Türkei März – April 2014 Ein Reisebericht von Rita & Erwin
Samstag 01.März – Dienstag 04.März 2014 Anfahrt
Am Nachmittag sind wir zu unserem Ziel die Türkei gestartet. Beim Abschied hat uns Elf mit Lourdes
Wasser besprengt, na dann, was kann noch schiefgehen. ;-)
In Österreich ca. 60 km vor Wien, in der Nähe von Melk haben wir übernachtet. Beim Frühstück
stellten wir fest, dass in dem angrenzenden Wäldchen Bärlauch wächst. Natürlich ernteten wir eine
Handvoll und bei der Weiterfahrt ein feines Bärlauch Gericht für den Abend ausgedacht.
Am Sonntag nahmen wir die südliche Umgehung von Wien und fuhren nördlich des Neusiedler Sees
über die Grenze nach Ungarn. Vorbei an Budapest und Szeged, überquerten wir bei Nadlac die
ungarisch-rumänische Grenze am frühen Abend. Auf rumänischer Seite stauten sich km-lang Lkws die
auf die Zollabwicklung am nächsten Morgen warteten. Unmittelbar nach der Grenze mussten wir
anhalten um die obligatorische rumänische Straßenmaut zu bezahlen. Sofort wurden wir von Frauen
mit Putzeimerchen und Wischern überfallen die uns die Windschutzscheibe verschmierten. Für diese
½ minütige völlig uneffektive Aktion forderten sie aufs Aggressivste 1 €. Erst auf lautstarke
Zurückweisung durch Erwin ließen sie ab und beschimpften uns. Die ersten 50 km nach der Grenze
waren nicht einladend. Die Städte entlang der Straße sind noch stark vom früheren Ostblock geprägt.
Teilweise leerstehende und verfallene Industrieanlagen sind zu sehen und überall Müll. Dies ändert
sich zunehmend wie weiter wir uns Sibu näherten. Die Städte und Dörfer im ehemaligen Gebiet der
Siebenbürgen Deutschen sind sauber und gepflegt Doch vorher suchten wir uns einen Platz etwas
abseits der Hauptstraße wo wir eine ruhige Nacht verbrachten.
Am nächsten Tag fuhren wir vorbei an Sibiu und Bukarest zur rumänisch-bulgarischen Grenze
Giurgiu/ Ruse. Die Straßenführung an der Grenze war verwirrend. Viele ehemalige Grenzgebäude
standen leer und die früheren Durchfahrten waren gesperrt. Über eine Schleife von ca. 3 km und
wechselnden Straßen fanden wir ein Kontrollhäuschen mit einer Schranke. Doch dies war nicht die
Grenze, sondern die Mautstation für die Donaubrücke die hier die Grenze bildet. Wir bezahlten und
fuhren über die Brücke. Auf der anderen Seite, also in Bulgarien angekommen, wurden wir durch die
Grenze gewinkt. Gut so, vor allem wenn man daran denkt was für ein „Theater“ die
Grenzformalitäten vor der Öffnung des Eisernen Vorhangs waren. Zwischenzeitlich war es schon
dunkel und wir beeilten uns einen Platz für die Nacht zu finden. Wir bogen auf eine Seitenstraße ab
und wurden schon beim Befahren des ersten Feldweges fündig. Es fing an zu regnen, ansonsten
blieben wir ungestört.
Für die 215 km durch Bulgarien brauchten wir am nächsten Tag bis zum frühen Nachmittag. Die
Straße verlief oft kurvig, vielmals auf und ab. Auch entlang schöner enger Gebirgstäler. Leider spielte
das Wetter nicht so richtig mit. Es war in den Bergen neblig feucht mit Nieselregen. Bei Edirne
passierten wir die bulgarisch türkische Grenze. Die Grenzgebäude sind relativ neu und die
Abwicklung ist gut organisiert. Vor uns 5 Autos, dauerte es ca. 10 min. bis wir an der Reihe waren.
Das Fahrzeug muss in den Reisepass des Fahrzeughalters eingetragen werden. Eine unverzollte
Einfuhr ist für max. 6 Monate möglich. Also Stempel in Erwins Pass, nach einem kurzen Schwätzchen
mit den beiden Damen vom Zoll rollten wir ein paar Meter weiter zur Polizeikontrolle. Hier wurden
beide Reisepässe kontrolliert. Dann wurden wir angewiesen zur Seite zu fahren und das Fahrzeug zu
öffnen. Erwin öffnete die hintere- und die Seitentür. Beide Polizisten schauten neugierig ins Fahrzeug
und sagten was von okay, good und nice. Auf Erwins Pass kam dann noch ein Aufkleber mit einem
Strichcode, der dann wenige Meter weiter beim nächsten Kontrollhäuschen eingescannt und wieder
entfernt wurde. Dabei wurde das Fahrzeug von fest installierten Kameras fotografiert. Bevor wir
weiterfuhren fragten wir noch wo wir die HGS Karte für die Autobahngebühr bekommen. Aus den
Handbewegungen die wir als Antwort bekamen wurden wir jedoch nicht schlau und fuhren
unwissend weiter. Wenige km nach der Grenze führt die mehrspurige Straße als mautpflichtige
Autobahn weiter. Wir fuhren durch die kamerabestückte HGS Spur und es piepste laut. Da weit und
breit keine Bezahlstelle oder Automat zu sehen war fuhren wir weiter. Auf den weiteren 230 km bis
Istanbul sahen wir auch keine Möglichkeit zum bezahlen. Nachdem am Grenzübergang ein großes
Schild auf eine hohe Strafe beim nichtbezahlen der Autobahngebühr aufmerksam gemacht hat,
wurden wir etwas unruhig. Auf einer Seitenspur nach der Durchfahrt einer weiteren piepsenden HGS
Spur sahen wir einen Mann aus einem Häuschen kommen, ich stieg aus und versuchte ihn um Rat zu
fragen. Der sprach kein deutsch oder englisch und wir kein türkisch. Irgendwie verstand er doch was
ich wollte und deutete mit ausgestrecktem Arm mit dem fragenden Wort Istanbul in Fahrtrichtung,
was ich bejahte. Seine weitere Handbewegung deutete ich als weiterfahren bis Istanbul sein kein
Problem. Also fuhren wir weiter. Dank unserer Navigation App fuhren wir problemlos durch den
abendlichen Berufsverkehr, nach 2200 km Anfahrt, auf den Stellplatz in Istanbul. Die Lage des Platzes
ist ideal. Direkt am Bosporus, weniger als 500 m Luftlinie zur Blauen Moschee und Hagia Sophia. Für
10 €/ Tag mit 24 Stunden Bewachung. Nach dem langen Sitzen genossen wir den Stadtbummel
durch das nächtliche Sultanahmet (Stadtteil im Altstadtbereich Istanbuls).
Mittwoch 05.März – Samstag 08.März 2014 Istanbul
Unsere Besichtigungen starten wir mit dem Topkapi Palast. Hier erwerben wir gleich die
Museumskarte zum freien Eintritt weiterer Museen. Als Schwaben haben wir natürlich gleich
ausgerechnet was wir dabei sparen. ☺ Die Tage sind ausgefüllt mit dem Besuchen von Museen,
Moscheen und Bazaren. Und wir laufen viel kreuz und quer durch die Stadt. Bei der Tourist Info am
Sultanahmet Platz erhalten wir Antwort zur Autobahnmaut. Die HGS Karte erhält man bei jedem PPT
(Postamt). Sie wird mit dem gewünschten Betrag geladen und beim Durchfahren der HGS Spur auf
der Autobahn belastet. Ist der Betrag verbraucht ertönt das akustische Signal, das wir ja bereits
kennen. Man hat dann einige Tage Zeit um beim nächsten Postamt wieder nachzuladen. Dabei wird
auch die ausstehende Summe eingefordert. Ganz einfach! Nur gewusst wie! Der Kauf einer SIM Karte
für unseren Laptop hat dann etwas gedauert. Der Vodafon Laden war schnell gefunden. Nur mit der
Verständigung wollte es nicht klappen. Wir haben vor dem Laden einen Passanten angesprochen und
um Übersetzungshilfe gebeten. Leider konnte der kein englisch. Er ging weiter, kehrte nach ein paar
Schritten um und fragte uns ob wir vielleicht deutsch sprechen? !! Er ging mit in den Laden und
übersetzte für uns. Kaum hatte er den Laden verlassen, hatten die als Verkäufer verkleideten Jungs
und Mädels wieder Fragen. Mit Hilfe des Google Übersetzers, wo auf schrecklichstes Deutsch
übersetzt wird, schafften wir es nach einiger Zeit die richtige SIM Karte zu erwerben. Ein freies Wifi
scheint es in der Türkei kaum zu geben. Die Internetzugänge der verschiedenen Teehäuser,
Restaurants, Hotels etc. sind mit Passwort verschlüsselt. Selbst bei McDonald muss man sich erst
registrieren! Nachdem wir nun wieder im www sind, lesen wir abends im Womo die Nachrichten. Die
russischen Aktionen auf der Krim hören sich bedrohlich an. „Von der Nato wurde ein Kriegsschiff
durch den Bosporus ins Schwarze Meer geschickt“. Wir sahen tatsächlich durchs Womofenster ein
Kriegsschiff vorbeifahren.
Vom Womo aus bot sich auf dem Stellplatz einiges zu beobachten. Gleich nach der Einfahrt wurden
frische Austern zum Kauf angeboten. Wir fragten uns erst für wen? Als wir ankamen waren außer uns
noch ein französisches Riesenwohnmobil und ein türkischer Nasenbär (Wohnmobil mit Alkoven) auf
dem Platz.
Womoplatz in Istanbul, Blick zum Bosporus
6.März 14Womoplatz in Istanbul, Blick zur Blauen Moschee 7.März 14
Dann wurde noch ein Karren mit heißen Maronen und irgendetwas undefinierbaren Süßem
hergeschoben. Gegen Abend kamen immer mehr Autos die sich auf die Parkplätze auf einer Art
Brüstung mit Sicht zum Bosporus stellten. Sobald ein Auto vorfuhr sauste ein junger Mann dahin und
nahm Bestellungen auf. Tee und Kaffee wurde von einer Holzhütte seitlich unterhalb des Parkplatzes
geliefert. Die Geschäfte liefen richtig gut. Die Autos blieben nur kurz und wurden sofort wieder von
anderen abgewechselt. Pro Abend waren das geschätzt mindestens 100 Fahrzeuge. Auch die Polizei
zählte zu den regelmäßigen Kunden. Wobei ich die nie habe was bezahlen gesehen… vielleicht haben
die ein Dauer-Abo oder bestellen gegen Rechnung ;-) Der Mann im türkischen Womo schien der Chef
der „Gastronomie Truppe“ zu sein. Auf dem Platz lebten einige Katzen und Hunde. Alle gut gefüttert
und gepflegt. Und während den Teestunden brav auf einer kleinen Grünfläche hinter den
Womoplätzen angeleint.
Während wir auf dem Stellplatz standen kamen noch zwei weitere deutsche Womos dazu. Ein Paar
aus LB etwas jünger als wir, sie hat unbezahlten Urlaub für 1 Jahr, er hat gekündigt. Und eines aus
NEA, Alter Anfang 30, sie hat unbezahlten Urlaub für ½ Jahr, er hat gekündigt.
Der Wetterbericht sagte für Istanbul eine Woche Regen und Temperaturen kaum an die 10°C voraus.
Über Nacht hat es angefangen zu regnen. Wir besichtigten am Vormittag die Blaue Moschee und
entschlossen uns zur Weiterfahrt. Nachdem die Wetteraussichten für das Schwarze Meer nicht
besser waren, fuhren wir Richtung Südküste.
Straßenverkehr in Istanbul: Entgegen mancher Internetberichte empfanden wir den Straßenverkehr
in Istanbul nicht anders als in anderen europäischen Großstädten. Bei roten Ampeln wird gehalten
und bei Grün gefahren. ☺ Etwas kurios war, als ein Auto auf der dreispurigen Zufahrt zur Bosporus
Brücke wohl eine Ausfahrt verpasst hat und versucht hat im dichten Verkehr durch Rückwärtsfahren
dies zu korrigieren.
Samstag 08. März 2014 – Sonntag 09. März 2014
Istanbul morgens 9°C Regen. Gut für die Regenschirmverkäufer auf dem Sultanahmet Platz. Wir
besichtigten die Blaue Moschee, laufen noch ein bisschen durch die Stadt und beschließen zum
Womo zurück zu gehen und in den Süden der Türkei zu fahren. Istanbul können wir auf dem
Heimweg nochmals besuchen. Über die Bosporus Brücke verläuft der Verkehr zäh. Auf der anderen
Seite angekommen werden wir von einem Schild in Asien willkommen geheißen. (Welcome to Asia)
Wir fahren Richtung Osten, vorbei an den ausgedehnten Vororten von Istanbul und Industrieanlagen
entlang des Marmara Meers. Bei Adapazari wenden wir um 90° und folgen der Straße nach Antalya in
den Süden. Es geht bergauf bis zu einer bleibenden Hochebene von 1000 – 1300 mNN die sich über
gut 300 km hinzieht. Weiter im Süden, werden die Bergspitzen immer höher. Der Uyluk Tepesi hat
eine Höhe von 3024 m und ist nur noch ca. 100 km vom Mittelmeer entfernt. Auf den Bergen liegt
Schnee, während auf der Hochebene die Bäume blühen. Es ist Karstgebiet, weitläufig steinig mit
niedrigen Baumsträuchern. Ziegen sind wohl die einzigen Nutztiere die hier was verwerten können.
Wenige Äcker auf kleinen Flächen und etwas Weinbau. Es sind immer wieder Marmorsteinbrüche zu
sehen. Wir fahren durch einfache, meist schmucklose Dörfer und Städtchen.
Bei Fethiye treffen wir aufs Mittelmeer. Am westlichen Ende der Stadt fahren wir durch einen großen
Segelschiffhafen. Angrenzend durch eine Werft wo große und kleine Segelschiffe überholt werden.
Südlich der Stadt erstreckt sich Ilbiz Burnu eine felsige Halbinsel mit schönen Buchten. Hier werden
wir mit einem Übernachtungsplatz belohnt.
Montag 10. März 2014
Es ist bewölkt als wir morgens die Bucht von Fethiye verlassen. Wir passieren nochmals den
Yachthafen mit den Segelschiffen der vielen Freizeitkapitäne. In der Antike legten die Lykier seit dem
5. Jh. v.Chr. von hier zu ihren Fahrten über das Mittelmeer ab. Wir besuchen die aus dieser Zeit
stammenden Felsgräber in der Steilwand im Süden der Stadt. Die Besonderheit ist das Grab des
Amyntas, dessen steinerne Verschlussplatte, lt. Beschreibung, wie die bronzebeschlagene Holztür
eines Tempels aussehen soll.
Ein Schild weist nach Ölu Deniz. Eine weiße Landzunge, die sich kilometerlang in kristallklarem
Wasser erstreckt. Lt. Werbung der schönste (Touri)Strand in der Türkei (wenn nicht sogar auf der
Welt ;-)). Doch Erwin weigert sich dorthin zu fahren. _:) Wir fahren zur Ruinenstadt Pinara, die hoch
oben in einem waldigen, felszerklüftetem Gebiet liegt. Die letzten 2 km bis zum Eingang gehen steil
bergauf, teilweise durch tiefe matschige Furchen. Der Blick der sich hier weit über die Xanthos-Ebene
öffnet, können wir leider nicht sehen, da dieser heute von Nebel verdeckt ist. Und pünktlich fängt es
an zu regnen wie wir auf dem kleinen Wanderparkplatz ankommen. Ein Schild verspricht eine
landschaftlich traumhafte 12 km lange Wanderung entlang von Felsgräbern und Resten des antiken
Pinaras. Der heftig werdende Regen und Nebel schreckt uns jedoch ab. Auf dem Weg zurück zur
Straße steht ein Mann neben einem Auto. Offensichtlich ein Deutscher der seinen Mietwagen nicht
bis zum Letzten herausfordern möchte. Wir halten an und er erzählt uns, dass er und seine Frau vor
einer Woche in Antalya angekommen sind und es seither mehr oder weniger regnet. Beim Anruf
eines Freundes in Deutschland hat ihm dieser schöne Frühlingsgrüße ausgerichtet. .-) Wir sprechen
im Mut zu, da der Wetterbericht ab morgen Besseres verspricht. Wir fahren weiter zur Saklikent-
Schlucht. Das Wetter bessert sich und man kriegt die Sonne schon fast zu sehen. Der Fluss Esen hat
sich hier auf eine Länge von 18 km in die Berge des Taurusgebirges eingeschnitten. Die ersten 200 m
führen auf einem Holzsteg entlang der Felswand. Um weiterzukommen müsste um diese Jahreszeit
brusthoch stark fließendes Schmelzwasser durchwatet werden. Das ist wohl der Grund warum der
Parkplatz völlig leer ist. Wir fahren durch ein Dorf wo sich auf dem Marktplatz viele Menschen
versammelt haben. Es stehen Kommunalwahlen an und überall treffen wir auf die Werbekleinbusse
der Parteien die mit Lautsprecher versehen übers Land fahren. Wir besuchen das
Ausgrabungsgelände von Xanthos mit den relativ gut erhaltenen Theater. Hinter den obersten
Rängen ragen zwei lykische Pfeilergräber auf.
Die Ruinen des antiken Patara sind für heute unsere letzte Besichtigung.
Wir fahren zurück auf die Küstenstraße Richtung Antalya die wir bei Kas verlassen. Viele
Feriensiedlungen hinter uns lassend fahren wir auf einer Schotterstraße weiter. Kleine Dörfer oder
einzelne Häuser am Weg. Wir sehen zwar immer wieder das Meer aber alles Steilküste ohne Zufahrt.
Überraschend dann doch ein steiler Erd/Schotterweg nach unten. Dort angekommen stehen wir in
einer traumhaften Bucht. Zu verdanken haben wir dies dem lykischen Fernwanderweg der hier
entlang geht. Der Platz ist zum Zelten gedacht, aber heute bleiben wir alleine.
