Michael Kaatz1, Christoph Kaatz2
1 & 2 ) Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e.V., Chausseestr. 18, D-39279 Loburg, www.Storchenhof-Loburg.info
Satelliten-Telemetrie beim Weißstorch (Ciconia ciconi a)- ausgewählte Zugrouten -
Die Gefährdung des Weißstorches in Deutschland und auf den Zugwegen
Auf Grund seines umfangreichen Nahrungsspektrums ist der Weißstorch ein Hauptindikator für die Artenvielfalt unsererLandschaft.Im Bundesland mit dem zweithöchsten Weißstorchenbestand in Deutschland (Mecklenburg-Vorpommern) sank von 2004 bis 2009 der Bestand von 1142 Horstpaaren (HPa) auf 770 HPa. Ähnliche Tendenzen zeigen sich auch in den anderen östlichen Bundesländern, die mit ca. 70 Prozent den Hauptanteil des deutschen Weißstorchbestandes ausmachen.
Wesentlicher Grund für den unübersehbaren Rückgang ist die in den letzten Jahren zu verzeichnende gravierende Änderung der Landnutzung und dort insbesondere:� Der Umbruch von Grünland zu Acker, vorwiegend für Mais-
und Rapsanbau und damit der vollständige Verlust vonNahrungsflächen.
� Die intensivere Nutzung von Grünland und Verlust von Stilllegungsflächen und Feuchtwiesen und damit die starkeReduzierung von Nahrung (Insekten, Mäuse, Amphibien undReptilien).
Auch der Tod durch Anflug und Stromschlag an Hoch- und Mittelspannungsfreileitungen und die Bejagung auf dem Vogelzug bedrohen immer noch viele Störche.
Veränderungen der Landnutzung bieten einen Ausweg für den Weißstorch und stoppen den durch ihn angezeigten Artenverlust. Dabei sind wirkungsvolle Maßnahmen:
Seit 1990 widmete sich der Storchenhof gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie - Vogelwarte Radolfzell praktisch und wissenschaftlich der Satelliten-Telemetrie beim Weißstorch, wodurch vollkommen neue Möglichkeiten für die Zugvogelforschung und den Vogelschutz auf den Zugwegen erschlossen wurden.Im Mittelpunkt des Posters steht die 1994 auf dem Storchenhof Loburg mit dem Ring der Vogelwarte Hiddensee KA 0749 und einem Satellitensender versehene Weißstörchin Prinzesschen, die ganz außergewöhnliche Leistungen zeigte. Durch die Ausstattung mit Satellitensendern war es möglich ihren Zugweg von ca. 11.000 km über 22 Länder bis an die Spitze von Südafrika nachzuweisen. Über größere Strecken wurde sie mittels Kraftfahrzeugen und Fluggeräten begleitet. Dabei entstanden einmalige Film- und Fotoaufnahmen (ZDF, MDR, ARD). 2004 gab ihr zu Ehren die Bundesrepublik Deutschland eine Briefmarke heraus. Obwohl sie im Dezember 2006 in Südafrika, bei Johannisburg, wahrscheinlich aus Altersgründen, ihr Ende fand, ist sie für viele Menschen der bekannteste Wildvogel geworden.
LOTTO Sachsen-Anhalt ermöglichte durch eine entsprechende Förderung der Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e.V. die Satelliten-Telemetrie beim Weißstorch fortzuführen. Damit konnte an die mittlerweile 20jährige Forschungsreihe angeschlossen werden. Dieses Projekt hat zum Ziel, die Änderungen des Storchenzuges im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu erforschen. In den Jahren 2008/09 wurden 3 weitere Weißstörche mit Sendern ausgestattet: Albert von Lotto, Louis Henri und Leopold. Die Zugwege über Europa, Asien und Afrika werden hier dargestellt. Bei diesen Vögeln handelt es sich um Störche, die sehr weite Strecken zurücklegen. Im Zuge des Klimawandels zeigt sich, dass insbesondere die in Richtung Südwest ziehenden Störche, die über die iberische Halbinsel ziehen, in den vergangenen Jahren ihre Zugwege deutliche verkürzt haben. Inwieweit die hier dargestellten ostziehenden Störche auch Streckenverkürzungen vornehmen, wird die Fortführung dieser Forschungen zeigen.
Entwicklung des Storchenbestandes in Mecklenburg-Vorpommern
Aufgenommene Weißstörche auf dem Storchenhof von 1979 bis 2009
Entwicklung des Storchenbestandes in Deutschland
Rückgang der Brachflächen in ausgewählten BundesländernStörchin „Prinzesschen“ trug über 10 Jahre einen Satellitensender.
Senderstorch „Albert von Lotto“ und Partnerin „Mina“
Verteilung der Brutpaare in Deutschland
Extensiv genutztes Grünland bietet ein gutes Nahrungsangebot
Verwaiste Storchenjunge in der Übergangspflege auf dem Storchenhof
Neben der Storchenpflege gibt es weitere Aufgaben:� Koordination der NABU-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz und Anleitung eines landesweiten Betreuernetzes für
Bestandserfassung und Artenschutzmaßnahmen� Durchführung von modernen Forschungsprojekten, wie z.B. die Anwendung der Satelliten-Telemetrie oder Untersuchungen
zur Biotopverbesserung im Dichtezentrum der Weißstorchverbreitung� Dokumentation und Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und des Storchenbestandes mit Aufbereitung für die
Umweltbildung� praktische Maßnahmen zur Biotopgestaltung (Lebensraumschutz) und Minderung von Gefahren in der Landschaft� Beratung und praktische Unterstützung zur Anlage und Betreuung von Weißstorchhorsten � Planung und Durchführung von Tagungen, Ausstellungen, Vorträgen, Exkursionen und Workshops� Pflege von Kontakten und Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen des Artenschutzes und einschlägigen Institutionen, z.B.
