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Page 1: Über postoperative lineare Trübungen der Hornhautoberfläche (Postoperative lineare Keratopathie)

Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 176, 43--47 (1968)

[Jber postoperative lineare Triibungen der Hornhautoberfl~iche

(Postoperative lineare Keratopathie) H. SL:EZAK und G. ZEnET~AUv,~

II. Augenklinik (Vorsteher: Prof. Dr. J. B6c~:) der Universit~t Wien

Eingegangen am 13. Nfai 1968

On Postoperative Linear Opacities o/the Corneal Sur/ace (Postoperative Linear Keratopathia)

Summary. Some times after an Elliot's trephining you find fine linear cloudiness in the surface of the cornea; the reason of those lines is unknown. They can be differentiated from the striate keratitis, the herpetic keratitis, the superficial furrows of the cornea and the scaling epithelial keratosis by an examination with the slit- lamp. The postoperative linear keratopathy heals without any treatment within a few days.

Zusammen/a.ssung. Hie und da sieht man nach der Elliotschen Trepanation zarte lineare Triibungen der Hornhautoberflache; ihre Ursaehc ist unbekannt. Bei der biomikroskopischen Untersuchung kann man sie yon der Buchstabenkeratitis, den Schnfirfurchen der Hornhant, der Keratitis herpet~ca un(t der abschuppenden epithelialen Keratose abgrenzen. Die postoperative lineare Keratopathie ver- sehwindet in wenigen Tagen ohne Behandlung.

CAS~A~ beschrieb 1903 oberfl/~chliche l ineare Trf ibungen der Horn- hau t naeh Augenver le tzungen, die er als , g i t t e r f6 rmige I t o r n h a u t - t r f ibung" bezeiehnete; die s t r ichf6rmigen Trf ibungen verl iefen dabe i tells para l le l te l ls spitz- oder reehtwinkel ig zueinander . C A s r ~ be tonte , dal~ die g i t te r f6rmige I t o rnhau t t r f i bung nur nach Ver le tzungen mi t Kon tus ion des Bulbus ents tehe und frfihestens 1 Woche nach dem T r a u m a auf t re te . Die Beobaeh tungen CASrARs ger ie ten sp/i ter in Ver- gessenhei t ; 1916 ber iehte te HAAB fiber /~hnliehe Ver~nderungen der I t o rnhau t , die er als , ,Buchs tabenkera t i t i s " bezeiehnete. Auch er sah diesen Befund nach Augenver le tzungen, hob abe t hervor , daf3 die Bueh- stabenkeratitis auch spontan auftreten k6nne; manchmal land er sic neben einer lnarginalen oder skroful6sen Keratitis. Der Verlauf der Krankheit sei versehieden gewesen: Einmal verschwand sic bald, in anderen F~llen dagegen rezidivierte sie 6fter und hinterliel~ ausgedehnte vascularisierte Narben der llornhaut. Fast gleiehzeitig mit I-IAAB be- sehrieben ttoLM]~S SPICE~ und AFFECX G•EEVES eine Hornhau t - veranderung, die mi t der Buchs tabenkera t i t i s ident i seh war ; zwei k ranke Augen konn ten sie auch histologisch un te r suchen : Dabe i fanden

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sie auf der 0berfl~che der Substantia propria corneae zarte Streifen neugebildeten Bindegewebes, welehe die Bowmansche Membran leisten- f6rmig vorw61bten. Die Buehstabenkeratitis darf nieht mit der ebenfalls yon H u B besehriebenen ,,gittrigen Kerat i t is" verwechselt werden: Letztere ist ein famili/tres Erbleiden mit radi/~ren, verzweigten, grau- weil]en Linien zwischen dem Zentrum und der Peripherie der l:fornhaut; es wird heute als , ,Dystrophia reticulata eorneae" bezeichnet.

Abb. 1. Postoperative lineare Keratopathie

Hie und da sahen wir nach einer Elliotschen Trepanation beim ersten Verbandwechsel am Tag nach der Operation einzelne lange, d/inne graue Linien der Hornhautoberfl~che, die parallel oder gekreuz~ ver- liefen (Abb. 1). Bei der biomikroskopischen Untersuehung entspraeh ihnen folgender Befund (Abb. 2) :

1. Die Bowmansche Membran wits eine lineare grauweiBliehe Trfibung ohne VorwSlbung und ohne Einsenkung auf.

2. Das lucide Epithelintervall war fiber den linearen Trfibungen der Bowmansehen Membran e~was verdiekt und stellenweise zart getrfibt.

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3. I m oberfls Hornhauts t roma land sich entlang der grau- weiglichen Linien der Bowmanschen Membran eine feine staubfSrmige Triibung.

Diese Vers der Hornhautoberfl~ehe versehwanden meist innerhalb weniger Tage spurlos, nur in einzelnen l~/~llen blieben zarte Triibungen der Bowmansehen Membran zuriick. Die postoperativen

Abb. 2. Optischer Schnitt der ttornhaut bei postoperativer linearer Keratopathie (Zeichnung yon A. Mos~TTm)

Abb. 3. Optischer Schnitt der Hornhaut bei Buchstabenkeratitis (Zeichnung yon A. MOS~TTm)

linearen Triibungen der Itornhautoberfl/~che scheinen keine Schmerzen zu bereiten. Ihre Ursache ist unbekannt; vielleicht spielt die voriiber- gehende Hypotonie des Auges naeh der Elliotschen Trepanation bei ihrer Entstehung eine gewisse 1~olle.