Dienstag 11. März 2014
Als wir morgens aufwachen stellen wir mit Freunde fest, dass die Sonne vom wolkenlosen Himmel
strahlt. Es ist so schön in dieser Bucht, dass wir für heute bleiben. Das gute Wetter bleibt bis zum
späten Nachmittag bei 22°C. Dann treibt der aufkommende Wind Schlier Wolken heran. Ich mache
erstmal Hausputz (~ 9 m² Wohnfläche ;-)) und wandere dann ein Stück des Lykischen Weges. Erwin
geht derweil angeln. Leider war ihm das Anglerglück nicht hold. Auch wenn der Duft von frisch
gebratenem Fisch uns schon in der Nase war. Doch so schnell gibt er nicht auf. Er zwängt sich in
seinen Tauchanzug und schnorchelt zu den Felsen die der Bucht vorlagern. Könnte ja sein, dass es
dort Muscheln oder Austern gibt. Mit leerem Beutel dafür mit heftig angeschlagenem Zeh kommt er
humpelnd zurück. Vegetarisches Essen schmeckt auch gut!
Den Tag über bleiben wir mit Ausnahme dem Besuch einer vorbeiziehenden Ziegenherde nebst
Schäfer alleine. Beim Betrachten der Tiere fällt uns auf, dass alle Ohrmarken haben.
Abends kommt ein junges Paar mit schwerem Rucksack bepackt, schwitzend und sichtlich erschöpft
von einer Tageswanderung. Gerade habe ich frische Nusshörnchen aus dem Ofen geholt und biete
den Beiden davon an. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet und sie langten gerne zu. Gestärkt
schlugen sie ihr Zelt auf.
Mittwoch 12. März 2014
Früh morgens, wir liegen noch im Bett, hält ein Auto neben uns an. 4 Männer steigen aus, reden
miteinander und rauchen eine Zigarette. Dann packen sie ihre Angelausrüstung aus und laufen am
Meer entlang. Unsere Idylle der Einsamkeit ist nun völlig gestört. � Nach dem Frühstück fahren wir
los. Wir wollen Myra besuchen. In frühchristlicher Zeit war Myra Bischofssitz In der ersten Hälft des
4. Jh. wirkte hier der hl. Nikolaus, der noch heute am 6. Dezember seinen großen Auftritt pflegt. Über
sein Grab wurde im 8. Jh. eine Basilika errichtet. Der Sarkophag des Heiligen ist leer, seit christliche
Seefahrer seine Gebeine 1087 nach Bari brachten. Vom antiken Myra blieben nur das Theater und
die Felsengräber der Nekropolen erhalten.
Bei der Anfahrt von Demre/Myra sehen wir aus der Ferne nur Foliengewächshäuser. Demre ist als
Ort des Tomatenanbaus bekannt. In der weiten Schwemmlandebene steht Gewächshaus an
Gewächshaus. Drei Ernten jährlich sind die Regel. In Demre parken wir am Markt. Wir wollen unsere
Lebensmittelreserven auffüllen. Erwin geht zum Friseur, bzw. humpelt. Sein Zeh hat sich blau
verfärbt und ist geschwollen. Der Friseurbesuch war ein voller Erfolg, er ist wieder vorzeigbar. ☺
Über die harte Kopfmassage hat er jedoch hinterher etwas geklagt.
Nach Besichtigung der antiken Stätten fuhren wir ein Stück der Küstenstraße entlang nach Osten.
Bevor die Straße einen 90° Knick nach Norden macht, biegen wir nach Süden ab. Nach 10 km
erreichen wir wieder das Meer und richten uns am gut 2 km langen Feinkieselstrand außerhalb des
Städtchen Mavikent ein. Der Olimpos Nationalpark der hauptsächlich das Gebirge um den
Tahtalidagi (2375 m) umfasst endet mit seiner Südgrenze hier am Meer. Das Wetter war heute sehr
abwechslungsreich. Morgens sonnig bei 19°C, dann im Laufe des Tages stark bewölkt und
zwischendurch mal heftige Regenschauer. Abends bewölkt mit starken kalten Windböen.
Donnerstag 13.März 2014 Zu einem schönen Haarschnitt gehört auch ein gepflegter Bart. Erwin hat sich nach dem Frühstück
intensiv der Rasur gewidmet. ☺
Im nächsten Städtchen wollten wir eigentlich nur Orangen kaufen. Zurzeit ist ringsum die Ernte im
Gange. Die Früchte sind super süß und kosten gerade mal 0,30 €/kg. Der ausgedehnte Markt hat uns
dann doch zum Bummeln animiert. Voll bepackt mit frischem Fisch, Spinat, Äpfeln, Orangen,
Erdbeeren, getrockneten Aprikosen… kamen wir zum Womo zurück. Für das leibliche Wohl ist
gesorgt.
Eines dieser unzähligen Wahlwerbeautos.
Wir fahren zum antiken Olympos. Lust zum Erkunden muss man hier mitbringen, um die
eingewachsenen Trümmer zu finden. Von einer Brücke die den südlichen und nördlichen Teil entlang
eins Flusslaufes verband, sind noch spärliche Reste erhalten. Zu finden sind hier überwölbte
Kammergräber, Reste eines Theaters und einer Basilika. Olympos war in byzantinischer Zeit
Bischofssitz. Der nördliche Teil der Ruinenstadt ist z.Zt. wegen zu hohem Wasserstand des Flusses
nicht zu erreichen.
Der Weg endet am langen Kiesstrand des Mittelmeers. Am Strand muss man gegen den Wind
ankämpfen um vorwärts zu kommen.
Strand am Stadtende von Olympos.
Vorbei an einer alternativen Traveller Szenerie mit unzähligen Baumhäusern, von denen die meisten
den Namen Baumhaus nicht gerecht werden, da sie nur wenig über dem Boden und auch
größtenteils überhaupt nicht in Bäumen errichtet sind, fahren wir zurück. Die Straße führt durch den
Olympos Nationalpark bis wir wieder auf die Küstenstraße stoßen.
Wir biegen nach Chimaira ab. Am weiten Sandstrand des Badeortes Cirali machen wir Rast und
merken uns einen Übernachtungsplatz. Es ist sonnig aber es weht ein heftiger Wind.
Eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit starten wir zur Besichtigung von Yanartas. Oberhalb des
Dorfes trifft am Yanartas, dem „Brennenden Stein“, Erdgas aus und verbrennt züngelnd Tag und
Nacht. Der griechischen Mythologie zufolge tötete hier Bellerophen das Feuer speiende Ungeheuer
Chimaira. Ein Mischwesen aus Löwe, Ziege und Drache.
Freitag 14.März 2014
Bei strahlendem Sonnenschein mit wolkenlosem Himmel wachen wir auf. Das richtige Wetter zu
einem Ausflug ins Gebirge des Olympos Nationalparks. Geographischer Mittelpunkt des Parks ist der
bis ins Frühjahr schneebedeckte Tahtali Dagi (2.366 m). Die ersten km geht es entlang eines Flusses
steil bergauf. Bald haben wir das Dorf Gedelme mit Burgruine und großen Platanen erreicht. Die
Straße bleibt auf einer Höhe von 1000 – 1300 m NN mit schönem Blick auf die umliegenden
schneebedeckten Berge.
An einem Brunnen füllen wir unseren Wassertank auf. Jedem Wohnmobilist schlägt das Herz höher
beim Anblick der Wassermassen die hier fließen. Kein mühsames erbetteln oder weites hertragen.
Noch beim Brunnen stehend haben wir uns geduscht. Der Wasserverbrauch war nicht limitiert und
aus Begeisterung habe ich mir 2x die Haare gewaschen. ;-)
Noch weit oben wird der Blick auf die Touristenmetropole Antalya frei. Kilometerlang erstrecken sich
die Hotelanlagen im Osten der Stadt.
Wir fahren durch Antalya und hören wie unser Sprinter ungewöhnliche Geräusche von sich gibt.
Erwin hat den Keilriemen in Verdacht, aber das allein ist nicht der Grund. Bei der Ausfahrt aus
Antalya sehen wir einen Mercedes Service und entschließen uns nachschauen zu lassen, bevor wir
irgendwo im Niemandsland stehen bleiben. Das Problem ist eine defekte Auslasskrümmerdichtung.
Würde wohl nicht sofort zum Stillstand des Fahrzeugs führen, aber da wir noch viele km fahren
wollen, entschließen wir uns zur Reparatur. Die Ersatzteile sind vorrätig und wir erhalten einen
Termin für morgen 8:30 Uhr.
Die Kursunlu-Wasserfälle sind nur wenige km von Antalya entfernt. Wir fahren dorthin und besuchen
die mit Spazierwegen und Picknickflächen umrahmten Wasserfälle. Nett aber absolut unspektakulär.
Zum Übernachten finden wir einen Platz an dem nur wenige km langen frei zugänglichen Strand
zwischen Antalya und Side.
Samstag 15. März 2014
Um 08:30 Uhr ist unser Termin bei MerSer (Mercedes Service). Wir sind bereits um 08:00 Uhr da,
damit der Motor abkühlen und die Reparatur schnell beginnen kann. Wir werden sehr freundlich
empfangen und sofort mit Tee, Kaffee und Gebäck versorgt. Kurze Zeit später kommt auch der Chef
um uns zu begrüßen. Er verspricht uns ein Mittagessen falls die Reparatur länger dauern sollte. !!!
Kurz nach halb zehn wird unser Womo in die Werkstatt gefahren. Um 12:30 Uhr kriegen wir unser
Mittagessen und um 3 Uhr ist alles erledigt. Es werden uns alle Teile gezeigt die ersetzt werden
mussten und genau erklärt. Erwin hat bestätigt dass alles in Ordnung ist. Das Fahrzeug wurde vor der
Übergabe peinlichst sauber gewaschen. Die Scheiben waren klar und durchsichtig wie schon lange
nicht mehr. ☺
Beim Wegfahren schaue ich zufällig auf das Dach des MerSer Gebäudes, wo ein Uniformierten Mann
mit einem Schnellfeuergewehr steht. ??
Von Antalya fahren wir an der Küste weiter nach Osten. Aus Neugierde fahren wir durch Side, das
Touristenmekka an der türkischen Rivera. Riesige Hotelklötze reihen sich km lang aneinander. Es ist
nicht viel los. Einige Hotels haben noch komplett geschlossen. Interessanterweise kann man hier
sogar überall in €uro bezahlen. Dann braucht man keine Gehirnzellen zum Umrechnen der Währung.
Wie praktisch! ;-)
Erst nach Manavgat fast 20 km nach Side ist es für den Einheimischen sowie Individualtouristen
wieder möglich mit dem Fahrzeug ans Meer zu fahren. Erwin gesellt sich zu den Anglern („die
Hoffnung stirbt zuletzt“)und ich überlege mir was ich heute vegetarisches kochen könnte. ☺
Oder gehen wir heute „außer Haus“ essen?
Türkisches Restaurant wenige Schritte vom Angelplatz.
Sonntag 16. März 2014
Wir machen uns auf den Weg zum Tuz Gölü (Großer Salzsee), dem zweitgrößten See der Türkei
(1.500 qm). In den Sommermonaten ist der nur 2 m tiefe See durch Verdunstung fast vollständig
ausgetrocknet. Sein Boden bedeckt eine bis zu 30 cm dicke Salzschicht. Mit 35% Salzgehalt gehört er
zu den salzreichsten Seen der Welt. Ein Viertel des türkischen Kochsalzes wird hier gewonnen.
Wir fahren nach Norden bis Akseki. Weiter nordöstlich, passieren Cumra, lassen Konya links liegen
und erreichen am südlichen Ende bei Eskil den Salzsee. Kaum 30 km weg von der Küste sind wir
bereits im Gebirge. Die Straße überquert bei 1850 m den Pass. Die Bergkipfel haben eine Höhe von
2500 - 3000 m (Geyik Dagi 3002 m). Es herrschen noch winterliche Temperaturen. Doch wir trauen
unseren Augen kaum, als wir auf 1800 m Höhe immer wieder türkisch Familien bei Picknick sehen.
Wir schauen aufs Thermometer, es hat 0,5°C und es wirbeln Schneeflocken. Die Leute sitzen auf dem
Boden bei einem kleinen Feuer oder haben einen Gaskocher dabei, wo eine große Kanne Tee
brodelt. Und jede Menge Tüten mit Essbarem um sich verteilt. Sonntag ist wohl Picknick angesagt,
da hilft kein Jammern. ;-)
Türkische Familie beim Picknick.
Wir sehen einige Dörfer die z.Zt. verlassen sind. Diese werden nur im Sommer zur Weidewirtschaft
bewohnt.
Sommerdorf im März.
Das meiste der riesigen Gebirgsflächen und Hochebenen sind steinig mit wenig spärlichem Bewuchs.
Gerade als Weideflächen für Ziegen nutzbar. Wir sehen immer wieder welche mit Hirten und Hunden
umherziehen. Die Hunde tragen Metalldorn besetzte Halsbänder zur Abwehr vor Wölfen.
Hund mit Metalldorn Halsband.
In Eskil müssten wir lt. unserer Straßenkarte bereits in einer weitausgestreckten Sumpflandschaft
befinden die in einem mächtigen Gürtel dem See vorgelagert ist. Auch die nächsten 35 km bis Gölyazi
sollten durch diesen Sumpfgebiet führen. Zwischenzeitlich ist es jedoch völlig ausgetrocknet. Die
Vegetation besteht nur aus wenigen Gräsern. Der graue Himmel verstärkt den trüben Eindruck. Auf
den weiteren 27 km fahren wir immer mit 5-10 km Abstand parallel zum See ohne eine Zufahrt zu
finden. Wir folgen einem Schild nach Tuzla, nach der Karte ein Ort direkt am See und stehen kurze
Zeit später vor den verschlossenen Toren einer gigantischen Salzgewinnungsanlage. Wachhunde
stehen vor unserem Womo und bellen uns zähnefletschend an. Ein bewaffneter Mann des Security
Service eilt herbei. Er erklärt uns freundlich, es ist Sonntag und geschlossen. Vielleicht können wir
morgen weiter fahren? Es ist bereits Abend und er erlaubt uns auf der Fläche neben der Straße zu
übernachten. Es ist dunkel als er plötzlich vor dem Fenster auftaucht. Ich erschrecke mich „zu Tode“.
Er lädt uns zum Tee ein. Den weiteren Abend verbringen wir im Wachhaus. Einem Raum mit großem
Ofen mit Teekanne in der Mitte. Wir sitzen gemütlichen auf dem Sofa, trinken Tee und schauen fern.
Es laufen die Nachrichten und unser Gastgeber hört konzentriert die Wahlreden der verschiedenen
Parteien. In gut 2 Wochen ist Wahl. Wir verstehen zwar nichts und ein Gespräch mit unserem
Gastgeber ist mangels Türkischkenntnissen leider auch nicht möglich. Aber das Sofa ist bequem, der
Raum warm und der Tee schmeckt gut.
Montag 17. März 2014
Nach dem Frühstück stehen wir wieder vor dem Tor der Salzgewinnungsanlagen. Kläffende Hunde
kommen uns entgegen, aber dieses Mal ohne die Zähne zu fletschen. Kennen die uns bereits? Ein
Wachmann eilt heraus. Nicht unserer Gastgeber von gestern Abend. Visit? Da muss er den Boss
fragen. Mit bedauerndem Gesicht kommt er zurück. Der Boss der Kommunist (seine Worte!) erlaubt
es nicht. Wir umrunden den Tuz Gölü indem wir weiter an seiner Westseite nach Norden fahren,
dann an seinem Westufer entlang nach Süden. Endlich kommen wir dem See zum Greifen nahe.
Erwin nimmt einen kleinen Schluck Seewasser um den Salzgehalt zu testen. Er spuckt sofort mit
einem igitt Gesichtsausdruck aus. Zu salzig um damit Suppe zu kochen.
Am Tuz Gölü
Bei Aksaray schwenken wir nach Osten. Wir wollen nach Kappadokien. In Güzelyurt ein Örtchen
außerhalb des kappadokischen Kerngebietes besuchen wir unterirdische Städte und ein Klostertal.
Das Städtchen auf 1485 m inmitten einer Höhenlandschaft blickt auf eine lange Geschichte zurück.
Hier war die Heimat des Heiligen Gregor von Nazianz, griechischer Theologe, Bischof und Literat
(330-390). Er machte den Ort zu einem religiösen Zentrum. Das sechs km lange Klostertal wurde im
3. Jh. gegründet. Bereits im 4. Jh. sollen hier rund 60.000 (!) Menschen gelebt haben. Heute sind es
etwa 300. Von den über 100 Kirchen und Kapellen sind noch 15 zugänglich. Die unterirdischen
Städte sind bislang nur ansatzweise ausgegraben und ähneln eher Höhlenwohnungen mit
unterkellerten Stockwerken.
Wir sind heute die einzigen Besucher und können nach Lust und Laune in den Gängen
herumkriechen. Erwins Zeh ist immer noch nicht verheilt. Aber die Neugierde besiegt den Schmerz.
Auf dem Weg zur Ihlara Schlucht besuchen wir ein altes Kloster, das jedoch noch nicht auf dem
Restaurierungsbudget zu stehen scheint.
Es ist bereits abends bis wir am großen Parkplatz oberhalb der Schlucht ankommen. Überrascht
sehen wir bereits ein kleines Womo mit Karlsruher Kennzeichen stehen. Wir reden noch ein bisschen
mit den „Nachbarn“ und gucken von oben in die Schlucht. Es ist bereits ½ 10 Uhr als die Polizei zur
Ausweiskontrolle herfährt. Und ohne weitere Umstände wieder weiter.
Dienstag 18. März 2014
Mit Wolfgang, Anna und Ingo den Insassen des Karlsruher Wohnmobils trinken wir morgens Tee.
Dann starten wir zu einer Wanderung durch die Ilhara-Schlucht.Unser Fahrzeug stellen wir beim
Haupteingang ab und stellen fest, dass in der Türkei selbst die ausgeschilderten Parkplatzpreise
verhandelbar sind bzw. die Fahrzeuggröße. Der Kassierer meint Minibus wir sagen Auto. Noch ein
wenig hin und her und er war überzeugt.
Die Schlucht ist 15 km lang und wird im Reiseführer als „Grand Canyon der Türkei“ bezeichnet.
Landschaftlich schön, hält sie jedoch nicht im Entferntesten mit dem Namenskollegen in den USA
stand, jedoch sind die mittelalterlichen Felsenkirchen in den Schlucht Wänden sehr imposant. 14 an
der Zahl in den Wänden links und rechts des Flusses auf einer Weglänge von 4 km, mehr oder
weniger gut erhalten. Im 8. Jh. diente die Schlucht als Rückzugsgebiet byzantinischer Mönche in
Zeiten der Verfolgung. Die Kirchen liegen teilweise weit oberhalb des Weges der am Fluss entlang
führt. Wir müssen immer wieder über Felsbrocken kraxeln um die Eingänge zu erreichen. Erwin hält
sich trotz Schmerzen weiterhin tapfer.
