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Z. anorg. allg. Chem. 428, 187-198 (1977) J. A. Barth, Leipzig

Ober Suboxide der Alkalimetalle. 10 [l]

Das ,,komplexe Metall” CqrOs

Von A. SIMON und E. WESTERBECK

8 t u t t g a r t Max-Planck-Institut fur Festkorperforschung

I n h a l t subers ich t . Die Darstellung Kristallzuchtung und Strukturanalyse wird fur die sto- chiometrisch zusammengesetzte Verbindung Cs,,O, beschrieben. Cs,,O, besteht danach aus isolierten Gruppen der gleichen Zusammensetzung. Aufgrund der beobachteten Atomabstande sind die Bin- dungen innerhalb der Gruppen ionisch und zwischen ihnen metallisch. Diese Rindungsvorstellung entspricht der metallischen Leitfiihigkeit sowie dem beobachteten PAuLr-Paramitgnetismus.

The “Complex Metal” CsllOs A b s t r a c t . Pr‘eparation, crystal growth, and structure investigation of the stoichiometric com-

pound Cs,,O, are described. Cs,,O, consists of discrete clusters of the same stoichiometry. According to the interatomic distances bonds within the clusters are ionic whereas bonds between different clusters are metallic. The metallic conductivity as well as the temperature independent paramagne- tism of Cs,,O, corresponds to this bonding sceme.

1. Eaeitung

Thermoanalytische Untersuchungen jm Cs/Cs,O-System hatten schon friih- zeitig [ 21 die Existenz eines Suboxides mit der experimentell gefundenen Zusam- mensetzung CsO,,,,, (neben anderen) gezeigt. Die Oberpriifung dieser Angabe mit verbesserten praparativen und thermoanalytischen Verfahren fuhrte, wie Abb. 1 zeigt , zu volliger experimenteller Ubereinstimmung [ 31.

Bereits im ersten Stadium der erneuten Untersuchung muBte jedoch die Rich- tigkeit der ursprunglich gewiihlten [2] Formel Cs,02 (e CsO,,,,) angezweifelt werden : Eine Verbindung mit dieser Formel sollte aufgrund sauerstoffreicherer Einschlusse bei ihrer peritektischen Bildung thermoanalytisch im Bereich O/Cs > 0,286 gefunden werden.

Wegen der ,,@kreide-artigen“ Beschaffenheit der Verbindung und ihrer ex- tremen Empfindlichkeit gegenuber Luft und Feuchtigkeit konnte eine Kristall- strukturuntersuchung erst nach der Entwicklung geeigneter Kristallzucht - und Handhabungstechniken durchgefuhrt werden. Die Untersuchung zeigte, daB die Phase richtjgerweise als Cs,,O, (2 CsO,,,,,) zu beschreiben ist [4, 51.

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.L Atomverh. OlCs

Abb. 1 Phasendiagramm Cs/Cs,O nach [3]

2. Experimentelle Angaben 2.1. Pri ipar ierung

Cs,,O, ist relativ einfach auch in groBer Menge rein aus den Elementen darstellbar. Dabei ist auf eine sorgfialtige Temperaturfuhrung zu achten. Nachstehend ist die Darstellungsvorschrift fur eine spezielle Menge wiedergegeben (vgl. 131).

