Unternehmen – Zwang zum Wachstum?
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL 1
Ziele / Themen:Schweizer UnternehmensstatistikAussagen zu Unternehmenswachstum (2)Wachstumsdynamik in Unternehmen, WachstumszieleDiseconomies of Scale, Alternative KenngrössenArgumente wachstumsneutraler Unternehmen
10. Veranstaltung
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Marktwirtschaftliche Unternehmen und Beschäftigte nach Grössenklassen, 2008Grössenklassen Unternehmen Beschäftigtenach Vollzeitäquivalenten Anzahl % Anzahl %
KMU (bis 249) 311'707 99.6 2'327'802 66.6
Mikrounternehmen (bis 9) 272'346 87.1 869'206 24.9
Kleine Unternehmen (10-49) 33'183 10.6 760'780 21.8
Mittlere Unternehmen (50-249) 6'178 2.0 697'816 20.0
Grosse Unternehmen (250 und mehr) 1'154 0.4 1'166'269 33.4
Total 312'861 100.0 3'494'071 100.0
Durchschnittliche Anzahl Beschäftigte pro Unternehmen (marktwirtschaftliche Unternehmen), 2008Sektor 2 (Industrie) 14.6Sektor 3 (Dienstleistung) 10.1Gesamtdurchschnitt 11.2
Quelle: Betriebszählung 2008Stand der Daten 29.03.2010© Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2014
Schweizer Unternehmensstatistik
H. Ulrich (1984: 27, 257)*:„Jedenfalls hat sich auch in der Wirtschaftspolitik ein wachstumsorientiertes Denken durchgesetzt … Die Grossunternehmen vor allem sind wachstums-orientiert in ihrer Politik… Leider hat die lange und relativ ungestörte Wachstumsphase bewirkt, dass wir uns an stabile Verhältnisse gewöhnt haben; insbesondere hat eine ganze Generation von Führungskräften nichts anderes erlebt.“
3* Management
Aussagen zu Wachstum in Unternehmen
J. Forrester (2009: 10-11)*:„I think one of the biggest management problems is going to be to understand how to manage a successful nongrowing company – and how to get out of the frame of mind that success is measured only by growth… You’ve still got to have some way to maintain vitality, to maintain some product progress, but to do it within a fixed demand on the environment. I don’t think I’ve heard of that being taught in management schools.“
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J. Forrester, *1918; Computerwiss., Be-gründer der System-dyamik (Weltmodell 3 für Grenzen des Wachstums)
Aussagen zu Wachstum in Unternehmen
*Hopkins, M. S. (2009). The Loop You Can't Get Out Of. An Interview with Jay Forrester. MITSloan Management Review, 50(2), 8-12.
Wachstumszwang: Entschädigung des Eigen- und Fremdkapital-einsatzes (Risikoentschädigung)
Wachstumsdrang wegen• Unternehmensverfassung (börsenkotierte AG)• Economies of scale (Mengeneffekte)• Unternehmenshaftung (Voll~: Personengesellschaft; Teil~:
AG, GmBh, Stiftung…)• Marktsituation (Wettbewerb, Homogenität, Marktdynamik, Marktgrösse, Nachfragedynamik)• Kapitalintensität• Unternehmensziele• Steueranreize (z.B. Abzugsfähigkeit von Schulden, Abschreibung von Investitionen)
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Wachstumsdynamik in Unternehmen
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Wachstumszwang in Unternehmen nach Binswanger sen.
t0t3
Ertragt2
Ertragt1
Ausgaben f. Produktions-faktoren (K)
Wachstum: Entschädigung EK/FK wird möglich, weil E > K*
Ertrag durch Kauf von Produkten mit Arbeits- und Kapitaleinkommen aus t1-t2
*Erträge > Kosten, EK: Eigenkapital, FK: Fremdkapital
Produktionsperiode t0 – t1
Finanzierung mit EK / FK
Graphik stammt nicht von H.C. Binswanger! Binswangers Überlegungen in: Binswanger, H. C. (2006). Die Wachstumsspirale. Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses. Marburg: Metropolis.Binswanger, H. C. (2012). Wachstumszwang und Wachstumsdrang in der modernen Wirtschaft. In: Wirtschaft ohne Wachstum?! Notwendigkeit und Ansätze einer Wachstumswende. Woynowski, B. et al. Freiburg, Institut für Forstökonomie, Universität Freiburg: 45-53.
• Umsatz, Marktgrösse, -durchdringung• Produktdiversifizierung, -innovation• Gewinn • Produktionsmenge• Wettbewerbsposition • Preisreduktion (-führerschaft) • Mitarbeitende• Shareholder Value (Aktionärswert)
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Klassische Wachstumsziele/-indikatoren in Unternehmen
• Ausufernde Administration• Atmosphäre/Einbindung von Mitarbeitenden• Bürokratische Isolation Einzelner• Leistungslohn mit falschen Anreizen• Informationsverfälschung durch Hierarchien und Distanzen
Williamson, O.E. 1975. Markets and Hierarchies. NY.
