys erfüllen Aufgaben, die sonst
die Rezeption im Haus übernimmt – sie
tätigen Reservierungen, veranlassen das
Au� üllen der Minibar oder sorgen dafür,
dass ein Gast vom Hotelchef zurückge-
rufen wird.
Das Unternehmen mit Sitz in St.
Johann in Tirol existiert mittlerweile seit
drei Jahren. 2012 wurde es in eine GmbH
umgewandelt und fi rmiert jetzt unter dem
Namen Henry Dienstleistungs GmbH.
Zwei Hotels setzen bisher auf Henry,
hoher Roaminggebühren beim Surfen im
Ausland zurückhaltend.
Für die Hotels sieht Thamer den
Vorteil vor allem im Kostenfaktor. „Henry
spart Personalkosten.“ Henry Phone ist
24 Stunden erreichbar, sieben Tage die
Woche. Das sei für die Betriebe etwa au-
ßerhalb der Hauptsaison interessant oder
am Wochenende. Aber auch, wenn es
einmal hoch hergeht, könne Henry Phone
für ein Hotel von Nutzen sein. In Zeiten, in
denen die Rezeption mit anderen Anfra-
gen ausgelastet ist, könne man Henry als
Backup benutzen. „Man kann vereinbaren,
dass jeder Anruf nach drei Mal läuten zu
uns umgeleitet wird. Gerade in der Hoch-
saison ist jeder Gast, dessen Anruf nicht
beantwortet wird, ein verlorener Gast“,
meint die Unternehmensberaterin.
Überzeugungsarbeit nötig. Alle
derzeit 25 Mitarbeiter von Henry Phone
sind zweisprachig – deutsch und eng-
lisch. Verfüge ein Hotel beispielsweise
über viele russischsprachige Gäste, könne
„Man kann vereinbaren, dass jeder Anruf nach drei Mal läuten zu uns umgeleitet wird. Gerade in der Hochsaison ist jeder Gast, dessen Anruf nicht beantwortet wird, ein verlorener Gast.“SUSANNE THAMER, LI.
eines zu Zeiten, in denen die Rezeption
nicht besetzt ist, ein weiteres verlässt
sich komplett auf Henry Phone und ver-
zichtet auf eine eigene Rezeption. Es sei
nicht immer ganz leicht, die Betriebe von
Henry zu überzeugen, räumt Thamer ein.
Es bestehe eine gewisse Hemmschwelle,
diese Aufgaben außer Haus zu geben. Was
hierzulande allerdings noch ein Novum
darstellt, ist in den USA und Großbritan-
nien schon weit verbreitet, so die Unter-
nehmerin. ×
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3838
W ir sind mit den Kin-
dern draußen in
der Natur. Es ist die
Tiroler Berg- und Al-
menwelt, die wir bespielen. Wald, Wiesen,
Wasser – viel mehr braucht man nicht,
um Kinder zu begeistern“, sagt Marlies
Erhard. Die gelernte Sozialpädagogin ist
seit Beginn an mit der Leitung der Tiroler
Familiennester betraut und gibt die Be-
geisterung für das naturnahe kindliche
Erleben der Tiroler Natur weiter.
Die Tiroler Familiennester sind
heute eine der erfolgreichsten Initiativen
in diesem Bereich und wurden 1997 auf
Anregung der Tirol Werbung und en-
gagierter Regionen ins Leben gerufen.
Inzwischen sind die Familiennester ein
eigenständiger Verein, der sich um Kin-
derprogramme kümmert, die dann in den
Regionen Tirols umgesetzt werden. Dazu
gehören die entsprechende Konzeption
der Programme, die Fortbildung der
Kinder- und Jugendbetreuer sowie die
Betreuung der Partnerbetriebe aus der
Tiroler Hotellerie.
Eine Erfolgsgeschichte. Vor 15
Jahren haben die Tiroler Familiennester
mit neun Tiroler Orten begonnen, die
schon damals großen Wert auf qualitativ
hochwertige Programme für die Familie
gelegt haben. Inzwischen sind aus diesen
neun Orten 15 Tiroler Tourismusregionen
geworden. „Unser jüngstes Mitglied ist das
Ötztal“, erzählt Marlies Erhard stolz. „Hier
haben wir gerade begonnen, im vorderen
Ötztal sehr erfolgreich die Programme der
Familiennester umzusetzen.“
Der Verein Tiroler Familiennester
wird von den Tourismusregionen getra-
gen, welche die jährlich wechselnden Kin-
derprogramme kostenlos in ihrer Region
umsetzen. Wesentlicher Bestandteil des
Konzeptes sind die Beherbergungsbetrie-
be, die sich als Partner der Familiennester
einem Qualitäts-Check unterziehen und
ihre Gäste-Kinder zu den Programmen
schicken. „Will man Partnerbetrieb sein,
dann wird man alle drei Jahre auf Familien-
freundlichkeit untersucht“, erzählt Marlies
Erhard. Dieser Qualitäts-Check wird von
den Partnerbetrieben gerne mitgetragen,
ist er doch ein wichtiger Gradmesser für
den Erfolg im Familientourismus. Derzeit
tragen rund 200 Hotels und Pensionen
dieses Gütesiegel.
Willi Waldwichtel. Kernarbeit der
Tiroler Familiennester ist es, jährlich neue
Programme zu bieten, um Kinder und Ju-
gendliche zu begeistern. Jedes Programm
wird begleitet von einem Maskottchen,
das stellvertretend die Idee aufgreift. 2013
ist es Willi Waldwichtel, der die Kinder ver-
zaubern soll. Rund um das Maskottchen
wird dann ein Aktivitätenprogramm ge-
strickt – mit Spielgeschichten, Bastelideen
und vielem mehr.