Wir nehmen den Pfad flussaufwärts, wollen dann nach 3.5 km über eine Brücke und flussabwärts
zurück wandern. Doch nur wenige hundert Meter vor der Brücke schiebt sich eine senkrechte
Felswand an das Wasser. Keine Chance daran vorbeizukommen. Auf dem gleichen Weg zurück gefällt
uns generell nicht und außerdem wollen wir auch die Felskirchen auf der anderen Seite sehen. Wir
laufen ein Stück zurück und finden eine etwas seichtere Stelle. Mit zwei Stöcken ausbalancierend
waten wir durch das knapp knietiefe Wasser. Nicht mal besonders schwierig aber eiskalt. Beim
wieder warm werden, fangen unsere Füße zum Kribbeln an.
Über Nevsehir fahren wir ins Kerngebiet von Kappadokien. Unterwegs halten wir in Kaymakli an
einem kleinen Gemüseladen zum Einkaufen. In der Türkei sind die kleinen Läden und Märkte
besonders bei Gemüse oft um die Hälfte billiger als im Supermarkt. Vor der Tür spricht uns ein älterer
Herr auf Deutsch an. Er hat 30 Jahre in Deutschland u.a. bei Ford in Köln gearbeitet und ist jetzt in
Rente und zurück in seiner Heimatstadt. Auf unsere Frage nach einer Metzgerei begleitet er uns
dahin und hilft bei der Verständigung.
Göreme ein Städtchen inmitten einer surrealen Tufflandschaft ist heute fast ein Synonym für
Kappadokien. Von den rund 2.000 Einwohner ist fast jeder in irgendeiner Weise im Touristengeschäft
tätig. Rund um den Ort sind die meisten und besterhaltenen Felsenkirchen Kappadokiens zu finden.
Das Kirchental rund 1,5 km südöstlich von Göreme, heute ein Open-Air-Museum, deklarierte die
UNESCO als Weltkulturerbe.
Göreme: Blick zum Burgberg
Wir fahren durch Göreme und finden außerhalb der Stadt einen Übernachtungsplatz mit Premiere
Sicht auf die beleuchtete Stadt.
Mittwoch 19.März 2014
Kurz vor 7 Uhr steige ich aus dem Womo und werde von über 30 schwebender Heißluftballons
begrüßt. Die Ballone versuchen soweit es die Windverhältnisse zulassen, durch die breiteren Täler zu
fahren und dann senkrecht daraus aufzutauchen und hoch im Himmel einen weiten Überblick über
die Landschaft Kappadokiens zu bieten. Nach den Werbeplakaten in Göreme ein absolutes Highlight,
doch bei einem Preis von ab 200 € pro Person ein teurer Spaß!
Übernachtungsplatz: Blick auf Göreme mit blühendem Baum.
Als „Väter Kappadokien“ werden die Vulkane Erciyes Dagi (3.916 m), Hasan Dagi (3.253 m) und
Melendiz Dagi (2.963 m) bezeichnet. Vor 10 bis 30 Millionen Jahren, schleuderten sie Tuffasche, die
sich in Schichten von verschiedener Festigkeit und Farbe ablagerte. Durch Witterungseinflüsse
wurden diese Schichten aufgespalten und tiefe Schluchten ausgewaschen. Die weichen poröseren
Schichten schneller als die wasserundurchlässigen harten. So bildeten sich die charakteristischen
Tuffpyramiden, die so genannten Feenkamine.
Nach dem Frühstück laufen wir zum Rand der Schlucht aus der die Ballone aufgestiegen sind. Es
bietet sich ein toller Anblick. Wir sehen einen staubigen Feldweg der von oben kommend durch die
Schlucht führt. Das müsste doch für unser 4x4 kein Problem sein! Dank des Absatzes durch den
Tourismus wird in dem islamischen Kappadokien wieder jede Weinrebe gepflegt. Bei einem
Flaschenpreis (0,75 Liter) von 10 – 20 € ein lohnendes Geschäft. Zur Pflege der kleinen Weingärten
führt der Weg durch die Schlucht den wir nutzen.
Es ist später Vormittag als wir am Ende des Weges in Göreme ankommen. Mit dem Besuch des Open
Air Museums (Kirchental) warten wir die Mittagszeit ab. Erfahrungsgemäß befinden sich dann die
meisten Touristenbusse beim Mittagessen.
Die Besucherzahl im Kirchental hält sich tatsächlich in Grenzen. Wir können ohne Wartezeit die 14
Kirchen besichtigen.
Vorbei am Museum führt die Straße steil bergauf. Am oberen Rand des Tales angekommen parken
wir ein Stück abseits der Straße mit Panoramablick. Wir beschließen uns hier für die Nacht
einzuquartieren. Auch mal wieder Zeit um einen Hefezopf zu backen.
Da sehen wir einen blauen Renault Kleinbus mit Fahrrad am Heck vorbeifahren. Ist das nicht
Wolfgang ... ! Wir rennen rauf und winken. Der Bus fährt ohne zu bremsen weiter. Schade sie
scheinen uns nicht gesehen zu haben. Kurze Zeit später taucht er dieses Mal von vorne wieder auf. Er
musste nur eine Stelle zum Wenden finden. Wir trinken zusammen Cappuccino, reden viel und dabei
erfahren wir, dass Wolfgang heute Geburtstag hat. Wir beschließen am Abend zusammen ein
Geburtstagsmenü zu kochen.
Bis dahin können wir den Start weniger Heißluftballone im Tal genau unter uns beobachten. Die
Schluchten färben sich in der Abendsonne rötlich.
Beim Kochen kommen zwei Türken vorbei die im Ballongeschäft tätig sind und gut englisch sprechen.
Sie erzählen uns, dass gerade eine Werbeaktion mit einem Mini der am Ballon hängend in die Luft
gehoben werden sollte, mit einem Crash geendet hat. Erwin hatte diese Aktion zwar fotografiert,
aber der Zusammenstoß war für uns nicht sichtbar hinter einem Felsen. Der Mini wurde demoliert,
verletzt wurde niemand.
Besonders interessant für unsere Besucher war die Frage wie sich 2 Frauen und 3 Männer in 2
Womos aufteilen. ;-)
Wir sitzen bis 9 Uhr draußen. Doch bei windigen 7°C verlagern wir die restliche Geburtstagsfeier in
Wolfgangs Bus.
Donnerstags 20. März 2014
Kurz nach 6 Uhr steige ich aus dem Womo um nach den Heißluftballons zu schauen. Anna, Wolfgang
und Timo stehen schon auf der kleinen Felsnase die einen Blick ins Tal ermöglicht. Das Tal unter und
der Himmel über uns ist voll mit bunten Ballonen. Beim Zählen kommen wir auf 63 Stück. Wir
rechnen kurz; Pro Ballon 20 Personen * 200 € = ~ 250.000 € Einnahmen für die Ballonanbieter.
Etwas später steigt ein kleinerer Ballon aus dem Tal auf und fährt dicht über unser Womo hinweg.
Der Fahrer ruft mir zu ob ich nicht mitfliegen möchte. Auf mein ja gerne und er solle ein Seil
runterwerfen, reagiert er leider nicht.
Nach dem Frühstück fahren wir zusammen mit unseren Nachbarn zum „Sunset View Point“. Steht
tatsächlich so auf den Wegweisern. Nicht um den Sonnaufgang anzusehen, sondern vom Parkplatz
starten die Wanderwege ins Taubental (Güvercin Vadisi). Der Namen kommt von den vielen
Taubenschlägen in den Felswänden. Schon an der Zufahrt zum entfernten Parkplatz steht ein
Kartenhäuschen mit einem Schild 2 TL pro Person. Nach kurzem hin und her verhandeln wir auf 2 TL
pro Fahrzeug. Türken scheinen dieses Feilschen tatsächlich zu lieben. ;-)
Die mehrstündige Wanderung führt durchs Tal und mit einem Bogen aufs Nachbartal führend am
oberen Rand entlang zurück. Begleitet werden wir von schönem Sonnenwetter mit kleinen
Wolkenfeldern.
Erwin entscheidet sich nach einer 3/4 Std. zur Umkehr. Sein Zeh plagt ihn immer noch.
Als sich der Wanderweg Göreme nähert, fallen uns Quads negativ auf. Die viel Lärm machen, jede
Menge Staub aufwirbeln und die Wanderpfade verbreitern und damit auch die Landschaft
verschandeln. Muss das sein um gelangweilte Urlauber zu unterhalten? Oder geht es nur um das
Geld, das damit zu verdienen ist?
Am Parkplatz wieder zurück, verabschieden wir uns von Anna und Timo die heute Abend mit dem
Linienbus nach Istanbul zurückfahren. Mit Wolfgang verabreden wir, uns danach am gestrigen
Übernachtungsplatz zu treffen.
In Uchisar halten wir kurz um Lebensmittel einzukaufen und fahren weiter ins Pasabagi Tal, das die
höchsten und imposantesten Feenkamine beherbergen soll. Teils zu Zwillingen und Drillingen
zusammengewachsen wurden einigen von ihnen bereits vor Jahrhunderten ausgehöhlt und fanden
Verwendung als Mönchszellen, Kapelle, Grabkammern oder Wohnungen.
Über Avanos, dem Zentrum des kappadokischen Töpferhandwerks fahren wir zurück nach Göreme.
Den Tag beenden wir in gemütlicher Runde mit Wolfgang.
Freitag 21.März 2014
Kurz nach 6 Uhr schaue ich neugierig aus dem Fenster. Kein Ballon am Himmel! Es ist bewölkt und
etwas windig. Vermutlich nicht die geeigneten Bedingungen. Beim Frühstück diskutieren wir. Erwin möchte gleich in den Osten weiterfahren. Ich möchte zuvor
ans Mittelmeer. Der Wetterbericht hat für die nächsten Tage Sonne und 25°C vorausgesagt. Wir
verabschieden uns herzlich von Wolfgang.
Auf dem Weg nach Süden (ans Meer!) fahren wir die ersten 50 km durch weitere Täler. Nach und
nach nehmen die typischen kappadokischen Felsformationen ab. Bei Yesilhisar treffen wir auf die
Hauptstraße. Die Stadt liegt auf 1150 m. Die nächsten 100 km verläuft die Straße südlich und steigt
auf 1490 m. Die Hochebene ist geprägt von Ackerbau gemischt mit steinigen Karstflächen. Gesäumt
von dem schneebedeckten Bergmassivs des Demirkazizik Tepe (3756 m) im Osten.
Mit einem 90° Knick ändern wir die Fahrtrichtung nach Westen über Eregli nach Karaman. Auf 130
km begleitet uns im Süden das weit ausgedehnte Bolkar Daglari (Bergmassiv) mit dem Mededsiz Tepe
(3524 m).
Bei Karaman schwenken wir die Fahrrichtung um über 90° nach Süden. Wir fahren über den Sertavul
Gecidi (Pass 1650 m).bis Mut, die Stadt liegt auf 275 m, sind es gut 30 km. Die Straße führt
kontinuierlich bergab mit vielen schönen Ausblicken.
Weiter geht es durch das Tal des Göksu Nehri und immer wieder bieten sich Einblicke in den Göksu
Kanyon. Am Ausgang des Canyons quartieren wir uns am Flussufer für die Nacht ein.
Samstag 22. März 2014
Bei Silifke erreichen wir die Türkische Riviera. Die Sonne scheint und es ist vormittags bereits 20°C.
Jetzt müssen wir nur noch einen schönen Strand finden. Leichter gesagt als getan! Die gut
ausgebaute Küstenstraße verläuft bis Mersin dicht am Meer. Die Urbanisation nimmt kein Ende. Den
Abstand zwischen den vielen Städten füllen Ferienanlagen und Hotels. Die antiken Stätten
entpuppen sich oft als unscheinbare Ruinen eingesperrt zwischen Hochhäusern. Nichts lädt uns hier
zum Bleiben ein.
Zwischen Mersin und Ceyhan erstreckt sich Land als 60 km tiefes Dreieck ins Meer. Durchzogen von
Flüssen und Feuchtgebieten ist hier ein riesiges Anbaugebiet für allerlei Gemüse wie Tomaten,
Auberginen, Zucchini, Erdbeeren, Orangen, Zwiebeln etc.
Überall wird geerntet und auf dem nächsten Feld schon wieder Folientunnel gespannt. Eine große
Anzahl Feldarbeiter/innen sind zu sehen. Und immer wieder ihre dürftigen Unterkünfte in
Folienbehausungen.
Wir fahren an den südlichen Zipfel des Dreieckes nach Akyantal Gölu. Ein naturgeschütztes
Feuchtgebiet. Ein Weg führt entlang einer Sanddüne in das Gebiet. Schön ist es hier. Wir beobachten
Flamingos und viele Vögel (deren Namen ich nicht kenne�).
Am Rand des Sees wollen wir uns für die Nacht einquartieren. Doch sobald wir den Motor abstellen
hören wir das sirren und im Nu werden wir von tausenden kleiner Fliegen überfallen. Nichts wie
Scheiben rauf und weg!
Wir fahren weiter bis Karatas. Luftlinie sind es nur ein paar Kilometer. Durch die vielen Flüsse muss
man erst wieder ein Stück ins Land fahren und dann zurück ans Meer. Wir sind uns nicht mehr sicher
wann die Abzweigung kommt. In einem Dorf bitten wir einen Türken um Auskunft. Er spricht etwas
deutsch, da er in Deutschland zum Arbeiten war. Er erklärt uns den Weg und wir fahren los. Kaum
sind wir aus dem Dorf, überholt er uns mit einem Auto und fährt uns die fast 5 km (!) bis zur
Abzweigung voraus. Wir winken ihm noch dankend zu und sehen im Rückspiegel wie er wieder
umkehrt und zurück fährt!
Im Reiseführer lese ich, dass Karatas die Partnerstadt von Memmingen im Allgäu ist. Karatas hat
einen langen öffentlichen Strand. Eigentlich ein schöner Sandstrand, wenn nicht, wie so oft in der
Türkei, der viele Picknickmüll wäre. Am Ende des Strandes wird es felsig. Dort haben sich einige
Angler versammelt. Ein paar haben Zelte aufgeschlagen. Wir stellen uns dazu und fühlen uns für die
Nacht gut aufgehoben.
Sonntag 23. März 2014
Wenige Kilometer außerhalb von Karatas finden wir einen langen fast menschenleeren Sandstrand.
Hier verbringen wir den Sonntag mit im Internet surfen, lesen, backen (frische Erdbeeren umhüllt
von einem Baklava-Teig), kochen und angeln. Das Thermometer steigt mittags auf 27°C.
Angelschnur und Hacken verloren!
Und vom vielen Zugucken haben ich meine Hefezöpfe im Ofen vergessen. �
Abends fahren wir auf unseren gestrigen Übernachtungsplatz zurück.
Montag 24 März 2014
Nach dem Frühstück verlassen wir Karatas. Auf schmalen Straßen durchfahren wir einige Dörfer und
vorbei an vielen Gemüsefeldern bis wir nach gut 50 km Yumurtalik erreichen. Das Städtchen ist eine
Mischung aus Fischer- und Badeort und sehr gepflegt.
Die Kulisse des kleinen Hafens prägt ein Turm aus dem 12. bis 14 Jahrhundert.
Wir halten am Hafen. Ich schaue mich nach frischem Fisch um und sehe zwei Männer in einem Raum
einen Berg Fische in eingefüllte Styroporkisten schichten. Der Jüngere fragt ob er mir helfen kann. Er
spricht perfektes Englisch. Wir unterhalten uns; er hat in London studiert, hat einen Cousin in Berlin
den er vor kurzem besucht hat und ab Mai will er für 2 Monate in die USA Freunde besuchen. Klingt
mir nicht nach armen Eltern! ☺
Der Fisch kostet hier nur die Hälfte im Vergleich zu den üblichen Preisen die auf den Märkten
verlangt werden. Jetzt noch ein frisches Brot dazu. Die Bäckerei hat keinen Verkaufsraum, sondern
man stellt sich wie an einen Schalter bei der Backstube. Bei Backbetrieb kann man zuschauen wie die
Brote in den Ofen geschoben und rausgeholt werden.
Wir fahren Richtung Norden. Nach wenigen km sehen wir von rechts einen Scharm Vögel die sich
nähern. Wir halten an und erkennen dass es sich um Störche handelt, die zu hunderten über uns
hinwegfliegen. Ein schönes Naturschauspiel! So viele auf einmal haben wir noch nie gesehen.
Bei Ceyhan erreichen wir die West-Ost Hauptverbindungsstraße. Weiter Richtung Osten verlassen
wir das Mittelmeer. Unser nächstes Ziel ist der Nemrut Dagi mit seinen berühmten Statuen auf dem
Gipfel. Der Gipfel überragt mit seinen 2150 m Höhe die Bergkette des Antitaurus. Er liegt zwischen
der Provinzhauptstadt Malatya im Norden und Kahta in der Provinz Adiyaman im Süden.
Es dämmert schon, als wir den westlichen Nationalparkeingang erreichen. Per Zeichensprache fragen
wir ob es erlaubt ist im Park zu übernachten. Der Kassierer zückt sofort sein Handy telefoniert und
reicht es mir weiter. Nach einem Kilometer ist im Park ein Restaurant mit Stellplatz. Der Preis ist 15
TL (5 €). Nach 1 Minute verhandeln liegt der Preis bei 0 TL (null !) Wir sind die ersten Gäste in dieser
Saison (die eigentlich erste nächste Woche anfängt). Mit etwas schlechtem Gewissen überlegen wir
ob wir im Restaurant essen sollen. Ist aber noch gar nicht offen.
Aussicht vom Stellplatz.
Stellplatz am nächsten Morgen.
Dienstag 25. März 2014
Vom Stellplatz führt ein schmaler Pfad nach Arsameia, der antiken Hauptstadt von Kommagene, die
80 v Chr. von Mithradates I gegründet wurde. Gleich links kommt eine große Stele, die den
Sonnengott Mithras (oder Apollo) zeigt.
Weiter vorne sind von zwei Stelen nur noch die Sockel erhalten. Vermutet wird, dass es sich um
Mithradates I und Antiochos I handelt.
Dahinter liegt der Eingang zu einem Höhlentempel der wahrscheinlich dem Mithraskult diente.
Weiter bergauf kommen wir zu einem fast unversehrten Relief von Mithradates I, der dem Gott
Herakles die Hand schüttelt.
Erwin steht widerwillig dabei. Zwecks Größenvergleich!
Der Höhlentempel daneben geht 158 m in den Fels hinein. Steile Treppen führen zu dem
unterirdischen Raum. Wir steigen nach unten, geben aber nach dem wir von völliger Dunkelheit
umgeben sind auf. Verflixt wir haben die Taschenlampen vergessen.
