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Die Jahre 1953 1954: Beim Barte des Propheten
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4•
Harald Kretzschmar: Jeder 'n Kopp für sich
1 Kapitel Beim Barte des Propheten
Renate Holland-MoritzAusnahmen
Gerhard RutschImmer wieder dasselbe
Edgar Külow
Die Mongolen
Ralph Wiener
Der Gast
Hansgeorg Stengel
Besuch von drüben
Lothar Kusche
Zwei Frauen um Norbert Feder
Rudi StrahlDie Struktur meiner Persönlichkeit
2 Kapitel Alles zum Wohle des Volkes
Humorvolles aus dem Alltag
Fritz BernhardDas Elektroöfchen
Hans-Joachim Stein
7
9
10
11
12
15
16
17
19
23
24
Die Wunderschreibmaschine 26
John Stave
Der Kai Pfen Ottokar 29
Nils WernerDer Konsum kimmt 30
Paul Schwarz
Ein morsches aß hält selten dicht 32
Eva SalzerAlfons und sein Motorrad 34
Renate Holland-Moritz
So wat Jemeinet 37
Wolf D. BrenneckeDer Mann, der kein Trinkgeld mehr geben wollte 38
Fritz BernhardDer Mieterschreck 40
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nhalt. - . ~ ~ · -· ..... , - -
John StaveWir hatten mal Durst
3 Kapitel: Lernen, lernen, nochmals lernen
Als wir Schüler und Pioniere waren
Fritz Bernhard
Der Kre11zwortonkelRenate Holland-Moritz
Ansprache eines betrogenen Vaters
Jo Schulz
Jugendfrage
John Stave
Vater wird das Kind schon schaukeln
Alfred Brandl
Der GewinnerB Idamann
Auf dem Heimweg
4 Kapitel: Was des Volkes Hände schaffen
Wir Werktätigen in Stadt und Land
Erich Brehmrühjahr
Hansjoachim Riegenring
Menschen auf dem Holzweg
Ulrich Speitel
Der Mann mit dem Fahrrad
Erich Brehm
Auf der Höhe
5 Kapitel: Heißer Sommer
Von Ostseestrand, Datsche und Jugendclubs ...
Erich Hanko
Wieder daheim
Fritz Bernhard
Die Eigenbaukapelle
Rudi Strahl
Schrebergartensommer
Lothar Kusche
Abenteuer im Zauberladen
Erich HankoWolkig bis heiter
43
45
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48
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57
58
62
65
67
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74
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77
79
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6
6 Kapitel: Höher, schneller, weiter
Sportlich sportlich
Hansjoachim Riegenring
Kaum zu glauben
Erwin F B Albrecht
Der Kampf mit den BretternAchim Fröhlich
Auf der Kippe zum Ruhm
7 Kapitel: Unter vier AugenÜber Verliebte und Verheiratete
Heinz FischerSpaziergang mit Ziege
Hans-Joachim Stein
Liebesbriefe eines GartenfreundsRolf Pester
Der blaue Tag
Erich Brehm
Oskar und Lenchen
Hansjoachim RiegenringAmor unterm Kanapee
8 Kapitel: Wo wir sind, ist vorn
Es geht seinen sozialistischen GangHans KrauseWie hätten Sie s denn gern?
Nils WernerKleine Kundendienst-Romanze
John StaveVerkehrsmittel der Zukunft
Edgar Külow
AdventLothar KuscheAlter Mann was nun?
John StaveIm Zusammenhang
Achim FröhlichIch bin gestorben
Zeittafel
Rechtliches
Inhalt
83
84
88
91
93
94
100
102
105
106
109
110
112
114
115
116
118
119
120
128
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Ein kollektives orsett
pp ~ s i eDas Porträtieren von prominenten Personen hat im Tätigkeitsfeld des Humors immer einen Platz gehabt. Zumal mit etwas
Ironie und Satire gewürzt schnell ein charakteristisches Bilddabei herauskommt. Aufs Wesentliche verknappte Gesichtszüge bringen den mit Aha hinlänglich beschriebenen Effekthervor.
Es war nur eine Wiederbelebung einer guten Tradition als so
peu apeu das Karikieren von Köpfen m Lande DDR zunehmend in Mode kam. Am Anfang ohne Unterschied der Personalso politische Promis inklusive. Im Zuge der Verfestigung aller
Strukturen verabschiedeten sich allerdings die führenden Po-
litniks von dieser probaten Methode sich beliebt zu machenbei der man nur sein wertes Antlitz der Erheiterung preisgibt.Spätestens seit Rückzug ins Ghetto von Wandlitz waren sietabu dafür. Zum Ausgleich durfte die Prominenz aus der bür
gemahen Kulturszene eine wahre Orgie der ironischen Verherr-
lichung mittels Gesichtsstenografie erleben. Ein förmlicherWettlauf setzte ein. Wer keine Porträtkarikatur vorzeigen konn-
te mußte sich zweitklassig fühlen. Der Top-Kameramann derDEFA Werner Bergmann brachte es auf den Punkt: »Von
Kretzschmar karikiert zu werden ist wichtiger als ein Natio-
nalpreis.« Damit hob er nur den Künstler hervor der die Mehr-zahl der in Presse und Literatur gedruckten treffenden Konter-
feis hergestellt hatte. Elizabeth Shaw und Herbert Sandberghatten das originelle Genre begründet und auch Leo Raas undRolf Kiy, Otto Damm und Gerhard Bläser Harri Parschau und
Horst Alisch taten sich darin hervor. Jeder hatte seine indivi-duelle Methode des humorvoll zugespitzten Gesichterzeichnens. Und die Modelle erst - sie waren immer ein wahrerAusbund von verschiedenartigem Aussehen von besonderer
Mentalität und extremem Temperament. Ein merkwürdigerWiderspruch in einer Gesellschaft der ein kollektives Korsett
verpaßt werden sollte. Dieses Phantom bemüht man heuteoffiziell gern als Tatsachenbehauptung. Vergebens liebeGeschichtsfälscher. Dem war nicht so. Das versichert Ihnen
der zeichnende Gesichterentdecker vom Dienst
Harald Kretzschmar
7
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1 • eim arte des Propheten1 = 1 ' 'W ·
Renate Holland-Moritz
Keiner sage, es sei belanglos, womit ein Herr eine soeben ken
nengelernte Dame beim Tanz unterhält Die jahrzehntealtenFloskeln vom besonders glatten Parkett, dem minderwertigenübrigen Publik11m und (etwas später) von der schwülen Luft im
Saal ziehen nicht mehr. Wir sind moderne Frauen und verlangen Originalität. Außerdem sind wir gleichberechtigt und kennen den Dreh.
Der Herr, mit dem ich neulich tanzte, war keiner von denen.Im Gegenteil. Männlich-kraftvoll drückte er mich beim Slowfox
an sich, sah mir tief in die Augen und fragte: »Welchen Film
haben Sie zuletzt gesehen?« Diese Art kannte ich noch nicht.Wollte er anspielen? Wenn ja, worauf? Trotzdem antworteteich wahrheitsgemäß: »Treffpunkt Aimee.« - »Und?« fragte er.
Nach unserer dritten Flasche Sekt
hatte die Bardame Feierabend
»Miserabel«, antwortete ich. »Na ja«, sagte er, »DEFA,
altes Thema. Lohnt sich schon gar nicht mehr. Bisauf die Ausnahmen.«
Wir empfanden unsere Seelengemeinschaft. Für ihn
Anlaß genug, nunmehr Sekt zu bestellen. »Wissen Sie«, sagte
er nach dem ersten Glas, »die meisten Mädchen in Tanzloka
len sind Konsum-Konfektion : doof, langweilig und von gestern.Sie haben weder von irgendwas eine Ahnung noch zu irgend
etwas eine Meinung.« Er trank mir zu. »Auf die rühmlichenAusnahmen«, kommentierte er galant.
Er war ein Mann, wie er in Frauenzeitschriften gebacken wird:Er plauderte geistvoll, flirtete mit Takt und Anstand, trank wie
ein Seemann, tanzte wie Fred Astaire und sah aus wie MarlonBrando. Ich kann nicht verhehlen, daß ich voller Stolz aufmeine Errungenschaft blickte.
Im Laufe des Abends wälzten wir noch viele gewichtige Probleme. Wir verstanden uns als unerbittliche Gefährten im
Kampf gegen den Bürokratismus, verurteilten gemeinsam Heu
chelei und Karrierismus, zogen zu Felde gegen Dogmatismus
und Personenkult und wünschten dem Geld, das in unseremStaat noch für so mancherlei zum Fenster hinausgeworfen
wird, eine bessere Verwendung. Es geschah nicht zum erstenmal, daß ein Mensch diese meine Anschauungen teilte. AberER war sogar Mitarbeiter des Staatsapparates, nämlich Abtei
lungsleiter in irgendeinem Ministerium. Das imponierte mir.
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eim arte des Pro heten
Gleich morgen würde ich meinen Kollegen im Büro erzählen,
daß die Leute in der Regierung genauso denken und reden wie•
wrr.
Nach unserer dritten Flasche Sekt hatte die Bardame Feier
abend. Weil wir sie nicht um ihre verdiente Tagesruhe bringen
wollten, verabschiedeten wir uns. »Was nun?«fragte ich, denn
meine erste S-Bahn fuhr noch nicht. Ein Taxi wollte ich ihm
nach dem teuren Sekt nicht zumuten, ich wohne ein bißchen
weit. Aber der gestrenge Kritiker der Bürokraten und Ver
schwender hatte vorgesorgt. Mit konspirativem Augenzwin
kern flüsterte er mir zu: »Ich bringe dich wohlbehalten nach
Hause, mein Dienstwagen steht vor der Tür.«
Die Wirkung des Sekts war im Nu verflogen. »Ich möchte nicht«,
bemerkte ich unangenehm betroffen, »daß Sie sich des Delik
tes der Trunkenheit m Steuer schuldig machen.«
»Aber Kind«, sagte er väterlich-milde, »wo werde ich denn gegenunsere demokratische Gesetzlichkeit verstoßen Im Wagen
wartet natürlich der Fahrer «
Tisch und Stühle. Ein Herr im Hintergrund, ein anderer betritt
den Raum und sieht sich unentschlossen lJm
1: Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen, mein Herr?
2: Ja weischt, isch mescht net z'lange bleibe.
1: Entschuldigen Sie, wäre es nicht viel bequemer für Sie?
2: Sehr freindlich. Ha lass'n Se no. Vielleicht gewe Se mir e Ka-
talog.
1: Katalog??? Wieso?
2: (weist auf die Bilder)
1: Ach so Das ist doch unser Präsident, das unser Kulturmi
nister, dort unser Ministerpräsident, das der Minister fürHandel und Versorgung und das dort ist unser stellvertreten
der Ministerpräsident.
2: Danke schön, Herr Auschstellungsleiter
1: Ausstellungsleiter?? - Ich bin der Objektleiter dieser HO
Gaststätte.
erhard Rutsch
1 1
Worin besteht der
Unterschied zwi
schen der Theorie
und der Praxis im
Marxismus-Leninismus?
Theorie ist, wenn
man alles weiß und
nichts funktioniert.
Praxis ist, wenn
alles funktioniert
und keiner weiß,
warum.
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2 • eim arte des Propheten---------------============================
dgar Külow
Es war kurz vor Pfingsten, als im VEB Handbesamungstech
nik »Lotte Ulbricht« in Königs Wusterhausen ein Ferngesprächaus dem Ministerium für künstliche Besamung und Motorradzubehör für gewaltige Aufregung sorgte. Dem Betrieb wurde
mitgeteilt, daß am kommenden Mittag eine Delegation aus
Ulan Bator zu einem Freundschaftsbesuch in Königs Wusterhausen eintreffen würde. Der Hauptbuchhalter raste wie vonder Tarantel gestochen durch die Halle und schrie: »Die Mon
golen kommen Die Mongolen kommen «
In der Parteileitung sagte der Sekretär: »Genossen Das ist
eine hohe Ehre für unsere Parteiorganisation. Immerhin kommtder 1. Sekretär der Kreisleitung mit, und ihr wißt, was das für
ein scharfer Hund ist. Der war schon drei Mal in Moskau aufdem Roten Platz und hat im Mausoleum mit dem toten Leningesprochen. Also, erst mal raus mit den Transparenten >Es lebe
Der Chor sang zum dritten Mal Suliko der Chor-
leiter dirigierte dazu Stille Nacht heilige Nacht.
der Genosse Stalin<.«
»Der ist doch auch schon tot «
»Na, um so besser. Zwei Mann mit
dem Kleintransporter in die Paten
LPG und einen Hammel aufreißen - Willi, du warst doch schonmal in der Mongolei? Was trinkt man da so?«
»Na, Wodka. Und Stutenmilch.«
»Haben wir Wodka?«
»Hektoliter.«»Haben wir eine Stute?«»Die dicke Semmelrogge.«
»Laß die Witze, Harschte. Es geht um unsern Kopp. Die sprechen doch Russisch in der Mongolei?«
»Nein, Mongolisch.«»Aber die haben sicher einen Dolmetscher mit. Ach, übrigens:Die bringen für den Werkdirektor den >Suche-Bator-Orden< mit.Wrr müssen den Anführer von den Mongolen auch hoch deko-
•neren.«
»Aber wie willst du auf die Schnelle einen hohen Orden herkriegen, ja - Eugen?«
»Ich habe von meinem verstorbenen Schwager - der war doch
Panzerfahrer in Afrika - noch ein Ritterkreuz liegen.«
>>Nee, das geht nicht «
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eim arte des Pro heten
»Das geht. Tun wir in eine rote Mappe, erkennen die gar nicht.
Und unser Volkskunst-Ensemble die kriegen so viel Geld, die
sollen gefälligst was Russisches singen «
»Das Kälbchen sitzt am Weiher und summt ganz leis das Lied
vom Don und vom Kosaken.« -
mnächsten Mittag spuckte ein Bus 28 Mongolen aus.
Jeder bekam ein Wasserglas voll Wodka und eine Flasche Bier
zum Empfang.
Der Werkleiter begrüßte seine Gäste und wunderte sich daß
der Dolmetscher offenkundig sehr gut Mongolisch aber sehr
schlecht Deutsch sprach. Trotzdem begann er: »Liebe Freun
de, wir haben uns ...«
Die Freunde schrien: »Urrah «
» .. wir haben uns sehr gefreut.«
Die Freunde schrien: »Urrah «
Der Werkleiter schnäuzte sich: »Mein Gott, das geht aber blödelos «
Die Freunde schrien: »Urrah «
Da gab er es auf und lud zum Hammelessen ein. Die 28 Gäste
übergaben 28 Ein7Liter-Flaschen Alkohol. Das erste Glas wurde
3
Auch die Tagespresse
bildet die >vier Klassi-
ker < es Marxismus ab;
1956 nach dem XX.
Parteitag der KPdSU
sind es nur noch drei
bärtige Herren.
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4
von allen auf die DDR geleert das zweite auf die Mongolei, dasdritte auf die Sowjetunion das vierte auf Täve Schur das fünf-
te auf die DDR, das sechste auf die Mongolei - und alles im
Minutentakt sechsundneunzigprozentiger Wodka
Die erste die schon beim dritten Glas umfiel, war die Genos-
sin Sirupkovic vom Betriebsfunk.Viele folgten ihr.
Nach dem sechsten Glas sang der BGLer »Bomben auf Enge-
land« und trank aus einer Bodenvase fünf Liter Blumenwassernach.
Der Kampfgruppenkommandeur wollte vom Dolmetscher unbe-
dingt wissen ob es stimme das die Mongolinnen sie quer sitzen hätten?
Der Kreissekretär wollte wissen natürlich ganz vertraulich ob
die Mongolei eine Atombombe besitze? Als der Dolmetscher be-jahte lud er ihn zu sich nach Hanse ein nachdem er ihm er-
klärt hatte daß bei einem Atomangriff der Bürger sich sofort
auf den Boden schmeißen und sich die Aktentasche über denKopf stülpen müsse.Der Chor sang zum dritten Mal »Suliko«, jetzt aber schon als
Kanon. Der Chorleiter dirigierte dazu »Stille Nacht heiligeNacht«.
Als alle dachten: Jetzt gibt es keine Steigerung mehr, zogen sich
zwei Mongolen völlig aus und rieben ihre braunen nacktenKörper mit Hammelfett ein.Der Genosse Rothstein fünfzig Jahre in der Partei wußte nichtdaß ein Ringkampf zelebriert wurde. Er zog sich solidarisch
auch sofort aus schmierte sich aber mit Butter ein.Da flog die Saaltür auf und der Hetman der Mongolen kam auf
einem struppigen Pony in den Saal geritten und - vom Krachgereizt - schiß es nervös auf das Parkett ...
m nächsten Tag stand ein großer Artikel über die deutschmongolische Freundschaft im ND:
In Königs Wusterhausen sei die erste Grundorganisation insLeben gerufen worden.
Dazu ein Bild von einer Frau aus der Delegation.Woher das Bild kam blieb bis heute unerklärlich.
Egal die Mongolen sehen ja alle gleich aus.Bis aufs Pferd.
•
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eim arte des Pro heten
alph Wiener
»Sie haben doch sicherlichvon den Märzkämpfen gehört«, sagte
Fritz Tüngler zu dem westdeutschen Besucher, der sich zumersten Mal in der DDR befand, »und einige Ereignisse haben
sich auch hier in unserer Gegend abgespielt.«
»Ich weiß nichts von Märzkämpfen«, sagte Herr Burli. »Die gro-
ßen preußischen Kriege fanden meistens im Sommer statt.«
»Aber vielleicht wissen Sie, daß Max Hölz ...«
»Unbekannt«, unterbrach Herr Burli und zeigte, ein neues
Thema anschneidend, durch das Fenster auf ein Denkmal. »Was
ist denn das?« Fritz Tüngler sah kurz hinaus.
»Ein Mahnmal für die Opfer, die im Anschluß
an den Reichstagsbrandprozeß ...«
»Reichstagsbrandprozeß?« murmelte Herr Bur-
li. »Ach so, ich entsinne mich dunkel. Wissen
Sie, ich befasse mich mit den Reden, die Bis-
marck im Reichstag gehalten hat. Die liegen
uns ja auch viel näher.«»Ich dächte«, meinte Fritz Tüngler, »die Kon-
zentrationslager in der Nazizeit ...«»Ach, hören Sie auf « unterbrach wieder Herr
Burli. »Wer weiß, ob das alles so schlimm war.
Und dann höre ich immer >Nazizeit< - das ist
doch ein ziemlich laienhafter Ausdruck, nicht?«»Erlauben Sie mal « stieß Fritz Tüngler hervor.
»Die Bezeichnung ist im Nürnberger Prozeß ...«
»Kenne ich nicht«, winkte Herr Burli lässig ab. »Der Prozeß
des Müllers Arnold gegen Friedrich den Großen erscheint mir
wichtiger.<<
»Wenn Sie schon diesen Monarchen erwähnen<<, meinte Fritz
Tüngler, »dann wissen Sie ja auch, daß er die grausamstenStrafen in der Armee verhängen ließ und daß ... «
»Gar nichts weiß ich « entgegnete Herr Burli grob.
»Aber Franz Mehring hat das doch eingehend geschildert « be
kräftigte Fritz Tüngler.»Mehring?« fragte Herr Burli. »Wer ist das?«
»Ein berühmter Historiker«, klärte ihn Fritz Tüngler auf. »Au-
ßerdem gilt er als Begründer der marxistischen Literaturbe
trachtung.« .
5
»jetzt soll mir noch
jemand sagen daß ich
mich nicht ufdieKl.assiker stütze <<
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6 eim arte des Pro heten
»Ach so«, meinte Herr Burli und spuckte geistig aus. Dann saher seinen Gesprächspartner aufmerksam an: »Sagen Sie mal,jetzt interessiert mich doch, woher Sie das alles wissen, wassind Sie eigentlich von Beruf?«
»Brigadier im Kupferbergbau«, antwortete Fritz Tüngler. »Und
Sie?«Herr Burli lächelte mokant: »Professor für Geschichte «
Man spürt es gleich am sanften Hub der Schritte,am Schal des Mannes und am Duft der Frau:
Hier handelt s sich um eine Stippvisite
der Bundesrepublik in Crimmitschau.
Sie kämen, sagen sie, aus Ludwigshafen.Nun üben sie ihr Gastspiel-Rollenfach,
stolzieren übers Pflaster wie Exklaven
und halten so ihr Westbewußtsein wach.
Das mindeste: Die Dame ist Komtesseund er Besitzer einer Tuchfabrik.
Sie haben Geld wie Heu und Auslandspässe,und ihre Fotos stehen in der »Quick«.
Man würde beide schrecklich gern befragen.Doch geht man ganz behutsam auf sie zu,
hört man den Dünkel der Gesäße klagen:»Wir sind zu vornehm für ein Interview.«
Nur der Hoteldirektor Heinrich Lehmann
weiß, weil sie auf dem Meldezettel stehn:Es sind die Gerbersgattin Koch plus Eh mannaus Hof, die schwänzelnd durch die Straßen gehn.
ansgeorg Stengel
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Beim Barte des Pro heten
Lothar Kusche
wei ra t t „ .
r rt or
Der Norbert Feder unterhält intime Beziehungen zu zwei Frau
en, genauer gesagt zu zwei jungen Mädchen. Die erste namens
Maria, ist achtzehn alt und zeichnet sich nicht etwa wie die
gleichnamige Jungfrau durch fromme Demut sondern vielmehrdurch forsches Kämpfertum aus. Maria ist aktiv. Mehr noch
sie ist Aktivistin in einem für den Bestand unserer Republik
und somit auch für die Existenz des Nor-
bert Feder) ungemein wichtigen Betrieb der
Schwerindustrie. Sie ist ein politisch wiemoralisch einwandfreies Mädchen, daß man
sie eigentlich ein blitzsauberes Mädchen
nennen möchte was Norbert Feder auch oft
genug tut.
,
,,
Das blitzsaubere Mädel ist für alle fort
schrittlichen Gedanken aufnahmefähig; sol
che Gedanken werden von ihr aufgesaugt
als wäre sie Löschpapier. Versuchungenaller rt hingegen gleiten von ihr ab, wer
den förmlich abgestoßen wie das Wasservon der Perlonfaser. Im übrigen besteht
kein Kontakt zwischen Maria und Perlonweil sie zumeist blitzsaubere Kniestrümpfe
mit lustigen farbenfrohen Mustern trägt
und natürlich - Norbert Feder plaudert gern
darüber - zum schlichten Rock die leuch
tend blaue Bluse der Freien Deutschen Ju
gend. Nach dieser Beschreibung läßt es sich
unschwer erraten was unter Marias wu
scheligem Blondhaar strahlt: nämlich ein
p r blanke Augen.
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Marias Hand ist zart; doch hat mir Norbert Feder eindringlich
versichert daß sie kräftig zupacken kann. Von ihrer Figur wäre
zu sagen daß diese rank ist worunter sich der Leser ganz
nach Belieben alles oder gar nichts vorstellen mag. Mit festem
Schritt eilt das blitzsaubere Mädel den lieben langen Tag im Be
trieb umher, um ~ e denen sie begegnet ob diese es nun hören
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lein, die saßen mal ·beim Weiri; .das · . ·· ,
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wollen oder nicht, vom Neuen zu überzeugen, als dessen geläufige Repräsentantin wir sie, laut Norbert Feder, zu betrach
ten haben. Ob Maria ein Nachthemd besitzt, wissen wir nicht,
ob sie schläft und was sie dabei träumt - darüber lastet geheimnisvolles Dunkel.
Marias Hang zum Laster äußerte sich nach Norbert Federsvertrauenswürdiger Mitteilung lediglich darin, daß sie am
Nachmittag des Ersten Mai von einem Schoppen köstlichenObstweins nippte, worauf ihre Wangen wie rotbackige Äpfelglühten.
Die zweite junge Dame, welche ich in engem Zusammenhang
mit Norbert Feder kennenlernte, heißt Anneliese, läßt sich abergern Lisa nennen. Ich weiß nicht genau, was Lisa für einen
Beruf hat und wie alt sie ist. Ich halte sie für Anfang zwanzig;
und ihr Beruf, falls sie einen ausübt, scheint ihr genügend Zeitdafür zu lassen, sich der sorgfältigen Pflege ihrer Garderobe
und ihres Teints zu widmen. Sie besitzt ein auffälliges Talent,
teure Cocktails zu bestellen, wenn Norbert Feder diese bezahlt,
und sich für etwas zu begeistern, das sie »schräge Musik«nennt. Auf den Vorschlag Norbert Feders, gemeinsam auszu
gehen, geht sie stets gern ein. Hierzu macht Lisa in aller Ruhe
mehk-ab, weil Norbert Feder das an ihr außerordentlich
schätzt. Sie könnte, ihrer äußeren Erscheinung nach, durchaus
ein Mannequin sein und trägt beinahe so schöne Kleider wieein Mannequin. Falls ihr Busen echt ist, so darf man ihn getrost hervorragend nennen. Lisa wirft einem beim Tanzen Blikke zu, die einem auf verschiedene Gedanken kommen lassen.
Außerdem geht sie auch gern ins Kino. Hier bevorzugt Lisa den
Liebes- oder Kriminalfilm. Im Augenblick wüßte ich kein Buch
zu nennen, das sie bestimmt gelesen hat. Mit ihren schlanken,
langen Beinen steht Lisa zwar nicht direkt auf dem Boden unserer Gesellschaft, aber doch fest auf sehr hohen modischen
Absätzen.
Dies wäre eine ungefähre, skizzenhafte Beschreibung der zweiFrauen, die im Zusammenhang mit dem Schriftsteller Norbert
Feder eine wichtige Rolle spielen.Interessant ist vielleicht noch, daß die erste die Heldin seines
neuen Romans, die zweite hingegen seine ständige Freundin
ist.
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eim arte des Pro heten
udi Strahl
io tr„ t„r HtOiHOI
Porsö t ie o t
Nichts stimmt mich beklemmender als der Gedanke, daß alle
Menschen sterben müssen. Also auch ich. Und obgleich ich
sonst kein Phantast bin, ertappe ich mich immer wieder in
der Hoffnung, daß man eines schönen Tages dem Tod ein
Schnippchen schlagen könnte. Die Wissenschaft hat schon
so viele Wunder vollbracht; warum sollte ihr nicht auch die-
ses gelingen?
Desto begeisterter war ich, als mir ein gelehrter Artikel in die
Hände geriet. Er behandelte nichts Geringeres als die Frage,wie unserem Dasein der Sprung ins ewige Leben zu ermögli-
chen sei. Theoretisch, hieß es, schiene das heute schon ganz
einfach. Praktisch bedürfe es noch einiger Voraussetzungen, die
aber theoretisch ebenso einfach zu schaffen wären.Zugegeben, ich verstand nicht alle Einzelheiten des erwogenen
Verfahrens. Die Sprache der Forschung ist komplizierter, alsunsere Schulweisheit sich träumen läßt. Immerhin glaubte ich
das Prinzip zu begreifen. Danach müßte man auch dann eines
Tages sterben, doch mittels einer künstlichen Lebenssubstanzund der vorher aufgezeichneten Persönlichkeitsstruktur könn
te jedes beliebige Individuum funkelnagelneu erschaffen wer
den. Haargenau so, wie es früher ausgesehen hat. Mit allen per-
sönlichen Eigenarten, allen Neigungen und Abneigungen, Wün-
schen und Sehnsüchten, ja sogar mit allen Erinnerungen an die
bisherige Existenz.
Und nicht nur einmal, sondern beliebig oft.
Kaum würde der alte Adam zu Grabe getragen, läge der neue
schon in der Wiege.Welch eine Aussicht Freilich riet mir der gesunde Menschen
verstand, meine jauchzende Freude im Zaum zu halten. Gewiß
dürften noch fünfhundert oder tausend Jahre vergehen, ehe
man ein Abonnement aufs ewige Leben erhoffen könnte. Selbst
dann würde nicht gleich jeder gewöhnliche Sterbliche Unsterb
lichkeit erlangen; zuerst kämen gewiß die ganz großen Persön
lichkeiten an die Reihe, dann Leute mit Verbindungen, Hand-
werker, Kunstpreisträger, Behördenangestellte, Rennfahrer
und dergleichen . . ch wäre sicher erst dran, wenn jede Spur
9
·Fünf kleine Neger-
lein, die saßen amKlavier; das einespielte Musical, da
warn es nur noch•
vier.
Vier kleine Neger-
lein verhöhnten die
Partei; das einegriff der SSD, da
.warn es nur nochdrei.
Drei kleine Neger-
lein, die hörtenRadio; das eine
· stellte RIAS ein, da
warn es nur noch
'ZWO.
Zwei kleine Neger-
lein, die glaubten,· es hört sie keiner;
das eine hat nen
Witz erzählt; dawar es nur noch
•emer.
Ein kleines Neger-
lein ließ diese Ver-
se sehn; da sperrt
man es in Bautzenein, und nun -
· sinds wieder zehn
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2
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von meinen Erdentagen erloschen und vergessen wäre. Doch
wie wenn ich selber die Struktur meiner Persönlichkeit auf
zeichnete und sie zu späterer Verwendung an einem sicheren
Ort deponierte? Zwar würde ich tausend aufregende Jahre nicht
miterleben, aber desto überwältigender wäre das Wiederauftau
chen in einer Welt die in tausend Jahren längst zur Vollkommenheit gediehen ist.
Mit fliegenden Fingern griff ich zu Papier und Bleistift. Zu
nächst notierte ich die feststehenden Daten meiner Existenz:
Größe, Gewicht Haar und Augenfarbe, besondere Kennzeichen
. .
. ichtsf t ~ t l.„S . . . .• ·. , ..- . „ ~ .
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(keine), Schulbildung, berufliche Qualifikation, Parteizugehö
rigkeit, Steuergruppe. Auch schrieb ich auf, daß ich Bierfilze
sammle, Angst vordem
Zahnarzt habe und wöchentlich einmalins Kino gehe.
Das heißt, die letztere Behauptung strich ich gleich wieder
durch und ersetzte sie durch die Bemerkung, daß ich mir immer
wieder vornehme, wöchentlich einmal ins Kino zu gehen, dann
aber doch in der Stammkneipe hocken bleibe. Allerdings brach
te diese einfache Korrektur eine Walze ins Rollen, die mich
fortan von einer Kalamität in die andere stolpern ließ. Denn zu
meinem wachsenden Schrecken stellte ich fest, daß ich mich
. immer ganz anders eingeschätzt hatte als jetzt, wo es auf ab-
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eim arte des Pro heten
solute Genauigkeit ankam (wollte ich doch wieder als ich selbst
zur Welt kommen ).
Ich biß die Zähne zusammen und wappnete mich mit dem Mut
eines Tauchers, der an Riffen und Klippen vorbei in tiefste Abgründe gelangen muß. Und wie dort die Ungeheuer des Mee
res den Eindringling umdrängen, belauerten mich hier die Fratzen meiner eigenen Untugenden. Umsonst versuchte ich, ihnen
meine Vorzüge entgegenzuhalten. Sie erwiesen sich nicht halt
barer als Karnevalsmasken am Aschermittwoch. Auch halfen
mir keine bisherigen Erfahrungen der Selbstkritik; wollte ich
mich in tausend Jahren wiedererkennen, mußte ich wohl oder
übel Farbe bekennen. Ich konnte mich nicht einmal in den Pan
zer.des Selbstmitleids hüllen, der einem sonst die Ansicht bewahrt man sei trotz allem ein ganz famoser Kerl.
Denn da wäre später ein ganz anderer Kollege ins Leben zurückgekehrt ...Mit Rücksicht auf die öffentliche Moral muß ich darauf verzich
ten, meine Persönlichkeitsstruktur mit besonders treffenden
Beispielen zu belegen. Auch brach mir der Bleistift ab, als ich
erst bei den harmlosesten Fällen angelangt war. Etwa bei meiner Neigung zum Schwindeln, die ich mir bisher als Quelle unzähliger reiner Vergnüglichkeiten gerechtfertigt hatte. Nun aber
stellte sich heraus, daß ich immer aus ganz profanen Gründen
gelogen hatte.••
Aus Angstlichkeit, die Wahrheit zu sagen.
Um es mit niemand zu verderben.
Um mich aufzuspielen.
Oder um andere Fatalitäten zu kaschieren. Beispielsweise die
Faulheit, die ich stets für zähes Nachdenken ausgegeben habe.
Oder den Geiz den ich als Sparsamkeit betrachtet wissenwollte. Oder die Gleichgültigkeit gegenüber anderen Leuten - ich
hatte sie Rücksicht und Achtung vor der Intimsphäre genannt.
Kurz worin ich mich auch überprüfte, überall stieß ich mich
an den Ecken und Kanten meines Charakters und der entspre
chenden Verhaltensweisen.
Ich hatte den Bleistift längst wieder angespitzt und mehr als
dreizehn Seiten niederschmetternder Erkenntnisse verfaßt, als
mich jäh der Gedanke überfiel, wo ich sie für die nächsten tau
send Jahre sicher deponieren könnte?
Vergrübe ich sie einfach im Garten, bestünde die Gefahr daß
ein d11mmer Zufall sie schon zu meinen Lebzeiten an die Öffentlichkeit brächte. Wie entsetzt wären alle meine Freunde und
21
Ein Westdeutscher
; reist in die R· "Er wird ein eFs:tes- Mal von der Grenz-
.polizei kontrolliert,. passiert eine Sper < re und soll erneut
f
k o n t r o l l i e r t werde... _
Er sagt zu demGrenzpolizisten:Da vom der Beam-
_te hat mich schon:. kontrolliert.<< Dar-
u f h i n der Poli iist:
; Bei uns gibt es ·keine Beamten. Wrr
- sind ein Arbeiter-0--·
_und-Bauern-Staat.«
:_-;- »Na dann hat·-·
· mich eben da vernder Bauer kontrol
· liert.«
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22
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Beim Barte des r o ~ h e t e nlliil,•I•MW:N ii W? • • 11wit1 ;u ;rr•• 1 •••• 1 IUJl IM 1 ll ? l •T 01 .'WllVUP
1
Bekannten Und wie würden die Leute triumphieren, die mich
sowieso nicht leiden mögen? Der Rest meines jetzigen Daseins
wäre jammervoller als das Grab
Fand ich aber ein sicheres Versteck, würde meine papierene
Persönlichkeitsstruktur vielleicht auch in tausend Jahren nicht
gefunden. Ganz umsonst hätte ich die Abgründe meiner selbstausgelotet und aktenkundig gemacht. Nur, daß ich nie wieder
guten Gewissens lügen oder herumschlawinern könnte, weder
in der Gegenwart noch in der Zukunft. Und wer garantierte
mir, daß der glücklichste Fall - die tatsächliche Auffindung
meines Dokuments zum richtigen Zeitpunkt - zu meiner Rekon
struktion führen würde? Mußte ich nicht befürchten, daß die
entsprechende Kommission und damit Nachwelt erschrocken
darauf verzichtete, mich ins Leben zurückzurufen? Denn in tau
send Jahren dürfte die Welt und die Menschheit einen Grad derVollkommenheit erreicht haben, den unsereiner sich nicht ein
mal träumen läßt. Und vorausgesetzt, man ließe Gnade vorRecht ergehen und rekonstruierte mich wirklich - wie würde
ich mich unter den Kindern jener Zeit ausnehmen? Mir schauderte, als ich daran dachte. Allenfalls sah ich die Chance, in
einer Art Museum gezeigt zu werden oder als Kleindarsteller
in historischen Filmen mitzuwirken.
