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Bayerischer Landtag14.Wahlperiode Plenarprotokoll14/40

18.05.2000

40. Sitzungam Donnerstag, dem 18. Mai 2000, 9.00 Uhr,

in München

Geschäftliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2687

Geburtstagswünsche für die Abg. Zeller, Rudrofund Prof. Dr. Stockinger . . . . . . . . . . . . . 2687

Verzicht von Erwin Schneider auf sein Landtags-mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2687

Landtagsmandat für Frau Prof. Ursula Männle 2687

Aktuelle Stunde gemäß § 75 GeschO auf Antragder Fraktion der CSU

„Auswirkungen der Steuerpolitik der Bundes-regierung auf den bayerischen Mittelstand“

hierzu

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Dr. Bern-hard, Ach u.a. u. Frakt. (CSU)

Angemessene steuerliche Entlastung des Mit-telstands (Drs. 14/3567)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt u.Frakt. (SPD)

Steuerpolitik für Wachstum und Beschäftigung(Drs. 14/3571)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Kellner, Dr. Rungeu. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Steuersenkungsgesetz (Drs.14/3581)(s. Seite 2692)

Dr. Bernhard (CSU) . . . . . . . . . . 2687, 2702Straßer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2688Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 2690Dinglreiter (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2692Dr. Kaiser (SPD) . . . . . . . . . . . . 2694, 2701Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser . . . . . 2695Dr. Söder (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2697Dr. Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2698Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2699Kupka (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2700

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2702

Gesetzentwurf der Staatsregierung

über die Vergabe von Bauaufträgen im Frei-staat Bayern (Bayerisches Bauaufträge-Verga-begesetz) (Drs. 14/3498)

– Erste Lesung –

Staatssekretär Regensburger . . . . . . . . 2703Werner Schieder (SPD) . . . . . . . . . . . . 2704Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2705Brosch (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2705

Verweisung in den Wirtschaftsausschuss . . . . 2706

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Gesetzes zur Ausführungdes Staatsvertrages über die Vergabe von Stu-dienplätzen (Drs. 14/3545)

– Erste Lesung –

Verweisung in den Hochschulausschuss . . . . . 2706

Besetzung des Bayerischen Verfassungsge-richtshofs

Wahl der Präsidentin

Geheime Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . 2706, 2724

Anträge, die gem. § 63 Abs. 6 GeschO nicht ein-zeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2707, 2759

Eingaben betreffend Aufenthaltsgenehmigungfür eine armenische Familie(Az.: EB.1666.14, EB.1684.14, EB.1674.14,EB.1701.14, EB.1710.14, EB.1711.14,EB.1716.14, EB.1721.14, EB.1722.14,EB.1723.14, EB.1724.14, EB.1751.14,EB.1757.14, EB.1803.14, EB.1809.14,EB.1695.14, EB.1717.14, EB.1849.14,EB.1850.14, EB.1885.14)

Schindler (SPD) . . . . . . . . . . . . 2708, 2714

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2684 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 2709, 2715Fischer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 2710StaatssekretärRegensburger . . . . . . 2711, 2714, 2715, 2716Dr. Hahnzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2713Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2716

Namentliche Abstimmung(s.a. Anlage 2) . . . . . . . . . . . . 2717, 2724, 2765

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 1 GeschO

1. 165 Regionalprojekte der Hightech-Offensive

Dr. Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . 2717, 2718Staatsminister Huber . . . . . . . . . . 2717, 2718

2. Bundesliga-Fußball im Bezahl-TV

Franzke (SPD) . . . . . . . . . 2718, 2719, 2720Staatsminister Huber . . . . . . 2718, 2719, 2720

3. Überwachung derBerufsschulpflicht inBayern

Hausmann (CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2720Staatssekretär Freller . . . . . . . . . 2720, 2721Franzke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2721

4. Bibliotheken und Jugendräume in Bayern mitInternetanschluss

Frau Pranghofer (SPD) . . . . 2721, 2722, 2723Staatssekretär Freller . . . . . . . . . 2722, 2723

5. Bezahlung von Fahrgeld für den Besuch eineraußerhalb des Landkreises liegenden sechs-zügigen Realschule

Mehrlich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2723, 2724Staatssekretär Freller . . . . . . . . . 2723, 2724

Bemerkung zur Geschäftsordnung, betreffenddie Veröffentlichung von Antworten derStaatsregierung auf im Plenum nicht gestellteAnfragen noch vor Ablauf der Fragestunde

Frau Naaß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2724

Mündliche Anfragen gem. § 73 Absatz 2 Satz 2GeschO (Anlage 3)

6. Unterrichtsausfall an der Otfried-Preußler-Volksschule in Stephanskirchen

Wörner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2767

7. Angespannte Situation im Bereich der Lehrer-versorgung an den beiden Grundschulen inWeißenburg

Frau Naaß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2767

8. Flächendeckende Einrichtung von Klassenzur Förderung von Hochbegabten an Gymna-sien in Unterfranken

Boutter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2767

9. Gang zur Beichte während des regulärenUnterrichts an Hauptschulen

Frau Goertz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2768

10. Erkrankung einer Lehrkraft an der Bauern-feindschule in Nürnberg

Frau Helga Schmitt (SPD) . . . . . . . . . . 2768

11. Errichtung von „Swingerclubs“ in dörflichenund kleinstädtischen Gebieten

Knauer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2769

12. Projekt B 26, Westumgehung Würzburg

Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2769

13. Teilstücke der A6 als Lückenschluss der A6von Amberg-Ost bis Waidhaus

Frau Marianne Schieder (SPD) . . . . . . . 2769

14. Befall der Kommunikationssysteme derStaatsregierung mit dem Love-Letter-Virus

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 2770

15. Bosnische und kosovo-albanische Bürger-kriegsflüchtlinge in Bayern

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2770

16. Kürzung der ÖPNV-Zuweisungen für Ober-franken

Frau Biedefeld (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2770

17. Staatsbedienstetenwohnungen für Beamteund Angestellte in den Ballungsräumen

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2771

18. Eventuelle Abschaffung des Verwaltungsratsder Bayerischen Landesbank

Frau Dr. Kronawitter (SPD) . . . . . . . . . . 2771

19. Neubau der Technischen Chemie der Fach-hochschule Nürnberg

Hufe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2771

20. Sicherheitsstandard des Kernkraftwerks inTemelin/Tschechische Republik

König (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2771

21. Umfang der derzeit in Bayern aus Privathaus-halten direkt über Güllegruben entsorgtenFäkalien

Frau Lück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2772

22. Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verfül-lungsverbot bei Nassauskiesungen – Aus-sage des Umweltministers Dr. Schnappauf im

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2685

Bericht vom 23. März 2000 vor dem Umwelt-ausschuss

Odenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2773

23. Grundwasseruntersuchung auf der Klär-schlammdeponie Rück-Schippach

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2773

24. Konsequenzen der Staatsregierung aus denErgebnissen einer von der britischen Regie-rung veranlassten Expertenstudie zu Handy-Gebrauch, Mobilfunksendeanlagen usw.

Hartenstein (fraktionslos) . . . . . . . . . . . 2773

25. Vorschlag zur Verbesserung der neurochirur-gischen Versorgung in der mittleren Oberpfalz– Beurteilung durch die Staatsregierung

Schindler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2774

26. Haltung der Staatsregierung zum Beschlussder Vertreterversammlung der KVB vom24./25.03.2000 bezüglich der Bewertung psy-chotherapeutischer Leistungen

Wahnschaffe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2774

27. Gewährleistung der Notversorgung bei tier-schutzrelevanten Beanstandungen

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2775

28. Zahl drogenabhängiger Gefangener in bayeri-schen Justizvollzugsanstalten

Frau Hirschmann (SPD) . . . . . . . . . . . 2775

29. Einwirkung der GeneralstaatsanwaltschaftMünchen auf die Ermittlungsverfahren imZusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2776

Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt,Maget, Dr. Baumann u.a. u. Frakt. (SPD)

Ballungsraumzulage (Drs. 14/3572)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Kellner, Schopperu. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fortführung der Ballungsraumzulage (Drs.14/3579)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Dr. Bern-hard, Dr. Eykmann u.a. u. Frakt. (CSU)

Ballungsraumzulage (Drs. 14/3593)

Maget (SPD) . . . . . . . . . . 2724, 2732, 2733Unterländer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2725Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2726Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser . . . . . 2728Wörner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2730Glück (CSU) . . . . . . . . . . 2730, 2732, 2733Franzke (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2731, 2732

Welnhofer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2731Odenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2733

Beschluss zu den Dringlichkeitsanträgen Drs.14/3579 und 14/3593 . . . . . . . . . . . . 2733, 2734

Namentliche Abstimmung zum Dringlichkeitsan-trag Drs. 14/3572 (s.a. Anlage 4) . . . 2734, 2749, 2779

Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Gote, Chri-stine Stahl u.a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN)

Verbesserter Schutz für elektronische Kommu-nikationssysteme (Drs. 14/3573)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Dr. Söder,Prof. Dr. Stockinger u.a. u. Frakt. (CSU)

Schutz von Computernetzen in Behörden undSchulen gegen Computerviren (Drs. 14/3574)

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 2734, 2736Dr. Waschler (CSU) . . . . . . . . . . 2736, 2739Pfaffmann (SPD) . . . . . . . . . . . . 2738, 2739Staatsminister Dr. Beckstein . . . . . . . . . 2739

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2740

Mitteilung betr. Ausschussumbesetzungen . . . 2749

Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt,Biedefeld, Gartzke, Wörner u. Frakt. (SPD)

Entschließung – Verstärkte Förderung erneu-erbarer Energien und Energiesparpotenzialeauch in Bayern (Drs. 14/3575)

Frau Biedefeld (SPD) . . . . . 2741, 2743, 2744Dinglreiter (CSU) . . . . . . . . 2743, 2744, 2746Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2745, 2746Staatsminister Miller . . . . . . . . . . . . . 2747Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2748

Namentliche Abstimmung (s.a. Anlage 5) . 2749, 2781

Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Kellner,Schammann, Tausendfreund u. Frakt. (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Bilanz zur Umsetzung der FFH-Richtlinie (Drs.14/3576)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Zeller, Dr.Bernhard u.a. u. Frakt. (CSU)

Herstellung von Transparenz bei den Beitritts-verhandlungen im Rahmen der sogenanntenEU-Osterweiterung (Drs. 14/3577)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Kellner, Münzel,Dr. Dürr u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Konsequenzen aus der OECD-Studie „Bildungauf einen Blick“ (Drs. 14/3578)

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2686 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Verweisung in die Ausschüsse . . . . . . . . . . 2749

Antrag des Abg. Schammann (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Einführung einer Pflichtversicherung gegenElementarschäden (Drs. 14/1374)

Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschus-ses (Drs. 14/2795)

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2749Dr. Kaiser (SPD) . . . . . . . . 2750, 2751, 2752Brosch (CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2750, 2752

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2752

Antrag des Abg. Knauer (CSU)

Bekämpfung der Graffiti-Schmierereien (Drs.14/2582)

Beschlussempfehlung des Verfassungsausschus-ses (Drs. 14/3507)

Knauer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2752, 2753Frau Marianne Schieder(SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2753, 2754, 2757Hölzl (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2754Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . 2754König (CSU) . . . . . . . . . . 2755, 2756, 2757Volkmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2756Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 2756Frau Voget (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2757Staatsminister Dr. Weiß . . . . . . . . . . . 2757

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2758

Schluss der Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . 2758

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2687

(Beginn: 9.04 Uhr)

Präsident Böhm: Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Ich eröffne die 40. Vollsitzung des BayerischenLandtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotogra-fen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. DieGenehmigung wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt,erteilt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tages-ordnung eintreten, möchte ich einige Glückwünscheaussprechen. Am 19.04. feierten Herr Kollege AlfonsZeller und am 24.04. Herr Kollege Heinrich Rudrofjeweils einen halbrunden Geburtstag. Herr Kollege Prof.Dr. Hans-Gerhard Stockinger konnte am 22.04. sein 50.Lebensjahr vollenden. Im Namen des Hohen Hausesund persönlich gratuliere ich den Kollegen sehr herzlichund wünsche ihnen alles Gute und Gottes Segen für dasneue Lebensjahr sowie Ausdauer und Erfolg bei derErfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

Meine Damen und Herren, ich möchte bekannt geben,dass Herr Kollege Erwin Schneider am 13.04.2000 beimir zur Niederschrift erklärt hat, mit Ablauf des 30.04.2000 auf sein Mandat als Landtagsabgeordneter zu ver-zichten; er wurde bekanntlich zum Landrat gewählt. HerrErwin Schneider ist damit gemäß Artikel 55 Absatz 2 desLandeswahlgesetzes mit Ablauf des 30.04.2000 ausdem Bayerischen Landtag ausgeschieden. Ich dankeihm im Namen des Hohen Hauses für seine Arbeit imBayerischen Landtag. Zu seiner Wahl in das Amt desLandrates des Landkreises Altötting gratuliere ich HerrnKollegen Schneider sehr herzlich und wünsche ihm fürdiese neue, verantwortungsvolle Aufgabe viel Glück undErfolg.

Der Landeswahlleiter hat mir mitgeteilt, dass sich FrauProf. Ursula Männle als Nachfolgerin von Herrn ErwinSchneider nach Artikel 48 des Landeswahlgesetzes am01.05.2000 die Rechtsstellung eines Mitglieds desBayerischen Landtags erworben hat.