Die griechische Inschrift über dem Höhleneingang beschreibt die Gründung von Arsameia.
Weiter bergauf erreichen wir ein Plateau mit ein paar Fundamentresten von Mithradates Hauptstadt.
Am Eingang des Pfades betreibt der Restaurant/ Stellplatzbesitzer einen Verkaufsstand mit
Souvenirs. Ein paar Tische laden zum Teetrinken ein. Es gibt Apfel Tee (den nur Touristen trinken)
oder in 5 Minuten richtigen türkischen Tee. Wir setzen uns und während wir warten plaudern wir mit
dem Besitzer. Über die Präsidentenwahl in 5 Tagen, Erdogan, Angela Merkel und dass Geld nicht das
Wichtigste ist im Leben… Er füllt zwei schwarze Henkeltassen mit heißem Wasser, die daraufhin die
Farbe wechseln und Bilder vom Nemrut Dagi zeigen. Ich frage ihn wie das funktioniert und er meint
das wäre ein mythisches Geheimnis. Lacht dann und sagt, dass er es schlicht nicht weiß. ;-) Eine Tasse
kostet 20 TL, wir kaufen im 2 für 30 TL ab. Geld ist zwar nicht das Wichtigste aber von irgendwas
muss er auch seine Frau und Kind ernähren. Er ist uns sehr sympathisch und mit den Tassen
verbinden wir eine schöne Erinnerung.
Wir verabschieden uns und fahren die 16 km hinauf zum Parkplatz unterhalb des Gipfels des Nemrut
Dagi. König Mithradates I ließ im 1. Jh. v.Chr. auf dem Berg eine 50 m hohe künstliche Spitze mit drei
Terrassen aufschütten. Auf zwei der Terrassen stehen gewaltige Statuen vom König selbst, seinen
angeblichen Ahnen und diverser Götter. Bei späteren Erdbeben sind die Köpfe heruntergepurzelt.
Jetzt sitzen die Kolossalfiguren kopflos in einer Reihe und ihre 2 m hohen Köpfe gucken vom Boden
aus in die Gegend. Wissenschaftler bzw. deren Helfer haben sie den Statuen zugeordnet vor deren
Füße gestellt.
Vom Parkplatz sind es noch 200 Höhenmeter bis zum Gipfel. Bequem zu erreichen über Holzbohlen
und -treppen. Wir sind alleine mit den Kolossen, deren Köpfe teilweise noch ein wenig im Schnee
liegen.
Interessant finde ich wie rund um den Nemrut Dagi Brennholz gemacht wird. In einer Gegend mit
sehr geringem Baumbestand wird nicht abgeholzt sondern lediglich die jährlichen Ausschübe der
Bäume abgeschnitten und zum Trocknen in den Baum gehängt. Im Frühjahr dann herausgenommen
damit der Baum wieder neu austreiben kann.
Die Straße nach Diyarbakir unserem nächsten Ziel wird von einer noch im Bau befindenden Brücke
unterbrochen, die einen Seitenarm des Atatürk Stausees überbrücken soll. Wir müssen auf eine
kleine Autofähre wechseln. Die Überfahrt kostet 10 TL (3,30 €).
Nach 150 km Fahrt nach Osten erreichen wir Diyarbakir am späten Nachmittag, die lt. Reiseführer
heimliche Hauptstadt der Kurden. Die Altstadt wird von einem mächtigen Mauerring umschlossen.
Hinein führen 4 Tore.
Wir suchen nach einem bewachten 24hr Parkplatz wo wir auch übernachten können. Der Erste soll
18 US Dollar kosten. Bei regulär 7 Türkische Lira (2,30 €) schlicht Abzocke. Der Verkehr in der
Altstadt ist chaotisch. Erwin wartet im Auto während ich zu Fuß einem Schild 24hr Otopark in eine
Nebenstraße folge. Der Parkplatzwärter nennt mir den korrekten Preis mit 7 TL. Er versteht kein
Wort Englisch oder Deutsch und mit meiner Zeichensprache ob wir auch im Auto schlafen können
kommt er nicht klar. Er geht mit mir zu einem Mann und 2 Frauen die gerade Einkaufstüten in den
Kofferraum laden. Die verstehen etwas englisch und geben mir zu verstehen, dass wir hier auf keinen
Fall übernachten sollen. Wir sollen ihm zu einem sicheren Parkplatz hinterherfahren. Der Platz liegt
ca. 700 m von der Altstadt entfernt, großzügig angelegt und gut bewacht. Er versichert uns
nochmals, dass wir hier absolut sicher sind. 24 Stunden parken mit der Genehmigung im Auto zu
übernachten kosten 8 TL. Zur Besichtigung laufen wir zurück in die Altstadt.
Seit Aufhebung des Ausnahmezustandes im Dezember 2002 ist wieder Leben in die Stadt
zurückgekehrt. Die Lehmgassen des Altstadtlabyrinths wurden gepflastert. Historische Erkerhäuser
und Moscheen werden nach und nach restauriert. Wir bummeln durch die Basare und lassen uns
einen Lammspieß schmecken. Bei der Erklärung der Fleischsorten wurde die Sprachproblemen mit
muuh, määh, mecker und gogog Lauten beseitigt. Es ist bereits dunkel als wir zum Parkplatz
zurückgehen. Wir kommen an einer Seitenstraße vorbei wo sich eine Horde Männer versammelt
haben und lautstark diskutieren. Was hier abläuft wollen wir nicht genauer wissen und beeilen uns
weiter zu gehen.
Das viele Laufen heute macht Erwins gebrochenem Zeh zu schaffen. Er erträgt die Schmerzen tapfer.
Die Nacht verläuft wie versprochen ruhig und sicher. ☺
Mittwoch 26. März 2014
Wir überlegen ob wir in Diyarbakir noch ein wenig durch die Basare bummeln sollen. Erwin will
jedoch seinen gestern stark strapazierten Zeh schonen. Alleine habe ich keine Lust. Richtung Süden
fahren wir nach Mardin, 20 km vor der syrischen Grenze. Vom Bürgerkrieg in Syrien ist in der Stadt
nichts zu bemerken. Lediglich um die Stadt ist eine hohe Militärpräsenz bemerkbar. Vor Mardin
sehen wir auf der Gegenseite eine Straßensperre wo 4 mit MGs bewaffnete Soldaten die
Personenkontrollen der Fahrzeuge absichern. Auf unserer Straßenseite steht lediglich ein
gepanzertes Fahrzeug Typ Fuchs. Bei der Zufahrt zur Stadt wird nicht kontrolliert.
Im Reiseführer wird Mardin wie folgt beschrieben: „Glockentürme und Minarette rund um einen
gewaltigen Burgberg, Mardin ist eine faszinierende Mixtur aus Islam und Christentum, die erhaben
die mesopotamische Tiefebene überblickt. Über der Altstadt, einem Gewirr an Gassen, Winkeln und
Treppen, erhebt sich die wuchtige Zitadelle.“
Oft geizen ja Reiseführer nicht mit ausschmückenden Beschreibungen. Doch Mardin wird bis Ende
des Jahres diesem tatsächlich entsprechen. Die EU unterstützt die Restaurierung mit 6,3 Mio €. Das
Projekt ist in vollem Gange, überall werden Gebäude renoviert und Gassen gepflastert. Bis Ende Sept.
2014 soll alles fertig sein. Mit 10 TL (3,30 €) haben die Parkgebühren schon jetzt EU Niveau. Es macht
Spaß durch die Altstadt und Bazare zu bummeln. Nichts mehr ist zu merken, dass sich hier noch bis
1999 regierungstreue, militante Bürger und PKK-Freischärler blutige Kämpfe lieferten.
Die Restaurierung einiger hochklassiger Hotels in beeindruckenden historischen Gebäuden ist bereits
beendet. Wir schauen neugierig in einen der Eingänge und werden freundlich gebeten einzutreten.
Ein englischsprachiger Angestellter wird ausfindig gemacht, der uns einen Teil des Gebäudes zeigt.
Am Sonntag sind Kommunalwahlen, überall sind Politiker unterwegs, die durch die Geschäfte laufen
und jedem der sich darin befindet die Hand schüttelt. Dieselbe Prozedur wie bereits in Diyarbakir. Sie
freuen sich dass wir aus Deutschland kommen…. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so
vielen Politikern die Hand gegeben. ;-)
Die Zitadelle ist militärisches Sperrgebiet. Amerikanische Radaranlagen spähen von hier ins nahe
Syrien.
70 km weiter gegen Osten erreichen wir Midyat. Am Rande der Altstadt ist eine größere Open-Air
Wahlpropaganda Veranstaltung im Gange. Alles ist zugeparkt und hunderte haben sich hier
versammelt. Von einer Bühne wird mit Musik und Reden gedröhnt. Die Altstadt liegt hinter dem
Platz. Um diesen zu durchqueren müssen wir durch eine Absperrung mit polizeilicher
Taschenkontrolle und Körpercheck.
Es sind wohl alle Bewohner bei der Veranstaltung. Die Altstadt ist nahezu menschenleer. Wir laufen
durch die engen Gassen mit honigfarbenen Häusern aus Naturstein.
Ein paar ältere Frauen scheinen sich nicht für Politik zu interessieren.
In Alt-Midyat sind noch sechs intakte Kirchen aus dem syrisch-orthodoxen Christentum das noch bis
1987 die Hälfte der Altstadtbewohner ausmachte. Jetzt sind es weniger als 100 Familien. An einer der
Kirchen ist die Tür nur angelehnt und Erwin schaut hinein. In einem kleinen Innenhof vor der Kirche
spielen Kinder Ball, ein Mann sitzt an einem Tisch und schreibt in einem großen Buch. Er winkt uns
dazu zusetzen. In schönster hebräischer Schrift schreibt er weiter. Nach einer Weile schaut er auf, wir
fragen ihn ob wir die Kirche anschauen dürfen. Nach einer Weile kommt ein älterer Mann, der etwas
englisch spricht und uns in die Kirche führt. Er fragt uns wo wir herkommen und ob wir Christen
seien. Moslemischen Türken würde er die Kirche nicht zeigen!
Auf dem Weg nach Hasankeyf halten wir an einem Sportplatz. Auf einer Bühne spielt eine Band
türkische Musik und viele Jugendliche bilden einen großen Kreis Tanzender. Die Erwachsenen sitzen
etwas entfernt und schauen zu. Wir schauen zu, nach knapp 10 Minuten ist leider Ende der
Veranstaltung.
Das Zentrum von Hasankeyf liegt zu Füßen eines Burgfelsens am Südufer des Tigris. Es erinnert ein
wenig an ein kappadokisches Dorf. Der Burgfels ist durchlöchert und mit Höhlenwohnungen
durchsetzt. Mit dem Bau des Ilisu-Staudamm würde Hasankeyf in den Fluten verschwinden. Das
Projekt sollte bereits 2013 fertig gestellt sein. Jedoch sehen nichts von entsprechenden
Bautätigkeiten. Wir halten am Parkplatz hinter der Brücke wo man einen schönen Blick auf das alte
Stadtzentrum und Burg hat.
Militär am Parkplatz vor der Brücke.
Knapp einen km weiter sehen wir eine weitläufige Grünfläche am Fluss wo bereits verteilt Autos
stehen und Leute picknicken. Wir fahren dorthin und schauen ca. 100 m entfernt einer Gruppe
junger Männer und Frauen die Fußball spielen. Die jungen Frauen sind total unterschiedlich
gekleidet. Von Jeans und T-Shirt, langen Röcken und Kleidern mit und ohne Kopftuch bis zum
Tschador (schwarzen bodenlangen Umhang) ist alles vertreten. Zwei der jungen Männer kommen zu
unserem Fahrzeug und fragen nach einem Charger. Mit Zeichensprache versteht Erwin dass sie ein
Überbrückungskabel brauchen. Kein Problem, wir helfen doch gerne. Sie bringen das Kabel brav
zurück und fahren weg. Zurück lassen sie 4 bepackte Tüten Müll ordentlich zusammengestellt. Erwin
und ich unterhalten uns noch, dass die herumlaufenden Hunde den Inhalt bis zum nächsten Morgen
sicherlich zerstreuen. Kurze Zeit später fährt ein Auto mit 4 Männern heran und verbrennt den Müll
vor Ort. Aha, Müllentsorgung auf Türkisch! Einer der Männer kommt zu uns. Er redet sehr viel, wir
verstehen kein türkisch. Mit Zeichensprache geben wir zu verstehen, dass wir hier übernachten
möchten. Er schaut uns entsetzt an und wedelt heftig mit den Händen nein. Wir übersetzen seine
Mimik und Gestik mit es ist nachts gefährlich hier, weil oft Partys stattfinden deren Friedlichkeit nicht
getraut werden darf. Kein Platz um sich sicher zu fühlen. Wir starten und fahren weg. Die Straße
führt in die Berge. Wir biegen ab und folgen einem Weg der zu einer Ölpumpstation führt. Rechts
oben sehen wir ein Haus mit Männern vor der Tür stehen. Wir wenden und fahren zurück. Einer der
Männer steht zwischenzeitlich an der Straße und winkt uns. Wir halten an und versuchen zu erklären
dass wir einen Stellplatz für die Nacht suchen. Mit Gesten frage ich ob wir hier neben der Straße
bleiben dürfen. Der Mann ruft den anderen etwas zu, bejaht und lädt uns zum Tee ein. Es wäre sehr
unhöflich in dieser Situation abzulehnen. Wir kommen in einen mit Teppichen ausgelegten, mit
Ausnahme von Sitzkissen unmöblierten Raum. Ein Mann kniet mit Rücken zu uns am Boden und
betet. Ein Gewehr hängt an der Wand. Wir dürfen uns setzen, es kommen noch weitere Männer und
Frauen dazu. Die 6 Männer setzen sich zu uns, eine Frau bringt Tee, Käse, Joghurt und Brot. Sie setzt
sich zu den anderen Frauen am anderen Ende des Raumes. Tee ein- und nachgegossen wird von
einem der Männer. Die Unterhaltung ist ohne gegenseitige Sprachkenntnisse etwas anstrengend. Mit
Hilfe einer Türkei Landkarte und Fotos klappt es etwas. Bevor wir uns in unser Womo zurückziehen,
dürfen wir noch die Schafe sehen, die erst bei Dunkelheit von den Weiden in die einfachen Ställe
zurückkehren. Es sind Hunderte, die nach einem für uns nicht erklärbarem System für die Zuordnung
in verschiedene Ställe sortiert werden.
Bewacht von vier riesigen Hofhunden kann uns hier nichts passieren!
Donnerstag 27. März 2014
Um 5 Uhr hören wir wie die Schafe die Ställe verlassen. Zuvor wurden sie von Hand gemolken. Wir
stehen um 6 Uhr auf und halten nach unseren Gastgebern Ausschau. Das Haus ist verschlossen und
niemand ist zu sehen, nur die Hunde laufen frei. Erwin startet den Motor. Zum Haus gehen und uns
von den Hunden zerfleischen zu lassen, wollen wir nicht riskieren. Wir fahren langsam weg, im Haus
rührt sich nichts.
Das Haus unserer Gastgeber.
Bild von unterwegs: TE in Ostanatolien.
Wir fahren zum Van Gölü (Van-See). Der 1720 m NN gelegene, abflusslose See ist mit 3.700 qkm der
größte See der Türkei. Etwa 7-mal größer als der Bodensee und bis zu 400 m tief. Umrahmt wird der
See von Bergen mit bis zu 4058 m Höhe (Süphan Dagi). Vor über 100.000 Jahren schuf der Vulkan
Nemrut Dagi infolge einer langanhaltenden Eruption eine natürliche Staumauer. Die Schneeschmelze
führt jedes Jahr enorme Wassermengen in den See, die dann im Sommer wieder verdunsten. Der
Wasserspiegel bleibt somit konstant. Durch die starke Verdunstung bleibt im See ein ungewöhnlich
hoher Sodagehalt. Das Wasser fühlt sich weich und seifig an. Jedoch ist dadurch auch kein Leben im
See möglich. Nur einige resistente Algenarten halten die Seifenlauge aus. Fische gibt es lediglich an
den Süßwassereinmündungen.
Für den restlichen Tag bleiben an einer Stelle mit Bäumen am Nordufer des Sees.
Der Platz wird wohl auch zum Picknick benutzt. Der dazugehörige Müll ist nicht zu übersehen. �
Freitag 28. März 2014
Am östlichen Ende verlassen wir den Van See und fahren nordöstlich.
Stellplatz am Van See
Auf dem Weg nach Dogubayazit (1950 m NN) überqueren wir einen Pass mit 2644 m nur einen
Steinwurf von der iranischen Grenze entfernt. Die Landschaft ist geprägt von erloschenen
Lavaströmen.
Blick zur iranischen Grenze mit Kontrolltürmen auf den Bergspitzen
Von Dogubayazit sind es 35 km bis zum Iran. Die Stadt im ostanatolischen Hochland wirkt trostlos
und bietet touristisch nichts Interessantes. Doch 6 km entfernt liegt der Ishak-Pascha-Palast. Der mit
der Bezeichnung Neuschwanstein Anatoliens beworben wird. Die Gleichsetzung ist zwar unserer
Meinung nach übertrieben, aber sehenswert ist er. Der Palast liegt auf 2220 m NN und soll zu den
imposantesten Motiven der Türkei zählen. Oft schmückt er die Titelseiten von Reiseführern und
Bildbänden. Die Grundsteine des Palastes stammen bereits aus dem 9. Jahrhundert v.Chr. von den
Urartäer. Die heutige Gestalt erhielt er im 18 Jh. durch den kurdischen Emir Ishak Pasa.
Touristische Bedeutung hat Dogubayazit als Startpunkt zu den in den Sommermonaten geführte
Touren zum Agri Dagi (Ararat) dem mit 5137 m höchsten Berg der Türkei. Die Touren kosten je nach
Gruppenstärke ab 500 €/Person. Die Bergwelt um den Ararat beginnt im Nordosten der Stadt. Leider
hüllt sich der Berg heute (wie so oft) in Wolken.
Bei der Weiterfahrt nach Ani durchqueren wir kurdische Dörfer mit getrocknetem Mist geschichteten
Mauern, das in dieser baumlosen Gegend als Brennmaterial verwendet wird.