Aber nicht allein wegen dieser mißlichen Aussicht zerriß ich
meine Aufzeichnungen rascher, als ich sie sie verfaßt hatte.Denn glücklicherweise fiel mir ein, daß es noch nicht zu spät
war, meine Persönlichkeitsstruktur rigoros zu ändern. Nein,
nicht auf dem Papier, das hätte keinen Sinn.
In der Wirklichkeit Daß ich einerseits ich selber bliebe und an
dererseits doch ein ganz anderer Mensch würde Noch dürfte
ich dreißig, vierzig Jahre Zeit haben, mich von einem leicht ver-••
lotterten Individuum der Ubergangsepoche zu einem auch in
Zukunft brauchbaren Geschöpf zu verwandeln.
Staunen sollen sie, die SpäterenStaunen werden freilich auch meine Freunde und Bekannten
sowie jene Leute, die mich nicht leiden können. Manche wer
den sogar glauben, ich sei verrückt geworden. Da muß ich
aufpassen, daß ich nicht nur an die Zukunft in tausend Jah
ren denke. Auch eine Menge jener Vorzüge, die man dann
vorweisen muß, kann man garantiert auch heute schon verwenden.
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4
Auf einem kleinenDorf kommt einMütterchen zumBürgermeister.»Bürgermeistersag mal im Sozialismus gibt es dadiese Dinger na
am Dach wo dasWasser reinläuft? «»Ach Frieda dumeinst Dachrinnenja die gibt es.«»Und das was amHaus so nachunten geht ... «
»Du meinst Fallrohre ja die gibt es.«
»Und unten duweißt schon wasso geknickt istgibt es das auch imSozialismus?«»Das sind die Knieselbstverständlichgibt es auch die imSozialismus.«»Jetzt bin ich aber
froh dann ist es jfast wieder wie zuKaisers Zeiten.«
l les zum Wohle des Volkes
Fritz Bernhard
Hätte meine Frau mit ihren ewig kalten Füßen nicht diesen
ekelhaften Schnupfen gekriegt - nie wäre ich auf den Gedanken gekommen ihr ein Elektroöfchen zu versprechen. So abereilte ich sechs Tage durch die Berliner Spezialgeschäfte zwarohne Erfolg aber doch freundlich von den Verkaufskräften beraten die mir teils empfahlen meine Frau nach Hawaii zu verschicken teils auch zur Anschaffung mehrerer Kaffeewärmerrieten die in die Ofenröhre gesteckt und über die Füße gezogen hervorragende Heizeffekte gezeitigt haben sollen.Endlich am siebenten Tag fand ich in einem großen HO-Elek
troladen in der Dingsbumsstraße nahe Berlin-Nordbahnhofdas ersehnte Öfchen. Gewiß sein Äußeres erinnerte stark andie Heimarbeit eines Bastlers der eine Eigenbau-Klavierlampe weil sie zu plump geraten in einem Anfall von Schwermutzur Erheiterung seiner Hühner auf einen alten Kochtopfdeckelgelötet haben mochte. Aber immerhin es war ein Öfchen .Flugs überschlug ich die Gestehungskosten des Apparates. Einige Stückchen Blech etwas Abfall von einem Drahtzaun einSchräubchen eine Heizspirale und der Topfdeckel -
»Wenn man die Akzise hinzurechnet mag dieser Artikel so andie fünf bis sechs Mark kosten was?« wandte ich mich schüchtern an einige Herrn hinterm Ladentisch.Dem Verkäufer fiel vor Schreck die Zigarette aus dem Mundedie er angezündet haben mochte weil er elektrotechnisch gesprochen damit seinen Riechkolben anzuheizen trachtete. »DasÖfchen kostet 21 95 DM mein Herr« sagte er entsprechendkalt »aber Sie brauchen es nicht zu kaufen. Es sind die letzten. Wir werden sie reißend los.« - Als der Geburtstag meiner
Frau und damit auch unser lieber Onkel Willi gekommen warschenkte ich meiner Frau das Öfchen. Onkel Willi ist von BerufReklameversdichter der Likörfabrik die das bekannte »Wurzelwunder« herstellt.Mitternacht war vorüber. Wir saßen beim Geburtstagsskat unddas Öfchen brannte zum erstenmal. Plötzlich verbreitete sichein Geruch was sage ich ein Gestank von so infernalischerWiderwärtigkeit daß ein verwesender Walfisch dagegen als einWölkchen Veilchenparfüm erscheinen mußte. Sprachlos sahen
.wir uns an. Dann stürzte meine Frau in Richtung Badestubedavon während ich alle Fenster aufriß und Onkel Willi lako-
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lleszu Wohle des Volkes
nisch meinte: »Kein Zweifel Dieses Öfchens Mief - beleidigtjede Nase tief « Und sachlich fügte er hinzu: »Das kommt vondem Anstrich. Vermutlich hat die Herstellerfirma auch dazuein Abfallprodukt verwendet. Es riecht deutlich nach Schwefelwasserstoffbenzolf om1aldehydhexamethyltetrachloridazetatoder nach etwas anderem.«Von Hustenanfällen unterbrochen, erzählte ich die Geschichtevom Kauf des Öfchens. Onkel Willi goß sich mehrere Wurzelwunder ein und sprach: »Zuweilen grenzt ans Wunderbare - derPreis, doch leider nicht die Ware «Wir schalteten das Öfchen aus, aber der entsetzliche Mief blieb.Ka11m zurückgekehrt, begann meine Frau aufs neue zu würgen.»Nun denn«, sagte Onkel Willi entschlossen, »da der Aufenthaltin eurer Wohnung menschlichen Lebewesen in den nächstenvier bis sechs Stunden nicht zugemutet werden kann, gehen wirin >Danzemeiers Bierstuben< Danzemeierist ein Kunde vonuns und hat sicher noch auf. Er hat nämlich morgen Geburtstag und pflegt ihn am Abend vorher anzugießen.«Als wir uns den Bierstuben von Danzemeier näherten, fiel unsschon von weitem auf, daß alle Fenster und Türen weit offenstanden. Dann begegnete uns ein Feuerwehrmann, der achselzuckend erklärte: »Die Wiederbelebungsversuche waren zwarerfolgreich, aber wir mußten Familie Danzemeier nebst sieb
zehn Gästen zwecks Auslüftung vorübergehend in das nahegelegene Teppichreinigungsinstitut von Pardubitzer Co. einliefern, das wir zum Glück alarmieren konnten.«»Um Gottes willen, was ist denn geschehen?« fragte meine ahnungslose Frau.»Herr Danzemeier hatte ein Elektroöfchen in Betrieb gesetzt«,sagte der Mann mit warmem Mitleid in der Stimme, »das er vonseiner Frau zum Geburtstag gekriegt hat. Weil er an kaltenFüßen leidet. Es soll von der HO in der Dingsbumsstraße am
Nordbahnhof sein .. . «So kam es, daß Onkel Willi, meine Frau und ich den Rest unserer Geburtstagsfeier begingen, indem wir mit der Ringbahnum Berlin herumfuhren. Vielleicht haben einige Leser uns zufällig gesehen, wir waren unschwer zu erkennen. Meine Frauhielt ihre Füße auf die in unserer Ringbahn Gott sei Dank geruchlose Heizung, ich versuchte, sie mit HO-Witzen zu erheitern, und Onkel Willi murmelte jeweils zwischen zwei Schlukken aus einer Flasche »Wurzelwunder«:
»Freund, merke dir, daß nur die Doofen•
im Wmter einen Ofen koofen «
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26 l les zum Wohle des Volkes
Hans-Joachim Stein
Eines Morgens - ich schrieb gerade an meinem später so be
rühmt gewordenen Aufsatz: »Vorsicht mit der Technik« - rasselte plötzlich etwas in der Schreibmaschine, und mit einem
kurzen, trockenen Seufzer blieb sie stehen. »Was h t denn das
liebe Maschinchen?« fragte meine Frau. »Was wird sie schon
haben«, entgegnete ich, »wahrscheinlich einen Tick.« Und dar-••
aufhin gossen wir 1 in die Maschine, wuschen sie in Seifen-
lauge, trockneten sie mit dem Fön, und ls all das nichts half,
schaffte ich sie zu einem Reparateur.
Der Reparateur w r ein freundlicher, alter Herr. »Sie müssen
j allerhand blödes Zeug geschrieben haben, d ß sie kaputtgegangen ist«, sagte er. Und dann nahm er die Maschine, schleu
Zwei Tage später wurde Fräulein Müller vom Dienst
suspendiert Grund: ein Protokoll auf dem acht
Seiten nichts weiter stand als: Brabrabrabrabrabra.
derte sie fünf-, sechsmal uf den
Boden, tr t einige Male mit beiden
Füßen drauf, horchte sie mit einem
großen Hörrohr ab und fuhr fort:
»Wir werden sie etwas reparieren
müssen. Kommen Sie nächste Woche wieder.« Dabei lächelte
er vielsagend, und ich verließ ihn nicht ohne noch einen Blick
uf d s zerbeulte Jammergebilde zu werfen, das einstmalsmeine Schreibmaschine gewesen war.
Niemand wird es mir also verdenken, d ß ich äußerst über
r scht war, in der nächsten Woche meine Maschine blitzsau
ber und tadellos überholt zurückzuerhalten. »Was macht das?«
fragte ich. Der alte Herr lächelte seltsam: »Eigentlich ist meine
Arbeit unbezahlbar«, sagte er, »aber - na, geben Sie mir hun
dert Mark, dann sind wir quitt.« Ich w r etwas erst unt über
den Preis, zahlte jedoch und ging.
Und nun ereignete sich etwas Seltsames: Zu Hause angelangt,stellte ich fest, d ß die Maschine zwar hervorragend funktio
nierte, aber d ß sie nicht mehr das aufschrieb, w s ich eigent
lich sagen wollte, sondern das, w s ich dachte
Zum erstenmal stellte ich diese unglaubliche Tatsache beim
Schreiben einer Theaterkritik fest. Folgenden vorsichtig-kriti
schen Satz h tte ich mir überlegt: »Gewisse Fehler, die den
Eindruck der Aufführung gewissermaßen allgemein etwas ab
schwächten, konnte der n sich nicht unbegabte Regisseur so
zusagen leider mitunter nicht vermeiden.«
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lles zum Wohle des Volkes
Und was schrieb die Maschine? »Ich halte den Regisseur für
eine totale Null und die Aufführung für völlig vorbeigeraten.«
Das war peinlich. Ich ließ die Sache liegen und setzte mich anein Gedicht.
Das Gedicht sollte ein Liebesgedicht werden und meiner Frau
gewidmet sein. Der Anfang lautete schlicht-einfach: »Ich liebedich.« Aber diese satanische Maschine schrieb doch tatsächlich:»Eigentlich stimmt's ja nicht
mehr so mit der Liebe, wir , ,
haben uns eben aneinander . - „ -· ·- ..
gewöhnt.« Und unangeneh
merweise vergaß ich, das
Blatt auszuspannen.
Am nächsten Morgen kam
ein Brief von einer Akademie: »Werter Herr Dichter«,
hieß es, »wir haben Ihre
werte Arbeit, die 80. Umar
beitung Ihres werten Film
szenariums betreffend, gele
sen und bitten Sie, dochauch noch die 81. Umarbei
tung vorzunehmen.« Ich war
ganz ruhig, wirklich, ganz
ruhig. »Frau«, sagte ich,
»komm her. Ich will dir die
Antwort diktieren.« Und
dann diktierte ich: »Sehr ge
ehrte Herren In dankendem
Erhalt Ihres wertgeschätz
ten Schreibens beeile ich
•
1\
'• - · - -- . 1-.e.l:t
mich, Ihren überzeugenden Argumenten zuzustimmen. Gernbin ich bereit, auch noch die 96. bzw. 98. Umarbeitung vorzu
nehmen.«
Nie habe ich früher einmal diktierte Briefe nochmals gelesen,
ehe ich sie abschickte. Glücklicherweise tat ich es, durch die
vertrackte Maschine unsicher geworden, in diesem Fall. Der
Brief wurde sofort von mir verbrannt. Er enthielt nur einen
Satz: »Sie können mich mal am ... «
Was war zu tun? Mit der Hand schreiben? Unmöglich Ich woll
te nicht, daß der Empfänger in einem Sanatorium für Augen
kranke aufgenommen werden muß. Die Maschine verkaufen?
27
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1 --1- 1„„ ~--„- \
\ :' \ 1 f
Montag Schulung
Dienstag Parteilehr-gang Mittwoch Zirkel
Donnerstag Selbst-
studium Freitag
Seminar Sonnabend
frohes Jugendleben.
Gott sei Dank nichts
vergessen.«
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Ein Reporter be-fragt die Arbeiter
in einem v o l k s i ~nen Betrieb, wie · .sie sich in det? . · ·neuen Zeit l l l ~ n l : ;Ein alter Arbeiter ·
gibt ihm die Aus-kunft: »Früher giilges uns gut, heutegeht es uns besser.Es wäre besser
wenn es uns baldwieder gut ginge.<t
•
lles zum Wohle des Volkes
Ja, das ist gut gesagt Trennen Sie sich mal von dem, was Ihnen
ans Herz gewachsen ist. Aber einen Ausweg gab es - verbor
gen Sehen, ob nur mich der Maschine Fluch betraf.
Glücklicherweise bot sich bald eine gute Gelegenheit, Fräulein
Müller mußte dringend Protokoll schreiben; es fand im nahen
Bürgermeisteramt eine wichtige Sitzung statt, und die dortigeMaschine war kaputtgegangen. Mit Freuden borgte ich ihr das
Teufelsding. Und freudestrahlend brachte Fräulein Müller dieMaschine zurück. »Vielen Dank auch noch«, sagte sie, »es ist
eine herrliche Maschine, so leicht Im Handumdrehen habe ichzwölf Seiten mitgeschrieben, vielen Dank.«
»Bitte, bitte«, sagte ich, »haben Sie übrigens gelesen, was Sie
geschrieben haben?« Fräulein Müller verneinte. Und zwei Tage
später wurde sie vom Dienst suspendiert, Grund: Ein Protokoll,
auf dem acht Seiten nichts weiter stand als: Brabrabrabrabrabra. Und am Ende der Satz: »Jetzt hat er drei Stunden lang dus
selig gequatscht. Dieser Abteilungsleiter ist eine Pfeife.« Dasgenügte.
Mich packte ehrliches Entsetzen: Wohin sollte es denn führen,
wenn dauernd ruchbar wurde, was eigentlich man dachte?
Schließlich ist kein Mensch fehlerfrei, und gerade ich habe
manchmal so unanständige Gedanken. Beruf, Existenz stan
den auf dem Spiel Ich beschloß, einen guten Freund um Rat
zu fragen.Umsonst Selbst in Privatbriefen war die vermaledeite Maschi-ne unerbittlich: »Lieber Freund«, las ich, »eigentlich halte ich
Dich j für einen Idioten, S Mark kriege ich auch noch von Dir,
und überhaupt: Man sollte Dir gar nichts anvertrauen, Du
quatschst j doch alles weiter.«
Es ist gräßlich, wenn man einen solchen Aufpasser hat. Aberich konnte nicht anders, es zog mich unwiderstehlich an die
Maschine. Und die Maschine machte mich zu einem anderen
Menschen: Ich bin ehrlich, lüge nicht mehr, äußere stets meineMeinung, sage niemandem Schmeicheleien, verschweigenichts.
Aber es ist ein sehr schwerer Kampf, ich leide unsäglich. Und
deshalb habe ich alles einmal aufgeschrieben. Jawohl, auf eben
dieser Maschine Und wenn Sie zehnmal glauben, dies sei eine
erfundene Geschichte, so sage ich Ihnen: Das ist keine wahreGeschichte
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Alles zum Wohle des Volkes
John Stave
»Halt, Mensch Tiefer runter - soooo. Nu 'n Haken schlagen,
richtich. Jetzt schnell nach links, ja - jut «
Der dicke Mann vor dem Fenster des HO-Fischgeschäfts in der
Stalinallee wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war zu
sehends erleichtert. Jetzt winkte er mit dem Taschentuch,
machte »dudududududu«, und all sein Gebaren galt augen
scheinlich diesem großen Karpfen, der das Schaufensterbek
ken mit seinen weniger stattlichen Artgenossen teilte. Jetzt
zog er ruhig seine Bahn - aber wieder war Gefahr im Anzuge
»Ottokar, Junge, schnell nach links « riet ihm der schwitzendeMann am Schaufenster.
»Tiefer, Mensch Tiiiiefer «Doch der Karpfen Ottokar
schien taub zu sein. Blind
lings schwamm er in seineKatastrophe.
- •
»Halt Halt « schrie da der
Dicke noch und fuchtelte
mit den etwas kurzgerate
nen Armen. Dann war es zu
spät. »Nein - nein - neinFurchtbar, der arme Kerl
. . ,„ . . ; ~ ~ i l < ~ •• • e 1 1 e · ~ ~ ~ · . . „. .. . ._, i, . . ,„
' .
• • · „•• .... .. .. . . ••„.„,.,._„ ..„. . .......
Grauenvoll « . .„ •
„ • „i T.•
29
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- ·
•
.... ... .Der dicke Mann wandte sein .___ _ ___
gramzerfurchtes Antlitz ab. Tränen standen ihm in den Augen.
»Sie kannten ihn wohl schon länger?« versuchte ich Trost zu
spenden, als Ottokar bereits zappelnd auf der Wiegeschale lag.
»Ich beobachte ihn bereits zwei Stunden«, seufzte der Dicke.
»Immer hatte er Glück gehabt und war mit dem Schrecken da-
vongekommen. Und jetzt - - -«, der Dicke schluchzte, »undjetzt ist er der Verkäuferin doch ins Netz gegangen. Ich frage
Sie, lieber Tierfreund, möchten Sie in der Haut eines so bedau-
ernswerten Karpfens stecken?«
Der dicke Mann schaute mich mitleidheischend an.
Ich verneinte: Mir bereite das Rasieren schon so immer erhebliche Schwierigkeiten. Er strich sich nachdenklich übers Kinn.
Wrr gingen in Richtung Strausberger Platz.
»Ich hatte den Eindruck«, sagte der Dicke, »daß es ein zu früher
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3 Alles zum Wohle des Volkes. a;JIM:o:CA:Ml W i J i ~ : • • • i • 1
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Tod war. Ich habe es seinen Augen angesehen, seinen wunder-
vollen treuen Augen, daß er es bis Silvester machen wollte.«
Ich nickte beiläufig. »Sie machen sich wohl nichts aus Fisch?«
forschte ich, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Er schüt
telte den Kopf.
Stumm erreichten wir den U-Bahneingang. Der Dicke strecktemir die Hand entgegen. »Aus Fisch - nein«, sagte er mit fester
Stimme. »Allerdings«, setzte er entschuldigend hinzu, als wir
uns die Hand schüttelten, »aus Fischkonserven - ja. Aus ihrem
Inhalt kann man aber auch nicht so sehr die Seele des Tieresherauslesen «
Dann schritt er langsam die Treppe hinunter - ein erschütter
ter Mann, der einen teuren Freund verloren hat. Das Pfund zu
2,20 Mark.
Still liegt das Dörfchen in der Runde,
als hätte es die Nacht durchzecht.
Es jubelt selbst am Schwanz der Schlange:
»Seht hin, das Gute liegt so nah «
Ein Heupferd schnarcht mit offnem Munde.
Nicht schlecht.
Der Dorfplatz gähnt, es ist noch früh.
Zum Brunnen schlurft ein alter Mann.
Ein Fuhiwerk naht mit hott und hüh.Guck einer an
Der Fuhrmann nickt und rumst vorbei,
das Rot der ersten Sonne glimmt.
Da plötzlich irgendwo ein Schrei:
»Der Konsum kimmt «
Da kommen sie in hellen Hanfen
so hoffnungsschwanger angehaucht:
»Vielleicht gibts diesmal das zu kaufen,
was man so braucht.«
Voll Zuversicht fragt eine Lange:
»Was ham'sen da?
Ich brauche eine Badewanne
und Wassereimer für den Stall,
zwei Schüsseln und ne Bratenpfanne.
Das wär man Fall «
»Gemach, ihr lieben Dorfbewohner.
Kauft Nippes-Schmuck fürs Vertiko,
Ersatzzimt, Zwirn und Sohlenschoner
und Schnaps engros -
»Ich wollte einen Eisenrechen«,
ruft einer, und dann flucht er stumm:
»Das Angebot ist zum Erbrechen «
Und alle kehrten um.
Still lag das Dorf nach einer Stunde,
als hätte es die Nacht durchzecht.
Ganz leise jaulten ein paar Hunde.
Mit Recht ils Utemer
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Schon gehört? In der DDR soll
zweilagiges Klopapier eingeführt ·
werden.
· arum denn das?
Weil von jedem Scheiß eine Kopie .nach Moskau geht. ·
: .·
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_.,.-'.•
„Ja, Kinder, was soll ich denn machen, der Kunde
wollte durchaus so eine Hose, wie ich sie trage ''
. •
Brenn naterial
erhält derjenige welcherPersonen namhaft macht;
· die Schutt Asche und dergleichen im Wald·e abladen.
Staa l. Forstwirtschaftsbetrieb DresdenDresden-N. 15
Dr.-Kurt-Fischer-Platz 3
,
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. Eiri jtµigei- Pfarrer : .•.·soll ·seine erste· , .. .Predigt m der t . ; : ~ : :· .ehenge'meinde lial- •· •
.. ten und ist au,Ige- · · :
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· nimmt ihn der alte ·... ZUL Seite und sagt: '. . . .
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.nicht scltlecltt; aber· ein pi(ar . a c h l l e l i ~ ·.
Fehlet sind ···dif U11- ··:·.. t e r l a u f e h Dä.s a l · „.
.. e l u j a Wird gesiili- · •. ?
. g e n ~ lliciit gepfi.f- · · . .
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. und nicht Prost, .. . ~ · ····• µnd ,Jesus .isuin den ·.
c' H 1nifil..yl gefahren 'und niclit '1r1.den ' '
· Westen a o g e u . · , ,, :. ·.··· „._. . . · . ; -;.·' . ~ , . ··. i
. '
Alles zum Wohle des VolkesX ••
Paul Schwarz
' tOtse S
tso to 'e
Frau Behrend hatte eine unangenehme Art, ihren UntermieterLudwig Meyer mit Sprichwörtern zu quälen. Wenn er zum Bei
spiel einmal später nach Hause kam und etwas nach Bier roch,
sagte sie am nächsten Morgen finster und prophetisch: »Der
Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.« Wurde Lud
wig von seiner Freundin Elsa zum Kino abgeholt und pfiff diese
Freundin beim Hinausgehen leise vor sich hin, so sagte Frau
Behrend bei der nächsten passenden Gelegenheit mit ziemli
cher Schärfe: »Mädchen, die pfeifen, und Hühnern, die krähen,soll man beizeiten den Hals umdrehen.«
Ludwig Meyer hatte diese Weisheiten bereits vor vielen Jahren
von seiner Großmutter gehört. Sie waren inzwischen nicht
geistreicher geworden und hingen ihm, sprichwörtlich gespro
chen, zum Halse heraus. Aus diesem Grunde sann Ludwig auf
Rache.
Er kaufte sich das Werk >>Sprichwörter und sprichwörtliche Re
densarten, gesammelt und mit Anmerkungen versehen von
Josef Archibald Hintergruber«, zum Preise von 4,85 DM undstudierte eifrig darin, um den Spruchweisheiten der Frau Beh
rend gewachsen zu sein. Wenn sie nun um den Monatserstenherum beiläufig sagte: »Geld im Beutel vertreibt die Schwer
mut«, so antwortete Ludwig ebenso beiläufig: »Einen Nackten
kann man nicht ausziehen.«
Schließlich bestand ihre Unterhaltung fast nur noch aus
Spruchweisheiten. Dadurch wurde Ludwig Meyers Vorrat an
Sprichwörtern allmählich knapp, und auch Josef Archibald Hin
tergruber konnte bald nicht mehr den notwendigen Nachschub
liefern. Katharina Behrend aber buddelte aus den unerschöpf
lichen Archiven ihres langen Lebens immer wieder neue
Spruchperlen ans Tageslicht und freute sich, wenn ihr Unter
mieter passen mußte, ohne »Kontra « sagen zu können .
Da hatte Ludwig eine Idee. Er fing auf eigene Faust an, Sprich
wörter zu erfinden. Eines Tages fragte er Frau Behrend, wer
der Frau Müller aus dem 1. Stock erzählt haben könnte, daß
er nur über zwei Nachthemden verfüge und daß seine Socken
hauptsächlich aus Löchern bestünden, die nur notdürftig von
einander abgegrenzt waren.
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Alles zum Wohle des olkes
»Die Wahrheit will niemand gern hören«, meinte Frau Behrend.
»Ein morsches Faß hält selten dicht«, meinte Ludwig. Katha-
rina Behrend stutzte und erwog den tieferen Sinn des Zitates,
das ihr unbekannt war. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Nichts Besonderes. Es ist ein arabisches Sprichwort. Aus der
Gegend von Mekka.«Frau Behrend schwieg und ging hinaus. Den ganzen Tag über
machte sie einen zerstreuten Eindruck und schüttelte manch
mal geistesabwesend den Kopf.
Sein Erfolg gab Ludwig Meyer neuen Auf
trieb. Er fing an, Sprichwörter aus allen Tei
len der Weltkugel zu zitieren, die ihm auf
Frau Behrend und bestimmte Vorfälle ihresZusammenlebens zu passen schienen. Zum
Beispiel diese: »Ein altes Kän ist nichtimmer ein weises Känguruh.« Australien)
»Wenn eine Kokosnuß auf einen Kopf fällt,
und es klingt hohl, so ist nicht immer, die
Nuß daran schuld.« Salomon-Inseln) »Zahn
lose Krokodile sind noch keine Engel.<< Nil
Delta) »Kobras soll man nicht auf den
Schwanz treten.« Indien) »Kühe, die viel
brüllen, geben am wenigsten Milch.« Ar-
gentinien) »Es schlägt nicht immer ein,wenn es donnert.« Nordpol)
Katharina Behrend schien dieser neuen
Wunderwaffe nicht gewachsen. Jedesmal,wenn Ludwig Meyer einen neuen sprich-
wörtlichen Volltreffer erzielt hatte, zog sich
•
seine Wirtin in ihr Zimmer zurück. Geschlagen und hilflos, wie
Ludwig annahm. Den wahren Grund entdeckte er eines Sonn
tags in der Unterhaltungsbeilage der »Neuenhagener Volks
zeitung«. Dort fand er alle seine schönen, mühsam ausgekno-belten Sprichwörter wieder, sauber nach Erdteilen geordnet.
Und darüber stand: >>Sprichwörter der Nationen. Gesammelt
von Katharina Behrend.«
Der Untermieter Ludwig Meyer begab sich unverzüglich zu der
Sammlerin. »Was haben Sie als Honorar bekommen?« fragte
er und dachte mit Erbitterung daran, daß er bald wieder Miete
bezahlen mußte.
»In diesem Punkte«, sagte Frau Behrend mit ruhiger Würde, »in
diesem Punkte hält auch ein morsches Faß ausnahmsweise•
mal dicht.«
33
•
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Im KaP.itafismus , ,r e g ~ l t sic·h alles . .·duFch Einnahinen
• . - r
..und Ausgaben im
. ·Sozialismus durchEingaben und Aus
· nahlnen.
Alles zum Wohle des Volkes
va Salzer
O S ~ OI otorr
»Ich habe in der Lotterie gewonnen und mir ein Motorrad ge
kauft«, sagte Alfons (er sagte »Mo-torrad« wohlgemerkt, mit
der Betonung auf der ersten Silbe), »fast neu, tadellose Maschi
ne. Willst du morgen einen Ausflug ins Grüne mit mir machen?«
Natürlich wollte ich: Wer könnte sich etwas Besseres wün
schen, als mit Alfons und seinem fast neuen, tadellosen Mo
torrad ins Grüne zu fahren?
Früh um 6 Uhr trafen wir uns. Wie eine Rakete schoß das Vehi
kel vorwärts, für die auf der Landstraße zurückbleibenden Rad
fahrer hatten wir heute nur einen Blick wohlwollenden Mitleids.
»Prima Sache, so ein Mo-torrad, was? Man spart Zeit, Geld und
Kalorien. In einer Stunde sind wir am Ziel.«
Zehn Minuten später hatten wir eine Panne.
»Nicht der Rede wert«, versicherte Alfons, »der Motor hat bloß
mal ausgesetzt. aß auf, gleich geht s weiter.«
Ich paßte auf, aber es ging nicht weiter.
»Dumm« meinte Alfons, »wir werden ihn bis ins nächste Dorf
schieben müssen.« Er sagte » e r « nicht »es« . »Es« zu sagen,
wäre geradezu eine Beleidigung für ein solches Motorrad ge
wesen. Außerdem hieß er Anton.
Also schoben wir. Doch Anton war schwer und der Tag heiß.»Ich muß doch mal versuchen, ob ich ihn wenigstens bis zur
nächsten Reparaturwerkstatt flott kriege ... «
Diesmal sprang der Motor ohne Widerrede an.
»Siehst du« triumphierte Alfons, »er ist prima, ich sagte es
gleich. Jetzt braucht er natürlich nicht zur Reparatur.«
Er besah kritisch seine Hosenbeine, die eine leichte Färbung
angenommen hatten, und schwang sich Anton auf den Rücken.
Ich tat das gleiche, und schon rasten wir wieder die Chaussee
entlang, quer durch den Ort an der Tankstelle vorbei, bis insübernächste Dorf.
»Warum hältst du hier, Alfons?«
Ich möchte ein Eis kaufen.«
Das war eine fromme Lüge. In Wirklichkeit hatte nämlich nicht
Alfons, sondern Anton angehalten.
Als ich mit zwei Eiswaffeln zurückkehrte, sah ich Alfons tre
ten, daß die Schweißperlen nur so an ihm herunterrannen.
Seine Stirn war gerötet, seine graue Sonntagshose noch um
eine Nuance dunkler geworden. Ringsum hatten sich eine An-
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Alles zum Wohle des Volkes
zahl Männer und Knaben versammelt, die sachverständig Rat-
schläge gaben. Aber der Motor schwieg.»Es ist nichts«, rief mir Alfons entgegen und wischte sich mit
der öligen Hand über das erhitzte Gesicht, »es sind nur die
Gänge, die immer herausspringen. Gibt es hier eine Reparatur-
werkstatt?« wandte er sich an die Volksmenge.»Ja, gleich in der Nebenstraße«, rief einer der Knaben und lief
voran, um uns den Weg zu weisen. Wir folgten langsamer mit
dem schweren Anton. Die Kirchturmuhr schlug 9, und unser
Ziel war noch weit. Alfons fluchte heimlich, aber ich hörte es
trotzdem. Wütend trat er auf den Anlasser. Plötzlich knatter-
te Anton los.
»Na, bis zur Reparaturwerkstatt wird er's schaf-
fen«, meinte ich.
»Was heißt Reparaturwerkstatt?« fragte Alfonserstaunt. »Die Maschine ist doch in Ordnung
Mußte sich nur etwas erholen ...«
Er warf einen flüchtigen Blick auf seine gut ein-
geölten Ringelsöckchen, dann kletterten wir
Anton wieder auf den Rücken.
Das nächste Mal war es mitten im Walde. Wäh-rend Alfons wie ein Besessener an der Maschi-
ne herumarbeitete, photographierte ich ihn von
allen Seiten, denn es ist immer schön, wenn
man später eine liebe Erinnerung hat. Dann
frühstückten wir, denn es war mittlerweile 10
Uhr geworden.
/
a1 (
'
»Weißt du«, erklärte Alfons kauend, »es kommt nur davon, daß
ich zu schnell vom 4. auf den 1. Gang zurückgeschaltet habe.
Ich muß mich erst mal richtig mit Antons Eigenarten vertraut
machen. Im Grunde genommen ist er prima. Und schließlich
spart man ja auch Geld, Zeit und Kalorien.«
Er streifte sein wunderschönes, blaues Oberhemd ab und wrang
es vorsichtig aus. Dann näherte er sich Anton mit energischen
Schritten. Nach einer halben Stunde eifrigen Tretens brachte
er den Motor in Gang.»Sieh, da unten liegt der Werbellinsee « rief Alfons nach eini-
ger Zeit. »Keine 5 Minuten mehr, und ... « Hier setzte der Motoraus. »Ach, da ist nur die Schwimmemadel verklemmt. Kein
Grund zur Beunruhigung. aß auf ...«»Weißt du was?« unterbrach ich Alfons, »jetzt schieb ich dich
den Berg u n t r ~ Und dann gibst du Anton endgültig zur Repa-ratur «
35
.
Reiß dich zusammen,
keine Panik wegen
der paar verlorenen
Schrauben <<
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6 lles zum Wohle des Volkes
Nach hundert Schritten sprang der Motor wieder an, und wir
fuhren beide bis zur Tankstelle. Der Mechaniker untersuchte
die Maschine und machte eine Probefahrt. Er fand nichts.
Anton benahm sich musterhaft und zeigte keinerlei Mucken.»Siehst du « rief Alfons, »ein tadelloses Mo-torrad, ich habe es
immer gesagt Im übrigen habe ich einen Bärenhunger. Es istnämlich keine Kleinigkeit, mit Anton fertig zu werden «
Bei diesen Worten warf er sich in die ölige Brust und sah micherwartungsvoll an. Er war hoffnungslos verschmiert, von oben
bis unten, total verschwitzt und roch nach Motorenöl. Und nun
forderte er meine Bewunderung.»Du bist ein ganzer Mann«, sagte ich. »Nur Männer können so
sein.« Abgesehen davon, daß der Kartoffelsalat, die Brötchen
und der Kuchen nach Schmieröl rochen, die am Sattel befestig
ten Aktentaschen zerschrammt und tiefschwarz eingefärbtwaren, hatten wir beide unser Vergnügen am Ausflug, jeder
auf seine Weise.Am Abend lief Anton recht brav.
Ein einziges Mal blieb er stehen, das war, als
Diesmal half kein Zureden. Wer kennt sich das Gewitter aufzog. Vielleicht hatte Alfons
schon in der Seele eines Motorrades aus? wieder mal zu schnell vom 4. auf den 1. Gang
geschaltet, vielleicht lag's auch an der
Schwimmernadel oder am Wetterleuchten. Wer kennt sichschon in der Seele eines Motorrades aus?
Diesmal half kein Zureden - Anton streikte, und wir wurden
pudelnaß. Zum Glück trafen wir einen Fuhrmann, der uns alle
drei auf seinen Wagen lud. Langsam, aber sicher zuckelten diePferde heimwärts. Vielleicht schämte sich Anton, denn als wir
ihn wieder auf die Räder setzten, knatterte er durch die Nacht,
daß es eine Lust war. Alfons strahlte.»Gute Nacht, Evilein Hoffentlich hat dir unser erster Mo-tor
radausflug gefallen ... Was ich dich noch fragen wollte« - er zö
gerte und sah einen Moment rührend verlegen aus - »magst du
Anton noch leiden?«
Ich hätte ein Herz von Stein haben müssen, um auch nur den
geringsten Verdacht einer Antipathie gegen Anton aufkommenzu lassen. Freundschaftlich patschte ich ihn auf den Sattel undgab Alfons einen Kuß. »Wer sollte euch beide wohl nicht lie
benswert finden ...«
»Aber«, fügte ich hinzu, »wenn ich mal in der Lotterie gewin
ne, dann kauf ich mir lieber ein Pferd. Das lassen wir im Bei
wagen mitfahren, der Sicherheit halber, weißt du ...?«
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Alles zum Wohle des Volkes
Renate Hol land Moritz
»Rach, juten Tach, Buntzeln Det man sich imma in de S-Bahn
treffen tut -Neu, der Mantel? Todschick Leineweber, wenn ickmir nich irre. - Wat sagen Se, HO? Da staun ick aber. Ach Jott,
uns jeht et soweit janz danke. Bloß, det wa keene Pakete mehr
von mein Schwager aus Köln kriejen. Nu wird sich der Großedet Moped doch noch nich koofen können, weil ick ja nu wie
der mehr Kostjeld brauche. Naja, det is ne lange Jeschichte. Die
Pakete kriejen wa schon seit neunundvierzich. Da hat mein
Oller sein Bruder Justav, der, wo vor Jahren nach Köln jemachtis - kenn' Se den noch? Der hat doch det blonde Manneköng
aus den jroßen Modesalon jeheiratet - also, den hatta mal jeschrieben, det er Tach und Nachtschubbern jehn muß, damit
ta seine Norm schafft, und det wa uns trotzdem keene Butter
uffs Brot leisten können. Und der Justav hat doch denselben
Beruf wie meiner, der is ooch Dreher. Und außerdem isser 'n
juter Mensch, und weil er sein eenzijen Bruder nich hungern las
sen will hatta uns jeden Monat 'n jroßet Freßpaket jeschickt.
