Proseminar SS 2007: AusgewählteThemen aus der Medientechnik
Fachbereich 4: Informatik
Vortrag 2:Grundlagen der Farbwiedergabe Teil 1
Andreas Held(206110227), Sascha Strauß(206110097)
{aheld|strauss}@uni-koblenz.de
Kurzfassung
In diesem Dokument wird erklärt, was Farbe ist, wie sie vom Menschen wahrgenommen wird
und wie auf künstliche Weise Farbe reproduziert kann. Es werden zwei Grundprinzipien der
Farbwidergabe vorgestellt, additive und subtraktive Farbwidergabe. Beide Verfahren bereiten
Probleme, auf die im einzelnen auch eingegangen wird.
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
2
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Inhaltsverzeichnis
1 Farbe 5
1.1 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2 Das Farbspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.3 Grundlegende Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.4 Das HSV-Farbsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2 Farbwahrnehmung des Menschen 9
2.1 Physiologische Farbwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.2 Psychologische Farbwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3 Reproduktion von Farben 12
3.1 Additive Farbmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.2 Subtraktive Farbmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.3 Reproduktionsfehler und ihre Kompensierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.4 Gammakorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.5 Modifikationen der Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
4 Mathematische Grundlagen 17
4.1 Formeln für Additive Farbmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
4.2 Die CIE-Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
4
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
1 Farbe
1.1 Geschichte
Vor über 350 Jahren waren Physiker der Meinung, dass weiß die hellste und schwarz die
dunkelste Form des Lichts ist. Über die bunten Farben gab es jedoch Vorstellungen, die aus
unserer Sicht absurd erscheinen. So wurde zu damaligen Zeiten beispielsweise unterrichtet,
dass die Blaufärbung des Meeres aus einer Mischung des Wassers, welches an sich schwarz
ist da es kein Licht reflektiert, und des weißen Meersalzes bestünde. Erst Isaac Newton konnte
1666 diese Thesen widerlegen, als er das Farbspektrum entdeckte und somit den Grundstein
für die Forschungen legte, von denen wir bis heute profitieren.
Abbildung 1: Schema der Lichtbrechung durch ein Prisma
Es dauerte jedoch fast 150 Jahre, nämlich bis 1809, bevor es zu weiteren bahnbrechenden
Erkenntnissen kam. Damals war es Thomas Young, der als erster die These aufstellte, dass
alle Spektralfarben durch Vermischen dreier Grundfarben erzeugt werden können. Er ging zu-
nächst von den Grundfarben rot, gelb und blau aus, korrigierte sich jedoch später auf grün.
Diese Erkenntniss ermöglichste es schließlich James Clerk Maxwell, Youngs These nach-
zuweisen. 1861 extrahierte er zunächst mit einer speziellen Kamera und drei verschiedenen
Filtern einzeln das rote, blaue und grüne Licht aus dem reflektierten polychromatischen Licht
einer originalen Szene. Die so entstandenen Folien lies er danach von drei Projektoren jeweils
an die gleiche Stelle einer weißen Fläche projezieren, mit dem Ergebnis, dass auf der Wand
eine korrekte Reproduktion der originalen Szene zu sehen war. Tatsächlich spielten beim Er-
folg dieses Versuch auch andere Faktoren (unter anderem ultravioelettes und blau-grünes
Licht, welches ebenfalls von seiner Kamera aufgenommen wurde) eine Rolle. Maxwell bewies
mit diesem Versuch die Tatsache, dass jede Farbe zumindest näherungsweise durch trichro-
matisches Licht (d.h. Licht, welches aus drei verschiedenen Wellenlängen zusammengesetzt
ist) reproduziert werden kann.
Inspiriert von diesen Forschungen, stellte Hermann von Helmholtz Mitte des 19. Jahrhunderts
die These auf, dass das menschliche Auge sehr ähnlich funktioniert. Er vermutete, dass es auf
drei verschiedene Farbreize reagieren kann und diese im Gehirn schließlich zur tatsächlich
gesehenen Farbe weiterverarbeitet werden. Erst in den 1950er Jahren konnte der Biochemiker
George Wald nachweisen, dass es im Auge tatsächlich drei verschiedene Rezeptoren gibt,
5
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
welche jeweils auf andere Wellenlängen am empfindlichsten reagieren. Dieser Sachverhalt
wird in Abschnitt 2.1 eingehender erläutert.
Anders als nach Maxwells Versuch vielleicht angenommen werden könnte, ist es nicht mög-
lich, alle Farben durch trichromatisches Licht exakt zu reproduzieren. Auch die Reaktio-
nen der Rezeptoren des menschlichen Auges überschneiden sich teilweise, wodurch es sehr
schwer wird exakte Werte für die Wellenlängen der drei Grundfarben zu bestimmen. Auf diese
Probleme wird in Abschnitt ?? sowie in Abschnitt 4.1 näher eingegangen.
1.2 Das Farbspektrum
Physikalisch betrachtet ist Farbe lediglich Licht einer bestimmten Wellenlänge. Es wird vom
menschlichen Auge über spezielle Zellen aufgenommen und an das Gehirn weitergeleitet. Erst
dort entsteht der Farbeindruck (mehr dazu in Abschnitt 2). In diesem Abschnitt geht es um
das sogenannte Farbspektrum.
In Abbildung 2 ist zu sehen, dass das sichtbare Licht eine Wellenlänge von ca. 400 bis 750
nm hat. Das Spektrum lässt sich grob in Folgende Bereiche einteilen:
• Violett von 380 bis 450 nm
• Blau von 450 bis 480 nm
• Blau-Grün von 480 bis 510 nm
• Grün von 510 bis 550 nm
• Gelb-Grün von 550 bis 570 nm
• Gelb von 570 bis 590 nm
• Orange von 590 bis 630 nm
• Rot von 630 bis 780 nm
Abbildung 2: Sichtbares Farbspektrum
Im Bereich unterhalb von 380 nm liegt nicht sichtbares, ultraviolettes Licht. Oberhalb der
780 nm ebenfalls nicht sichtbares infrarotes Licht. Alle möglichen Farben, die zwischen 380
und 780 nm liegen werden als Spektralfarben bezeichnet. Farben, die sich aus mehreren
Spektralfarben zusammensetzen werden als Mischfarben bezeichnet. Werden alle Farben des
Spektrums gemischt, entsteht weisses Licht. Ein Beispiel hierfür ist das Sonnenlicht.
