Erinnerungsfoto nach dem Spiel «Ettlin
gen – Kleinsteinbach» (1:3), mit dem der
TV Kleinsteinbach den «Aufstieg in die
BKlasse 1925» feierte
Serie Vereinsporträt: Beim ATSV Klein-steinbach prägten Hochs und Tiefs die 120 Jahre Clubgeschichte. Heute wird voller Elan dem Zeitgeist gefolgt.
Obwohl bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein sportlicher Leistungsaufschwung herrschte, führte das Kriegsgeschehen zur Einstellung des Spielbetriebs und zur kurzzeitigen Aufl ösung des Vereins. Die Neugründung wurde mit dem Beschluss der neuen Satzung am 10. Dezember 1947 unter dem Namen ArbeiterTurn und Sportverein (ATSV) vollzogen. Hinter dem Namen verbirgt sich kein gesellschaftliches Programm, sondern das Grundanliegen, sich für alle Bevölkerungsschichten und Kulturen zu öffnen.
Heiße Schlachten und «Icke» Häßler
Mit dem Doppelaufstieg 1960 und 1961 arbeitete sich der ATSV als kleinster Ort der damals vierthöchsten Spielklasse für rund 20 Jahre bis in die 2. Amateurliga und 1978 für ein Jahr auch in die
von KarlHeinz Wenz | Wie bei vielen kleinen Fußballvereinen ist auch die in diesem Jahr 120jährige Geschichte des ATSV Kleinsteinbach von Hochs und Tiefs geprägt. Gegründet als Turnverein im Jahr 1897, wurde ab 1908 in dem Club des Pfi nztalOrts auch organisiert Fußball gespielt. Der Erste Weltkrieg brachte jedoch einen tiefen Einschnitt in das Vereinsgeschehen. Mit der Zusammenlegung des Turn und Fußballplatzes im Jahr 1925 auf dem heute noch genutzten Sportgelände an der B 10 gab es zwar eine positive Entwicklung: Infolge der Polarisierung der politischen Ansichten in den 1920er Jahren schloss sich der TV Kleinsteinbach 1927 der Arbeitersportbewegung an. Gleichzeitig entstand mit dem FC Kleinsteinbach ein zweiter Fußballclub. 1933 wurde der TVK von den Nazis verboten und die Fußballer beider Clubs wurden in einem neuen Sportverein zusammengeführt.
| im Spiel | 6/2017 | Seite 18
BKlasse 1925» feierte
Serie Vereinsporträt: Beim steinbach prägten Hochs und Tiefs die 120 Jahre Clubgeschichte. Heute wird voller Elan dem Zeitgeist gefolgt.
von KarlHeinz Wenz | Wie bei vielen kleinen Fußballvereinen ist auch die in diesem Jahr 120jährige Geschichte des ATSV Kleinsteinbach von Hochs und Tiefs geprägt. Gegründet als Turnverein im Jahr 1897, wurde ab 1908 in dem Club des Pfi nztalOrts auch organisiert Fußball gespielt. Der Erste Weltkrieg brachte jedoch einen tiefen Einschnitt in das Vereinsgeschehen. Mit der Zusam
Aus dem «im Spiel» 6/2017
ISSN 1866-1378
3,50 €Ausgabe 6/2017
Das Magazin der Fußballverbände in Baden und Württemberg
im Spiel 6/2017
Gegen das Vergessen: Jugendpreis Gottfried Fuchs erstmals übergeben
Olympiasieger mit Stallgeruch: Couchgespräch mit Markus Weise
Der Vater von Badi, Fritzle, Jack, Willi & Co.
Das ATSVTeam von 1961 schaffte den
Aufstieg in die 2. Amateurliga, die da
mals vierthöchste Spielklasse.
