„Wenn drogenabhängige Frauen schwanger sind!“Fachtagung im SFBB, Jagdschloss Glienicke
7. November 2007
Sucht und SchwangerschaftDr. med. Jan-Peter Siedentopf
InfektionsambulanzKlinik für GeburtsmedizinCampus Virchow-KlinikumCharité - Universitätsmedizin Berlin
Dr. Jan-Peter SiedentopfInfektionsambulanz
Klinik für Geburtsmedizin
Die Infektionsambulanz derKlinik für Geburtsmedizin
Psychosomatische Sprechstunde 1972 (Stauber)
Sondersprechstunde HIV (Schäfer)
Bundesmodellprojekt 1987 (Nagel)
Neustrukturierung Charité 1995
Leitung: Katharina v. Weizsäcker
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Klinik für Geburtsmedizin
Substanzabhängigkeit in der Schwangerschaft - was ist zu beachten?
Substitution und Schwangerschaft - wieso und womit?
Stillen?
Hepatitis C und Schwangerschaft
HIV und Schwangerschaft
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Klinik für GeburtsmedizinAlkohol
Über 50% aller Schwangeren geben Alkoholkonsum in der Schwangerschaft an.
2000 bis 3000 Kinder werden jedes Jahr mit „Fetalem Alkohol Syndrom (FAS)“ geboren.
Über 10-15.000 Kinder leiden unter angeborenen Alkoholfolgen -„Fetalen Alkohol-Effekten (FAE)“.
Die Dunkelziffer, insbesondere für FAE ist extrem hoch.
Alkoholfolgeerkrankungen sind die häufigste vermeidbareangeborene Fehlbildung.
Literatur: Bergmann, Spohr, Dudenhausen: Alkohol in der Schwangerschaft. Urban& Vogel 2006. (www.stiftung-behindertes-kind.de/publikationen.html)
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Klinik für Geburtsmedizin
Fetales AlkoholsyndromKleine Augen
Tiefe Nasenwurzel
Flaches Mittelgesicht
Tiefer Ohransatz
Schmales Lippenrot
Kleiner Unterkiefer
Intelligenzminderung
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Klinik für Geburtsmedizin
Nikotin
Häufiger EileiterschwangerschaftenHäufiger GastroschisisIntrauterine WachstumsretardierungPostpartal anhaltende AuswirkungenAtemwegserkrankungen, JodmangelPlötzlicher Kindstod gehäuft
Rauchstopp nicht kontraindiziert
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Klinik für Geburtsmedizin
Nikotin
Literatur: Rementeria, AmJObstGynec 1973; 116: 1152-1156Bergmann et al.: Symposium „Rauchen und Schwangerschaft“, Berlin 2006. Berichtsband (in Vorbereitung)
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Klinik für Geburtsmedizin
Kokain, Crack
Vorzeitige PlazentalösungVorzeitiger BlasensprungNeurologische EntwicklungKardiale Fehlbildungen
Cannabis, Biodrogen, Amphetamine,Ecstasy, LSD
Wenig gesicherte Erkenntnisse
Fehlbildungen
Wachstumsstörungen
Störungen des Nervensystems
Lernstörungen
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Klinik für Geburtsmedizin
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Klinik für Geburtsmedizin
1883: Morphinisme et grossesse (Féré)- Intrauterine Entzugssymptome- Entzug in der Schwangerschaft verursacht
vorzeitige Wehen - Wachstumsstörung durch Morphinkonsum- Dosisreduktion in der Schwangerschaft um
Entzug des Kindes zu verhindern
Charles Samson Féré(1852-1907)
„Cette dernière considération légitime la cure graduelle pendent la grossesse.“
Literatur: Féré, Comptes rendus de la société de biologie 1883; 35: 526-528.
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Klinik für Geburtsmedizin
Intrauteriner Entzug- Vierfach erhöhte Rate von
intrauterinem Fruchttod- Kurze Halbwertszeit von Heroin
ist dafür (mit-)verantwortlich- Grundlegend für Substitution
bei Schwangeren
Literatur: Rementeria, AmJObstGynec 1973; 116: 1152-1156.during pregnancy?“
„...would it be wiser to encourage methadone programs to „maintain“ rather than „withdraw“ the addict
Akuter intrauteriner Opiatentzug nach zweimaliger Naloxongabe
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Klinik für Geburtsmedizin
Verlauf von 77 Schwangerschaften opiatabhängiger Frauen (USA 1968)
Literatur: Stoffer, AmJObstGynec 1968: 779-783
20%
33%
24%
13%
10%
Illegaler Abbruch
Abort
Kein NAS
NAS Ÿberlebt
An NAS verstorben
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Klinik für Geburtsmedizin
Quantifizierung des NAS (Finnegan, 1975)
- Vergleichbarkeit- Therapieentscheidungen- Erfassung von Risikokindern- Verrmeidung unnötiger Therapien- Therapiemonitoring
Loretta P. Finnegan, MD
Literatur: Finnegan: Basic and Therapeutic Aspects of PerinatalPharmacology, Raven Press 1975: 139.