Ani war von 961 bis 1045 Hauptstadt des Armenischen Reiches. Zu Beginn des 11 Jhr. sollen hier rund
100.000 Menschen gelebt haben und man zählte mehr als 1000 Kirchen. Die Ruinenstätte besteht
heute aus einem Teil der früheren Stadtmauer mit einem Tor, 5 Kirchen, Kloster, Kathedrale und
Zitadelle. Durch Erdbeben aber auch Nichtbeachtung blieben leider nur mehr oder weniger gut
erhaltene Ruinen. Im Südosten des Ruinenfeldes verläuft in einem Canyon der armenisch-türkische
Grenzfluss Arpa Cali.
Türkisch Armenische Grenze
Es ist schon nach 17 Uhr als wir in Ani ankommen. Die Öffnungszeit ist bereits beendet und das
Zugangstor geschlossen. Wir fahren der Stadtmauer entlang und finden nicht weit vom Eingang einen
offenen Durchgang den wir nutzen. Wir schauen uns nach Militär um, schließlich sind wir im
Grenzgebiet. Keine Grenzpatrouillen sind zu sehen.
Wir übernachten auf dem Parkplatz der Ruinenstätte.
Samstag 29. März 2014
Nachts fängt es an heftig zu stürmen. Ich werde durch das Schaukeln des Womos wach. Erwin wacht
ebenfalls kurz auf, antwortet auf meine Bedenken „kein Problem“ und schläft weiter. Der Wind bläst
auch am Morgen weiterhin kräftig. Beim Aussteigen muss ich heftig gegen die Tür drücken und beim
Einsteigen ordentlich ziehen. Auf eine nochmalige Besichtigung der Ruinen verzichten wir. Der Wind
ist nicht nur heftig sondern auch eiskalt.
Bei Ani haben wir den östlichsten Punkt unserer Türkeireise erreicht. Die Fahrtrichtung ist ab heute
hauptsächlich nach Westen. In Kars sehen wir einen kleinen „Laden“ mit Brot im Fenster. Ich gehe
rein und stehe in einer dunklen kleinen Teestube, voll mit Männern und beißendem Zigarettenrauch.
Das Gespräch verstummt und mindestens 30 Augenpaare schauen mich an. Ich sage Merhaba (Hallo)
und Ekmek (Brot). Sie deuten auf eine Tür zu einem 2 x 2 m großen Verkaufsraum. Drinnen steht ein
älterer Mann der heftig mit einem Handy telefoniert. Schon eilt der Verkäufer heran, dirigiert den
Mann raus und mich rein. Beim Rausgehen sage ich Hoscakal (Tschüss) und höre die Männer
irgendwas murmeln.
Zwischen Göle und Yusufeli fahren wir durch das Tal des Oltu Cayi. Hier sind eine Reihe mehr oder
weniger gut erhaltener Burgen und Kirchen aus georgischer Zeit zu sehen. Wir besuchen Bana eine
georgische Rundkirche (8 Jh.), die sich zwar imposant in der Landschaft erhebt aber innen fast völlig
zerstört ist. Von denen nach armenischem Vorbild behauen Steinplatten ist kaum mehr was zu
sehen.
Zurück zur Hauptstraße fahren wir auf einem Feldweg der immer schmäler wird. Wir kommen in
eine Landschaft mit verschiedenen durch Mineralien gefärbte Berge. Durch eine trockene Furt
erreichen wir eine asphaltierte Straße die uns auf die Hauptstraße zurückbringt.
Nach Ishan geht es 6 km steil und kurvig bergauf. Ein Bauer winkt mit der Bitte zum Mitfahren. Die
Straße ist kaum befahren so halten wir an. Er spricht die ganze Fahrt kein Wort. Im Dorf
angekommen, weist er nach links, sagt „Church“ und steigt nochmals mit der Hand winkend aus.
Wir besuchen die Ishan Kilise, eine der ältesten erhaltenen georgischen Kirchen aus dem 7. – 9. Jh.
An der Kirche wurden Restaurierungsarbeiten begonnen. Die Kuppel ist erhalten, das eingefallene
Dach wieder erneuert. Eine Fortführung der Restauration ist nicht zu sehen.
Der Straßenzustand durch das Oltu Cayi Tal ist teilweise sehr schlecht. Ganz im Gegensatz zu den
sonst mehr als großzügig ausgebautem Straßen die wir bisher befahren haben. Wir fahren durch die
Baustelle eines der vielen bereits fertiggestellten oder noch im Bau befindlichen Staudämme. Die
Vielzahl der gigantischen Staudammprojekte der Türkei wird nicht nur von Anwohnern, Umwelt- und
Naturschützern kritisch gesehen. Auch die angrenzenden Staaten protestieren dagegen. Sie
befürchten zu Recht, dass bei ihnen durch den vermehrten Verbrauch in der Türkei, unter Anderem
zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen, nicht mehr genügend ankommt.
Wir erreichen Yusufeli am späten Nachmittag. Eine Wahlveranstaltung blockiert die Hauptstraße. Wir
schlängeln uns durch die mit Autos verstopften Seitenstraßen. Wir verfehlen die Straße nach Ispir.
Das Tal wird immer enger, die Straße immer schmaler, entgegenkommende Fahrzeuge können nicht
aneinander vorbei. Bei einer solchen Gelegenheit frage ich ob wir hier nach Ispir kommen. Ein
Kopfschütteln und das Zeichen dass diese Straße bald endet ist die Antwort. Wir fahren noch weiter
um genügend Platz zum Wenden zu finden und dann nach Yusufeli zurück. Dieses Mal auf dem
richtigen Weg fahren wir aus der Stadt. Es ist bereits dunkel bis wir bei einem nicht vorhandenen
Kanu Camp (außer dem etwas veralteten Schild), neben dem Fluss einen Stellplatz für die Nacht
finden.
Sonntag 30. März 2014
6:30 Uhr das Thermometer zeigt – 1,0° C. In der Nacht hat es geschneit. Schaut man auf die
Landkarte sind wir vom Schwarzen Meer, das von hier aus im Norden liegt, rund 60 km getrennt.
Doch dazwischen liegt das Kackar-Gebirge mit einigen Berggipfeln weit über 3000 m Höhe. Mitten
drin der Kackar-Dagi mit 3932 m. Einige Bergdörfer erinnern an Alpendörfer. Anstelle einer Kirche
steht eine Moschee.
Wir fahren am südlichen Rand des Gebirges parallel zum Meer. Die erste Straße durch das Gebirge
zweigt kurz nach Ispar ab. Der Pass würde über 2600 m führen. Es schneit und Schneeverwehungen
nehmen zusätzlich die Sicht. Hüfthohe Schneehaufen liegen auf der Straße. Wir fahren bis auf 2300
m als wir zu einem türkisches Fahrzeug aufschließen. Der Fahrer meint es besteht keine Chance über
den Pass zu kommen und er würde umkehren. Wir beschließen es im gleichzutun. Denn selbst wenn
wir bis zum Pass durchkommen müssen wir auf der anderen Seite steil bergab fahren, was wenn wir
ins Rutschen kommen sehr gefährlich werden kann. Das Thermometer zeigt - 12°C.
Wir fahren zurück nach Ispar. Weitere 70 km nach Westen bis Bayburt. Von hier fährt eine gut
ausgebaute Straße in 193 km zum Meer. Der Pass führt hier über 1875 m. Vor dem Pass beginnt das
Schneeflimmern. Nach dem Pass schneit es in dicken Flocken. Bis wir ans Meer kommen, hört es
bestimmt wieder auf! Als es dann auf 100 m NN immer noch schneit können wir es kaum glauben.
Wir stoßen kurz vor Tirebolu auf die Küstenstraße. Es hat 0,5°C und am Strand liegt eine dünne
Schneeschicht. Der Wind türmt die Wellen die tosend an die Klippen schlagen.
Bis Ordu fahren wir auf dem Küstenhighway nach Westen. Dann biegen wir nach Persembe ab und
fahren entlang einer Steilküste die wie eine Landnase ins Meer ragt. Es ist bereits dunkel bis wir bei
einem kleinen Picknickplatz am Meer unser Nachtquartier finden.
Montag 31.März 2014
Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Was für ein Unterschied zu gestern. Morgens um 7 Uhr hat es
4°C. Der Wind hat nachgelassen. Der Picknickplatz ist unter Bäumen und schattig. Und trotz 5 (!)
Mülleimern auf 100 m, liegen überall Plastikflaschen und allerlei Tüten. Wir fahren 1,5 km weiter bis
zum Cap Tepe. Ein schön angelegter Platz mit Leuchtturm und historischer Kirche, absolut Müll frei.
Immer wieder kommen einheimische Touristen vorbei und auch als Bildmotiv für Brautpaare eignet
es sich.
Die Polizei schaut kurz zum Leuchtturm und grüßt freundlich beim vorbei gehen.
Der Hefezopf verbrennt heute nicht!
Zum Ausgleich für den gestrigen Tag mit viel Fahr Stress verbringen wir hier einen gemütlichen Tag.
Und bleiben auch über Nacht.
Dienstag 01. April 2014
Kurz nach 6 Uhr schaue ich aus dem Fenster und atme auf. Es ist blauer Himmel und Sonnenschein
kündigt sich an. Hoffentlich haben wir den Kälteeinbruch von Sonntag hinter uns. Auch die
Temperatur ich mit 6°C angenehmer und steigt im Laufe des Tages hoffentlich noch kräftig an. Wir
wollen heute wieder ein Stückchen weiter gegen Westen. Wir starten nach dem Frühstück und
halten im nächsten Städtchen um unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen. Ich komme gerade aus
dem Bäckerladen und sehe Erwin im Womo sitzend von 10 Mann umringt. Sie reden aufgeregt, mehr
miteinander als mit Erwin und deuten immer wieder auf den Vierradantrieb des Sprinters. Ich steige
ein und nun sitzen wir beide im Fahrzeug weiterhin umringt. Einer der Männer arbeitete 30 Jahre in
Holland und spricht etwas deutsch. Wir werden wiederholt zum Kaffee und Essen eingeladen.
Letztendlich nehmen wir die Einladung zu einem türkischen Kaffee an und gehen zusammen mit der
Hälfte der Männer ins nächste Café. Hauptgesprächsthema sind Autos. Wir bedanken uns und
werden per Handschlag verabschiedet.
Bei Bolaman stoßen wir wieder auf die Küstenstraße der wir bis Terme folgen. Wir möchten zum
Simenlik Gölu einer Lagune die nordöstlich liegt. Es ist kein Wegweiser zu finden, so biegen wir dem
Kompass folgend in eine schmale Straße ab. Wir fahren durch eine flache Landschaft mit vielen
Kanälen und verstreuten Höfen. Die Straße geht in einen Feldweg über. Wasserbüffel und Kühe
weiden entlang und in den Wasserläufen. Neben dem Weg spaziert ein Storch und eine
Wasserschildkröte taucht ab, bevor wir sie fotografieren können. Zu beiden Seiten entlang des
Weges immer wieder ausgedehnte Haselnussplantagen. Entlang der östlichen Schwarzmeerküste
gibt es weitere ausgedehnte Plantagen. Im Reiseführer habe ich gelesen, dass Nutella hier vor Jahren
einen Werbefilm gedreht hat. Alles sehr schön, nur den See können wir nicht finden. Als der Feldweg
im Nichts verläuft drehen wir um.
Kuh weidet im Kanal. Das hat sie wohl den Wasserbüffeln abgeschaut. ☺
Vor Bafra biegen wir zum Kizilirmak-Delta ab, wo der Fluss Kizilirmak nach 1550 km Lauf ins Meer
fließt. Dieses ist gut ausgeschildert. Ohne Probleme finden wir die schmale aufgeschüttete Kiesstraße
die quer durch das 56.000 ha große Flussdelta bis zum Meer führt. Es ist mit ca. 25 Seen durchsetzt
die teilweise versumpft sind. Schilf legt einen Gürtel um die Seen und dient als Rastplatz für
Zugvögel. Es wurden hier bereits 320 Vogelarten registriert. Im Gebiet verteilt gibt es mehrere
Aussichtstürme zur Vogelbeobachtung. Leider sind sie verschlossen.
Bequem beobachten wir vom Womo aus. Dabei achten wir darauf alle Fliegengitter verschlossen zu
halten. Es wimmelt von unzähligen Zebramoskitos die nicht nur lästig sind, sondern auch bekannt
Krankheiten zu übertragen.
Das Delta beheimatet auch mehrere Schildkrötenarten, darunter die Kaspische Wasserschildkröte
und die Europäische Sumpfschildkröte.
Wir fahren weiter bis zum Meer. Ein endloser Sandstrand lädt mich zu einem Spaziergang ein. Es ist
sonnig und 15°C warm. Auf dem Rückweg sehe ich schon von weitem Erwin an der Flussmündung
angeln und freue mich auf ein Abendessen mit leckerem frischem Fisch.
Leider war das Anglerglück nicht auf Erwins Seite. -� Bloß gut dass wir bereits heute Morgen Fisch
eingekauft haben. ☺
Über Nacht bleiben wir im Delta. Von einem Froschkonzert werden wir in den Schlaf gequakt.
Mittwoch 02. April 2014
Leider hält das freundliche Wetter nicht an. Die Sonne ist heute Morgen nicht zu sehen. Wir suchen
einen Weg aus dem Delta zurück auf die Küstenstraße, der wir nach Westen folgen.
Die Strecke bis Sinop ist geprägt durch den Küstenhighway für dessen Bau teilweise zusätzlich Land
im Meer aufgeschüttet wurde. Unser Navi meldet uns dass wir im Meer fahren. Die Orte sind
touristisch nicht interessant.
Wir besuchen die Provinzhauptstadt Sinop, die auf einer weit vorspringenden Landzunge liegt. Um
die Stadt gibt es schöne Sandstrände. Das Zentrum wird dominiert durch eine wuchtige
Befestigungsanlage. Der alte Fischerhafen steht zwar unter Schutz ist aber weitgehend zerfallen.
Sinop liegt am nördlichsten Punkt der Türkischen Schwarzmeerküste und wurde während des kalten
Krieges als amerikanischer Horchposten genutzt, der den Funkverkehr jenseits des Eisernen Vorhangs
abhörte.
Wir bummeln durch die Stadt und essen in einem Restaurant zu Mittag. Es fängt an leicht zu regnen
und die 10°C fühlen sich durch den Wind noch kälter an.
Von Sinop weiter Richtung Westen ist die Küstenstraße noch nicht ausgebaut. Hier ist die Küste felsig
und steil. Die Straße führt weg vom Meer und windet sich in unzähligen Kurven durch die Berge.
Nach fast 100 km erreicht die Straße beim Städtchen Türkeli wieder das Meer. Beim Durchfahren
sehen wir auf einem Platz eine Ansammlung von Leuten. Es wird gesungen und getrommelt. Einige
Akteure sind in historischen Gewändern gekleidet. Wir parken und laufen zurück zum Platz. Gerade
als wir ankommen ziehen alle bei Trommelmusik weiter. Wir laufen mit dem Zug mit, quer durch das
Städtchen bis zum Platz vor der Moschee. Hier stellen sich alle Akteure in Position und das Schauspiel
beginnt von vorne. Ein Mann läuft sehr offiziell mit Schreibunterlagen ausgestattet hin und her. Ich
frage ihn nach der Bedeutung der Veranstaltung. Es handelt sich um ein historisches Fest das in der
ganzen Türkei gefeiert wird. Er nannte mir den türkischen Namen den ich gleich wieder vergessen
habe. �
Wir fahren weiter der Küste entlang die weiterhin felsig und steil bleibt. Die Straße führt kurvig
ständig steil bergauf und bergab. Immer wieder hat man herrliche Ausblicke auf das Meer und die
Steilküste.
Schön für das Auge aber schwierig einen Übernachtungsplatz zu finden. Es ist Abend und es wird bald
dunkel. Erst kurz vor Doganyurt werden wir fündig. Gut 150 m oberhalb des Meeres finden wir einen
kleinen Platz ein paar Meter von der Straße entfernt, mit schönster Aussicht aufs Meer.
Donnerstag 03. April 2014
Gegen Morgen wird es windig. Beim Aufstehen ist der Himmel grau, es hat 5° C. Die nächsten knapp
150 km bis Amasra wird im Reiseführer als einer der schönsten an der türkischen Küste beschrieben.
Die Straße ist schmal und teilweise recht mitgenommen. Entlang der Küste steigt sie in engen Kurven
oft bis über 300 m über dem Meer und dann wieder hinunter durch kleine Dörfer oder Städtchen auf
Meereshöhe. Die Landschaft belohnt die Kurverei mit herrlichen Ausblicken auf die zerklüftete grüne
Küste und das blaue Meer. Schon bald verziehen sich die Wolken ins Landesinnere. An der Küste
bleibt ein blauer Himmel mit Sonne. Bei 15°C und einem frischen Wind fühlt es sich kühl an. Die
Vielfalt der Vegetation ist beeindruckend. Die Obstbäume wie z.B. Kirschen, Birnen und Äpfel stehen
in voller Blüte. Fliederbüsche und andere Büsche und Sträucher, sowie allerlei Blumen blühen
ebenfalls. Es gibt viele Walnussbäume die bereits frische Blätter austreiben und ihre Blütenstände
haben. Dazu das frische Grün der Haselnusssträucher und Buchen. Zu diesen auch zu Hause
beheimateten Pflanzen gesellen sich typische Mittelmeerpflanzen wie z.B. Oliven- und Feigenbäume.
Die Orte sind überwiegend ohne Charme. Leider verfallen die meisten der ursprünglichen großen
Holzhäuser und werden durch gesichtslose Betonklötze ersetzt.
Oft sieht man Hafenanlagen deren Größe darauf schließen lassen, dass sich hier zur Urlaubszeit der
eine oder andere Freizeitkapitän tummelt. Zurzeit sind nur weniger Fischerboote da.
Wir fahren durch Kurucasile einem Städtchen mit Bootsbautradition. Auch heute noch werden hier
Holzboote gezimmert. Neben mehreren kleinen sehen wir unter einer riesigen Zeltplane ein ca. 60 m
langes Boot in Arbeit.
Bevor wir die Schwarzmeer Küste verlassen besuchen wir Amasra. Im Winter hat das Städtchen
gerade mal 7000 Einwohner. Im Sommer steigt die Zahl auf das Vierfache. Das kleine auf einer
Halbinsel gelegene Zentrum wird im Osten vom Großen Hafen und im Westen vom Kleinen Hafen
begrenzt. Auf einer 200 m breiten Landzunge stehen wuchtige Wehrmauern eines byzantinisch-
genuesischen Seekastells Um den Hafen gruppiert sich ein Fischrestaurant am Anderen. Die
angrenzenden engen Straßen sind voll mit Touristen Schnick-Schnack. Wir wollen uns nicht vorstellen
wie es hier zur Urlaubszeit zugeht.