Die Farbe eines Objektes entsteht dadurch, dass die Oberfläche Teile des Lichtes absorbiert,
und den Rest reflektiert. Die Summe der reflektierten Lichtstrahlen werden von Menschen
6
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
als Farben wahrgenommen. Wird vom betroffenen Objekt kein Licht reflektiert, erscheint es
schwarz. Es ist möglich, dass verschiedene Lichtzusammensetzungen beim Menschen den
selben Farbeindruck hinterlassen. Diese farb-äquivalenten Zusammensetzungen werden als
Metamere bezeichnet. Dieser Sachverhalt wird ausgenutzt, wenn es darum geht Farben zu
reproduzieren. Dieses Thema wird in Abschnitt 3 genauer betrachtet.
Objekte können bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen einen anderen Farbeindruck hinter-
lassen. Eine Tomate erscheint z.B. unter Sonnenlicht knallig rot, wobei die selbe Tomate un-
der dem künstlichen gelben Licht einer Straßenlaterne eher bräunlich erscheint. Der Grund
hierfür ist, dass Teile der Spektralfarben, die von der Tomate reflektiert würden (in diesem
Fall rot), nicht in diesem künstlichem Licht vorkommen.
1.3 Grundlegende Begriffe
In diesem Abschnitt werden einige Grundbegriffe erklärt, die es ermöglichen einen Farbton zu
definieren. Das ganze geschieht hier noch unabhängig von einem Reproduktionsverfahren.
Farbton (engl. hue): Der Farbton ist eine grobe Einteilung, die es Menschen ermöglicht Far-
ben voneinander zu unterscheiden. Eine mögliche Einteilung ist bereits in Abschnitt 1.2
geschehen. Dort wurde das Spektrum in 8 Teile geteilt und jedem dieser Teile ein Name
zugeordnet. Diese Bezeichnung ist sehr vage. Deswegen wird formal auch der Farbton
als dominante Wellenlänge verstanden. Anders ausgedrückt ist der Farbton die Spektral-
farbe, die der zu beschreibenden Farbe am nächsten steht.
Helligkeit (engl. brightness): Die Helligkeit einer Farbe gibt an, wie hell eine Farbe wirkt.
Gelbe und weiße Farbtöne werden als sehr hell angesehen, wohingegen blaue und schwar-
ze Farbtöne als dunkel angesehen werden. Die Helligkeit einer Farbe hängt auch davon
ab, in welchem Licht sie betrachtet wird. Farben die in Sonnenlicht betrachtet werden er-
scheinen heller, als Farben, die in einer schwachen künstlichen Beleuchtung betrachtet
werden. Eine andere Bezeichnung für Helligkeit ist Leuchtdichte oder Leuchtkraft.
Sättigung (engl. saturation): Die Sättigung einer Farbe gibt an, wie farbig sie wirkt. Je nach
Helligkeit ist es eine Abstufung zwischen einem Weiß-, Schwarz- oder Grauton und einer
Spektralfarbe. Sie kann auch als Reinheit der Farbe angesehen werden.
Buntheit (engl. chroma): Eine Farbe gilt als bunt, wenn sie, subjektiv betrachtet, farbig
ist. Das klingt etwas merkwürdig, aber gemeint ist, dass Menschen die Farben Weiß,
Schwarz und alle Grautöne dazwischen als unbunt oder farblos ansehen, obwohl sie
trotzdem als Farben gelten.
Diese Begriffe sind subjektiv und damit recht vage, aber trotzdem lässt sich darauf basierend
ein Farbsystem definieren, welches es ermöglicht Farben sehr genau zu beschreiben. Das
betreffende System ist das HSV-Farbsystem und wird im nächsten Abschnitt beschrieben.
7
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
1.4 Das HSV-Farbsystem
Das HSV-Farbsystem beschreibt Farben anhand von drei Werten. Diese sind Farbton (hue),Sättigung (saturation) und Grauwert (value).
Um den Farbton exakt festzulegen wird das Farbspektrum als Farbkreis dargestellt (Abbil-
dung 3). Die Farben zwischen rot und blau sind allerdings keine Spektralfarben. Es handelt
sich hierbei um magenta-Töne, die durch die Mischung von roten und blauen Spektralfarben
entstehen.
Abbildung 3: Farbkreis
Der Wert ist eine Grad-Angabe, wobei die Farbe Rot den Wert 0 bzw. 360 hat (im Bild ganz
oben). Die Richtung, in der die Farben ihren Wert erhalten erfolgt im Uhrzeigersinn. Grün hat
dementsprechend den Wert 120 und Blau den Wert 240.
Die Sättigung gibt prozentual an, wie genau die Farbe der Spektralfarbe entspricht. Bei einem
Grauwert (wird gleich erklärt) von 100 (weiß) entspricht die Farbe bei einem Sättigungswert
von 100 genau der Spektralfarbe auf dem Farbkreis.
Der Grauwert gibt die Helligkeit der Farbe an. Er wird als Grauwert bezeichnet, weil die Farbe
bei einer Sättigung von 0, unabhängig vom eingestellten Farbton, zwischen schwarz (Grauwert
0) und weiß (Grauwert 100) liegt.
Die Zusammenfassung des Systems, ergibt einen Farbraum, der wie ein Kegel geformt ist (Ab-
bildung 4). Die Buchstaben stehen für die englische Bezeichnung der Werte. Gut zu sehen ist,
dass die Grauwerte unabhängig vom Farbton sind, und das der Farbton immer unbedeuten-
der wird, je niedriger der Grauwert ist. Bei einem Grauwert von 0 ist die Beschriebene Farbe
immer Schwarz, unabhängig vom Farbton.
8
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Abbildung 4: HSV-Farbraum als Kegel dargestellt
Dieses Verfahren kann unter anderem auch in Grafikprogrammen, wie z.B. Gimp, dazu ver-
wendet werden Farben zu definieren (siehe Abbildung 5). Der Vorteil gegenüber dem später
vorgestellten RGB-System (Abschnitt 3.1) ist, dass das HSV-Verfahren eher der Intuition des
Menschen angepasst ist. Für einen Menschen ergeben die Werte für Sättigung und Helligkeit
in Kombination mit einem Farbwert einen Sinn, mit dem sich recht einfach die gewünschte
Farbe definieren lässt.