Hinter dem Jahresmotto steckt
jede Menge Arbeit. Die Nestbetreuer der
Regionen tre� en sich jährlich, um die In-
halte zu vertiefen und sich untereinander
auszutauschen, wie die Kinderbetreuung
in ihrer Region funktioniert. „Ohne die en-
gagierten Nestbetreuer in den Regionen
würde unser Konzept nicht funktionieren“,
ist Marlies Erhard überzeugt. „Sie geben
all die Emotionen weiter, die wir in unsere
Konzepte stecken.“
Zum 15-jährigen Jubiläum schaut
man bei den Tiroler Familiennestern in die
Zukunft. Ein Themenfeld, dem man sich
intensiver widmen wird, ist die Betreuung
von Jugendlichen. „Hier ist der eindeutige
Wunsch, dass man auch für Kinder über
zehn Jahren ein kostenloses Betreuungs-
angebot scha� en muss“, erklärt Erhard.
Was Kinder im Urlaub wollenDer Verein Tiroler Familiennester feiert heuer sein 15-jähriges Jubiläum. Erfolgreich bietet man hochwertige Kinderprogramme an. Das Credo: Kinder müssen Natur erleben können.
VON ERNST SPRENG
Engagiert. Die Nest-betreuer der einzelnen Tiroler Tourismus-regionen tre� en sich einmal jährlich zur Fortbildung.
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High-Tech vom Werkstoff bis zum fertigen Haus
DIE TIROLER FAMILIENNESTER
Die Tiroler Familiennester wurden 1997 als eigene Angebots-gruppe der Tirol Werbung ins Leben gerufen. Inzwischen bilden sie einen eigenständigen Verein, der aktuell 15 Tiroler Regionen zu seinen Mitgliedern zählt. In diesen Familienregionen sind 200 familienfreundliche Beherbergungsbetriebe Partner der Tiroler Familiennester. 2012 haben circa 90 Kinder- und Jugendbetreu-er mehr als 30.000 Kinder in den Programmen der Familiennes-ter betreut.
www.tiroler-familiennester.at
Die Familiennester haben reagiert und
heuer beispielsweise zum ersten Mal das
Thema „Geocaching“ aufgegri� en, das für
Jugendliche eine interessante Möglich-
keit bringt, moderne Technik mit Naturer-
lebnis zu verbinden. Neu bei den Tiroler
Familiennestern ist seit heuer auch die
Unterteilung der Partnerbetriebe in „Nest-
partner“ und „Premium-Nestpartner“. Die
ersten Premiumbetriebe werden jetzt im
Ötztal mit diesem Gütesiegel versehen.
Engagiertes Team. Ein wesentlicher
Erfolgsfaktor der Tiroler Familiennester
ist das anhaltende Engagement der trei-
benden Kräfte. Alle Gründungsregionen
sind auch heute noch dabei, der Obmann
heißt seit zehn Jahren Karl Atzinger. Und
auch Familienpionier Franz Tschiderer aus
Serfaus ist seit Anbeginn an mit dabei. „Der
Verein ist so erfolgreich, weil es nach wie
vor eine sehr enge Bindung zur Tirol Wer-
bung gibt“, ist Marlies Erhard überzeugt.
„Denn ohne die entsprechende Vermark-
tung durch die Tirol Werbung nützt uns
das beste Kinderprogramm nichts.“ ×
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Geehrt. Seit Beginn an Nestbetreuer (v. l.): Karl und Franziska Frinner, Helmut Reibl und Cordula Geiger. Weiters im Bild: Marlies Erhard, Karl Atzinger und Familiennester-Assistentin Conny Friesenbichler.
Fixstarter. Marlies Erhard ist seit 15 Jahren
Leiterin der Familien-nester, Karl Atzinger seit
zehn Jahren Obmann des Vereines.
41
N adine Tschiderer ist in
der Hotellerie groß ge-
worden. Die Idee, ein
soziales Netzwerk für
die Branche zu scha� en, ist deshalb quasi
an der Rezeption des Familienbetriebs in
Ischgl entstanden. Immer wieder sah sie,
wie fanatisch Gäste sich mit Facebook
befassten, und dachte sich: „Wieso gibt
es so etwas eigentlich nicht für Hotels?“
Mit Worldhotelbook rief sie deshalb
einen digitalen Tre� punkt für Branchenin-
sider ins Leben. Im Gegensatz zu privaten
Social-Media-Plattformen werden hier
allerdings keine Schnappschüsse von der
letzten Party gepostet. Stattdessen haben
Hotels aller Kategorien die Möglichkeit,
sich für potenzielle neue Mitarbeiter von
ihrer schönsten Seite zu präsentieren.
200 Häuser sind derzeit auf World-
hotelbook zu fi nden, darunter klingende
Namen wie das SPM in Monte Carlo oder
das 1912 erö� nete Luxushotel Negresco
in Nizza. Der Schwerpunkt liegt derzeit
noch auf Betrieben aus dem deutschspra-
chigen Raum, besonders Norddeutsch-
land und Österreich sind stark vertreten,
aber es kommen auch immer mehr re-
nommierte Mitglieder aus aller Welt dazu,
sagt die Unternehmerin.
Von Reiseliebhabern geschätzt. Seit März 2012 ist die Seite online und ent-
wickelt sich. Auch in zunächst unerwarte-
te Richtungen. „Es hat sich herausgestellt,
dass neben den Insidern auch immer
mehr Reiseliebhaber auf Worldhotelbook
aufmerksam geworden sind“, erzählt die
29-Jährige. Deshalb gebe es mittlerweile
auch einen großen Gästefaktor. Im Ge-
gensatz zu Unternehmen können sich
Privatpersonen kostenlos registrieren.
Alle Informationen sind aber auch für
nicht registrierte Nutzer zugänglich. Wenn
einem Besucher ein Hotel zusagt, kann er
es zusätzlich sofort online buchen. Der In-
teressent wird dazu entweder direkt zum
Buchungstool auf der Hotelwebsite wei-
tergeleitet, oder er nutzt das Angebot auf
einer der großen Buchungsplattformen.
„Derzeit wird Worldhotelbook von
Hotels großteils als Distributionskanal
genutzt“, sagt die Jungunternehmerin.