Der Inhalt einer Vorratsampulle mit destilliertem Casium (etwa 10 g) wird unter Schutzgqs in das ReaktionsgefaB entleert, das im einfachsten Fall aus einem einseitig verschmolzenen, mit einem Schliff verschlieBbaren Reaktionsrohr besteht und iiber einen seitlichen Hahn-Ansatz evakuiert bzw. mit Schutzgas (Ar, N,) gespult werden kann. Die durch Ruckwagen (bzw. Titrieren der in der Ampulle verbliebenen Reste) genau bestimmte Metallmenge x wird oxydiert indem man die erforderliche Menge Sauerstoff z. B. durch thermische Zersetzung von y = 0,4444 . x g HgO erzeugt und unter Riihren des Metalls mit einem Magnetriihrstabchen (ohne Teflon!) vorsichtig in das evakuierte Reak- tionsgefaB einstromen 1aBt. Die Dosierung muO so langsam erfolgen, daB keine schwarzen Zunder- schichten auf der Oberflliche des Metalls entstehen, da sonst die Sauerstoffaufnahme zu sehr verlang- samt wird. Einmal entstandene Schichten verschwinden bei kurzzeitiger Drosselung der 0,-Zufuhr. Etwa 85% der gesamten 0,-Menge werden bei 50°C zur Reaktion gebracht fur den Rest erhoht man die Temperatur der Schmelze auf 100°C. Nach Beendigung der Oxydation (Restdruck p < 10-4Torr) wird ein Verdampfen von Casium &us der Probe durch rasches Einlassen von Schutzgas unterbunden, die Probe unter Riihren auf 120°C erhitzt und mit einem CO,/Aceton-Gemisch abgeschreckt. Die dabei primar evtl. ausgeschiedenen hoher oxydierten Produkte (Cs,O, ,,Cs,O") sind so feinteilig, daO kurz- zeitiges Tempern der Probe bei 50°C die vollstandige Umsetzung zu Cs,,O, sichert.

2.2. Eigenschaften

achmelzen. Cs,,O, bildet permanganatfarbene KristallspieBe, die bei 52,5 "C inkongruent

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Lei t fahigkei t u n d Magnetismus: Orientierende Messungen an poly- kristallinen Proben mit Hilfe von kontaktlosen Verfahren (Induktionsmethoden) [S] ergeben metallische Leitfahigkeit fur Cs1103, die erwartungsgemal3 deutlich geringer als die von Casium ist. Damit im Einklang stehen die magnetischen Messungen. Die bei Feldstiirken zwischen 1,3 und 5,4 KOe zwischen 90 K und 295 K nach der Gouy-Methode vorgenommenen Messungen ergaben einen gerin- gen, temperaturunabhangigen Paramagnetismusl). Ohne Berucksichtigung dia- magnetischer Korrekturen erhalt man den mittleren Wert xmo, = 211 (&15) * 10-6 01113 - mol-l.

2.3. Kristal lz i ichtung

Kristalle fur die rontgenographische Untersuchung von Csl103 wurden im Markrohrchen geziichtet. Aufgrund der gegebenen Phasenverhaltnisse boten sich dafiir die beiden in Abb.2 skizzierten Wege an. Wegen des kinetisch bedingten Ausbleibens der Cs,O-Bildung [ 71 war nur mit Komplikationen durch die konkur- rierende Phase ,,Cs30" zu rechnen.

0.20 0.25 0.3 0

ATOMVERHALTNIS o / c S

Abb. 2 Fur die Kristallzucht von Cs,,O, interessierender Teil des Phasendiagramms. Da bei tiefer Temperatur die stabile Verbindung Cs,O nicht gebildet wird, kann die Ziichtung von Cs,,O,-Kristallen bis herab zur gestrichelten Linie erfolgen. Die Zuch- tungsversuche unter Nichtgleichgewichbbedingungen (a) und Gleiohgewichtsbedin- gungen (b) sind schematisch angedeutet

1) Fur die Ausfuhrung der Messungen danken wir Frau U. BRENDEL, Anorg.-chem. Institut der Universitiit Miinster.

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a) Nichtg le ichgewicht : Aus einer Schmelze der Zusammensetzung CsO,,,,, wird versucht, die direkte Kristallisation von Cs,,O, unter Uberspringen der Primarkriitallisation von ,,Cs30'' zu erzwingen. Dies wird erreicht, indem ein mit der Schmelze gefiilltes Rohrchen (0,2 mm Durchmesser, Substanzsiiule etwa 30 mm lang) langsam aus einem anf 120°C geheizten Messingblock rnit zentraler Bohrung von 1 mm Durchmesser gezogen wird. Durch seitliches Anblasen des Rohrchens rnit Luft eneugt man am Ofenausgang einen so steilen Temperaturgradienten d a B die direktc Kristallisation von Cs,,O, auf Torhandenen Keimkristallen erfolgt.