(Beifall bei der CSU)

Ich begrüße Frau Kollegin Prof. Männle sehr herzlich indiesem Hohen Hause und wünsche ihr Gottes Segen,Kraft und gutes Gelingen bei der Erfüllung ihrer parla-mentarischen Aufgaben.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Auswirkungen der Steuerpolitik der Bundesregie-rung auf den bayerischen Mittelstand

Für die heutige Sitzung war die Fraktion der CSU vor-schlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum vor-genannten Thema beantragt. In die Beratung bezieheich die folgenden, zum Plenum eingereichten Dringlich-keitsanträge ein:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück,Dr. Bernhard, Ach und anderer und Fraktion (CSU)

Angemessene steuerliche Entlastung des Mittel-standes (Drucksache 14/3567)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten RenateSchmidt und Fraktion (SPD)

Steuerpolitik für Wachstum und Beschäftigung(Drucksache 14/3571)

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Rednergrundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. AufWunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehnMinuten sprechen; dies wird auf die Gesamtredezeit derjeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied derStaatsregierung kraft seines Amtes das Wort nimmt,wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift einMitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehnMinuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mit-glieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung aufdie Zeit der Dauer der Aussprache zu sprechen.

Ich bitte Sie, auf mein Signal zu achten. Wir haben heuteauf dem Rednerpult eine Uhr, so dass der einzelne Red-ner selbst überwachen kann, wie weit seine Redezeitfortgeschritten ist. Zum Start drückt er auf den linkenKnopf. Wenn die angelaufene Redezeit gelöscht werdensoll, drückt man zweimal auf den rechten Knopf. – ErsterRedner ist Herr Kollege Dr. Bernhard.

(Kaul (CSU): Der muss die Uhr als Erster ausprobie-ren! – Weitere Zurufe von der CSU)

– Ich drücke hier oben ebenfalls auf den Knopf. Im Zwei-felsfall ist die Zeit ausschlaggebend, die hier abgelaufenist.

Dr. Bernhard (CSU): Herr Präsident, liebe Kolleginnenund Kollegen! Dieses Instrument hier ist schrecklich.

(Zurufe von der CSU)

Präsident Böhm: Jetzt lasst ihn reden; denn das gehtschon von seiner Zeit weg.

Dr. Bernhard (CSU): Die Uhr läuft noch nicht.

(Heiterkeit – Hofmann (CSU): Er hat nicht gedrückt!)

Die rot-grüne Koalition in Berlin will heute eine Steuerre-form beschließen. Wir haben das zum Anlass genom-men, hier eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zubeantragen, weil wir der Auffassung sind, dass wesentli-che Elemente dieses Steuerkonzepts falsch sind, undweil wir Ihnen deutlich machen wollen, dass dieses Steu-erkonzept im Bundesrat scheitern wird, wenn Sie sichnicht bewegen. Wir wollen zwar einen steuerpolitischenKonsens, aber – das muss ganz deutlich sein – nicht umjeden Preis.

(Dr. Kaiser (SPD): Sie wollen blockieren!)

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2688 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Auch Sie haben inzwischen dazugelernt, dass eineSteuerreform notwendig ist.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Es ist erstaunlich, dass in einem Dringlichkeitsantrag derSPD folgender Satz enthalten ist: „Die Bürgerinnen undBürger wissen selbst am besten, was sie mit ihrem Geldanfangen.“ Das gehört seit vielen Jahren zu unseremsteuer- und abgabenpolitischen Credo, und es ist erfreu-lich, dass Sie das nun dazugelernt haben.

(Zuruf des Abgeordneten Wahnschaffe (SPD))

– In der letzten Legislaturperiode, die sich noch in Bonnvollzogen hat, haben Sie unsere Steuerreform in bösarti-ger Weise als Umverteilung diffamiert und blockiert.Damit haben Sie auch den Standort Deutschland blo-ckiert und um Jahre zurück geworfen.

(Beifall bei der CSU)

Es ist kein Zufall, dass die Bundesrepublik trotz des kon-junkturellen Aufschwungs unter den europäischen Staa-ten das Schlusslicht ist.

Sie wissen auch ganz genau, dass die etwas bessereEntwicklung der Arbeitslosenzahl durch das Sinken derErwerbstätigenzahl bedingt ist, die strukturelle Arbeits-losigkeit aber steigt. Ihre Steuerreform setzt falsche Sig-nale. Sie konterkarieren die Signalwirkungen einerErtragsteuerreform dadurch, dass Sie in anderen Berei-chen die Steuern erhöhen. Ich erinnere an die Öko-steuer, die vor allem den Mittelstand trifft. Ich erinnere anIhren Versuch, die Bewertung bei der Erbschaftssteuerzu ändern, was zur Folge hat, dass sich die Erbschafts-steuer nicht nur beim Übergang von Ein- und Zweifami-lienhäusern, sondern auch beim Übergang vom Unter-nehmen massiv erhöht, und dies ist besonders proble-matisch. Sie führen bei der Grundsteuer ein Bewer-tungsverfahren ein, welches Ihnen die Hintertüre für dieWiedereinführung der Vermögensteuer offen lässt. Ausder SPD kommen auch nach wie vor Stimmen, die dieEinführung einer Vermögensabgabe fordern.

Sie setzen bei der Ertragsteuer die falschen ökonomi-schen Rahmenbedingungen. Beispielsweise halten Siean der unsinnigen Unterscheidung zwischen der Be-steuerung von Unternehmen und der Besteuerung vonUnternehmern fest. Dadurch blockieren Sie den sinnvol-len Einsatz von Kapital. Sie haben den Mitunternehmer-Erlass abgeschafft, was eine ähnliche Wirkung hatte.Das Gleiche gilt für die Einschränkung des § 6 b des Ein-kommensteuergesetzes. Sie setzen damit falsche Rah-menbedingungen für die Beweglichkeit und Flexibilitätvon Kapital.

Ihr Hauptfehler besteht darin, dass Sie den Entlastungs-effekt bei der Ertragsteuerreform viel zu niedrig halten,um eine nachhaltige Signalwirkung für Investitionen amStandort Deutschland zu erreichen. Wir sind hierbeinicht unseriös, denn wir wissen aufgrund deutscher undauch internationaler Erfahrungen sehr genau, wie großder Selbstfinanzierungseffekt einer solchen Reform sein

wird. Sie sind zögerlich. Sie sagen zwar, Sie würdendurch die Absenkung des Eingangssteuersatzes denMittelstand fördern. Ich weiß jedoch nicht, welches fürSie die Leistungsträger des Mittelstandes sind. Ihre Poli-tik ist Sozialpolitik, aber keine Mittelstandspolitik.

(Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sindaber die Fakten!)

Meine Damen und Herren, Sie sind auch immer nochSteuerideologen und keine Steuerpolitiker. Ich denke nurdaran, dass Sie die unterschiedliche Bewertung von Ein-künften in das Steuersystem einführen wollen, was völligfalsch und daher abzulehnen ist.

Die Kollegen, die nach mir sprechen, werden im Laufeder Debatte im Einzelnen darlegen, warum Ihre Steuer-reform in hohem Maße mittelstandsfeindlich ist. Ich ver-weise nur auf das Optionsmodell, auf die Regelungenüber die Unternehmensnachfolge bei der Ertragsteuerund bei der Erbschaftssteuer, und ich verweise auf Ihrefalsche Politik, die keine Flexibilität des Kapitals ermög-licht, sondern das Kapital einsperrt und seine Wiederan-lage behindert. Deswegen ist Ihre Steuerreform mittel-standsfeindlich. Wir werden es jetzt im Einzelnen darle-gen. Bei mir leuchtet das rote Licht, deswegen bin ich amEnde.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat Herr KollegeStraßer das Wort. Er nimmt zehn Minuten in Anspruch.

Straßer (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Prä-sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damenund Herren! Zunächst einen herzlichen Dank an dieCSU-Fraktion dafür, dass wir in der heutigen AktuellenStunde, die nicht von der SPD beantragt worden ist, dieMöglichkeit haben, uns umfassend über die Steuerpolitikder Bundesregierung zu unterhalten. Wir hätten dasThema nicht besser wählen können, denn die Auswir-kungen der Steuerpolitik der Bundesregierung auf denbayerischen Mittelstand sind seit Übernahme der Regie-rung in Berlin positiv, und sie werden auch weiterhinpositiv bleiben. Die Stimmen und die Argumente stützensich auf die Fakten, die wir auf den Tisch legen, und werdie Fakten nicht auf seiner Seite hat, führt, wie wir esheute und in den letzten Wochen erleben konnten, nurrhetorische Scheingefechte; und so praktiziert es auchdie CSU.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Loscher-Früh-wald (CSU): Schauen Sie sich doch einmal die Aus-wirkungen der Steuerreform auf die Landwirtschaftan!)

Nun zu den Fakten. Die Linien der Steuerreform spre-chen für sich. Am Ende Ihrer Regierungszeit betrug derEingangssteuersatz bei der Einkommensteuer 25,9%.Jetzt beträgt er 22,9%. Am Ende unserer Steuerreformwird er 15% betragen. Neben dieser spürbaren Absen-kung werden wir gleichzeitig den Grundfreibetrag von12300 DM auf 15000 DM erhöhen. Dies führt zu einerzusätzlichen Entlastung. Meine sehr geehrten Damen

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und Herren von der CSU-Fraktion, dies nützt dem Mittel-stand. Der Höchststeuersatz betrug am Ende IhrerRegierungszeit 53%. Jetzt beträgt er 51%, und wir wer-den ihn noch auf 45% senken. Dies nützt dem Mittel-stand. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, HerrDr. Bernhard.

(Dr. Bernhard (CSU): Ihre Steuerreform blockiertdoch den Mittelstand!)

Der Körperschaftsteuersatz lag am Ende Ihrer Regie-rungszeit bei 45%, jetzt beträgt er 40% und er wird zum1. Januar 2001 sage und schreibe auf einheitlich 25%abgesenkt werden. Ich möchte daran erinnern, dassviele mittelständische Betriebe als GmbH organisiertsind, so dass auch die Absenkung des Körperschaft-steuersatzes auf einheitlich 25% dem Mittelstand nützt.

Der Rentenversicherungsbeitrag belief sich am EndeIhrer Bonner Regierungszeit auf 20,3%. Er beträgt jetzt19,3% und wird im Jahr 2002 nur noch 18,8% betragen.Die Senkung der Lohnnebenkosten entlastet gleicher-maßen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieauch den Mittelstand. Das nützt unserem Mittelstand.Unsere Politik ist eine Politik des Handelns und einePolitik der Solidarität, die wir dringend brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Bernhard, wenn Sie hier Scheingefechte gegenunsere angebliche Blockadepolitik führen, muss ich Siean Ihre Amtszeit erinnern. Sie waren 16 Jahre an derRegierung. Man muss sich einmal diesen Zeitraum vor-stellen. Mir liegt ein Zitat des damaligen Vizepräsidentendes Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Die-ter Philipp, vor. Er sprach im Januar 1998 von einer „Ver-nachlässigung des Handwerks gegenüber einer umfang-reichen Förderung von Großunternehmen“. Er fordertedeshalb endlich eine mittelstandsfreundliche Politik derdamaligen Bundesregierung.

(Dr. Bernhard (CSU): Steuerfreiheit für Industriebe-teiligungen!)

So die damalige Aussage des Zentralhandwerks. Siehaben nur geredet, wir haben jetzt gehandelt, und dassollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Bei einer Aktuellen Stunde geht es aber nicht nur um dieaktuellen Fragen. Wir müssen auch nach der Bilanz undden Auswirkungen Ihrer 16-jährigen Steuerpolitik fragen.Ich möchte dazu einige Fakten aufzählen, die Sie wirk-lich ernst nehmen sollten. Am Anfang stand die Steuer-lüge des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, dersich einmal äußerte, dass es im Hinblick auf die deut-sche Einheit keine steuerliche Probleme geben werde.Lügen schaden dem Mittelstand. Der Mittelstand brauchtverlässliche Rahmenbedingungen. Lügen sind abernicht verlässlich. 1991 wurde die Mineralölsteuer umsage und schreibe 22 Pfennig pro Liter angehoben. Ins-gesamt wurden dadurch 13,2 Milliarden DM im Haushaltmehr eingenommen, ohne dass die Lohnnebenkostenreduziert wurden.

Das hat dem Mittelstand geschadet: 22 Pfennig Mineral-ölsteuer mehr pro Liter Benzin, insgesamt 13,2 Milliar-den DM. 1994: Anhebung der Mineralölsteuer um16 Pfennig pro Liter. Das bedeutete 8,7 Milliarden DM anMehreinnahmen im Haushalt, ohne dass die Lohnne-benkosten reduziert worden wären.

(Zuruf des Abgeordneten Willi Müller (CSU))

Das hat dem Mittelstand geschadet. Das müssen Sie zurKenntnis nehmen, meine Damen und Herren von derCSU. 1995: Wiedereinführung des Solidaritätszuschlagsin Höhe von 7,5% der Einkommensteuer, Gesamtbelas-tung 26 Milliarden DM. Das hat unserem Mittelstandgeschadet. 1991 bis 1994: Anhebung der Beitragssätzeder Arbeitslosenversicherung auf 6,5%, Gesamtbelas-tung 11 Milliarden DM. 1994: Anhebung der Beitrags-sätze der Rentenversicherung auf 19,2%, Gesamtbelas-tung 20 Milliarden DM.