Abbildung 5: Gimp-Screenshot zur Farb-Erzeugung
2 Farbwahrnehmung des Menschen
Farbe ist, wie bereits in Abschnitt 1.2 erwähnt, ein Eindruck, der vom Menschlichen Gehirn
erzeugt wird. Im folgenden Abschnitt 2.1 geht es darum, wie das Menschliche Auge Farben
erkennt. Die Verarbeitung dieser Signale geschieht im Gehirn. Der tatsächliche Farbeindruck
wird allerdings noch von anderen Faktoren beeinflusst. Diese werden in Abschnitt 2.2 näher
betrachtet.
9
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
2.1 Physiologische Farbwahrnehmung
Abbildung 6 zeigt die schemenhafte Darstellung des menschlichen Auges. Der Bereich, der
das gesehene Bild „aufnimmt“ ist die Netzhaut. Auf ihr befinden sich lichtempfindliche Zel-
len, die Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind extrem lichtempfdlich und sorgen dafür,
dass der Mensch ein klares, aber farbloses Bild wahrnehmen kann. Sie sind somit für die
Helligkeitswahrnehmung zuständig. Die Netzhaut enthält ungefähr 120 Millionen Stäbchen.
Abbildung 6: Schema des menschlichen Auges
Die Zellen, die für die Farbwahrnehmung zuständig sind, sind die Zapfen. Sie sind weniger
Lichtempfindlich, aber erzeugen Signale, die vom Gehirn als Farbe interpretiert werden. Die
Netzhaut enthält ca. 6 Millionen Zapfen. Zusammen mit dem farblosen Bild der Stäbchen,
erhält ein Mensch den Eindruck eines farbigen Bildes.
Es gibt drei Arten von Zapfen, die jeweils eine andere Farbe hauptsächlich wahrnehmen.
Die β-Zapfen (auch S-Zapfen genannt) reagieren hauptsächlich auf kurzwelliges blaues Licht
im Bereich von 420 nm. Die γ-Zapfen (auch M-Zapfen genannt) reagieren hauptsächlich auf
mittelwelliges grünes Licht im Bereich von 534 nm. Die ρ-Zapfen (auch L-Zapfen genannt) rea-
gieren hauptsächlich auf langwelliges grün-gelbes Licht im Bereich von 564 nm. Die genauen
Empfindlichkeitskurven der einzelnen Zapfenarten sind auf Abbildung 7 zu sehen.
Zusätzlich ist in dieser Abbildung auch die Kurve für die Stäbchen eingezeichnet (schwar-
ze gestrichelte Linie). Die Stäbchen reagieren hauptsächlich auf gelbes Licht im Bereich von
498 nm. Dies erklärt, wieso Menschen gelbes Licht als besonders hell empfinden, und rotes
oder blaues Licht eher als dunkel. Dadurch, dass die Zapfen von sich aus lichtunempfind-
licher sind, als die Stäbchen, und Zapfen in geringerer Anzahl vorhanden sind, nimmt die
menschliche Fähigkeit Farben wahrzunehmen bei zunehmender Dunkelheit ab.
Deutlich zu sehen ist auch, dass es bei den Empfindlichkeitskurven Überschneidungen gibt.
Besonders groß sind diese überschneidungen bei den ρ-Zapfen, da sie auf Licht aus dem gan-
zen Spektrum in einem relativ hohen Maß reagieren. Diese Tatsache macht die Reproduktion
10
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Abbildung 7: Farbempfindlichkeitskurven der Zapfen und Stäbchen
von Farben (Abschnitt 3) sehr schwierig. Bemerkenswert ist außerdem, dass die ρ-Zapfen
leicht verstärkt auf Licht im violetten Bereich reagieren. Dies erklärt, warum Menschen die
Farbe violett als ähnlich zu rot empfinden, obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten des Farb-
spektrums liegen.
2.2 Psychologische Farbwahrnehmung
Wie bereits erwähnt ist Farbe ein Eindruck, der von unserem Gehirn erzeugt wird, nachdem es
vom Auge die dazu nötigen Informationen erhalten hat. Bei der Erzeugung dieses Eindrucks
spielt allerdings nicht nur das verarbeitete optische Signal eine Rolle, sondern auch andere
Dinge.
Zum einen spielt die Erinnerung an eine Farbe eine wichtige Rolle. Wird z.B. grünes Gras auf
einem Foto betrachtet, vergleicht das Gehirn diesen Farbeindruck mit einer Wiese, die real
gesehen wurde. Die möglicherweise auftretende falsche Reproduktion wird dadurch kompen-
siert, dass das Gehirn die fehlerhaften Informationen ignoriert und den gesehenen Farbton
durch einen erwarteten ersetzt.
Die tatsächliche Farbwahrnehmung hängt auch von den umliegenden Farben ab. In Abbil-
dung 8 ist ein Muster bestehend aus weissen, grünen und magentafarbenen Kästchen zu
sehen. Die Kästchen, die nicht durch weiße Kästchen getrennt sind, erscheinen dunkler, als
die anderen. Tatsächlich handelt es sich aber um die selbe Farbe.
Deutlicher ist ein solcher Effekt bei Helligkeitsunterschieden zu sehen. Abbildung 9 zeigt ein
Schachbrettmuster, über dem eine Kugel schwebt, die einen Schatten wirft. Obwohl die beiden
markierten Felder a und b den selben Helligkeitswert besitzen, erscheint einem Betrachter
Feld a viel dunkler. Dies liegt nicht zuletzt an diesem Schachbrettmuster und der Erwartung,
dass Quadrat b heller sein muss.
11
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Abbildung 8: nur 2 verschiedene Farben sind zu sehen
Abbildung 9: die Felder a und b besitzen die selbe Helligkeit
3 Reproduktion von Farben
Das Ziel der Farbreproduktion ist es, Farben künstlich so nachzustellen, dass ein Mensch
meint, sie seien natürlich. Um dieses Ziel zu erreichen, wird versucht die Zapfen des Auges so
zu stimulieren, wie es bei einem realen Farbeindruck der Fall wäre. Dazu gibt es grundsätz-
lich zwei Prinzipien, mit denen dies erreicht werden kann, die additive und die subtraktive
Farbmischung. Diese beiden Methoden werden im Folgenden genauer beschrieben.
3.1 Additive Farbmischung
Bei der additiven Farbmischung wird versucht, aus verschiedenen Grundfarben eine Misch-
farbe zu erzeugen, die einen realen Farbeindruck möglichst genau zu imitieren versucht.
Theoretisch können hierfür beliebig viele Farben in verschiedenen Spektralbereichen verwen-
det werden. Tatsächlich hat sich allerdings ein Farbsystem durchgesetzt, welches mit drei
Farben auskommt. Es handelt sich hierbei um das RGB-Farbsystem.