Die in dieser Weise erzeugten Cs,,O,-Kristalle waren fur die weitere Untersuchung allerdings ungeeignet. Wegen der fehlenden Losungsphase bestand keine Moglichkeit einer nachtraglichen Aus- heilung der Probe bei Raumtemperatur. Auf eine Variation, besonders im Hinblick auf die gewahlte Probenzusammensetzunp: wurde verzichtet, zumal das alternative Verfahren b) zum Ziel fuhrte.

b) Gleichgewichtsbedingung: Bei einerProbe rnit MetalliiberschuS - sie enthielt beiRaum- temperatur polykristallines Cs,,O, neben der Schmelze - fuhrte die wiederholte Variation der Tem- peratur innerhalb des Existenzbereiches der Phase (T < 52 "C) zum Wachsen eines Keimkristalles rnit geeigneter Orientierung unter Aufzehrung der feinkristallinen Anteile.

Ein rnit einer fliissigen Probe CsO,,,, beschicktes Markrohrchen (Abmessungen wie unter a)) wurde zur Eneugung der Csl,,O,-Keime mit CO,/Aceton-Gemisch abgeschreckt und anschliel3end etwa eine Woche lang in der in Abb. 3 skizzierten Weise pendelnd in ein Paraffinbad von 50°C eingetaucht. Ein seitlicher Luftstrom verhinderte die Konvektion uber dem &bad und bewirkte reproduzierbare Bedingungen an der Eintauchstelle.

\

n

Abb. 3 Anordnung zur Kristallziichtung von Csl,O, (1 = Goniometerkopf mit Mark- rohrchen, 2 = motorgetriebene Exzenterscheibe fur die Probenbewegung, 3 = Paraf - finbad 50°C, 4 = Luftstrom, Raumtemperatur)

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Auf diese Weise wurden wiederholt millimeterlange, nahezu exakt nach [0 10) in der Rohrchenachse ausgerichtete Einkristalle erhalten. Wegen fehlender Keim- selektion traten allerdings bisweilen Storungen durch mehrere, genau parallel orientierte Kristallnadeln auf.

2.4. Rontgenographische Untersuchungen Die dargestellten Ergebnisse wurden mit Hilfe modifizierter Guinier-Aufnahmen [8] von Ein-

kristallen und polykristallinen Proben erhalten, sowie anhand von Einkristalldaten nach ublichen Film- und Zlhlrohrverfahren.

1. Abb. 4 gibt das rnit den endgiiltigen Ortsparametern berechnete Strichdiagramm von Cs,O, zur Charakterisierung der Verbindung wieder, das der Auflosung der Guinier-Aufnahme mit CuKcx,- Strahlung entspricht. Der Linienreichtum der Guinier-Aufnahme gestattete keine Indizierung; viel- mehr gelang diese erst anhand der nur h0l-Reflexe enthaltenden Drehkristall-Guinier-Aufnahme. Die in Tab. 1 aufgefiihrten Gitterkonstanten wurden durch Ausgleichsrechnung uber 41 Reflexe (33 Re- flexe h01, 7 hkl: Korrektur gegen Tiefquarz; Ausmessung mit einem Guinier-Viewer, Fa. Nonius) ermittelt.

2. Die Strukturuntersuchung erfolgte zunachst mit Datepatz A [4] : 1384 symmetrieunabhangige Reflexe, ,,Pailred", MoKa-Strahlung; h 2 15, k 3, 1 5 20 sowie abschlieBend rnit Datensatz B2): 3 795 unabh&ngige Reflexe, Vierkreisdiffraktometer Pi der Firma Syntex (0-scan, StandardmeB- geschwindigkeiten zwischen 0,5 und 24'/min, MoKor-Bereich bis 2emax = 40" entsprechend h 5 15, k 5 8, 1 5 22).