Na, und wat soll ick Sie sagen, neulich war der Justav mit sone
Jewerkschaftsdelejation aus Köln bei uns in Osten. Da hamse
denn Betriebe besichtigt und konnten ooch janz frei mit die Arbeeter quatschen. Anschließend hatta uns ooch noch für een
Tach besucht. Nu hat sich det dumm jetroffen, det wa uns jrade
ne Musiktruhe und een Eisschrank uff Teilzahlung jekooft hat
ten. Bei uns war er ja noch janz stille, aber zwee Tage später
kam 'n Brief. Und da schrieb er, nu hätta sich ja übazeujen kön
nen, wie die Arbeeter im Osten schuften müssen, und wenn er
in sein Betrieb in Köln son Tempo vorlejen würde, denn hätten
sen schon längst rausjeschmissen. Mit sone Norm möchter seine
Kohlen ooch ma verdienen. Und denn stand noch so janz zinischals P. S. unten drunter, wenn wa mal janischt mehr in unsern
Eisschrank zu packen hätten, denn will er uns jerne wieder
unter die Arme jreifen. Wat sagen Sie zu so wat, Buntzeln? Aber
det ha' ick mir ja gleich jedacht, wenn eener schon mit Jewerk
schaft und Delejation und sone politischen Sachen zu tun hat,
denn isser nich astrein. Na, von uns hört der jedenfalls keen
Sterbenswörtchen mehr. So wat Jemeinet is mir lange nich vor
jekomm. Wat denn, schon Sonnenallee? Da muß ick aussteijen.
Na, denn machen Sie't manjut, Frau Buntzel, und nich die Hoff
nung uffjeben Es kommen ooch wieder andere Zeiten «
37
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38 lles zum Wohle des Volkes
Wolf D rennecke
Schuld an allem ist der Kellner, der mich solange auf mein
Essen warten ließ. Ich saß und saß, studierte die Speisenkar
te und stieß auf einen Satz: »Unser Personal ist gehalten, auf
Pfennigabrechnung zu sehen.« Darunter: »Unser Personal be
zieht auskömmliche Gehälter und ist auf 'llinkgelder nicht an-•
gewiesen.«Welche Beschämung für mich 'llinkgelder hatte ich gegeben,
hatte Menschen wie Lakaien behandelt und gedemütigt. Der
Kellner kam. Ein Mensch mit festem Gehalt. Ein Kollege. Nein- einem Kollegen gibt man kein Trinkgeld. Er machte die Rech
nung und steckte mein Geld ein. »Bitte, Herr Kollege«, sagte
ich zu ihm, »ich bekomme noch acht Pfennig zurück.«
Er sah mich einige Sekunden lang starr an und schien aufs
höchste verwundert. Ich lächelte ihm freundlich zu.»Acht Pfennig, hm«, murmelte er. »Acht Pfennig Na, bitte -
wenn Sie absolut Wert darauf legen. Pfennige hm. Ich habe
keine. Wenn Sie zwei Pfennige haben, können Sie 'n Groschen
von mir kriegen. Aber ich schenke Ihnen die zwei Pfennje auchgerne - bitte «
Ich legte Wert darauf. Ich gab ihm zwei Pfennige und bekam
einen Groschen. Der Kellner stand wie erstarrt. Der Pikkolo
aber sprang diensteifrig herbei und machte mir die Drehtür auf.
»Der hat sich acht Pfennje rausgeben lassen « sagte der Kell
ner. Da ließ der Pikkolo vor Verwunderung die Tür los. Sie
schlug mir ins Kreuz oder auch etwas darunter und ließ mich
auf den Fahrdamm fliegen.
Ich gab von nun an nie mehr Trinkgelder und erregte Aufse
hen mit dieser Methode. Sie war nicht ganz ungefährlich. Ein
Taxichauffeur war derart angetan von der Methode, daß er mir
beinahe zwei Finger abquetschte, so heftig knallte er die Tür
hinter mir zu.
Ich mußte bald erkennen, daß noch viel Erziehungsarbeit auf
diesem Gebiet zu leisten war, besonders bei den Kollegen Fri
seuren. Ich wurde nicht mehr abgebürstet, ich mußte mir äl
lein in den Mantel helfen, keine Tür wurde mir geöffnet, mein
Abschiedsgruß blieb unerwidert. Als man mir die Haare aber
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lles zum Wohle des Volkes
nur noch stufenförmig schnitt und mir Seifenschaum in die
Augen rieb, wechselte ich den Salon.
Auch die Gaststätte mußte ich wechseln. Ich war dort zu be
kannt geworden. Kein Kellner ließ sich mehr herbei, mich zu
bedienen. Wenn aber, dann fehlte bestimmt die Gabel; und bis
ich sie bekam, wurde mein Essen kalt. Und Taxis bekam ichüberhaupt nicht mehr. Sie waren immer gerade bestellt oder
nicht im Dienst oder soeben kaputtgegangen.
Ich wurde ein einsamer Mensch. Meine Freunde begannen sich
zu genieren, mit mir ein Lokal zu betreten. Ich wurde gemie
den und kam mir selbst wie ein Ausgestoßener vor - und alles
nur, um das Ehrgefühl bestimmter Berufsgruppen nicht zu be
leidigen. Eines Tages ertappte ich
mich dabei, daß ich begann, auf
den Speisenkarten nach Zusammenstellungen zu suchen, die
runde Markbeträge ergaben. Errö
tend dachte ich: Nein, du darfst
nicht klein beigeben, wenn du die
Menschen erziehen willst. Du hast
nun einmal beschlossen, keine
Trinkgelder mehr zu geben, also
gib auch keine mehr
1
o
Aber etwas mußte geschehen. Und ""deshalb mache ich es jetzt anders.
Ich gehe in eine Gaststätte, bestel-
le mein Essen und lasse mir meine Pfennigbeträge herausge
ben. Dann aber erhebe ich mich von meinem Platz, ergreife die
Hand des mürrischen Kollegen Kellner und sage: »Es ist mir
ein Bedürfnis, Ihnen kundzutun, daß es mir in dieser Gaststät
te ausgezeichnet gefallen hat, daß das Essen gut und Ihre Be
dienung hervorragend war. Gestatten Sie bitte, daß ich Ihnen
meinen wärmsten Dank ausspreche « Dann schüttele ich ihm
die Hand, schreite hinaus und bekomme keine Tür mehr ins
Kreuz. Zum Kollegen Friseur sage ich: »Der Haarschnitt ist
vorzüglich geraten. Meinen besten Dank « Ich schüttele ihm,
der mich anstaunt, die erschlaffte Hand und gehe hinaus. Ahn-
lich spreche ich mit jedem Taxichauffeur, jedem Eilboten,
jedem ... Das wirkt Das wirkt besser als fünfzig Pfennig Trink
geld. Ich werde dabei bleiben. Bis man hinter meinen Trick
kommt. Deshalb bitte ich den Leser, diese Geschichte keinen
Kellner, Friseur, J'axichauffeur und so weiter lesen zu lassen ...
•
•
»Entschuldigen Sie
bitte st mein Otto
vielleicht noch hier?
9
•
-
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4
•
„.
..P.' ' '
>>Erst hatten wir aus-
geschachtet Nun will
er kein Haus mehr und
hat sich einen Kahngekauft <<
l les zum Wohle des Volkes
Fritz Bernhard
Er hieß Fürchtegott Süßmilch und sah aus wie eine Mischung
aus Missionar und wilhelminischem Oberlehrer. Ging er aufsFinanzamt, überwog der Missionar. Schurigelte er seine Mie-
ter, schlug der Oberlehrer durch. In der Nachbarschaft nannteman ihn »die Kotzkanne«, zuweilen auch »den Großmogul«.Seine Bekanntmachungen pflegte er nach dem Vorbild hoher
Amtspersonen - »Der Generalstaatsanwalt«, »Der Oberbürgermeister« - mit »Der Hauswirt« zu unterzeichnen.Mit einiger Beklemmung stand ein älteres Ehepaar vor dem
< •
' .1' -
-
kurzgeschorenen Vorgarten und las:»Das Abstellen von Fahrrädern am
Zaun sowie das Werfen von Bällen, · * und Schatten auf den Rasen ist
streng verboten.«Das Paar trat näher. Neben der Haus-tür hing ein Schild:»Das Spielen der Kinder vor, in oderhinter dem Hause ist strengstens un-tersagt. Radfahrer absteigen Die
Benutzung des Hausflurs ist verbo-
ten, Handwagen sind zu tragen. DieHoftür bleibt geschlossen. Der Haus-wirt.«
Kopfschüttelnd durchquerte das Ehe-
paar den Hausflur und warf einen Blick auf den Hof. In einerEcke stand eine Tafel: »Teppichklopfen verboten Nicht rauchen Nicht spucken Ausrufen und Handeln untersagt Hu-
sten und Niesen in der Zeit von 12 bis 15 Uhr strengstens ver-
boten Der Hauswirt.«
»Das scheint ja ein reizender Mensch zu sein«, sagte die Fraukleinlaut zu dem Mann, »wollen wir nicht lieber wieder umkeh-
ren, Georg?«
»Kommt nicht in Frage«, gab der Mann zurück und nahm dieFrau unter den Arm, »wir gehen rauf.«
»Tür leise schließen « mahnte eine Aufschrift an der Haustür.Füße abtreten Abtreter schonen « befahl ein Schild auf der an-
deren Seite.Im Treppenflur schrie eine Tafel: »Ruhe Das Passieren der
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lles zum Wohle des Volkes
Treppe ist verboten a) mit Kinderwagen, Rollern und sonsti
gen Gefährten, b) ... «
Es folgten Einzelanweisungen bis zum Buchstaben k), aber
schon fesselte die Augen ein kleines Standschild auf der ersten
Stufe: »Treppe frisch gebohnert Bitte den Läufer benutzen «
Zwei Stufen höher besagte ein anderes Schild: »Das Betreten
des Läufers mit Nagelschuhen oder mit Absätzen ist streng
verboten «
Auf dem Treppenabsatz befand sich eine Tür, über deren Klin
ke in einem Ausschnitt das Wörtchen »FREI« zu lesen war. Be
herzt öffnete der Mann die Tür. An der Wand hing eine Papp
tafel, mit Rundschrift in schwungvollen Lackbuchstaben
bemalt: »Benutzung der Retirade nur vormittags 8 bis 10 Uhr
gestattet. Außerhalb dieser Zeit ist das Wasser abgesperrt. Rau
chen und Zeitunglesen verboten Sparsam spülen Der Aufent
halt ist auf zwei Minuten zu beschränken Licht ausknipsen «»Das ist ein Hauswirt, vor dem man lieber ins Wirtshaus geht«,
brummte der Fremde.
»Was haben Sie denn da zu suchen?« unterbrach ihn eine Stim
me von oben, die unangenehm scharf klang und in der Höhe
kickste, »wie kommen Sie überhaupt ins Haus, wie? Ich habe
doch ausdrücklich angeordnet, daß die Haustür auch am Tage
verschlossen zu halten ist, zweimal herum «
»Wrr kommen wegen der Wohnung«, sagte der Mann. Gleich
zeitig stieß die Frau einen kleinen Schrei aus. Das Treppenhausverdunkelte sich. Draußen, vor dem Fenster, glitt langsam und
an Seilen hängend eine Oma im Lehnstuhl abwärts.
»Tja«, rief der Hauswirt, »qa staunen Se, was? Bei mir herrscht
Ordnung Krankentransporte über die Treppe sind in meinem
Hause verboten, und wehe, wer sich meinen Anordnungen nicht
fügt Dem entziehe ich den elektrischen Strom Nun los, kom
men Se rein und sehen Se sich meine Hausordnung an. Die haben
Sie zu unterschreiben, bevor ich entscheide, ob ich Sie nehme.«
Auf vier eng beschriebenen Seiten war es u. a. streng verboten, Kanarienvögel zu halten, Kohl zu kochen, Kinder zu
kriegen oder Grands mit vieren zu spielen. Die Miete war am
Monatsersten bis 11 Uhr vormittags zu zahlen, doch verpflich
tete das den Wirt nicht zu Gegenleistungen.
Als der Besucher die Hausordnung gelesen hatte, sagte er kühl:
»Sehr schön, Herr, aber für uns nicht maßgebend. Hier haben Sie
meine Einweisung vom Wohnungsamt. Sie ist unwiderruflich ... «
Süßmilch schn?-ppte nach Luft. »Haben Sie etwa Kinder?«
:r ..
· n de FrHO-Gasif-stätte: Der Gast
f i n e ~ Fliege. „ · ? -J . : " ·"' N .
- in der Suppe und
ruft den Ober• »HemObet was
- - · . - «
hat die Fliege inm e i n ~ r Suppe:zu
- s u c h ~ « _ .Ober: »Mein Herr,
ich bin.hier als
41
·· ·Kellnet:,besch ältigt,
nicht als Wahf- _
sager.:«
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und hier, meineDamen und Herren,
sehen Sie die herrliche
gotische Fassade des
alten Rathauses ((
Alles zum Wohle des Volkes
»Nur sechs«, sagte der Fremde sanft, »aber das siebente ist
unterwegs - na und ein paar sollen ja noch dazukommen.«
»Schikane Schikane « brüllte der Großmogul, »Schi « Da
platzte er mit scharfem Knall.
Die Obduktion ergab: Abnorme Vergrößerung der Galle - völ
liger Mangel an Herz.
Wegen Mangel an Leidtragenden kürzte der Geistliche seine
Rede stark ab. Lediglich ein Bläserquartett, das von nieman
dem bestellt, aber n froher Hoffnung auf Geschäfte erschienen
war, trat nach dem Segen an die Grabstelle. Kaum hatten sie
die ersten Takte geblasen, als der erste Trompeter erbleichend
sein Instrument absetzte. Eine scharfe Stimme, die in der Höhe
kickste, hatte aus der Tiefe gerufen: »Das Musizieren ist auf
dieser Stelle strengstens verboten «
•frwrudet denltigpa:SSOllV '„
a c : k ( . l ~ l f f i o l vtth Stn1 1111Js ~ u n ~ g m 5 0 ~ ~
~ : A · i f . \ltoch in1 1nl1Pe 95JtJc, dezn 13il1·9aP der •DOR ~ e i r Sr)nt W.ittfJ;
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Alles zum Wohle des Volkes
John Stave
Bullerjahn nahm das Thermometer von der Wand stellte es in
ein Glas mit eisgekühltem Wasser und sprach die folgenschweren Worte: »Höchste Zeit daß wir mal ne Weiße mit n Schußtrinken j ehn. «
Das waren gute treffende Worte. Wrr setzten uns einen Tropen
helm auf und zogen los.Bullerjahn immer vorneweg, ich immer hinterher.
Ohne ernstliche Hitzschläge gelangten wir in unser vegetarisches Stammlokal, wo außer Gemüse immer
alles zu haben ist.»Weiße« beruhigte uns die Bedienung freund
lich, »bekommen wir wieder rein, wenn der
Brauereiwagen angekommen ist. Vor vierzehn
Tagen haben wir antelefoniert, da war er näm
lich schon unterwegs.«
Bullerjahn meinte, wir sollten inzwischen
ruhig etwas Helles trinken. Wrr tranken fünf.
»Höchste Zeit daß wir mal ne Weiße mit n
Schuß trinken jehn«, sprach Bullerjahn.
An und für sich hat er eine Nase für Weiße.
Selbstsicher nahm er die Fährte auf, abernachdem wir in einem halben Dutzend be-
„
stens renommierter Lokale außer bedauernden Antworten nur
Pilsner aus Pilsen, Riesling aus Rumänien, Wodka aus Adlers
hof Kognak aus Armenien, Helles aus Radeberg, Rotwein aus
Frankreich bekommen hatten - und keine Berliner Weiße -
da ließ Bullerjahn die Nase hängen wie ein pensionierter Hüh
nerhund.»H-höchste Zeit, daß wir mal ne Weiße mit n Sch-Schuß trin
ken jehn täten«, sprach Bullerjahn. Wrr machten uns auf zurStalinallee, denn dort konnte es ja gar nicht schiefgehn.
Im Cafe Warschau tranken wir schätzungsweise mehrere Helle
ohne einen einzigen Schuß. Wrr saßen im Freien, und die Sonne
meinte es gar nicht so gut mit uns. »Weiße« dozierte Buller
jahn, »is ein köstlichet Getränk, insofern man et hat, es macht
nich besoffen, und du kannst von ihr so ville trinken, wie de
willst.« Er bekam Augen wie aus Milchglas, und ich zahlte ganz
rasch.
4
Der Gast meint, die
Gänsebratensoße
schmeckt nach Hammel-
bratensoße. - }Komisch, dasselbe
sagte ein Gast auch
schon von der Kalbs-
bratensoße.<<
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44 l les zum Wohle des Volkes
Die Stalinallee kam uns merkwürdig krumm vor, als wir eine
Hütte erreichten, die aber nur so heißt. Es war die »Frankfurter Hütte«. Das Bier dort war stark und wohltemperiert. Bul
lerjahn sah dem Ober traurig ins Gesicht und bemühte sich mitschwerer Zunge, ihm etwas klarzumachen. Er röchelte: »
weiii-ßßee « Der Ober verstand und erklärte uns, wir möchtendie Straßenbahnlinie drei nehmen.
Als wir am Weißen See ankamen, hatten wir ein gutes Dutzend
Weißenseer Kneipen hinter uns gebracht. Dieser Stadtteil heißtaber nicht so, weil es dort etwa Weiße gibt, sondern im Gegen
teil. Bullerjahn stand am Ufer des Teiches - Verzeihung - desSees und trocknete immer mehr zusammen. »Alo-koholl«, er
klärte er, »entz-zizieht dem Körper die Feusch-feuchtichkeit «
und sprang mit einem gewaltigen Satz ins Wasser. Mir bliebnichts anderes übrig, als einen Raddampfer zu mieten und ihn
Bullerjahn intoni rt einen Wirtinnenvers
der sich auf Weiße und Schuß reimte.
zu retten. Ich schleppte ihn ins »HO-Milchhäuschen« und goß ihm, obwohl er flehent
lich um eine »Wwwweii-weii« bat, einen an
gewärmten Wodka in den Rachen, um einerErkältung vorzubeugen.
Als der Anzug wieder trocken war, machten wir einen letztenverzweifelten Versuch. Wir nahmen eine Taxe und langten zur
schwülsten Abendstunde im Spezialausschank der Willner-Wei
ßen-Brauerei, Pankow, Berliner Straße, an.
Bullerjahn intonierte einen Wrrtinnenvers, der sich auf Weißeund Schuß reimte.Dann hauchte er die Thekenfrau energisch an: »Aha Sie ham
also ooch keine Weeße, wa?«
Die Frau fand das Benehmen natürlich unerhört, langte abernichtsdestoweniger sofort zwei kleine Flaschen unter der
Theke heraus. Eine halbe Minute später standen vor uns zwei
riesige Gläser voll des schäumenden, säuerlichen Getränks,das Bullerjahn liebt wie sonst keins auf der Welt. Seine stump
fen Augen bekamen plötzlich wieder Glanz, mit letzter Krafthob er den Kelch an den Mund und trank, trank ...
Dann fiel er vom Stuhl.»Weiße würft dir nich um « sagte Bullerjahn, als ich ihn unter
dem Tisch vorzog. Dann lächelte er selig und schlief endlich•
em.
Höchste Zeit, daß wir wieder mal 'ne Weiße mit 'n Schuß trin
ken jehn.
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46 Lernen lernen nochmals lernen
Fritz ernhard
roi zworto1t
Wenn Onkel Adalbert, genannt Adi, zu Familie Mehlmann aufBesuch kam, war seine Aufnahme bei den Kindern nicht immerdie gleiche. Brachte er eine Tüte Bonbons mit, freuten sie sich.Brachte er nur ein neues Kreuzworträtsel mit - Onkel Adi nann-te sich selbst gern einen Kreuzworträtselpro:fi-, freuten sie sichebenfalls; aber nur mit dem Mund. In Gedanken sehnten siejedesmal das Ende der Raterei herbei, die Onkel Adi mit pein-
licher Gewissenhaftigkeit zuendezuführen pflegte.Heute hatte er wieder mal ein Kreuzworträtsel mitgebracht,
und Kurti, der Sechsjährige, durfte zu seinem Kummer erstmalig daran teilnehmen.
»Weißt du überhaupt schon, Kurti«, begann Onkel Adi, nach-dem er die Kinder um den Tisch versam
Nun was ist denn die Ehe fragte Onkel melt hatte, mit einem scharfen Blickdurch die schwarze Hornbrille, »wozu einKreuzworträtsel da ist?«
Adi. Die Ehe ist eine Sache der Entwicklung.
•
>>Klar Mann«, erwiderte Kurti harmlos, »damit man es ratenkann.«»Falsch«, sagte Onkel Adi, »total falsch. Ein Kreuzworträtsel
ist dazu da, daß Menschen mit einem unentwickelten Bewußt
sein - wie zum Beispiel ihr - ihre Allgemeinbildung in fort-schrittlichem Sinne fördern können. Und nun aufgepaßt, wirbeginnen Eins waagerecht: ein Inselbewohner.«
Da der Ire den Kindern schon geläufig war, konnte Onkel Adi
sogleich weitergehen. Die Hafenstadt in Südfrankreich, derHirsch des Nordens, die dem Winde abgewandte Schiffseiteund der Ern, jener unvermeidliche Hausflur, machten keinerleiSchwierigkeiten. Die Förderung der Allgemeinbildung in fortschrittlichem Sinne marschierte. Mehr und mehr hellten sichdie Gesichter Wolfgangs, Monikas und Kurtis auf. Ihre Entlassung zum Versteckspielen im blühenden Garten schien näherzurücken.
Da stutzte Onkel Adi. »Nanu? Was ist denn das? Ist der Kerl
verrückt geworden? Wahrhaftig, der scheint Tinte gesoffen zu
haben.«
»Was ist denn?« erkundigte sich Wolfgang ungeduldig.»Man sollte an die Redaktion schreiben«, wetterte Onkel Adi,
»nein, man sollte sich an die Regierung wenden Das ist dochgeradezu bodenlos ist das doch So was «
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Lernen, lernen nochmals lernen
»Stimmt denn was nicht?« drängte Monika. .
»Natürlich stimmt was nicht«, schimpfte Onkel Adi, »bei 14
senkrecht muß >Ehe< rauskommen, und wie definiert das die
ser Dummkopf von einem Rätselmacher? Ganz einfach als >Ver-
bindung<. So ein Trottel So ein Versöhnler So ein Reaktio
när «»Was hat er denn dabei falsch gemacht?« bemühte sich Wolf
gang die Philippika etwas abzukürzen.»Nun, was ist denn die Ehe, hä?« fragte Onkel Adi dagegen.
»Die Ehe ist, wenn ein Mann und 'ne Frau heiraten«, erklärte
Monika.
»Falsch.« Onkel Adi warf einen
strafenden Blick durch die Brille.
»Total falsch. Die Ehe ist eine
Sache der Entwicklung. NachFriedrich Engels gibt es nämlich
drei Hauptforn1en der Ehe, die -
ich zitiere - im ganzen und gro
ßen den drei Hauptstadien der
menschlichen Entwicklung entsprechen.«
f i1 l t : : : : : : · · ::: : : :: ::J-d
. ·r--- ............,;
»Wie hätte der Rätselmacher das
aber ausdrücken sollen?« warfWolfgang ein.
»Ganz einfach«, meinte Onkel Adi,
»er hätte etwa sagen können: 14
senkrecht, Gegenstand der Ent
wicklung, für den es nach Fried
rich Engels, Der Ursprung der Fa
milie, des Privateigentums und
1
f1•
l1
des Staates (Marx und Engels, Ausgewählte Schriften, Band
II, Seite 216) drei Hauptformen gibt.«
»Aha«, sagte Wolfgang artig.
»Und nun weiter«, fuhr Onkel Adi fort. »18 waagerecht: papie
renes Erzeugnis mit 8 Buchstaben und hinten ein I. «
Gespannt blickte er auf die Kinder. Ob sie die Lösung »Konfet
ti« wohl herausbekommen würden?
Da hob zum erstenmal Kurti die Hand und rief triumphierend:» ck weeß «
»Na und?« ermunterte Monika den Kleinen, »wie heißt das pa
pierene Erzeugnis?«»Onkel Adi. «
-\.._ ] -- ·
u-
interlistigeKon-
kurrenz
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48
RGANG l H l'T '/ 8
i J
Die ABC-Zeitung die
Monatszeitschrift jü.r
Jungpioniere
Lernen lernen nochmals lernen
Renate Holland-Moritz
Hsprae OI OS
otro O O tttors
Ick habe in mein Leben als Buchmacha vom Alexjewiß schon
manchet Schwere durchjemacht, wovon der jewöhnliche
Mensch nüscht ahnen tut. Wenn son Penner oder meinswejen
och een ehrlicher Famililenvata mit seine Wette wieder mal
•e un
rinjefallen is, denn schmeißt er mir
seine Salem an Kopp und macht een
Krakeel in mein Laden, als wiewenn ick die Schuld dran hätte, det
sein Steppenjaul een büßken zu
langsam jeloofen is.Keener von die Brüder denkt dran-
ne, det son Buchmacha ooch ne
Seele hat und detta nüscht weita
will, als wie jutet Jelt vadienen und
mit die Seinen een scheenet Famil-
jenjlück flejen. Und da bin ick schon
bei den wunden Punkt in mein
Leben anjelangt. Wat meine Olle.be-
trifft, die is j nu anno dreiundfuff-zich mit son vahungerten Jockei
durchjebrannt. Aba mein Junge ismir doch imma noch jeblieben, mein
Klausi, der Sonnenschein in mein
dusteren Alltach.
Also, den hätten Se kennen müssen,
wo er noch een Kind war Jewiß,
seine Demlichkeiten hatta ooch je-
macht, und die Vasichrung hat fürmanch eene Schaufensterscheibe berappen müssen. Solla ru-hich, hab ick damals imma zu meine Olle jesacht, wennse de-
sterwejen ze flennen anfing, wenna in jede andre Beziehung
nach sein Vata kommt, denn is mir um Klausin nich bange.Und so war et ooch. Papa, hatta imma gesacht, als er so elwe,
zwölwe war, wenn ick ma jroß bin, komm ick bei dir in Laden.
Denn wem wa die Leute ma zeijen, wat zwee richtije Männa
können. Und eines Tages steht üba een jroßet Haus am Ku-
damm »Buchmacherei von Otto und Klaus Lemke« . Jawoll, so
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Lernen lernen nochmals lernen
war mein Junge det hatta gesacht so wahr wie ick hier sitze.Und denn hatta sich am Abend den Besenjegriffen und hat den
Laden aufjefecht als wie wenn det janüscht wäre für een zu
künftjen Buchmacha vom Kudamm.
So war allet herrlich und in Freuden bissa eines Tages die
Roten uffen Leim jekrochen is. Wie det anjefangen hat weeßick noch wie heute. Een Sonnabend kommta aus Schule und isso stille. Ick sage Klausi sag ick dir is wat über die Leber jeloofen rück raus mit die Sprache vertrau dir dein alten Vata
an. Druff er: Weeßte Papa unsa Lehrer hat uns det heute mal
so richtich erklärt mit die Kaptali
sten und die Ausjebeuteten und ickwill keenen ausbeuten und uffenKudamm bei die feinen West-Pin
kels wer ick ooch nich jehn.Ick denke mir trifft der Schlach.Klausi sage ick willste dein Vata
beleidijen? Hab ick dir villeichs aus
jebeutet weil du imma mal denLaden ausjefecht hast?Dadruff konnte er nüscht sagen
aba ausjefecht hatta den Abend
ooch nich. Da issa det erste Mal in
son. Jugendklub jejangen. Wie ickihm frage wattajemacht hat sachta er hat Tischtennis jespielt. Ick
sage Klausi sag ick wenn et detis een Tischtennis wer ick dir koo
fen sollste haben mein Junge.
Aber nee er will bei die andern ljehn da spieln sie Volleyball und
lesen sich Jeschichten vor undsonntachs fahrnse mit Zelte int
Jrüne.Da wart ja nu aus mit meine langmütje Jeduld. Ick hau ihm kurzund zackich eene runter und sage: »Jetzt wer ick dir mal ne Je
schichte erzähln denn kannste dir anschließend int Jrüne va
drücken und von mir aus Volleyball spieln. Ick wer dir enterben mein lieber Sohn meine Hand wer ick von dir abziehndenn sollste zusehn wo de mit deine Klubbrieda bleibst.«
Natürlich hab ick imma wieder mit all meine Vataliebe vasuchtden Bengel uff qen rechten Weg zu führm. Jut hab ick jesachtwenn de nich uff Buchmacha lernen willst brauchste nich ob-
9
,'
'
'
Titelblatt der Zeitschriftugend und Technik«
mit dem EntwuifeinesRegierungspalastes für
den einstigen Schloß-platz in Berlin
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~ ' O
>>Dumm biste gelernt
haste nischt am besten
wir schicken dich aufs
Landl
Lernen lernen nochmals lernen..........,,, f ' , ~ ' I r r t ' f ' ~ · · ~ ~ < ~ - t: r ; - . • . ' • ' • • •m::... ..c \ = a c ; A o a a ~
wohl mir det Herze brechen tut. Jehste ebent bei Kolonialwa-
renhändler Schmidt aus de Dimitroffstraße in die Lehre und
schlägst im kaufmännischen Fach. Aba nee, da hatten ihm die
Funzenäre einjeredet, er könnt uff Obaschule jehn und spätastudiern. Ick sage, Klausi, sag ick, die Bildung vadirbt den
Menschen.Beim Turf
issetooch
ejal,ob
een Akademicker odereen Schornsteinfeja wettet. Jlück mußte haben. Und denn nocheen Laden, det is wat Reellet.
Aba er hat ja nich hören jewollt. Jetzt studiert er uff Landwirt
schaft, mit det Jrüne hattas ja schon immajehabt. Wenn ick ihm
auslache, von wejen Kuhbauer••
denn machtan Ubaheblichenund sacht, in die moderne
Landwirtschaft hatta mit mehrMaschinen ze tun als wie ick in
meine Buchmacherei.•
Wie er mit die Kunden in mein
Laden umjeht, is ja nich wieda
jutzumachen. Mein alta Jrundsatz is: Wat der Kunde sacht,
hat Jott jesacht. Det jebietetschon die Höflichkeit. Aba er
disketiert mit die Leute undsachtse, wenna ne andere Mei-
nung hat.Det schärfste Ding hatta sich ja nu mit Herrn Schnalle erlaubt.Dem sind doch vorichte Woche een paar dicke Wetten danebenjejangen, und sein Valust war nich von Pappe. Klausi, der
Strolch, jrient natürlich, und ick jeb mir Mühe den Herm ze
trösten. Aba der meent, so schlimm wäre det nu wieder nich,
denn wird er ebent die Mieten in sein Haus een bißken erhö-
hen und die Flaumen von Mieter wat von erhöhte Reparatur
kosten erzähln. Da wird doch Klausin gleich über ihm herfal
len, det wäre unjesetzlich und Betruch und wat weeß ick. HerrSchnalle zeicht ihm einfach een Piepvogel. Und wat macht der
dadruffhin? Er jeht bein Volksvatreta, weila anjeblich die Mie-
ter zu ihm Recht vahelfen muß.
So weit isset nu jekommen. Aber die Schuld trifft allene die daoben. Ick for meine Person hab jetan, wat in meine Macht
stand, detta een brauchbara Mensch wem tut.
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„Hab ich dir nicht tausendmal gesagt
wie man sich bei Tisch benehmen soll "
2 Derufsweftbewerbder deutschen Jugend
chenbude und wundem sich daß auf einemSchild steht »Senf umsonst« auf einem anderen»Senf kostenlos«. Der Unterschied will ihnennicht einleuchten. Sie wenden sich an einenStudenten und fragen ihn Seine Antwort:
»Wenn ich studiere ist das kostenlos wenn ihr ·studiert ist das umsonst.«
ionierlagerUnbefugtes Betreten
v e r R l l i ~ n t e t zu _ ;; ' .lreiwil\igem r b e i t s ~
einsatz für das LafJerLa erte1tu11
•
1
'Ji.lhlid1s in 1sl en
FDJ Schuljahr1953/54 llil ·
Kumpel studiere impolitischen Zirkel der FDJ
•
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»Mein Sohn«, sagt
stolz eine Mutter,»kommt nachMarx. Er hat einengewaltigen Bart,studiert und hatschon eine Entdekkung gemacht.« -»Mein Sohn«, sagt
eine andere,»kommt eher nach
Lenin. Er hat schoneine Glatze, undkaum ist er ausdem Knast raus,muß er auch schonwieder rein.«
Lernen lernen nochmals lernen
Jo Schulz
O '»Sie verzeihen, meine Dame,
daß ick Ihnen nähertrat -Fritze Priemel ist mein Name,
Fritz - vom Lehrlingskombinat.
Ick bin eene dufte Biene,
aber sicher, janz jewiß -daß ick ooch schon wat verdiene
ist vielleicht keen Hindernis.
Und ick sag das nicht von wegen ...wie Sie denken keinesfalls ...
doch ... na j Zusammenlegen
kostet schließlich nicht den Hals.
Paddelboot - mWasser zelten,
für uns zwei der rechte Wind -keine Bange vorm Erkälten ...
weil wir doch alleine sind.
Sie sind eine schnieke Puppe ...ehrenwörtlich ... alles dranMeine Kumpels? Auch ne Truppe,die sich sehen lassen kann.
Freilich gibt es solche Brummer,die noch Ausschuß produziem.Auch der Meister macht mir Kummer,
denn er sagt, ick soll studiem
Und er will mich vorbereiten,
und er wäre für mich froh -
heute wären andre Zeiten ...
Und nu frag ick Sie, wieso?«
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Lernen lernen nochmals lernen
John Stave
llator wir as i
se OH se al a I
»Tja, mein lieber Herr Treuber, natürlich kann ich Ihnen da hel
fen Man geht ja schließlich als Vater nicht blind durch das
Leben, man begutachtet, man beobachtet ja, man sammelt
seine Erfahrungen. Schaun Sie, lieber Treuber, bei meinem
Sohn ließen sich noch vor recht kurzer Zeit ähnliche Sympto
me wie bei Ihrem Knaben feststellen. Auch mein Herr Sohnfrönte des öfteren in der Woche dem westlichen Kinogang.