Meine Damen und Herren von der CSU, insgesamt wur-den unter der von Ihnen getragenen BundesregierungSteuern und Sozialabgaben so stark erhöht, dass dieArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Unter-nehmen, im Wesentlichen auch der Mittelstand, zusätz-liche Belastungen in Höhe von 117 Milliarden DM proJahr zu verkraften hatten. Diese Belastung hat auch dembayerischen Mittelstand enorm geschadet. Das müssenSie zur Kenntnis nehmen.

Die positiven Auswirkungen der neuen Steuerpolitik sindbei den verschiedenen ökonomischen Indikatoren spür-bar. Die Bundesregierung rechnet eher zurückhaltendmit einem Wirtschaftswachstum von 2,75%. Die Wirt-schaftsinstitute gehen von 2,8% aus, das DIW sogar von3%. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist endlichunter die 4-Millionen-Marke gesunken. Auch in Bayernsind diese positiven Auswirkungen durch eine Arbeitslo-senquote von gegenwärtig 5,5% deutlich spürbar. Mitt-lerweile besteht sogar in Teilen unseres Freistaatsnahezu Vollbeschäftigung. Auch dies ist eine Folge derneuen Steuerpolitik der Bundesregierung, auf die mansich verlassen kann, die solide ist. Die dargestellte Ent-wicklung wird auch vom Export sowie von den inländi-schen Investitionen unterstützt. Unternehmen, also auchder Mittelstand in Bayern, investieren nur, wenn positiveAussichten und Gewinnerwartungen bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Bernhard(CSU): Vom miesen Euro-Kurs!)

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie sollten ein-mal zur Kenntnis nehmen, was führende Wirtschaftsin-stitute sagen. Sie machen jetzt wieder Zwischenrufe derArt, die ich schon angesprochen habe – so erleben wires Tag für Tag –: Sie führen Scheingefechte. Stattdessensollten Sie sich an den Fakten orientieren. So erklärtebeispielsweise das IW am 27. Januar 2000, die Unter-nehmen könnten jetzt aufatmen, es seien positive Sig-nale zu verzeichnen. Wenn Sie die entsprechendenBerichte aufmerksam lesen, werden Sie wissen, wohinder jetzt beschrittene Weg führt, meine Damen und Her-ren von der CSU.

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Auch wenn die Schlagzeilen in Bayern von Großunter-nehmen dominiert werden – ich nenne BMW, Viag unddie Kirch-Gruppe –, wissen wir, dass der Mittelstand dieeigentliche ökonomische Substanz hierzulande darstellt.78% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind inunseren mittelständischen Betrieben beschäftigt. 80%aller Auszubildenden werden in diesen Unternehmenausgebildet. 47% aller Umsätze werden dort getätigt.45% der Wirtschaftsleistungen werden vom Mittelstanderbracht. Meine Damen und Herren von der CSU, dieSPD-Fraktion hier im Landtag braucht von Ihnen keineBelehrung zur Bedeutung des Mittelstands.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Mittelstand ist besonders innovativ, flexibel sowiezukunfts- und kundenorientiert. Er braucht auch Compu-terexperten. Hierzu hat die Bundesregierung eine längstüberfällige Initiative ergriffen. Weil wir um die Bedeutungdes Mittelstands wissen, wird dieser über die Steuerre-form um 20 Milliarden DM entlastet werden. Im Grundekönnen wir uns gemeinsam freuen. Meine Damen undHerren von der CSU, Sie haben es sicherlich noch inErinnerung: Als die CSU an der Bundesregierung betei-ligt war, gab es nichts, buchstäblich nichts, was manhätte verteilen können. Jetzt haben wir endlich wiederetwas zu verteilen. Das ist doch positiv. Das sollten Sieendlich einmal zur Kenntnis nehmen: Wir haben einepositive Entwicklung zu verzeichnen, auch für unserenMittelstand hier in Bayern.

Der Körperschaftsteuersatz wird zum 1. Januar 2001 auf25% gesenkt. Davon werden auch die GmbHs profitie-ren. Das wird dem Mittelstand nützen. 80% der Unter-nehmen, die Personengesellschaften sind, werden vonder Senkung des Einkommensteuersatzes profitieren.Das nützt unserem Mittelstand. Personengesellschaftenwerden in Zukunft die Option haben, sich wie die Kapital-gesellschaften besteuern zu lassen. Das nützt dem Mit-telstand ebenfalls.

(Dr. Bernhard (CSU): Das macht doch keiner!)

Der Mittelstand braucht realistische, finanzierbare Steu-ersenkungen. Wir haben dazu ein ordentliches Konzeptvorgelegt. Die von der Bundesregierung geplante Steu-erreform ist verlässlich. Sie zielt auf spürbare Entlastun-gen ab. Sie wird dem Aufschwung nützen, den Arbeits-plätzen, dem bayerischen Mittelstand. Meine Damenund Herren von der CSU, so kann ich Sie nur herzlichdarum bitten, sich konstruktiv an der Debatte über dieSteuerreform zu beteiligen. Auch das wird dem bayeri-schen Mittelstand nützen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Dr. Runge dasWort, und zwar auch für zehn Minuten.

Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, meine sehr verehrten Damen und Herren! HerrDr. Bernhard, ich verstehe Ihren Ärger und Ihre Nöte.Aber ist es wirklich nötig, so an Fakten und Realitätenvorbei zu argumentieren, wie Sie es auch in Ihrem ein-

schlägigen Dringlichkeitsantrag wieder getan haben?Durchschnittliche Steuerbelastung und Spitzensteuer-satz sind zwei sehr unterschiedliche Parameter. Undgerade der Mittelstand profitiert von der anstehendenSteuerreform. Ich bemühe jetzt einige Fakten und Zitate,die bereits Wirtschaftsminister Müller bei der Eröffnungder Handwerksmesse gebracht hat – zu Ihrem sichtli-chen Vergnügen.

(Dr. Bernhard (CSU): Wo er sich unmöglich aufge-führt hat!)

Die gesamtwirtschaftliche Ausgangslage für Mittelstandund Handwerk wie für die gesamte deutsche Wirtschaftist so gut wie lange nicht mehr. Die Wachstumsprogno-sen für das Jahr 2000 liegen zwischen 2,5 und 3,5% –das ist unbestritten. Nicht umsonst titelte die „SZ“ jüngstin Ihrem Konjunkturbericht: „Die Tourenzahl steigt“.Prof. Dr. Gerhard Fels, Leiter des BDI-nahen Institutsder deutschen Wirtschaft, hat jüngst vor ausländischenManagern verkündet, es gebe sehr gute Chancen fürsieben fette Jahre in Deutschland. Grund dafür sei, soHerr Fels, die strukturelle Reformbilanz, insbesonderedie Unternehmensteuerreform.

Meine Damen und Herren von der CSU, jetzt werden Siekritisieren, das seien Worte aus Sicht der Industrie.Daher bringe ich gleich noch eine Äußerung des Hand-werks. So gab der Präsident eines Handwerkskammer-tags für 2000 eine deutlich positive Prognose ab, undzwar auf der Basis einer Befragung von Handwerkern.Er erklärte, unter den Handwerkern herrsche derzeit –mit Ausnahme des Bauhandwerks – in allen SpartenHochstimmung. Mit der vom Kabinett beschlossenenEinkommens- und Unternehmensteuerreform und ihrembis zum Jahr 2005 terminierten Schritt hat die Bundesre-gierung in unseren Augen eine wichtige Weichenstellungvorgenommen. Damit zeigt sie Reformfähigkeit, wasübrigens das Gegenteil von Aussitzen ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein Vorredner hat es schon angesprochen: Insgesamtwerden die Steuerprogramme der Bundesregierung biszum Jahr 2005 im Vergleich zum Jahr 1998 zu einer jähr-lichen Entlastung von mehr als 70 Milliarden DM führen.Davon werden – ich habe etwas andere Zahlen als meinVorredner – 14 bis 18 Milliarden DM auf den Mittelstandentfallen. Nun zu Privathaushalten: Eine 4-köpfige Fami-lie mit einem Bruttoeinkommen in Höhe von 60000 DMim Jahr hat heute schon mehr als 2000 DM mehr in derKasse als 1998.

Zum Spitzensteuersatz. Damit bin ich schon beim Hand-werk, beim Mittelstand. Wenn man die Zahlen von Hand-werk und Mittelstand sieht, muss man sich schon fragen:Vor welchem Hintergrund führen die Union und der ZDHdie Diskussion um den Spitzensteuersatz? Personenun-ternehmen müssen schon einen sehr hohen Gewinnerzielen, um über die bei Kapitalgesellschaften inZukunft geltende Belastungsgrenze von 38% hinauszu-kommen. Mehr als 90% der Personenunternehmenerreichen diese Grenze nicht. Herr Dr. Bernhard, Siesollten einmal die Steuerstatistiken lesen. Dann wüsstenSie auch, dass nur rund 8% der Personenunternehmen

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Gewinne erzielen, die über 150000 DM liegen. 70% derZDH-Mitglieder – und das sind schon die größerenHandwerksbetriebe – erreichen kaum einen Grenzsteu-ersatz von 25%, geschweige denn einen Durchschnitts-steuersatz dieser Höhe. 70% der ZDH-Mitglieder sindbeispielsweise nicht gewerbesteuerpflichtig, weil sieeinen Jahresgewinn von weniger als 48000 DM erzie-len.

(Zuruf des Abgeordneten Dinglreiter (CSU)

Deswegen sage ich Ihnen: Die von Ihnen geforderteSenkung des Spitzensteuersatzes nützte doch denwenigsten Handwerkern und Mittelständlern. Wichtigsind für Handwerk und Mittelstand, so es sich um Perso-nengesellschaften handelt, die Senkung des Eingangs-steuersatzes und die Anhebung des Grundfreibetrags.Und genau hierzu kommt es.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Umsetzung der dritten Stufe des Steuerentlastungs-gesetzes wird um ein Jahr vorgezogen. Der Eingangs-steuersatz sinkt damit von 25,9% im Jahr 1998 auf19,9% im Jahr 2001. Der Höchststeuersatz sinkt von 53auf 48,5%. Der Grundfreibetrag steigt auf rund14000 DM. Der Tarifverlauf wird durchgehend abge-senkt. Ab der letzten Stufe wird der Eingangssteuersatznur noch 15% betragen und der Spitzensteuersatz bei45% liegen. Der Grundfreibetrag wird sich dann auf15000 DM belaufen.

Nachdem eben einige Mitglieder der CSU-Fraktiongeschmunzelt haben, möchte ich einmal vorrechnen,was das eben Gesagte bedeutet, und zwar für ein Unter-nehmen, das nicht schlecht verdient. Der Eingangssteu-ersatz wird von 26 auf 15% reduziert werden, also um11 Prozentpunkte. Davon werden insbesondere dieBezieher kleiner und mittlerer Einkommen profitierenund damit auch die vielen kleinen, weniger ertragsstar-ken Unternehmen.

Betrachten wir zum Beispiel einen verheirateten Perso-nenunternehmer mit einem Gewinn in Höhe von 100000DM. 1998 zahlte er 25,3% Steuern, 2005 wird er nurnoch 19,1% bezahlen, das heißt, er wird tatsächlich inHöhe eines Viertels seiner Steuern entlastet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Herr Dinglreiter, die gut verdienenden Personenunter-nehmen profitieren auch davon, dass die Gewerbe-steuer künftig pauschaliert angerechnet werden kannund die steuerliche Gewinnermittlung letztlich unberührtbleibt, so dass die Gewerbesteuer weiterhin alsBetriebsausgabe abzugsfähig ist. Im Ergebnis werdendie meisten Unternehmen in vollem Umfang von derGewerbesteuer entlastet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Optionsmodell. Eine Steuerlast von38,6%, nämlich Körperschaftsteuer, Solidaritätszu-schlag und Gewerbesteuer sollen künftig für Kapitalge-

sellschaften gelten. Wenn sich Personengesellschaftenfür die Option, ebenso wie Kapitalgesellschaften behan-delt zu werden, entscheiden, müssen sie schon einensehr, sehr hohen Gewinn haben, nämlich knapp 200000DM; denn sonst macht es für sie keinen Sinn. Dies gilttatsächlich für die wenigsten.

Auch wir üben im Detail Kritik an den Plänen zur Steuer-reform. Da ist selbstverständlich noch nicht alles perfekt– wie könnte das auch sein?

(Zuruf des Staatsministers Prof. Dr. Faltlhauser)

– Herr Faltlhauser, ich bringe einige Stichworte: Benach-teiligung gering verdienender „Mittelaktionäre“, wie ichimmer sage, durch das Halbeinkünfteverfahren bei Weg-fall der Körperschaftsteueranrechnung. Uns hat auchdas Hin und Her nicht ganz geschmeckt, zuerst die Spe-kulationsfrist beim Aktienverkauf auf ein Jahr hochzuset-zen, die Grenze wesentlicher Beteiligungen von 25 über10 auf jetzt 1% zu senken mit der Begrenzung auf 5000DM Nennwert, auf der anderen Seite aber Steuerfreiheitvon Veräußerungserlösen, Beteiligungsveräußerungenfür Kapitalgesellschaften zu gewähren. Hierzu gibt esaber einen Änderungsvorschlag der GRÜNEN.

Herr Faltlhauser, beim Thema Spitzensteuersatz schla-gen auch wir 110000 DM als Eintrittsgrenze für den Spit-zensteuersatz vor.