3. Die Kristallstruktur von CsllOs 3.1. Elementarze l le u n d Symmetr ie

Die aus Guinier-Aufnahmen ermittelten Gitterkonstanten (Raumtemperatur) sind in Tab. 1 aufgefiihrt. Aufgrund der Ausloschungen (h 01 nur mit 1 = 2n beob- achtet) standen die Raumgruppen Pc, P2/c und P2,/c zur Wahl.

Tabelle 1 Zellkonstanten von Cs,O,

Kristallsystem monoklin; Raumgruppe P2,/c; () = Standardabweichungen, bezogen auf die letzte Stelle

Gitterkonstanten [A] Dichte [g *

a, = 17,610(1) eexp = 2,625(12)a) b,= 9,218(4) 0, = 24,047(2) eber = 2,610 ,3 = 100,14(1)0 Zahl der Formelein-

heiten in der Zelle : z=4

a) Mittelwert aus 4 pyknometrischen Einzelmessungen unter Cs-behandeltern Petroleum.

Drehkristallaufnahmen in ,,equi inclination"-StellungYiir hkl mit 1 5 k 5 4 tauschten zunachst das Fehlen einer Ausloschung bei den Ok0-Reflexen vor (Fehlinterpretation der A/e-Reflexe von

2) Fur die Datensammlung und Hilfen bei den Rechnungen mit dem XTL-System danken wir Herrn Dr. K. PETERS und Frau E. PETERS.

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02 0 und 0 6 0) und gaben auch wegen der Schwierigkeiten bei der Verfeinerung eines zentrosymmetri- schen Strukturmodelles (vgl. 3.2.) AnlaB zur fehlerhaften Wahl der azentrischen Raumgruppe Pc [4].

0 0 OU 0 .oo 5 .oo 10 .oo 15 -00 20 .oo 25 *OO 30 -00

THETR Abb.4 Auflosung einer Guinier-Aufnahme mit CuKa,-Strahlung berechnet)

Strichdiagramm fur Cs,,O, (mit Ortspararnetern aus Tab.2, B = 0 fur die

3.2. Strukturmodel l und Verfeinerung Die zu Beginn der Strukturuntersuchung bekannten Beziehungen zwischen Rb-Suboxiden [9]

sowie das Auftreten von Cs,,O,-Gruppen in Cs,O [lo] machten den Aufbau der Verbindung Csl,O, a s solchen Gruppen wahrscheinlich. Vorstellnngen uber die Orientierung der Gruppen ergaben sich unmittelbar aus der auffallend hohen Intensitit des 2 06-Reflexes. Die relative Anordnung der Cruppen zueinander wurde anhand von Abstandsbetrachtungen probeweise fur die Ebenensymme- trie P2 festgelegt und im Detail iiber die Fourier-Transformierte der Projektion h01 (Photosummateur) gepriift. Das so erhaltene zweidimensionale Model1 ergab einen Zuverlissigkeitswert (konventionelle Definition, h01 aus Datensatz A) R = 0,19. Die folgende Verfeinerung der moglichen dreidimensiona- len Anordnungen anhand des gleichen Datensatzes fuhrte nur in der azentrischen Raumgruppe Pc zu akzeptabler tfbereinstimmung zwischen Fo- und FC-Werten (R = 0,086 fur 1232 Reflexe rnit Fo > 0), ohne daB erhebliche Parameterabweichungen gegeniiber der entaprechenden Anordnung in der zentrosymmetrischen Raumgruppe P2Jc auftraten. Diese Schwierigkeiten - moglicherweiee verursacht durch Fehler der Intensititen aufgrund der beobachteten allmahlichen Zerstorung des Kristalles wLhrend der Messung - traten mit dem neu erstellten Datensatz B nicht auf. Wenige Verfeinerungszyklen (full matrix least squares) senkten den Zuverlassigkeitswert hierfur auf

R = 0,053 (fur 3031 Reflexe rnit F, > 30 (Fo); R’ = 0,056 rnit allen Reflexen). (Die Rechnungen wurden mit dem X-Ray-System [ll] auf einem Univac 1108-Rechner der Uni-

versitit Stuttgart durchgefiihrt. Die abschlielenden Rechnungen beriicksichtigen deutliche Ex- tinktionsfehler durch Verfeinerung dee isotropen Extinktionsfaktors g. Auf Absorptionskorrekturen (p R N 1,05) wurde verzichtet.)