Durch meine kolossale Arbeitsüberlastung kam ich erst ziem
lich spät den Abwegen meines Kin-des auf die Spur. - Nehmen Sie
noch einen Kognak, Herr Treuber
Zigarre? - Ich stellte meinen Sohn
demokratisch zur Rede. Sprach
von Raubüberfällen als Folgeer-scheinung von Gangster-Filmbesu- ®
chen, sprach von Sittlichkeitsde
likten - mit dem nötigen Feinge
fühl selbstverständlich - kurzum,
ich opferte dem Buben eine ge
schlagene halbe Stunde für diese
für sein späteres Leben so eminent
wichtige Unterhaltung. Man kann
sich ja mit der Jugend nicht genugbeschäftigen
•
• •
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' \,i ,.. ..
Heute nun, lieber Treuber, kann ich Ihnen mitteilen, daß meine
Bemühungen auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Danke
schön Der Junge besucht regelmäßig den Jugendklub in der
Westemannstraße. Und jeden Abend erstattet er mir wahrheits
gemäß Bericht, ob es ihm gefallen hat. Sehen Sie hier, Herr
Treuber, habe ich mein Notizbuch. Schauen Sie hier. Montag:
Ein Buch spricht zu uns. Ein Leseabend. Hier rechts die Beur
teilung Haralds: Sauber - Naja, die Jugend von heute spricht
ihre eigene harte Sprache. Oder Dienstag: Vor dem Jugendge
richt wurde verhandelt, ein Ausspracheabend mit einem Staats
anwalt. Haralds Urteil: Mittelprächtig bis interessant - Mittwoch: Rund un;i den Schlager, Diskussion mit Beispielen:
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»Wahrhaftig - ganzder Papa
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54 rnen , lernen, nochmals lernen• •. . •• .• • 1 • 1 • aaum mt : 1 a 22 , ' ' ' . ... 2 2 3 t Flll l&TPf'l l•=•=4 = 2 f l l ~ 1 C „
>>Deine schlechte
Heftführung werde
ich im Klassenbuch
vermerken <<
Doll - Donnerstag: 2 x 5 Wochen in Moskau, ein Reisebericht:Dufte - Freitag: Der erste künstliche Planet, Lichtbildervortrag: Sehr gelungen ...«In einem anderen Notizbuch lesen wir über dieselben Tage :Montag, Rixi »Am Rande der Unterwelt«; Dienstag, WBT »Der
Weiße Teufel von Arkansas«; Mittwoch, Metropol »SchwarzeNylons, heiße Nächte«; Donnerstag, Bonbonniere »Eddie, Tod
und Teufel«; Freitag, Aladin »Duell im Morgengrauen«. Auf dem
Umschlag des Notizbuches steht der Name Haralds.»Na, mein lieber Treuber, stecken Sie sich man noch eine von
den guten Zigarren an Jetzt haben wirs zehn. Gleich muß der
.••
Junge kommen. Wissen Sie, Herr Treuber, man darfdiese Erziehungsmaßnahme - soll sie dauerhaft von
Erfolg gekrönt sein - natürlich nicht übertreiben
Deshalb habe ich Harald erlaubt, heute mal ins Kinozu gehen. Wohin er immer will. Er soll den Unter-
schied merken. - Ach, da ist er ja schon. Nun, mein
Kind, wie wars? Mäßig und langweilig? Soso Mer-
ken Sie was, Herr Treuber? Beharrlichkeit führt1\ zum Ziel «
In Haralds Notizbuch lesen wir über diesen Sonn-
abend: Versuchsweise Jugendklub »Ein Buch sprichtzu uns« ...
Der Qewi er
Der gute Onkel kam an einen Sandkasten. DreiSteppkes stritten sich. »Nun«, fragte der gute Onkel,
»warum zankt ihr euch denn so?«
»Ach, es ist bloß«, antwortete der Älteste, »weil wir gewettethaben, wer das schönste Märchen erzählt ... «»Ich«, riefen die beiden anderen wie aus einem Mund.
»Nein, ich«, gab der dritte zurück und begann, seine Gefährtenmit Sand zu bewerfen. Da griff der gute Onkel in seine Rock-
tasche, fingerte ein paar Fünfer hervor und sagte: »Da, Jungs,lauft in die HO und holt euch jeder eine Zuckerzigarre oder eineGummischlange oder sonstwas Süßes füm paar Pfennige ...«»Gewonnen, Onkel, du hast gewonnen « krähten alle drei inschönster Eintracht.
Alfred Brand
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Lernen lernen nochmals lernen 55= = = = ~ = = ~ ~ = = = = = = mB ldamann
OI IWO
... vom Seminar gelang es dem jungen Mann endlich den Platz
an ihrer Seite zu gewinnen.»Es war sehr kollegial von Ihnen daß Sie mir während meiner
Krankheit Ihre Schulungshefte gebracht haben. So konnte ichheute mühelos dem Seminar in Stilistik folgen « sagte das junge
Mädchen anerkennend zu ihm.
Der junge Mann errötete verlegen und zupfte einen Blüten-
zweig vom Strauch der doldenschwer über den Zaun hing andem die beiden entlanggingen.
»Das mit den Heften ist nicht
der Rede wert« sagte derjunge Mann zögernd »doch ich
habe Ihnen nicht nur Schu-
lungsmaterial gebracht son-
dern auch ein paar Blümchen.
Damit wollte ich Ihnen gewis-
sermaßen andeutend durchdie Blume sagen ... «
»Ha, ha«, unterbrach ihn das
junge Mädchen fröhlich »wel-che Tautologie ist Ihnen da
passiert: andeutend durch die
Blume sagen «
»Lachen Sie mich bitte nicht
•
aus«, entgegnete der junge Mann mit Würde, »ich glaube meine
Anteilnahme an Ihrem Befinden ging doch etwas über das all-
gemeine Interesse aller anderen Kursteilnehmer hinaus.«»Noch eine Tautologie << jubelte das Mädchen »das allgemeine
Interesse aller der klassische Fall einer Tautologie ist das «»Jedenfalls wollte ich mit den Blumen zum Ausdruck brin-gen ...« versuchte der junge Mann fortzufahren doch das Mäd-
chen unterbrach ihn wieder: »>Zum Ausdruck bringen< ist eine
analytische Wortverbindung die ihres Schablonencharakters
wegen zu den Stilverstößen zu zählen ist. Das Verb >ausdrük-
ken< drückt das gleiche besser und kürzer aus.«
Der junge Mann war ob dieser Korrekturen sichtlich zer-
knirscht. »Sie waschen mir aber stilistisch gründlich den Kopf«,
klagte er.
»Wissen Sie in seiner
stillen und gutmütigenrt kommt der junge
ganz nach mir <<
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6 Lernen lernen nochmals lernen
»Auch diese idiomatische Redewendung ist keine periphrastische Einmalbildung, sondern, stilkritisch betrachtet, eine mit-
samt ihrer drastischen Expressivität plattkonventionelle Aus-
drucksformel«, gab das junge Mädchen sachlich zu bedenken.
Der junge Mann blieb verzweifelt stehen ... »Sie verstehen es,
ein himmelhoch jauchzendes Herz zu Tode zu betrüben «Nun wurde das junge Mädchen aber ernstlich ungehalten: »Mit
diesen beiden letzten charakteristischen Erscheinungsformentraditioneller Periphrasentypen, auch Hyperbeln genannt, krönen Sie gewissermaßen die Hypertrophie Ihrer Tropen Dazu
noch das doppelte >ZU< Es scheint mir, Sie haben während der6 Wochen meiner Krankheit in Ermangelung des Studienmate
rials überhaupt nichts gelernt ?«»Doch, ich habe « erwiderte der junge Mann düster, aber ent
schlossen. »Allerdings zu spät. Denn erst jetzt erkenne ich,daß ich mich falschen Illusionen hingegeben
r gebrauchte keinen einzigen Neologis-
mus der sich semantisch von adäquaten
Konversationsfloskeln unterschied.
habe, und das Engelsbild, das ich im strahlenden Goldrahmen Ihrer blonden Locken in
der Brust trug, enthüllt sich mir nun als Frau
Herzeleid. Vergessen Sie mich, mein Fräu-
lein, und leben Sie wohl «
So sprach der junge Mann und enteilte.
Das Mädchen blickte ihm kopfschüttelnd nach. Dann ging esauf das nahe Haus zu, wo an der Gartentür die Mutter seiner
voll Ungeduld wartete.»War das nicht der nette junge Mann, der täglich Blumen brachte und sich so teilnehmend bei mir nach deinem Befinden er-
kundigte? Er ging so eilends fort, was sagte er denn?« fragtedie Mutter.»Ach, er brachte eine ganze Menge allegorische Metonymienund Metaphern, bildhafte Umschreibungen, Synonyma und Ver-
gleiche durcheinander, daß mir der Kopf davon noch dröhnt.Das pleonastische Epitheton >falsch< in Verbindung mit >Illu-
sion< ist mir besonders deutlich in Erinnerung geblieben«, antwortete das junge Mädchen.»Sonst hat er dir nichts gesagt?« forschte die Mutter beim Her-
eingehen. »Ich meine, etwas Besonderes?«»Eben nicht«, entgegnete das Mädchen. »Ich sagte dir doch, er
gebrauchte keinen einzigen Neologismus, der sich semantischvon adäquaten Konversationsfloskeln unterschied.«»Schade«, seufzte die Mutter, »ich hatte bestimmt geglaubt,
daß er dir etwas Persönliches sagen würde. So ein netter jun-ger Mann ... «
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•
58 Was des Volkes ände schaffen
Erich rehm
,
Breit und wuchtig lag die Maschinen-Traktoren-Station im Wm
tersonnenschein.Thomas, der Leiter der MTS, griff sich einen Schraubenschlüs
sel und ging pfeifend über den Hof. Die MTS war in Ordnung
und das Reparaturprogramm so gut wie beendet, was nur dank
der guten Planung und angestrengten Arbeit aller seiner Mit
arbeiter möglich gewesen war.
Vor der Reparaturwerkstatt blieb Thomas einen Augenblick
stehen und hob schnuppernd die Nase. Das riecht j fast wie
Frühling dachte er und fügte laut hinzu: »Soll er kommen, derFrühling «
Es kam aber nicht der Frühling, sondern eine Kommission
Den vorfahrenden zwei Autos entstiegen fünf Männer und eine
Frau, die Thomas freudig begrüßten.
Bevor die Einmann-Kommission abfuhr, entschul- »Wir haben gehört, daß Ihre MTS geradigte sie sich noch mal, daß sie so klein war. dezu vorbildlich arbeitet, und das inter-
essiert uns natürlich «
Thomas legte also den Schraubenschlüssel wieder weg und
zeigte stolz und geduldig die MTS.
»Wunderbar - »Ausgezeichnet « - »Großartig « - riefen die
Kommissionsmitglieder.»Können wir Ihnen irgendwie helfen?« fragten sie dann.
»Bei uns ist das nicht nötig«, antwortete Thomas, »aber wie
wäre es denn, wenn Sie die MTS Bruchwitz besuchten? Ich
weiß, daß bei denen manches nicht klappt, und es sind nur
zweiundzwanzig Kilometer bis dahin.«
»Keine Zeit mehr « riefen die Kommissionsmitglieder wie aus
einem Munde und schlüpften eilig in die Autos.
Thomas nahm verblüfft den Schraubenschlüssel wieder auf.
Gerade als er in die Werkstatt wollte, gab es neuen Besuch.Diesmal war es aber nur ein einzelner Autofahrer.
»Ich bin die Kommission von eurem Patenbetrieb « stellte er
sich vor. »Wir sind eigentlich vier Mann, aber die andern drei
sind verhindert. Da wir in unserem Verlag gehört haben, daß
ihr so vorbildlich arbeitet, wollenwir euch ganz groß in der Zei
tung herausbringen «Er blieb über Nacht und photographierte am nächsten Morgendas Tor, die Traktoren, die Katze, Thomas mit Schraubenschlüs-
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Was des Volkes ände schaffen
sel Thomas ohne Schraubenschlüssel kurz wenn er alles mit-
genommen hätte was er photographiert hatte wäre anstelle
der MTS eine Wüstenei zurückgeblieben.
Bevor die Einmann-Kommission abfuhr entschuldigte sie sichnoch einmal daß sie so klein war und fragte ob die MTS Hilfe
brauche. Thomas bot noch einmal die MTS Bruchwitz an al-lerdings wieder ohne Erfolg. »Ist ja nicht unser Pate << erklär
te der Kommissions-Robinson und brauste davon.
Bevor Thomas nach dem Schraubenschlüssel greifen konnte
erschien ein Autobus aus dem sich siebenundzwanzig Perso-
-.
nen über die MTS ergossen. Es war eine Kommission die dieVdgB auf die Reise geschickt hatte als die Kunde von der vor-
bildlichen MTS zu ihr gedrungen war.
Thomas wollte zunächst etwas unwillig werden beschloß dann
aber sich über seinen jungen Ruhm zu freuen.Nachmittags saß überall wohin man auch guckte ein Kommis-
sionsmitglied und schrieb eifrig an einem Bericht über die vor-
bildliche MTS.
Am vierten Tag, als. sich die achte Kommission verabschiedet
9
•
ufw it r ifolge
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60
Ein Hengst betrenthundert Stuten. . .
·
Eines Tages sielit--?= - -
er traurig aus. ;.· ·Fragt ihn eine _'; .Stute, was der . · .·
....
Grund sei. »Acli ·c1 ·; ··; · ·..
ich muß zur u · : ' ? ~ -fizierung. «
»Und was ist so .. ·.
schlimm daran? { .fragt die t u t e ~ ·»Weil in der Zwi- .·.
schenzeit irgend .so ein Esel mit .
.
Diplom kommtw<f .· · .
as des Volkes Hände sch ffen
hatte, war Thomas doch etwas müde, und da jede Kommis
sion beim Eintreffen erklärte, sie habe des schönen Wetterswegen gerade jetzt die Gelegenheit ergriffen, begann er, den
Himmel nach Wollren abzusuchen. Auf seinem Bürotisch lagenAnmeldungen vom Rundfunk, der einen Abend in dieser vor
bildlichen MTS veranstalten wollte, von zwei Staatssekretariaten, von Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen usw. Alle woll
ten die vorbildliche MTS besuchen, um daraµs neue Kraft für
ihre Arbeit zu schöpfen.Als die neunte Kommission auftauchte, erklärte Thomas kurzentschlossen: »Liebe Kollegen, ich freue mich, daß ihr gerade
zu uns gekommen seid, obwohl wir doch noch so viele Mängelund Schwächen haben « Die Besucher sahen sich erstaunt an.»Die MTS Bruchwitz«, fuhr Thomas fort, »hätte euem Besuch
viel eher verdient rr werden übrigens oft mit ihr verwechselt,
weil wir nur zweiundzwanzig Kilometer auseinanderliegen «Wieder gab es verdutzte Gesichter. Sollte hier ein Irrtum vorliegen?
»Also, dann will ich euch mal aufzählen, woran es bei uns nochhapert « fuhr Thomas ungerührt fort. »Zeit habt ihr euch doch
genug mitgebracht, nicht wahr?«
Der Leiter der Kommission räusperte sich. »Ich fürchte, Kolle
ge, wir sind ...«, sagte er, »wir wollten eigentlich nur fragen,
wie weit es noch bis Bruchwitz ist. Zweiundzwanzig Kilometer
also Ja, da müssen wir schnellstens weiter, vielleicht klapptes ein andermal besser «
»Wird schon einmal klappen « antwortete Thomas und sah ver
gnügt zu, wie die Kommission die Autos bestieg und nachBruchwitz weiterfuhr.
Bei den folgenden Kommissionen war es einfacher. Denen
brauchte er nur zu erzählen, daß die Vorgänger nach Bruchwitzweitergefahren waren - schwupp - sausten sie hinterher.Am nächsten Abend rief der Leiter der MTS Bruchwitz an und
zählte erfreut auf, was er alles an Hilfe bekommen würde.»Wenn das so weitergeht«, meinte er, »wird auch bei uns die
Frühjahrsbestellung planmäßig geschafft werden «
»Das müßt ihr auch schaffen « antwortete Thomas ernst, »du
weißt ja, was die BevöTh:erung von uns erwartet.«
Dann nahm er fröhlich seinen Schraubenschlüssel und ging indie Reparaturwerkstatt. Auf dem Hof sah er sich noch einmalden Himmel an. Hoffentlich hält sich das gute Wetter ein paar
Tage dachte er
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fmMonat der Deutscll-Sowjetischen Freundschoh 1954In der
• STALINALLEEECKE FRUCHTSTRASSE
Der Ersteln unserer Deutschen Demokratischen Republik
noch den Plänen unserer sowjetisch en Freundegebaute
„ escherVOii yp STägtich zu besichtigen b 1 Novembervon 10 bis 20 Uhr
Ein alter Thüringer Bauer will sich zur Ruhe setzen und gibt seinen Hof
an die neugegründete LPG. Zum Inventar gehören ein Huhn, ein Hundund ein Ochse. Eine Weile geht alles gut, aber eines Tages kommt das
Huhn zu seinem alten Besitzer zurück. »Warum kommst du zurück?«
fragt der Bauer. »Ach«, sagt das Huhn , »bei dir wars zum Aushalten. Ich
legte jeden Tag ein Ei. In der LPG soll ich zwei pro Tag legen .« Nach
einer Weile kommt auch der Hund zurück. »Ach « klagt er sein Leid, »das
ist doch kein Leben in der LPG. Ich soll alles bewachen. Bei dir wurde
nur in der Nacht geklaut, dort klauen sie Tag und Nacht.« Nun vergehtein ganzes Jahr aber der Ochse lässt sich nicht blicken. Aber eines Ta-·
ges, als der Bauer vor der Tür steht, rast er vorbei. »He , warte «ruft der
Bauer. »Erzähl mir doch , wie es dir geht «- Keine Zeit«, ruft der Ochse,ieh bin LPG -Vorsitzender geworden.«
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6 Was des Volkes Hände schaffen- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ~ l l l l l l l l m l : : : : i i m : : : : - : : . : S ~ l ; e : l l l l l r ~ & R R F J U l l • * ' 9 1 W ß
Hansjoachim Riegenring
»Holz ist knapp«, sagte mein Freund Eduard und setzte die
Säge an.»Was wird denn das?« fragte ich neugierig.»Ein Kaninchenstall. Einer ist mir mißlungen, weil ich falsch
gemessen habe, beim zweiten habe ich die Türen vergessen,und bei dem hier fehlen noch ein paar Bretter.«
Das Dach des halbfertigen Stalles stand nach beiden Seiten un-
gefähr einen halben Meter über. Eduard prüfte die Zähne derSäge, biß seine Zähne zusammen und machte die Sache glatt.
Ich holte ganz tief Luft, mit Sägespänen vermischt. »Mensch«,
nieste ich, »wenn du immer so arbeitest, muß j Holz knapp
Wir erfüllen unseren Plan bis zum letzten Ast-
loch Die Holzindustrie ist immer auf dem Kien.
werden. Gut vorbereiten, das Materialstets restlos ausnützen - das sind die
Grundlagen der modernen Holzverar-beitung Denn du kannst doch nicht an
einem Kaninchenstall Holz für drei verschwenden «
Damit er mal sehen konnte, wie man mit Holz umgeht, besuchten wir den VEB »Holzwurm«.
»Tut mir leid«, sagte der Meister, »Bretter kann ich Ihnen lei-
der nicht geben.« Eduard sah traurig auf die vielen Bretter im
Hof. Holz aus aller Hölzer Ländern, ringsumher hochgestapelt.»Dieses Holz«, erklärte der Meister, »ist unsere eiserne Reser
ve. Und natürlich restlos eingeplant.«»Sie arbeiten doch sicher nach den strengsten ökonomischen
Grundsätzen?« fragte ich.Wie da der Meister überlegen lächelte »Das ist doch selbstver
ständlich. Wir erfüllen unseren Plan bis zum letzten Astloch «
»Nach dem Leitsatz: Die Holzindustrie ist immer auf dem Kien «
schmunzelte Eduard und hob zwei glattpolierte kaukasische
Nußbaumbretter auf, die von einem hochhaushohen Haufenheruntergerutscht waren.»Abfall«, warf der Meister die wunderschönen Bretter verächtlich in die Hofecke.
»Wir haben j so enorm viel Verschnitt.«»Rum?« horchte Eduard auf. Der Meister zeigte auf zwei Arbei-
ter, die gerade Bretter mit der Kreissäge der Quere nach zer-schnitten. »Wir bekommen Bretter von fünf Meter Länge gelie-
fert, brauchen aber für unsere Produktion welche von zwei
sechzig. Bleibt jedesmal ein Rest von zwei vierzig.«
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Was des Volkes Hände schaffen 63PIFFIF J &« * 4'1 9 B lll Jll 1 I UN Wi IC 5 a• •« MllC ...... . .• „.z 5 WWCS ll] 5&1 I 1 l tff • .• ll II
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Eduard faßte sich an die Stirn, wo sie am heißesten war.»Aber die schönen Bretter, die kann man doch nicht astlos bei
seite werfen. Das sind doch die Bretter, die das Geld bedeuten «
Er rechnete aus, was man aus dem »Abfall« für herrliche Dinge
bauen könnte: 200 große oder 387 kleine Tische oder 187
Schuhschränke oder 456 Rodelschlitten oder 345678 Frühstücksbrettchen oder 2495724 Streichhölzer, oder ...
»Und wann sollen wir unseren Plan erfüllen?« zersägte der Mei
ster seine Berechnungen.»Das ist j schrecklich«, seufzte Eduard. »Der eine braucht einBrett und der andere hat s vorm Kopf.« Er ließ noch eine langeRede über fehlendeBretter vom Stapel.»Wir waren auf dem
falschen Holzplatz«,versuchte ich, ihn zu
beruhigen. » rr müs-•
sen uns nur einengutorganisierten In
dustrie betrieb ansehen.« Wir gingen ineine Möbelfabrik. Ti
sche standen da und
Schränke und Bet-
•
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ten, und das möbel- ·· ·te uns richtig wieder · ·
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1
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auf. Die Tischer, Schränker und Bettenmacher (hoffentlieh sinddas die richtigen Berufsbezeichnungen) sahen uns neugierigentgegen.»Gut Holz«, grüßte ich, »wir möchten uns gern einmal fort
schrittliche Produktionsmethoden ansehen.« Eduard lehntesich gegen einen Küchenschrank, der daraufhin erschrocken
zusammenbrach.»Macht gar nichts«, lachte der Transportabteilungsleiter. »Er
wäre unterwegs sowieso entzweigegangen.« Er zeigte auf einen
großen Haufen Brennholz im Hof.
»Alles Ausschuß. Manches geht hier kaputt, und manches geht
beim Verladen kaputt, und vieles geht auf der Bahn kaputt.«Er wollte sich kaputtlachen.Wir guckten uns die Abteilungen an, in denen Radiogehäusegebaut wurden und Standuhren und Fernsehtruhen. Tempo hat
ten sie ja.W e n ~
ein Stück nicht paßte, verloren sie keine Zeitdamit, es an einer anderen Stelle zu verwenden oder es neu ab-
/
,
I
>>Alles eingespart mein
Lieber das werden die
Griffe fü.r meinen Kar-
nickelstall.
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64 Was des Volkes Hände sch ffen
zumessen. Sie warfen es beiseite und ruck-zuck hatten sie einneues Brett angesägt. Über den Hof führte ein schöner Knüp-peldamm aus Weißbuchenbalken damit man nicht in die Pfützen trat in denen das Sperrholz lag.»Der Abfall ist j so schrecklich groß in der Holzverarbeitung«
sagte der Werkmeister. »Man müßte eben mehr Ersatzstoffeverwenden.«»Meine Meinung« stimmte ich zu. »Vor allem müßte man dievielen Holzköpfe durch richtige ersetzen.«»Die schönen Bäume<< seufzte Eduard. »Erst schlägt man sie.Dann macht man sie zu Treibholz Schnittholz Rundholz undwenn es an Hirnholz fehlt auch noch zu Kleinholz.«Dann war er still und dachte an seinen Kaninchenstall. Ichmerkte es daran wie er schnuppernd die Nase bewegte.
Auf der Straße stießenwir
gegen ein Baugerüst. Es erzitterte
Der Polier sah versöhnt den drei laufen-
den Metern Dachlatten nach die ein
Maurer für seinen Hühnerstall wegtrug.
bis ins dritte und vierte Glied denn es warmorsch und seit drei Jahren war kein Bau-leiter über die Bauleiter geklettert.»Diese Rüstung« machte ich höflich den ne-benan arbeitenlassenden Polier aufmerksam
»ist eigentlich schon eine historische Rüstung. Hätte man sienicht schon woanders verwenden können? Ein ganzer Waldsteckt in ihr und stellenweise fault sie schon.«»Verfault und zugenäht« erwiderte der Polier freundlich. »Istdas mein Wald? Oder Ihrer?«»Nein« sagte Eduard bescheiden »er ist nur volkseigen.«»Na also« brummte der Polier versöhnt und sah drei laufendenMetern Dachlatten nach die ein Maurer für seinen Hühner-stall wegtrug. »Das machen sie alle« winkte er ab.»Da kommt doch mit der Zeit eine ganz schöne Latte zusam-men« wollte ich sagen doch er überwachte das Abladen vonMauersteinen von denen die meisten auf einen Stapel neuerFensterrahmen fielen.Wir stolperten über Gerüststangen Balken Bohlen DielenFurnierhölzer die in großzügiger Streuung zwischen Kalkhau-fen und Disteln ihrem Ende entgegenfaulten. Eduard sagtenichts mehr.Gestern traf ich Eduard im Wald. Er suchte neun große starke Bäume aus. »Ich will mir ein Tischkegelspiel bauen lassen«grinste er »und das hier« - er zeigte auf eine riesige Eiche miteiner gewaltigen Krone - »wird der König.«
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asdes olkes Hände schaffen
Ulrich Speitel
''Josef Schiliol ist von Beruf Erfasser, also besitzt er die Meinung
»Alle Bauern sind schlecht « und außerdem ein nicht mehr ganzneues Fahrrad.Damit fährt er allmorgendlich seiner Arbeit nach, um landwirt
schaftliche Produkte zu erfassen: Getreide, Fleisch, Erbsen
und dergleichen und ferner, um darüber zu wachen, daß die
Bauern ihr Soll erfüllen, und zwar schon vorgestern.
Josef nähert sich also im 18er Schnitt dem Hof des NeubauernBaberschke, stapft in die Küche und brummt: »Hör mal, Franz,terrningemäß fehlt dei
nem Quartalssoli nochfast ein halbes Kilo
Schweinefleisch Was
denkst du dir so?«
»Prost, Josef « sagt
Franz, nachdem er denletzten Bissen seiner
Frühstücksstullen verdrückt und zwei große
Kognaks eingeschenkt
hat. Dieser Umstand
bewirkt, daß sich Josef
•„
•
r
in zwei Hälften sozusagen spaltet, das heißt: Dem ErfasserJosef läuft das Wasser im Munde zusammen. Sein Bewußtseinjedoch fährt energisch dazwischen: »Nichts da von BestechungSchweinefleisch will ich und keinen Kater «
»Na schön«, macht Franz und trinkt die Kognaks alleine. »Dann
wirst du eben beides nicht kriegen Mein Soll an Rindfleisch
habe ich schon bis zum Jahresende erfüllt. Das gleicht sichdann aus.«
Nun dreht sich in Josefs Innerem etwas herum: Sein Bewußt
sein sieht das ein, aber der Erfasser Josef denkt: Nichts da von
Ausgleich und dergleichen, sonst ist meine Prämie futsch und
spricht: »Termin ist Termin Von dir lassen wir uns die Versor
gung nicht gefährden, Freundchen Ein halbes Kilo - in Bulet
ten umgerechnet sind das ... na, jedenfalls 'ne ganze Menge «
Dann trumpft Josef mit der demokratischen Gesetzlichkeit auf,
und siehe da, nach einer Stunde hat Josef ein Schweinchen er-•
65
·>>Das ist unsere ilch-
straße <<
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as des olkes Hände schaffen
faßt, reichlich einen Zentner schwer, also in der Blüte seinerWochen und gar nicht fett.Der Bauer ist böse, denn dieses Schwein, noch eine Weile ge
füttert, hätte sein Jahressoll erfüllt. So braucht er noch eins.Der Erfasser Josef grinst und hat sein Bewußtsein inzwischen
beruhigt: Es fehlt ein Pfund am Quartals soll, basta Nichts davon falschem Mitgefühl Die Bauern sind sowieso alle schlechtNachdem Josef in zwei ähnlichen Fällen ebenso demokratischeGesetzlichkeit demonstriert hatte, war sein Bewußtsein bei
nahe mausetot, der Erfasser Josef aber in seinem Element: Dawaren doch noch welche, die hatten Anfang September ihr Ge
treidesoll noch nicht erfüllt Josef hatte ausdrücklich angekündigt: Am 31. August hat jeder sein Getreide abgeliefert, sonstfahre ich mit euch SchlittenAber diese Herren ... Na, Moment mal Kannst du, Brüderchen,dein Soll erfüllen? Du kannst? Aha Du kannst, aber du tust'snicht Du bist also sozusagen beinahe ein Saboteur Siehst duwohl, jetzt wackeln dir die Hosen Was sagst du da, laut Ab
lieferungsbescheid hast du noch eine Weile Zeit, und du hastnoch in deinem Mist zu wühlen? Da siehst du, was du für einDreckspatz bist, wühlst im Mist, aber Getreide abliefern - keineZeit. Ich sage dir, du wirst Zeit haben, deine Schande öffentlich zu lesen Ans Schwarze Brett kommst du Schlechte Ab
lieferer: Emil Stollnow und KonsortenDerart hatte Josef bis gegen Abend einige Tonnen Getreide er
faßt, als sich plötzlich das beinahe mausetote Bewußtsein nocheinmal seufzend meldete: »Wrr haben uns nicht um August Bol
leg gekümmert. Der Kerl hat dies Jahr noch keine Ähre odergar einen Schweineschwanz geliefert. Ich glaube, wir müssenuns mehr um die Auguste kümmern.«»Ach«, winkte der Erfasser Josef ab, »laß mir den August inRuh Das ist ein armer Hund. Der erfüllt nicht mal sein Soll.Und er verkauft mir billige Eier. Eine kleine Freude muß jeder
Mensch schon haben. Soll ich mich auch noch mit meiner Fraurumärgem, bloß weil ich keine Eier mehr kriege, wenn ichmich mit August befasse? Ich kämpfe lieber mit Tod und Teu-
fel als mit Johanna «Damit war Josefs Bewußtsein, das Bewußtsein eines Staatsfunktionärs, endgültig futsch. Der Erfasser Josef blieb übrigund erhielt eine Prämie. Nur: Wie merken die Bauern, mit wemsie es manchmal zu tun haben? Man wird sie alle auf einen psy
chologischen Lehrgang schicken müssen. Aber das wird aller
hand kosten, was?
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asdes Volkes Hände schaffen
Erich rehm
Arnold hat fleißig gespart. Nun, da der Sommer gekommen ist,
will er sich einmal etwas Gutes leisten, etwas für seinen Bauch.Arnold will sich eine Hose leisten, eine genau passende som
merlich-leichte Bauchhose aus bestem Stoff - so eine, wie siejedem dicken Mann von Zeit zu Zeit im Traum erscheint.Arnold geht also ins HO-Bekleidungshaus am Alexanderplatzin Berlin. »Wo befindet sich die Maßabteilung?« erkundigt ersich.Ein Fahrstuhl liftet ihn sofort in die Höhe
des dritten Stockwerkes. »Ja, wir sind auf
der Höhe « sagt der Fahrstuhlführer stolz.Auf einem langen Verkaufstisch liegen die
Stoffballen. Arnold probiert vorsichtig
zwischen Daumen und Zeigefinger undschnalzt dann verzückt mit der Zunge.»Das ist ein Stöffchen, was?« sagt er zu
einem Nachbarn, einem jungen Mann, derihm zuschaut. »Leicht wie Tüll und weichwie Butter «
7
•
Nachdem Arnold einen Stoff ausgewählt ·_hat, wendet er sich an die freundliche Ver- ___ _
käuferin. »Ich möchte bitte eine Sommerhose nach Maß«, sagt
er und erzählt, wie lange er gespart hat und wie sehr er sichauf die Hose freut.»Bitte sehr«, sagt die Dame hinter dem Tisch, »Sie sind jawohl
darüber orientiert, daß wir hier im Jahresmaßstab arbeiten?«»Jahresmaßstab?«»Jawohl«, sagt die Gute, »im Frühling müssen Sie den Ent
schluß fassen, im Sommer kaufen, im Herbst ist Anprobe, undim Winter haben Sie dann Ihre Hose «
»Oh«, sagt Arnold, »ich wollte ja eigentlich eine Sommerhose «
»Bitte sehr«, anwortet die Verkäuferin, »das hier sind ja Som
merstoffe Wir sind auf der Höhe, mein Herr «
»Aber ich wollte die Hose nicht nur im Sommer kaufen, son
dern auch im Sommer tragen « wendet Arnold ein.
»Das können Sie ja auch«, lächelt die Verkäuferin. »Im nächsten Sommer natürlich erst «
Arnold kämpft eµien schweren Kampf. »Wissen Sie«, sagt er
schließlich, »ich werde Ihre Schneiderei ein bißchen entlasten.
»Mögen Sie die Suppe
nicht mein Herr?<<
>>Doch aber ich möchte
sie in der Sonne etwas••
warmen.<<
7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1953 - 1954
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68
Bilanz des Jahres1953·:Alles ist schlechtergeworden, nur einsist besser geworden: Die Moral istschlechter geworden.
Was des Volkes ände schaffen
Ich nehme nur den Stoff. Meine Frau schneidert ein bißchen,und so eine Hose ist j schließlich kein Eisenhüttenkombinat.Auf die Weise habe ich dann in etwa einer Woche meine Hose «
Denkste denkt die Verkäuferin und sagt: »Wir dürfen den Stoffnur verkaufen, wenn Sie die Hose bei uns anfertigen lassen «
»Ist das Ihr letztes Wort?« fragt Arnold.»Es ist eine Anordnung von oben « sagt die Verkäuferin.»Da will wohl jemand unbedingt verhindern, daß ich meineHose noch diesen Sommer tragen kann « entrüstet sich Arnold.
»Es ist eine Anordnung von oben « sagt die Verkäuferin.Arnold sieht keine andere Möglichkeit, in den Besitz der er
träumten Hose zu kommen, als auf das seltsame Geschäftsge-baren einzugehen. Er kauft, zahlt und läßt sich Maß nehmen.»Und nun«, sagt der Herr Maßschneider, als er Arnold ausge-messen hat, »bitte zur Ärztlichen Abteilung. Wir sind nämlichauf der Höhe, mein Herr «
Arnold, der sich vor soviel Höhe ganz klein vorkommt, wird ineinen weißgekachelten Raum geleitet, wo ihn ein Arzt emp
fängt. Arnold wird gründlich untersucht, gewogen usw.
»Verdauung in Ordnung?« fragt der Doktor. »Treiben Sie Sport?Welchen? Baden Sie öfters? Warum? Waren Ihre Eltern dickoder dünn? Wieviel Eier essen Sie pro Tag? Trinken Sie Bier?Welches? Wann werden Sie abends müde?«
Arnold erlaubt sich die Frage, wozu die Feststellungen dienen.