3.1.1 Das RGB-Farbsystem
Um möglichst genau Farben zu generieren, die vom Menschen als echt wahrgenommen wer-
den, wurden für dieses Farbsystem gerade die Farben gewählt, auf die die Zapfen im Auge
am empfindlichsten reagieren, nämlich rot, grün und blau. Die Basis dieses Farbsystems ist
12
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
die Farbe schwarz. Die drei Grundfarben werden in Form von Licht so gemischt, dass eine
Mischfarbe entsteht. Die Farbe Schwarz ist deshalb so wichtig, weil sich die Farben für den
Menschen am Kontrast zu dieser Farbe definieren. Ein Beamer z.B. kann von sich aus nicht
die Farbe schwarz erzeugen. Trotzdem erscheinen Flächen, die schwarz sein sollen korrekt.
Der Grund ist, dass die Farbe der Leinwand vom Menschen als schwarz angesehen wird. Diese
Illusion wird durch den Kontrast zu weiss erzeugt. Weiss entsteht, wenn alle Grundfarben in
maximaler Intensität gemischt werden. In Abbildung 10 ist ein Schema des RGB-Farbraums
zu sehen.
Abbildung 10: RGB-Farbraum
3.1.2 Additive Reproduktionsmethoden
Im Folgenden werden mehrere additive Reproduktionsmethoden vorgestellt.
Dreifach-Projektion: Bei der Dreifach-Projektion werden drei Versionen des wiederzugeben-
den Bildes gleichzeitig projeziert. Eins enthält den blau-Kanal, eines den Grünkanal und
eines den rot-Kanal. Diese drei Teilbilder werden deckungsgleich übereinander projeziert
und erzeugen damit das zu reproduzierende Bild. Problematisch ist hier die Deckungs-
gleiche Projektion. Weicht sie ab, entstehen Farbfehler und das Bild wirkt unscharf.
Diese Art der Wiedergabe wurde in den 1970er Jahren von Projektions-TV-Geräten ver-
wendet.
Sukzessive Bildwiedergabe: Diese Methode kann nur verwendet werden, um bewegte Bil-
der wiederzugeben. Bei diesem Verfahren müssen die Bilder mit einer Spezialkamera
aufgezeichnet werden. Diese nimmt abwechselnd durch einen Rot-, Grün und Blaufil-
ter auf. Bei der Wiedergabe muss das Empfangsgerät die Bilder durch ähnliche Filter
wiedergeben. Die Wiedergabe muss absolut synchron zur Aufnahme passieren, damit
die Korrekten Filter zur Wiedergabe verwendet werden. Sowohl Aufnahme, als auch Wie-
dergabe müssen sehr schnell geschehen, damit ein realistischer Farbeindruck entstehen
kann. Trotz allem flackern solche Aufnahmen merklich, weil das blaue Bild im Verhältnis
dunkler erscheint, als die anderen.
Mosaik-Methode: Bei der Mosaik-Methode wird das darzustellende Bild aus Bildpunkten zu-
sammengesetzt, die wiederum selbst jeweils aus einem roten, grünen und blauen Bild-
punkt bestehen. Dadurch, dass die Bildpunkte sehr klein sind, entsteht der Eindruck
13
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
eines farbigen Bildes. Das beste Beispiel hierfür ist ein Computermonitor. Die Bildpunk-
te werden durch Elektronenstrahlen zum Leuchten angeregt. Je stärker der Elektronen-
strahl, desto stärker leuchtet der angesteuerte Bildpunkt. Um wirklich ein farbiges Bild
zu erreichen, werden drei Elektronenstrahlen, einer für jede Grundfarbe, angesteuert.
Linsen-Methode: Bei der Linsen-Methode wird die Farbe direkt erzeugt. Drei Lichtstrahlen
werden durch ein Linsensystem so gebrochen, dass sie sich direkt auf der Darstellungs-
fläche in einem Punkt treffen. Durch die direkte Mischung des Lichts entsteht ein bes-
seres Bild, weil die Bildpunkte nicht in Unterbildpunkte eingeteilt sind. Diese Methode
ist auch mit Elektronenstrahlen und Elektronenlinsen möglich. Anwendung findet es in
der Trinitron-Bildröhre 1.
3.2 Subtraktive Farbmischung
Bei der Subtraktiven Farbmischung wird, im Gegensatz zur Additiven, kein direktes Licht
vermischt, sondern Farbstoffe. Diese Farbstoffe absorbieren Farben unterschiedlicher Wel-
lenlängen. Werden solche Farbstoffe vermischt, werden mehr Farben absorbiert. Wegen dieser
vermehrten Lichtabsorbtion wird von Subtraktiver Farbmischung gesprochen. Die reflektier-
ten Farben mischen sich additiv und es entsteht ein Farbeindruck.
3.2.1 Das CMYK-Farbsystem
Das CMYK-Farbsystem ist das komplementäre System zum RGB-System, weil die absorbier-
ten Farbstoffe den Grundfarben des RGB-Systems entsprechen. Die Verwendeten Farben sind
cyan (absorbiert rot), magenta (absorbiert grün) und gelb (absorbiert blau). Die Basis dieses
Farbsystems ist weiss, da diese Farbe nicht erzeugt werden kann. Das K in CMYK steht für
Kontrast. Dieser Kontrast wird durch einen schwarzen Farbstoff erzeugt. CMYK wird vorzugs-
weise beim Drucken verwendet. Abbildung 11 zeigt das Schema des CMYK-Farbraums.
Abbildung 11: CMYK-Farbraum
1Entwickelt 1967 von Sony
14
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
3.3 Reproduktionsfehler und ihre Kompensierung
Leider ist keines der heute bekannten Verfahren zur Farbreproduktion perfekt, was letzt-
endlich dazu führt, dass nicht alle in der Natur vorkommenden Farben reproduziert werden
können. Auch in den beiden Verfahren, die heute am häufigsten benutzt werden, also die ad-
ditive und die subtraktive Farbmischung, gibt es Probleme, die im Folgenden kurz erläutert
werden sollen.
3.3.1 Fehler in der additiven Farbmischung
Das Ziel der additiven Farbmischung ist es, das menschliche Auge durch künstliches Licht
auf genau die gleiche Art und Weise zu stimulieren wie das natürliche Licht (Metamere).