3.3. Ergebnisse der Strukturuntersuchungen Tab. 2 enthalt die Orts- und Temperaturparameter der Casium- und Sauer-

stoffatome in Cs,,O,. Alle Atome besetzen die Punktlage 4e in der Raumgruppe P2,/c. Auf die Wiedergabe der zugehorigen E”c/F,-Tabelle wird verzichtet ; die Daten konnen von den Verfassern angefordert werden.

Mit den Werten aus Tab. 2 ergeben sich die in Tab. 3 aufgefiihrten interatoma- ren Abstande. Die Bezifferung der Atome entspricht Abb. 5.

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Tabelle 2 Ortskoordinaten und Temperaturparanieter der Cs- und 0-Atome im Cs, ,03; Rainngruppe P2Jc; Punktlagen: alle 4e; Definition der Teniperaturfaktoren: U = exp [-2xz(U,lli*a*a + U,,k*b*a + UsrlPc*' + 2U,$hka*b* -+ 2U13hla*c* + 2U,sklb*c*)] Standardabweichungen ()

Atom x Y z u,l ' 102 u*, ' 10s ua ' 10' Ul*. 101 U18. 102 u,s ' 102

cs1 cs2 cs3 cs4 cs5 Cs6 cs7 Cs8 cs9 CSlO Csl 1 01 0 2 0 3

0,3796(1) 0,0920(1) 0,2204(1) 0,3030(1) 0,4356(2) 0,5254(1) 0,0663(1) 0,161711) 0,3158(1) 0,1517(2) 0,2388(2) 0,2234(8) 0,1795(8) 0,3835(8)

0,2206(2) 0,2438(1) 0,4420(3) 0,2834(1) 0,1157(2) 0,323111) 0,4795(2) 0,3408(1) 0,9309(2) 0,3821(1) 0,3324(2) 0,4013(1) 0,1974(3) 0,4316(1) 0,6037(2) 0,4538(1) 0,2371(2) 0,4684(1) 0,1716(3) 0,1514(1) 0,9198(3) 0,6692(1) 0,3414(15) 0,2354(6) 0,3554(15) 0,3955(5) 0,2036(16) 0,3654(6)

Tabelle 3 Interatomare AbstBnde in Csl,Oa; Standardabweic,hungen 0. Angaben in A

Abstiinde innerhalb der CsIlOs-Gruppe

cs3-cs4

cs3-cs1; 2; 9 cs4-Csl; 2; 9 cs3-cs5; 7; 10 CS~--CS~; 8 ; 11

Csl-Cs5; 6 ; 10; 11 Cs2-037; 8; 10; I1

Cs5 - Cs6 Cs7-Cs8 CslO-CSll 01-Csl; 2; 3; 4; 10; 11

CSB-CS~; 6 ; 7; 8

02-Cs2; 3; 4; 7; 8; 9

03-Csl; 3; 4; 5; 6; 9

01-02; 3 02-03

3,653(2)

3,786(3); 3,783(3); 3,766(2) 3,754(3); 3,741(3); 3,769(3)

4,165(3); 4,153(3); 4,123(3) 4,153(3); 4,156(3); 4,185(3) 4,244(4); 4,304(3); 4,250(4); 4,334(3) 4,310(3); 4,327(3); 4,311(4); 4,285(4) 4,275(4); 4,370(3); 4,338(3); 4,310(3) 4,022(3) 4,103(4) 4,063(4)