Die Firmengründerin glaubt, dass in den
kommenden fünf bis zehn Jahren die
Bedeutung der großen Buchungsplatt-
formen tendenziell abnehmen wird. „Ich
denke, die Hotels werden sich verstärkt
Wege suchen, um die hohen Provisionen
zu vermeiden.“ Im Konzept von Worldho-
telbook sieht sie deshalb auch Potenzial
als zusätzlichen Vertriebskanal.
Personalsuche via „Sedcard“. Neben der Eigenpräsentation der Ho-
tels und dem Buchungstool bringt die
Plattform zusätzlich auch Jobsuchende
und potenzielle Arbeitgeber zusammen.
Bewerber können sich ebenso wie Hotels
auf Worldhotelbook in Szene setzen, und
zwar mit einem Online-Lebenslauf in
Form einer „Sedcard“.
Eine weitere Entwicklung, die
Tschiderer nicht in der Größenordnung
erwartet hat, ist, dass sich neben Hotels
und potenziellen Gästen auch verschie-
denste Dienstleister für die Hotellerie auf
Worldhotelbook registrieren. Die Auswahl
reiche von Consulting-Firmen über Wer-
beagenturen bis zu Getränkelieferanten.
„Der Vorteil für die Firma ist, dass sie sich
e� zient und zielgruppengerecht präsen-
tieren kann“, so die Touristikerin.
Die Schnelllebigkeit des Internets lässt
Prognosen darüber, wohin sich World-
hotelbook in Zukunft bewegen wird,
kaum zu. Aktuell scheint Tschiderer mit
ihrer Geschäftsidee jedenfalls einen Nerv
getro� en zu haben. „Die Resonanz war bis
jetzt sehr gut. Dieser Mix aus allem war
schon etwas Neues für die Branche.“ ×
www.worldhotelbook.com
Facebook für HotelsSocial Media ist zum Schlagwort für zeitgemäßes Marketing geworden. Was Facebook für Privatpersonen ist, soll Worldhotelbook für Hotels werden.
VON SONJA KAINZ
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Plattform. 200 Hotels sind derzeit auf Worldhotelbook von Gründerin Nadine Tschiderer zu fi nden.
„Es hat sich herausgestellt, dass neben den Insidern auch immer mehr Reiseliebhaber auf Worldhotelbook aufmerksam geworden sind.“NADINE TSCHIDERER, JUNGUNTERNEHMERIN
SAISON
MAGAZIN
42 SAISON
MAGAZIN
D ie Geschichte der Alpin-
schule Innsbruck (ASI)
ist untrennbar mit dem
Namen Hannes Gasser
verbunden. Der Bergführer und Leiter
mehrerer spektakulärer Südamerika-
Expeditionen erö� nete 1963 mit nur zwei
Mitarbeitern die Alpinschule Innsbruck. Im
ersten Jahrzehnt der Firmengeschichte hat
sich Hannes Gasser darauf fokussiert, sei-
nen Gästen die schönsten Routen in den
Alpen zu zeigen. Die Hütte am Berg war der
zentrale, stimmige Ausgangspunkt zahllo-
ser Wanderungen. Die Entwicklung der ASI
ging dann schnell voran. Zuerst steigerte
sich der Komfort der Unterbringungen, vor
rund 30 Jahren entschloss man sich dann,
Wanderreisen international anzubieten.
Und das mit Erfolg. Die ASI ist heute
im Bereich der Wander- und Trekkingrei-
sen Marktführer im deutschsprachigen
Raum und betreut pro Jahr über 20.000
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Urlaubsgäste. Allein im Alpenraum werden
50 verschiedene Wanderreisen angebo-
ten. Inzwischen ist die ASI mit rund 250
Guides auf fünf Kontinenten im Einsatz.
„Unser Markenkern sind die Wander- und
Trekkingreisen“, erklärt Firmenchef Am-
bros Gasser, Sohn des Gründers. „Jede
Reise ist ein von uns sorgfältig geplantes
Gesamterlebnis aus Natur, Kultur, kulinari-
schen Besonderheiten und ausgewählten
Unterkünften. Im Englischen ist die Defi -
nition unserer Reiseinhalte gri� ger: Es ist
Adventure Travel.“
Die Reiseziele werden bei der ASI
aber nicht nur nach ihrer Einzigartigkeit
ausgewählt. „Wir reisen mit unseren Gäs-
ten abseits der Masse und zeigen unseren
Kunden Ursprünglichkeit und echtes Le-
ben. Wir meiden inszenierte Touristen-
shows“, erzählt Gasser. Und: „Nachhaltig
waren unsere Reisen schon immer. Das ist
reine Selbsterhaltung. Nur dort, wo ökolo-
gische Verantwortung übernommen wird,
und das tun wir, kann man auch in Zukunft
Natur erleben.“
Familienunternehmen. Doch zu-
rück zur Geschichte des erfolgreichen
Unternehmens. Nach dem plötzlichen
Tod von Hannes Gasser 1996 übernahm
seine Frau Elfi die Geschicke des Unter-
nehmens. 2007 stieg die zweite Genera-
tion – Ambros Gasser – ins Unternehmen
ein. Seit 2011 leitet er das Unternehmen.
„Ich kann meinem Vater und meiner Mut-
ter nur danken. Sie haben mit viel Bedacht
wichtige strategische Entscheidungen ge-
tro� en und unseren Markenkern nie aus
den Augen verloren“, so Gasser.
Besucht man heute den Firmensitz
in Natters, hat man rasch das Gefühl, dass
hier die Kernelemente Wandern, Erleb-
nis, Trekking wirklich gelebt werden. Das
ist wahrscheinlich das Erfolgsrezept der
Adventure TravelDie Alpinschule Innsbruck wird heuer 50 Jahre alt. Heute ist das Unternehmen aus Natters im deutschsprachigen Raum der führende Reiseveranstalter für Wander- und Trekking-Urlaube.
VON ERNST SPRENG
43
ASI: Es sind keine Reiseprodukte aus der
Retorte, sondern feinfühlig abgestimmte
Naturerlebnisse. „Jeder ASI-Mitarbeiter
kann einmal im Jahr kostenlos selbst eine
ASI-Reise mitmachen“, erklärt Ambros Gas-
ser seinen Stil der Personalführung, der sich
auch in der Mitarbeiterzentrale deutlich wi-
derspiegelt. Meetings werden im Wald beim
Walking abgehalten, im Mitarbeiter-Garten
steht eine Kletterwand zum Entspannen.