Leider gibt es keine Grundfarben, mit denen die Rezeptoren im Auge einzeln angesprochen
werden können. Grünes Licht, welches nur die γ-Rezeptoren reizen sollte, spricht auch die
ρ-Rezeptoren in hohem Maße an. Aufgrund dieser ungewollten Stimulationen entstehen Farb-
reize, die im natürlich Licht nicht enthalten waren, und der Farbeindruck ist ein anderer. Wie
genau sich diese ungewollten Stimualtionen auswirken, wird im Abschnitt 4.1 ausführlicher
erläutert.
3.3.2 Fehler in der subtraktiven Farbmischung
Hier verhält es sich genau umgekehrt wie mit der additiven Farbmischung. Es gibt nämlich
keine Farbstoffe, die nur eine bestimmte Art von Licht absorbieren können. Letztendlich gehen
durch die subtraktive Farbmischung also Farbreize verloren, die in der originalen Lichtquelle
enthalten waren, was ebenfalls die Findung einer exakten Metamer unmöglich macht.
3.4 Gammakorrektur
Bei der Reproduktion von Bildern aller Art kann es nicht nur bei den Farben selbst zu Feh-
lern kommen. Auch verschiedene andere Faktoren spielen eine Rolle. Einer dieser Faktoren
ist die Helligkeit eines Bildes. Mit der Methode der Gammakorrektur können jedoch nicht nur
Bilder, die zu hell oder zu dunkel dargestellt werden, korrigiert werden, sondern der Hellig-
keitseindruck auch absichtlich verfälscht werden. So ist es zum Beispiel möglich, ein bei Tag
aufgenommes Bild so zu verändern, dass der Eindruck einer Nachtaufnahme entsteht.
3.4.1 Grundlagen zur Gammakorrektur
Das grundlegendste Problem bei der Gammakorrektur ist, dass die Helligkeitswhrnehmung
des menschlichen Auges nicht linear ausfällt. Das heißt, dass ein Bild, welches von einem
Gerät als doppelt so hell dargestellt wird, vom Auge nicht als doppelt so hell empfunden wird.
Aus diesem Grund steht das γ, welches letztendlich die maßgebliche Größe für die Änderung
der Helligkeit ist, bei der Umrechnungsformel nicht als Faktor, sondern als Exponent.
15
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Die grundlegende Formel für die Gammakorrektur lautet:
A = Eγ
E steht dabei im weitesten Sinne für das Eingangssignal. Dies kann das Bildsignal sein, wel-
ches ein Fernseher durch ein Videokabel erhält, oder auch das Licht welches eine Kamera mit
ihrer Linse bündelt. A ist das Ausgangssignal, also das Bild, welches letztendlich reproduziert
und vom menschlichen Auge wahrgenommen wird. γ ist, wie bereits erwähnt, die maßgebliche
Größe für die Helligkeitsänderung.
Der Wert des Eingangssignals liegt zwischen null und eins. Eins steht dabei für weiß, und
null für schwarz. Alle dazwischenliegenden Werte geben Helligkeitsstufen an (d.h. entweder
Graustufen oder den aus dem HSV-Farbsystem bekannten Grauwert einer Farbe). Aus diesem
Grund bleiben die schwarzen und weißen Töne bei der Nachbearbeitung mit Gammakorrek-
tur unverändert und die dazwischenliegenden Töne werden lediglich den beiden Extremwerten
angenähert. Da E in jedem Fall zwischen null und eins liegt, wird das Bild mit einem Gam-
mawert über eins verdunkelt, ansonsten erhellt. Da es jedoch für den Menschen intuitiver ist,
bei einem höheren Wert ein helleres Bild zu erhalten, wird die Umrechnung in den meisten
Grafikprogrammen entsprechend angepasst.
3.5 Modifikationen der Formel
Die oben angegebene Formel kann mit weiteren Variablen erweitert werden, um die Mächtig-
keit der Helligkeitskorrekturen zu erhöhen. Hierfür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten,
die auch miteinander vermischt werden können.
A = a ∗Eγ: Durch die Beimischung des Faktors a wird der Kontrast des Bildes verändert, da
sich dieser Faktor auch auf den Wert für weiß auswirkt. Für den Fall a > 1 wird der Kontrast
erhöht, a < 1 verringert den Kontrast.
A = Eγ +b: Wird hingegen ein Summand b zu der Formel hinzuaddiert, wird die Helligkeit des
Bildes im Gesamten verändert, ohne dass sich an den Kontrasten oder den Abständen der
Helligkeitsstufen zueinander etwas ändert. Falls b > 0 ist, wird das Bild heller, für den Fall
b < 0 wird es dunkler.
Ferner kann die Gammakorrektur nicht nur auf schwarz, weiß und Graustufen bzw. alle Far-
ben gleichzeitig angewendet werden, sondern bei der additiven Farbmischung auch auf die
einzelnen Grundfarben, indem zum Beispiel nur das grüne Licht verstärkt wird. Einen prak-
tischen Nutzen hat dies unter anderem bei der Beseitigung des Rote-Augen-Effekts. Dieser
kann korrigiert werden, indem genau in dem Bereich, in dem die Pupillen des Auges liegen,
das rote Licht mit einem sehr hohen Gammawert korrigiert und damit schwarz angenähert
wird.
16
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Die komplette Formel für die Gammakorrektur, welche alle Möglichkeiten der Helligkeitsän-
derung beinhaltet, lautet schließlich:
A = H ∗ (aE +b)γ
Die einzelnen Variablen in dieser Formel sind:
• A: Ausgangssignal
• H: maximale Helligkeit, die das farbreproduzierende Gerät darstellen kann
• a: Faktor für den Kontrast
• b: Summand für die allgemeine Helligkeit
• E: Eingangssignal
• γ: Korrekturgröße
3.5.1 Gammakorrektur in der Praxis
Viele Geräte werden bereits mit einer integrierten Gammakorrektur ausgeliefert, die grund-
sätzlich das Eingangssignal vor der Ausgabe korrigiert, damit eine korrekte Reproduktion
entsteht. Ideale Werte für diese integrierte Gammakorrektur sind:
• Farbfernsehgeräte: γ = 1,6
• Macintosh-Monitore: γ = 1,8
• PC-Monitore: γ = 2,2
Auch die Gammakorrektur selbst verursacht jedoch wieder leichte Darstellungsfehler. Bei
allen Gammawerten, die unter eins liegen, werden in der endgültigen Reproduktion alle Zwi-
schenwerte zu detailliert dargestellt. Bei Gammawerten über eins stechen im Endergebnis
schwarz und weiß zu stark hervor.