Wir haben die Bewohner der westlichen Schwarzmeerküste als offen und sehr freundlich erlebt.
Besonders heute haben uns immer wieder Leute beim Vorbeifahren zugewinkt.Wir wenden uns von
der Küste ab und fahren Richtung Süden ins 90 km entfernte Safranbolu.
Im Reiseführer wird die Stadt als die Perle der pontischen Kleinstädte, als einzigartiges
Freilichtmuseum beschrieben. Das historische Safranbolu ist seit 2004 UNESCO-Weltkulturerbe. Beim
Spaziergang durch die Gassen der Altstadt meinte Erwin wir hätten das Rothenburg der Türkei
gefunden. Das sonnige Wetter hält an. Als wir zum Womo zurückkommen zeigt das Thermometer
18°C.
Den Albani Gölü (Albani See) erreichen wir erst kurz vor der Dämmerung. Der See liegt auf fast 1500
m Höhe. Von Bolu führt eine 22 km lange Waldstrecke entlang eines Flusses bis zum kleinen See. Der
Fluss ist sehr sauber (hier wird Mineralwasser abgefüllt) und fischreich. Entlang der Straße gibt es
sehr viele Restaurants die frische Forellen auf der Speisekarte haben. Am See gibt es zwei Fünf-
Sterne-Hotels. Um den See führt eine Straße. Mit großen Plastikblumen geschmückte Pferdekutschen
laden zur Umrundung ein. Der Ort soll bei Arabern als Sommerfrische überaus populär sein. Ganze
Busse aus Syrien werden hierher gekarrt. (Quelle: Reiseführer) Wobei dies bei der aktuellen
politischen Situation etwas rückläufig sein dürfte?Für uns erschließt sich die Begeisterung nur unter
dem Vorbehalt, dass diese Besucher ansonsten in der Wüste leben. ☺ Wir parken bei einem
Picknickplatz am See und bleiben über Nacht.
Freitag 04. April 2014
Heute Morgen um 07:30 Uhr zeigt das Thermometer 5°C. Über dem See ist es leicht neblig. Wir
räumen gerade zusammen. Erwin bringt den Abfall zum Container als er von einem Mann
angesprochen wird der ihn fragt ob wir aus Aalen kommen. Erwin hat ihn wohl nicht verstanden und
antwortet dass er kein türkisch spricht. Der Mann fragt vorsichtig ob er kein Deutsch kann. Er ist nach
der Schule mit seiner Familie nach Ulm gezogen. Dort hat er 25 Jahre gelebt und lange Zeit als
Taxifahrer gearbeitet. Und dabei auch immer wieder nach Aalen gekommen. Er spricht perfekt
Deutsch und witziger weise mit einer kleinen Färbung schwäbisch. Seit vielen Jahren lebt er wieder in
der Türkei. Mit seiner deutschen Rente und etwas Erspartem kommt er hier finanziell zurecht. Seine
vier Kinder wollen alle in Deutschland bleiben. Er erzählt noch ein wenig und lädt uns zum Kaffee ein.
Wir verlassen den Abani Gölü Richtung Süden. Wir fahren über Nallihan, Eskisehir und Kütahya.
Berge und Täler wechseln sich ab. Die Bergregionen sind teilweise trocken und karg, lediglich mit
niedrigem Strauchbewuchs oder bewaldet mit Mittelmeerkiefern. Die Täler entlang von Bachläufen
werden landwirtschaftlich genutzt. Obst-, Gemüse- und Weinbau soweit es möglich ist. Wir sehen
dass bereits Salat und Zwiebeln geerntet werden. Doch ohne Bewässerung geht es nicht. Am
Nachmittag zeigt das Thermometer 20°C.
60 km südwestlich von Kütahya liegen die Ruinen der antike Stadt Aezani die wir besuchen.
Überreste der antiken Epoche sind im und um das 4100 Einwohner Örtchen Cavdarhisar, das heute
an der Stelle von Aezani steht, zu finden. Das Highlight ist der ionische Zeus Tempel auf einem
siebenstufigen Sockel, der zu den besterhaltenen römischen Kultstätten auf anatolischem Boden
zählt. Er war 53 x 35 m groß und hatte an den Stirnseiten 8, an den Längsseiten 15 Säulen.
Mit dem Bau des Marmortempels wurde im 1. Jh. begonnen. Einigermassen erhalten ist das
Theaterstadion. Wobei die Kombination Stadion und Theater als einmalige Besonderheit dieser Zeit
gilt. Wir besuchen die Reste des Bäderkomplexes, eine Säulenstraße und ein Rundhaus.
Es ist schon fast Abend als wir weiterfahren. Zum Cavdarhisar Baraji (Stausee) gibt es leider keine
Zufahrt. Wir sehen einen Feldweg der uns bergauf zu einem einsamen ruhigen Übernachtungsplatz
bringt.
Und weil Reisen auch Geld kostet. Wie wäre ein Nebenjob als Muezzin. Das Bewerbungsfoto haben wir schon mal gemacht.
;-)
Samstag 05. April 2014
Unser erster Stopp ist der Wochenmarkt in Gediz. Das Angebot an frischem Gemüse und Obst ist
überwältigend. Vieles davon kommt direkt aus den umliegenden Anbauflächen. Die Preise sind für
uns niedrig. 1 kg Spinat 1 TL (0,33 €), 1 kg Tomaten 2 TL, 1 kg Orangen 1,25 TL, Zucchini/ Gurken/
Auberginen etc. 1 kg 2 TL. Wir kaufen auch frischen Fisch und Brot. Gut versorgt fahren wir weiter. Auf dem Weg nach Pamukkale halten wir in Karahayit wo die Rote Quelle (Kirmizi Su) sprudelt. Ihr
stark eisenhaltiges Wasser überzieht die Felsen mit einer dunkelroten Ablagerung.
Das Areal um die Quelle ist als Thermalbad ausgebaut. Zurzeit sind nur zwei kleinere Becken gefüllt.
Das Wasser ist angenehm warm und baden wäre erlaubt. Jedoch trauen sich dies die fast
ausschließlich türkischen Besucher wohl nicht. Maximal die Hosenbeine hoch stülpen und die Füße
ins Wasser hängen. Wir wollen kein Aufsehen erregen und passen uns dem an. Wobei es uns schon
leid tut, wir wären gerne in das weiche, warme Thermalwasser gestiegen.
Wir erreichen Pamukkale vom Norden, d.h. auf der Rückseite der bekannten Sinterterrassen. Deren
Entstehung auf einer chemischen Reaktion beruht. Eine warme Quelle (53° C) enthält große Mengen
gelöstes Kaliziumbikarbonat, das sich Abkühlen an der Oberfläche in Wasser, Kohlendioxyd und
Kalziumkarbonat (Kalk) umwandelt. Das Kohlendioxyd entweicht, der Sinterkalk lagert sich ab und
verstopft die Abflusskanäle des Wassers, das überquillt und sich flächenartig über die Abhänge
ausbreitet und so die weißen Sinterterrassen formt: riesige, übereinander gestaffelte Bassins wie
überdimensionale Badewannen. Von unten ähnelt der über 100 m hohe Abhang einem großen,
vereisten Wasserfall.
Pamukkale Rückseite.
Wir laufen im Gelände auf der Rückseite von Pamukkale umher. Erwin geht zurück zum Womo. Ich
steige noch etwas weiter den Kalkhang hinauf. Kaum in Hörweite es oberen Randes ruft ein Security
Mann und winkt mich wild gestikulierend zu sich. Soll ich umdrehen und versuchen ihn zu ignorieren
oder hinaufsteigen? Ich entscheide mich für Letzteres. Ober angekommen will er meine Eintrittskarte
sehen. Ich sage ihm dass ich keine brauche, da ich nicht im gebührenpflichtigen Bereich unterwegs
war. Er zeigt auf den Boden, sagt hier ist Pamukkale und ich muss bezahlen. Klar nachdem er mich
herbeordert hat! Ich weigere mich zu bezahlen mit der Begründung dass ich lediglich umhergelaufen
bin und weder ein Zeichen noch eine Abgrenzung auf eine Gebühr aufmerksam macht. Zudem wäre
ich schon einmal vor 30 Jahren hier gewesen wo es so etwas überhaupt noch nicht gegeben hat. Und
dass ich den Weg den ich gekommen bin wieder zurückgehen möchte. Mein Redefluss scheint ihn
irritiert zu haben oder vielleicht die Argumentation mit vor 30 Jahren, schließlich hat er da wohl noch
Wolken geschoben. Eine japanische Reisegruppe hört auch schon interessiert zu. Der Herr Security
entscheidet sich seinen Chef über Funk zu rufen. Bis der kommt, bewacht er mich aufmerksam. Ich
schaue die schönen Sinterterrassen in der Nähe an. Ein Foto zu machen ist wohl nicht angebracht!
Vielleicht soll ich ihn bitten sich davor zu stellen als Erinnerung ... (Hätte ich mich natürlich niemals
getraut!) Der Chef kommt, dieselbe Geschichte von vorne. Noch ein paarmal hin und her, bis eine
Handbewegung der Beiden mir signalisiert ich solle gehen. Und um ganz sicher zu sein, eskortiert er
mich ein Stück zurück.
Als ich zum Womo zurück komme schaut mich Erwin spöttisch an und mein „haben sie dich nochmals
laufen lassen“.
In Pamukkale Köy, eine Siedlung aus Pensionen, Hotels, Restaurants und Bars direkt unterhalb der
Sinterterrassen fahren wir an einem kleinen Campingplatz vorbei. Sind das nicht …. doch tatsächlich
unsere Wohnmobil Nachbarn Claudia und Ralf vom Stellplatz in Istanbul. Wir gehen die Beiden
besuchen. Bei einem Glas gibt es viel über die vergangenen vier Wochen zu erzählen.
Erwin drängt zum Aufbruch. Wir müssen noch einen Platz für die Nacht suchen. Beim großen
Parkplatz am Ortsrand sehen wir zum ersten Mal in der Türkei ein Wohnmobilverbotsschild.
Wir nehmen die Straße am rechten Rand der Sinterterrassen und biegen nach kaum 100 m in einen
Schotterweg der steil nach oben führt. Mit toller Aussicht auf das Pamukkale Areal bleiben wir hier
über Nacht.
Blick vom Womo auf die beleuchteten Sinterterrassen von Pamukkale.
Dieses Mal steil bergab fahren wir zurück zum Campingplatz um uns von Claudia und Ralf zu
verabschieden. Wir plaudern noch eine Weile bis wir weiter fahren.
Ca. 30 km östlich von Denizli liegt die Kaklik-Höhle die im Reiseführer als das „unterirdische
Pamukkale“ bezeichnet wird. Die Höhle wurde erst 1999 entdeckt. Wir besichtigen die Höhle, am
Eingangsbereich steigt einem der schwefelige Geruch des Thermalwassers in die Nase. Beim Einstieg
zur Höhle ist davon nichts mehr zu riechen. Auf der ersten Etage blubbern in einem Pool gleich
mehrere Quellen die hier entspringen.
Wir steigen tiefer und finden, es sieht tatsächlich wie eine Miniaturausgabe von Pamukkale aus. Und
dass es unter Erde ist, gibt einen besonderen Reiz.
Wir schauen den Wasserschildkröten zu, die sich in einem Teich des schwefelhaltigen Mineralwassers
beim Parkplatz tummeln.
Wir wollen die antike Stadt Aphrodisias besuchen. Sie liegt zwischen Tavas und Nazilli im fruchtbaren
Tal des Vandalas Deresi. Aphrodisias war eine Hauptstätte des Aphroditekults, der die Göttin der
Liebe, Schönheit und Verführung ehrte. Der Sage nach wurde die Göttin vom Christengott vertrieben
und die Stadt zerfiel. Wir erreichen um 16:45 Uhr den Parkplatz. Das Ausgrabungsgelände wird um
17:00 Uhr geschlossen. Wir überlegen ob wir auf dem Parkplatz übernachten sollen. Doch erstens
liegt er direkt neben der Straße, ist alles andere als schön und zweites wird wenige Meter oberhalb
eine Hochzeit lautstark gefeiert. Wir beschließen weiter zu fahren und nach einem besseren Platz
Ausschau zu halten. Doch die gesamte Umgebung besteht aus Feldern und immer wieder Häusern
dazwischen. In Sultanhisar verlassen wir die E87 und fahren 3 km steil bergauf bis zur antiken Stadt
Nysa. Die Kasse ist zwar bereits geschlossen, aber ein großer Teil des Ausgrabungsgeländes ist frei
zugänglich. Diese günstige Möglichkeit der Besichtigung nutzen auch andere. Es befinden sich noch
weitere Besucher im Gelände.
Theater in Nysa
Torbogen in Nysa
Auf einem Wiesengelände mit Olivenbäumen das auch als Picknickplatz verwendet wird bleiben wir
für die Nacht. Von der Ortschaft oberhalb von Nysa hören wir Livemusik und Stimmen, klingt nach
einer Hochzeitsfeier. Kurz vor 23.00 Uhr sehen wir plötzlich die Scheinwerfer eines Autos auf uns
zukommen. Blinklichter auf dem Dach machen deutlich dass wir es mit der Gendarmarie zu tun
haben. Sie stoppen unmittelbar vor uns, 2 Polizisten steigen aus, einer der beiden kommt auf uns zu
der andere sichert mit einer MG. Die Gendarmarie ist im Vergleich zu unserer deutschen Polizei
meist sehr gut bewaffnet. Sie sind sehr höflich und freundlich. Erwins Frage ob wir hier übernachten
dürfen beantworten sie mit ja, aber nur bis morgen früh um 6:00 Uhr.
Montag 07. April 2014
Wir wachen um 6:30 Uhr auf und beeilen uns den Platz zu verlassen.
Unser Bedarf an Ruinenstätten ist gerade gedeckt, so entscheiden wir uns ohne weitere Umwege
nach Marmaris ans Mittelmeer zu fahren. Unterwegs fallen uns die vielen Störche auf die
größtenteils brütend im Nest sitzen.
Storchennest mit Untermietern.
Richtung Süden bis Yatagan nehmen wir eine Seitenstraße die durch die Berge führt. In den Bergen
sehen wir gigantische Marmorsteinbrüche. Es scheint als ob ganze Berge abgetragen werden. Wir
fahren durch Dörfer die mit Marmorresten, die überall am Weg liegen, Mauern und Häuser gebaut
haben. Sehr edel! Wer weiß vielleicht ist hier sogar der Ziegenstall mit Marmor gefliest.
Bei der Gökova Bucht erreichen wir gegen Mittag das Mittelmeer. Wir biegen zum Städtchen Gökova
ab, dessen touristische Urbanisation lt. Reiseführer von einem türkischen Stararchitekten entworfen
wurde und sich von der üblichen einfallslosen Hotel Architektur positiv abhebt. Leider trifft dies nur
für einen kleinen Teil der Stadt zu.
Die Stadt Marmaris ist in fester Hand des Massentourismus. Von Norden kommend ist die Stadt
schon von weit oben zu sehen. Wir fahren bis zum Meer und entlang der Uferpromenade. Die
Zufahrt zum Yachthafen mit weit mehr als 1500 Liegeplätzen bleibt uns versperrt.
Marmaris
Uferpromenade in Marmaris
Marmaris: Riesiger Yachthafen mit mehr als 1500 Liegeplätzen am Ende der Bucht.
Wir fahren weiter zum Halbinsel Resadiye die sich westlich von Marmaris lang und schmal ins Meer
reckt. Die Straße führt entlang eines Bergrückens der sich entlang der Insel zieht. Die Berge sind
schroff und hoch. (Boz Dagi 1144 m) Die Küste ist steil und felsig, immer wieder wird der Blick auf
türkisblaue Buchten frei. Wir halten nach einer Zufahrt Ausschau und sehen ein Schild Forest Street
(auf Englisch!) dem wir folgen. Die Straße führt knapp 3 km bergab bis zu einer Bucht mit engem
Meerzugang die als Naturhafen genutzt wird. Auf einem der Boote sitzen mehrere Männer beim Tee.
Wir fragen den Nächststehenden ob wir hier übernachten dürfen der uns an den Chef verweist. Ja
kein Problem!
Stellplatz Suchbild; Wo steht unser Womo?
Auf Google Earth sehen wir dass die Straße noch weiter über den nächsten Bergrücken zu einer
weiteren Bucht führt. Ich wandere los und kann dabei gleich nachschauen wie weit diese Straße
befahrbar ist. Bei der übernächsten Bucht endet die Straße. Ein schmaler Wanderpfad führt weiter
entlang der Küste, dem ich folge. Typische mediterrane Vegetation der Macchia mit den Düften der
Kräuter und Blumen umgibt mich. Der Blick über die zerklüftete Küste ist grandios. Die Sonne steht
schon tief und ich beschließe umzukehren.
Beim Stellplatz zurück werde ich von einer Hühnerschar begrüßt. Erwin hat sich zwischenzeitlich mit
Angeln versucht und vielleicht weil er nichts gefangen hat zum Trost von einem der Fischer 4 Eier
geschenkt bekommen. Die Fischer sind alle weggefahren und wir bleiben alleine zurück. Bei einem
kleinen Abendspaziergang schauen wir den Hühnern zu die sich zum Schlafen hoch hinauf in die
Bäume setzen.
Dienstag 08. April 2014
Wir sitzen beim Frühstück als ein Fischkutter einläuft. Die Männer tragen Kisten gefüllt mit Fisch an
Land. Erwin fragt nach ob wir welchen kaufen können. Dazu muss auf den Chef gewartet werden.
Nicht lange dann fahren drei Händler an und verladen die Kisten in ihren Kastenwägen. Bei denen
können wir kaufen. Minimal Menge ist 1 kg weniger ist nicht möglich. Die nächsten zwei Tage wird es
Fisch geben.
Wir fahren zur Bucht am Ende des Forstweges.
Unser Womo braucht mal wieder eine gründliche Innenreinigung und auch die Betten müssen frisch
überzogen werden. So beschäftigt taucht plötzlich ein Mann mit Handy am Ohr auf. Ein Imker der
seine Bienenstände im nahen Wald hat und dort keinen Handyempfang hatte. Er begrüßt uns und
redet auf Erwin ein. ?? Irgendwann kapieren wir, dass er seine Bienenzucht zeigen möchte. Erwin
geht mit ihm mit.
Am Nachmittag folge ich dem gut markierten Wanderpfad den ich gestern bereits ein Stück
gegangen bin. Und wieder dieser Duft der Kräuter und Blumen und die schönen Ausblicke aufs Meer.