„Wer Adventure Travel anbietet, muss wis-
sen, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Das
erleben meine Mitarbeiter hautnah“, meint
Ambros Gasser, der selbst noch regelmäßig
Gruppen führt und sich nicht nur auf die
Marktforschung verlässt.
Neue Reisen. Noch etwas zeichnet die
Arbeit der ASI aus. Jährlich werden neue
Sich weiter- entwickeln
Im Interview erzählt Ambros Gasser von den Zukunftsplä-nen der Alpinschule Innsbruck.
H err Gasser, 50 Jahre erfolgreich – was nun?
AMBROS GASSER: Unse-
re Zukunftsstrategie ist klar defi niert. In
unserem Markenkern, den Erlebnisrei-
sen zu Fuß, wollen wir weiter kontinu-
ierlich wachsen und uns innerhalb des
Segments verbreitern.
Wie soll das konkret ausschauen?
Zum Beispiel haben wir uns zum
50-jährigen Jubiläum ein Geschenk
gemacht. Erstmals bieten wir nicht
nur Gruppenreisen an, sondern haben
Angebote für Individualreisen ins Pro-
gramm aufgenommen. Diese Individu-
alreisen kann man mit oder ohne Guide
buchen. Damit erreichen wir jene, die
nicht in der Gruppe auf Abenteuerreise
gehen möchten.
Gibt es weitere Zukunftspläne? Wir
sind seit Kurzem in Österreich exklu-
siver Agent für Intrepid Travel, den
weltweit größten Anbieter im Ad-
venture Travel. Damit fungieren wir
erstmals als Reisemittler. Mit diesem
Angebot sprechen wir vor allem jün-
gere Menschen an, die internationales
Flair in ihrer Reisegruppe schätzen.
Und kürzlich haben wir eine eigene
Firma gegründet, die sich mittelfristig
im Incoming-Geschäft etablieren soll.
Und zwar dort, wo das Angebot an-
derer Incomer aufhört, also im alpinen
Bereich ab 1800 Metern Meereshöhe.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
spannende Reisen angeboten. Stillstand
gibt es nicht. Zum ersten Mal in der Fir-
mengeschichte können außerdem Indivi-
dualreisen gebucht werden. „Unsere Er-
fahrung hat gezeigt, dass rund 40 Prozent
jener, die gerne einmal eine Wanderreise
machen möchten, nicht in der Gruppe
reisen wollen. Für diese Menschen haben
wir Angebote mit Guide beziehungsweise
auch ohne Guide gescha� en“, berich-
tet Gasser. Diese Individualreisen sind
modulartig aufgebaut, der Kunde kann
sich seine Reise aus Bausteinen selbst
zusammenstellen. „Damit folgen wir dem
Trend, dass der moderne Urlauber selbst
Produktdesigner wird, sich aber seine Indi-
vidualität nicht mühselig selbst erarbeiten
muss, sondern auf die Erfahrung von Profi s
zurückgreifen kann.“ ×
Gewachsen. Gründer Hannes Gasser (Bild rechts oben) startete 1963 mit zwei Mitarbeitern. Heute betreut die Alpinschule Innsbruck über 20.000 Urlaubs-gäste pro Jahr.
„Wer Adventure Travel anbietet, muss wissen, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Das erleben meine Mitarbeiter hautnah.“AMBROS GASSER, ASI-GESCHÄFTSFÜHRER
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44 SAISON
MAGAZIN
D as Bild ist seit vielen Jahren
dasselbe: In den abend-
lichen Dämmerstunden
des Sommers füllt sich der
Innenhof der Innsbrucker Hofburg mit
Gästen, die im monarchischen Ambiente
klassischer Bläsermusik lauschen wollen.
Der Andrang ist groß: Bis zu 2.800 Zuhörer
verzeichnen die Innsbrucker Promena-
denkonzerte pro Abend, und das fast einen
ganzen Monat lang und bei Konzerten von
33 Blasorchestern aus sieben Nationen.
Highlights der Kunstmusik. Da-
bei haben die Promenadenkonzerte mit
seichter Unterhaltung – wie sie etwa
mit durchschnittlichen Platzkonzerten
dörfl icher Blaskapellen assoziiert werden
– nur wenig gemein. Die Idee, die hinter
der Gründung der Innsbrucker Promena-
denkonzerte vor 19 Jahren stand, war die,
an eine alte und fast vergessene Tradition
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anzuknüpfen. „In Österreich hatte die Blä-
sermusik die Aufgabe, den Menschen bei
Serenaden die Highlights der Kunstmusik
in leichter Form näherzubringen. Das
geht von Haydn und Mozart bis zu den
Militärmusikkapellen, die vor der Zeit der
Tonträger die klassische Musik dem Volk
zugänglich gemacht haben“, erklärt Alois
Schöpf, Gründer und Leiter der Innsbru-
cker Promenadenkonzerte, wenn man ihn
auf die historische Bedeutung der Blasor-
chester anspricht. In diesem Geist werden
jedes Jahr professionelle Orchester und
hochkarätige Laienensembles engagiert,
die die Altstadt dann mit klassischer Musik
bespielen.
In die Gegenwart. Ursprünglich galt
bei den Promenadenkonzerten die Vorga-
be, (fast) ausschließlich Musik aus der Zeit
der österreichischen Kaiserzeit aufs Pro-
gramm zu setzen – eine Einschränkung,
die in den letzten Jahren zunehmend
aufgebrochen wurde. Inzwischen setzen
Veranstalter und Orchester nicht mehr nur
auf Strauß-Walzer und Ähnliches, sondern
haben das Repertoire bis in die Jetztzeit
erweitert. Einzige Bedingung ist, dass die
gespielten Werke vor dem Kanon der klas-
sischen Musik bestehen können.