2,940114); 2,91405); 2,970(14); 2,957113); 2,688(14); 2,760(15) 2,967(13); 2,981(14); 2,964(14); 2,731(14); 2,731(14); 2,918(13) 2,916(14); 2,982(14); 2,921(14); 2,684(15); 2,763(14); 2,948(15) 4,061(20); 4,021(18) 4,037(20)

~

Abstiinde zwischen CsIlOs-Gruppen bis 7,O A)

Csl-CsB; fi; 1; 1; 9; 11; 4; 11; 6

rs2-cslo; 2; 2; 3; 7; 3; 11

CsS-Cs8; 4; 11

Cs5-Cs9; 6; 6; 5; 8; 11; 11

Cs6-Csll; 9; 6; 8; 9; 10 Cs7-CslO; 8; 11; 7; 8; 10; 10; 11

cs8-cslo; 10; 11; 9; 8 cs9-cs10; 11 cslo-csl l

C~4-Cs5; 6

5,198(3); 5,468(3); 6,236(3); 6,236(3); 6,533(3); 6,544(4); 0,66613); 6,799(4); 6,989(4) 5,265(4); B,702(3); 5,702(3); 5,864(3); 5,908(3); 6,633(4); 6,982(4) 5,862(3); 6,047(4); 6,222(4) 4,790(3); 6,223(3) 5,384(3); 5,688(3); 5,747(4); 5,878(5); 6,184(3); 6,234(4); 6,508(3) 5,290(4); 5,504C3); 5,877(5); 6,005(3); 6,494(3); 6,800(4); 5,373(3); 5,572(3); 5,589(4); 5,676(5); 5,719(4); 5,922(4); 6,291(4); 6,495(3) 5,423(4); 5,673(4); 5,890(3); 6,429(4); fi,753(4) 5,747(4); 6,005(4) 5,657(5)

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4. Diskussion Nach der Strukturuntersuchung ist die Formel der thermoanalytisch charak-

terisierten Phase CsO,,,,, eindeutig Cs11O3. Der Verbindung kommt damit auf- grund ihrer Zusammensetzung und Struktur zentrale Bedeutung innerhalb des Ciisiumsuboxidsystems zu. Wie Abb. 5 zeigt, besteht Cs,,O, ausschliel3lich aus Ionengruppen der gleichen Zusammensetzung, wie sie als Strukturelemente auch in Cs,O 2 [Cs,,O,]Csl, [lo] und in Cs,O 2 [Cs,,O,]Cs [ 71 enthalten sind. C S , ~ O ~ bildet damit das Analogon zur Verbindung Rb,O,, die nur aus den vom Rubidium bevorzugten Rb,O,-Gruppen besteht [9]. Es ist in diesem Zusammenhang interes- sa,nt, dal3 einerseits der Antityp zur Rb,O,-Gruppe in Form des weitverbreiteten Xomplex-Ions M,Xg3- (M = Cr, W . . . ; X = Halogsn) existiert und andererseits auch der Antityp der Cs,,O,-Gruppe bekannt ist : In Nb,X4 (X = Se, Te) tritt die Nb3Xll-Anordnung auf [12], in der allerdings die X-Atome gemaB der Schreib- weise Nb3X2,,X3,,XS,, eine verknupfende Funktion besitzen.

Geometrische Einzelhej ten der Cs,,O,-Gruppe wurden bereits ausfiihrlich bei den Verbindungen Cs40 und Cs,O diskutiert, so dal3 hier nur am Rande verglei- chend auf Details eingegangen werden soll.

Aus der Gegeniiberstellung vergleichbarer Abstande innerhalb der Cs,,O,- Gruppen der Verbindungen geht die weitgehende ubereinstimmung deutlich hervor (Tab. 4). Auch die starke Differenzierung der Cs -0-Abstande ist in allen

- C.

