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Studieren ohne AbiturAktuelle Trends und Konzepte

Dr. Sigrun Nickel

Symposium

„Herausforderung demographischer Wandel: strategische Antworten für Hochschulen und

Länder“

Berlin, 27./28.11.2008

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Agenda

1. 50 Jahre Diskussion um Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte – warum jetzt der „push“?

2. Analyse der aktuellen Situation zum „Studium ohne Abi“ in Deutschland

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1. 50 Jahre Diskussion um Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte – Warum jetzt der „push“?

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Vom Führungskräftemangel…

1958 In der Nachkriegzeit Gründung spezieller Institutionen für das Studium ohne Abitur und Fachhochschulreife mit dem Ziel der Führungskräfteausbildung

Etablierung zunächst eines zweiten Bildungsweges (= Nachholen der Hochschulzugangs-berechtigung) und später eines dritten Bildungswegs (= direkter Hochschulzugang für berufliche Qualifizierte)

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…über das emanzipatorische Bildungsideal…

1978

„Für viele Berufstätige bedeutet die Entscheidung für ein Studium eine bewußte Abwendung von ihrem bisherigen Berufs- und Erfahrungsbereich (…) Die Einseitigkeit der Berufsarbeit in untergeordneten Positionen kann Lernpotentiale auch blockieren“.

Quelle: Funke, Axel et al: Karrieren außer der Reihe. Köln, S. 221

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…und enttäuschte Hoffnungen…

1988

„In der Bundesrepublik haben wir uns bisher schwer getan, den Weg zu einem Hochschulstudium denjenigen zu öffnen, die in die Hochschule etwas anderes einbringen können als schulische Erfahrung und schulische Leistung.(…) Nur vier Prozent der Studienanfänger in den 80er Jahren gelangen an die Hochschulen (…) über einen ‚Dritten Bildungsweg‘“.

Quelle: Teichler, Ulrich: Hochschulzugang für Berufserfahrene. In: Kluge, Norbert et al.: Vom Lehrling zum Akademiker. Oldenburg, S.23.

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…zum aktuellen Fachkräftemangel.

2008

Quelle: DIHK Unternehmensbefragung, S. 11

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„Push“ durch internationale Konkurrenz

Quelle: OECD, Education at a Glance 2008

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Analyse

1.Es gibt zwei Zielvorstellungen für den dritten Bildungsweg: Studium zur Selbstaufklärung und Persönlichkeitsentwicklung jenseits von Jobinteressen und Studium zur fachlichen Berufsqualifizierung.

Zweite Variante dominiert aktuell

2.Die aktuelle Debatte um das „Studieren ohne Abi“ ist stark ökonomisch motiviert und zielt deshalb vor allem auf praxisnahe Studien- und Weiterbildungsangebote ab.

internationaler Wettbewerb

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Analyse

3.Der Vergleich mit anderen Ländern ist schwierig weil Definitionen und Erhebungen diffus sind.

Beispiel Schweden: Laut der aktuellen EUROSTUDENT-Erhebung hat Schweden 36 % nicht-traditionelle Studierende und Deutschland 5%. Beim genaueren Hinsehen werden Zahlen des Zweiten Bildungsweges und des Dritten Bildungsweges vermischt. Betrachtet man nur den Dritten Bildungsweg ergibt sich eine geringere Differenz von 6 % (Schweden) zu 1% (Deutschland).

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Analyse

4. Trotzdem schaffen es andere Länder z. T. besser, ihr Bildungssystem durchlässig zu gestalten. Eine Breitenwirkung wird jedoch weniger über Studium ohne Hochschulzugangsberechtigung erzielt.

Beispiel Schweden: 1977 wurde eine Hochschulreform durchgeführt, die eine Anrechung von beruflicher Leistung auf das Studium ermöglichte (ähnlich dem aktuellen ANKOM-Projekt in Deutschland). Diese führte zu einem starken Anstieg berufserfahrener Studierender mit Abitur (mehr als 25% der Studierenden im Undergraduate-Bereich sind 30 Jahre und älter). Der zweite Bildungsweg wird relativ stark frequentiert.

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2. Analyse der aktuellen Situation zum „Studium ohne Abi“ in Deutschland

auf Basis einer in Arbeit befindlichen CHE-Studie

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Heterogene Regelungen und Zahlen

16 Bundesländer – 16 Regelungen mit unterschiedlich hohen Hürden für beruflich Qualifizierte ohne Hochschulzugangsberechtigung (HZB)

Typen spezieller Zugangsverfahren:a. direkter Hochschulzugang für Meister/-innen und Personen mit vergleichbaren Abschlüssenb. Hochschulzugang über Eignungsprüfungc. Hochschulzugang über Probestudiumd. Hochschulzugang über Begabtenprüfung (Unterschied zu a, b und c: eine Art Abiturprüfung)

Zuverlässige Zahlen aus den Bundesländern sind schwer zu bekommen = unvollständige KMK-Synopse, Untererfassung durch statistische Landesämter, unscharfe Zuordnungen.

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Über welche Größenordnungen reden wir ?

1995 2000 2004 2005 2006

Gymnasium, Fachgymnasium, Gesamtschule 77,1 81,6 77,1 76,9 77,4(Berufs-)Fachschule, Fachakademie 3,3 3,2 4,9 5,4 5,3Fachoberschule 11,9 9,4 11,5 11,2 10,5

Zweiter Bildungsweg 1) 3,8 2,6 3,1 3,3 3,3

Dritter Bildungsweg 2) 0,5 0,7 1,1 1,0 1,0Sonstige 3,3 2,6 2,2 2,2 2,4

* Wintersemester, ohne Verw altungsfachhochschulen

1) Abendgymnasien, Kollegs

2) Studienanfänger ohne traditionelle Studienberechtigung

InsgesamtArt der Studienberechtigung

in %

Grafik: CHE auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes

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Analyse

1. Verdopplung des Anteils beruflich qualifizierter Studierender ohne HZB von 1995 bis 2008 zentraler Faktor: direkter Hochschulzugang für Meister/ -innen und ähnlich Qualifizierte

2. Insgesamt ist der Anteil der Studierenden des dritten Bildungsweges mit 1 % sehr geringGründe: Nutzung des Zweiten Bildungsweges, gute Jobchancen durch duale Berufsbildung etc.

3. Hauptstellschraube bei der Ausweitung der akademischen Bildung ist das Schulsystem Hochschulen können nur begrenzt sozial bedingte Bildungsdefizite ausgleichen

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Analyse

4. Fördernde Faktoren für ein Studium ohne Abitur und Fachhochschulreife sind:

besondere Studienangebote spezialisierter Hochschulen wie z.B. Fernstudium (FernUniversität Hagen, AKAD)

intensive Beratung, Brückenkurse, soziales Umfeld mit „Gleichgesinnten“ wie z.B. am Fachbereich für Sozialökonomie der Universität Hamburg (ehemals HWP)

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