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Klinik für Geburtsmedizin
Therapieoptionen- „laissez faire“- „harm reduction“- MDN-Erhaltungstherapie- BUP-Induktion- Dosiserhöhung- Dosisteilung- Reduktion- „Warmer“ Entzug
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Klinik für GeburtsmedizinSubstitutionsmittel
Methadon-Razemat ist das welt- und deutschlandweit am häufigsten eingesetzte Substitutionsmittel.Substituierende Ärzte sind sicher im Umgang mit MDN.Bezüglich der Anwendung von MDN in der Schwangerschaft besteht die umfangreichste Datenlage.Levomethadon enthält eine geringere Substanzmenge und stellt so ggf. eine geringere Belastung des Kindes dar*.Buprenorphin führt zu einem geringerem** und kürzerem*** Neugeborenen-Entzugssyndrom.Die Wahl des Substitutionsmittels wird oft von eigener Erfahrung, erwartetem Nutzen (NAS) und vom Preis beeinflusst.
Literatur: *Elsner, Suchtmed 2005; 7 (4): 257-263. **Fischer et al. Addiction 2000; 95: 239-244.***Siedentopf, Nagel GebFra 2004; 64: 711-718.
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Klinik für Geburtsmedizin
Dosisabhängigkeit des NAS
Literatur: Siedentopf, Nagel (Publikation in Vorbereitung)
175 2 0 24
4039 23 6
108
0%
10%
20%
30%
40%
50%60%
70%
80%
90%
100%
MDN <20 mg MDN <50 mg MDN <100 mg MDN >100 mg GESAMT
Kein NAS NAS
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Klinik für Geburtsmedizin
Beigebrauch und NAS
11
19 5 0
3
6345 12
0%
10%
20%
30%
40%
50%60%
70%
80%
90%
100%
"clean" Kein Beigebrauch Beigebrauch Illegaler Konsum
Kein NAS NAS
Literatur: Siedentopf, Nagel (Publikation in Vorbereitung)
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Klinik für Geburtsmedizin
Buprenorphin (Subutex)Ceiling-EffektGeringeres NAS *,**
Geringere Interaktion mit HAART #
Entzugssymptome geringer +
Lange Halbwertszeit
Partieller Opiatantagonismus: „paradoxe“ Wirkung„Klarer Kopf“ - nicht für alle Patientinnen geeignetSuboxone ist in der Schwangerschaft kontraindiziert!
Literatur: *Fischer et al. Addiction 2000; 95: 239-244.**Siedentopf et al. GebFra 2004; 64: 711-718.#Carrieri et al. DrugAlcDep 2000; 60: 51-54+Gowing et al. Cochrane Database Syst Rev. 2003
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Klinik für Geburtsmedizin
Substitution mit Buprenorphin
* Außer die dauerhafte BUP-Substitution ist geplant** Oder beim Auftreten erster Entzugssymptome (Heroin)
10 mgMediane Substitutionsdosis8 mgMediane Tagesdosis Tag 11 mgInitialdosis BUP24 Stunden**Opiatfreies Intervall10 mg*Minimale L-MDN-Dosis20 (- 25) mgMaximale L-MDN-Dosis14. bis 36. SSWSchwangerschaftswoche
Buprenorphineinstellung in der Schwangerschaft
Modifiziert nach Siedentopf, Nagel GebFra 2004; 64: 711-718
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Klinik für Geburtsmedizin
Substitution mit Buprenorphin
n = 91 Kinder/ 89 Patientinnen
Keine Buprenorphin-einstellung
(n = 58 Kinder/ 56 Mütter)
Buprenorphin-
einstellung (n = 33 Kinder)
Statistische Betrachtung
APGAR 1 < 7 Punkte (n) 11 (19 %) 1 (3 %) p = 0,0282 (Fisher´s exact test)
Kinder mit NAS (n) 44/58 (75,9 %) 20/33 (60,6 %) p = 0,1547 (Fisher´s exact test)
Maximaler Finneganscore 17 (9 – 25) 14,6 (8 – 20) p = 0,0772 (Mann Whitney test)
Max. Finneganscore >11 (n)* 13/44 (29,55 %) 9/20 (45 %) p = 0,4410 (Fisher´s exact test)
Liegedauer Kind (Tage) 18,2 (6 – 42) 12,2 (3 – 37) p = 0,0079 (unpaired t test)
Suchtmedizinische Ergebnisse: Mittelwert (Bandbreite/ Prozent) * behandlungsbedürftiges NAS
Literatur: Siedentopf, Nagel GebFra 2004; 64: 711-718.