Abb.5 Atome entspricht der in Tab. 2 und 3

Projektion der Elementarzelle von Cs,,O, kings [OlO]. Die Numerierung der

Tabelle 4 Mittelwerte vergleichbarer Abstandsgruppen (I-V: dcs-cs; VI-VIII dc,-o; Angaben in A; zur Einteilung vgl. [lo]) in den Cs,,O,-Gruppen derverbindungen Cs,O, Cs,O und Cs,,O,

I I1 I11 I V V VI VII VIII ~~~ ~

Cs,,O, 3,Gi 3,77 4,O6 4,16 4,31 2,75 2,89 2,92 cs,o 3,68 3,76 4,06 4,16 4,30 2,70 2,93 3,OO cs,o 3,71 3,75 4,02 4,14 4,17 2,74 2,89 2,95

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drei Verbindungen vergleichbar : Die Cs -0-Abstande treten teilweise erheblich verkurzt gegenuber der Summe der Ionenradien (3,09 A) auf. Die zur Errechnung dieses Wertes verwendeten Pauling-Radien sind allerdings auf KZ = 6 bezogen. In den Cs,,O,-Gruppen sind aber &e tatsachlich vorliegenden Koordinationszah- len der Casiumatome in der Cs,,O,-Gruppe (KZ = 1, 2 und 3, bezogen auf 0- Atome) zu beriicksichtigen. In dieser Weise lassen sich die beobachteten Abstands- variationen und -verkurzungen alternativ zum Bild einer starken Coulomb-Ab- stoBung der 02--Ionen [lo] zwanglos verstehen. Mit dem einfachen Ansatz [KZIr = [6Ir (KZ/6)1/"-1 [13] erhalt man unter der plausiblen Annahme, da13 n = 9 gilt, die Werte dc,-o = 2,95 A (KZ = 3), 2,87 A (KZ = 2) und 2,75 A (KZ = l), die recht gut mit den tatsachlich in der Cs,,O,-Gruppe auftretenden Abstanden ubereinstimmen.

SchlieBlich reicht die Ahnlichkeit der Cs,,O,-Gruppe in den betrachteten Verbindungen bis in die Details des thermischen Schwingungsverhaltens der be- teiligten Cs-Atome (Abb. 6, vgl. dam die vollig entsprechenden Abbildungen in [ 7, lo]). Aus den unterschiedlichen Schwingungsamplituden der funktional ver- schiedenen Cs-Atome ist zu erkennen, daB nicht die Gruppe als starre Gesamtheit schwingt. Vielmehr wird deutlich, dalj die thermischen Bewegungen der Cs-Atome in Richtung und AusmaB eng mit der jeweiligen Bindung an die Sauerstoffatome

Abb.6 Darstellung der Cs,O,-Gruppen von Csll0, in der Projektion liings [OlO] mit Hilfe des Programms ORTEP 11. Die Sohwingungsellipsoide umfassen 600/, der Elek- tronendiohte

13*

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zusammenhiingen. Dies fallt besonders bei den sechs nur an jeweils ein 0-Atom gebundenen Cs-Atomen auf : Die kurzeste Achse des Schwingungsellipsoids weist immer in die Richtung der Cs -0-Bindung.

Von besonderem Interesse ist die riiumliche Anordnung der Cs,,O,-Gruppen zueinander. Bereits an der Struktur des Cs,O 1 [Cs,,O,]Cs, das sich rnithin als

cs, 0

a b Abb. 7 Vergleich der Umgebungen yon Cs,,O,-Gruppen in Cs,,O, und Cs,O. Wegender Ubersichthhkeit ist die Cs,,O,-Gruppe (kleine Kugeln) nur durch ihres chraffierten Begrenzungsflachen dargestellt. a) Cs-Atome uber den aus jeweils zwei benachbarten Dreiecksflachen gebildeten ,,Mulden" der Cs,,O,-Gruppe. Weitere 3 Positionen auf der Gegenseite der Gruppe sind iiquivalent besetzt. b) Cs-Atome in der aquatorialen Um- gebung der Cs,,O,-Gruppe

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Das ,,komplexe Metall" Cs,,O, 197