Nach 1 ½ Std. geht die offene Vegetation in einen Kiefer- und Ahornwald über. Da ich keine Lust habe
im schattigen Wald zu laufen nehme ich dies als Wendepunkt und wandere zurück. Auch auf dem
Rückweg wie auch schon gestern begegnet mir niemand.
Erwin war beim Angeln. Bloß gut dass er nichts gefangen hat. ;-) Der Kühlschrank ist voll mit dem
gekauften Fisch von heute Morgen.
Mittwoch 09. April 2014
Am späten Vormittag verlassen wir die Bucht. Sonnig, wolkenlos und auch der heftige Wind von
gestern Abend hat über Nacht nachgelassen. Wir fahren weiter entlang der Resadiye Halbinsel. Bei
der Kreuzung nach Karaköy folgen wir dem Schild Feribot. Wir überlegen mit der Fähre nach Bodrum
überzusetzen. Der Fährhafen ist zwar gut ausgeschildert, aber im Winter(!) d.h vor dem Sommer, also
zurzeit fahren keine Fähren. Wie uns ein freundlicher Motorradfahrer erklärt, dem unser Suchen
aufgefallen ist. Er wohnt nur wenige Kilometer entfernt in Datca und gibt uns auch gleich, ohne dass
wir nachgefragt haben, den Tipp in Datca gegenüber dem Hafen könnte man mit dem Womo gut
übernachten. Unser Ziel für heute ist jedoch die antike Stadt Knidos am Ende der Halbinsel. Vielmehr
der Weg dahin. Die Straße windet sich bergauf ins Gebirge und überquert bei knapp 600 m den Pass.
Immer wieder ist der Blick frei auf die weit unten liegenden Buchten.
Weit unten das Städtchen Mesudiye.
Am Parkplatz vor Knidos überlegen wir ob wir die Ruinen anschauen sollen. Da sie jedoch nicht
besonders gut erhalten sind und ein eisiger Wind um das Kap pfeift verzichten wir darauf.
Blick aufs Kap.
Es ist später Nachmittag und wir schauen uns nach einem Weg hinunter ans Meer um. Wir fahren
wenige Kilometer zurück und finden einen Schotterweg der in eine kleine Bucht führt.
Stellplatz / Stellplatz bei Sonnenuntergang
Etwas entfernt sehen wir ein Haus. Der Besitzer kommt kurze Zeit später vorbei. Begrüßt uns sehr
herzlich mit Handschlag. Wir fragen ihn ob wir hier stehen bleiben können. Kein Problem meint er. Er
sagt seinen Namen, dass er in dem Haus unweit von hier wohnt und wenn wir was brauchen ihm
Bescheid sagen sollen.
Donnerstag 10. April 2014
In der Nacht hat es etwas geregnet. Der Wind hat sich gelegt, jedoch hat er wohl die grauen Wolken
die morgens am Himmel sind hergetrieben. Immerhin versucht die Sonne durchzubrechen. Nachdem
der Fährbetrieb nach Bodrum erst im Sommer aufgenommen wird, fahren wir die Resadiye Halbinsel
zurück. Knapp 20 km vor Marmaris biegen wir zur Umrundung der Bozburun Halbinsel ab. Die
Landschaft der Halbinsel ist innen bergig, felsig und karg. Die Vegetation besteht meistens aus
Macchia (die zurzeit blüht!), teilweise Pinien- und Kiefernwälder, dazwischen immer wieder Oliven-
und Mandelbäume. Um die Insel liegt ein Gürtel von vielen Buchten die oft nur vom Meer her zu
erreichen sind. Trotz der Nähe zu Marmaris ist die Insel noch relativ wenig verbaut.
Das Städtchen Bozburun ist ein traditionelles Zentrum des Bootsbaus. Wir fahren an mehreren
kleinen Werften vorbei wo Holzschiffe neu gebaut oder überholt werden.
Die Straße führt im Wechsel bergab und –auf. Immer wieder erreichen wir das Meer oder fahren
durch die Berge mit schöner Aussicht aufs Meer.
In den Bergdörfern sitzen Männer in den Teehäusern die uns mit einem Winken grüßen. Die Straße
endet vor einem dieser Teehäuser in einer Sackgasse. Wortreich wird uns in türkisch, deutsch und
englisch der Weg erklärt.
Im Dorf Bayirköy ist die Sensation eine 1880 Jahre alte Platane die wir besichtigen.
Vor Marmaris fahren wir hinter einem Sightseeing Bus her. „Discover the paradise behind you!“
Meint der uns?
Da unsere SIM Karte jetzt auch im Nexus nicht mehr funktioniert suchen wir in Marmaris einen
Vodafone Laden auf. Wir bekommen erklärt, dass dies nicht an der SIM Karte liegt, sondern weil wir
nicht türkische Geräte benutzen. Der Gebrauch der SIM Karten in ausländischen Geräten wird nach
15 Tagen gesperrt! Kriegt man leider beim Kauf nicht gesagt! Für die restliche Zeit in der Türkei sind
wir dann nicht mehr online.
Wir verlassen Marmaris Richtung Norden und biegen nach gut 30 km nach Westen ab. Auf schmalen
oft holprigen Straßen entlang des Golfs von Gökova, schleichen wir abwechselnd am Meer entlang
oder durch die Berge bis nach Ören. Die schöne Landschaft wird hier von einem Kohlekraftwerk mit
angegliedertem Bergbau unterbrochen.
Wir fahren noch einige Kilometer weiter und parken an einem Kiesstrand für die Nacht. Ich laufe
noch ein Stück am Strand entlang, bis der Weg an einer kleinen Bootswerft endet.
Freitag 11. April 2014
Nachts hat es leicht geregnet. Als wir losfahren ist der Himmel noch grau. Unser Ziel ist Bodrum und
bereits unterwegs reißen die Wolken auf und machen der Sonne Platz. Als wir am späten Vormittag
ankommen ist es sonnig und 20°C warm. Bei frischem Wind fühlt es sich etwas kälter an.
Bodrum liegt am Süd-Westlichen Zipfel der Ägäis und hat sich trotz großem Jachthafen und
Pauschaltourismus seinem Reiz behalten. Zumindest jetzt in der Vorsaison ist es relativ ruhig und
beschaulich. Das Zentrum liegt um den Hafen und die gut erhaltene Johanniterburg.
Weiß getünchte kubische Häuser erinnern an die Zeit als Bodrum noch griechisch war. Wir bummeln
durch die Gassen und laufen zur Burg.
Als wir am Hafen entlang laufen sehen wir an einem kleinen Holzmotorboot mit Kajüte das Schild
zum Verkaufen. Wir bleiben neugierig stehen und werden vom Eigentümer angesprochen. Er fragt
uns ob wir es von innen besichtigen möchten. Klar wollen wir! Sagen ihm aber vorher dass wir keine
Kaufabsichten haben. Er meint das macht nichts, wir können trotzdem reinkommen. Es ist ein
schönes mit Handwerks Kunst gefertigtes Massivholzboot. Basis Kaufpreis 25.000 €.
Wir werden hungrig und setzen uns an einen Dönerstand gegenüber einer Moschee. Es ist Freitag
und viele Männer sammeln sich zum Gebet. Die kleine Moschee ist voll und einige müssen von
draußen teilnehmen. Während wir auf unser Essen warten schauen wir zu wie im Vorhof der
Moschee Brandteigbällchen in Öl gebacken und gleich danach in ein süßes Zucker/Honigbad getaucht
werden. Eine Frau und ein Mann backen unermüdlich und haben bereits zig Portionen in
Plastikschälchen gefüllt. Wir sind mit dem Essen fertig, laufen über die Straße und stehen vor der
Moschee. Eine Frau kommt gerade mit einem Schälchen raus und sagt wir sollen uns ebenfalls
welche holen. Sie erklärt uns den Hintergrund dieser Aktion; jemandem dem etwas Gutes
widerfahren ist wie z.B. eine Geburt, eine Genesung von eine Krankheit, eine erfolgreiche Prüfung
usw. bedankt sich bei Allah indem er der Gemeinde diese Süßigkeiten spendiert. Es sind alle
eingeladen nicht nur die enge Glaubensgemeinde. Der Spender beauftragt dafür eine Bäckerei die so
viel bäckt bis die Spendensumme verbraucht ist. Wenn das so ist, wollen wir den Spender nicht
beleidigen und holen uns eine Portion. Hmm, die schmecken sehr lecker!
Katze vor dem Fischladen; Wie lange geht das gut?
Bodrum: Jachthafen
Von Bodrum fahren wir nach Milas. Die Umgebung von Milas ist landwirtschaftlich geprägt. Wir
fahren durch die Altstadt, an den Basarvierteln vorbei bis zur offenen Markthalle. Hier verkaufen die
umliegenden Bauern ihre Produkte wie z.B. Gemüse, Obst, Eier, Käse und Butter aus eigener
Herstellung, Oliven, frische und getrocknete Kräuter. Wir füllen unsere Vorräte auf und fahren
weiter nach Iasos wo wir etwas entfernt von einer Feriensiedlung am Meer einen Stellplatz für die
Nacht aussuchen. Nach einer Weile kommen zwei Frauen laut schwatzend am Womo vorbei. Unsere
Schiebetür ist offen, sie grüßen und bleiben stehen. Eine der Beiden ist aus Holland und die andere
aus Istanbul, sie sind seit 15 Jahren Nachbarinnen in der Feriensiedlung. Die Türkin ist von Beruf
Lehrerin und spricht sehr gut Englisch. Wir plaudern noch ein bisschen und trinken zusammen einen
Himbeergeist, dann ziehen sie weiter. Auf dem Rückweg kommen sie nochmals vorbei. Die Türkin
heißt Maye und lädt uns für heute Abend ein sie und Ihren Mann zu besuchen.
Wir nehmen die Einladung an und verbringen mit ihnen und einem weiteren türkischen Paar einen
schönen Abend. Spät am Abend gibt es türkischen Kaffee und wir lernen etwas über den Brauch aus
dem Kaffeesatz zu lesen. Die Tasse wird mit dem zurückgebliebenen Kaffeesatz auf dem Unterteller
auf den Kopf gestülpt. Der Satz rinnt an den Wänden der Tasse herunter und zeichnet dabei Muster.
In diesem Muster wird nach Tierbildern gesucht die jeweils eine bestimmte Bedeutung haben. Z.B.
bringt eine Henne eine gute Nachricht oder ein Dromedar bringt Besuch… Zum Schluss darf man sich
im Stillen etwas wünschen. Der Kaffeesatz im Unterteller wird über den Rand laufen gelassen. Der
Teller wir umgedreht und der Verlauf der Rinne die sich dabei bildet zeigt wie wahrscheinlich der
Wunsch in Erfüllung geht. Und wichtig ist, dass man danach die Tasse selbst auswäscht.
Vom Womo aus schauen wir uns die Feriensiedlung wo wir gestern Abend zu Besuch waren genauer
an. Wir haben gestern gefragt was eine Haushälfte kostet und 50.000 € genannt bekommen. Im
Vergleich zu den Preisen für Häuser direkt am Mittelmeer in Italien oder Spanien ist das günstig. Und
weil wir es immer genau wissen wollen; 100 € Steuern im Jahr und gesamt 70 € monatlich für
Hausmeisterdienste, Gärtner und Swimmingpool Pflege. Wie uns Maye informierte, kann man ein
solches Haus im Sommer für 500 € im Monat mieten.
Von Iasos fahren wir durch die Berge nach Euromos. Auffallend viele Mandelbäume säumen den
Weg. Und ab und zu haben auch die Tiere „Vorfahrt“.
Der Zeustempel von Euromos ist ein römischer Tempel aus dem 2. Jh. Laut Beschreibung im
Reiseführer soll er zu den besterhaltenen antiken Bauten der Türkei gehören. Von ursprünglich 32
korinthischen Säulen steht noch die Hälfte. Um den Tempel sind Ruinenreste der Stadtmauer, der
Agora und des Theaters zu finden.
Kurz vor ½ 9 Uhr stehen wir vor dem Kartenhäuschen. Auf einem Schild steht, dass die Öffnungszeit
im „Winter“ ab 9:00 Uhr ist. Der Tempel ist frei zugänglich und wir spazieren herum. Außer uns ist
nur noch 1 weiterer Besucher da. Als wir um Viertel nach neun weiterfahren ist das Häuschen immer
noch nicht besetzt. Weitere Besucher sind nicht dazu gekommen, obwohl der Tempel sehenswert ist.
Wir fahren zum Bafa Gölü (Bafa See). Vor 2000 Jahren war hier noch eine Meeresbucht. Die Stadt
Herakleia wurde am Latmischen Meerbusen gegründet. Sie war von einer 6,5 km langen Stadtmauer
umgehen. Die Häuser gingen die dahinter liegenden Hänge bis auf 500 m hinauf. Durch die
Verlandung des Latmischen Golfes war der Niedergang der Stadt besiegelt. Die Verlandung war eine
Folge der Abholzung der anatolischen Wälder und der damit verbundenen Erosion. Der Fluss führte
immer mehr Schwebstoffe mit sich die er im Mündungsgebiet ablagerte.
Heute ist der 15 km lange und 5 km breite See samt seiner Umgebung ein Nationalpark. Am Südufer
fahren wir entlang weiter Olivenhaine. Auf der Nord- und Ostseite sehen wir das zerklüftete
Besparmak-Massiv mit dem 1.375 m hohen Gipfel.
Die kleinen Dörfer an der Ostseite des Sees haben sich wohl auf deutschsprachige Wanderer
spezialisiert. Vor den Häusern sehen wir oft Schilder mit „Geführte Wandertouren“ (nur auf
Deutsch!). Es ist nur leicht bewölkt, etwas windig und 18°C warm. Leider noch kein Badewetter. Ideal
für die Besichtigung antike Stätten. Wir fahren nach Didyma. Das Didymaion, die größte antike
Tempelanlage der Türkei, beherbergte die bedeutendste Orakelstätte Kleinasiens. Im Ansehen
rangierte diese unmittelbar hinter dem Orakel von Delphi. Didyma war keine Stadt, sondern diente
einzig dem Kult des Gottes Apollon. Durch eine 16 km lange, statuengeschmückte Heilige Straße war
er mit der Stadt Milet verbunden. Damals umgab ein Hain den kolossalen Tempel. Heute stehen
seine Reste mitten in dem Dorf Didim, umgeben von Restaurants und Andenkenläden.
Mit dem Besuch der antiken Stadt Milet schließen wir unser Kunsthistorisches
Besichtigungsprogramm für heute ab. Wie Herakleia und Ephesus war auch Milet durch die
Verlandung dem Untergang geweiht. Die Ruinen liegen heute rund 10 km abseits der Küste und
lassen kaum mehr erahnen, dass die Stadt eine der bedeutendsten Hafenstädte der griechischen
Antike war. Die Ausgrabungsstätte hat nur mäßig erhaltene Ruinen zu bieten. Das beeindruckenste
davon ist das Theater.
Auf einem Feldweg entlang des Büyük Menderes Nehri (Mäander Fluss) fahren wir ins Balat Ovasi
(Schwemmland). Viele Angler stehen entlang des Flusses. Auch Erwin versucht sein Glück! Gibt aber
schon bald wieder auf, weil er wie er sagt, nicht den richtigen Köder hat. ;-) (So ein Pech!! Ein Schelm
der dabei Böses denkt!)
Im Schwemmland wird bevorzugt Baumwolle angebaut. Die Bauern sind zugange die Felder mit
Traktoren sehr eben zu ziehen. Den Sinn können wir nur mit anfänglicher Schwemmbewässerung
vermuten. Da müssen wir uns im Internet schlau machen… wenn man dann mal wieder hat!
Auf einem Feld vom letzten Jahr hängen noch einzelne Baumwollkapseln die wir genauer anschauen.
Erstaunlich wieviel Wolle aus einer kleinen Kapsel herauszuziehen ist.
Wir parken neben dem Fluss und bleiben über Nacht.
Und fleißig beim Reisetagebuch schreiben. ☺
Sonntag 13. April 2014
Wir fahren auf engem holprigem Feldweg weiter entlang des Flusses in Richtung Meer. Bis es auch
für unseren 4x4 Sprinter nicht mehr weiter geht. Bzw. meine Drohung ich würde beim freischaufeln
ggf. nicht helfen, auch Erwin dazu bringt zu Fuß weiter zu gehen. Wir wandern durch das
Schwemmland. Auf den Seen sehen wir Flamingos, Pelikane und Kiebitze.
An der Flussmündung zum Meer kommen wir entlang bewohnter Fischerhütten. Bei einem der
Hütten laufen 2 große Hunde angriffslustig auf uns zu. Erwin wirft mit allem was er Greifen kann auf
sie. Ein dicker Stock in seiner Hand hält sie auf Abstand. Ich bewaffne mich zwar auch mit einem
Stock aber bleibe doch lieber hinter meinem Helden.
Am Nachmittag fahren wir weiter nach Kusadasi, was wir von unserer Türkeireise von 1984 noch als
Städtchen mit einer netten Altstadt in Erinnerung haben. Zwischenzeitlich ist es einer der größte
Urlaubsorte der türkischen Ägäis und für jeden Reisenden eines Kreuzfahrschiffes ein Begriff. Aus
Kusadasi ist eine Urlaubsmetropole mit Hotelkomplexen, Feriendörfern und Clubanlagen geworden.
Vom früheren Charme ist nichts mehr zu spüren.
Gut 15 km weiter bei Pamucak unterbricht die Hotellerie Bebauung. An einem breiten öffentlichen
Sandstrand parken wir ein und bleiben auch über Nacht.