Hochschulen, ökologischen Zentren, Initiativen, Vereinen und Gebietskörperschaften auch international
� Beendigung von Grünland- und Brachflächenumbrüchen und die überwiegende Nutzung von Zweit- und Zwischenfrüchten für Biogasanlagen
� Anreize für Mutterkuhhaltung und weitere Formen der Weidetierhaltung (auch für Kleinhalter), weil eine derartige Nutzung zupotenziellen Nahrungsflächen für den Weißstorch und damit für viele andere wildlebende Tiere und Pflanzen führt
� Förderung und Ausbau extensiver Landnutzungsmethoden (Ökologischer Landbau) verbunden mit der Anlage breiter Ackerrandstreifen
� konsequenter Schutz der Flussauengebiete und Renaturierung verbauter Fluss- und Bachläufe
Darüber hinaus sind die direkten Gefahren für Störche zu minimieren und die Nachhaltigkeit seines Schutzes zu gewährleisten durch:� Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Vogelschutzes an Mittelspannungsfreileitungen durch die Energieversorgungs-
unternehmen (EVU)� Unterstützung des Storchschutzes im Ausland, vor allem auf den Zugwegen. Dabei müssen insbesondere die Gefahren in den
bekannten Zwischenrastgebieten minimiert und das Nahrungsangebot optimiert werden� Förderung des ehrenamtlichen, staatlichen und wissenschaftlichen Engagements für den Natur-, Umwelt- und damit auch für
den WeißstorchschutzDie notwendigen Finanzmittel zum Erhalt der Biodiversität könnten durch Umwidmung von Mitteln aus Großprojekten und veränderter Agrarförderung gewonnen werden, die kontraproduktiv gegenüber der Biodiversität sind. Zum Beispiel durch Verzicht auf Ausbaumaßnahmen an Elbe, Saale, Donau und anderen Flüssen können enorme Mittel für die o.g. sinnvollen Aufgaben gewonnen werden.
Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e.V., Chausseestr. 18, D-39279 Loburg, Konto: 503001244 , BLZ: 81054000, Sparkasse Jerichower Land, E-Mail: [email protected], Internet: www.Storchenhof-Loburg.info, www.Storchenhof-Loburg.de
Quellen:Kaatz, Ch.; Kaatz Me. (2004): Weißstorch (Ciconia ciconia). In: Gedeon, K.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2004): Brutvögel in Deutschland Hohenstein-Ernstthal, S.6-7
Kaatz, Mi.; Kaatz Ch. (2008): Unsere Weißstörchin Prinzesschen – was bleibt? In: Kaatz, Ch.; Kaatz, Me. (Hrsg.): 3. Jubiläumsband Weißstorch, 3. Jubilee Edition White Stork – Loburg, S.391-394Meyer-Callé, K.; Herbst, E.; Kaatz, Mi. (2008): Der Verein „Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e.V.“ stellt sich vor. In: Kaatz, Ch.; Kaatz, Me. (Hrsg.): 3. Jubiläumsband Weißstorch, 3. Jubilee Edition White Stork – Loburg, S.51-54
NABU – Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz, Mitteilungsblätter: 100/2008 und 101/2009 NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. (Hrsg.) Redaktion: Kaatz, Ch.; Kaatz, Me.Statistisches Bundesamt und NABU 2010
Alle Fotos: Michael Kaatz
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Prinzesschen erschien 26 Millionen mal auf einer Briefmarke
PrinzesschenWegzug:Start 28.8.2005Ankunft 27.2.2006Strecke 10.320 kmHeimzug:Start 27.2.2006 Ankunft 21.4.2006Strecke 9.586 km
Albert von LottoWegzug:Start 11.09.2009Ankunft 18.12.2009Strecke 11.806 kmHeimzug:Start 18.12.2009Ankunft 28.04.2010Strecke 10.309 km
LeopoldWegzug:Start 22.08.2009Ankunft 19.02.2010Strecke 10.704 kmHeimzug:Start 19.02.2010Ankunft 03.04.2010Strecke 6.944 km
Louis HenriWegzug:Start 15.08.2009Ankunft 26.02.2010Strecke 12.108 kmHeimzug:Start 26.02.2010Ankunft 27.7.2010Strecke 9.080 km
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Juvenil, n = 1170 (84%)
Adult, n = 217 (16%)
Die Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e.V. und ih re Aufgaben
Der Storchenhof in Loburg wurde 1979 von ehrenamtlichen Storchenschützern als Auffangstation für verletzte Störche und verwaiste Gelege, mit dem Ziel der Auswilderung, gegründet.Der Storchenhof ist Ansprechpartner für Fragen und Probleme rund um den Weißstorch.
Seit der Gründung wurden bisher über 1400 Störche auf dem Storchenhof aufgenommen und gepflegt. Ca. 70% der Vögel konnten erfolgreich ausgewildert werden.Jedes Jahr besuchen bis zu 10.000 Gäste den Storchenhof in Loburg. Viele Attraktionen laden die Besucher zu einem Rundgang ein. Täglich ist der Storchenhof in der Zeit von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet.Der Storchenhof wird durch einen Trägerverein mit anerkannter Gemeinnützigkeit erhalten und hat gegenwärtig über 300 Mitglieder.Auch Sie können unsere Arbeit durch eine Spende oder Mitgliedschaft unterstützen.