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Opiatsubstitution in der SchwangerschaftDie Substitution mit langwirksamen Opiaten und Opioiden stellt weltweit die Standardtherapie für opiatabhängige Schwangere dar.Primäres Therapieziel ist die Verhinderung intrauteriner Opiatentzüge, daneben aber auch die Vermeidung von illegalem Drogenkonsum bzw.Beigebrauch schädigender Substanzen.Der akute Opiatentzug in der Schwangerschaft stellt die wichtigste intrauterine Gefährdung des Feten dar.Das NAS stellt eine postnatale Komplikation dar, die heutzutage (weitgehend) problemlos behandelt werden kann.Wachstumsrestriktion und Frühgeburtlichkeit sind am ehesten die Folge von begleitendem Nikotinkonsum und schwankenden Spiegeln bei Heroinkonsum.
Literatur: Siedentopf, Nagel GebFra 2004; 64: 711-718.Finnegan, Raven Press 1975: 139. Rementeria, AmJObstGynec 1973; 116: 1152-1156.
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Hepatitis C
- Etwa 70% der drogenabhängigen Frauen anti-HCV positiv, davon 70% mit Genomnachweis- Transmission bei Virusnachweis ca. 5%- Eventuell primäre Sectio bei Virusnachweis- Impfung des Neugeborenen gegen Hepatitis B- Stillen möglich, eventuell Viruslastabhängig
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HIV und Schwangerschaft
Wichtigster Risikofaktor für die HIV-Infektion eines Kindes in Deutschland ist die nicht erfolgte HIV-Testung der Schwangeren.
An zweiter Stelle folgt die mangelnde Compliance bezüglich einer notwendigen (HA)ART.
Erst danach folgen Komplikationen im Schwangerschaftsverlauf.
Literatur: Gingelmaier et al., .GebFra 2005(65):1058-63
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Klinik für Geburtsmedizin
HIV und Schwangerschaft
Deutliche Abnahme der HIV-Prävalenz unter Drogenabhängigen.
Deutliche Abnahme des Drogenkonsums als Infektionsweg für HIV.
Bei 40% unserer Patientinnen erfolgte die HIV-Erstdiagnose in der Schwangerschaft.
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Klinik für Geburtsmedizin
„Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur HIV-Therapie in der Schwangerschaft“
Schwangerenvorsorge gemeinsam mit Zentrum
AZT-Prophylaxe/HAART ab 32+0 SSWPräoperative i.v. AZT-GabePrimäre Sectio 37+0 bis 37+6 SSWStillverzichtPostexpositionsprophylaxe des Kindes
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/055-002.htmhttp://www.dggg.de/leitlinien-2006/index.html
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Klinik für Geburtsmedizin
Schwangerenberatung
- Infektionserkrankungen (HIV, Hepatitis B und C)- Veränderungen am Gebärmutterhals (Dysplasien)- Schwangerschaftskomplikationen- Fehlbildungsausschluss (Ultraschall-Feindiagnostik)- Wachstumsstörungen im weiteren Verlauf
- Psychosoziale Stabilisierung- Aufbau eines Betreuungsnetzwerkes- Vorbereitung auf Eltern/ Mutterschaft
Dr. med. Jan-Peter Siedentopf
InfektionsambulanzKlinik für GeburtsmedizinCampus Virchow-KlinikumCharité - Universitätsmedizin Berlin
InfektionsambulanzKlinik für GeburtsmedizinCampus Virchow-KlinikumCharité - Universitätsmedizin BerlinAugustenburger Platz 113353 BerlinTel.: 030-450 564112Fax: 030-450 [email protected]