»Wir arbeiten auf streng wissenschaftlicher Grundlage « er-klärt der Arzt. »Anhand von Tabellen wird aufgrund Ihrer An
gaben und jetzigen Masse errechnet, welchen Umfang Sie im
nächsten Jahr haben. Die HO will doch, daß Sie eine passendeSommerhose bekommen «
»Donnerwetter « staunt Arnold. »Das nenn ich Kundendienst «»Ja, wir sind auf der Höhe«, sagt der HO-Doktor, »Sie dürfen sichwieder ankleiden.«Als Arnold den Raum verläßt, wartet der junge Mann darauf,
hineingerufen zu werden. Er erzählt Arnold, daß er sich einengroßartigen Anzug »bauen« lassen will und daß er in sechs Wo
chen heiratet. Arnold legt sofort mit seinen Kenntnissen los.»Junger Mann«, sagt er, »den Anzug kriegen Sie erst, wenn Ihrerstes Baby angekommen ist Schon eine Hose dauert fast einJahr Und nun erst ein Anzug Gehen Sie nach Hause, jungerMann Ich kenne die Praxis der HO «
»Ich auch«, sagt der junge Mann und fügt dann erklärend hinzu:»Man muß natürlich auf der Höhe sein. Den Anzug will ich j
für meine Silberne Hochzeit haben «
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7 eißer Sommer
rich anko
Festlich gestimmt betraten wir nach Verbüßung unserer dies-
jährigen Urlaubsreise wieder unsere Wohnung. Fröhlich zogenwir die Sommerferienwasserstiefel aus, entfachten ein lustiges
Herdfeuer und hingen unsere feuchten Pelzsachen zum Trock-
nen auf. Dann stürzte meine Frau zum Büfett, um festzustel-
len, ob noch Rum in der Flasche war, während ich in die Küche
eilte, um nach Wasser für Grog zu sehen.
Wrr hatten bei der Abreise vergessen, die Wasserleitung abzu-
stellen und ablaufen zu lassen. Die dauernde Angst, daß sie
vielleicht einfrieren könnte, hatte uns viel von unserer Urlaubs-
freude genommen. Aber nein, sie lief Sie war nicht eingefro-
ren Im Gegenteil, sie schien gebrochen zu sein. Starker Wel-
lenschlag im Keller brachte uns auf diese Vermutung.Sie erwies sich als unbegründet. Zugegeben; der Keller war
Bei der Heimkehr vom Skatabend war
ihm ein Briefkasten in den Weg gelaufen
voll Wasser, auf dem einige Pantoffeln, ein
Besen und sieben tote Mäuse schwammen.
Aber es war kein Leitungswasser, sondern
einfaches Regenwasser, wie wir durch Ge-
schmacksproben feststellten. Wrr schlossen aus dieser Tatsa-
che, daß auch hier während der letzten zwei Wochen keine
Dürre geherrscht hatte, und dieser Gedanke ließ uns die Ur-laubsreise in einem milderen Licht erscheinen. Vielleicht wären
wir hier dem Tode des Ertrinkens noch näher gewesen als im
Harz. Beim Ausschöpfen des Kellers wurden wir so warm, wie
wir es seit Wochen nicht gewesen waren. Urlaubsreisen haben
doch ihre guten Seiten.
Inzwischen war auch das Grogwasser heiß geworden. Wrr setz-
ten uns in unsere Sessel und stellten mit frohem Erstaunen
fest, wie angenehm sie waren. Der Stuhl, auf dem ich die bei-
den Wochen im Harz verbracht hatte, war so scharfkantig ge-wesen, daß sich in meinen unteren Oberschenkeln zwei Rillen
gebildet hatten, die sich wahrscheinlich erst im Laufe einiger
Wochen zurückbilden werden. Meine Frau litt nicht unter die-
ser Erscheinung. Sie kann langes Sitzen nicht vertragen undhatte meist am Fenster gestanden, um den Regen zu beobach-
ten. Dadurch hatte sie Senkfüße bekommen, die wir aber durcheifrige Zimmerfußgymnastik bis Silvester wieder loszuwerden
hoffen. Falls sich das Wetter bis dahin ändern sollte, wollenwir
es auch im Freien versuchen. Etwas mehr Bewegung müssen
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eißerSommer
wir uns in den nächsten Wochen sowieso machen. Das Abrei
ßen von Kalenderblättern, auf daswir uns im Urlaub beschränkt
hatten, ist auf die Dauer zu einseitig und führt zur Verkümme
rung wichtiger Muskeln, wie uns unser Arzt versicherte.
Dieser Gedanke scheuchte uns wieder aus unseren Sesseln
hoch. Meine Frau stieg auf den Trockenboden, um warmes Unterzeug aus der Truhe zu holen und nach dem Christbaum
schmuck zu sehen. Da fiel mir etwas ein. »Luise«, rief ich er
schrocken. »Wir haben nichts zum Abendessen «
»Macht nichts«, rief sie fröhlich runter.
»Hier oben wachsen ganz wunderbare
Pilze.«
In diesem Augenblick klingelte es.
Frau Krüger, unsere Nachbarin, hatte
aus den Geräuschen in unserer Wohnung geschlossen, daß wir wieder zu
rück waren, was auch stimmte. Sie
brachte unseren Papagei, den wir bei
ihr in Pflege gegeben hatten. Ich er
kannte ihn zuerst nicht. Frau Krüger,
die Gute, hatte ihm meine Leibbinde
umgebunden, die ich sonst beim Ski
fahren trage, und einen Eierwärmer
auf den Kopf gesetzt. Sonst sah unserLiebling ziemlich kahl aus, da er sich
anscheinend ebenfalls in der Jahres
zeit geirrt hatte und mitten in der Mau
ser war. Aber wie r sich freute
»Habt ihr auch so gefroren?« waren
seine ersten Worte.
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»Lorchen«, rief meine Frau mit Tränen in den Augen. »Liebes >>Willi ist mit dem elt
kleines Lorchen « unterwegs <
»Willst du nun endlich still sein, verdammtes Vieh « sagte Lor-
chen wunderbar klar und deutlich. Das hatte er bei unserer Ab-
reise noch nicht gekonnt. rr merkten überhaupt erst nach
und nach, was er in den vierzehn Tagen sonst noch alles ge-
lernt hatte. Ich schätze, daß Lorchen höchstens drei Wochen
benötigen wird, um unsere Wohnung besucherfrei zu machen.
Nun erkundigten wir uns noch bei den übrigen Nachbarn, wie
sie die Zeit unserer Abwesenheit verbracht hatten, ob inzwi-
schen Kinder geboren worden waren und ähnliches mehr. Es
war nicht der Fall„ da jeder mit dem Wetter genug zu tun ge-
habt hatte.
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Heißer Sommerl C · · · · · ]f rP · -. „-·- - · •-
Schließlich zogenwir uns in unser Heim zurück, genossen den
häuslichen Frieden und studierten die eingegangene Post.
Onkel Gustav litt wieder stark an Nasenbluten und lag im Bett,wie uns Tante Uschi mitteilte. Am letzten Dienstag war ihm bei
der Heimkehr vom Skatabend ein Briefkasten in den Weg ge-
laufen und hatte seine neue Brille zerschlagen, die er erst zweiTage vorher von der Sozialversicherung bekommen hatte und
die regulär 18 70 DM kostet, weil sich Tante Elisabeth bei der
Geburtstagsfeier von Onkel Wtlli in der vergangenen Woche
auf die alte gesetzt hatte, von der nachher nichts mehr zu retten gewesen war weil Tante Elisabeth wieder zugenommen
hat und jetzt 205 Pfund wiegt. Was würde die SVK dazu sagen?
Zu der Brille, meinte Tante Uschi. Ihr selbst machten ihre
Krampfadern wieder viel zu schaffen. Bei dem Gewitter am
letzten Sonntag wäre ein Blitz beinahe in das Hühnerhaus ge-gangen. Seitdem legen die Hennen nicht mehr. Und der Kater
ist auch gestorben, und Meiers Mäxchen hat jetzt angefangen,
zur Schule zu gehen.
»Wollen wir nicht ein Fenster aufmachen?« sagte meine Frau»Es riecht hier so komisch.« Ich hatte es auch schon bemerkt.Dann lasen wir weiter. Ein Lotterieeinnehmer wunderte sich,
daß wir bisher immer noch nichts gewonnen hatten. Er mach-
te uns keine direkten Vorwürfe aber er meinte, es wäre nun
höchste Zeit die Sache systematisch zu betreiben und nicht
immer bloß ein Achtellos zu spielen, sondern vielleicht mal
drei Fünftel. Neulich hatte ein älterer H.err, der seit neun Jah-ren regelmäßig bei ihm spielte, plötzlich damit aufgehört. Bei
der nächsten Ziehung gewann das Los. Er wolle den Fall nicht
verallgemeinern, aber immerhin er sollte uns zu denken geben.
Es roch immer noch komisch. Wir beschlossen, der Sache auf
den Grund zu gehen, und schnüffelten uns bis zur Tür der Vor-
ratskammer. Wir machten sie auf aber auch gleich wieder zu.
Mit zwei Wäscheklammern gelang es uns, unsere Nasen eini-
germaßen abzudichten. Dann trugen wir die drei Weckgläser
hinaus, in denen meine Frau kurz vor unserer Reise die Gebei-
ne einer Ente beigesetzt hatte, aber anscheinend nicht richtig,
denn jetzt waren die Gläser offen. Wrr rissen alle Fenster auf
und machten neuen Grog. Unsere Fröhlichkeit wuchs.
Als ich mich dann später rasierte - der Anblick der Entenbeine
hatte mich daran erinnert-, schlug mir meine Frau mit der fla-
chen Hand ins Kreuz und sagte übermütig: »Mensch Erich jetztmachen wir es uns aber bis zum nächsten Urlaub gemütlich.«
Dann holte sie Watte zum Blutstillen.
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LERNT L ND UND lEUTEDER UNS BifREUNDETEI VÖLK R
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Stasi-Beamter auf der Straße: »Wie
beurteilen Sie die politische Lage?«
Passant: »Ich denke ... «
Stasi-Beamter: »Das genügt Sie sind
verhaftet «
.Mensd), jetzt weeß ick.
worum ick den Knoten indet Seil gemacht hobe. lckwollte een neuet Seilkoofen.
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Darum wählen wir am 11. Oktober1954
die Kandidaten der Nationalen front- -I · 1 ( c :LZ iCC • t :() t ] IM t Wf i$ - .. :
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.Fünfter Schub Esser 'n bißchen Beeilung,der vierte Schub ist schon lange fertig "
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74 eißer SommerSi4113111i U L•• WWW: S ISS: i • i 1 33 22 i
Fritz Bernhard
Natürlich nennt sie sich nicht selber so. Im Programm ist sie
meist harmlos als »Peter-Aumoll-Melodiker« oder als »RichardZickendraht mit seinen Solisten« angekündigt. Nachdem man
dann gebührend die seidenen Paradehandtücher bewunderthat, die von den Notenpulten herabhängen, und auf nichtsBöses weiter gefaßt ist, geht es los. Kinder, Kinder, Kinder
Ich erlebte die Eigenbau- oder Selbstversorgerkapelle in einerkleinen, mitteldeutschen Stadt, wo sie - auf einer Tournee be
griffen und 17 Mann stark - ein Konzert mit »neuer deutscher
Tanz- und Unterhaltungsmusik« gab. Es muß aber nicht diese
mitteldeutsche Stadt sein. Im Rundfunk können Sie, lieberLeser, die Selbstversorger ebenso gut, das heißt ebensoschlecht erleben.
Die Anfangsnummer, ein spanischer Paso Dohle, war wie üb
lich - ein flotter Eigenbau des Kapellmeisters. »Und nun folgt«,
Der neueste Foxtrott: Wunderbar, -bar, -bar
Ist ein Schlager von Lehar, -har, -har
meinte der Ansager, »ein besonderer Kunstgenuß Sie hören einen langsamen Walzer,
betitelt >An der schönen grünen Oder<. Kom
ponist ist unser Gitarrist, Herr Emil Zim
perling, der auch das Arrangement besorgt _hat. Viel Spaß «
Nun, es ging noch an. Die schöne grüne Oder hatte zwar einbißchen was von der schönen blauen Donau, und ein paar Wel
len aus der Moldau waren ebenfalls vertreten, während dasGanze sanft in eine Mondnacht auf der Alster getaucht schien.
Aber immerhin, der Walzer von Herm Gitarrist Zimperling ging
noch an, denn er hatte wenigstens keinen Text.
»Als nächstes bringen wir nun einen Foxtrott unseres begabten Schlagbassisten, Herrn Ferdinand Rumpler, der auch denText geschrieben hat: >Noch einmal möchte ich am Bugspriet
stehn, auf einer Jacht so weiß wie Schnee.< Viel Spaß «Diesmal ließ mich der Text gar nicht auf die Melodie achten,denn dem Kollegen Rumpler war bei der Dichtung anscheinend
die poetische Ader versiegt. Bei der Stelle »Das Schiff fährt Tag
und Nacht« hatte er nicht mehr weitergekonnt, obwohl sichdoch die Reime geradezu anboten, zum Beispiel so: »Das Schifffährt Tag und Nacht/ Bis daß die Luke kracht« oder »Das Schifffährt Tag und Nacht/ Bis Neptun Pleite macht« oder »Das Schiff
fährt Tag und Nacht/ Es rollt die Heringsfracht<< . Aber wiege
sagt, Herm Rumpler war nichts mehr eingefallen, und viermal-
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eißer Sommer
ließ er das Schiff bei Tag und Nacht hintereinander fahren,
viermal. Ich habe genau mitgezählt. Ein einigermaßen tüchti
ges Schiff hätte es in dieser Zeit gut bis in das Land gebracht,
wo der Pfeffer wächst.
Es folgte ein Tango des Harmonikasolisten, und wie nicht anders
zu erwarten, war jetzt das italienische Milieu an der Reihe:» kleine braune Signorina, Spiel mir was auf der Okarina, Und
reizt mich zärtlich dein Busoni, Eß ich mit dir d nn Makkaroni «
Die Musik war eine erfolgreiche Kreuzung
zwischen »Isola bella«, »Santa Lucia« und
»Ü sole mio«. Langsam wurde mir übel.
Aber jetzt wurde es erst richtig schlimm.
»Jubel, Trubel, Heiterkeit « verkündete der
Ansager, »wir bringen Ihnen, meine Damen
und Herren, unsere neuesten Aufbauschlager Und da die Stalinallee schon durch
einen Schunkelwalzer verarztet ist, hören
Sie jetzt den ersten Originalschlager über
die Leninallee. >Mit meinem Preßluftham
mer und Juchhee, Bau ich ein Hochhaus in
der Leninallee < Text und Musik von unse
rem begabten Joseph Maria Pickel, den Sie
hier am Schlagzeug sehen Viel Spaß «
Nur noch ächzend, unter Aufbietung allerKräfte, überlebte ich die Polka von der Le-
ninallee. Die Musik war diesmal unver
dünnte, hochprozentige Feld, Wald und
Wiese, mit einem Schuß »Amboßpolka«. Als
es überstanden war, winkte ich einen jun
gen Mann heran, der eben durch den Saal schritt und, nach der
Haartracht zu urteilen, zur Kapelle gehören mußte. »Können
Sie die da oben nicht mal fragen«, flüsterte ich ihm zu, »ob sie
nicht noch was Besseres haben, vielleicht mal was von Lincke,Künnecke oder Lehar oder so?« Diensteifrig nickend ver
schwand der Jüngling im Bühneneingang. Inzwischen hatten
die Solisten auf der Bühne bereits einen Schlager des zweiten
Trompeters begonnen, einen Rumba, der den Aufbau rings um
den Bersarinplatz besang.
»Komm mit, komm mit zum Bersarinplatz, Da riecht es noch
nach Kalk, mein Schatz Der Kalk, der ist mein ganzes Glück,
Er bringt die Jugend mir zurück «
Die Musik schien &tark exotisch gemeint zu sein, die Trompe-te quiekte wie ein schlecht gestochenes Wasserschwein.
7
•
•
>>Was macht eigentlich
Ihr Bräutigam, Fräulein
Lilly? - Derst ht
unten und hält meine
Eiswaffel <<
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7
»Können Sie mirsagen wie ich zum
Heimatmuseumkomme? «»Keine Ahnung, ichbin von hier «
eißer Sommer
Doch nun trat der Sprecher wieder vor die Kapelle sieghaft lä
chelnd die personifizierte Überlegenheit. Ich begann zu hoffen.»Und nun meine Damen und Herren«, sagte er, »auf allgemeinen Wunsch eines einzelnen Herm im Publikum eine Einlagevon Lehar Sie hören unseren neuesten Foxtrott in einer Urauf
führung: >Wunderbar, -bar, -bar, Ist ein Schlager von Lehar, -har,-har, Wenn bis früh um vier, vier, vier, Ich so sitz beim Bier, Bier,
Bier < Der Text ist vom Onkel unseres Pianisten Herm Klemp
nermeister August Runzelwitz die Musik vom Autobusfahrerder Deutschen Konzert- und Gastspieldirektion den Sie an derKasse sehen können Herrn Schorsch Peesemann. Viel Spaß «Schon setzten die Trompeten ein, diesmal mit einer Mischungaus »In Rixdorf ist Musike« und dem »Land des Lächelns« - daergriff ich die Flucht. Und ich habe geschworen mir nie wie
der neuzeitliche Tanz- und Unterhaltungsmusik anzuhörenfalls der Kapellmeister nicht vorher öffentlieh erklärt undschriftlich versichert daß in seiner Kapelle kein Eigenbau be
trieben wird.
Die Beete sind geharkte Symmetriemit einem Duft von herber Poesie
gemischt aus Taubenmist und Lindenblüten ...Den linealgezognen Pfad behütendie sieben Zwergelein aus Ton gebrannt.Dem kleinsten fehlt der Kopf und eine Hand.
Der home-is-castle-Laube vis-a-vissteht eine Sonnenblumenkompaniein dienstvorschriftgemäßem Stillgestanden.
Zwei ausgediente Bockbierfestgirlandenumkränzen in sensibel-blassem Bunt
das Warnungsschildchen: »Achtung- scharfer Hund «Der Sommer ist Familieneigentumder Kürbis reift zu seines Züchters Ruhm,
die Kinder dürfen nur des Sonntags spielenin diesem einen Garten von sehr vielen.Der fast zwei Meter hohe Bretterzaunhat keinen Zwischenraum hindurchzuschaun.
udi Strahl
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Heißer Sommer
Lothar Kusche
»Heute ist dein letzter Urlaubstag«, sagte meine Frau, »da wol
len wir mal ganz was Tolles unternehmen«, und so machten wireinen Ausflug ins Automaten-Restorang am Alex. Wir gingen
schon früh am Morgen los, damit wir in Ruhe alles ansehen
konnten, und das war auch ganz gut. Zuerst mußten wir uns
vor der Wechselkasse ein bißchen anstellen. Dort wird das
Geld der Deutschen Notenbank gegen das Geld der Deutschen
Automatenbank eingewechselt. Denn die Automaten nehmen
kein gewöhnliches Geld, sondern nur ganz feine Münzen, die
extra für sie gemacht worden sind.
In der Schlange war es recht gemütlich. Erfahrene Besucher hatten sich
Klappstühlchen und Butterbrote mit- "
77
gebracht. Meine Frau schnitt sich„ _ ...
den Stoff zu, den sie vorher im Wa- · ' '
renhaus gekauft hatte, und ich las
einen Roman, den mir der Mann vor
uns geliehen hatte. (Er war etwas
früher als wir gekommen und hatte
das Buch schon zweimal durchgelesen.) Gegen Mittag erreichten wir
die Wechselkasse und erwarben vier
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' , , _ ~ · - ' . „ • " .,l·-.:;;..... _f „,,,,,, · - ' ) ·utomaten-Münzen »Nummer drei«• '•.:: : ; , ; . ~ . ~ "· •. tJ lc i•.• ~ „ . ; / ~ ~ „ r y . ·
und zwei »Nummer vier«; vielleicht · ,..., ~ - · · - - . ' . t · ~ „ . > ' ~ - ' - · ,
'
waren es aber auch drei »Nummer fünf« und eine »Nummer Da staunen Sie, wat?
vier« und zwei »Nummer drei« oder vier »Nummer eins«; ich Das ist nämlich mein
weiß es nicht mehr genau, weil es sehr kompliziert ist mit die- Verbesserungsvorschlag
sen Münzen. Dann suchten wir die Automaten. Sie befinden für überfüllte Garten-lokale «
sich auf der gegenüberliegenden Seite des Lokals; vor ihnenstehen die Tische und an diesen die Esser. Wrr krochen auf dem
kürzesten Wege unter den Tischen durch und wurden etwas ge-
treten, aber das macht nichts: Wrr sind ja erwachsen und wis-
sen, daß das Leben hart ist. Dann warfen wir Münzen in einen
Automaten. Ein Brötchen-Fahrstuhl sank herab, bis sein unter-
stes Abteil frei lag. Ein Griff, und schon hatten wir das Bröt-
chen, es war um drei Uhr nachmittags. Wirft man die falsche
Münze ein, so bewegt sich der Schrippen-Paternoster nicht,
und die Münze kommt wieder heraus, oder sie kommt auch•
nicht wieder heraus, oder sie paßt erst gar nicht in den Schlitz;
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8 Heißer Sommer
ich weiß es nicht mehr genau weil es sehr kompliziert ist mit
diesen Münzen. Meine Frau wollte gern Schinkenbrötchen aber
der Schinkenbrötchen-Automat war leer weil die Kollegen
Heinzelmännchen welche hinter den Automaten Wache halten
noch keine neuen Schinkenbrötchen nachgefüllt hatten. Aber
das machte j nichts ein Automat ist schließlich bloß ein Automat und so tauschten wir die Schinkenbrötchen-Münze flugs
gegen eine Bier-Münze um. Das ging zack-zack. Gegen acht Uhr
abends erreichten wir den Bier-Automaten. Vor diesen haben
die Götter einen Gläserspüler gesetzt der kein Automat son
dern ein Mann ist und heftig mit Wasser spritzt. Nachdem wir
uns abgetrocknet hatten erlaubte mir der Gläserspüler die
Münze einzuwerfen. Ich hielt das Glas unter den Hahn warfanmutig-kraftvoll den Bier-Hebel herum und schäumend ergoß
Wer schnell essen will geht in ein gewöhnliches
Lokal wo es nur zwei bis drei Stunden dauert.
sich das Bier über meine Hose, weil ich
das Glas unter den Limonaden-Hahngehalten hatte. »Wer Bier verschüttet
hat Glück im Spiel«, suchte mich meine
Frau zu trösten und ich sagte: »Laß nur, wenn ich nächstes
Jahr wieder Urlaub habe gehen wir wieder her und dann hal
ten wir das Glas unter den richtigen Hahn.« Wir kämpften uns
zum Ausgang durch und kamen dort in eben dem Augenblick
an in dem das Automaten-Restorang geschlossen wurde. Denn
nachts ist es natürlich nicht geöffnet; sonst könnte j einfach
jemand hineingehen und nachts essen ( ). Das kommt nicht inFrage denn die Automaten müssen nachts ihre Ruhe haben;
wer Hunger hat soll gefälligst daheim speisen oder Stullen mit
nehmen. »Sieh mal«, sagte meine Frau »das Automaten-Resto
rang hat unter anderem den Zweck, das Hartgeld das uns fehlt
nicht unter die Leute zu bringen. In anderen Lokalen hat man
nur Personal aber hier hat man Personal und Automaten und
das ist gerade das Feine.« Ich nickte obgleich mich ihre Argu
mente seltsam verwirrten. »Sieh mal«, fuhr sie fort »ein Auto
maten-Lokal zu bauen zu einer Zeit, in der genügend Münzenim Umlauf sind ist eine Kleinigkeit. Aber ein Huhn auszubrü
ten wenn kein Ei da ist das ist die Kunst Außerdem braucht
man sich j nichts aus dem Automaten zu ziehen sondern kannnach hinten durchgehen und am Verkaufsstand eine Bockwurst
holen für richtiges Geld. Wer schnell essen will geht sowieso
in ein gewöhnliches Lokal, wo es nur zwei bis drei Stunden dau
ert. Und die Automaten die sind doch mehr für die Kinder.«
»Ja«, sagte ich »in jedem echten Berliner ist ein Kind versteckt
und das will ein Automaten-Restorang haben - zum Spielen.«
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eißer Sommer
Erich anko
Das Meer: Als wir an die Ostsee kamen schäumte sie und war
sehr böse nicht so sehr über unsern Anblick sondern haupt-sächlich wegen eines Tiefs das sich über Südskandinavien ge
lagert hatte und uns bereits seit Stunden Regen und Wind be
scherte wie uns der Lautsprecher am Strande nachträglich
mitteilte. Wrr hatten es aber schon bemerkt. Die See war wegen
dieses Tiefs vollkommen menschenleer. Es war nur Wasserdrin das sich unruhig hin und her bewegte. Die Badegäste
standen am Ufer und sahen vorwurfsvoll hinein da sie ja ei
gentlich hergekommen waren i m zu baden. Wenn sie das Meer
lange genug betrachtet hatten sahen sie sichnach anderen Flüssigkeiten um. Wir taten das
schließlich auch.
• •
Das Baden: Der Vorgang des Badens ist ziem
lich einfach wie wir am nächsten Tage feststell-
ten als das Tief aufgestanden war und langsam
nach Osten wanderte die Ostsee also keinen
Grund mehr hatte sich noch weiter aufzuregen.
Man entledigt sich der Kleidung die man sonst
beim Mittagessen oder im Kino trägt und ziehteinen Badeanzug an den man vorher in der HO
kauft. Hierbei ist es wichtig daß man als Größe
42 zur Welt gekommen ist höchstens aber 44.
Wer so unvorsichtig war sich einen 46er oder
48er Körper zuzulegen muß mit dem Baden so
lange warten bis diese Größen wieder mal ein-
os• s r t t A ~ l l181 f 1111 2< 11 /ll
VllMIASSIN .
getroffen sind. Das dauert manchmal einige Wochen und wenn
man dann endlich einen passenden Badeanzug hat ist viel
leicht schon wieder ein neues Tief im Anzug. Manche 48erhaben in ihrer Verzweiflung versucht sich mit einer Kombina
tion von zwei 42er Hosen zu behelfen. Aber das glückt nicht•
unmer.
Nehmen wir an wir gehören zu den glücklichen 42ern und ste-
hen badebereit am Badestrande. Jetzt springen wir erst mal hei
ter im Sande herum juchzen dabei laut werfen uns Bälle an
den Kopf und sind so vergnügt wie es die Badeordnung erlaubt.
Das dauert ungefähr 10 Minuten manchmal auch länger. Dann
gehenwir
mit frohem Gelächter ins Wasser wobeiwir
uns ge-
•
79
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eißer Sommera J Q J d A 3 S 1 . . . _ t L lt 1 ; , - 1C WI
genseitig bespritzen und uns ausgelassen auf die Schenkel
schlagen. Bespritzen ist wichtig. Dadurch sind schon viele Ehen••
zustande gekommen, oder doch wenigstens etwas Ahnliches.
Aber auch Verheiratete dürfen sich bespritzen, wenn auch ge-
mäßigter und nicht ganz so leidenschaftlich. Nun fangen die
Schwimmer an zu schwimmen.Die Nichtschwimmer machen ihre Badetiere flott, die in weni-
gen, aber ziemlich häßlichen Exemplaren an der Ostseeküste
vorkommen und den Glauben an die Darwinsche Theorie von
der »Entstehung der rten« erschüttern. In allen Bädern stößtman auf denselben Gummifrosch mit dem leidenden Gesichts
ausdruck, das Krokodil mit dem verlegenen Lächeln auf der
Oberlippe und jene Kreuzung zwischen Wärmflasche und k-
tentasche, die zoologisch erst noch eingeordnet werden muß.
Wenn man mit dem Baden fertig ist, steigt man aus dem Was-
ser, damit die nächsten rein können, geht stolz zu seinem
Der Gesamt-Kaffee-Eindruck war jedenfalls
trübe eben weil der Kaffee so klar war.
Strandkorb, läßt sich von der Nachbar
schaft zu dem Erfolg gratulieren und sieht
nach, ob es schon Zeit zum Mittagessen ist.
Wenn nicht, läßt man sich ein Weilchen von
der Sonne bescheinen und sieht dann wieder nach. Mal muß
es ja soweit sein. Weiter soll hier eine Lanze gebrochen wer-
den für die Heimleiter, Objektleiter und Kurverwaltungen, diesich wirklich Mühe geben, die immer haftbar gemacht werden,
wenn etwas schiefgeht, die aber kaum genannt werden, wennetwas gut geht. Leicht ist ihr Los wirklich nicht. Obwohl sie
meist verheiratet sind, schweben sie dauernd in Gefahr »zusätz-
liche Kinder« zu kriegen. Das hat mit Seitensprüngen nichts zu
tun, sondern ist eine Berufskrankheit, über die uns Kollege
Schirm in Bansin - einen schönen Gruß übrigens - aufgeklärt
hat. »Zusätzliche Kinder« werden von ihren Eltern außerplan
mäßig mitgebracht, ohne Urlaubsscheck, in der Annahme, daß
sie, wenn alle Stränge reißen sollten, doch mindestens im Bü-
cherschrank des Heimleiters oder im Nähkörbchen seiner Gat-
tin untergebracht werden können. Wenn man abends beim Zu-
bettgehen nie genau weiß, wie stark am nächsten Tage die Fa-
milie seinwird also, ich weiß nicht, meine Nerven würden das
nicht aushalten Ich würde mich wahrscheinlich dem Trunk er-
geben.
Das bringt mich auf die Getränkefrage, die wir natürlich eben-
falls ernsthaft geprüft haben. Und jetzt müssen wir wieder ein
bißchen meckern.
7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1953 - 1954
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Heißer ommer
a gibt es zunächst eine dunkle Feuchtigkeit, die in Tassen ser
viert wird, mit Milch und Zucker. Wir probierten sie in ver-
schiedenen Bädern, und merkwürdig, überall behaupteten die
Kellner, es wäre Kaffee.
Unter ihnen scheint eine geheime Verabredung zu bestehen,
harmlosen Fremdlingen diesen Irrglauben beizubringen.Als wir einigen die Pistolen auf die Brust setzten und die Wahr-
heit zu wissen begehrten, verschanzten sie sich hinter »schlechtgelagerten Kaffeesäcken«, aus denen sich beim besten Willen
kein besseres Aroma herausholen ließe. Wir waren allerdings
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der Meinung daß man die Kaffeezubereitung nicht in die Händevon Leuten legen sollte, die entweder leidenschaftliche Was-
sersportler sind oder kein Wässerchen trüben können, und sei
es auch nur mit gemahlenem Bohnenkaffee.Aber halt Von einer rühmlichen Ausnahme können wir berich
ten. Der HO-Gaststätte »Erzhammer« in Zinnowitz gelang es,
unseren Pulsschlag durch Koffein zu beschleunigen. Wahr-scheinlich wird es auch noch andere aufrechte Gaststätten
geben die nicht nur für Kaffee kassieren, sondern auch Kaffee
verkaufen. Wrr konnten natürlich nicht alle Lokale zwischenRostock und Usedom aufsuchen. Der Gesamt-Kaffee-Eindruck
war jedenfalls trübe, eben weil der Kaffee so klar war.
Alkoholfreie Getränke sind selten. Selters ist stellenweise so
knapp, daß die HO-Gaststätte »Seeblick« n Graal-Müritz auf die
geniale Idee gekommen ist, eine Flasche Selters nur noch in
Verbindung mit i n ~ Glas Weinbrand zu verkaufen, möglichst
81
>Findest du nichtauch daß es in unserem
Maschinensaal ganz
schön ruhig war
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82
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Haben Sie denn keine
jüngeren Rettungs-schwimmer?<<
eißer Sommer
doppelstöckig. Noch besser wäre allerdings eine Flasche Wein
brand mit einem Gläschen Selters. - Wustrow erhielt bisher für
1500 Urlauber 100 Flaschen Apfelsaft. Man stelle sich das Ge
dränge vor, wenn je 15 Urlauber an einer Flasche saugenSonstige Sehenswürdigkeiten: Graal-Müritz: Ein höhlenartiges
Bauwerk auf der Strandpromenade, auf dessen Fertigstellungalle Fledermäuse der Umgebung sehnsüchtig warten, um end
lich ein passendes Unterkommen zu finden. Der Bürgermeisterist der Meinung, daß es ein Musikpavillon werden soll.
Wustrow: Die von der DSU Stralsund eingestellte Dampferver
bindung nach Ribnitz-Damgarten. Dadurch werden unliebsa
me Besucher erfolgreich daran gehindert, den Badeort durch
„
•
ihre Anwesenheit zu beunruhigen.
Zinnowitz: Ein Ort, in dem sich nichts Wesentli
ches zu beanstanden fand.
Koserow: Das stillgelegte Motorboot für Rügen
fahrten. Soll anscheinend für den Winterbetrieb
geschont werden.
Bansin: Das fehlende Kino und die von der HO
versprochene Milchbar
Heringsdorf: Das ungewöhnlich hübsche Fräu-,
lein Lucie Müller aus Templin, Strandkorb Nr.
67, Urlauber-Scheck Nr; 15486. Sie ist aber be
reits verlobt..
} • Ahlbeck: Die Sonnenfinsternis vom 30. Juni .= ~ · J ·" :-·ra.t :_ Sie wurde von der Kurverwaltung zur Unterhal-
-,- •; . ,
. ...
..... -.• - eo.1
tung der Badegäste veranstaltet, vollkommen
gratis. Wir verfolgten sie von einem Gartenlokal
aus und aßen dazu Gurkensalat. Gegen 13.50Uhr wurde es ganz finster, und wir guckten alle
angestrengt in den Mond, der die Sonne verdunkelte, auch die
Ober. Als es wieder hell wurde, stellte sich heraus, daß nicht
nur die Sonne verschwunden war, sondern auch ein Gast, der
in der Aufregung vergessen hatte, drei Portionen Rührei zu bezahlen. Daraufhin entschloß sich die Kurverwaltung nachRücksprache mit einem zufällig anwesenden Astronomen, vor
läufig von weiteren Sonnenfinsternissen abzusehen und die
nächste erst wieder im Jahre 2135 abzuhalten. Da wir nicht so
lange warten wollten, setzten wir uns in unser Auto und fuh
ren nach Berlin zurück.
•
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84 Höher schneller weiter
Hansjoachim Riegenring
Wir saßen so fröhlich beisammen und tranken.
Gewiß, man kann Grippebazillen auch mit Tee bekämpfen. Aberstellt euch doch einmal ein Dutzend Männer vor, erwachsene,
kräftige Männer, die richtige Männergespräche führen, sich la
chend auf die Schenkel schlagen und dazu Fliedertee trinken
Das ist einfach ein Stilbruch. Wrr tranken einen schönen Grog,und glaubt mir, Freunde, das ist eine gute Sache Schädlich
daran ist nur das viele Wasser, was die meisten Leute hinein
schütten. Ich war der Außenseiter in diesem Kreise, die ande
ren - Innenseiter, gibt's so was? - na, also alles Sportler; j
doch, ich weiß, Sportler trinken keinen Alkohol, es war j auch
Wir suchten einfach die Stelle an der
er unter dem Eis herumschwamm .
nur wegen der Bazillen. Seit Jahren warte ich
auf die Gelegenheit, ein Erlebnis zu erzählen,
das etwas unwahrscheinlich klingt, eine einma-
lige, bisher noch von keinem Menschen vernom
mene Angelegenheit. (Oder kennt ihr die Geschichte schon?)
Hier war der richtige Ort dafür, die richtige Zeit.»Im vorigen Wmter«, begann ich, »ging ich eines Nachmittags ...«
»Darf ich mal unterbrechen?« unterbrach mich Fred. >>Aber wenn
ich Wmter höre, fällt mir eine Sache ein, hahaha, also die mußich unbedingt ...«Weil er unbedingt mußte, verzieh ich ihm. Er
hustete kurz und fragte, was wir vom Eisbaden hielten.