Äußeres Zeichen dieser Entwicklung
ist eine Änderung des Namens: Statt „Musik
aus Altösterreich“ lautet der Untertitel der
Innsbrucker Promenadenkonzerte nun „Im
Innenhof der Kaiserlichen Hofburg“. Viel
stärker noch macht sich die Veränderung in
den Programmen der Orchester bemerk-
bar, die vermehrt Musik von der klassischen
Moderne bis in die Jetztzeit aufs Programm
setzen. Kompositionen von Igor Strawinsky,
Benjamin Britten oder Heinz Karl Gruber
fi nden sich zwischen den Werken von Jo-
seph Haydn und Georg Friedrich Händel,
Richard Strauss, Henry Purcell und Friedrich
Mit Luft und LeichtigkeitWenn die Innsbrucker Nächte wieder lau werden, weht allabendlich feiner Bläserklang durch die Innsbrucker Innenstadt – eine musikalische Visitenkarte und Einladung der Innsbrucker Prome-nadenkonzerte, die von 3. bis 28. Juli 2013 im Innenhof der Kaiserlichen Hofburg stattfi nden.
VON ESTHER PIRCHNER
Publikumsmagnet. Bis zu 2.800 Zuhörer verzeichnen die Innsbrucker Promenadenkonzerte pro Abend.
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Smetana. Selbstverständlich haben einige
Kapellen anlässlich der 200. Geburtstage
von Giuseppe Verdi und Richard Wagner
deren Musik ins Programm aufgenommen,
andere haben aber gerade wegen der vie-
len Gedenkkonzerte, die 2013 stattfi nden,
ganz anderes ausgewählt.
Profi s und Laien. Was auch immer
auf dem Konzertplan steht, die Faszination
für Bläsermusik, die eine hohe Qualität hat
und gut gespielt ist, ist bei den Innsbrucker
Promenadenkonzerten ungebrochen.
Das mag daran liegen, dass die Arran-
gements vergleichsweise leicht fasslich
sind und dass sowohl das herrschaftliche
Ambiente als auch die hervorragende
Akustik der Kaiserlichen Hofburg den Zu-
hörern einfach einen angenehmen Abend
bescheren. Vor allem ist der Grund aber
wohl im Können und der Leidenschaft der
eingeladenen Ensembles zu suchen, die
musikalisch auf hohem Niveau agieren.
Die Hälfte von ihnen sind profes-
sionelle Orchester, die andere sehr gute
Laienorchester. Tiroler Ensembles –
„Platzhalter für die Tiroler Identität“, wie
Alois Schöpf sagt – bestreiten traditionell
einen Teil des Programms, darunter die
Brassband Fröschl Hall, die Swarovski Mu-
sik Wattens, die Musikkapellen Anras und
Heinfels und die Alt Matreier Tanzmusik.
Andere Konzertabende werden von inter-
nationalen Kapazundern bestritten, und
Militärmusikkapellen fi nden sich ebenso
hier ein wie kleinere Ensembles, deren
Schwerpunkt auf der Musik des 20. und
21. Jahrhunderts liegt. Insgesamt ist rund
die Hälfte der Gruppen erstmals bei den
Promenadenkonzerten zu Gast, die andere
war bereits in früheren Jahren zu hören.
Von den Besten. Ins Schwärmen
kommt der Festivalleiter, wenn er von
Gruppen wie der Sächsischen Bläserphil-
harmonie erzählt, die bereits mehrmals in
Innsbruck zu Gast war und diesmal „Sym-
phonische Tanzmusik“ au� ühren wird:
Werke aus dem Barock stehen dabei Musik
aus Osteuropa von Igor Strawinsky, Peter
Iljitsch Tschaikowsky und Antonín Dvořák
sowie Kompositionen aus Lateinamerika
gegenüber. Ein besonderes Konzerterleb-
nis verspricht auch der Auftritt von Wind-
kraft Tirol unter der Leitung von Kasper de
Roo. Auch hier tri� t Barock auf Musik des
19. und 20. Jahrhunderts, die Protagonis-
ten heißen aber Johann Sebastian Bach,
Richard Wagner und Heinz Karl Gruber.
Erfolgsmodell. Auch darin liegt eine
Besonderheit der Innsbrucker Promena-
denkonzerte: Sie sind nicht nur eines der
umfangreichsten Festivals dieser Art im
weiten Umkreis, in ihrer Konzentration auf
klassische Musik sind sie auch einzigartig.
Im kommenden Jahr feiern die
Promenadenkonzerte ihr zwanzigjähriges
Bestehen. Fragt man Alois Schöpf, ob er
sich eine so lange Erfolgsgeschichte er-
wartet habe, verweist er einmal mehr auf
die Ausrichtung der Konzerte und ergänzt:
„Wir bemühen uns, immer bessere Pro-
gramme zu machen und immer bessere
Orchester einzuladen. Da kann einfach
nichts schiefgehen.“ ×
„Der Grund für die Gründung von Blasorchestern war, im Freien Lärm machen zu können.“ALOIS SCHÖPF, GRÜNDER UND LEITER DER INNSBRUCKER PROMENADENKONZERTE
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19. INNSBRUCKER PROMENADENKONZERTEIM INNENHOF DER KAISERLICHEN HOFBURG
3. bis 28. Juli 2013www.promenadenkonzerte.at
46 SAISON
MAGAZIN©
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W er heute in einer
gebirgigen Gegend
wohnt, kennt die An-
sicht von oben: Bei
Wanderungen oder einer Gondelfahrt ge-
nügt ein Blick, um die Stadt, die einem zu
Füßen liegt, aus der Vogelperspektive zu
betrachten. In anderen Regionen wird die
Sicht von oben aus dem Flugzeug möglich
oder – wesentlich weniger aufwendig –
per Google Earth vom Computer, Tablet
oder Smartphone aus. Die Möglichkeit, die
Welt von oben her zu betrachten, die uns
heute so selbstverständlich scheint, hat
also ganz eng mit kulturellen Errungen-
schaften zu tun – mit dem Alpinismus, der
im 19. Jahrhundert aufgekommen ist, und
der technischen Fähigkeit, Aufstiegshilfen
und Flugzeuge zu bauen. Kein Wunder
also, dass die ersten Bilder, die die reale
Sicht auf die Dinge wiedergaben, aus die-
ser Zeit stammen. Besonders eindrück-
liche Beispiele dafür sind Egon Schieles
Ansichten von Krumau oder Alfons Waldes
Blick auf Kitzbühel, „Stadt im Tauschnee“,
in denen die Dächer ein wichtiges Gestal-
tungselement darstellen.