Das Optionsmodell stellt, wie ausgeführt, keine Benach-teiligung der kleinen und mittleren Unternehmen dar,aber wir halten es trotzdem nicht für optimal. Zum Erstenverkompliziert es Steuerrecht und Steuerpraxis, zumZweiten eröffnet es weitere Steuerschlupflöcher. Undzum Dritten steckt der Teufel einfach im Detail.

(Dr. Bernhard (CSU): In der Erbschaftssteuer!)

Betrachten wir beispielsweise einen Handwerker miteinem Jahreseinkommen von 200000 DM, der optioniertund dann auf die Idee kommt zu heiraten. Der Vorteilkehrt sich dann sehr schnell in einen Nachteil um. DasGanze ist sehr, sehr bürokratisch. Ich denke, dass esdoch noch einiges zu verbessern gibt. Hierfür haben wirauch den Vermittlungsausschuss.

Die Zeit drängt. Ich hätte gerne noch einige Sätze zurökologischen Steuerreform gesagt, die von Ihnen auchheute wieder kritisiert wurde. Auch hier sind wir der Mei-nung: Diese nutzt vor allem den kleinen und mittlerenUnternehmen, da diese zum einen besonders personal-intensiv sind und wir versuchen, gerade dort die Lohnne-benkosten zu senken, und zum anderen werden überhöhere Energiepreise gerade Betätigungsfelder fürSchreiner, Glaser, Heizungsbauer, Zimmerer usw. aus-geweitet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun wieder zurück zur Einkommen- und Unternehmens-teuer. Bei der Aufteilung des Entlastungsvolumens aufMittelstand und Großunternehmen ist festzustellen, dassdie Unternehmensteuerreform gerade dem Mittelstandnutzt. Das Entlastungsvolumen beider Elemente der

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Steuerreform 2000, also die Unternehmensteuerreformauf der einen Seite und die Senkung des Einkommen-steuertarifs auf der anderen Seite, hat im Entstehungs-jahr die beeindruckende Summe von insgesamt 44 Milli-arden DM. Davon entfallen 23 Milliarden DM auf privateHaushalte, 14 Milliarden DM auf den Mittelstand undknapp 7 Milliarden auf Großunternehmen.

Fazit: Endlich passiert etwas nach jahrelangem Nichts-tun. Selbstverständlich gibt es noch Verbesserungsmög-lichkeiten im Detail – ich habe einige angesprochen. Esmuss aber auch Verhandlungsmasse für den Vermitt-lungsausschuss da sein. Und zuletzt: Gerade der Mittel-stand profitiert von der Steuerreform sehr, sehr stark.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Böhm: Ich mache darauf aufmerksam, dasssoeben noch ein Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/3581 mit folgen-dem Wortlaut eingegangen ist:

Steuersenkungsgesetz

Der Landtag wolle beschließen

1. Der Landtag begrüßt das Steuersenkungsgesetz derBundesregierung. Gerade der Mittelstand profitiert vondieser Reform, da durch die Steuertarifsenkungenbesonders des Eingangssteuersatzes Unternehmen mitgeringem zu versteuerndem Gewinn entlastet werdenund durch die pauschale Anrechnung des doppeltenGewerbesteuermessbetrages Unternehmen mit höhe-rem Gewinn begünstigt werden.

2. Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Bundesratbei den zu erwartenden Verhandlungen im Vermittlungs-ausschuss folgende Kompromisslinie zu verfolgen:Annäherung der bisher unterschiedlichen Steuerbelas-tung bei Veräußerungen zwischen Personenunterneh-men und Kapitalgesellschaften, Erhöhung der Einkom-mensgrenze für den Spitzensteuersatz von 45% zurAbmilderung der so genannten kalten Progression,Überprüfung des Optionsmodells für Personenunterneh-men.

Dieser Antrag wird in die Aktuelle Stunde einbezogen.

Als Nächster hat Herr Kollege Dinglreiter für einen Zehn-Minuten-Beitrag das Wort.

Dinglreiter (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrtenKolleginnen und Kollegen! Wer sich die Vorschläge zurReform der Unternehmensbesteuerung nur oberflächlichansieht, Herr Straßer, kann leicht leuchtende Augenbekommen, doch wer genauer hinsieht und genauerbetrachtet, was da gewollt wird, der erkennt den Köder,mit dem Personenunternehmen in die Rechtsform derKapitalgesellschaft gelockt und Unternehmer von Unter-nehmen getrennt werden sollen. Zu Unternehmernhaben Sie in Ihrer Bundespartei nämlich nach wie vor eingestörtes Verhältnis.

Wer genauer hinschaut, erkennt auch, dass hohe Steu-ern für den Mittelstand mit komplizierten Ersatzregelun-gen, die Sie einbauen, wieder abgemildert werden sol-len, mit Ersatzregelungen, die in den meisten Fällennicht greifen werden. Er erkennt auch, dass die zu gerin-gen Entlastungen von Unternehmern durch gleichzeitigeBelastungen wieder einkassiert werden. Die Reform derUnternehmensbesteuerung fährt nämlich immer noch inweiten Teilen in den Gleisen von Umverteilung und Wirt-schaftslenkung, auf die sie Lafontaine gesetzt hat.Gegenüber der Öffentlichkeit werden zwar die Verbesse-rungen des Standortes Deutschland, die Förderung vonInvestitionen und Beschäftigung sowie die Europataug-lichkeit der neuen Unternehmensbesteuerung in denVordergrund gestellt. Mit diesen Zielen sollen Öffentlich-keit und Medien für die Reform eingenommen werden. InWirklichkeit passen diese Ziele aber nicht zusammen.Vieles ist Schönfärberei, um damit die Schwächen die-ses Konzeptes zu überdecken.

Herr Straßer, Sie sprechen die 16 Jahre der alten Bun-desregierung an. Dazu muss ich Ihnen sagen: IhrGedächtnis bedarf einer Auffrischung. Wenn Sie von dergrößten Steuerreform aller Zeiten sprechen, sollten Siewissen, dass 1986/1988 mit der damaligen Steuerreformeine Nettoentlastung von 19,4 Milliarden DM herbeige-führt wurde, dass 1990 eine Nettoentlastung von knapp25 Milliarden DM stattgefunden hat und dass das Jah-ressteuergesetz 1996 noch einmal 19,1 Milliarden DMEntlastung gebracht hat.

(Dr. Kaiser (SPD): Und die Sozialabgaben sindhochgegangen!)

Das muss Ihre Regierung in Berlin erst einmal erreichen.

Sie sprechen wieder einmal die Mineralölsteuererhö-hung an. Mit den Mineralölsteuererhöhungen Anfang der90er Jahre haben wir die „Verkehrsprojekte deutscheEinheit“ ins Laufen gebracht. Mitte der 90er Jahre habenwir mit dieser Erhöhung die Privatisierung der Bahnsichergestellt. Was tun Sie heute? Sie nehmen sechsJahre hintereinander 4,5 Milliarden DM – in der Summesind das ab 2003 dann 22 Milliarden DM pro Jahr –, aberSie verwenden davon keine Mark für die Infrastrukturoder für Investitionen. Ab dem Jahr 2003 erhalten Sie fürfünf Jahre 24 Milliarden DM aus dem Road-Pricing. Wastun Sie? Sie geben gerade einmal 7,4 Milliarden DM fürdas so genannte Antistauprogramm aus. Das ist derUnterschied zwischen unserer und Ihrer Politik.

Meine Damen und Herren, Sie können über Sachver-ständige reden, wie Sie wollen. Es gibt eine ganzeMenge Aussagen vieler Sachverständiger, die ganz klarund deutlich belegen, dass Ihr Konzept eine Benachteili-gung des Mittelstandes bringt. Die Bundesregierungmacht eine Unternehmensteuerreform vorwiegend fürdie Kapitalgesellschaften, und hier wiederum für die gro-ßen Unternehmen. Der Mittelstand wird grob benachtei-ligt. Die Bundesregierung negiert damit, dass die deut-sche Unternehmensstruktur zu 80% aus Personenunter-nehmen besteht, die deshalb vom Körperschaftsteuer-satz nicht profitieren. Während die rot-grünen KonzepteKörperschaften mit einem Steuersatz von 25% belasten,was unter internationalen Gesichtspunkten grundsätz-

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lich richtig ist, werden Personenunternehmen weiterhinmit hohen Einkommensteuersätzen belastet. Die Spit-zenbelastung soll zunächst bei 48,5% bleiben. In Aus-sicht gestellt wird, dass sie 2005 auf 45% abgesenktwird.

Das bedeutet ein Belastungsgefälle zwischen Personen-unternehmen und Kapitalgesellschaften von 20 bis23,5%. Das ist durch nichts gerechtfertigt.

Wir sehen auch, dass hier massive verfassungsrechtli-che Bedenken anzumelden sind, mit denen wir unssicherlich auch noch beschäftigen werden. Und weil sichdie Regierung scheut, Personenunternehmen durchwirklich vernünftige, vertretbare niedrige Steuersätze zuentlasten, nimmt sie Zuflucht zu nicht praktikablen kom-plizierten Ersatzmodellen wie etwa der so genanntenOptionslösung.

Meine Damen und Herren, das Steuerrecht, das verein-facht werden sollte, wird damit wesentlich komplizierter.Nur wenige Personenunternehmen werden diese Optio-nen wahrnehmen. Die Annahme von Herrn Eichel, dasses 30% werden, ist generell widerlegt. Auch Ihr Koaliti-onspartner, die GRÜNEN, sagen, dass es maximal 5%sein werden, und der Deutsche Steuerberaterverbandsagt, maximal 2% werden von dieser Option Gebrauchmachen.

Das ist auch kein Wunder; denn die Option muss mitzusätzlichem Aufwand und vielen Unwägbarkeitenerkauft werden, so zum Beispiel durch den Zwang zurEinstimmigkeit aller Gesellschafter; es gibt keine Verlust-verrechnung mehr. Das ist ein starker Hammer für vielemittelständische Betriebe. In vielen Fällen müssen zweiBilanzen erstellt werden, eine Handels- und eine Steuer-bilanz. Damit schaffen Sie zwar mehr Beschäftigung,allerdings bei Steuerberatern und Finanzbeamten. Undder Wechsel vollzieht sich nach dem Umwandlungssteu-ergesetz, was auch außerordentlich schwierig ist. Undschließlich und endlich hat das Ganze zur Folge, dass imErbfall eine höhere Erbschaftssteuer zu zahlen ist. Manrechnet mit einem Mehrfachen der Erbschaftssteuer,weil die Bewertungsabschläge von 40% wegfallen undweil der Freibetrag von 500000 DM ebenfalls nicht mehrberücksichtigt wird.

Zudem gehen mit dem neuen System bedenklicheUngleichbehandlungen einher. Veräußern Kapitalgesell-schaften Beteiligungen an andere Gesellschaften, dannbleibt der Veräußerungsgewinn steuerfrei. Das Halbtei-lungsverfahren sorgt ferner dafür, dass die Veräuße-rungsgewinne Privater innerhalb der Spekulationsfristnur zur Hälfte angesetzt werden. Diese Regelungenmüssen deshalb als besonders krass empfunden wer-den, weil erst im so genannten Steuerentlastungsgesetz– man merke: Steuerentlastungsgesetz! – der halbeSteuersatz für Veräußerungsgewinne nach § 34 des Ein-kommensteuergesetzes abgeschafft wurde und nunauch noch die Prozentgrenze für steuerunschädlicheBeteiligungen von 10% auf 1% gesenkt werden soll.Diese Ungleichbehandlung trifft damit insbesondere denMittelstand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist erkenn-bar, dass die Bundesregierung den Druck auf die Perso-nenunternehmen erhöht; dies gefährdet unserebewährte und erfolgreiche Unternehmensstruktur, diemaßgeblich auf Personenunternehmen und persönli-chem Risiko aufbaut. Sie erhöht den Druck auf dieUnternehmen, die sich in Krisenzeiten durch ein hohesStehvermögen auszeichnen. Sie erhöht den Druck aufdie Unternehmen, die in einer globalisierten Wirtschaftstandorttreu sind, also Arbeitsplätze im eigenen Landsichern, und sie erhöht den Druck auf die Unternehmen,die abseits vom Shearholdervalue ein besonderes sozia-les Klima im Zusammenhalt zwischen Belegschaft undUnternehmensführung pflegen. Dieses Unternehmens-element zu schwächen ist besonders tragisch, weil aufihm eine stabile und leistungsfähige Gesellschaft auf-baut. Es darf nicht abgestraft werden.

Die zu geringe Entlastung ist bereits angesprochen wor-den. Meine sehr verehrten Damen und Herren, überle-gen Sie, wer denn Arbeitsplätze in der Vergangenheitgeschaffen hat, und wenn Sie überlegen, wer Arbeits-plätze in der nahen Zukunft schafft, dann sind das nichtdie Kapitalgesellschaften, sondern es ist der Mittelstand,den Sie mit Ihrer Steuerreform abstrafen. Das kann nichtrichtig sein. Und wenn jetzt wieder gefragt wird – wasauch Herr Eichel immer wieder betont –: Was wollt ihrdenn mit dem Spitzensteuersatz, den – sagt Herr Eichel– sieht ein Handwerker doch nicht einmal mit dem Fern-glas. Meine Damen und Herren, wenn ich von 15% eineKurve ziehe nach 35%, dann haben alle einen niedrige-ren Steuersatz, ganz gleich, wo sie sich mit ihrem Ein-kommen befinden, das sie besteuern müssen, als wennich eine Kurve nach 48,5% ziehe. Das wird wohl jedemeinleuchten, der einmal Statistiken gezeichnet hat.