«Frei von politischen, rassistischen und
religiösen Tendenzen» – Auszug aus der
ATSVSatzung
neu eingeführte Landesliga hoch. Heute deutlich höherklassiger spielende Clubs wie der ASV Durlach, der TSV Reichenbach, die Spvgg DurlachAue, der SV Spielberg oder der FC Nöttingen waren damals Gegner auf dem gefürchteten ATSVGelände. Bei älteren Mitgliedern noch in bester Erinnerung sind auch die «heißen Schlachten» gegen den Nachbarn SG Stupferich. «Über 1000 Zuschauer bei kaltem Winterwetter und eine Auseinandersetzung mit vielen Emotionen», schwärmt noch heute der 81jährige Egon Mößner. «So viele Zuschauer kriegen wir heute in der BKlasse kaum über die ganze Spielrunde zusammen.» Mit der Neuanlage seines Sportgeländes in den Jahren 1993 und 1994 und dem Bau eines Trainingsfelds setzte dann auch wieder ein sportlicher Aufschwung ein. Die Einweihung der neuen Anlage am 7. August 1994 gilt als das wohl größte Highlight der Vereinsgeschichte. Über 3000 Zuschauer kamen zum Spiel des Bundesligisten Karlsruher SC gegen eine Regionalauswahl. «Der Auftritt von Trainer Winfried Schäfer und das Debut von ‹Icke› Häßler im Trikot des KSC bleiben unvergessen», erinnert sich der damalige erste Vorsitzende Wolfgang Michelberger mit Stolz. «Selbst das Fernsehen war vertreten und berichtete.» Die KSCBesetzung um Jens Nowotny, Dirk Schuster, Michael Tarnat, Slaven Bilic und Co. brachte den Kleinsteinbacher Rasen zum Glühen: «Bundesliga zum Anfassen oder zum Riechen. Wir sind uns der Fürsorgepfl icht gegenüber unseren Fans aus der Umgebung bewusst», wiederholt Michelberger die einstigen Worte von Winnie Schäfer.
«Nicht quasseln, Gas geben!»
1999 stieg der ATSV in einem dramatischen Saisonfi nale noch einmal in die Kreisliga auf, hatte dann aber die Last des Abgangs zweier Spieler in die Verbandsliga zum SV Spielberg zu verkraften. So wurde erst die A und seit einigen Jahren die BLiga zur aktuellen Spielklasse. Der Verein setzt dabei auf den reinen Amateurfußball, die Aktiven betreiben ihren Sport ausschließlich aus Liebe zur Leidenschaft. Unabhängig von der Spielklasse kann der ATSV auf einen Stamm treuer «Edelfans» bauen. «Es ist unser Verein, und da sind wir mit Herzblut dabei», stellen z. B. Roland Markert und Günter Sengle fest. «Wir besuchen auch gern die öffentlichen Spielersitzungen und bringen uns in die
Das größte Highlight der Vereinsge
schichte: Am 7. August 1994 wurde
der neu angelegte Sportplatz in Klein
steinbach mit einem Spiel gegen den
Karlsruher SC eingeweiht: Der 1. Vor
sitzende Wolfgang Michelberger (2. v. r.)
und der 2. Vorsitzende Michael Schaier
(l.) übergeben ein Porträt an KSCTrai
ner Winfried Schäfer.
Seit 1925 Heimspielort des ATSV: das
Sportgelände am Kleinsteinbacher
Ortseingang an der B 10
1. Vorsitzender Markus Eble bei der
Ausrüstung von drei syrischen Jugend
fußballern durch den ATSV
Diskussionen ein. Schön wäre es natürlich, wenn wir mal wieder einen Aufstieg schaffen würden.» Gern erinnert man sich an Spielersitzungen mit bekannten Trainergrößen wie Werner Klein oder Kurt Schuster und vor allem an Motivationskünstler Thomas Guthmann. «Net babble, Gas gäwwe!», forderte er zwischen 1994 und 2000 von seinen Spielern.
Die heutige Spielergeneration um Kapitän Timo Thielert, der auch 2. Vorsitzender ist, versichert: «Wir spielen gerne beim ATSV, weil das gesamte Umfeld wesentlich zum Wohlfühlen beiträgt. Wir pfl egen einen offenen Umgang miteinander. Wenn jemand Probleme hat, wird geholfen!» Das Familiäre betont auch die seit März 2017 im Amt befi ndliche neue Verwaltung um die beiden Vorsitzenden Markus Eble und Timo Thielert. «Unsere Maxime ist die Verbesserung des VereinsImages, die Steigerung des WirGefühls bei allen rund 400 Mitgliedern und eine Verbesserung der Finanzlage», stellen die Vorsitzenden heraus. In der deutlich verjüngten Gesamtverwaltung – auf einige «alte» Hasen wird nämlich auch weiter gebaut – wird eine flache Hierarchie gepfl egt. Eigenverantwortung und Eigeninitiativen der einzelnen Aufgabenfelder werden ausdrücklich begrüßt. Der fünfköpfi ge geschäftsführende Vorstand gilt als Hauptverantwortungsträger.