Zum Abendessen gibt es Knödel aus türkischen Fladenbrot überbacken mit Schweizer Käse,
Auberginengemüse geröstet in spanischem Olivenöl und türkische Schafsmedaillons. Ist das ein
Beitrag zur Völkerverständigung!? ☺
Montag 14. April 2014
Die Ruinenstädte Ephesos ist nur 8 km von unserem Übernachtungsplatz entfernt. Wir beschließen
diese nicht zu besuchen. Bei unserer Türkeireise vor 30 Jahren haben wir diese bereits besichtigt und
nach der Beschreibung sind zwischenzeitlich keine weiteren Ausgrabungen oder Rekonstruktionen
erfolgt. Um nochmals vorbeizuschauen schreckt uns der Eintrittspreis. Ausgrabungsstätte mit
Hanghäusern pro Person ~ € 15, plus ~ € 8 Parkgebühr. Bei der Zufahrt zu Ephesos sehen wir an
einem Parkplatz einen Wasserhahn. Eine Gelegenheit um unseren Wassertank aufzufüllen. Der Platz
wird auch als Taxistation genutzt um Touristen die hier mit dem öffentlichen Bus ankommen zur
knapp 3 km entfernten Ausgrabungsstätte zu fahren. Praktischerweise können wir unseren Schlauch
an den Hahn anschließen. Beim Füllen sehen wir, dass eine Wasseruhr an der Zuleitung hängt und
nachdem gerade ein Taxi herfährt packen wir schnell den Schlauch weg. Der Taxifahrer steigt aus,
kommt auf uns zu mit einem Wasserschlauch in der Hand und fragt ob wir unseren Wassertank füllen
möchten. Wir nehmen an und bedanken uns artig. ☺
Wir fahren nach Selcuk drei Kilometer östlich von Ephesus liegt die Nachfolgesiedlung der antiken
Stadt. Das dortige Archäologische Museum ist unser Ziel. Es soll zu den angesehensten Museen
seiner Art in der Türkei zählen. Eines der Höhepunkte sind die Originalfunde aus den Hanghäusern
von Ephesos. Ein Sammelsurium an Kostbarkeiten die einst römische Edelvillen zierten. Auch die
Ethnologische Abteilung mit nachgebautem Marktviertel, darunter ein Berbersalon, eine
Rosenwassermanufaktur und ein Haman würde uns interessieren. Ja wenn, das Museum nicht wegen
Renovierungsarbeiten geschlossen hätte!
Als Alternative wählen wir die „Natur“ und fahren entlang der Küste. Über Seferihisar queren wir die
Cesme Halbinsel. Kurz nach Urla biegen wir in die Halbinsel Karaburun ab, die von der Cesme
Halbinsel gen Norden ragt. Sie ist ca. 50 km lang und bis zu 20 km breit.
Wir fahren auf der Ostseite der Insel auf der alten Küstenstraße bis zum Städtchen Karaburun.
Frische grüne Macchia Vegetation mit den typischen Frühlingsblühern wie Ginster, Schopflavendel,
Malven um nur ein paar zu nennen. Und natürlich Olivenbäume. Schöne Buchten mit klarem Wasser.
Jedoch hat der Bauboom auch hier schon allzu oft gewütet. Große uniforme Feriensiedlungen ziehen
sich weit in die Hänge der Buchten hinauf.
Wir finden einen Brunnen mit kräftig sprudelndem Wasser. Die Gelegenheit zur Autowäsche. Die
Fahrt durch das Schwemmland hat doch mächtig viel Dreck auf unserem Womo hinterlassen.
Im Städtchen Karaburun führt der Wegweiser nach Westen. Wir sehen auf der Karte, dass die
asphaltierte Straße die Insel überquert und an der Westseite zurückführt. Doch wir wollen zum Kara
Burun (Schwarze Kap). Auf Schotterwegen fahren wir weiter Richtung Norden. Die Landschaft wird
gebirgiger und fällt steil zum Meer steil ab. Es ist bereits Abend und es wird Zeit ein Nachtquartier zu
suchen. Wir sehen eine ebene Fläche am oberen Klippenrand. Eine große Ziegenherde steht auf dem
Weg. Wir fahren langsam durch, der Bauer grüßt uns mit der Hand. Wenige Meter später parken wir.
Der Bauer kommt zum Womo, meint wohl wir hätten uns verfahren und versucht uns zu erklären wo
wir uns befinden. Wir bedanken uns und fragen per Zeichensprache ob wir hier übernachten können.
Als Antwort bekommen wir ein sehr freundliches Nicken. Bevor er wieder zurück zu seiner Herde
geht, zeigt er auf sein Haus das in der Nähe ist. Er fährt noch zweimal mit dem Traktor vorbei, hupt
und winkt uns zu.
Der Platz bietet eine gigantische Sicht. 150 m direkt oberhalb des Meeres sehen wir weit entlang der
zerklüfteten Küstenlinie. Wie in einer riesigen Bucht, sehen wir gegenüber die griechische Insel Hios.
Die Sonne geht glutrot über dem Meer unter. In entgegen gesetzter Richtung steht gleichzeitig der
Vollmond.
Bei Nacht sehen wir die Lichter der Fischerboote auf dem Meer und eine hell erleuchtete Fähre fährt
vorbei.
Dienstag 15. April 2014
Beim Frühstück schauen wir auf die griechische Insel Hios, die sich heute Morgen deutlich am
Horizont zeigt.
Unser „Nachbar“ fährt mit seinem Traktor, beladen mit einigen Kanistern Ziegenmilch vorbei. Er hupt
und winkt uns freundlich zu. Als wir weiter fahren wirkt der Hof wie verlassen.
Bizzarr-gespenstisch wirken so manche verlassenen Dörfer auf der Halbinsel. Aufgrund des 1923
verordneten Bevölkerungsaustauschs zwischen Griechen und Türken mussten oft ganze Dörfer
umsiedeln. Das vormals friedliche Zusammenleben zwischen den beiden Völkern war in Hass
umgeschlagen.
Zukunft trifft auf Vergangenheit. (Verlassenes Dorf als Kulisse von Windkrafträdern auf der Halbinsel Karaburun)
Im Nordwesten der Halbinsel fallen uns Fischzuchtanlagen in erheblichem Ausmaß auf. Irgendwo
muss ja wohl der viele frische Fisch herkommen der während der Hochsaison von hunderten von
Fischrestaurants den Touristen angeboten wird. Allein als Wildfang vom total überfischten
Mittelmeer ist das nicht möglich! Wobei ich an der Stelle bemerken möchte, dass Erwin an der
Überfischung keine aktive Schuld trifft. ☺
Je weiter wir an der Westseite der Halbinsel gegen Süden fahren, mehren sich wieder die typischen
uniformen Feriensiedlungen. Das Land wird flacher, Gemüsefelder wechseln die Macchia und
Olivenhaine ab. Die Artischockenernte ist im Gange. In den Dörfern sitzen Frauen und Männer die
dieses Gemüse küchenfertig machen. Wir halten an und kaufen für 10 TL (€ 3,50) eine große Tüte
Artischockenböden.
Wir haben uns per SMS mit Claudia und Ralf, unseren Stellplatznachbarn von Istanbul und Zufallstreff
von Pamukkale, verabredet. Gegen Mittag treffen wir auf dem kleinen Windsurfer Campingplatz in
Alacati im Südwesten der Cesme Halbinsel ein.
Und wir plaudern, trinken Kaffee, machen Brotzeit, kochen zusammen zu Abend, trinken Wein und
plaudern …. Und schon ist es Mitternacht!
Sonne 22°C und windgeschützt!
Mittwoch 16. April 2014
Es ist schon fast Mittag bis wir uns von Claudia und Ralf verabschieden. Wir nehmen die Autobahn
die Izmir in großem Bogen umfährt. Weiter Richtung Norden treffen wir bei Aliaga wieder aufs
Mittelmeer. Wir fahren entlang des Candarli Körfezi (Golf von Candarli) bis zum Städtchen Candarli.
Das Stadtzentrum liegt auf einer schmalen Landzunge, beherrscht von einem fünftürmigen
genuesischen Kastell aus der Zeit um 1300.
Wir nehmen die schmale Küstenstraße bis Bademil. Leider wechseln die Olivenhaine nicht mit
einsamen Buchten sondern mit Feriensiedlungen ab. Wir kommen nach Dikili. Hier war in
osmanischer Zeit der Ausfuhrhafen von Bergama. Heute machen in erster Linie Kreuzfahrschiffe für
den Landgang zum antiken Pergamon fest. Die Stadt ist gesichtslos. Am nördlichen Rand beginnt eine
Reihe endloser Feriensiedlungen. Nach einer noch nicht komplett fertiggestellten Siedlung sehen wir
eine kurze Strecke freien Strand, die wir für die heutige Übernachtung nutzen. Wir schauen ein paar
Damen beim Strandspaziergang zu und dann wird es auch schon dunkel.
Beim Strandspaziergang.
Sonnenuntergang vom Womofenster aus.
Donnerstag 17. April 2014
Heute wollen wir das antike Pergamon besichtigen. Wir parken unterhalb des Burgberges und gehen
zu Fuß zum Eingang der Akropolis. Unterwegs hält ein Auto und fragt ob wir mitfahren wollen. Wir
steigen ein. Der Fahrer erzählt uns dass er 1989 in Böblingen (Partnerstadt von Bergama) als 16
Jähriger bei einem Freundschaftsfußballturnier war. „Sein Team hat haushoch verloren und 12 Jahre
Schande für die Heimatstadt gebracht. Aber sie konnten gar nicht gewinnen, weil seine gesamte
Mannschaft so verwirrt war von den deutschen Mädchen. Sie waren die ganze Zeit nur beschäftigt
mit Schauen. 1989 waren alle Frauen und etwas ältere Mädchen in einer Kleinstadt wie Bergama mit
Kopftuch und langen Gewändern bekleidet.“ (Zitat; Worte unseres Fahrers)
Das Ausgrabungsgelände ist groß und sehr interessant. Neben der Akropolis, Theater, Asklepieion,
Agora etc. fanden wir mehrere nahezu komplett erhaltene Mosaikfußböden sehr interessant.
Theater in Pergamon. Suchbild: Erwin sitzt irgendwo in einer der obersten Reihen.
Mosaikfußboden mit dem Thema Theaterbilder
Es ist schon früher Nachmittag als wir zum Womo zurückkehren. Wir fahren zum Parkplatz bei der
Roten Halle (wegen Restaurierung geschlossen) und laufen in die Innenstadt. Wir bummeln durch die
Marktviertel und essen in einem kleinen Lokal eine frisch zubereitete türkische Pizza. Die
entsprechenden Lokale haben dazu große offene Backöfen. Pizza und belegte Pidabrote werden aus
frischem extra dünn ausgerolltem Hefeteig gebacken. (Wie beim italienischen Pizzabäcker.)
In einem Laden für Anglerzubehör sucht sich Erwin eine extra lange Angel (4 m!) mit Angelrolle aus.
Der Preis ist ausgezeichnet. Beim Bezahlen tippt der Verkäufer emsig auf einem Taschenrechner und
zeigt uns den Preis für Beides. Im Kopf addiert erhalte ich eine viel niedrigere Summe. Er sagt die
ausgezeichneten Preise wären US Dollar! Hmm… wieso $? Aber auch dies gibt einen komischen
Währungskurs. Das ganze klingt uns nach Touristen übers Ohr hauen und wir verlassen den Laden.
Jetzt müssen wir wohl weiterhin auf Erwins frisch gefangenen Fisch verzichten. ☺
Beim Bäcker wollen wir zwei Brote kaufen die üblicherweise 1 TL/ Stück kosten. Der Verkäufer zeigt
erst 2 TL, ich bezahle. Dann will er 3 TL und korrigiert auf 5 TL. Ich nehme meine 2 TL zurück und gehe
weiter. Beim nächsten Laden läuft es ähnlich ab. Der Touristenboom scheint hier die gute Manier
verdorben zu haben. Ich glaube ich sollte dem Bürgermeister der Partnerstadt Böblingen einen Brief
schreiben, damit er der Bäckerinnung in Bergama eine Mahnung der schlechten Gepflogenheiten gibt.
☺ Auf dem Weg zum Parkplatz sehen wir wieder die Aktion, dass ein dem Glück widerfahren ist, sich
dafür mit frisch zubereitetem Brandteigbällchen bedankt. Davor hat sich schon eine lange Schlange
Wartender angestellt.
Wir verlassen Bergama Richtung Norden und fahren durch einen bergigen Pinienwald. Die vor
Jahrzehnten begonnene Wiederaufforstung der total abgeholzten Wälder trägt langsam Früchte.
Bei Ayvalik erreichen wir wieder die Küstenstraße. Es ist später Nachmittag und es fängt an zu
nieseln. Die antike Stadt Assos erreichen wir bei Regen. Assos ist von einer mächtigen Akropolis
gekrönt. Apostel Paulus soll im Jahr 58 bei seiner großen Missionsreise hier gewesen sein.
Das darunter liegende Dorf hat noch eine intakte Struktur mit schönen Steinhäusern und engen
Gassen am Burgberg. Ein 1,2 km langes kopfsteingepflastertes Sträßchen führt steil hinunter zum
Hafen. Die dortigen Natursteinhäuser kleben eng aneinander und sind ausnahmslos zu Hotels und
Restaurants umfunktioniert. Wir wollen zum Hafen fahren, enden aber bereits bei den Hotels davor
in einer Sackgasse.
Kurz hinter Assos parken wir am kleinen Strand einer Bucht mit nur wenigen einzelnen exquisiten
Ferienhäusern und bleiben über Nacht.
Freitag 18. April 2014
In der Nacht hat es weiter stark geregnet. Gut für die Natur und die Landwirtschaft! ☺
Wir stehen mit dem Womo mitten in einer riesigen Wasserlache. Bloß gut dass wir nicht raus
müssen. Die knapp 3 km bergauf bis zur asphaltierten Straße führt auf einer „Staubstraße“ mit
sandigem Untergrund. Diese ist durch den vielen Regen durch- und teilweise unterwässert, was dem
befahren einen leicht schwimmenden Charakter verleiht. Der Regen geht in feines Nieseln über und
dann versucht sich sogar mal die Sonne durch die Wolkendecke zu drücken. Leider nur mit
vorübergehendem Erfolg.
Durch die Troas fahren wir entlang einem schmalen Küstensträßchen. Troas nennt sich die Region
zwischen Assos und Troja westlich der Fernstraße Cannakale-Izmir. Die fruchtbaren Böden werden
landwirtschaftlich genutzt. Die Gegend ist vom Tourismus noch weitgehend unberührt. An den
Stränden sind meist nur einfache Campingplätze zu finden. Die Region ist nur mit wenigen
Kleinstädten, Dörfern und immer wieder Ruinenresten durchsprenkelt. Monotone Feriensiedlungen
wie man sie vielfach an der Ägäis findet sind hier eher die Ausnahme. Dafür sorgte der Kalte Krieg;
bis 1992 waren weite Abschnitte militärisches Sperrgebiet.
Neben der Straße sehen wir Wasserdampf aufsteigen. Aus der Nähe betrachtet ist es eine
Thermalquelle die hier aus dem Boden dringt. Das Wasser ist so heiß, dass man sich fast die Finger
verbrennt. Wir schauen uns um und finden ca. 500 m oberhalb die Ruinenreste eines römischen
Bades und etwas versteckt das kleine Thermalbad Kestanbol Kaplicalari. Auf einem Schild wird
erklärt, dass das über 70°C warme Wasser Rheuma, Frauen- und Nierenkrankheiten lindern soll. Ein
Besuch bei diesem trüben Wetter wäre nicht schlecht, aber durch den Islam vorgeschrieben müssen
Frauen und Männer getrennt baden. Und die Vorstellung mit vielen netten türkischen Frauen in
einem engem Becken zu sitzen und sich nur mit einem Lächeln verständigen zu können lässt mich
Erwins Frage danach verneinen.
Wenige Kilometer später kommen wir an Alexandria Troas vorbei. Die antike Stadt gegründet im Jahr
310 v. Chr. von Diadochen Antigonos ist bisher nur teilweise ausgegraben. Einstmals eine
bedeutende Hafenmetropole, in der Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise predigte, liegen
die Reste nun verborgen zwischen Gestrüpp und Steineichen. Das Gelände ist umzäunt und das
Eingangstor geschlossen. Da weit und breit niemand zu sehen ist, fahren wir weiter.
Wenige Kilometer weiter sehen wir aus der Ferne große Schiffe auf der Zufahrt zu den Dardanellen,
der Meerenge zwischen dem europäischen und asiatischen Teil der Türkei. Der löchrige Straßenbelag
geht in eine Schotterpiste über. (auch mit Löchern)
Der 1. Weltkrieg hinterließ auch hier wie leider an allzu vielen Stellen in der Welt Soldatenfriedhöfe.
Im Kriegswinter 1914/15 ging es um den Zugang zum Schwarzen Meer durch die Dardanellen.
Während des neunmonatigen grauenvollem Stellungskrieges fielen zwischen 150.000 und 250.000
Soldaten.
An der Abzweigung nach Troja fahren wir vorbei. Die antike Stadt Truva (Troja) gehört zwar zu einen
der bekanntesten türkischen Ausgrabungsstätten, ist aber eigentlich nicht sehenswert. Die Überreste
sind spärlich und gleichen nicht im Ansatz denen von Ephesus oder Pergamon. Lediglich ein 20 m
hohes, für einen Fernsehfilm nachgebautes Holzpferd, ist der einzige Blickfang. Bei unserer
Türkeireise vor 30 Jahren haben wir Troja besichtigt. Ein zweites Mal muss man es sich nicht antun.
Der Grund für die weltweite Berühmtheit Trojas ist Homers Epos „Ilias“, voraus der Mythos des
Trojanischen Krieges entsprang. Ob es jemals einen Kampf um Troja gab ist nicht nachgewiesen.
Wir fahren zum Fährhafen nach Canakkale. Hier an der engsten Stelle der Dardanellen trennen nur
1.244 m den europäischen vom asiatischen Teil der Türkei. Wir kaufen das Ticket für 32 TL (11 €) und
nehmen die Fähre nach Eceabat mit knapp 3 km Fahrstrecke. Während der Fahrt fängt es wieder an
zu regnen.
Auf der Fähre; Blick zurück nach Canakkale (Asien)
Auf der Fähre Blick nach Kilibahir (Europa)
Auf der europäischen Seite der Türkei angekommen schauen wir gegen Osten. Die Türkische Flagge
ist nicht zu übersehen!
Wir nehmen die E87 Richtung Norden, die an der Ostseite der Halbinsel Gallipoli entlang führt.In den
Dardanellen herrscht ein reger Schiffsverkehr.
Wir fahren durch Ipsala und passieren wenige km später die Grenze zu Griechenland. Die
Grenzformalitäten verlaufen schnell und problemlos. Die Ausreise unseres in Erwins Pass
eingetragenen Sprinters wird dokumentiert. Lediglich der in der Türkei gekaufte Orangen- und
Mandarinenbaum und die im Fenster hängenden getrockneten Lavendelbüschel werden noch
argwöhnisch beäugt. Auf die Frage was das ist, antworten wir Flowers. Die Grenzer sind zufrieden. ☺
Es ist bereits Abend. Wir fahren noch ca. 70 km und stellen uns über Nacht neben ein kleines
Kirchlein an den Strand.
Blick aus dem Womofenster.
Samstag 19. April – Montag 21. April 2014
Heimreise: Griechenland – Bulgarien – Serbien – Kroatien – Slowenien – Österreich - Deutschland
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