»Sehr erfrischend«, sagte ich, »besonders im Sommer.«
Sie fanden den Witz nicht gut, es wäre ein lauer Witz, ein Ka
lauer. Fred räusperte sich wieder präludierend. »Ein Freund
von mir ist ein leidenschaftlicher Bader.«
»Friseur«, übersetzte ich in die moderne Umgangssprache.
»Eisbader«, erklärte mir Fred freundlich-ärgerlich. »Wir haben
manches Loch ins Eis gehackt, unerschrocken tauchten wir indas eisige Wasser, mutig ... «
» .. und kaltblütig«, ergänzte ich.
»Ihr wißt, ich schrecke vor nichts zurück«, sagte Fred beschei
den, »aber an dem Tag ... an dem Tag ...« er seufzte und trank,
»an diesem Tag war es so kalt - 38 Grad Hättet ihr da ...?«
Wir tranken erschrocken und sagten, wir hätten auch nicht.
Fred schien etwas getröstet. »Aber mein Freund wollte unbe
dingt ins Eis. Bei achtunddreißig Grad «
»ImS c h ~ t t e n
« fragte ich. »Bei dieser Kälte war das Eis ein heißes Eisen «
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Höher schneller weiter
»Wrr brauchten 2 Stunden und 24 Minuten, um das Loch insEis zu hacken, 4 Mann arbeiteten daran. Mein Freund stieg hin
unter, wir liefen umher, gingen nach 10 Minuten zu dem Loch
zurück, und stellt euch vor« (Spannung ) »es war weg.«
Ich tat einen schnellen Zug aus meinem Glas, einen Eilzug.
»Weg?«»Ja. Zugefroren. Nichts mehr zu sehen, nur die glatte Eisfläche.«
Wrr schauten schweigend in unsere Gläser. Traurig. Sie warenleer.) »Und wie«, fragte einer vorsichtig, »habt ihr - ich meine,
hat man später ... im Sommer ...?«»Wir fanden ihn zehn Minuten später<<, sagte Fred ruhig. »Le-
bend. Wrr suchten einfach die Stelle, an der er gerade unterdem Eis herumschwamm.«»Aha«, nickten
wir zweifelnd.»Mit einem Gei-
gerzähler«, er-
gänzte Fred.So, Geigerzäh
ler. Na, dann
war alles klar.»Wieso?«
»Mein Freund«, erklärte Fred geduldig, »hatte vorher eine Ta-
blette gegessen, die Isotope enthielt, und ihr wißt ja, die Strahlungen ...«
Natürlich, damit war die Sache geklärt. Da mußten sie ihn ja
finden. Wir tranken, und ich begann: »An jenem Nachmittagalso, im Winter ... «Karl stieß mich freundlich an. »Du sagst Nachmittag. Wenn ich
Nachmittag höre, muß ich immer an einen Nachmittag denken- darf ich das rasch mal erzählen?«
Bevor ich sagen konnte, daß er eigentlich nicht durfte, fing er
schon an: »Wenn ich sagte, an einem Nachmittag im Winter, sostimmt das nicht ganz. Es war eigentlich ein Vormittag im Som-
mer, und wir trainierten auf unserem Tennisplatz, und der
Oskar - ihr kennt doch Oskar?«Wir nickten alle, wie man es bei einer solchen Frage immer
macht, auch wenn man von dem Betreffenden nie gehört hat.
»Der Oskar ... « Karl überlegte, »sagt mal, wißt ihr eigentlich,wo der Habicht herstammt, der in unserem Klubhaus hängt?«Wrr tranken und sagten, wir hätten nicht die kleinste Ahnung.
»Dachte ich mir«, sagte Karl zufrieden. »Der kommt daher, weilOskar an dem Tage, an dem Vormittag ... «
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8 Höher schneller weiter
»Im Sommer« vervollständigte ich.
» ••• weil Oskar da einen Rückhandschlag schmetterte ihr wißtich erwische jeden Ball lasse mir keinen Ball entgehen ...«»Einschließlich Maskenball« murmelte ich.
»... doch den Ball nein der kam wie ein Überschallturbopro-
raketendüsenj äger angeschossen prallte auf die Grundliniesauste senkrecht hoch und ...« Kunstpause. Wir hingen an sei-nen Lippen an seinem »und« ...
».. herunter kam der Habicht« berichtete Karl ruhig. »Tot.«
»Sehr gut« grinste ich »da mache ich eine Geschichte draus.«Hätte nie geglaubt daß sich Sportler so aufregen können. Ob
ich auch nur im geringsten daran zweifelte daß alles stimmewas hier erzählt werde bis aufs Komma ...?
Sie waren zehn ich war einer. Ich glaubte.
»An jenem Nachmittag« erzählte ich um sie zu beruhigen »imWinter ging ich ...«Bei dem »ging ich« erinnerte sich Emil aneine ganz tolle Geschichte die er unbedingt loswerden mußte.
Das war bei einem Langstreckenlauf über ich weißch breitete die Arme aus und nicht mehr wieviel Kilometer ich glaube zweimal
stieg immer höher wie ein Vogel. um den Äquator und da fiel es Emil plötzlich auf
daß seine Schuhe so drückten er spürte jeden Steindurch die Schuhsohlen hindurch aber er hatte natürlich keineZeit die Schuhe auszuziehen. Die Verfolger waren ihm auf der
Achillesferse und erst am Ziel ...»Stellt euch vor stellt euch das vor da hatte ich mir doch die
Schuhsohlen total durchgelaufen und hatte den ganzen Weg
barfuß zurückgelegt.«Ich schluckte das runter und spülte mit Grog nach.»Es war wie gesagt im Winter« startete ich »an einem Nach-
mittag der Schnee lag ...«»Schnee« war das Stichwort für Peter den Skiläufer. Der warbeim Skispringen in einen Aufwind geraten ...
».. ich breitete die Arme aus und stieg immer höher wie einVogel und bestimmt wäre ich abgestürzt zerschmettert ...«Wir tranken erschrocken. ».. wenn mich nicht ein des Weges
kommendes Flugzeug aufgenommen hätte.«Ich hörte mir noch sieben gleichwertige Sporterlebnisse an.Dann kam ich endlich an die Reihe. »An jenem Nachmittagalso im Winter wollte ich mal an die Luft gehen. Vor meinerTür lag eine Schneewehe von zwei Metern Höhe ...«Diese Blicke. Verachtung. Kopfschütteln. Enttäuschung.
»Daß diese Laien« sagte einer »doch immer so maßlos über-treiben müssen.«
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Kann ich Ihnen hiermit aushelfen, junger Mann?Damit habe ich 1892 zwei Rennen gewonnen ''
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. d Schachspielern. Man,,Es ist schrecklich mit ~ e s e n h chlafen ''
weiß nie, ob sie noch spielen oder sc on s
Beim Sportunterricht liegen alle auf demRücken und fahren Rad. »Fritzchen Warummachst du nicht mit? Du liegst ja ganz ruhigda «schimpft der Lehrer.
»Sehen Sie nicht, ich bin Täve Schur und will
den anderen ne Chance zum Aufholen geben «
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RVDE PRAl O·NEUES DEUTSCHI ND·Trybuna tudu
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Ein Mann kommtin die HO-Gaststät
te, hängt seinen
Mantel an die Gar
derobe und befestigt einen Zettel .daran: »Fritz Schul- ·
ze Ringer.«
Als er nach einerStunde das Lokal
verlassen will ist
der Mantel ver
schwunden. Am
Haken hängt ein
Zettel: »Egon M.Marathonläufer.«
Höher schneller weiter--------===
Erwin F 8 Albrecht
O rottor
Daß ich ein geschworener Nichtskiläufer bin hat physikalische
Gründe. Bei einem kleinen Menschen von sagen wir 1,50 mGesamtlänge, befindet sich das Gesäß etwa 70 cm über der Erd
oberfläche, bei einem Kleinkind ist die Entfernung noch viel
geringer, bei einem großen Menschen dagegen um so größer. Je
größer aber die Entfernung vom Erdboden um so heftiger ist -
nach dem bekannten, untrennbar mit dem Na.men Newton ver
bundenen Fallgesetz - derAufprall des fallenden Körpers. Darumstehen Kleinkinder wenn sie auf dem Po gefallen sind, sofort la
chend wieder auf. Ich dagegen bin 1,90 m groß.
Natürlich war eine Frau schuld daran, daß ich der passionier
te Rodel- und Schlittencrack, mir an der Skiausleihbude ein
Paar von den gefährlichen, glitschigen Ständern griff und un
terschnallte, die von den Zünftigen Bretter genannt und noch
extra mit Wachs beschmiert werden. Sie hieß Vera und wohn
te im gleichen Ferienheim .
Auf meine vorsichtige Einladung zum Rodeln hatte sie mich
herzhaft ausgelacht, lud mich aber ihrerseits zu einer Skitour
nach der Hubertushütte ein. »Sie können doch Ski laufen, wie?«
fügte sie mit einem taxierenden Blick hinzu.
»Na klar«, sagte ich leichthin und war eisern entschlossen, die
Bretter am nächsten Morgen zu meistem. Teufel auch, was
konnte schon dabei sein, wo hierzulande schon die SäuglingeSki zu laufen schienen Der Wille versetzt Berge
»Du wirst es schon schaffen, Fritze« bestärkten mich die Kol
legen, »ist alles halb so wild. Bloß beim Fahren das Gewicht
immer schön nach vom reinlegen und beim Bremsen etwas kan
ten.« Mag sein, daß es auch umgekehrt oder anders war mit dem
Kanten und dem Reinlegen, ich weiß es nicht mehr so genau.
Die ganze Nacht brütete ich über Slalom, Christiania, Bindungen Schußfahrt, Sprunglauf und was die Hölle sonst noch für
Bretterfachausdrücke erfunden hat, ging in die Hocke fuchtel
te mit nicht vorhandenen Stöcken in der Luft herum, kantete
beim Bremsen und legte sogar noch im Schlaf mein Gewicht
schön nach vom hinein.
Am andern Morgen begann ich schon sehr zeitig mit dem Trai
ning, denn bevor sie kam, hatte ich etwa eine halbe Stunde Zeit.
Teufel ja, es war nicht leicht. Meine Skier schienen überhaupt
kein Ende zu nehmen und zeigten dauernd das Bestreben, sich
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Höher schneller weiter 89- - = = = = = = = z = = = = = = = = = = = = = = = = = = : : . = : = = = = = = = = = ~ = = ~ : = = - J
mit der Spitze ineinander zu verheddern. Hatte man sie abervom glücklich auseinander, ging es ebenfalls nicht voran, weil
man sich jetzt hinten mit dem einen Brett aufs andere trat.Aber allmählich lernte ich doch - der Wtlle versetzt Berge -
mich mit Hilfe der beiden Stöcke langsam voranzuschieben,
und schließlich fühlte ich mich einigermaßen Herr meiner Bretter, ein vielleicht noch nicht tumierreifer, aber doch schon ganz
beachtlicher Skisportler.
Da kam er mit langen, kundigen Schritten von unserm Ferien
heim her angeschwebt, mein Skihase, Unsinn, mein Skiengel,Quatsch, meine Skigöttin. Natürlich auf eige- ~ _ _ - . . . . - - - - - - - - - - - - - - - : - - - - - - inen Brettern. Sie begrüßte mich mit einem eigentümlichen Lächeln und fuhr los.Ich hinterher. Es ging gar nicht einmal
schlecht. Meine Schritte wurden länger, ichdrehte auf, legte Zahn um Zahn zu. Bis jene
verdammte Erhöhung am Wegrand kam, ein
tückisch unter Neuschnee verborgener Maulwurfshügel oder Ameisenhaufen oder auch
nur Kuhklacks, der die erste peinliche Unterbrechung des Ausflugs verursachte. MeineBeine eilten mir plötzlich voraus, meine Armesegelten, die Stöcke mitreißend, hilflos durch
die Luft, und krach, lag ich auf dem - alsokurz und gut, lag ich. Weiteres siehe unter
Newton.Bevor ich mich noch in dem Gewirr von Stök
ken, Skiern, Beinen und Armen zurechtgefun
den hatte, war - wie sehr peinlich - Vera bei
mir, half mir aus dem Schnee, meinte lachend:
»Ich denke, Sie können laufen?«»Ich bin nur etwas aus der Übung«, sagte ich
so forsch wie möglich und spuckte Schnee,»seitdem ich damals in Oberhof die Meister
•
schaft in der großen Abfahrt mit 24 Toren und 70 Telemarks
hingelegt habe, oder war es die Christiania-Schanze, na egal ... ,
da sind immerhin zwei Jahre vergangen. Und dann ist dieser
Schnee hier anscheinend nicht g'führig genug.«»Wollen wir erst mal auf den Idiotenhang?« fragte sie teilnahms-
voll, ja fast besorgt.»Kommt nicht in Frage«, entgegnete ich beglückt und verletzt
zugleich, letzteres wegen des Idiotenhanges. »Nur weiter, Kol-•
legin, ich komme schon wieder rein.«
I - •
>>Augenblick, Meister,
m t diesen W'eiten
hatten wir nichtgerechnet «
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»Mit welchen
Sportarten beschäftigst du dichdenn?« fragt Paulseinen Kollegen.
»Ach, mit Fußball,Volleyball, Boxen,Schwimmen, Hoch-
sprung ...«
Paul staunt: »Alle
Wetter, strengt dasnicht sehr an?«
»Ach nee, ich kriege immer nen Sitz-platz.«
Höher s hneller weiter
Es ging jetzt auf einen Feldweg mit ziemlichem Gefälle berg
ab. Vera fuhr voraus, ich hinterdrein. Sofern ich fuhr. Denn
weiß der Teufel, was meine Bretter gegen mich hatten Viel-
leicht war ich ihnen zu schwer. Oder der Alte in der Bude hatte
ihnen zuviel Wachs zu fressen gegeben. Oder sie hatten sich
gezankt. Jedenfalls überfuhren sie sich nach fünfzig Meterngegenseitig, bockten, bäumten sich und steckten schließlich
gegen meinen ausdrücklichen, Berge versetzenden Willen mit
dem hinteren Ende im Graben, während ihre Spitze blöd in den
Himmel zeigte. Ich lag dazwischen. Aber diesmal gelang es
mir, mich herauszuarbeiten, ohne daß Vera etwas merkte.
Da sich die Differenzen meiner Bretter jedoch alle fünfzig Meter
wiederholten, ka.m ich mit ihnen naturgemäß nur sehr langsam
voran. Hinzu kamen noch die Aufenthalte, die ich der Schön-
heit der Natur zollte, was freilich auf einer Notlüge beruhte.Wiederholt nämlich machte Vera kehrt, um zu sehen, wo ich
denn bliebe. Dann erstarrte ich, um mich vor ihr nicht aufs
neue zu blamieren, jedesmal zu der Haltung eines hingerisse
nen Naturschwärmers, legte die Hand über die Augen, schau
te ins Weite und rief, während mir die Knie bebten: »SchauenSie doch nur, Kollegin Vera, schauen Sie Dort jener Baum Ist
er nicht herrlich? Und dort der Telegraphenmast Und überall
Schnee darauf 0 Mutter Natur «
Nach einer Weile - Vera war mit einem kleinen Kilometer Vor-sprung um ein Waldstück verschwunden - tauchte hinter mir
ein junger Mann auf. Er lief sehr schnell. Da ich nicht wünsch
te, mich vor ihm zu blamieren, erstarrte ich wieder zu meiner
Naturschwärmerpose. Da hielt er schon bei mir. »Verzeihung«,
sagte er artig und deutete auf Veras Spur, »läuft hier vor Ihnen
vielleicht eine hübsche junge Dame mit einem roten Pullover?«»Nee«, log ich kühn, um den Burschen abzuwimmeln. Das konn-
te mir gerade so passen, jetzt noch einen taufrischen perfek
ten Skiläufer als Rivalen auf den Hals zu kriegen»Und einem andern Paar sind Sie auch nicht begegnet?«» ee. «
»Schade«, sagte der Junge redselig, »ich bin nämlich ihr Freund
und eben erst hier angekommen. Sie hat mir im Heim einen Zet-
tel hinterlassen, sie wäre unterwegs nach der Hubertushütte,
zusammen mit einem selten komischen Skisäugling, der ihr
immer nachläuft.« Damit fuhr er ab. Ich aber habe bis zum heu-
tigen Tage keinen Skier mehr angerührt, es dagegen als Ro-
delbremser und pferde bespannter Schlittenfahrer zu recht be-achtlichen Erfolgen gebracht.
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Höher, schneller weiter
Achim Fröhlich
r
Als kurz vor dem Abpfiff die giftgrün verpackten Waden seiner
Jungs den gegnerischen Strafraum überrannten und durch denFuß eines Zitzenhagener Kämpen das erste und einzige Tor
dieses Spiels fiel, da verlor Lappert den letzten dürftigen Rest
seiner Beherrschung, schrie sich die Kehle wund und faßte
einen unumstößlichen Entschluß: Einst sollte Zitzenhagen und
sein Fußball die Welt aufhorchen lassen
Wie viele fanatische Fußballer litt Lappert an jener übertrie-
benen Begeisterungsfähigkeit, welche dazu verleitet, ein uner-
wartet errungenes Tor blindlings als
historisches Ereignis zu feiern. Dazukam noch, daß er frischgebackener
Leiter der BSG 'lraktor vom Dörfchen
Zitzenhagen (400 Einwohner) war,
außerdem Leiter der dortigen Sek-
tion Fußball und der weiteren Sektio-
nen Handball, Schach, Wandern und
Touristik, Leichtathletik, Tischten-
nis, Handball, Schach, Wandern und
Touristik, Leichtathletik und Tisch-tennis wurden nicht gespielt. So soll-
te es auch bleiben, schwor sich Lap-
1
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pert, denn es gab j doch nur einen großen, schönen, kämpfe-
rischen, herrlichen Sport. Dieser Sport hieß Fußball.
Nach dem triumphalen 1:0 Sieg über die Fußballmannschaft der
BSG 'lraktor von Knabersdorf (etwa 123 Einwohner), begab
sich Lappert mit seinen Jungs in die zentrale Dorfkneipe von
Zitzenhagen. Trunken war Lappert schon vor den 21 Stiefeln
Bier, die hier verzehrt wurden. »Ich hab's « rief er plötzlich, alsseine Begeisterung über den Rand schäumte, »wir erhöhen
ganz einfach die Zahl der Fußballmannschaften unserer BSG
von einer auf acht. Oder auf zehn, oder auf zwölf.« Vom Grund-
schulpftlichtigen bis zum Großvater soll binnen eines Monats
ganz .Zitzenhagen Fußball spielen «
Lappert begann gleich tags darauf in Zitzenhagen mit einer
Fußballwerbekampagne. Vier Wochen später wurden das Sprit-
zenhaus, sämtliche Konsumtüten, alle landwirtschaftlichen Ge-
räte der MTS, der r i e h o f sowie weitere markante Stellen desOrtes mit Plakaten und Zetteln beklebt: »Zitzenhagen steht auf
91
Er möchte so gern mal
einen all von Erichhalten ((
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92 Höher schneller weiter
der Kippe zum Weltmeister im Fußball - macht alle mit « Lap
pert sah in eine rosig überstrahlte Zukunft: »Das letzte Mal
haben wir j ausnahmsweise verloren, aber bald werden sie im
Staatlichen Komitee mit Hochachtung von uns sprechen, undvielleicht, man kann's nie wissen, kriege ich irgendeine Aus
zeichnung, Verdienter Meister des Sports oder so.«In Zitzenhagen wurde denn auch eine zweite Fußballmann
schaft gegründet, deren jüngstes Mitglied gerade vor der Schul
entlassung stand, und deren ältestes unlängst die goldene
Hochzeit gefeiert hatte. Bei der Aufstellung einer dritten Mann
schaft ergaben sich aber bereits erhebliche Schwierigkeiten.»Boxen«, erklärte der Traktorist Franke, »Boxen«, unterbrach
Lappert, »ist ohne Zweifel eine tapfere, männliche Sportart.
Aber das Fußballspiel, mein lieber Kollege, ist viel fairer. Und
humaner natürlich Willst du etwa dauernd k.o. gehen? Ich
Wir gründen in Zitzenhagen die erste
Frauenfußballelf. Das ist eine Sensation
würde dir raten, in unsere vierte Fußball
mannschaft einzutreten, dort kannst du mei
netwegen auch boxen, wenn es der Schieds-richter nicht sieht.«
Wenig später erschien im BSG-Zimmer die junge Eva Schneider.
»Leichtathletik«, erklärte sie.
»Na, na, na, nicht so stürmisch«, entgegnete Lappert, »wie du
weißt, hat Zitzenhagen die Fußballweltmeisterschaft direkt vor
sich. Wir entwickeln nämlich zur Zeit den Massensport aufdem Lande Und da habe ich eine glänzende Idee: Wrr gründen
in Zitzenhagen die 1. Frauenfußballelf. Das ist eine Sensation
Du mit deiner Figur bist die geborene Mittelstürmerin.«»Schach«, erklärte Bauer Zillich, und Lappert unterbrach:
»Schach bringt finanziell nicht viel ein «, weil er gerade beim
Skatspielen 2,70 DM verloren hatte. »Du kannst aber in unse
rer Altherrenfußballmannschaft spielen, die wir bald gründen «
Nachdem sogar die erste Mannschaft zum zehnten Male verloren hatte, schimpfte Lappert: »Die Leute haben kein Verständ
nis für die Entwicklung des Massensports «
So gingen denn eines Sonntags an die 30 Zitzenhagener Sport
verhinderte zum Nachbarort Knabersdorf, um sich bei der dor
tigen BSG zwecks Sport anzumelden. Der Vorsitzende der BSG
Traktor Knabersdorf empfing die wallfahrtenden Ankömmlin
ge mit außergewöhnlicher Freundlichkeit: »Sport wollt ihr trei
ben? Ausgezeichnet Wir entwickeln nämlich bei uns gerade
den Massensport. Knabersdorf steht auf der Kippe zur Weltmei
sterschaft im Fußball. Da können wir euch sehr gut zum Auf
bau der nächsten drei Fußballmannschaften gebrauchen «
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9 Unter vier Augen
Heinz Fischer
tit
· . .. ich saß damals seit zwei Stunden auf einem Felsen, etwa
zehn Meter über der Straße, und konnte nicht vorwärts undtraute mich nicht rückwärts. Außer mir war noch Tante Aga
thes Ziege da, die eigentlich an allem schuld war, aber siewußte sich auch keinen Rat. Gerufen hatte ich schon, daß mir
die Backen schmerzten - es kam niemand. Vier Meter überuns führte eine andere Straße vorbei, denn ich hörte manch
mal die Geräusche von Kraftfahrzeugen. Es war zum Heulen
Sie fragen, wie es dazu kam?Wissen Sie, eigentlich hatten wir nichts Besonderes im Sinn,
als wir loszogen- die Ziege und ich. »Du kannst sie weiden las
sen, am Straßenrand und wo es ihr sonst noch gefällt, undbrauchst nur aufzupassen. Das wenigstens wirst du doch kön
nen?« So sprach Tante Agathe. Mein Gott, ich hatte Urlaub da-
mals, kein Mensch weit und breit kannte
Ich dachte: Immer höflich zu den weiblichen mich, warum sollte ich nicht? Aus VorsichtWesen - auch wenn sie Ziegen sind setzte ich aber einen alten Hut von Onkel
Oskar auf und schwärzte mein Gesicht
leicht mit Ruß; denn es wäre mir peinlich gewesen, mit einer
Ziege ... also, ich bin Doktor beider Rechte und gelte daheim
als seriöser Mensch ... Sie verstehen mich doch? So schrittenwir munter unseres Weges fürbaß; ich pfiff mir eins, und der
Ziege war es recht. Sie fraß da ein Hälmchen und dort einBlümlein, und ich dachte: Das liebe Tier, es nährt sich redlich
und ist ohne Arg. Aber dann kamen wir an den Steilhang linksder Straße und an den Felsen. Auf dem wuchs ein kleiner
Strauch, und zu ihm wollte die Ziege. Sie sagte es nicht direkt,
aber ein geübter Ziegenhalter merkt so was gleich. Erst warich j dagegen, dann dachte ich: Immer höflich zu den weibli
chen Wesen - auch wenn sie Ziegen sind Ich band ihr also denStrick vom Halse, wobei wir uns wieder ins Auge schauten,
dann gab ich ihr einen leichten Schubs in Richtung des Felsens,
rief »Bergheil «und holte meine Zigaretten hervor.Sehen Sie, das war alles. Ich hätte nicht geglaubt, daß damit
das Unheil begann.
Denn als sie den Strauch kahlgefressen hatte, sollte sie wie
der herunterkommen - sie kam aber nicht. Sie hatte ganz einfach Angst. Da dachte ich mir: Hier muß der Mensch eingrei-
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Unter vier Augen 9- - - - - - - - - - -
• • • •• · ~ ~ t " ' " : < - , ~ · E ; . 1 ' . . ' ~ ~ ~ : t ~ J 1 • ~ · ~ · · . ' r 1 . ' . ' ~ H ~ • t ' k , , . . r ' l f 1 1 - ~ J J f h ~ l 1TNl»L•. . lof, . . • l l J • ~ - 1 1 . W l , ~ \ ' 1 1 , ~
fen mit seiner überlegenen Intelligenz und seiner Barmherzigkeit - der gute Hirte sozusagen - und muß die Kreatur retten.Also kletterte ich hinauf.Hinter mir brachen beiläufig gute siebzig Zentimeter des schma-len Felsenweges ab und rutschten in die Tiefe ... ich finde, die
Qualität der Gebirge hat sich im Gegensatz zu früher sehr ver-schlechtert. Bis zur Straße hinab waren es fast zehn Meter ...
ich weiß nicht, wie es kam, aber nach rückwärts zu gehen,hatte ich keinen rechten Mut. Nach oben zu führte überhauptkein Weg, das wußte auch die Ziege schon. Allmählich wurdees langweilig; ich nahm auch an, in derNacht würde es regnen.Da faltete ich die Hände, schloß die
Augen und richtete einige Worte an Pan,
den Gott der Ziegen. Das half sofort,denn mit bedächtigem Wanderschrittkam unten ein Mann des Wegs daher,vermutlich ein Feriengast aus dem nahenKurort. Endlich war er heran.»Guten Abend « sagte ich von oben herab,jedoch mit fester Stimme.Er erschrak, blickte sich nach allen Sei-
ten um und hatte mich endlich erspäht.
Lange betrachtete er mich, dann sagteer zögernd: »Es geht Ihnen doch hoffentlich gut, wie?«
»Das schon, aber ich möchte gerne herunter ... auch ist es Essenszeit.« Er nick-
te. »Bitte schön ... frei ist der Bursch ...
••
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die Straße steht zu ihrerVerfügung. Was gibt es denn bei Ihnenheute abend? Auch Käse?«
Unschwer erkannte ich in ihm einen Geistesverwandten. »Lie-
ber guter Mann«, raffte ich mich auf, »so kommen wir nicht wei-ter ... ich kann nicht runter, der Weg ist hinter mir abgebrochen... dort unten bei Ihnen liegen die Trümmer.«
»Ach was Ihr jungen Leute von heutzutage habt eben keinenMut Ich komme Ihnen entgegen.« In unglaublich kurzer Zeitstand er an der gefährlichen Stelle. »Los « sagte er.
»Holen Sie lieber einen Strick«, sagte ich.
Da schnaubte er verächtlich durch die Nase, sprang und lan-
dete in meinen Armen. »Sehen Sie, Sie Hasenfuß «
Langsam trennte sich.von dem Kletterpfad ein metergroßes
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Eigentlich geben wir
beide doch noch eine
recht gute Figur ab
Otto <<
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9 Unter vier Augen
Stück ab, die Trümmer legten sich unten sauber neben die anderen.»Ich glaube, jetzt ist es ganz aus«, sagte ich und reichte ihmmein Etui. »Rauchen Sie?«Mechanisch griff er zu, paffte schweigend vor sich hin und be-
••
trachtete seinen zerrissenen Armei.»Was nun?« drängte ich.Er lachte bitter. »Keine Sorge In etwa fünf Minuten wird meinWeib mich vermissen. Sie ging nur mal eben seitwärts in denWald. Sie besitzt die Eigenschaft einer Klette und folgt meinerSpur todsicher. Wie ich ihr allerdings meine Anwesenheit hieroben erklären soll ... ich befürchte das Schlimmste.« Er zuckte die Achseln.»Mann«, sagte ich, »schließlich haben Sie doch eine Bomben
ausrede. Hilfsbereitschaft der Tat ... und so weiter ... das im-paniert den Frauen immer «Sie ist natürlich kein Engel sondern zeigt
durchweg menschliche Eigenschaften.
»Und der zerrissene Ärmel? Ich nehme an, Siesind ledig?«»Ja«, sagte ich.
Er winkte müde ab. »Wer sind Sie eigentlich? Sie sind doch keinEingeborener? Und warum ist Ihr Gesicht so schwarz?«Es lagmir ferne, wahre Auskunft über mich zu geben. »Ich entstamme altem Hirtengeblüt«, bog ich aus, »vormals waren
meine Ahnen die Mächtigsten im Land und ihrer Ziegen Zahlwar nur zu schätzen. Diese eine hier ist die letzte, die mir verblieb im Wandel der Zeiten.« Ich deutete auf Tante AgathesZiege und rückte Onkel Oskars Hut verwegen aufs Ohr. Dabeientging mir nicht, daß mein Retter ängstlich von mir abrück-te, so gut es die Örtlichkeit erlaubte.Dann kam sein Weib. Als ich ihr zurief, sie möge um Gottes willen unten bleiben, tippte sie sich nur an die Stirn und fragte,ob wir es noch eine Stunde aushalten könnten, ohne neue
Dummheiten zu machen. Wir bejahten es, und es frappiertemich von neuem, wie schnell Frauen eine Situation erfassen.»Und wir sprechen uns dann heute abend«, sagte sie zu meinem Gefährten und blickte ihn irritierend an.»Wie du willst, liebe Emma«, sagte er.Dann eilte sie davon. Wahrhaftig, sie eilte Sie muß ihn dochsehr lieben, dachte ich und machte ihn darauf aufmerksam.Aber er beachtete mich nicht.Nun hatten wir wieder etwas Zeit für uns. Ich versuchte daher,
ein Gespräch anzufangen über Schroffen und Schründe, über
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ntervier u en
Eispickel, Kamine und Steigeisen - wovon eben Bergsteiger so
sprechen bei kurzer Rast in der Wand. Der Gesell neben mir
jedoch war verstummt. Wenn ich es recht bedenke, so hörte ich
seine Stimme zum letzten Male als er sagte: »Wie du willst,
liebe Emma.«-
»Seidihr
zwei Deppen noch da? «erklang es plötzlich von oben.Ich blickte hoch. Kaum vier Meter über uns stand das Weib mei-
nes Bergkameraden und schauteuns mißbilligend an. Wie kam die
Frau da hinauf? Als sie meine st rren Blicke bemerkte, zog sie sich
schnell zurück - n ja, keine Dame
liebt es, von unten betrachtet zu
werden. Aber dann stand an der
gleichen Stelle plötzlich ein Mädchen, ein Mädchen ... was sage ich?
ein Engel stand dort Ich beschloß
sofort, sie zu lieben, und tr t einen
Schritt zurück, um sie genauer ins
Auge zu fassen. Für meine Person
hätte ich dadurch beinahe das Pro
blem des Ortswechsels auf einfache
Art gelöst, aber mein Kumpan er
griff mich rechtzeitig am Gürtel. Ich
sah nur noch, daß auch mein Engel
zurückwich.
Dann warf man uns das Seil zu und
wir verknoteten zunächst die Ziege.
Als sie, von kundigen Männern ge
zogen, nach oben schwebte, fraß sie
schnell noch den oberen Zweig den
sie vorher nicht hatte erreichen kön
•
nen, vom Strauche. Tiere sind in allen Lebenslagen praktisch.
Jetzt war mein Retter an der Reihe. Schweigend drückte er mir
die Hand, und auch ich wollte die Stunde nicht durch Worte
entweihen. Sein Weib war da von anderer Art und machte sich
rechtschaffen bemerkbar. Schließlich war auch ich oben an
gelangt. Mein Kamerad und seine Gattin schritten bereits in
angeregter Unterhaltung auf der Landstraße davon. Wahr
scheinlich wurde ihm gerade verziehen. Die Seilmänner woll
ten mich jetzt ausfragen, aber ich spielte den Dummen, pack
te mich bei den Rockaufschlägen und warf mich gegen einen•
9
Größe4
war wiedermal nicht zu haben
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Nicht so schnell, Papa,
Klaus-Dieter kommt
nicht mit <<
•
nter vier Au en
Baum. Dabei sagte ich ganz schnell die Gewinnzahlen des
Leipziger Lottos vom letzten Sonntag her und verschwieg auch
die Quoten nicht. Dies machte einigen Eindruck, und plötzlich
war ich allein. Nur das Mädchen und ein anderes weibliches
Wesen standen noch da.
»Schade um den Menschen«, sagte sie traurig, »er sieht eigentlich ganz gut aus. Wo mag er sich nur so geschwärzt haben,
der Arme?« Dann gingen sie den andern nach.
Und das mit Onkel Oskars altem Hut 0 du mein Engel -
Ich will Ihnen nicht berichten, was Tante Agathe sagte, als wir
zurückkehrten, das ist nicht wichtig. Wichtig ist, daß ich am
nächsten Tag meinen feinen Anzug hervorholte. Sie kennen
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ihn - der Schlips ist taubengrau mit gelben Tupfen. Wenn ich
ihn trage, bemerke ich oft, daß schöne Frauen mit rätselhaft
sinnenden Blicken mir nachschauen. Naja ... und dann lief ich
in den Kurort und suchte meinen Engel. Nachmittags erst traf
ich sie ... und dann redete ich und erklärte ihr und ... seit einem
Vierteljahr ist sie meine Frau. Sie ist natürlich kein Engel, sondern zeigt durchweg menschliche Eigenschaften; aber sie ist
immer lustig und sehr lieb ... und ich hätte ihr gleich gefallen,
sagte sie. Eines ist ganz merkwürdig: Seitdem sie den Oberbe
fehl über mich hat, passieren mir keine »tollen Dinger« mehr
und mein Leben verläuft ruhig und normal.
Ziegen halten wir keine.
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„Ja sogar in einem Seehafen "
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Hans-Joachim Stein
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»Geliebte Lisa Nun kommt die Zeit, da im Garten die Mistbee
te bestellt werden, und es drängt mich, Dir von meinen Gar-
tennöten zu schreiben. Alle Kollegen verlangen, daß ich mich
dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben widmen soll.