(Starzmann (SPD): Nur wenn Sie eine Gerade zie-hen! Wenn Sie eine Kurve ziehen, kommen Sie mitdem Beispiel nicht hin!)

– Hören Sie doch mit Ihren Kurven auf, Herr Kollege. Sieziehen viel zu viele Kurven, bei denen sich am Ende kei-ner mehr auskennt, nicht einmal mehr Sie selber.

(Starzmann (SPD) Bitte, seien Sie genau! Sieschleudern aus der Kurve, wenn Sie nicht exaktsind! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir wollen eine gerade, berechenbare Linie

(Starzmann (SPD): Okay!)

vom unteren Steuersatz zum oberen Steuersatz. Dasbedeutet, dass jeder weniger Steuern bezahlt, der sichinnerhalb dieser geraden Linie befindet.

(Zuruf von der SPD: Und wer soll das dann zahlen?)

Nach unserem Konzept ist es so, dass sich generelletwa 25% Steuerermäßigung für alle ergeben und nichtnur einige viel profitieren und andere weniger.

(Abgeordneter Starzmann (SPD) meldet sich zueiner Zwischenfrage)

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– Es gibt keine Fragen in der Aktuellen Stunde; Sie brau-chen sich nicht zu melden.

(Zurufe und Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will undmuss zum Schluss kommen. Die Entlastung ist zugering. Das ist deutlich gemacht worden. Und sie kommtvor allen Dingen viel zu spät, weil Sie alles viel zu weithinausschieben.

(Zuruf von der SPD: Sie haben 16 Jahre nichtsgetan!)

– Jetzt kommen Sie gerade rein und haben gar nichtgehört, was ich vorher gesagt habe.

Präsident Böhm: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit istzu Ende.

(Zurufe und Unruhe)

Dinglreiter (CSU): Darf ich den Satz noch zu Ende brin-gen? Wir haben in den letzten 16 Jahren viel getan undwenn Sie nicht Obstruktionspolitik betrieben hätten, hät-ten wir bereits seit zwei, maximal drei Jahren eine opti-male Steuerreform, die die Wirtschaft ankurbeln undvoranbringen würde. Was Sie heute machen, führt unsnicht weiter, weil es nicht zu brauchbaren Ergebnissenführt. Aus diesem Grund werden wir zwar in Berlin keineObstruktion betreiben, aber wir werden dafür sorgen,dass dieses für den Mittelstand ungerechte Modell keineZukunft hat.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Der nächste Redner ist der KollegeDr. Kaiser.

Dr. Kaiser (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Die Redner der CSU zeichnen einrecht negatives Bild unserer wirtschaftlichen Lage in derBundesrepublik. Das Gegenteil ist aber der Fall. Wenndie Bayerische Landesbank in ihrem jüngsten Konjunk-turbericht schreibt, die Aussichten für einen nachhaltigenKonjunkturaufschwung in den Ländern der Euro-Zonekönnten derzeit kaum günstiger sein, so ist dies ein Zei-chen für die Qualität der Arbeit der Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Die Konjunkturaussichten sind gut. Herr Kollege Bern-hard, wenn Sie hier davon reden, dass der Rückgangder Arbeitslosigkeit allein auf das Ausscheiden ältererArbeitnehmer zurückzuführen sei, dann sollten Sie bittedie Verlautbarungen Ihres eigenen Wirtschaftsministerszur Kenntnis nehmen, der sich gerühmt hat, dass imJahresablauf 1998 auf 1999 in Bayern 51000 zusätzli-che Arbeitsplätze geschaffen worden sind.

(Zuruf von der CSU: Das stimmt ja auch!)

Und in der Bundesrepublik sind es rund 180000 gewe-sen. Das ist auch ein Zeichen der Qualität der Arbeit derBundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Auch der Mittelstand profitiert davon. Nehmen Sie bittezur Kenntnis, dass die Presse am 9. Mai Folgendesschrieb:

„Stimmung im Mittelstand bessert sich. DasGeschäftsklima in den mittelständischen Betriebenhat sich nach Angaben des Verbands für eine Kre-ditreform spürbar verbessert. Deutschlands Mittel-stand erweist sich als Kulturlokomotive“, sagt Kre-ditreform-Chef Helmut Rödel in Berlin bei der Vor-stellung der Frühjahrsumfrage des Verbandes.

Auch im Mittelstand herrscht Aufbruchstimmung dankder Politik der Bundesregierung und dank der Steuerre-form.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich tut es Ihnen weh, meine Damen und Herrenvon der CSU, wenn Sie gerade in Fragen der Wirt-schaftspolitik Ihre Kompetenz mittlerweile an uns Sozial-demokraten verloren haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Herr Piëch von VW sagt, uns gefällt nicht alles,aber wir treffen auf Sachverstand und den Mut zum Han-deln, dann ist das ein ausdrückliches Lob für die Bun-desregierung.

(Zurufe von der CSU)

Und es tut Ihnen natürlich weh, wenn Herr Wedeking vonPorsche, ein sehr erfolgreicher Unternehmer, meint, dasBonner Steuerpaket sei eine hervorragende Leistung.Das sollten Sie, meine Damen und Herren von der CSU,auch anerkennen, was hier Hervorragendes geleistetwird.

Auch die Zahl der Pleiten geht zurück, nicht zuletzt imMittelstand. Wir sind in einer Aufbruchstimmung; es gehtvorwärts. Sie sollten diese Situation nicht schlechtreden.

Herr Kollege Dinglreiter, wenn Sie erklären, es kommt zuspät und es ist zu wenig, dann muss ich Ihnen sagen, inder vorletzten Legislaturperiode, im Januar 1994, hat dieBundesregierung ein Paket zur Steuerreform angekün-digt. Im Herbst 1994 hat der Rat der Weisen eine Steu-erreform angemahnt. Sie haben bis Januar 1997gebraucht, um Ihre Petersberger Vorschläge vorzule-gen. Sie sind 1982 an die Regierung gekommen. 15Jahre haben Sie gebraucht, um ein Steuerpaket vorzule-gen. Heute machen Sie uns Vorwürfe, dass die Steuer-reform zu spät kommt.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Argument, das sei zu wenig, kann ich nur sagen,natürlich würden wir Sozialdemokraten den Bürgern

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2695

gern noch mehr Steuern nachlassen. Das ist klar; dasmacht jede Partei, auch Herr Möllemann mit seinen gro-ßen Sprüchen, er will die Steuer heruntersetzen.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Sprüngen oder Sprü-chen?)

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Schulden-stand während Ihrer Regierungszeit von 1982 bis 1998von 350 Milliarden DM auf 1,5 Billionen DM gestiegenist. Erst die jetzige Bundesregierung hat mit Herrn Eicheldie Weichen anders gestellt. Erst mit dem Sparpaketwurde es möglich gemacht, dass die größte Steuerre-form in der Geschichte der Bundesrepublik jetzt umge-setzt werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich noch zu einem Punkt Stellung nehmen,auf dem Sie immer wieder herumreiten. Sie müssen sichauf eine Argumentation einigen. Herr Dr. Bernhard, Siesagen, das Kapital werde eingesperrt, wenn man großenKapitalgesellschaften Steuerfreiheit bei Beteiligungsver-äußerungen gewähre. Der Finanzminister hat ein Kon-zept mit dem Titel „Die bessere Alternative“ vorgelegt.Und was steht drin? – Ich zitiere:

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die vorgeseheneSteuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen vonInlandsbeteiligungen deutscher Kapitalgesellschaf-ten zu begrüßen. Sie erleichtert die notwendigeUmstrukturierung deutscher Unternehmen.

Was wollen Sie eigentlich?

(Beifall bei der SPD)

Wird das Kapital eingesperrt oder der Mittelstand be-nachteiligt, oder wollen Sie, dass die Umstrukturierung inGang kommt?

Herr Präsident, ein letzter Satz sei mir gewährt. DerStandort Deutschland hat einen guten Ruf bekommen.Vor einigen Jahren wurden noch Hohn und Spott überden Standort Deutschland und die reformunwilligenDeutschen ausgeschüttet. Jetzt gibt es eine Aufbruch-stimmung. In der ganzen Welt wird der StandortDeutschland wieder gelobt, und zwar dank der Politik derBundesregierung und dank der Steuerreform, die wirausdrücklich begrüßen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Um das Wort hat Herr StaatsministerProf. Dr. Faltlhauser gebeten.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Herr Präsident, meine Damen und Herren! DieBundesrepublik Deutschland ist in der Debatte um eineSteuerreform in einer –

(Dr. Kaiser (SPD): Aufbruchstimmung!)

– besonders günstigen Situation.

(Beifall bei der SPD – Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hätte Ihr Vorgänger nicht sagenkönnen!)

Frau Kollegin, ich bitte Sie: Konzentrieren Sie sich aufdas Zuhören und nicht auf das Klopfen.

Seit 1949 hat es noch nie die Situation gegeben, dassdie Opposition mit einem durchgerechneten Gesamtkon-zept einen ausformulierten Gegenentwurf vorgelegt hat.Das ist für eine parlamentarische Demokratie der Ideal-zustand. Das ist eine besondere, hervorzuhebende Leis-tung der Opposition in Berlin.

(Zurufe von der SPD)

– Es wäre gut, wenn Sie auf der linken Seite dieses Hau-ses öfter in dieser Weise Beispiel gäben und konkreteAlternativen zu den Entwürfen der Regierungsfraktionvorlegten. Das ist leider meistens nicht der Fall.

(Beifall bei der CSU)

Deutschland braucht bei den Steuern eine deutliche Ent-lastung, eine Entlastung für alle und eine gerechte Steu-erentlastung. Die Vorgeschichte der Reform will ich aus-drücklich zur positiven Einschätzung erwähnen: Vor dem21. Dezember letzten Jahres hatten die Bundesregie-rung und der neue Finanzminister Eichel eine Vorstel-lung, die man als „Mickymaus-Konzept“ bezeichnenkönnte. Erst wegen des Drucks durch das Konzept derOpposition hat Herr Eichel seine Vorstellungen in Bezugauf die Größenordnung auf 44,5 Milliarden DM angeho-ben; heute sind es 45,5 Milliarden DM. Nebenbeibemerke ich, der Haupteinwand, den Herr Eichel täglichwiederholt, ist der, ein Steuerkonzept, wie es die Opposi-tion wolle, sei völlig unmöglich, denn das wäre eineSteuerreform auf Pump. Aber der Unterschied beträgtnach den jetzigen Vorstellungen des Bundestags genau5 Milliarden DM. Entscheiden diese 5 Milliarden DM tat-sächlich über die Frage der Seriosität oder Unseriosität,des Heiligenscheins oder der Sünde? – Das ist dochlächerlich.

Angesichts der Tatsache, dass der Bundesfinanzminis-ter in diesem Jahr noch die UMTS-Lizenzen versteigernlassen will und dadurch mit Sicherheit mehr als 100 Mil-liarden DM erwirtschaften wird, ist der Anstoß – ich sage:der Zwang – für den Bundesfinanzminister unausweich-lich geworden, die Bürger noch deutlicher zu entlasten.Er kann nicht horten. Meine Damen und Herren, damitSie mich nicht missverstehen: Ich will nicht Einmalerlösefür Dauerentlastungen verwenden. Aber die Entschei-dungsspielräume des Bundesfinanzministers sind grö-ßer geworden. Wenn Sie morgen die Zeitung aufschla-gen werden, werden Sie ein zusätzliches Argument fin-den. Heute Nachmittag wird das Ergebnis der Steuer-schätzung bekannt gegeben. Ich kenne es noch nicht,aber wir haben ebenfalls gerechnet. Nach der Steuer-schätzung wird der Bund deutliche Steuermehreinnah-men haben. Die Einnahmen der Länder werden stagnie-ren, wenn nicht sogar zurückgehen.

(Zuruf von der SPD)

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2696 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

– Das hat nichts mit guter Politik zu tun. Was soll dieserunqualifizierte Zwischenruf? Das hat vor allem mit dererhöhten Mineralölsteuer zu tun, die allein dem Bundzufließt.

Meine Damen und Herren, das heißt, dass der Bundesfi-nanzminister den Spielraum hat, auf das Konzept derUnion deutlich stärker einzugehen. Wenn man eine Ent-lastung zur Förderung der Wirtschaft und einen Anstoßzum Abbau der Arbeitslosigkeit haben will, hat es keinenWert, ein „Stotterkonzept“ vorzulegen, das seine Wirk-samkeit erst im Jahr 2005 entfaltet.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Entwurf derBundesregierung ist ungenügend und ungerecht. Ich willdas anhand einiger Beispiele belegen. Der Entwurf vonHerrn Eichel ist ungerecht für alle Steuerzahler. UnserKonzept sieht eine durchgehende Entlastung von 25%vor. Beim Entwurf von Herrn Eichel liegt der Spitzensteu-ersatz im Jahr 2005 bei 45%, und zwar bei einem Betragvon 98000 DM. Wenn heute jemand als Betriebswirt vonder Hochschule abgeht, beginnt er im Dienstleistungs-bereich üblicherweise mit einem Einkommen zwischen65000 DM und 75000 DM. Nach dem Konzept vonHerrn Eichel befindet sich dieser Hochschulabsolventnach wenigen Jahren mit seinem Einkommen im Bereichdes Spitzensteuersatzes, der ab 98000 DM greift. Dasheißt, wenn er zusätzlich 100 DM verdient, werden ihm45 DM aus der Tasche genommen. Bei uns wären es nur35 DM. Derjenige, der Leistung belohnen und Anstöße inunserer Gesellschaft geben will, muss unser Konzeptwählen und nicht das von Herrn Eichel.