Die fünfte Seite. Es sind diese Bilder,
die Kurator Günther Moschig und der Lei-
ter des Museums Kitzbühel, Wido Sieberer,
als Ausgangspunkt genommen haben, um
die diesjährige Sonderschau mit außer-
gewöhnlichen Stadtansichten zu bestü-
cken. Dabei zeigte sich, dass Dächer und
Dachlandschaften aus mehreren Gründen
interessante Kunstmodelle darstellen:
Neben der historischen Entwicklung und
der geografi schen Lage spielt auch der
architektonische Aspekt eine Rolle, kann
doch das Dach als die fünfte Seite eines
Gebäudes normalerweise nur im Modell
oder in perspektivischen Ansichten be-
trachtet werden.
Zudem erlaubt die Sicht von oben
auch einen Überblick über städtische Ge-
gebenheiten. „Wenn ich in den Himmel
schaue“, erläutert Günther Moschig dazu,
„sehe ich in einen unendlichen Raum. Aber
wenn ich nach unten schaue – auf den
Boden der Realität, wenn man so will –,
dann ist der Blick endlich. Und dann kann
ich etwas erkennen, urbanistische Entwick-
lungen oder soziale Besonderheiten. Ich er-
lebe die Stadt als Stadtraum, als Ort, wo sich
Menschen bewegen, arbeiten, shoppen.“
Beispiele für diese Sicht in der Ausstellung
stammen von Inés Lombardi, die in foto-
grafi schen Studien ihre Heimatstadt São
Nach unten sehenDächer und Dachlandschaften zeigt das Museum Kitzbühel in seiner aktuellen Sonderausstellung, die an Bilder von Alfons Walde und Egon Schiele anknüpft. Kunstwerke von Gerhard Richter, Inés Lombardi, Erwin Wurm und anderen erö� nen dabei den Blick „von oben her“.
VON ESTHER PIRCHNER
Von der Dachterrasse des von Wido Sieberer
geleiteten Museums aus genießt man den Blick
über Kitzbühel.
Während Besucher von unten nach oben durchs Museum gelangen, wandert der Blick nach unten.
Das Dach als Grenze zwischen Privatem und Ö� entlichem ist Thema von Siggi Hofers
Buntstiftzeichnung „Demokratie“ von 2010.
Egon Schieles Gemälde „Die kleine Stadt II“ von 1913,
Öl/Bleistift auf Leinwand, ein Beispiel für seine Kru-
mauer Stadtansichten.
47
VON OBEN HER BETRACHTET. DÄCHER UND DACHLANDSCHAFTEN VON EGON SCHIELE BIS ALFONS WALDE, VON INÉS LOMBARDI BIS GERHARD RICHTERMuseum Kitzbühel, bis 31. Oktober 2013Juli bis September: tägl. 10–17 Uhr, Do 10–20 UhrJuni und Oktober: Di–Fr 10–13 Uhr, Sa 10–17 Uhr
www.museum-kitzbuehel.at
Paulo als ausufernde Megacity porträtiert,
und von David Goldblatt, dessen Ansichten
der Peripherie von Johannesburg die Dis-
krepanz zwischen wild wuchernden Slums
und den Versuchen, geordnete Siedlungen
zu errichten, darlegen.
Aufstieg und Fall. Als Ausstellungs-
besucher vollzieht man die Veränderung
der Betrachterposition von unten nach
oben nach: Im Erdgeschoß sind Objekte
ausgestellt, denen man sozusagen auf
Augenhöhe begegnet – beispielsweise
Olaf Quantius’ Modell einer Scheune aus
blauem Styropor oder Siggi Hofers Bunt-
stiftzeichnung „Demokratie“, in denen das
Dach schützt und Privates von Ö� entli-
chem trennt. Je weiter man im Museum
nach oben steigt, umso mehr wandert
der Blick nach unten. In Rudolf Wackers
„Winterlandschaft“ und Alexandra Wackers
„Montag, 13.12.42“ schweift der Blick noch
über die Dächer bis zum Horizont, wäh-
rend dieser bei Gerhard Richter („Stadtbild“,
1969) und Hubert Schmalix („Isabel Drive,
Das Dach trägtDächer und Dachlandschaften bieten nicht nur für Künstler attraktive Ansichten, wie Kurator Günther Moschig im Interview erzählt.
S AISON: Herr Moschig, als Ku-rator werfen Sie im Museum Kitzbühel einen Blick auf ver-
schiedene Städte. Haben Sie sich schon öfter mit dieser Perspektive beschäftigt? GÜNTHER MOSCHIG: Meine Beschäfti-
gung damit kommt eigentlich von Egon
Schiele, weil ich ein Krumau-Fan bin. In
Krumau hat Schiele seine Dach-Bilder
entwickelt. Aus einem Satz von ihm ha-
ben wir auch den Titel der Ausstellung
entlehnt: „Das hat sich in Krumau so
aufgedrängt. Dort lernt man die Welt von
oben herab zu betrachten.“
Neben Schiele zeigen Sie auch Werke von Gerhard Richter, Erwin Wurm und Inés Lombardi in Kitzbühel. War es schwierig, an diese heranzukommen?Eigentlich nicht. Das Thema hat von An-
fang an getragen. Auch Erwin Wurm war
sofort dabei, obwohl ich Skrupel hatte, ihn
zu fragen.
Der Gang durch die Ausstellung endet auf dem Dach des Museums. Worum ging es Ihnen dabei?Es sollte einen realen Blick von oben
geben und natürlich gibt es eine Anspie-
lung auf das letzte Konzert der Beatles.