4 Mathematische Grundlagen
In Abschnitt 3.1 wurden einige grundlegende Prinzipien der additiven Farbmischung erläu-
tert. Trotzdem ist an dieser Stelle noch nicht klar, wie spezielle Farben durch additive Farbmi-
schung repliziert werden können. Um dies zu bewerkstelligen, sollte eine Funktion gefunden
werden, die im Idealfall für jede Wellenlänge im sichtbaren Spektrum das Mischungsverhältnis
des roten, grünen und blauen Lichts angibt, welches zur Reproduktion dieser Farbe benötigt
wird.
Der theoretische Ansatz ist simpel: Da bereits bekannt ist, wie die einzelnen Rezeptoren im
Auge auf farbiges Licht reagieren, kann zu jeder Wellenlänge bestimmt werden, wie stark die
drei verschiedenen Zapfen durch dieses Licht stimuliert werden. Nun muss die Intensität der
17
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
roten, blauen und grünen Anteile im künstlichen so reguliert werden, dass diese Reprodukti-
on die Rezeptoren auf genau die selbe Weise stimuliert. In diesem Fall würde das menschliche
Auge die Farbe als perfekte Reproduktion erkennen, obwohl im künstlichen Licht drei Far-
ben des Spektrums nicht vorhanden sind, während das originale Objekt Licht des gesamten
Spektrums reflektiert.
In der praktischen Durchführung gibt es jedoch einige Probleme, die insbesondere aus den
bekannten Fehlern der additiven Farbmischung resultieren. Die Tatsache, dass künstliches
Licht auch diejenigen Rezeptoren des Auges anspricht, die das darzustellende Objekt im Ori-
ginal kaum registrieren, macht das Finden einer solchen Formel für jede Farbe des Spektrums
unmöglich. Zum Ausgleich dieser ungewollten Stimulation wäre nämlich in einigen besonde-
ren Fällen ein negativer Anteil einer der beiden anderen Farben notwendig. Durch Annähe-
rungen und gründliche Berechnungen, sowie der unabhängigen Regulierung der maximalen
Intensität des roten, grünen und blauen Lichts, ist es jedoch möglich, Formeln zu finden, die
möglichst viele Farben des sichtbaren Spektrums originalgetreu umsetzen kann.
Wie solche Funktionen hergeleitet werden können, mit welchen Mischungsverhältnissen die
besten Ergebnisse erzielt werden können und wie auf der Basis dieser Berechnungen Dia-
gramme erstellt werden können, die so genannten Farbdreicke („Colour Triangle“), wird im
folgenden und letzten Abschnitt ausführlich erläutert.
4.1 Formeln für Additive Farbmischung
4.1.1 Grundlegende Bestimmungen
Bevor jedoch überhaupt mit Farben gerechnet werden kann, müssen zunächst einige Richt-
linien festgelegt werden. Anders als bei den meisten physikalischen Größen, wie Masse oder
Geschwindigkeit, die in Gramm bzw. Meter pro Sekunde gemessen werden können, gibt es
keine physikalische Größe, mit der sich Farbe messen lässt. Es ist also am sinnvollsten, von
relativen Intensitäten auszugehen.
Wie bereits in Abschnitt 2.1 erläutert, werden die einzelnen Rezeptoren des Auges von Licht
verschiedener Wellenlängen unterschiedlich stark angesprochen. Anhand der Grafik lässt sich
leicht erkennen, dass eine maximale Stimulation bei Wellenlängen von ca. 440 nm, 540 nm
bzw. 580 nm eintritt. Die relative Reaktionsstärke der jeweiligen Zapfens liegt an dieser Stelle
also bei 100. Bei Licht außerhalb des sichtbaren Spektrums, also Wellenlängen unter 380 nm
ober über 700 nm, ist diese Zahl natürlich bei allen Zapfen, unabhängig davon auf welche
Wellenlängen sie reagieren, gleich null. Alle anderen Intensitäten werden relativ zu diesen
beiden Werten gemessen. Bei Licht von etwa 410 nm ist die relative Reaktionsstäke der β-
Rezeptoren also bei 50. Die γ-Rezeptoren werden kaum und die ρ-Rezepteron überhaupt nicht
angesprochen, hier läge diese Zahl also bei unter 10, im Falle der ρ-Rezeptoren sogar bei 0.
Auf das Licht, welches bei der Farbwiedergabe erzeugt wird, lässt sich eine solche Skala je-
doch nicht so leicht anwenden. Dies liegt zum einen daran, dass die Wellenlängen des künst-
lichen roten, grünen und blauen Lichts nicht zwingend festgelegt sind. Theoretisch könnte
hier durchaus von den als optimal angesehen Werten abgewichen werden. Zum anderen ist
18
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
die maximale Intensität eines Lichtstrahls nicht festgelegt: In einem Farbfernseher hängt die
Farbsättigung des Bildes sicherlich auch von der Stärke des Elektronenstrahls innerhalb der
Braunschen Röhre ab. Ein Plasmafernseher hingegen liefert ein wesentlich farbigeres Bild,
bei dem komplett andere Maßstäbe zugrunde liegen. Hinzu kommt, dass auch innerhalb eines
Fernsehers die Farben unterschiedlich stark ausfallen können, und eine der drei Grundfarben
selbst in der stärksten und reinsten Form noch sehr blass erscheinen könnte. Die praktische
Umsetzung dessen wäre zwar in den wenigsten Fällen sinnvoll, ist jedoch theoretisch möglich
und muss daher bei der Beschaffung mathematischer Grundlagen berücksichtigt werden.
Um alle diese Dinge berücksichtigen zu können, ist es also am einfachsten, die Reaktion der
Rezeptoren im menschlichen Auge zu betrachten und zu ermitteln, wie diese unter Vorausset-
zung einer bestimmten Intensität auf das künstliche Licht reagieren. Diese Intensität hat den
Wert 1. Jeder Lichtstrahl kann jedoch auch nur mit einem Bruchteil oder einem Vielfachen
dieser Stärke erzeugt werden.
4.1.2 Einfache Rechenbeispiele
Es wurde festgestellt, dass sich Farben durch Licht mit Wellenlängen von 460 nm für blaues
Licht, 530 nm für grünes Licht und 650nm für rotes Licht am besten reproduzieren lassen.