Aber ich will mich nicht. Die Ziegen sind gesund, ich leider
nicht, denn meine Nerven halten die dauernde Belästigung
kaum noch aus. Du in der Kleinstadt hast es gut Keiner spricht
dort von Kultur und so. Onkel Karl hatte Grippe, Tante Minna
einen leichten Husten, und der Großvater ...« -
»Meine Liebe Ich habe den Angorakaninchen Birkenwasser
ins Fell gerieben, damit endlich die Haare wachsen. Im Betrieb
versucht man auf jede Weise, mich für Theater, Konzerte und
Vorträge zu interessieren. Aber ich sage immer: Bleibe im Gar-
ten und jäte redlich. Und wenn ich auch Bestarbeiter bin, so
kann man doch nicht verlangen, daß ich mir noch den Kopf über
>Faust< oder über politische Probleme zerbreche. Ach ja, alles
ist ein Jammer. Paul nennt mich dauernd >Zwiebelprofessor< und
sagt, ihm wäre ein Theaterstück lieber als zehn verkrüppelte
Radieschen. Ich bin sehr erschüttert über diesen Verrat eines
früheren Gesinnungsgenossen, denn auch Paul hat einen Gar-
ten. Wenn er auch behauptet, er könne beides - ins Theater
gehen und den Garten bestellen - so weiß ich es besser. Der
Garten verlangt den ganzen Mann, und ich sehe mit Betrübnis,
wie Pauls Gartenbaumoral verfällt. Aber ich wanke nicht Bes-
ser ein Radieschen in der Hand als eine Beethovensymphonie
im Ohr. Onkel Karl hatte Grippe, Tante Minna ...« -
»Lisa Ich bin sehr erschüttert über Deine Zeilen Du schreibst,
meine Briefe seien langweilig, und ich solle nicht immer nur
von meinem blödsinnigen Garten schreiben. Es hat mich sehr
getroffen, weil nämlich mein Garten nicht blödsinnig ist und
meine Briefe nicht langweilig sind. Ich werde Dir das gleich be-
weisen. Onkel Karl hatte Grippe. Gestern haben wir sehr ge-
lacht, denn Tante Minna hat eine Tasse zerschmissen. Vom
Garten werde ich Dir nichts mehr schreiben, außer, daß er
mein ein und alles ist. Gestern habe ich den Blumenkohl ver
schnitten und den Hühnerstall grün gestrichen, weil die Hüh-
ner in letzter Zeit keine Eier mehr legten. Oskar meinte, den
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Hühnern fehle Grünes. So habe ich Oskars Rat befolgt, denn
Oskar ist ein kluger Mann und versteht etwas vom Garten.
Nun siehst Du, daß ich auch sehr lustige und interessante Brie-fe schreiben kann. Onkel Karl hatte Grippe, ich bin ewig DeinEdmund.«-
»Liebe Freundin Ich muß Dir leider mitteilen, daß Tante Minnagestern die Treppe runtergefallen ist, welches Ereignis mich
sehr erschüttert hat. Außerdem muß ich Dir einen ernsten Vor-wurf machen. Du schreibst, wenn ich nicht bald meinen Gar-tenfimmel ablege, wirst Du Dich anderweitig verlieben. LiebeLisa Ich bin immer einsam gewesen mit meinem Garten. DieEnttäuschung würde mich zwar treffen, aber nicht töten. Ichbin einem Pflaumenbaume ähnlich, der durch
einen harten Winter zwar mitgenommen wird,
aber nichtsdestoweniger im nächsten Frühlingwieder blüht. Schließlich habe ich mein Kres-sebeet und kann die Menschen entbehren. Au-ßerdem bin ich gar nicht so kunstfeindlich wieDu denkst. Erst gestern habe ich im Garten
Kunstdünger gestreut. Was willst Du also?
Onkel Karls Grippe ist heute etwas schwächer,
sicher freut Dich das. Tante Minna hat ... « -
»Verehrtes Fräulein Soweit ist es also schon.
Weil ich nicht ins Theater gehe, fühlen Sie sichbemüßigt, mit einem fremden Mann namens
Willi ein Konzert zu besuchen. Nun gut, ich
brauche kein Konzert, ich habe meinen Schnitt
lauch. Es hat mich bitter enttäuscht, daß Siegenauso wenig wie meine Kollegen etwas über
meine gartentechnischen Fähigkeiten, die Siedie Freundlichkeit hatten, mit >Fimmel<zu bezeichnen, übrig
haben. Ich erwarte bis nächste Woche Ihre Entscheidung: Er
oder ich. Edmund. (Übrigens hat Onkel Karl wieder Grippe.)« -(Anrede fehlt.) »Sie haben sich also entschieden, ich begrüße
das Ich sehe auch langsam ein, daß eine Frau, die derartig an
meinen Gartenarbeiten uninteressiert ist, nicht zu mir paßt.
Also haben sich unsere Wege getrennt, und so bitte ich Sienur, mich in Zukunft zu vergessen. Einsam werde ich in mei-nem Garten sein, einsam, aber glücklich und froh Und das
kann ich Ihnen sagen: Im Schweiße meines Angesichts werde
ich meine Johannisbeeren ernten.
PS. Es wird Siev i e l ~ e i h t
interessieren, daß jetzt Tante Minnadie Grippe hat.«
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Schatz ist dein b on-
des Haar natürlich oder
gebleicht?< >>Natürlich
gebleicht <<
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nter vier Au en
Rolf Pester
Ich behaupte keineswegs zuviel wenn ich sage daß ich von
Natur aus ein gewissenhafter Mensch bin. Morgens finde ichmich pünktlich am Arbeitsplatz ein und abends gehe ich mit dergleichen Pünktlichkeit nach Hause. In der dazwischenliegendenZeit verrichte ich meine Arbeit zu allseitiger Zufriedenheit. Doch
in jedem Menschen steckt bekanntlich ein mehr oder wenigergroßes Exemplar jenes Beelzebubs der ständig auf der Lauerliegt um uns vom Pfade der Tugend abzubringen.Als ich morgens die Augen aufschlug blinzelte die Sonne sostrahlend freundlich durch die Vorhänge daß ich sofort Sehn
sucht nach Wasser Wiese und blauem Himmel bekam - an sicheine ganz unsinnige Vorstellung da heute kein Sonntag son-
dern ein ganz gewöhnlicher Werktag war an dem
Ein Blick auf mich schien ihm die ich wie üblich um sieben ins Büro zu marschierenfällige Erleuchtung zu geben hatte. Doch die Vision ließ sich nicht verscheuchen
selbst dann nicht als ich bereits auf dem Bettrandsaß und mit gekrümmten Zehen nach den Pantoffeln angelte.Weiß der Teufel woher ich den Mut nahm - jedenfalls war ichplötzlich fest entschlossen heute dem Büro den Rücken zu
kehren und einmal regelrecht blau zu machen. Die aufkeimenden Bedenken beschwichtigte ich mit der Feststellung daß ichbisher ein Muster an Pflichteifer gewesen und es deshalb drin
gend erforderlich sei den zermürbenden Trott des Alltags kühnzu durchbrechen um nicht gänzlich zu verknöchern.Ich packte also mein Badekrämchen und zog frohgestimmt hin
aus in die Natur. Ich suchte mir einen einsamen Waldsee heraus an dessen Ufern ich meine bleiche Bürohaut ein wenig an
zubräunen hoffte. Ein grasbestandenes Plätzchen nicht weitvom Wasser fand meinen Beifall. Ich entfaltete meine Deckestieg aus meinen Kleidungsstücken und hängte sie an die be
nachbarten Büsche ...Eben wollte ich mich behaglich ächzend hinstrecken als ausdem Blätterwerk neben mir plötzlich ein weiblicher Kopf mitüberschwerer Sonnenbrille herausfuhr und mich empört an
fauchte: »He Sie was machen Sie denn hier?«
Man wird meine unangenehme Überraschung begreifen. War
ich doch der festen Überzeugung hier weit und breit das ein
zige lebende Wesen zu sein. Deshalb entgegnete ich ziemlichunhöflich: »Was wollen Sie denn?«
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Mit diesem kämpferischen Wortwechsel begann meine Be-
kanntschaft mit einer der reizendsten Weiblichkeiten die mirje begegnet war. Wir verbrachten zusammen einen zauberhaften Tag voll Sonne Lachen und Plaudern. Es stellte sich heraus daß sie Urlaub hatte - den letzten Tag übrigens - und
morgen in einem neuen Betrieb als Direktionssekretärin anfan-gen wollte.»Das trifft sich gut«, sagte ich erfreut. »Auch bei mir geht derUrlaub zu Ende. Sehr schade wirklich.«Wrr blieben bis z m Einbruch der Dämmerung, dann gingen wirgemeinsam zur Stadt und verabredeten uns an ihrer Haustürfür den nächsten Abend.
Zuvor aber kam erst einmal der nächsteMorgen.
»Wo haben Sie denn gestern gesteckt?«empfing mich mein Abteilungsleiter sofortmit der gefürchteten Frage auf deren Be-
antwortung ich mich allerdings gründlichst vorbereitet hatte. »Im Bett« sagteich mit schwacher Stimme und jener leid-
zerquälten Miene, die ich mir auf alle Fällebereits beim Betreten des Betriebes zuge-
legt hatte. »Ich war krank. Ich wollte
unter allen Umständen kommen, aber esging einfach nicht. An der Haustür bin ichbewußtlos zusammengebrochen.«»Schrecklich. Sie sehen in der Tat garnicht gut aus« sagte er mit besorgtemBlick. Ich lächelte mitleiderregend.»Ja, ich bin auch keineswegs wohlauf«, ent-gegnete ich mit noch schwächerer Stimme. »Doch man muß die
Zähne zusammenbeißen - man kann ja nicht im Bett bleiben.«
»Ich möchte Sie am liebsten noch mal noch Hause schicken«überlegte er.
»Auf keinen Fall«, wehrte ich mich. »Es wird schon gehen. Be-
stimmt.« - »Nun gut«, sagte er. »Trotzdem werde ich Ihnen fürheute eine leichtere Arbeit zuweisen. Kommen Sie « - »Vielen
Dank«, murmelte ich demütig. Wrr gingen durch einige Zimmer.
Er öffnete eine Tür und ließ mich eintreten. »Kollegin Steinbeck hier bringe ich Ihnen einen Kollegen, der Ihnen etwas zurHand gehen ...«Er unterbrach sich und sah mich forschend an.
»Was ist mit Ihnen? Wrrd Ihnen wieder schlecht?«•
Ich war jäh erbleicht und stan·te mit entsetzten Augen auf die
' .
>>Entschuldigen Sie
Herr Postrat aber bei
dieser Hitze ...«
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weibliche Gestalt, die sich uns jetzt zuwandte. Heiliger Strohsack ... das war keine Halluzination, das war doch meine rei-
zende Bekanntschaft vom gestrigen TageAuch auf ihrem Gesicht malte sich Überraschung. Wäre sie,was ich in diesem Moment brennend gewünscht hätte, eine
Frau wie tausend andere gewesen, so hätte sie zweifellos in Ge-genwart eines Vorgesetzten unsere Bekanntschaft nicht ruchbar werden lassen. Aber sie war nun eben mal eine besondereFrau, eine mit außergewöhnlichem Temperament und ohne Ver-
stellungskünste. Mit strahlendem Lächeln kam sie auf mich zu.
»Na, das ist aber eine Überraschung « Das ist es ohne Zweifel,
dachte ich erschlagen und verfluchte meine Unfähigkeit, nichtaugenblicks mit Donnerschlag und Rauchentwicklung in den
Boden versinken zu können. Da ich solches nicht vermochte,
kam alles so, wie es kommen mußte.»Sie kennen sich?« fragte mein Abteilungsleiter erstaunt. Ichbrach in wütendes Hüsteln aus. Zwecklos. Ihr ging jeder Sinnfür Diplomatie ab.»Natürlich«, sagte sie fröhlich, »wir trafen uns doch gesternbeim Baden «
Wenn ich nicht im Augenblick Mittelpunkt des Geschehens ge-
wesen wäre, hätte ich über sein Gesicht laut lachen müssen.»Beim Baden«, fragte er verständnislos.» Gestern? Ich denke ...«Er brach ab. Ein Blick auf mich schien ihm die fällige Erleuchtung gegeben zu haben. Jetzt fühlte ich mich wirklich krank.Er schwieg eine peinliche Weile. Schließlich sagte er, langsamund jedes Wort betonend: »Daß Sie krank waren, glaube ichIhnen ohne weiteres, lieber Kollege. Nur haben Sie sich an-
scheinend in der Diagnose Ihrer Krankheit geirrt. Sie warennicht bewußtlos, sondern eher, hm, bewußtseinslos, wie?«
Ich räusperte den imaginären Kloß hinweg, der mir im Halsesteckte. »Ahem«, sagte ich beschämt, »Sie haben recht ... «Damit war der Fall erledigt. Als ich mich am Abend mit mei-
ner undiplomatischen Bekanntschaft traf, fragte sie schuldbewußt: »Jetzt sind Sie mir sicher sehr böse, nicht?«
»Im Gegenteil«, sagte ich und blinzelte sie zärtlich an. »Wenn
Sie nämlich nicht gewesen wären, hätte ich wahrscheinlich Ge-
schmack an der Sache gefunden und wieder mal blau gemacht.«
»Sehn Sie, verehrter Kollege«, lächelte sie schelmisch, »das
freut mich. Hier liegt nämlich der Hund begraben. Meiner An-
sicht nach lohnt es nicht, für einen einzigen blauen Tag wochen-
lang rot werden zu müssen «
Ganz unter uns: Für diese Antwort bekam sie den ersten Kuß.
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Unter vier Augen
Erich Brehm
Ende April, am Sonntagnachmittag, geht Oskar mit Lenchen
spazieren, was ausschließlich auf Lenchens Drängen zurückzuführen ist. Oskar wäre lieber zu Hause geblieben. Lenchenmacht Oskar darauf aufmerksam, wie schön die Sonne scheint.
Oskar sieht in seinem Taschenkalender nach. »Die Sonne solldas sein?« sagt er. »Da sieht man wieder einmal, wie die Praxis trügt Die Sonne ist schon um 15 Uhr 32 untergegangen.Was wir da sehen, ist also nur eine optische Täuschung Du
solltest einmal das Buch >Theorie der Täuschungen< lesen, Len
chen. Sehr interessant, sage ich dir « - »Aber die Sonne
scheint doch « sagt Lenchen. »Sie scheint? Sie scheint zuscheinen « sagt Oskar streng und versucht zwei Sekun-den lang in die optische Täuschung zu sehen. Dann
schließt er geblendet die Augen und klopft auf den Kalen-der. »Die Zeitangaben hier«, sagt er, »sind auf Grund theo
retischer Erwägungen errechnet. Die stimmen « - »Viel•.;.„
•
1 5
leicht ist es ein Druckfehler«, sagt Lenchen. »Theoretischbesteht diese Möglichkeit«, sagt Oskar und sieht noch
einmal nach. »Nein«, sagt er dann nach eingehender Prü
fung, »du irrst, Lenchen Die Daten stimmen - nur habeich statt bei der Sonne beim Mond nachgesehen.«
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Die nun auch theoretisch anerkannte Sonne strahltfreundlich auf die beiden, die sich am Waldrand niedersetzen. Oskar holt sofort ein Buch hervor und beginnt »Die Theo
rie des Irrtums« zu lesen. Da summt etwas durch die Luft und
klatscht auf Oskars Buch. »Sieh da«, sagt Oskar, »der ersteMaikäfer « - »Aber Oskar«, sagt Lenchen. Ich weiß, was du
sagen willst«, sagt Oskar, »du meinst, theoretisch dürfte der
erste Maikäfer frühestens am ersten Mai erscheinen, aber esgibt eine Theorie, nach der die ersten Maikäfer auch schon im
April auftauchen können, wenn wir nämlich ein warmes Frühjahr haben « Damit greift Oskar nach dem ersten Maikäfer, derdaraufhin etwas völlig Unvorhergesehenes tut: Er sticht Oskar
kräftig in die Hand »Au, au«, jammert Oskar und sagt dann em
pört: »Also, das ist doch die Höhe Theoretisch hätte mich der
Maikäfer gar nicht stechen dürfen, weißt du « - »Es war ja
auch eine Hummel « sagt Lenchen. Oskar freut sich, denn theo
retisch ist damit für ipn wieder alles in Ordnung. Praktisch allerdings läuft er mit einer geschwollenen Hand umher.
>>Aber Liebling sei bitte
pünktlich das Essen ist
gleich fertig <<
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1 6 Unter vier ugen
ansjoachim Riegenring
»Guten Tag«, sagte ich, »ist ...
»Er ist zu Hause«, erklärte die Dame an der Tür, und die Worteflossen aus ihrem Munde wie konzentrierte Schwefelsäure. »Er
ist zu Hause, dieser ... Das Ende des Satzes zennalmte sie
knirschend zwischen den Backenzähnen. Dann, zwei Grad wärmer: »Na, Sie können ja nichts dafür.«
»Bestimmt nicht«, beteuerte ich eilig. »Ehrenwort Worum han
delt es sich denn?«
Sie zog mich in den Flur. Sie schloß die Tür, drehte den Schlüs
sel zweimal herum, schob den Riegel vor und sicherte die Kette.
Was erforschen die Wissenschaftler Dann atmete sie so tief ein, daß ich für einenMoment im luftleeren Raum stand. »Ihr
Freund«, kam die Luft, zu Worten verunstal
tet, wieder heraus, »Ihr Freund, das ist
nicht alles Aber über die Probleme eines
liebenden Untermieters schreibt keiner
ja, nein, so etwas in meiner Wohnung Ich werde, und zwar
heute noch ...«
»Ich muß Ihnen völlig recht geben«, sagte ich hilfreich.
»Nicht wahr? Bringt doch dieser Mensch ... hier, das habe ich
beim Aufräumen in seinem Zimmer gefunden.«
Aus der Schürzentasche holte sie einen - oh»Das ist ja ...«
»Jawohl, das ist eine Frechheit Ausdrücklich habe ich ihm Da
menbesuch untersagt. Und nun das « Sie hielt mir den Büsten
halter unter die Nase. Er roch nach Lavendel. Ich versuchte,
aus Form und Größe auf seine Besitzerin zu schließen. Siemußte - olala»Na?« riß mich die Dame aus meinen Lavendelträumen.
»Unerhört « nickte ich. Was hatte Sigmund bloß wieder ange
stellt? Ich mußte ihm natürlich helfen. In meinem rechtenGroßhirn blitzte ein Gedanke auf, raste ins Sprachzentrum,
setzte meinen Kehlkopf in Schwingungen und fuhr als wohlgeformte Lüge aus meinem Mund. »Die Sache ist ganz einfach zu
erklären. Mein Freund hat vorübergehend die Vertretung für
eine Miederwarenfinna übernommen, und da ist wohl - ja, so
wird es sein.« Ich riß die Tür zu Sigmunds Zimmer auf. »Sig
mund« - ich blinzelte ihm heftig zu - »du hast wohl ein Stück
aus deiner Musterkollektion verloren hier ... «
Sigmund sah mich, die Wirtin, den Büstenhalter. »Aber natürlich«, rief er sichtbar erleichtert, »den suche ich schon den gan-
•
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1 7nter vier ugen-===================-------------=---================
zen Tag in meinem Musterkoffer. Schönen, heißen, herzlichen,
lieben, vielen Dank « Er schloß die Wirtin in seine Arme und
dann die Tür hinter ihr zu.
»Entsetzlich«, stöhnte er entsetzlich, »daß Dagmar ihre Sachen
nie zusammenhalten kann.« - Wer ist Dagmar?« - »Oh, Dag
mar ...«Seine Hände streichelten die zarten Spitzen des Dingsda, und ich fürchte, in seiner Phantasie streichelte er etwas an
deres. »Ein Mädchen ... « - »Dachte ich mir doch Und wie
kommt die Dame hierher?« Er schmunzelte. Erinnerungs-
schwanger. »Meine Wirtin war einen Tag
verreist, naja - ein Untermieter ist doch
auch ein Mensch «Welch ergreifender Auf schrei einer ge
knechteten Seele. Ein Untermieter ist doch
auch ein Mensch Sprechen wir es ruhigeinmal aus. Ein offenes Wort Jeder von
uns, jeder Mensch auf der Welt, reich oder
arm, darf den Menschen, den er liebt, an
seinen Busen drücken. Nur der Untennie
ter nicht. Vor seinem menschenleeren Bett
sitzt (symbolisch ) die Wirtin, die Gralshü
terin seiner Moral, seiner Tugend. Er lebt
wie ein Mönch. Wie ein Mönch? (Sprich
wort: Der Mönch lebt nicht vom Brotallein ) Schlimmer als ein Mönch. Was er
forschen die Wissenschaftler nicht alles:
•
i
„
•
die Nöte der Jugend, die Gefühle der Frau, das Verhalten des
Mannes - über die Probleme eines liebenden Untermieters
schreibt keiner. Da liegt der Fuchs im Pfeffer Auch ein Unter
mieterherz sehnt sich nach Liebe, und das nicht nur zur Som
merszeit.
»Es ist entsetzlich«, jammerte Sigmund und fragte mich, »was
soll ich nur machen? Du bist Schriftsteller-fällt dir nicht vielleicht trotzdem etwas ein?«
Ich sprach mit seiner Wirtin. Ich erklärte ihr, daß ein Mann
nicht immer nur im »Magazin« lesen könne. »Das ist aber bes
ser«, behauptete sie. Und ganz vertraulich: »Ich weiß das, ich
habe auch mal möbliert gewohnt, und einmal besuchte mich
mein Freund, heimlich, ich hatte solche Angst, daß meine Wir
tin hereinkommt.« - »Und kam sie?« - »Nein, aber wir mußten
ganz schnell heiraten.« - »Lohn der Angst«, murmelte ich. Sie
kochte mir e.inen Kaffee, der mein Herz springen ließ wie eingedoptes Rennpferd. Sie würde gern wieder heiraten, säusel-
Und wenn schon
Herrenbesuch, dann
nur Cousins.«
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Unter vier Augen
te sie mir ins Trommelfell, wenn der richtige Mann ... Ich konn-te mich noch rechtzeitig verabschieden.
»So ists richtig«, schäumte Sigmund (er war beim Zähneput
zen), »fremde Tugenden bewachen und selbst - ha Wer im
Steinhaus sitzt, soll nicht mit Gläsern werfen « Er goß Kognak
ein. Dann tranken wir noch einen. Und noch einen. »Wenn alleMenschen«, schrie Sigmund, »in Untermiete wohnen würden,
wäre die Menschheit längst ausgestorben « Er trank.
»Jawohl«, brüllte ich. »Die Zimmervermieterinnen sind der Un-
tergang der edelsten menschlichen Gefühle.«
Vor der Tür schrie jemand empört auf.»Man müßte«, überlegte ich, »deiner Wirtin ein Schlafmittel in
das Essen schütten. Genau dosiert.« Ich trank.
»Wie das, Freund?« fragte Sigmund gierigen Ohres.
»Zum Beispiel so: Deine liebe, süße Dagmar besucht dich. DreiStunden Liebe - also muß die Wirtin drei Stunden schlafen.«
»Drei Stunden?« Sigmund war empört. »Ich will meine Dagmar
ewig lieben «
»Demnach müßte die Wirtin ...« Ich rechnete. »Oh, das geht
nicht. Aber ich weiß was. Gegen männlichen Besuch hat deine
Wirtin doch nichts?« - »Nee«, kicherte er, »sondern ganz im Ge-
genteil.« - »Dann schick sie mal zu mir « - »Meine Wirtin?«
fragte Sigmund erstaunt. Ich verließ ihn wortlos. Die Flasche
war sowieso leer.Es macht den Frauen viel Mühe, eine gute Figur zu bekommen.
Es macht noch mehr Mühe, sie zu verbergen. Dagmar hatte eine
sehr gute Figur. Das Jackett saß sehr straff. Meine Oberhem-
den paßten sich allerdings der ihnen ungewohnten Situation
gut an. Ich brachte Dagmar bei, wie sich ein Mann benimmt.
Beim Rauchen, Trinken, einer Dame gegenüber. Sie lernte er-
staunt, daß ein Mensch auch ohne Lippenstift und Nagellack
lebensfähig ist. Sigmund stellte sie seiner Wirtin vor. »Ein
Freund von mir. Ein begeisterter Schachspieler wie ich.«
»Ein netter junger Mann«, flüsterte mir die Wirtin zu. Und eines
Tages erzählte sie mir auf der Straße, wie höflich Sigmunds
Freund sei. Er brächte ihr immer Blumen mit. »Und ein gera
dezu fanatischer Schachspieler, sage ich Ihnen. Dreimal in der
Woche spielen die beiden ganze Nächte durch «
Es ist doch ein wundervolles Gefühl, einem Menschen zu hel-
fen. Und die beiden sind mir so dankbar - Moment, der Brief-
träger. Ein Brief von Sigmund.
» .. muß ich Dir leider mitteilen, daß alles vorbei ist. Meine Wir-
tin will unbedingt Dagmar heiraten.«
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110 o wir sind ist vornmm u:: "' c saz:•-._._, 11::c 2111• I I •
Hans Krause
O
Ausgehend von der trauten Tradition des Briefstellers für Lie-
bende, Denkfaule und Steuergeschädigte hat Herr Dr. Dr. h.c.Weihrauch kürzlich einen Knigge für Selbstkritiker herausgegeben, dem wir die folgenden Modell-Referate für die Land-
wirtschaft entnehmen:Selbstritik bei ritik von unten
Diese Variante erfordert keinerlei Vorbereitungen. Um sie zu be-
herrschen, muß man nicht einmal sich selber beherrschen.»Liebe Genossen (mit einer Stimme, wie sie Cäsar gehabthaben mag, als er sterbend das klassische Zitat »Auch du meinSohn Brutus « herausließ) Ich bin von euch kritisiert worden
Obwohl ich wie ein Vater zu euch war und euch jede Prämievon den Augen abgelesen habe. Ich gebe euch 30 SekundenZeit, eure voreilige Kritik zurückzunehmen Fall dies nicht ge-
schieht - na schön, ich kann auch anders Wenn ihr denkt, ichmache mich hier mit meiner Selbstkritik zum Dorfaffen, dannirrt ihr euch. Mein Leitungsstil paßt euch nicht? Nun gut, ihrwerdet euch noch wundem. Ich werde euch einen Leitungsstilhinlegen, daß ihr Stielaugen kriegt, Freunde - Ende «
B Selbstkritik bei ritik von oben
Entscheidend für den Erfolg dieser Variante ist die richtige Dif-
ferenzierung. »Einen Schritt zurück und zwei Schritte vor «, wie
man in Abwandlung eines Lenin-Zitats formulieren könnte.»Werte Genossen (sachlich, aber nicht zu unbeteiligt) Ihr habtmich kritisiert Nun gut, ich bin nicht nachtragend. Um so we-
niger, da ich weiß, daß ihr es in guter Absicht getan habt. Ichwill damit nicht sagen, daß eure Kritik völlig unberechtigt ist.Aber so ein Leitungsstil ist schließlich kein Pappenstiel. (rhe-
torisch über sich hinauswachsend) Der muß wachsen, muß rei-
fen, muß sich entwickeln. (mit einer Überlegenheit, als hätteman mit dem Landwirtschaftsministerdie Schulbank gedrückt)Um so unverantwortlicher ist es, daß ihr diesen meinen Entwicklungsprozeß durch eure harte Kritik in eine ernste Krisebringt. (rasch einlenkend) Zugegeben, ich habe Fehler gemacht,aber wer ist schon frei von Fehlern? (wieder überlegener) Habtihr zum Beispiel bei eurer Kritik genügend Weitsicht waltenlassen, das Wozu und Warum genau bedacht, die Zusammen-
hänge genügend studiert? Keine Sorge, Genossen, ich bin der
letzte, der euch dieser durchaus menschlichen Mängel wegen
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Wo wir sind ist vorn 1 1 1- - - - - - - - - = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = ~ = = = = = = = = : ; ; ; ; ; : : ; : = = = = = = = ~
verdammen würde. Im Gegenteil, ich danke euch für eure helfende Kritik, jedoch nicht ohne euch zum Abschluß mahnend
zuzurufen: Bedenkt, Genossen, Kritik ist eine Waffe, mit derman leicht jemanden ernsthaft verletzen könnte « (Man falteruhig sein Manuskript zusammen und scheide in der schönen
Gewißheit, alles zerredet und nichts zugegeben zu haben.)C Selbstkritik bei Kritik von ganz oben
Bei dieser Variante ist darauf zu achten, daß die Wasserkaraffe gut gefüllt ist. Kleidung: Großer Selbstkritikanzug, asch
grau, gesprenkelt. Möglichst zwei, drei Nummern zu groß. Dasgarantiert einen besseren Schlottereffekt. Dar
unter Hemd, aber keine Krawatte.
»Hochverehrte Genossen (einfach, aber ein-
dringlich) Ich danke euch Ich danke euch für•
eure Kritik, die mir hart am Rande des Plan-V ; ~ ·
l
•• • •
•
. ,•
.. ;..
.._..
- ;;„
tiefs die Augen geöffnet hat. (Hier lasse man .w. · ·
die eben geöffneten Augen etwas feucht wer- ~ : ? . ~ den.) Als sechster Sproß einer achtköpfigen :
Gutskutscherfamilie (man lasse seine Her
kunft 30 Sekunden gewichtig im Raume stehen), war ich daran gewöhnt, die Zügel gele
gentlich etwas schleifen zu lassen. Hier lie
gen die tiefen Ursachen, wenn ich als Schritt
macher in der Landwirtschaft zwar immer bemüht war, alle Aufgaben zu deichseln, jedochohne durch allzu straffe Leitungsmethoden die
Pferde scheu zu machen. Ich bin zerknirscht.
(Mit einer Handvoll Kies in der Hosentasche
lassen sich hervorragende Wirkungen erzie- .
len.) Ich bin erschüttert (Unsere gebräuchli
chen Rednerpulte haben den Vorzug, daß man solche Erschüt
terungen sehr gut auf sie übertragen kann.) Aber ich bin auch
zutiefst geläutert und bereit, aus meinen Leitungsfehlern optimale Konsequenzen zu ziehen (man nehme einen langen Zug).
Das heißt, ich werde keine Mittel unversucht lassen, um mei
nen Leitungsstil im Sinne eurer Kritik zu überprüfen und zu
korrigieren. (Hier ist der Moment, wo man sich einige Male andie Brust schlagen kann. Ein Topfdeckel unter dem Hemd ver
stärkt den Eindruck, daß es sich dabei nicht nur um hohle Ver
sprechungen handelt.) Nochmals, Genossen, meinen aufrichtigen Dank « (Man bleibe noch einen Augenblick mit gesenktem
Haupte stehen un.d spüle dann mit dem Rest des Karaffeninhalts die ganze Angelegenheit hinunter.)
t
i
Frohen Sonntag-
morgen Liebling <<
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2
Ein Russe bestelltim Restaurantimmer fünf GläserWodka auf einmal.Irgendwann fragt
ihn der Wirt nachder Bewandtnis.Der Russe erzähltihm, daß sie im
Krieg fünf a m e r a ~den waren und dieAbmachung getroffen hatten, daß diejenigen, die am
Leben bleiben,immer für die anderen mittrinken.»Ich habe als einzi- -
ger überlebt und
trinke getreu unserer Abmachung fürdie anderen mit.«
Eines Tages be
stellt er nur vier .Wodka. »Was istlos?« fragt derWrrt »Nun«, sagt
der Russe, »ich binAntialkoholiker ge
worden.«
o wir sind ist vorn
Nils Werner
oi1to l41t 1t io tst·
ROHttlltZO
Vorgetragen vom HO-Filialleiter Schlicht
Ich bin ein Mensch mit viel Gemüt
und leider noch nicht abgebrüht,
und das betrübt mich sehr.
Ich herrsche über Brot und Salz,
Radieschen, Wurst, Sidol und Schmalz
und Pfefferminzlikör.
Und weil ich weichgesotten bin,
hab ich, zwecks Umsatz und Gewinn,die Dauerwurst poliert,
die Käseglocken abgestaubt,den losen Türgriff festgeschraubt
und Fleischsalat garniert.
Ich scherzte: »Na, was darfs denn sein?
Ein Viertel Wurst? Ein halbes Schwein?Ein Päckchen Scheuersand?
Hier ist ein Lutscher für das Kind ( ).
Sie staunen, daß wir höflich sind?Ich bitt Sie, küß die Hand.«
Der Lutscher und die Höflichkeit,
das sprach sich rum in kurzer Zeit
Ich war voll Zuversicht.
Da sagte meine Hilfskraft Kraus:»Das artet ja in Arbeit aus
Das geht natürlich nicht.«
Ich rügte sie. Das nahm sie krumm.
Jetzt steh ich hier alleine rumund werde nicht mehr froh.
Und außerdem: Das Fräulein Kraus
sitzt jetzt in einem Warenhaus
im Kundendienstbüro.
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........ · mit Deut Je li\ landund den darauffolgenden
Abzug aller
esatzungstruppen• •
„An dieser Stelle soll ich einen Rechenschafftsbericht abgeben?
- tffei
LESIR SIE UND ABONRIERIN 11
SOWJETISCHE ZEITS HRIFTEN
„ &1•1111tlltllfflntl'M- r i . „ . . . . „ „ „ . l t m M l l M l l o • ~ ...
MESHOUNARODNAJA KNJGA· ~ l - < \ . ...................... . . . , ' ' ' ' , ••„„•• c . - . . . . . . . ~ „ . ..,uu.
· „ · . - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~
Wer einen politischen Witz
erzählen will, leitet ihn ein
mit dem Satz: Ich bekämpfe
zur Zeit folgendenWitz
.. .<
ÜRFriedens·vertrau
un
demokratischeEinheit
ORTmit
·VG-Vertragund
„Ja, es ist de r Platz für unser Kulturhaus, dessen Bau Sie uns vor vier Jahren versprochen hatten. eneralkrieusvertrag
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114
ohn Stave
r
Marta Lehmann hat sich bei den Berliner Verkehrsbetrieben als
Schaffnerin beworben. Bei dieser Gelegenheit wurde ihr dieAufgabe gestellt einen Vortrag über das Thema »Der Obus -
ein Verkehrsmittel der Zukunft« zu halten. Der Bewerbung
wurde nicht stattgegeben. Der Wortlaut des Vortrages liegt
hier vor:
So ein Obus is ne feine Sache. Fährtuff Jummiräder und schuk
kelt deswejen nich so wie ne altherjebrachte Straßenbahn dieschienenjebunden is. Ein Obus is aus
weichbar - wie et inne Fachsprache
heißt. Und deshalb hat sich ooch unsre
Be-Vau-Je dazu entschlossen detjanzeStraßenbahnwesen langsam aba sicha
auszubauen und durch Obüsse zu aset
zen. Den ersten Schritt hat se jetan mit
den Obus 30 der im Berliner Osten
rum.kutschiert. Dafür hat se die Stra
ßenbahnlinie 65 injezogen wat mit det
Sparsamkeitsprinzip im Einklang zu
bringen is. Nu jibt et leida ville Arbei
ta die üba den Obus rummeckan. Diese muß ein enerjischet
Halt entjejenjeboten werden. Worüba rejen sich die Leute uff?
Sie sagen der Obus is ein langsamet Vehikel und die Be-Vau
Je will uns damit vascheißan - gelinde ausgedrückt: uffn Arm
nehmen. Wat is daran wahret? Et muß von Kreisen der Be-Va
Je zujejeben werden daß diesa ulkije Bus langsam fährt. Nu
Kollejen wat is dadran Schlimmet? Wer langsam fährt kommt
ooch zums Ziel. Oder: Wat lange fährt wird jut. Denn sagen
noch die Kollegen des der Obus so sehr stuckern . Dazu
möcht ick foljendet sagen: Obüsse müssen so sein weil sie
nämlich aufs Pflaster fahren während die Straßenbahn ihre
jleichjültigen Schienen hat. Ein Kollege hat sich sojar soweiterdreistet daß er foljendet ausjedrückt hat: »Et is schade um
denjanzen Draht den die Be-Vau-Je vaspannt hat. Und um denalten Eichen die se fürs Halten von den Draht entästet haben
dito.« Kollejen ick hab euch mal die janzen feindlichen Arju
mente uffjezeichnet damit ick ihr jleich am Boden zerstören
kann. Foljendet: Der Obus is eine jute Sache wenn ooch für
ihn das Arjument »Neue Obüsse kehren jut« nich stichhaltig is.
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Wo wir sind ist vorn
Aba - kommt Zeit kommt Draht - Verzeihung: Rat natürlich.