Interessant fi nde ich auch die Entwicklung
von Google Earth, die ja ihren Ursprung in
militärischen Anliegen hat.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Fresnaida 02“, 2005) gänzlich aus dem
Blickfeld verschwindet. Bas Jan Aders Vi-
deo „Fall 1“ von 1970 verdeutlicht auf dem
weiteren Weg nach oben, dass, wer hoch
steigt, auch tief fällt: vom Giebel eines Ein-
familienhauses, auf dem Ader anfangs auf
einem Stuhl thront, über das Dach bis auf
den Boden, wo er nur wenige Sekunden
später im Gebüsch landet.
Auf der Terrasse. Der räumliche Hö-
hepunkt der Ausstellung liegt schließlich
außerhalb des Museums. Vom Dachraum,
„Als geübter Fotograf hat sich Walde bei der ‚Stadt im Tauschnee‘ der Fotografi e bedient – sogar der Schnee liegt auf vielen der Dächer auf der Fotografi e und dem Gemälde in exakt derselben Position.“WIDO SIEBERER, LEITER VON ARCHIV UND MUSEUM KITZBÜHEL
in dem ein Teil der ständigen Walde-
Ausstellung untergebracht ist, führen
einige Stufen über das Dach bis auf eine
temporäre Terrasse, von der man den
Blick über das heutige Kitzbühel schwei-
fen lassen kann. Hier hat sich seit Waldes
Zeiten einiges verändert: Die Dächer sind
(fast) nicht mehr mit Schindeln gedeckt,
sondern mit Blech, hier und da ist eine
Dachterrasse herausgeschnitten oder ein
Dachfi rst angehoben worden, um mehr
Raum und Licht zu gewinnen.
An dieser Stelle ist es auch, an der
deutlich wird, wie sehr das Thema „Von
oben her betrachtet“ jeden Einzelnen an-
spricht und wie vieles sichtbar wird, wenn
man nur eine andere Position einnehmen
kann. Hoch oben über den Dächern von
Kitzbühel fangen Einheimische und sons-
tige Ausstellungsbesucher über die Stadt,
ihr Aussehen und ihre Bedeutung nachzu-
denken und zu diskutieren an. ×
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KOMMENTARE
Veraltete Homepages – verhungerte Gäste VON ALOIS SCHÖPF
Schädelstätte VON ERNS T MOLDEN
Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.
Ernst Molden, 45, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erschien seine Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).
D er Schnee war geschmolzen und der Tiroler Lenz tat
zumindest so, als wolle er Einzug halten. Wie jedes
Jahr machte ich mich daher zur Alpenvereinshütte
auf, die ich im Frühjahr immer besuche, während
die Almen noch geschlossen sind. Zur Vorsicht, da die Strecke doch
ziemlich weit ist, setzte ich mich vor den Computer und besuchte
die Homepage des Hauses, auf deren erster Seite stolz verkündet
wird, dass ganzjährig geö� net ist. Wunderbar, dachte ich, auf geht‘s
in die Natur!
Ich weiß nicht, ob ich es meiner grundsätzlichen Skepsis dem
Weltenlauf gegenüber zu verdanken habe, dass ich zur Absicherung
meiner Recherche den Link „News“ anklickte und dort die herzer-
wärmende Mitteilung fand: „Da wir ein neues Kindlein erwarten,
ö� nen wir erst wieder Anfang Juni!“
Inzwischen ist das Kindlein geboren und gedeiht einem ho� entlich
intensiven Leben entgegen. Was mich betri� t, so habe ich mir eine
andere Route ausgesucht und mich all der unverho� ten Abenteuer
erinnert, die man nur deshalb erlebt, weil unsere ansonsten hoch
geschätzten Hüttenwirte zu schlampert sind, sofern sie überhaupt
eine Homepage betreiben, diese auch auf dem neuesten Stand zu
U nlängst fuhren meine Band und ich durch das früh-
lingshaft proppende Salzkammergut. In Ischl spiel-
ten wir im herrlichen Lehar-Theater, was so etwas
ist wie das Burgtheater im Playmobil-Format, und
nachher trafen wir ein paar Musikerfreunde auf ein Bier. Da erzählte
man uns dann vom aktuellen Regional-Skandal: Ein junger Künstler
in Hallstatt habe begonnen, Totenschädel aus Gips herzustellen,
mit allerlei schönen Bildern zu bemalen und den Hiesigen gleicher-
maßen wie den Touristen zu verkaufen. Der Hintergrund dazu: Im
berühmten Hallstätter Beinhaus lagern teils Jahrhunderte alte und
kunstvoll bemalte Schädel, die der Tourist gegen ein feistes Entgelt
an die Pfarre auch besichtigen kann. Das Salzkammergut-Patriziat,
in erster Linie aber die lokale Kirche regen sich nun unheimlich auf.
Man spricht von Tabubruch, Pietäts- und Geschmacklosigkeit und
will dem fi ndigen Mann das Handwerk legen.
Das fi nde ich ja ein bisschen blöd. Ich sage, der Mann hat eine
gute Idee gehabt, und ich gönne ihm seinen Lauf. Die Schädelplastik
zum Mitnehmen hat ja auch eine kleine Tradition. In Gothic- und
Ki� ergeschäften kann man sie seit Jahrzehnten kaufen, sei es als
Kerzenhalter, als Wasserpfeife oder als schlichten Briefbeschwerer.
Nur der Eintritt ins Touristen-Merchandising, in die Welt der Wander-
stöcke, Filzhüte und Gamsbärte, ist neu. Und das auch nur bei uns.
halten und darauf zu achten, dass sich nicht, wie
oben geschildert, Widersprüche einschleichen,
die vor allem unsere Gäste in Schwierigkeiten
bringen können.
Denn es ist nicht nur unangenehm und
frustrierend, wenn man sich zwei Stunden lang
auf einen Kasknödel mit Salat freut und dann vor verschlossener
Tür steht, obgleich einem versichert wurde, dass geö� net ist. Es
kann vor allem für Familien und nicht auf die Fährnisse des Berges
eingestellte Wanderamateure durchaus unangenehm bis gefährlich
sein, wenn sie plötzlich ohne Proviant und ohne etwas zu trinken
dastehen, die durchgeschwitzte Wäsche nicht wechseln können
und nicht wissen, was sie mit ihren Kindern anfangen sollen.