AB-Verbindung betrachten IiiBt, war aufgefallen, daB die Cs,,O,-Gruppen zu- einander nach Art einer hexagonal dichten Kugelpackung angeordnet sind, deren ,,Oktaederliicken" entsprechend dem NiAs-Typ von den einzelnen Cs-Atomen besetzt sind. Auch in Cs,,O, nehmen die Positionen der Gruppenschwerpunkte zueinander eine Anordnung wie in einer dichten Kugelpackung mit der (kubischen) Stapelfolge langs [2 0 21 ein. Aufgrund der metallischen Eigenschaften des Cs,,O, sowie der Cs -Cs-Abstande zwischen den Gruppen (Abstandshaufungen um 5,7 und 6,5 A im Vergleich mit den kurzesten Abstanden 5,3 bzw. 6, l in C&ium) liegt mit der Verbindung ein neuartiges ,,komplexes" Metall vor, bei dem die ein- fachen Ionenriimpfe normaler Metalle durch komplexe Gruppen ersetzt sind. - Die Cs,,O,-Gruppe bildet - im Gegensatz zur Rb,O,-Gruppe - keinen Aus- schnitt aus einer dichten Kugelpackung, so dal3 die Anordnung der Cs-Atome selbst nicht im Sinne einer solchen (durch die Sauerstoffatome verzerrten) Packung diskutiert werden kann.

In den Verbindungen Cs,O, Cs,O und Cs,,O, sind die Anordnungen der Cs,,O,-Gruppen zueinander drastisch verschieden : In Cs,O liegen Siiulen aus pla- nar gestapelten Gruppen vor, wahrend die Gruppen in Cs,O und Cs,,O, gegen- einander gekippt sind. Dennoch ergeben sich fur alle Verbindungen sehr iihnliche Umgebungen der Gruppen. Besonders gut ist die Anordnung der Cs-Atome aus den rein metallischen Zwischenbereichen um die Cs,,O,-Gruppe beim Cs,O erkennbar. Im Csl,O, stehen die Gruppen so zueinander, dal3 Cs-Atome jeweils benachbarter Gruppen weitgehend die gleichen Positionen um die betrachtete Cs,,O,-Gruppe einnehmen, wie man sie im Cs,O und Cs,O findet. Diese bevorzugten Atomposi- tionen um die Cs,,O,-Gruppe sind fur die beiden Verbindungen Cs,O und Cs,,O, einander in Abb. 7 gegenubergestellt : Raumlich, aber auch elektrostatisch gun- stige Positionen befinden sich uber den aus jeweils zwei Dreiecksfliichen gebildeten ,,Mulden" der Cs,,O,-Gruppe (Abb. 7a). Ferner liegen generell Cs-Atome vor den periphiiren Dreiecksflachen der Cs,,O,-Gruppe und den gemeinsamen Kan- ten dieser Plachen (Abb. 7b). Die skizzierte Umgebung ist zwar im Cs,,O, wegen der Starrheit der beteiligten Gruppen verzerrt, dennoch wird erkennbar, daB die Anordnung der Gruppen, wie in allen ubrigen Alkalimetallsuboxiden, dem Prin- zip maximaler Raumerfiillung folgt. Auch dieser Strukturbefund entspricht dem Bild von metallischen Bindungen zwischen den Clustern, und es besteht der Eindruck. daB die Moglichkeit zur Einhaltung der geschilderten Koordinetions- verhiiltnisse den Grund fur die beobachteten speziellen Stochiometrien bildet.

Den Herren Prof. Dr. v. SCHNERINC und Dr. DEISEROTH sind wir fur Diakussionen dankbar. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir fur die Unterstutzung dieser Untersuchung.

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Page 12: Über Suboxide der Alkalimetalle. 10. Das „komplexe Metall” Cs11O3

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Bei der Redaktion eingegangen am 2. &%rz 1976.

Anschr. d. Verf. : Prof. Dr. A. SIMON, Max-Planck-Inst. f. Festkorperforschung, D-7000 Stuttgart 80, Busnauer Str. 1 7 1


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