Die postoperativen Trtibungen der Hornhautoberfl/~che kSnnen yon der Buchstabenkeratitis, den Sehniirfurchen der Fiornhaut, der Kera- titis herpetica und tier yon BvsAccA beschriebenen abschnppenden epithelialen Keratose abgegrenzt werden.

Buchstabenkeratitis. Entsprechend den yon HoLMes S P I c ~ und AsS~CK G~n~vs~s erhobenen histologisehen Befunden sind im optisehen Schnitt tier go rnhau t gegen alas Epithel gerichtete Leisten der Bowman- sehen Membran zu erwarten (Abb. 3). Die postoperativen linearen

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Triibungen der Bowmansehen Membran sind dagegen nicht erhaben. Vielleieht ist die postoperative lineare Keratopathie eine abortive Form der Buchstabenkeratitis, bei weleher an Stelle der von I-IoLI~S S~Ie~I~ und AFF]~CK GI~E]~VES besehriebenen Streifen neugebildeten Binde- gewebes nur zarte staubfSrmige Triibungen unter der Bowmanschen Membran auftreten, die bald wieder verschwinden.

Abb. 4. Optischer Schnitt der Hornhaut mit Schniirfurche (Zeichnung yon A. MOSETTIG)

Abb. 5. 0ptischer Schnitt der Hornhaut bei Keratitis herpetica (Zeichnung yon A. Mos~TTm)

Abb. 6. Optischer Schnitt der Hornhuut bei abschuppender epithelialer Keratose (Zeichnung yon A. MOSETTIG)

Schni~r]urchen der Hornhaut. Sie entstehen naeh HAAB bei niedriger Augenspannung unter einem Druekverband. I m optischen Sehnitt der Hornhaut finder man zarte Furchen der Bowmanschen Membran (Abb. 4). Die postoperativen linearen Trfibungen der Bowmansehen Membran sind dagegen nieht eingesunken. M6glieherweise kSnnen Sehniirfurchen und ]ineare Trtibungen der IIornhautoberfl/~che nach fistelbildenden 0perat ionen auch nebeneinander vorkommen.

Keratitis herpetica. Die strichfSrmigen herpetischen Effloreszenzen der Hornhautoberfl~che sind kiirzer als die postoperativen linearen Trfi- bungen und meist verzweigt; im optischen Schnitt der Hornhaut sieht

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man schon zu Beginn der Krankhei t durch den Zerfall der Epithelzellen eine oberfl/~chliche Furche im luciden Epithelintervall (Abb. 5). Bei der postoperat iven linearen Keratopathie dagegen zerfi~llt das lucide Epithel- intervall nicht. Die Kerati t is herpetica verursacht meist Schmerzen.

Abschuppende epithel~ale Keratose. Dabei finder man parallele oder gekreuzte Linien der Hornhautoberfl/~che, die aus weiBlichen Pfinktchen zusammengesetz t sind; histologisch entsprechen ihnen nach BUSACCA Epithelzellenschuppen. Sic liegen im optischen Schnitt der Hornhau t als zarte weiBliche Flecke an der Oberfl/iche des luciden Epithelintervalls (Abb. 6); im Gegensatz zu den postoperat iven linearen Trfibungen sind die Bowmansche Membran und das Hornhau t s t roma bei der abschup- penden epithelialen Keratose normal. Die abschuppende epitheliale Keratose geht mit Brennen, Tr/~nenfluB und Lichtscheu einher.

Die Fluoresceinfi~rbung ist fiir die Unterscheidung der oberfl/ich- lichen Hornhautver/~nderungen entbehrlich; die Untersuchung des optischen Schnittes ermSglicht meist die richtige Diagnose.

Literat~ BUSACCA, A. : Biomikroskopie und Histopathologie des Auges, Bd. I, S. 336~337.

Zfu'ich: Schweizer Druck- u. Verlagshaus 1952. CASPAR, L. : Gitterf6rmige Itornhauttrtibung nach Augenverletzungen. Klin. Mbl.

Augenheilk. 41, 289--293 (1903). HAAB, O. : Die gittrige Keratitis. Z. Augenheilk. 2, 235--246 (1899). - - die Buchstabenkeratitis. Beitr. Augenheilk. 10, 1--25 (1916). HOL~Es SeIC~R, and ArFECK GREEVES: Zit. nach 0. ItAAB: Die Buchstabenkera-

titis. Beitr. Augenheilk. 1O, 1--25 (1916). - - - - On superficial linear keratitis together with an account of the pathological

examination of two affected eyes. 1. Vortrag in der Ophthalm. Sect. der R. Soc. of Med. am 2.2. 1916. 2. The Ophthalmoscope. Heft vom 1.3. 1916.

Dr. H. SL~ZXK II. UniversitEts -Augenklinik Alserstr. 4 A-1094 Wien (Osterreich)


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