Zur neueren Entwicklung gehört die Umsetzung eines «alten» Wunsches: der Öffnung des Vereins für weitere Sportarten neben dem Fußball. Nach
einer sportlich sehr erfolgreichen Tischtennisabteilung (seit 1972 – spielt in der Oberliga) und einer Badmintongruppe (seit 30 Jahren) wurden in diesem Jahr die Sparten «Tanz und Ballett», «Kinderturnen» und «MutterKindTurnen» eingerichtet. «Aus unserem Monosportverein ist jetzt ein vielseitiger Breitensportverein geworden», freut sich Vorsitzender Markus Eble. «Das Angebot soll noch breiter werden.»
Dem Zeitgeist folgend
Auch bei der Integration von Flüchtlingen bemüht sich der ATSV stark. Er wird vom BSBNord unterstützt und ist anerkannter Stützpunktverein im DOSB. Einige Flüchtlinge spielen schon in den Seniorenteams. «Unser Engagement im Jugendbereich zahlt sich auch hier aus», stellt Jugendleiter Thomas Gegenheimer fest. «Mit mehreren Veranstaltungen haben wir Kontakte zu den syrischen Flüchtlingen vertieft und fi nanzielle Unterstützung für diese ermöglicht.»
Die Öffentlichkeitsarbeit wurde auch auf ein festes Fundament gestellt. Eine neue Homepage, ein Stadionheft und der Einsatz der Plattform Facebook gehören dazu. Zu größerer Kostenersparnis und Transparenz trägt die Umstrukturierung des gesamten Kassen und Finanzwesens über das DFBnet bei. «Wir sind auf eine restriktive Ausgabenpolitik angewiesen», betont «Finanzchef» Carsten Utz und stellt heraus, dass «die Unterstützung
Spieltag 7-11
Rückblick der Spieltage drei bis sechs.
Analyse der Gegner im Oktober.
Ankündigung des 2. Flammkuchenfest.
ATSV Kleinsteinbach
Rot-Weiß
Nachrichten
Vereinszeitung des ATSV Kleinsteinbach
Ausgabe Oktober
Saison 2017/18
| Seite 20
Integration durch Sport – eine ideal
typische Kleinsteinbacher Geschichte:
Assan Jallow kam im September 2011
auf abenteuerlichem Weg per Schiff
aus seinem Heimatland Gambia nach
Deutschland. Der damals 17Jährige
floh vor dem hoffnungslosen Zustand
seiner afrikanischen Heimat und hatte
von Anfang das Ziel, sich in Deutsch
land eine lebenswerte Existenz aufzu
bauen. Nach zwei zunächst abgelehn
ten Asylanträgen wurde dem ausdrück
lichen Wunsch des Jungen, einen
Sprachkurs belegen zu dürfen, dennoch
entsprochen. So besuchte er ein Jahr
lang in Pforzheim die «Deutsche An
gestelltenAkademie» und machte
schnell sprachliche Fortschritte, wes
halb ihm dann auch erlaubt wurde, in
der JohannaWittumSchule in Pforz
heim den Hauptschulabschluss zu
machen.
2012 nahm Assan nicht nur beim ATSV
sein Fußballtraining auf, sondern auch
sein ehrenamtliches Engagement bei
der AWOKinderbetreuung in Pforzheim
und für drei Jahre auch als Kranken
pflegehelfer in Bad Wildbad. Nachdem
er ein Bleiberecht erhielt, durchläuft der
nunmehr 23Jährige seit 2015 eine Aus
bildung zum Feinwerkmechaniker und
betätigt sich zudem ehrenamtlich als
Trainer bei den EJunioren des ATSV.
Die Grundlagen zur Sicherung einer
Zukunft in seiner neuen Heimat schei
nen gelegt. «So kann Integration voll
gelingen», heißt es im Verein.
einiger Sponsoren sowie die ClubhausEigenbewirtschaftung und Gemeinschaftsveranstaltungen oder Theaterabende ein Muss sind».
Durch eine großzügige finanzielle Erbschaft von privater Seite kann der Verein in naher Zukunft weitreichende Verbesserungen seiner Infrastruktur in Angriff nehmen. Sanitär und Umkleidetrakt im Vereinsheim sowie der Bau eines Kleinspielfelds mit Kunstrasen sind geplante Projekte. «Wir haben nun Perspektiven, den ATSV in eine erfolgreiche Zukunft zu führen», darin ist sich die Verwaltung einig. Deswegen ist die Anfang dieses Jahrtausends heiß diskutierte Frage einer Fusion der vier PfinztalFußballvereine heute kein Thema mehr. | KarlHeinz Wenz, Pfinztal
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