(Beifall bei der CSU)

Eine weitere Ungerechtigkeit besteht zwischen Großund Klein. Das Konzept der Definitivbesteuerung beiKörperschaften bringt ungeheure Verkomplizierungenmit sich. Ich habe mich mit den Leitern der Finanzämterin den beiden OFD-Bezirken über die Verkomplizierung,die das Konzept von Herrn Eichel bedeutet, unterhalten.Diese Beamten haben aus ihrer Sachkenntnis und ihrerSorge heraus gesagt, es wird eine ungeheure Verkom-plizierung geben. Das bedeutet, die bayerischen Finanz-beamten, die Steuerberater und die Bürger müssen esausbaden, wenn ein derartiger Systemwechsel vorge-nommen wird. Was bedeutet dieser Systemwechsel kon-kret? – Die Großen werden mit 25% Körperschaftsteuerbelastet. Die Personenunternehmen – 85% aller Unter-nehmen, 6 Millionen insgesamt – werden in der Spitzemit einem Steuersatz von 45% benachteiligt.

Im Durchschnitt werden wir wahrscheinlich 10% ausei-nander sein.

Unser Ziel ist: Herunter mit dem Spitzensteuersatz beider Einkommensteuer. Denn dadurch würden wir unsvernünftigen Belastungsgrößenordnungen wenigstensannähern. Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund derDringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN auf Drucksache 14/3581. Denn in Punkt 2 wird dieStaatsregierung aufgefordert, im Bundesrat bei den zuerwartenden Verhandlungen im Vermittlungsausschussfolgende Kompromisslinie zu verfolgen – und dann imersten Spiegelstrich wörtlich –: „Annäherung der bisher

unterschiedlichen Steuerbelastung bei Veräußerungenzwischen Personenunternehmen und Kapitalgesell-schaften.“ Damit bestätigen die GRÜNEN im Bayeri-schen Landtag, in Berlin sind Sie Koalitionspartner derSPD, dass das Konzept der unterschiedlichen Behand-lung von Körperschaften und Personenunternehmenfalsch und korrekturbedürftig ist.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb frage ich die Unterzeichner Frau Kellner, HerrnDr. Runge und deren Fraktion: Warum habt ihr das dennnicht am Kabinettstisch in Berlin durchgesetzt? Warumwurde das in den langen Debatten des Finanzausschus-ses des Bundestages nicht korrigiert? Da habt ihr nurMillimeterkorrekturen durchgeführt und große Pressege-spräche veranstaltet. Was ihr hier aufführt, ist ein schein-heiliges Gefecht. Oben in Berlin hättet ihr die Chance zurKorrektur gehabt, nur konntet ihr euch wieder einmalnicht durchsetzen, und deshalb braucht ihr euch nicht zuwundern, dass ihr permanent Stimmen verliert.

Das ganze Konzept ist ungerecht; denn es ist ein Stotter-konzept.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Steuerentlastungen nur langfristig versprochenaber nicht durchgeführt werden, wenn wirkliche Entlas-tungen erst im Jahr 2005 kommen sollen, müssen dochzwischenzeitliche Lohnerhöhungen einkalkuliert werden.Eine jährliche Lohnerhöhung von 2,5% bis zum Jahr2005 unterstellt, ergibt für einen Angestellten, der6700 DM verdient und 75% tarifliches Weihnachtsgeldbekommt, eine Steuerbelastung von derzeit 23,8%. Beider Entlastung von Herrn Eichel zahlt dieser Angestellteim Jahr 2005, zwischenzeitliche Lohnsteigerungen ein-gerechnet, aber mehr Steuern, nämlich 24,1%. Folglichführt das Stotterkonzept im Jahr 2005 nicht zu einer Ent-lastung, sondern zu einer steuerlichen Mehrbelastung.So etwas nenne ich Betrug am Steuerbürger, meineDamen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD undbeim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was den Anteilsverkauf betrifft, beantragt die Fraktiondes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, wir sollten nichtnur das Optionsmodell infrage stellen, das mit den Stim-men ebendieser GRÜNEN im Bundestag geradebeschlossen wird, sondern auch die unterschiedlicheSteuerbelastung bei Veräußerungen zwischen Perso-nenunternehmen und Kapitalgesellschaften einer kriti-schen Würdigung unterziehen. Wir tun das, mehr noch:Ich habe gemeinsam mit Herrn Merz ein Konzept entwi-ckelt, wie alle von Verkäufen betroffenen Unternehmenentlastet werden könnten. Ihr Zitat, Herr Kollege Dr. Kai-ser, war richtig. Wir wollen eine Flexibilisierung bei Ver-käufen von Unternehmensanteilen. Es geht aber nichtan, dies nur auf Körperschaften zu beschränken, wäh-rend bei Personenunternehmen die Rahmenbedingun-gen des Verkaufs drastisch verschlechtert werden. Eskann doch nicht sein, dass ein Bauunternehmer, der voneinem Unternehmen zum anderen – beide gehören ihm

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2697

– ein Grundstück überträgt, stille Reserven mobilisierenund versteuern muss, obwohl überhaupt kein Geldgeflossen ist. Das ist unter anderem ein Ergebnis einerRegelung, die von der Bundesregierung vor einem Drei-vierteljahr gegen den Mittelstand getroffen worden ist.

Doch damit nicht genug. Künftig sollen die Veräuße-rungsgewinne großer Kapitalgesellschaften steuerfreisein. In meinen Augen ist das erstens hinausgeschmis-senes Geld und zweitens ungerecht. Deshalb sollten Sieunser Konzept übernehmen.

(Beifall bei der CSU)

Jenseits des Konzepts und der Regelung, die gegenwär-tig im Bundestag debattiert und beschlossen wird, gibtes eine Fülle von Ungerechtigkeiten in der Steuerpolitikder Bundesregierung. Das seit wenigen Tagen auf demTisch liegende Erbschaftssteuerkonzept, das man bis zuden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen vergrabenhatte, wird dazu führen, dass viele Landwirte vor derExistenzvernichtung stehen. Alle schlimmen Befürchtun-gen, die wir hatten, stehen in diesem Konzept, und dasist ein Skandal.

(Beifall bei der CSU)

Auch bei der Umstellung des Euro wird abgezockt, wasich bei der Finanzministerkonferenz ausdrücklich ge-brandmarkt habe, den SPD-Kollegen aber unterlegenbin. Es kann doch nicht sein, dass bei der Erbschafts-und Schenkungsteuer durchgehend 2 zu 1 umgestelltwird. Denn das bedeutete, dass bei einem steuerpflichti-gen Erwerb von zum Beispiel 100000 DM eine zusätzli-che Belastung von 1100 DM eintritt. Meiner Meinungnach muss sehr nahe an den tatsächlichen Umstellungs-verhältnissen umgerechnet werden. Es ist ein Skandal,dass der Fiskus nach Vorstellung der SPD bei derUmstellung von D-Mark auf Euro abzocken will. Wirmüssen für den Euro werben. So macht man ihn abersystematisch kaputt.

Insbesondere den GRÜNEN möchte ich am Schlussmeiner Ausführungen Folgendes sagen: Der Vermitt-lungsausschuss wird nicht leicht für Herrn Eichel. Wenner meint, er könnte die Opposition nach dem Motto „Frissoder stirb“ an die Wand spielen, täuscht er sich. EinenKompromiss um jeden Preis wird es nicht geben.Wesentlich ist für uns, dass der Spitzensteuersatzgesenkt und der Betrag, ab dem er greift, niedriger wird,das heißt, die Einkommensteuerkurve muss flacher wer-den, damit alle, auch die mittleren Einkommen, entlastetwerden.

Es geht nicht nur um die Spitzenverdiener, sondern umden gesamten Mittelstand. Ein Kompromiss muss auchdie Benachteiligung des Mittelstandes durch die unter-schiedliche Behandlung von Kapitalgesellschaften undPersonenunternehmen beseitigen. Sonst wird es vonuns keine Zustimmung geben, was für Deutschland dra-matisch wäre. Flexibilität bei Veräußerungen darf nichtnur für Körperschaften, sondern muss für alle Unterneh-men gelten. Ich hoffe, dass die Bundesregierung vonihrem hohen Ross heruntersteigt und mit Vernunft und

Beweglichkeit einen Weg sucht, auf dem ein vernünftigerSteuerkompromiss erreicht werden kann.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Der Beitrag hat sich nicht an dieZehn-Minuten-Grenze gehalten. Als nächstem Rednererteile ich Herrn Dr. Söder das Wort.

Dr. Söder (CSU): Herr Präsident! Steuerpolitik ist einBestandteil der Wirtschaftspolitik, und die Ausführungendes Finanzministers haben deutlich gemacht, dass IhreSteuerpolitik trotz vieler Lippenbekenntnisse ein Kahl-schlag gegen den Mittelstand in Bayern und darüberhinaus ist.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits ihre ersten Entwürfe haben gezeigt, dass Siesich ausschließlich am Großkapital orientieren und aufdas Lob von Analysten und Großkapitalisten hoffen. Die-sen Fehler versuchen Sie nun mit Taschenspielertricksbei Mittelstandsoffensiven auszugleichen. Das werdenwir Ihnen aber nicht durchgehen lassen. Das können Sievergessen.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwar heißt es von Ihrer Seite: „Wir wollen den Mittel-stand fördern und bekennen uns zu ihm“, wenn manaber knallhart nachrechnet, zeigt sich, dass der Mittel-stand durch Ihre Reform massivst belastet wird. Das istin einigen Redebeiträgen schon sehr deutlich herausge-arbeitet worden. Ihr Reformwerk ist in vielen Punktenungenügend. Der Verband der Steuerberater sagt, eswerde viele Schlupflöcher geben, derentwegen hartarbeitende Mittelständler viele Nachteile haben, anderedagegen mit Tricksereien zum Erfolg kommen dürften.

Das darf nicht passieren. Selbst die Länderfinanzminis-ter sagen, dass Ihre Reformvorschläge in einigen Berei-chen erhebliche Probleme brächten. Der Antrag derGRÜNEN zeigt das sehr deutlich.

Im Gegensatz zu dem, was Sie vorlegen, muss man dieGesamtrechnung machen. Das ist entscheidend. WasSie versuchen auf der einen Seite zu geben, nehmen Sieauf der anderen Seite. Das ist Steuertrickserei. BeispielErbschaftssteuer: Zwar wird ein Vorschlag für eine Steu-erreform gemacht, aber hintenrum versucht man auf lei-sen Sohlen die Erbschaftssteuer auf den Plan zu brin-gen. Die „Neidsteuer“ ist ein uraltes steuerpolitischesIdeologiethema. Die „Neidsteuer“ einzubringen und denMittelstand zu belasten ist kein Ansatz, den Mittelstandzu fördern. Gerade beim Mittelstand ist die klare Tren-nung vom Betriebs- und Privatvermögen so nicht mög-lich. Deswegen belasten Pläne zur Erhöhung der Erb-schaftssteuer den Mittelstand. Sie belasten mit solchenmassiven Tricksereien den Mittelstand und gehen letzt-lich an die Substanz. Wir sagen: Es kann nicht sein, dassman sich auf der einen Seite in einigen Wirtschaftszei-tungen dafür feiern lässt, dass man etwas für das Groß-

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kapital tut, aber den Mittelstand und die jungen Unter-nehmer, die in schwierigen Zeiten versuchen ihren Wegzu gehen, belastet.

Beispiel 2, die Ökosteuer: Es ist klar geworden, was manauf der einen Seite zu geben versucht, wird auf deranderen Seite massiv genommen. Pfennigbeträge wer-den gegeben, große Geldbeträge genommen. Die Erhö-hung der Ökosteuer schlägt allein im Jahr 2000 mit17,4 Milliarden DM durch. Die Ökosteuer ist nach wie vordas mittelstandsfeindliche Problem Nummer 1. EinigeGroße werden ausgenommen. Der Kernbestandteil desMittelstandes wird durch die Erhöhung der Energie-steuer ganz massiv belastet. Für den Mittelstand ist dieEnergiesteuer ein deutlicher Kostenfaktor. Er ist aufTransportentwicklungen angewiesen. Stückpreise spie-len eine enorme Rolle. Außerdem sind Sie nicht in derLage, die Ökosteuer in Verkehrsinfrastruktur umzuset-zen – in Bayern bräuchten wir das dringend. Das zeigt,dass Sie es mit dem Mittelstand nicht ernst meinen.

Ein Weiteres betrifft den Kernbestandteil der Politik vonSozialdemokraten. Sie haben das in Nordrhein-Westfa-len gemerkt. Das schlechteste Ergebnis seit 40 Jahrenzeigt, dass sich die Abwendung von den sozialen Pro-blemen der Menschen letztendlich auch bei Ihnenbemerkbar macht. Allein das Lob des Porsche-Chefs,der die Idee von Eichel Klasse fand, müsste Ihnen zudenken geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von derSPD)

Die Ökosteuer bringt nichts. Sie löst die Rentenproblemenicht. Sie belastet den Mittelstand. Sie belastet Arbeits-lose, Rentner und Sozialhilfeempfänger. Ein durch-schnittlicher Rentnerhaushalt zahlt 400 DM mehr. DiePendler sind massiv betroffen.