Inne Hauptstraßen ham wir Eisenmasten vawendet, nur in die
Nebenstraßen, wo sowieso keena so jenau hinkiekt, ham wa
alte hundertjährige Eichen vawendet. Und det Stuckern, Kollejen, hört mir ooch baldigst uff. Wenn ihr mal een Auge uff die
Wtlhelm-Pieck-Straße wirft, werd ihr sehen, des mit die Pflasterarbeiten bereits bejonnen wurde.
Jedenfalls steht so ville fest: Der Obus ist ein Verkehrsmittel
der Zukunft. Und wer inne Jejenwart noch lange rummeckat,
soll jefällichst die Straßenbahn nehm. Wenn die alladings -
wie im Fall von die 65 - injezogen is, denn hatta sich anje
schmiert. Ick jedenfalls danke die Be-Vau-Je für die Obus-In
richtung. Ick fahr nämlich jeden Tach sowieso nur U-Bahn.
Advent, Advent - ein Lichtlein brennt.
Kollege Klein hat s angemacht,und mit dem Lichtlein schleicht er sacht
zur LPG zum Lagerhaus,
dort holt er noch ein Lichtlein raus.
Ganz vorne glitzert weiß der Schnee,
und hinten brennt die LPG.Am Morgen kommt der ABV.
Er untersucht den Brand genau.
Und mittags kommt er zu dem Schluß,
daß dieser Brand gelegt sein muß.
Das war bestimmt Klein der Agent,
weil der die LPG gut kennt.
Doch diesmal hat er sich geirrt.
Der ABV den Fall entwirrt:
Denn die goldnen Zuckerrübensind draußen auf dem Feld geblieben,
erfroren zwar - doch nicht verbrannt,
gibt stolz die LPG bekannt.
Der Klein floh schnell nach Bielefeld
und wurde also nie gestellt.
Die LPG bekam nen Orden
Kreissieger wäre sie gewordenin schweren Klassenkampfmomenten
bei der Bekämp.fung von Agenten.dgar Külow
Greifvogel m t 3Buchstaben?ABV
5
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6 o wir sind ist vorn- - • • ,. . · - . , · · · •• • . } f fJ .
Lothar Kusche
t r
Oder: Was Hemingway sagen wollte
Ernest Hemingways Erzählung »Der alte Mann und das Meer«
1952) ist nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Interpre
tieren sehr gut geeignet. Ein alter kubanischer Fischer, seit
vierundachtzig Tagen ohne Beute, fängt einen Fisch, so groß,
wie er noch nie vorher einen Fisch gesehen hat. Der alte Mann,
allein in seinem Boot, besteht einen langen harten Kampf, zu-
erst mit dem großen Fisch und später, als er diesen getötet
und mühsam an seinem Boot festgebunden hat, mit den Haien.
Der alte Mann kämpft, so lange er kämpfen kann. Er unterliegt. Die Haie fressen seinen großen Fisch auf bis auf die
Gräten.
Es gibt viele Auslegungen und viele Ausleger. Der Berufs-Ana
lytiker starrt die Geschichte so lange an, bis sie, jedenfalls in
seinen Augen, durchsichtig, zu deutsch: transparent wird. Als-
dann gilt s, dem Dichter und seinen Lesern beizubringen, wel-
chen Sinn die Geschichte eigentlich hat, denn das, was »damit
gesagt werden sollte«, steht in den meisten Geschichten gar
nicht oder nur in verklausulierter Form drin.
Also was wollte Hemingway uns »mit seiner Erzählung sagen«?
Der kämpferische Mensch ist großartig: Er bietet den Haien die
Stirn, auch nachdem sein Messer kaputtgegangen ist. Der
kämpferische Mensch ist immer überlegen.
Die Haie sind den Menschen überlegen, besonders den alten
Männern. Diese retten vor den Haifischen höchstens mal ein
nutzloses Skelett. Kampf um des Kampfes willen .
.
In der Person des alten Mannes symbolisiert Hemingway den
kleinen Unternehmer, dem von den großen Konzernen alles
weggefressen wird.
Nicht in dem alten Mann, sondern in dem am Boot festgebun
denen Schwertfisch, den die Haie fressen, erblicken wir deut
lich den kleinen Unternehmer. Natürlich sind die Haie die
Konzerne, das versteht sich. Aber der alte Mann hat keinen
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owir sind ist vorn
Symbolwert und ist in der Geschichte (oder Story, wie Heming
way solche Texte nannte) eigentlich überflüssig.
Die vorliegende Novelle idealisiert den wahren Individualis
mus: Der alte Mann, einer der ganz großen Einsamen, die ausziehen, um die Welt zu erobern (wie einst der bekannte Napo
leon oder der weniger bekannte Erfinder der Erbswurst) - indiesem Falle einen Fisch. Selbstverständlich ist in des alten
Mannes Boot kein Platz für ein Radio, weil ein Individualist
kein Radio braucht. Zumindest nicht beim Rudern
Die Erzählung kritisiert in scharfer
Weise den Individualismus, denn
sie zeigt uns deutlich, daß der mo
derne Ozean nur von einer kollekti
ven Fischwirtschaft genutzt werdenkann und nicht von irgendwelchen
einzelnen und noch dazu alten Män
nern.
Das Dichterherz des Verfassers
schlägt impulsiv für die Fische,
diese zeitlosen Ur-Kreaturen, wel
chen weder der alte Mann noch der
Mensch überhaupt und als solchervergleichbar ist. Dessen Geschick
ist von unbekannten Mächten im
voraus bestimmt, zu denen gewöhn
liche Leute niemals Zugang haben.
Das ganze Kämpfen ist Quatsch,
denn am Ende bleiben doch bloß ein
paar Gräten übrig.
Die Erzählung vom alten Mann auf dem Meer leitet eine neueEpoche im Schaffen des E. Hemingway ein. Der Autor bringt
nämlich erstmals zum Ausdruck, daß man auch Wasser
trinken kann. Diese Möglichkeit hatte E. H. in keinem seiner
bisherigen Texte erwähnt.
Die wundervolle Meerwasser-Novelle ist ein Loblied auf das
Bier Die Raffinesse des Verfassers: Er läßt seinen Helden
nur ein einziges Glas Bier trinken und dann in die fast end
lose a s s e r w ü s ~ e hinausgondeln, welch ein Kontrast Die
7
talinporträt aus derTagespresse 1953
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118 Wo wir sind ist vorn1 V - ' • • ' ' ~ w . . - v • - < .1 J - '
Opa Friedrich stehtmit einer amerikanischen Fahne ander Grenze undwinkt. Ein Grenzerstellt ihn zur Rede:»Opa was machstdu denn hier mitder amerikanischenFahne?«
»Ich warte auf dieAmerikaner.«
»Aber Opa jetzt im
ahr 1954? Dasgeht doch nicht. Im
übrigen scheinst duja dein Fähnchenlaufend zu wech-seln, denn ich erinnere mich gut:
1945 hast du mit
der roten Fahne inBerlin gestandenund auf die Russengewartet.«»Na und, sind sienicht gekommen?«
Geschichte könnte auch heißen »Der alte Mann und der
Durst«.
Hemingway wollte damit sagen, daß sich das Meer womög
lich rächt, wenn man ihm Fische entnimmt, um sie zu essen
oder einzusalzen, sowie, daß man gut tut, zum Fischen immer
ein bißchen Salz, eine oder zwei Zitronen und irgendwas mitzunehmen, mit dem Haifische rasch getötet werden können.
Mit seiner Geschichte wollte Hemingway die Weltöffentlich
keit nachdrücklich darauf hinweisen, um wie vieles besser es
den alten Männern in der DDR geht als denen im damaligen
Kuba.
»Also hömse ma ßu. Sie wudan sich imma in Ihre Ejenschaft
als Leiter von die Hausjemeinschaftsleitung, disse keen po
litijen Schwung in die Bude kriejen. Is doch keen Wunda,
Mann Sie ßiehn den Laden ja ooch ville ßu wenich jeistreich
uff Wennse ßum Beispiel ßu Meiern ausm dritten Stock
sagen: >Mein lieber Herr Meier, dürfte ich Sie recht herzlich
einladen zu unserer nächsten Hausversammlung? Wir haben
uns als Thema gestellt die Beschlüsse der Regierung zur Festigung des Friedens. Wennse so .komm, denn is doch klar,
daß Meier als Praktika gleich uff seine krittlosen Fenstan hin
weist und uff die vaßogne Stubentür. Dit müssense andas ma
chen. Beispielsweise so: >Guten Tag, Frau Mülla Näxten
Dienstach um achte hamwa wieda mal ne Vasammlung.
Thema: Unsa letzta Wassarohrbruch und der Bau des Assu
ahnstaudamms in Ejipten.< Denn sollnse ma sehn, wie se alle
anjetanzt komm. Dit is doch dit Wesentliche: imma im Zusam
menhang, Mann «»Vielen Dank auch, Herr Krause. Bei der Gelegenheit möchte
ich Sie dann gleich noch zu unserer nächsten Versammlung
einladen. Thema: Tibet, das Dach der Welt - aber auf unserem
Boden regnets durch «
ohn Stave
•
7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1953 - 1954
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Wo wir sind ist vorn
Achim Fröhlich
Kürzlich faßte ich unversehens in meine Herzgegend. Da durch-
zuckte mich ein eisiger Schreck. Es war kein Irrtum: Das Herzschlug nicht mehr Ich war tot, war gestorben, ohne daß ich
es bemerkt hatte.
Schnurstracks ging ich zu meinem Bestattungsinstitut.
»Zeigen Sie mir einen schönen, großen Sarg«, sagte ich be-
scheiden, »er ist für mich bestimmt; ich bin gestern verstorben.«
· - -
-
-- ?· - ---- - .iZ S 1 1--- •
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- „- .
- -- -- - - -- -
Der Verkäufer sah mich entsetzt an und fiel ohnmächtig um.Danach rief ich meinen Chefredakteur an.
»Hallo« flüsterte ich mit Grabesstimme. »Sie werden kein einzi-
ges Manuskript mehr von mjr erhalten. Ich bin seit gestern tot.«
Da hörte ich am anderen Ende der Leitung ein schreckliches
Gurgeln. Aus
Dann inforn1ierte ich meine Wirtin über den Tod.
»Liebe Frau, nehmen Sie s nicht übel«, brummte ich, »aber ich
bin seit gestern verschieden.«
Die arme Frau bekam einen mittleren Schlaganfall.Anschließend ging ich zu all meinen Bekannten und teilte ihnen
mein Ableben mit - mit dem Ergebnis, daß sie alle von Nerven-
zusammenbrüchen, Ohnmachten lind Schockzuständen hinge
streckt wurden.
Zuletzt wanderte ich zu einem Mann, der die Mitteilung über
mein Dahinscheiden mit Fassung zu tragen wußte. Er sprach
die Hoffnung aus, daß sich meiner Beerdigung keinerlei
Schwierigkeiten in den Weg stellen möchten.
»Recht vielen Dank für Ihren Besuch«, sagte er zum Abschied•
Der Mann ist Sachbearbeiter beim Wohnungsamt.
119
Keene Bange ich bin
nicht abergläubisch.<<
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12
Als Stalin im Jen- : , "
seits den Zaren ·N:Ko-
lai trifft, ignoriert erihn natürlich. Doch
bei der zweiten Be
gegnung macht sichNikolai an ihn heranund sagt: »Ich weißschon, wir sind ei- .
gentlich Klassengegner, aber ich bin nachßO langer Zeit ·fach neugierig. Wie .:ist es denn jetzt in ·Rußland?«
»Sehr gut ist es «
antwortet Stalin.»Wirklich? Gibt'sdenn noch Sibirien? «
»Gibt's «»Gibt's auch noch die
Ochrana?«»Heißt jetzt et:Was „ ·anders, aber g i b t ~ s»Gibt's auch noch·, ·
Wodka?«
»Natürlich «
»Wirklich? Sechzigprozentigen? «
»Nein - bei uns 40Prozent «»Ach so ... Na ja, istauch nicht wenig.
Aber sag mal - .wegen clieseF 20 Rro-
• ,.... 1 =° ·
zen mußtet i r eineRevolution ma- ·chen? «
•
953
1. Januar
3. Januar
7. Januar
15. Januar
23. Januar
25. Januar
30. Januar
4. Februar
4. Februar
1. März
5. März
14./15. März
21. März
27. März
1. April
1.April
9. April
1953
Ab sofort Erfassung aller Geschwulst-Erkrankungen im Nationalen Krebsregister, wichtig für Prophylaxe und For
schung .
Zum ersten Mal wird der Titel >>Meister des Sports<< verlie
hen.
Die ersten 70 Wohnungen der Stalinallee in Berlin werden
bezogen.
Verhaftung des Außenministers und stellvertretenden Vor
sitzenden der DDR-CDU, Georg Dertinger, unter dem Vor
wurf der Spionage.
DEFA-Filmpremiere >>Geheimakten Solvay<< in der Regie von
Martin Hellberg mit Wilhelm Koch-Hooge und Ulrich Thein.
Beginn der ersten gesamtdeutschen Mannschaftsmeister
schaften im Ringen in Hamburg.
Grundsteinlegung zum Neuaufbau Rostocks im Rahmen
des Nationalen Aufbauwerks.
Johannes R. Becher wird in Moskau mit dem >>Internatio
nalen Stalinpreis für die Festigung des Friedens zwischen
den Völkern<< ausgezeichnet.
Otto Grotewohl fordert vor der Volkskammer alle Werktätigen zu strenger Sparsamkeit auf.
Eröffnung der dritten >>Deutschen Kunstausstellung<< in
Dresden, die Werke des sozialistischen Realismus zeigen
soll.
Der 73jährige sowjetische Partei- und Regierungschef Josef
Stalin stirbt in Moskau an den Folgen eines Schlaganfalls.
Bei der ersten DDR-Hallenmeisterschaft der Frauen im
Faustball gewinnt die BSG Rotation Dresden-Mitte.
EineGruppe
vonAgenten wird
imCarl-Zeiss-Werk
Jenaverhaftet.
Gründung der Sportvereinigung Dynamo.
Der von Ernst Busch gegründete Musikverlag >>Lied der
Zeit<< wird zum Volkseigenen Betrieb VEB Deutsche Schall
platten.
Erstmals läuft im Fernsehen eine Kabarettsendung (mit
Gottfried Herrmann und lrmgard Düren .
Aufhebung der Rationierung von Schuhwaren und Texti
lien.
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Zeittafel 953
10. April
20. April
30. April
30. April
7. Mai
9. Mai
9. Mai
10. Mai
17.-24. Mai
23. Mai
28. Mai
9. Juni
16. Juni
Der DEFA-Film >>Die Unbesiegbaren<< hat Premiere ein Zeitpanorama über das Kaiserreich mit Erwin Geschonneck alsWilhelm Liebknecht Karl Paryla als August Bebel und HannsGroth als Kaiser Wilhelm II.
Der Arbeiterdichter Erich Weinert stirbt im Alter von 62 Jahren.
Erlaß der >>Verordnung über körperliche Erziehung der Schü-ler an den allgemeinbildenden Schulen<< Körpererziehungwird zum Hauptfach.
Stiftung des Karl-Marx-Ordens in der DDR für >>besondereVerdienste beim planmäßigen Aufbau des Sozialismus .
Das Wohngebiet des Eisenhüttenkombinats erhält denNamen Stalinstadt.
Erste Eigeninszenierung des Deutschen Fernsehfunks: Büch-ners >>Der hessische Landbote<< mit Eduard von Winterstein
und Edwin Marian.Sieg der DDR in der Mannschaftswertung der FriedensfahrtTäve Schur auf Platz 3 der Einzelwertung.
Chemnitz wird aus Anlaß des 135. Geburtstages von Marxin Karl-Marx-Stadt umbenannt.
Ulrich Nitzschke erkämpft den Titel im Halbschwergewichtbei der Europameisterschaft im Boxen.
Am Berliner Ensemble hat >>Katzgraben von Erwin Stritt-
matter in der Regie von Brecht Premiere.
Der Ministerrat der DDR ordnet eine Erhöhung der Arbeitsnormen um 10 3 Prozent an.
Das Politbüro der SED berät Korrekturen und Rücknahmeeiniger Maßnahmen um mehr Rechtssicherheit und bessere Lebensbedingungen zu schaffen.
Bauarbeiter der Baustellen Krankenhaus Friedrichshain undStalinallee legen die Arbeit nieder und ziehen zum Haus
121
1.-Mai-Losung 1953:
»Brüderlicher Grußund Dank den Sow
jetärzten Vorwärtszu neuen Taten «
der Ministerien. duard von Weinstein
17. Juni Der Streik gegen die Normenerhöhung in Ost-Berlin weitet
sich aus. Über insgesamt 167 Städte und Landkreise wird
der Ausnahmezustand verhängt.
Fragt ein Amerikaner: >Warum haben die sowjetischen Truppenbeim Volksaufstand am 17. Juni 1953 interveniert und auf die streikenden Arbeiter geschossen?« Antwortet ein DDR-Bürger: »Weil
wir uns in unsere eigenen Angelegenheiten eingemischt liaben.«
21. Juni
. .
Das ZK der SED beschließt eine Kurskorrektur. Die Normenerhöhung wird zurückgenommen FahrpreisermäßigungErhöhung der Mindestrenten und Forcierung des Woh
nungsbauprogramms werden beschlossen.
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•
22 Zeittafel 9536i . mim.:• iiillrl Mw w r ii wru .„„„ zwvrr n e·:z1·;u1m1ar;;;1"#'W MJISS d& 2
Gisela irkemeyer
Hilde enjamin
Lothar olz
25. Juni
28. Juni
1. JuliiJ •
. .;
13.-19. Juli
15. Juli
24. Juli
24.-26. Juli
Die erste Ausgabe der Kinderzeitschrift FRÖSI erscheint, bis1955 alle 6 Wochen, dann monatlich.
Mit Heinar Kipphardts >>Shakespeare dringend gesucht<< hatin den Berliner Kammerspielen das erste satirische Zeitstück der DDR in der Regie von Herwart Grosse Premiere.
Die Stromsperren für Haushalte werden abgeschafft .
Bei Sommerspielen in Leipzig werden 15 DDR-Rekorde erzielt. Gisela Birkemeyer wird DDR-Meisterin im Hürdenlaufund holt sich diesen Titel ununterbrochen bis 1961.
Amtsenthebung von Justizminister Max Fechner, Nachfolgerin wird Hilde Benjamin.
Das Ministerium für Staatssicherheit wird dem Ministeriumdes Inneren als Staatssekretariat angegliedert, Minister Wilhelm Zaisser von Ernst Wollweber abgelöst.
Auf der 15. ZK-Tagung der SED wird der >>Neue Kurs<<
bestätigt. Hauptziel: Hebung des Lebensstandards. WalterUlbricht wird zum 1. Sekretär (bisher Generalsekretär) desZK gewählt .
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· r a g e ~ l{alln si:ch „ das Politbüro i r r ~ n ? · „ • . .
. :Antwort: Das Politbüro ·ist ·sehließlich arieli.nui ein Mensch. . ·;,,. .
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6. August Gründung der Nationalen Forschungs- und Gedenkstättender klassischen deutschen Literatur in Weimar.
14.-19. August Eine gesamtdeutsche Mannschaft belegt bei den Weltspielen der Gehörlosen und Taubstummen (Brüssel) Platz 1.
19. August Über 880 Yards erzielt Ursula Jurewitz in Budapest den ersten DDR-Weltrekord, der von der IAAF anerkannt wird.
21.-30. August Gustav-Adolf Schur gewinnt die 5. DDR-Radrundfahrt.
1. September In Erfurt nimmt das Pädagogische Institut in einem Neubaukomplex seine Arbeit auf, ab 1965 trägt es den Namen >>Dr
Theodor Neubauer<<.13. September Nikita Chruschtschow wird zum Ersten Sekretär des Zentral
komitees der KPdSU gewählt.
13. September Umfangreiche Preissenkung für Lebensmittel, Gebrauchswaren und Postgebühren: Brief 20 Pfennig, Postkarten 10Pfennig. Diese Gebühren gelten bis zum Ende der DDR.
29. September >>Wie wir heute arbeiten, so werden wir morgen leben <<überschreibt Frida Hockauf ihren Wettbewerbsaufruf. Sie istWeberin im VEB Mechanische Weberei und webt 45 Meterüber den Plan.
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Zeittafel 953
1 Oktober
2. Oktober
5 Oktober
6 Oktober
7 Oktober
7 Oktober
24 Oktober
Lothar Bolz NDPD wird Minister für auswärtige Angelegen
heiten.
Das Berliner Kabarett >>Die Distel<< stellt das erste Pro-
gramm vor.
Der Schriftsteller Friedrich Wolf stirbt.
Der Bildhauer und Grafiker Fritz Cremer erhält den Natio
nalpreis.
Einstimmige Wiederwahl Wilhelm Piecks zum Präsidenten.
Beginn der Sendereihe >>Aus unserer Wunschmappe<<.
Ministerrat beschließt die bis dahin umfangreichste Preis
senkung für Lebensmittel Genußmittel und Verbrauchs-
güter.
123
•
24 Oktober Der DDR-Keglerverband wird in den internationalen Sport- riedrich olf
keglerverband aufgenommen.
24./25. Oktober Das ZK der SED beruft eine >>Zentrale Konferenz werktäti-
ger Frauen<< in Ost-Berlin ein. Verstärkt sollen Frauen für den
Arbeitswettbewerb gewonnen werden.
Was ist Kommunismus?
Wenn jeder von allem genug hat.
1 November In mehreren Städten kommt es zu Verhaftungen wegen Ver
dachts auf Augententätigkeit.
13. 19. November Franz-Schubert-Festwoche aus Anlaß des 125 Todesta
ges des Komponisten.
17 November In Güstrow wird die Ernst-Barlach-Gedenkstätte eröffnet.
25 November Aufhebung des lnterzonenpaßzwanges. Damit ist der Per
sonalausweis ausreichend für Reisen zwischen der Bundes
republik Deutschland und der DDR.
12 Dezember Gründung des VEB Sport-Toto.
13 Dezember Wilhelm Pieck gratuliert zum 5 Jahrestag der Pionierorga
nisation.
23 Dezember Der DEFA-Kinderfilm >>Die Geschichte vom kleinen Muck<<
in der Regie von Wolfgang Staudte hat Premiere.
28 Dezember Walter Ulbricht besucht die LPG Merxleben die erste am
8.6.1952 gegründete LPG.
1953 verlassen 331 390 DDR-Bürger das Land.
Sportler des Jahres:
Täve Schur wird bei der
erstmaligen Umfrage
der >>Jungen Welt<< po
pulärster Sportler.
Torschützenkönig der
Oberliga:
Harry Arlt vom
SC Einheit Dresden
mit 26 Treffern
neue Bücher:
Willi Bredel
>>Die Enkel<<
Anna Seghers
>>Der Bienenstock<<
Oberliga Plazierung
1953
1 Dynamo Dresden
2 WismutAue
3 Motor Zwickau4 Rotation Dresden
5 Stahl Thale
6 Motor Dessau
7 Turbine Erfurt
8 Chemie Leipzig
9 Aktivist Brieske-Ost
10 Empor Lauter
11 Lokomotive Stendal
12 Rotation Babels
berg13 Turbine Halle
14 KVP Vorwärts Leip-•
z g
Franz Fühmann
>>Die Fahrt nach
Stalingrad<<
Stefan Heym
>>Goldsborough<<
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124
\
Walter Felsenstein
954
1.Januar
7. Januar
Zeittafel 1954
Die letzten 33 Betriebe der Sowjetischen Aktiengesellschaf
ten SAG), mit Ausnahme der Urangruben Wismut-AG, wer
den an die DDR zurückgegeben und in Volkseigene Betrie
be VEB) umgewandelt.
Der Ministerrat der DDR bildet den >>Ausschuß für deutsche
Einheit<<, der bis 1965 existiert. Bildung des Ministeriums
für Kultur in der DDR, erster Minister wird der Schriftstel
ler Johannes R. Becher.
17. Januar Beschluß der sowjetischen Führung, ab sofort 1600 wegen
Kriegsverbrechen verurteilte Häftlinge aus DDR-Gefäng
nissen zu entlassen.
22./23 . Januar 17. Tagung des ZK der SED: Parteiausschluß von Wilhelm
Zaisser und Rudolf Herrnstadt ihre Funktionen als Staatssicherheitsminister und Chefredakteur des Neuen Deutsch
land hatten sie bereits nach dem 17. Juni 1953 verloren).• -.·. \ · . ' • : . . . . ,,. .
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E a r t e i ~ c l i lmgrDer Redrte: sclitieß.li1 s.eirr Reietat: ~ U n o .atll ·FIOn- · :· zont zeichnet sichn er:eits d e u l i c h q ~ o m k i s m u s a Ein. · . , ·. etwas:uribeaarlter Ge.nosse ä g t H a e iin ~ l i k : Ö n Uiiter ··... · ·.. > H o r i z o n t « nacl}.: >>Eme g e ~ ~ ~ .. :e'näliermn ·scheinbar
kommt, · g h o ~ e b e n d e Bzaj · .· sich vom Betracliter1« :. · · ' ·: , · : , . : • •· . ' ~ .·· .· ' . · • • • • •• • , > . · . . · ...
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27.-31. Januar Austragung der 1 DDR-Meisterschaften im Bobsport in
Oberhof.
4.-7. Februar Die 1 DDR-Meisterschaften im Rodeln in Oberhof.
25. Februar Premiere von Mozarts >>Zauberflöte<< in der Inszenierung
von Walter Felsenstein an der Komischen Oper.
7. März
9. März
19. März
24. März
Eröffnung des >>Hauses der Jungen Talente<< im Podewil
schen Palais in Berlin durch Friedrich Ebert.
DEFA-Filmpremiere >>Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse<<
in der Regie von Kurt Maetzig. Thälmanndarsteller ist Gün
ther Simon. Der biographisch-historische Film endet mit
dem Hamburger Aufstand 1923.
Das Berliner Ensemble zieht in ein eigenes Haus, das Thea
ter am Schiffbauerdamm. Eröffnung mit Molieres >>Don
Juan<< in der Bearbeitung von Bertolt Brecht. Regie: Benno
Besson. Hauptdarsteller: Erwin Geschonneck.
Erklärung des Ministeriums für Kultur >>Zur Verteidigung
der Einheit der deutschen Kultur<<.
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Zeittafel 954
25. März Die Sowjetunion erklärt die Souveränität der DDR und
nimmt mit ihr die gleichen Beziehungen auf wie mit ande
ren souveränen Staaten.
30. März-6. April Der IV Parteitag der SED gibt sich ein neues Statut. Die
Mitgliedschaft währt lebenslang, nur ein Parteiausschluß
beendet sie. Walter Ulbricht wird als Erster Sekretär des ZK
bestätigt.
Was ist Sozialismus? .1
Sozialismus ist die Gesellschaftsordnung welche lahlend vers11cht• -<o· • • „ .
mit Problemen fertig zu werden die .es ·ohne Sozialismus gar nichtgeben würde. · · · · ·
1. April
7. April
21. April
21.April
22. April
29 .April
Die Reparationszahlungen an die Sowjetunion werden er
lassen.
DieBundesregierung
undder Bundestag lehnen die Anerkennung der DDR ab und stellen den Alleinvertretungsan
spruch der Bundesrepublik fest.
Die Volkskammer stiftet den >>Vaterländischen Verdienst
orden<<.
Eröffnung der wiederaufgebauten, kriegszerstörten Berli
ner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz mit Schillers
>>Wilhelm Tell<< .
Alfred Spengler stellt in Dresden über 400 m Lagen den er
sten Weltrekord für den Schwimmsport der DDR auf.
DEFA-Filmpremiere >>Kein Hüsung<< von Artur Pohl über das
Leben einer mecklenburger Bauernfamilie im 19. Jahrhun
dert. Drehbuch: Ehm Welk.
1. Mai Die Maidemonstrationen finden erstmalig unter Teil
nahme der >>Kampfgruppen der Arbeiterklasse<< mit der
1. Juni
6./7. Juni
9. Juni
17. Juni
Losung >>Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Hei- hmWelk
mat<< statt.
Gründung der >>Deutschen Lufthansa<<, 1958 in lnterflug<<umbenannt.
II . Deutschlandtreffen der Freien Deutschen Jugend in
Berlin.
Der im Januar 1953 verhaftete DDR-Außenminister Georg
Dertinger CDU) wird wegen >>Verschwörung zum Sturz der
DDR<< zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1964 wird er
begnadigt.
Erstmals wird in der Bundesrepublik Deutschland der >>Tagder deutschen Einheit<< als gesetzlicher Feiertag begangen.
25
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26 Zeittafel 954•
erhard Klein
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27 .- 29. Juni Bei einer Volksbefragung zum >>Friedensvertrag oder EVG
entscheiden sich 93 5 Prozent der gültigen Stimmen für
einen Abzug der Truppen und den Friedensvertrag.
7 -11. Juli Am 1. Evangelischen Kirchentag in Leipzig nehmen 60 000
Besucher teil.
23. Juli Der bisherige Präsident des BundesverfassungsschutzesOtto John gibt in einer Rundfunkansprache aus Ost-Berlin
seinen Wechsel in die DDR bekannt.
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24.-25. Juli
24.-25. Juli
Die ersten DDR-Meisterschaften im Kunstreigenschwim
men finden in Magdeburg statt.
In beiden Teilen Berlins findet der >>Deutsche Kulturtag<<
statt. Die gefaßten Beschlüsse für die gesamtdeutsche Kul-turarbeit werden von den Regierungen der BRD und der
DDR bestätigt.
31. Juli-8. August XII. Akademische Sommerspiele in Budapest. DDR-Sport
ler bringen 14 Gold- 7 Silber- und 6 Bronzemedaillen nach
Hause Ursula Jurewitz läuft über 400 mWeltrekordzeit.
4. August Die Volkskammer bestätigt das >>Gesetz zur Pflege und
zum Erhaltung der heimatlichen Kultur<<.
5. August Ab sofort dürfen DDR-Bürger nur noch 12 Pakete jährlich
in den Westen senden und genauso viele erhalten. Be
stimmte Mengen- und Inhaltsbeschränkungen werden vor
gegeben.
19.-22. August Erstes Deutsches Turn- und Sportfest mit 35 000 Teilneh
mern darunter 5 000 aus der BRD und Westberlin in Leip-
27. August
27. August
29. August
•z1g.
DEFA-Filmpremiere >>Alarm im Zirkus<< von Gerhard Klein
über den Pferdediebstahl im Berliner Zirkus Barlay.
Beschluß des Magistrats von Berlin den verwildertenSchloßpark Friedrichsfelde in einen Tierpark umzuwandeln.
Zum ersten Mal nach Kriegsende findet wieder der tradi
tionelle Brockenlauf statt.
12. September Premiere des ersten eigenproduzierten Films des DDR-Fern
sehens >>Ti Iman Riemenschneider<<.
24. September DEFA-Filmpremiere >>Stärker als die Nacht<< Regie Slatan
Dudow Drehbuch Jeanne und Kurt Stern ein Film über
menschliches Verhalten im NS-Alltag.
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Zeittafel 954; • „ f •21 111 7 S
6. Oktober Heinrich Mauersberger der Erfinder der Malimo-Technolo
gie erhält den Nationalpreis.
7. Oktober Deutsche Erstaufführung >>Der Kaukasische Kreidekreis<<
von Bertolt Brecht am Berliner Ensemble.
11. Oktober Der auf der Neptun-Werft als Reparationsleistung gebau
te 3000-Tonner >>Rostock<< bleibt in DDR-Besitz nachdemdie Sowjetunion auf weitere Reparationen verzichtet hat.
17. Oktober Wahlen zur 2. Volkskammer mit einer Wahlbeteiligung von
98 4 Prozent und 99 46 Prozent Zustimmung.
1. November Die Volkspolizei erhält grau-grüne Uniformen..
Zwei V o l k s p l i Z i s t e n laufen S t r e f e ~0
' . . . ;:
.' · ~ · _ .
»Guck mal«, sagt der eine »ein toter Vögell« · · · . :
Der andere blickt nach oben UBä fragt: »Wo?«
·,; .
._, ...
._, ' '
13. November Aufruf des neugegründeten >>Zentralen Ausschusses für
Jugendweihe<< an Eltern und Erzieher zur Einführung der
Jugendweihe in der DDR.
21. November Auf der Jugendschanze in Oberhof wird erstmals auf Kunst
stoffmatten gesprungen.
7. Dezember In Leuna wird in einer Versuchsanlage Polyäthylen ein
Kunststoff auf Erdölbasis erzeugt.
9. Dezember DEFA-Filmpremiere >>Carola Lamberti - eine vom Zirkus<<
mit der weltberühmten Stummfilm-Diva Henny Porten in
der Hauptrolle.
10. Dezember Aufnahme der Zentralen Sektion Judo der DDR in die
Europäische Judo-Union in Brüssel.
25. Dezember Die DEFA-Literaturverfilmung >>Pole Poppenspäler<< nach
Theodor Storm hat Premiere Regie Artur Pohl.
30. Dezember Edith Keller-Herrmann gewinnt das Große Internationale
Schachturnier in Hastings.
1954 verlassen 184 198 DDR-Bürger das Land.
Sportler
des Jahres:
Bei der Umfrage der
>>Jungen W elt<< wird
Gustav-Adolf Schur
zum Sportler des Jahres•
gewählt.
Torschützenkönig der
Oberliga:
Heinz Satrapa von der
BSG Wismut Aue und
Siegfried Vollrath vom
SC Turbine Erfurt mit
jeweils 2 Treffern
neue Bücher:
Georg Lukacs
>>Die Zerstörung der
Vernunft<<
lnge von Wangenheim
>>Auf weitem Feld.
Einneru ngen
127
Oberl iga-Plazier:ung
1954
1. Turbine Erfurt
2. Chemie Leipzig
3. Dynamo Dresden
4. Wismut Aue
5. Rotation Babels-
berg .6. Aktivist Brieske-Ost
7. Rotation Dresden
8. Turbine Halle
9. Empor Lauter
10. Fortschritt Meerane
11. Motor Zwickau
12. Einheit Ost Leipzig
13. Lokomotive Stendal
14. Motor Dessau
Arnold Zweig
>>Die Feuerpause<<
Bodo Uhse
>>Die Partrioten
Wolfgang Schreyer
>>Unternehmen Thunder
storm<<
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28 Rechte
Nachweise
Die Karikaturen stammen von
Ulrich Amtage: 82; Horst Alisch: 25 47, 55 73 u. r.; Günther Bar
kowski: 99 o.; Walter Bedau: 8 Titelseite der Schweriner Zeitung,
1954); Heinz Behling: 29; Kurt Bienias: 111; Karl-Heinz Birkner: 13;
Herbert Böhnke: 59; Gerhard Bräuer: 54; Peter Dittrich: 20 27 35,
42, 53, 114, 119; Erich Goldmann: 101; Christian Heinrich: 77 98
105; Kurt Herzog: 63; Kurt Klamann: 33 71 73 o. r. und u. 1. 75 7981 87 o.; Harald Kretzschmar: 121, 122, 123, 124, 125, 126; Harri
Parschau: 40 SO 51 85, 87 u. 89, 91 97, 99 u.; Gerhard Radestock:
103; Louis Rauwolf: 61; Rudi Riebe: 65; Vtlmar Riegenring: 31; PaulRosie: 17; Heinz Scheffler: 117; Kurt Schote: 15; Karl Schrader: 95,
107; Georg Wtlke: 43, 67 113
Für die freundliche Genehmigung zum Abdruck danken wir den
Autoren, Zeichnern und Erben. Nicht in allen Fällen ist es uns gelun
gen, Rechteinhaber und Rechtsnachfolger zu ermitteln. BerechtigteHonoraransprüche bleiben gewahrt.
mpressum
Besuchen Sie uns im Internet:www sammelwerke de
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