Eine eigene Homepage, die im Übrigen mit den großen Infor-
mationsnetzen des Landes wie www.tirol.at zu verlinken ist,
sollte für jede Alm- oder Alpenvereinsgastwirtschaft heute
eine Selbstverständlichkeit sein. Sie am aktuellen Stand
zu halten, ebenso. Wobei neben diesem Pfl ichtteil in der
Kommunikation nicht die zusätzlichen Chancen vergessen
werden sollten: So ermöglicht eine eigene Homepage nicht
nur kostenlos die Ankündigung von Veranstaltungen, auch
das meist aus schwer abhängigen Genussspechten bestehende
Stammpublikum kann etwa durch ein Menü oder einen Wein der
Woche durchaus umsatzsteigernd an das alpine Etablissement
gebunden werden. ×
Mit meinem Bruder bereiste ich vor Jahren
Mexiko, und dort gehört der Tod – als Schädel-
chen, als kleines, zierliches Skelett, als beinernes
Bildstöckerl – fest zum Angebot der Standln vor
den Kirchen. Dazu kauft man Räucherwerk. Im
Süden, in den Provinzen Oaxaca und Chiapas,
bietet man zusätzlich noch kleine Zapatisten-
Puppen aus Stroh mit winzigen Maschinenpistolen an. Die Dreiei-
nigkeit aus Weihrauch, Tod und Zapatist drapiert
man sodann blumenbekränzt zum nächsten
Feiertag vor dem Hausaltar, der Tourist wiede-
rum setzt den kleinen Sensenmann daheim in
Wien vor die Rilke-Gesamtausgabe. Denn Rilke
hat geschrieben: „Der Tod ist groß. / Wir sind
die Seinen / lachenden Munds. / Wenn wir uns mitten im Leben
meinen, / wagt er zu weinen / mitten in uns.“
Aber den eigentlichen Gehalt dieses wunderschönen Ge-
dichts hat der Europäer nie so ganz kapiert. Den Tod räumt man
weg. Wir hängen doch an der eher dämlichen Illusion des ewigen
Lebens auf Erden. Den Schädel mag man schaudernd im Beinhaus
betrachten, ein blumenbekränztes Platzerl im Alltag räumt man
ihm nur eher selten ein. Unsere Ischler Freunde erzählten uns
noch, was der Künstler selbst dazu zu sagen habe: Der Hallstätter
Pfarrer sei nur grantig, weil die Idee nicht von ihm sei. ×
„Eine eigene Homepage, die im Übrigen mit den großen Informationsnetzen des Landes wie www.tirol.at zu verlinken ist, sollte für jede Alm- oder Alpenvereinsgastwirtschaft heute eine Selbstverständlichkeit sein.“
„Mit meinem Bruder bereiste ich vor Jahren Mexiko, und dort gehört der Tod – als Schädelchen, als kleines, zierliches Skelett, als beinernes Bildstöckerl – fest zum Angebot der Standln vor den Kirchen.“
© B
ÖH
ME
50 SAISON
NACHGEFRAGT
DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Dolomiten, Sylt, Barcelona
DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Begeisterung und Herzblut, überlegtes Handeln, funktionierende und
fruchtbare Netzwerke zu scha� en.
DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Versuchen, allen gerecht zu werden und alles anzubieten, zu wenig
über den Tellerrand der Branche schauen, Bewertung des Erfolgs nur nach Nächtigungen
DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Authentizität, starke Unternehmer, starke Marke, gut ausgebildete
Mitarbeiter, Urlaubsraum ist gleichzeitig auch Lebensraum der Bevölkerung, Lage im Herzen Europas
DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Vertriebsschwäche, Kooperationsverhalten, Preisdurchsetzung
DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE BEI KITZBÜHEL TOURISMUS: Als eine der ersten Destinationen im Alpenraum, gemeinsam mit einer
professionellen Markenagentur und wichtigen Stakeholdern einen ganzheitlichen und langfristigen Markenprozess einzuleiten.
LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Ende Mai, eine Woche Radurlaub auf Mallorca
ICH LERNE täglich von den vielen Kontakten in meinem sehr aufregenden Beruf.
MEIN LIEBLINGSORT IN/RUND UM KITZBÜHEL: Schwarzsee ( 1 x pro Woche Morgenlauf mit anschließendem Schwimmen)
FÜR DIE ZUKUNFT DES TVB KITZBÜHEL ERHOFFE ICH MIR dass die Stärken, die Kitzbühel groß gemacht haben, verantwortungsvoll
in die Zukunft entwickelt werden.
DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG DER LETZTEN SIEBEN JAHRE: Die Politik im Ort. Den vielen verschiedenen Ansprüchen gerecht zu
werden und trotzdem einen klaren Weg zu gehen.
DAS GRÖSSTE ERFOLGSERLEBNIS DER LETZTEN SIEBEN JAHRE: Der Markenbildungsprozess. Daran zu arbeiten, dass durch die scharf
positionierte Marke ein klares Bild in den Köpfen der Gäste, der Einheimischen und der Mitarbeiter erzeugt wird.
EIN TIPP AN MEINEN NACHFOLGER BEIM TVB KITZBÜHEL: Wer im Stande ist, Kitzbühel Tourismus zu führen, braucht sicher keine
Tipps vom Vorgänger.
IM URLAUB IST MIR BESONDERS WICHTIG: Mich aktiv zu erholen. Land und Leute intensiv zu erleben.
Landestypisches Essen.
IN HOTELS ACHTE ICH AUF: Eine Situation, die so stimmig ist, dass ich erst gar nicht auf einzelne
Dinge achten muss.
1 5 FR AG EN A N . . .
Peter Marko
Peter Marko war in den vergan-genen sieben Jahren Geschäfts-führer des Tourismusverbandes Kitzbühel, den er nun in Rich-tung Privatwirtschaft verlässt.
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