Ausgehend von diesen Wellenlängen, ergibt sich folgende Tabelle, die angibt, wie stark die
einzelnen Rezeptoren auf diese drei Wellenlängen reagieren:
Reaktion ρ-Rezeptoren Reaktion γ-Rezeptoren Reaktion β-Rezeptoren
rotes Licht 24 0 0
grünes Licht 56 92 4
blaues Licht 0 9 75
Wird das hier verwendete rote Licht nur noch mit der halben Intensität ausgestrahlt, halbiert
sich natürlich auch die Reaktion der Rho-Rezeptoren auf 12. Werden zwei Farben vermischt,
also z.B. rotes und grünes Licht in gleicher Intensität ausgestrahlt wie in der obigen Tabelle,
werden die Rho-Rezeptoren zu 80% (24% durch rotes Licht plus 56% durch das grüne Licht)
beansprucht, die Gamma-Rezeptoren zu 92% und die Beta-Rezeptoren zu 4%.
Das Mischungsverhältnis zur Darstellung einiger konstruierter Beispielfarben lässt sich nun
sehr leicht berechnen. Wird von einem dunklen Grünton ausgegangen, der die Rezeptoren
zu 34%, 49% bzw. 27% beansprucht, muss zur Replikation dieser Farbe das rote Licht auf
ein Viertel seiner Intensität reduziert werden, das grüne Licht auf die Hälfte und das blaue
Licht auf ein Drittel der ursprünglichen Stärke. Daraus ergeben sich folgende Reaktionen der
Zapfen:
Reaktion ρ-Rezeptoren Reaktion γ-Rezeptoren Reaktion β-Rezeptoren
rotes Licht 6 0 0
grünes Licht 28 46 2
blaues Licht 0 49 27
Summe 34 49 27
19
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Die Summe, die sich aus der Mischung der drei Farben ergibt, entspricht genau dem Farbton,
der dargstellt werden sollte. In diesem Fall ist es also sehr leicht möglich, eine natürliche
Farbe, die aus der Vermischung von Licht verschiedenster Wellenlängen entsteht, mit nur
drei Farben nachzustellen.
Anders sieht es jedoch mit Farben aus, die in der Natur nur die γ-Rezeptoren oder nur die
β-Rezeptoren stimulieren, da diese durch künstliches Licht nicht unabhängig voneinander
angesprochen werden können. Ähnlich verhält es sich mit grün-blauem Licht mit Wellenlän-
gen um 490 nm. An der Grafik zu Beginn dieses Abschnittes ist zu erkennen, dass eine solche
Farbe die γ- und β-Rezeptoren zu etwa 25% und die ρ-Rezeptoren zu unter 10% stimulieren
würde. Selbst grünes Licht mit einem Viertel seiner Intensität, würde die ρ-Rezeptoren jedoch
bereits stärker stimulieren, als dies bei der Originalfarbe der Fall ist, nämlich zu etwa 15%.
Um diesem Effekt entgegenzusteuern, müsste ein negativer Anteil roter Farbe hinzugemischt
würden. Somit ist es unmöglich, eine entsprechende Farbe mit additiver Farbmischung zu
synthetisieren.
4.2 Die CIE-Norm
Die Abkürzung CIE steht für „Commission Internationale de L’Eclairiage“, einer Vereinigung,
die sich seit ihrer Gründung vor 90 Jahren mit Forschungen rund um die Reproduktion von
Farbe beschäftigt. Anders als der französische Name vermuten lässt, liegt der Hauptsitz der
CIE in Wien. Die Kommission ist unter anderem für einige Festlegungen verantwortlich, z.B.
der Definition des Normalbeobachters. Der Normalbeobachter ist ein fiktiver Mensch, dessen
Farbrezeptoren im Auge genau die Reaktionen aufweisen, von denen bei allen Berechnungen
in der Farbreproduktion ausgegangen wird. Die Beispiel-Tabellen aus Abschnitt 4.1.2 basie-
ren auf diesem Normalbeobachter. Tatsächlich sind die Reaktionen der Rezeptoren bei allen
Menschen leicht verschieden. Eine andere von der CIE festgelegte Größe ist die Normfarbtafel,
auf die im Folgenden näher eingangen wird.
4.2.1 Die CIE-Normfarbtafel
Am Anfang dieses Abschnittes wurde erläutert, dass viele Größen in der Definition von Farben
von Gerät zu Gerät unterschiedlich sind. Um diesem Problem beizukommen, und um letzt-
endlich eine völlig von variablen Größen unabhängige Berechnungsgrundlage für die additive
Farbmischung zu liefern, wurde die Normfarbtafel festgelegt, auf der sich das Mischverhältnis
jeder Farbe ablesen lässt.
Um die Richtfarben unabhängig von jeglichen Geräten zu definieren, wurde als äußerer Rand
der Normfarbtafel das sichtbare Farbspektrum gewählt. Hieraus ergibt sich zunächst das
Problem, dass zwar die Mischfarben aus rot und grün sowie aus grün und blau im sichtbaren
Spektrum liegen, jedoch nicht die Farben welche mit Mischungen aus rot und blau erzeugt
werden können. Diese befinden sich auf der sogenannten Prupurgeraden, welche die untere
Begrenzung der Normfarbtafel darstellt und gleichzeitig die Verbindung zwischen den beiden
Endpunkten bei 700 nm und 380 nm ist.
20
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Abbildung 12: Die CIE-Normfarbtafel
Genau wie die nachzustellenden Farben, müssen auch die Grundfarben und ihre Intensität
normiert werden. Die Wellenlängen wurden auf 700,0 nm für rotes, 546,1 nm für grünes und
435,8 nm blaues Licht festgelegt. Die maximale Intensität dieser drei Farben hat jeweils den
Wert 1 und wurde so gewählt, dass jeweils ein Drittel der einzelnen Farben zusammen weiß
ergibt. Außerdem muss bei jeder trichromatischen Farbmischung die Summe der Intensitäten
gleich eins sein.
Beim Versuch, das Mischungsverhältnis einer bestimmten Farbe abzulesen fällt zunächst auf,
dass es sich um ein zweidimensionales Koordinatensystem handelt. Aufgrund der Trichroma-
tizität des künstlichen Lichtes müsste eigentlich ein karthesisches Koordinatensystem ver-
wendet werden. Tatsächlich ist der Rotanteil des Lichts auf der X-Achse, und der grüne Anteil
auf der Y-Achse eingetragen. Der blaue Anteil lässt sich errechnen, da bekannt ist, dass die
Summe der Intensitäten gleich eins ist. Bei einer Mischung von 0,5 Einheiten roten Lichts
und 0,2 Einheiten grünen Lichts muss der Anteil des blauen Lichts also zwingend bei 1-0,5-
0,2=0,3 Einheiten liegen. Somit ist ein zweidimensionales Koordinatensystem in diesem Fall
völlig ausreichend.