All das zeigt, meine Damen und Herren, dass IhrReformkonzept auf den ersten Blick Charme hat, aberwenn man alles zusammen nimmt und genau ausrech-net – Steuerpolitik ist nicht nur das eine –, wird deutlich,dass Sie versuchen, in massiver Weise zu tricksen unddie Leute an der Nase herumzuführen. Wir lassen dasnicht durchgehen. Wir wenden uns dagegen. Bayern hateinen eigenen Vorschlag gemacht, der auch das Lob derExperten und weit darüber hinaus gefunden hat, der fürdie verschiedenen Bereiche wie den Mittelstand und dieSozialpolitik absolut gerechtfertigt ist und der ein guterMotor für die Wirtschaftsbereiche und nicht nur für einigewenige ist, die sich durch Dividenden an den Schwäche-ren stärken wollen. Wir sagen ganz klar: Wir braucheneine Reform und lehnen deshalb große Teile Ihres Vor-schlags ab.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Als Nächster hat Herr Kollege Dr.Scholz das Wort.

Dr. Scholz (SPD): Herr Präsident, meine Damen undHerren, liebe Kolleginnen und Kollegen Vorredner! Kolle-ginnen und Kollegen von der CSU, Sie treiben mit dem

Mittelstand und dem Handwerk – so habe ich den Ein-druck – ein recht perfides Spiel. Ich weiß nicht, wie langees sich die mittelständischen Unternehmer und dasHandwerk von den CSU-Funktionären noch gefallen las-sen – wie Herr Traublinger das macht –, dauernd ein Xfür ein U vorgemacht zu bekommen. Seit eineinhalb Jah-ren werden die Reformgesetze schlechtgeredet, die demMittelstand und dem Handwerk nützen, wie zum Beispieldas Gesetz zur Beschleunigung von Zahlungen, dasdem Mittelstand und dem Handwerk ganz elementardient.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Was kommt von dem Obersprecher der Handwerker? –Zu spät, nicht ausreichend; dabei haben Sie zuvor nichtsgemacht.

Die Reduzierung der Sozialabgaben war eine Hauptfor-derung des Handwerks. Die Auswirkungen der Öko-steuer, nämlich die Reduzierung der Sozialversiche-rungsausgaben, ist mittelstandsfreundlich und viel wich-tiger als manch andere Sache, die in diesem Zusam-menhang diskutiert wird. Bei allen unseren Gesprächenmit dem Handwerk, was das Dringendste und Wichtigstesei, kam immer die Reduzierung der Sozialabgaben,weil die Arbeit zu teuer sei, während in anderen Berei-chen die Verdienstmöglichkeiten besser seien. Dashaben wir getan.

Auch das neue 630-Mark-Gesetz hat zur Wettbewerb-sentzerrung geführt. In vielen Branchen sind Vollarbeits-plätze geschaffen worden, und auch das Ausbilden istwieder vernünftig. Die Maßnahmen, die die Bundesre-gierung mit dem Sofortprogramm „100000 Jobs fürJunge“ geschaffen hat für die Arbeitsbeschaffung fürjunge Menschen, haben ebenfalls dem Mittelstand unddem Handwerk in besonderer Weise gedient, weil dortdie jungen Leute einbezogen werden und die Chancezur Ausbildung geliefert wird.

Meine Damen und Herren, die Programme für die alter-nativen Energien – wie zum Beispiel das Solardächer-programm, das sehr schnell ausgebucht war – sindChancen für das Handwerk. Das alles wird von Ihnenmadig geredet.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt führen Sie zur Steuerreform einen „Eiertanz“ auf.Wenn man den ersten Teil der Steuerreform einbezieht,sieht die Bilanz so aus, dass die Großen, wie die Versi-cherungswirtschaft oder die Energiewirtschaft mehr zah-len und die kleinen und mittleren Unternehmen in beidenSteuerreformgesetzen erheblich entlastet werden.

Nun bringen Sie die Geschichte mit der Differenz von20%, zwischen 25% und 45%. Wegen 20% Differenzschreien Sie „Skandal, Katastrophe“. In den zehn The-sen des Ministers Faltlhauser ist zu lesen, dass dasBelastungsgefälle von 20 Prozentpunkten eine durchnichts gerechtfertigte große Benachteiligung für den Mit-telstand sei. So dumm können Sie und Ihre Kollegendoch gar nicht sein, dass Sie meinen, dem Handwerk

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2699

einen solchen Unsinn anbieten zu können. Das ist nieund nimmer eine solide und einigermaßen vernünftigeArgumentation. Das merkt man am deutlichsten, wennman das Optionsmodell diskutiert. Wir haben das in vie-len Veranstaltungen mit Wirtschaftsminister Müller mitdem Mittelstand und dem Handwerk diskutiert. Es zeigtsich, dass die Entscheidung nicht einfach ist, weil dieAuswirkungen ziemlich nahe beieinander liegen. Vonwegen 20%. Es ist ausgesprochener Unsinn, so zuargumentieren, und darin steckt eine gewisse Perfidie.Meine Damen und Herren, mit dieser Argumentationkommen Sie nicht weiter.

Ich möchte auf eine These von Herrn Faltlhauser einge-hen. Er sagte, der Gedanke, nur im Unternehmen ver-bleibende Unternehmenseinkünfte zu begünstigen,zeige ein falsches Verständnis von gerechter Besteue-rung.

Präsident Böhm: Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Dr.Scholz.

Dr. Scholz (SPD) Ich will wenigstens diesen Gedankenzu Ende bringen.

Genau das dient dem Mittelstand, weil die Unternehmer,die sich entscheiden, ihr Geld im Unternehmen zu las-sen, wissen, was sie tun. Das sichert die Arbeitsplätze.Das soll mit dieser Reform erreicht werden.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Als nächste Rednerin hat Frau Kolle-gin Kellner das Wort.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, Kolleginnen und Kollegen! Herr StaatsministerProf. Dr. Faltlhauser, das CSU-Konzept ist nicht akzepta-bel, da es auf Pump finanziert wird. Lassen Sie mich auseinem Kommentar der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren:

Es ist ein in der Praxis widerlegter Unsinn, dass derStaat nur kräftig die Steuersätze senken muss undam Ende einfach mehr in seinen Kassen hat.

(Zuruf von der CSU: Amerika!)

Im Schuldenstaat Bundesrepublik, den die rot-grüneKoalition von Ihnen geerbt hat, wäre ein Steuersen-kungsprogramm auf Pump ein Hokuspokus-Programm,das unverantwortlich wäre.

Nicht nur die Bundesrepublik Deutschland ist heute inder glücklichen Lage, vor dem Hintergrund der Steuer-schätzung finanzielle Spielräume zu gewinnen. Als Sie,Herr Staatsminister, noch in Bonn waren, mussten Haus-haltslöcher gestopft werden, und Ihre Vorgänger muss-ten Haushaltssicherungsprogramme vorlegen und neueSperren veranlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben behauptet, die Opposition im BayerischenLandtag könne nur meckern und bringe keine ordentli-che Gegenkonzepte zustande. In diesem Zusammen-hang möchte ich auf das Erziehungs- und Unterrichtsge-setz verweisen. Wir haben einen astreinen Gegenent-wurf zu Ihrem Gesetz eingereicht, das Sie außerdemnoch verspätet vorgelegt haben.

Sie wissen als Finanzminister, dass es in der Finanzpoli-tik zwei Grundsätze gibt. Man kann nur das verteilen,was vorhanden ist. Ich frage mich, wie Sie zu dem Vor-schlag einer Entlastung um 52 Milliarden DM kommen,für die Sie keine Gegenfinanzierung haben. Damitmachen Sie die Anstrengungen der rot-grünen Koalitionin Berlin, die mit der Steuersenkung um 45 Milliarden DMalles tut, was möglich ist, madig.

Sie wissen genau, dass es in der Steuerpolitik nicht aufSymbole wie den Spitzensteuersatz ankommt. Entschei-dend ist, was am Ende die Bürgerinnen und Bürger unddie Unternehmer und Unternehmerinnen im Geldbeutelhaben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie selbst argumentieren damit, dass die Bezieher vonunteren und mittleren Einkommen durch diese Steuerre-form entlastet werden. Sie nehmen die Steuerreformsogar zum Anlass, die Abschaffung der Ballungsraum-zulage zu begründen. Ich habe die Vorlage gesehen, inder Sie ausrechnen ließen, dass ein neunundvierzigjäh-riger Polizeibeamter in der Besoldungsgruppe A 10, derverheiratet ist und zwei Kinder hat, durch dieses Steuer-änderungsgesetz von Rot-Grün 101,30 DM mehr zurVerfügung hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

So können Sie mit uns nicht umgehen. Das ist in höchs-tem Maße scheinheilig. Als unverschämt empfinde ich,dass Sie 16 Jahre lang das Land heruntergewirtschaftethaben und jetzt – –

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufevon der CSU)

– Wer hat denn 16 Jahre regiert? Dass waren doch nichtwir. Sie haben ein Steuerloch nach dem anderen präsen-tiert, heute aber wollen Sie der Bundesregierung einSteuersenkungskonzept auf Pump aufzwingen unddamit den Konsolidierungskurs unterminieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So nicht, meine Damen und Herren. Die Landtagsfrak-tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bringt auf Bun-desebene Vorschläge zur Entlastung des Mittelstandesein. Unsere ehemalige Landtagskollegin ChristineScheel kennt die Situation des Mittelstandes in Bayernsehr gut. Natürlich sind die einzelnen Bundesländer unddie Regierungsfraktion in Berlin aufgefordert, Vorschlägeeinzubringen. Wir tun dies auch. Wir sehen dem Vermitt-lungsausschuss mit großer Gelassenheit entgegen undsind der festen Überzeugung, dass am Ende ein gutes

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2700 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Konzept herauskommt, das den Mittelstand gerade inBayern nach vorne bringt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat Herr KollegeKupka das Wort.

Kupka (CSU): Herr Präsident, verehrte Kolleginnen undKollegen! Der Bundesfinanzminister wird vielfach alsschlauer Fuchs angesehen.

(Zuruf von der SPD: Das ist er auch!)

– Das freut Sie natürlich, aber lassen Sie mich ausreden,bevor Sie mir Recht geben. Die Schlauheit des Fuchsesberuht primär auf der Vergesslichkeit der Hühner. Wirhaben nicht vergessen, was in der Vergangenheit pas-siert ist.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Ich denke dabei anIhre Untaten!)

Die Steuerreform von Lafontaine belastet die Betriebemit 8 Milliarden bis 10 Milliarden DM. Davon war heuteüberhaupt nicht die Rede.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Herr Kollege Dr.Scholz hat davon gesprochen!)

Durch die Öko-Steuer kommt eine weitere Belastung inHöhe von mehr als 30 Milliarden DM auf die Bürger unddie Wirtschaft zu. Mit der vorliegenden Reform machenSie es nicht viel anders. Es kann nicht oft genug betontwerden, dass Sie massiv Klein- und Mittelbetriebegegenüber den großen Kapitalgesellschaften benachtei-ligen. Die Effekte der Reform werden durch Gegenfinan-zierungen wieder ausgeglichen. Eichels Trick bestehtdarin, dass Entlastungen aus der Reform von 1999 bis2002 in seinem Konzept berücksichtigt werden, bereitsbeschlossene Belastungen aber nicht auftauchen.

Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie haben erklärt, der Mittel-stand sei auf dem besten Wege und erziele gute Ergeb-nisse. Das ist mit der Situation eines Kranken vergleich-bar, der aufgrund seiner persönlichen Widerstandskraftdas Fieber von 41 Grad auf 39 Grad gesenkt hat. Er istimmer noch krank, die Medikamente liegen auf demNachttisch, sie werden ihm aber nicht gereicht. Das darfnicht sein.

Sie haben uns seinerzeit nicht die Chance gegeben,eine richtige Struktur- und Steuerreform durchzuführen.Wir hingegen geben Ihnen jetzt die Chance. Nutzen Siesie, und bleiben Sie nicht auf halbem Wege stehen.

(Beifall bei der CSU)

Die Absenkung der Körperschaftsteuer ist richtig, aber inder vorgesehenen Form nützt sie in erster Linie nur dengroßen Kapitalgesellschaften. Wenn der Spitzensteuer-satz bei 45% bleibt, kommt es zu einer eklatantenBenachteiligung der von Eigentümern geführten Be-triebe und Personengesellschaften. Der Verkauf von

Beteiligungen an Aktiengesellschaften, der steuerfrei seisoll, mag für Umstrukturierungen durchaus richtig sein;aber das Optionsrecht, das Sie Personengesellschaftenund kleinen Betrieben anbieten, bringt überhaupt nichts.

Sie müssen sich in die Lage eines Inhabers eines klei-nen Betriebes versetzen, der sein Unternehmen verer-ben will. Steuerfreibeträge fallen weg. Die Veranlagungerfolgt nicht nach dem Buchwert, sondern nach demErtragswert. Das Ergebnis ist, dass die Erbschaftssteuerfünfmal höher ist, als das bei Kapitalgesellschaften derFall wäre. Das muss man sich einmal vor Augen führen.Zusätzlich schwebt das Damoklesschwert der Erb-schaftssteuererhöhung über den kleinen und mittlerenBetrieben. Man kann sich vorstellen, was das für denMittelstand bedeutet.

Unsere Forderungen lauten deshalb klar und eindeutig:Am Ende einer Reform muss ein Einkommensteuerspit-zensatz von 35% stehen, weil sonst die stimulierendeWirkung ausbleibt. Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie dürfennicht übersehen, dass die Reform auf viele Jahre ange-legt ist. Was Sie anbieten, wird im Laufe der Jahre alleinschon aufgrund der Tariferhöhungen aufgefangen. Siebieten überhaupt nichts an. Die 45 Milliarden DM Netto-entlastung, die Sie anbieten, werden durch ein Vielfa-ches dessen, was an Steuermehreinnahmen auch auf-grund der anspringenden Konjunktur zu erwarten ist,überholt werden.