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Diseconomies of Scale
• Ressourcenverbrauch, -effizienz, weitere ökologische Ziele• Produkt- und Servicequalität (Ko-Produktion, DL, Funktionen,
Gemeingüter)• Sicherung/Aufbau von Nischen• Regionale Wertschöpfung / Transformation des Umfeldes• Arbeits- und Lebensqualität der Mitarbeitenden (Kunden)• Geringe Lohnspreizung• Langfristiger Unternehmensbestand
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Zu Wachstum alternative Unternehmenskenngrössen
Liesen, Dietsche, Gebauer 2013
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Anzahl marktwirtschaftlicher Unternehmen nach Rechtsform, CH, 2008Rechtsform Sektor 2 Sektor 3 Total
Einzelfirmen 29'993 112'553 142'546
Kollektivgesellschaften 1'731 6'275 8'006
Kommanditgesellschaften 298 1'020 1'318
Aktiengesellschaften 26'612 60'353 86'965
GmbH 13'275 44'742 58'017
Genossenschaften 236 1'585 1'821
Andere 919 13'269 14'188
Total 73'064 239'797 312'861
Quelle: Bundesamt für Statistik, Betriebszählung 2008Stand der Daten 29.03.2010
Argumente wachstumsneutraler Unternehmen
• Zweck des Unternehmens: Beitrag für Gesellschaft, Umwelt, Nachhaltigkeit
• Krisenfestigkeit/Risiko: weniger krisenanfällig, Zyklen vermeiden; Anpassen an künftiges gesamtwirtschaftliches Schrumpfen
• Qualitätssicherung: Wachstum kann Qualität und Unterneh-mensklima schaden; im Optimum verbleiben; Effizienzpotentiale ausreizen
• Lebensqualität: Belastung durch grösseres Unternehmen; nicht zur VerwalterIn werden
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Orientierungsrahmen für zukunftsfähige Unternehmen in einer PostwachstumsgesellschaftGemäss Posse, D., 2014*
Umwelt- und sozialverträgliche LeistungserstellungUnternehmensformen ohne WachstumszwangRegionalisierungKollaboratives WirtschaftenArbeitszeitverkürzungTransparente KommunikationÖko- und SozialbilanzierungWahl einer optimalen Unternehmensgrösse
* Zukunftsfähige Unternehmen in einer Postwachstumsgesellschaft. Eine theoretische und empirische Untersuchung. Universität Oldenburg (Masterarbeit)
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Gesellschaftliche Ansatzpunkte zur Überwindung der Wachstumsabhängigkeit
=> Andere Unternehmensformen und Kapitalbeschaffung fördern (Genossenschaft, Stiftung)=> Abbau von wachstumsfördernden Steueranreizen=> Strategien wachstumsneutraler Unternehmen erforschen (Handwerk, (Klein)Gewerbe, Gemeinwohlunternehmen), Kosten und Risiken von Wachstumsstrategien=> Thematisieren der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsaussichten
Weiterführende / Zitierte Literatur
• Gebauer, J., Mewes, H., & Dietsche, C. (2015). Wir sind so frei. Elf Unternehmen lösen sich vom Wachstumspfad. Berlin: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). http://www.ioew.de/fileadmin/user_upload/BILDER_und_Downloaddateien/Publikationen/2015/Wir_sind_so_frei_-_Elf_Postwachstumspioniere.pdf
• Liesen, A., Dietsche, C., & Gebauer, J. (2013). Wachstumsneutrale Unternehmen. Pilotstudie zur Unternehmensperspektive im Postwachstumsdiskurs, Schriftenreihe des IÖW 205/13. Berlin: IÖW.
• Posse, D. (2014). Zukunftsfähige Unternehmen in einer Postwachstumsgesellschaft. Eine theoretische und empirische Untersuchung. Universität Oldenburg. http://www.voeoe.de/wp-content/uploads/2015/03/posse-unternehmen-postwachstumsgesellschaft-2015.pdf
• Williamson, O. E. (1975). Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications. New York: Free Press.
• Zahrnt, A., I. Seidl, Liesen, A., Dietsche, C. (2013). Wachstumsneutrale Unternehmensführung. Jahrbuch Ökologie 2014. Mut zu Visionen. H. Leitschuh, G. Michelsen, U. E. Simonis, J. Sommer and E. U. Weizsäcker v. Stuttgart, Hirzel: 141-146.
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Aufgabe für 10. Veranstaltung
Lesen Sie bitte
Reuter, N. (2010). Der Arbeitsmarkt im Spannungsfeld von Wachstum, Ökologie und Verteilung, in: Seidl, I./Zahrnt, A. Postwachstumsgesellschaft. Konzepte für die Zukunft, Metropolis-Verlag, Marburg, S. 85-102.
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