4.2.2 Eigenschaften der CIE-Normfarbtafel
Wie bereits erwähnt wurde, ergibt sich aus der Mischung gleich großer Teile roten, grünen
und blauen Lichts im Falle der CIE-Tafel die Farbe weiß. Dieser Punkt, der so genannte
Unbuntpunkt, ist auf der Grafik mit D65 gekennzeichnet. Um die Komplementärfarbe einer
Spaktralfarbe zu finden, also die Farbe, die vermischt mit der Ausgangsfarbe weiß ergibt, ist
21
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
eine Linie von dieser Farbe durch den Unbuntpunkt zu zeichnen. Aus dem zweiten Schnitt
mit der Begrenzungskurfe der Farbtafel ergibt sich dann die Komplementärfarbe. Bei Spek-
tralfarben mit einer Wellenlänge zwischen 495 und 565 nm liegen diese Komplementärfarben
auf der Purpurgeraden. Die bichromatische Mischung spektralen Lichts mit 480 bzw. 580 nm
Wellenlänge würde ebenfalls die Farbe weiß ergeben.
Die Formel, die der Normfarbtafel zugrunde liegt, erweckt den Eindruck, dass mit den dort
verwendeten Grundfarben jede beliebige Farbe nachgemischt werden kann. Leider handelt
es sich hier jedoch um einen virtuellen Farbraum, denn wie bereits mehrmals gesagt wurde,
lassen sich nicht alle Farben durch trichromatisches Licht nachbilden. Alle Farben, die tat-
sächlich dirch additive Farbmischung nachgebildet werden können, befinden sich innerhalb
des in der Grafik eingezeichneten Dreiecks. Die Farben innerhalb dieses Dreiecks variieren
je nach den Farbeinstellungen des Geräts, auf dem diese Grafik dargestellt wird, jedoch wird
kein Monitor, kein Fernseher und kein Beamer der Welt außerhalb dieses Dreiecks Farben
darstellen können, die nicht schon innerhalb dieses Dreiecks vorkommen. (Leider finden sich
im Internet, u.a. auch bei Wikipedia, fehlerhafte Grafiken, in denen zur Anschaulichkeit auch
an den Rändern der farbigen Fläche noch neue Farben vorkommen). Auffallend ist, dass
blau-grünes Licht um 490 nm, welches bekannterweise am schwersten nachzustellen ist, am
weitesten von den Rändern des Dreiecks entfernt liegt.
Abbildung 13: Mächtigkeit des additiven und subtraktiven Farbraums
Hier wurden zum Vergleich der durch additive Farbmischung replizierbare Farbraum, sowie
der Farbraum der subtraktiven Farbmischung, übereinander abgebildet. Aus der Grafik geht
hervor, dass sich sehr viele Grüntöne mit subtraktiver Farbmischung nicht darstellen lassen.
Dafür gibt es eine unwesentliche Erweiterung im cyanfarbenen Bereich. Allgemein ist jedoch
auf den ersten Blick zu erkennen, dass durch subtraktive Farbmischung insgesamt weniger
Farben nachgestellt werden können.
Bei näherem Hinsehen, wird außerdem der Modellcharakter der CIE-Farbtafel deutlich. Zum
einen ist, laut der Grafik, keine Spektralfarben durch additive Farbmischung darstellbar. Dies
ist allein deshalb unmöglich, da bei der additiven Farbmischung monochromatisches Licht
verwendet wird, also sind zumindest die drei Grundfarben auch durch künstliches Licht dar-
stellbar. Dies liegt daran, dass sich die Randlinie der Farbe eher in der Mitte des Koordinaten-
systems befindet, es handelt sich also nur um Metamern zu den tatsächlichen Spektralfarben,
welche durch additive Vermischung der virtuellen Grundfarben erzeugt werden könnten. Tat-
22
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
sächlich können bei der additiven Farbmischung ja auch eine oder mehrere der Grundfarben
komplett ausgeschaltet werden. Eine der möglichen dichromatischen Farbmischungen, näm-
lich diese die sich aus rotem und grünem Licht ohne einen blauen Anteil zusammensetzen,
sind in der oberen Grafik durch eine graue Linie gekennzeichnet. Ebenfalls nicht auf der Tafel
dargestellt sind Farben, die sich durch Mischungen ergeben, bei denen die Intensität der drei
Grundfarben nicht gleich eins ist. Insbesondere zur Reproduktion von reinem Schwarz muss
die Intensität der drei Farben komplett auf Null gefahren werden. Es ist daher nicht möglich,
die Farbe schwarz, sowie einige andere unbunte Farbtöne (mit der Ausnahme von weiß) auf
dieser Farbtafel darzustellen.
Das Ziel dieses Abschnittes war es jedoch, ein theoretisches Modell zu finden, auf dem sich
alle Farben zumindest mathematisch definieren lassen. Hierzu ist der CIE-Farbraum mit sei-
nen virtuellen Grundfarben sehr gut geeignet. Es wurde eine Norm geschaffen, mit der sich
unabhängig von der Beschaffenheit des einzelnen Geräts definieren lässt, mit welchem Ver-
hältnis Farben gemischt werden müssen, um eine gewünschte Mischfarbe, oder die Metamer
einer Spektralfarbe zu erhalten.
Abgesehen davon, ist die CIE-Normfarbtafel nur eines von vielen möglichen Farbdreiecken.
Je nach Wellenlänge der Grundfarben, sowie der Intensität dieser Grundfarben beim Wert
eins, verändert sich die Form der Spektrallinie. Bei der Verwendung von real existierenden
Grundfarben, anstelle von virtuellen, schneidet sich die Kurve der Spektralfarben mit den
Koordinatenachsen. Auf diese Weise sind die im ersten Teil dieses Abschnittes beschriebenen
negativen Farbanteile auf diesen Diagrammen zu erkennen.
23
Proseminar SS 2007, Vortrag 2: Grundlagen der Farbwiedergabe I
Literatur
[cie07] www.cie.co.at, 21. 04. 2007.
[cop07] http://www.copyshop-tips.de/luf06.php, 03. 05. 2007.
[Hun04] HUNT, R.W.G.: The reproduction of color. Wiley, 6. Ausgabe, 2004.
[wik07] www.wikipedia.org, 20. 04. 2007.
24