Sie entlasten den Bürger nicht, sie nehmen ihm nurweniger weg.

Zweitens. Die Diskriminierung des Mittelstandes mussbeseitigt werden. Auch Kleinbetriebe dürfen bei Tausch,Verkauf, Fusion oder Umstrukturierung nicht benachtei-ligt werden. Es muss eine echte Entlastung geben undnicht nur ein Hin- und Hergeschiebe.

Meine Damen und Herren von der Opposition, machenSie endlich Frieden mit dem Mittelstand. Im Herzen ste-hen dem Bundeskanzler und der SPD die Großbetriebemit ihren mächtigen Gewerkschaften eben viel näher alsdie Kleinbetriebe und die Mittelständler. Der Mittelstandaber trägt die höchste Steuerlast, das höchste Risikound daneben schafft er die meisten Ausbildungs- undArbeitsplätze. Das haben wir zu berücksichtigen, unddeshalb werden wir den Mittelstand nicht vernachlässi-gen.

Sie haben jetzt, wie ich schon sagte, eine große Chance,die wir nicht hatten. Wenn Sie diese Chance nicht nut-zen, dann können Sie sich nicht darauf berufen, dass Sieimmerhin einige richtige Schritte gemacht haben. Siekönnen dann nur sagen: „Wir sind auf halbem Wege ste-hen geblieben.“ Sie könnten jetzt wirklich eine Reformdurchführen, die diesen Namen auch verdient, und zudieser Reform gehören die Bürgerinnen und Bürger,aber auch die Klein- und Mittelbetriebe. Diese Klein- undMittelbetriebe haben Sie aber völlig unberücksichtigtgelassen. Ich hoffe, dass wir im Vermittlungsausschussnoch Mittel und Wege finden werden, um auch hier Ver-besserungen herbeizuführen.

(Beifall bei der CSU)

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2701

Präsident Böhm: Das Wort hat noch einmal Kollege Dr.Kaiser.

Dr. Kaiser (SPD): Herr Präsident, meine Damen undHerren! Alle Redner der CSU wie auch der Finanzminis-ter haben die massive Benachteiligung der kleinen undmittleren Betriebe gegenüber den Großunternehmenbeklagt. Herr Kollege Kupka hat sich sogar gerade zuder Forderung verstiegen, wir sollten endlich mit demMittelstand Frieden schließen. Meine Damen und Herrenvon der CSU, ich darf Sie um eines bitten: Machen Sieendlich Schluss mit Ihrer unseligen Neidkampagne imHinblick auf die Steuerreform.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Sehr gut! – Beifall beider SPD – Lachen bei der CSU)

Sie fahren eine Neidkampagne im Stile der PDS.

(Dr. Bernhard (CSU): Wer ist für die Zustände ver-antwortlich?)

Die Position links von der SPD ist durch die PDS bereitsbesetzt. Diesen Platz der Opposition müssen doch nichtSie ausfüllen und diese Neidkampagne durchführen.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Herr Kollege Kupka, nehmen Sie doch bitte zur Kennt-nis, dass die erste Stufe der Steuerreform – das warnoch unter Finanzminister Lafontaine – die Mittelständlernicht um 8 bis 10 Milliarden DM belastete, sondern um5,5 Milliarden entlastete. Ich verweise auf eine Meldungder „FAZ“ vom 16.03.1999.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Aber die Großbe-triebe sind belastet worden!)

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie beklagenständig die Benachteiligung des Mittelstandes. KollegeDr. Scholz hat schon darauf hingewiesen, und ich darfSie noch einmal daran erinnern: Die Handwerksbetriebeund der Mittelstand leiden vor allem darunter, dass dieLohnzusatzkosten ständig angestiegen sind. Von 1982bis 1998 – während Ihrer Regierungszeit – ist derGesamtbeitrag zu den sozialen Sicherungssystemenvon 34% auf den Rekordstand von 42% angestiegen.Das hat dem Mittelstand wehgetan und nicht die Schi-märe „Benachteiligung des Mittelstands durch die jetzigeSteuerreform“.

Von 1992 bis 1998 ist allein der Rentenversicherungs-beitrag allein von 17,5% auf 20,3% angestiegen. Erstdurch die Ökosteuerreform ist eine Kehrtwende einge-treten. Genauso verhält es sich mit den Steuerbelastun-gen. Wenn Sie die Benachteiligung des Mittelstandesschon so sehr beklagen, warum greifen Sie dann dasOptionsmodell an? Wenn es stimmt, was Sie sagen,dann müsste doch gerade das Optionsmodell für denMittelstand eine Chance sein. Dann müssten doch dieVorteile der Kapitalgesellschaften in Anspruch genom-men werden. Sie dürften das Optionsmodell dann nichtderart angreifen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme nun zu Ihrer Argumentation im Hinblick aufdie Großunternehmen, Herr Finanzminister. Wenn ich andie Debatten im Bayerischen Landtag denke, dann wun-dere ich mich über diese Argumente schon. Ich erinnerean den Verkauf der Dasa-Anteile und den zuvor stattge-fundenen Tausch der LWS-Anteile bei der LfA. Ich erin-nere an die Zusammenführung von Viag und Bayern-werke und an die Fusion der Hypo- mit der Vereinsbank.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Wo waren die Steu-ern?)

Als wir die bayerische Steuerpolitik und die Steuerfrei-heit bei diesen Fusionen kritisiert haben – ich verweiseauch auf das Tauschgutachten des Bundesfinanzho-fes –, da haben Sie immer gesagt: „Es werden zwar stilleReserven aufgelöst, die bleiben aber im Unternehmen.“Von diesen Argumenten wollen Sie jetzt offensichtlichnichts mehr wissen.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Sehr richtig!)

Entweder war Ihre damalige Argumentation falsch, oderSie sind so scheinheilig und erkennen jetzt die Politik derBundesregierung nicht an.

(Zurufe von Abgeordneten der CSU)

Bitte nehmen sie zur Kenntnis, ich wende mich hier auchan Herrn Kollegen Dr. Söder: Es wurde jahrelangbeklagt, dass die internationalen Kapitalmärkte um dieBundesrepublik einen großen Bogen gemacht haben.Jetzt aber beklagen Sie, dass die großen Kapitalgesell-schaften angeblich bevorzugt würden.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Das Sein bestimmtdas Bewusstsein!)

Ich habe bereits vorhin aus einem „Spiegel“-Artikelzitiert. Dort heißt es auch:

Für den Standort Deutschland hatte das „Wall-Street-Journal“ in der Vergangenheit nur einesübrig: Hohn, Spott und Häme. Lustvoll lästerte dasFachblatt der internationalen Finanzwelt über dieDeutschen. Seit dem 21. Dezember 1999, jenemTag, als Gerhard Schröder und Hans Eichel ihregroße Steuerreform präsentierten, ist alles anders.Plötzlich hat die Wirtschaftszeitung in Deutschlandeinen „Big Bang“ ausgemacht. Auch das US-Wirt-schaftsmagazin „Forbes“ berichtet über gewaltigeVeränderungen in „good old Germany“ und „Busi-ness Week“ erklärte den Kanzler gar zum Titelhel-den. Schröder sei der beste Freund der Wirtschaft.

Was wollen Sie eigentlich mehr, meine Damen und Her-ren von der CSU? Sie haben eine Bundesregierung, dieder Freund der Wirtschaft ist. Das tut der Wirtschaft gut,das tut den Arbeitsplätzen gut, und das merkt man auchan der Zahl der Arbeitslosen. Ich meine deshalb, Siesollten mit dieser Kampagne Schluss machen und imBundesrat, wenn es zu den Verhandlungen kommt, einevernünftige Politik betreiben.

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2702 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Noch eine letzte Anmerkung zu den Mobilfunklizenzen,Herr Finanzminister. Sie wollen die eingehenden Einmal-beträge für dauerhafte Steuersenkungen ausgeben. Wirhingegen wollen einen Abbau der Schulden, und ausden eingesparten Zinsen wollen wir Spielraum fürzusätzliche Investitionen gewinnen. Wir meinen deshalb,die heutige Debatte hat vor allem eines gezeigt: Sie sindeindeutig in der Defensive. Die Steuerreform der Bun-desregierung ist ein großer Wurf, und sie bleibt ein gro-ßer Wurf, und Sie können das nicht madig reden.

(Beifall bei der SPD – Leeb (CSU): Das glauben siedoch selbst nicht!)

Präsident Böhm: Das Wort hat Herr Kollege Dr. Bern-hard.

Dr. Bernhard (CSU): Ich glaube, am Ende der Debattesollten wir zum Kern des Themas kommen. Sie habenein Steuerkonzept vorgelegt, und wir haben gesagt:„Wenn Sie sich nicht bewegen, werden wir diesem Steu-erkonzept im Bundesrat nicht zustimmen“. Was dieGRÜNEN zumindest teilweise gemacht haben, ist hierhilfreicher. Die GRÜNEN haben die Punkte, bei denenunbestreitbar eine Benachteiligung des Mittelstandesvorliegt – die GRÜNEN haben diese Benachteiligung imGegensatz zu Ihnen erkannt – herausgenommen undwollen sich darüber verständigen. Es wäre gut gewesen,wenn Sie erklärt hätten, was Sie hier tun wollen.

Was ist denn aus Ihrer Sicht mit dem Optionsmodell?Dieses Modell ist ordnungspolitisch falsch, weil Sie diePersonengesellschaften in die Form der juristischen Per-son zwängen, das wurde bereits gesagt. Vor allem aberhaben diese Betriebe eine mehrfach höhere Erbschafts-steuer zu bezahlen, und das ist die schwerwiegendsteBenachteiligung. Das ist der entscheidende Punkt undnicht die Frage, ob die Betriebe zwischen der Körper-schaftsteuer und der Einkommensteuer wählen. Es gehtdarum, dass diese Betriebe am Ende sehr viel mehr Erb-schaftssteuer bezahlen.

Was den Verkauf von Beteiligungen anbelangt, so habenwir keinesfalls gesagt, dass es nicht sinnvoll wäre, die-sen Verkauf steuerlich zu erleichtern, um Kapital inBewegung zu bringen. Darauf habe ich vorhin schon hin-gewiesen. Es geht aber nicht, dass man dies der Indus-trie zubilligt, dem Mittelstand hingegen verwehrt unddann auch noch den halben Durchschnittssteuersatzbeseitigt. Das ist mittelstandsfeindlich, und dazu solltenSie sich erklären.

(Beifall bei der CSU)

Das Gleiche gilt für den Spitzensteuersatz. Ich sage esnoch einmal: Bei den Leistungsträgern im Mittelstandgeht es nicht darum, ob der Eingangssteuersatz abge-senkt wird, das ist lächerlich. Was haben Sie eigentlichfür eine Vorstellung vom Mittelstand? Dazu hätten Siesich erklären müssen! Hier könnten Sie einen Schritt aufdie Union zugehen mit dem Ziel, dass wir uns irgendwodazwischen treffen.

Was die Erbschaftssteuer anbelangt, so gehen Sie damitwie mit einer Zange an den Mittelstand heran. Das ist einganz entscheidender Punkt.

(Beifall bei der CSU)

Das gilt für die Erbschaftssteuer und für die Ertragsteuer.Gleichzeitig behaupten Sie, Sie seien mittelstands-freundlich. Darüber lacht doch der Mittelstand.

Ich bin wirklich amüsiert darüber, dass Sie uns jetzt eineNeidkampagne vorwerfen, nachdem Sie 20 Jahre langnichts anderes gemacht haben, als von ungerechterUmverteilung in Deutschland zu sprechen.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann nur noch einmal sagen: Wenn Sie etwas für denStandort Deutschland tun wollen, bewegen Sie sich. DieGRÜNEN haben bereits begonnen, sich zu bewegen.Die SPD bewegt sich nicht. Das ist traurig.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Ichlasse jetzt noch über die mitberatenen Dringlichkeitsan-träge abstimmen.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag derCSU-Fraktion auf der Drucksache 14/3567 abstimmen.Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte,den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktionder CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Frak-tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthal-tung des Herrn Kollegen Hartenstein. Damit ist derDringlichkeitsantrag angenommen.

Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/3571 abstimmen. Wer die-sem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ichum das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kol-lege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist dieCSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehekeine. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den nachgezo-genen Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/3581. Werdiesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ichum das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kol-lege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist dieFraktion der CSU. GIbt es Stimmenthaltungen? – DreiStimmenthaltungen aus der Fraktion der SPD. Damit istder Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2703

Tagesordnungspunkt 2 a

Gesetzentwurf der Staatsregierung

über die Vergabe von Bauaufträgen im Freistaat Bay-ern (Bayerisches Bauaufträge-Vergabegesetz)(Drucksache 14/3498)

– Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierungbegründet. Das Wort hat Herr Staatssekretär Regens-burger.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ichdarf kurz den Gesetzentwurf der Staatsregierungbegründen. Bereits im Juli 1996 hat die BayerischeStaatsregierung wegen des zunehmenden Einsatzesvon Billiglohnarbeitskräften im Baubereich für alle staat-lichen Baumaßnahmen eine so genannte Tariftreue–und Nachunternehmererklärung verbindlich eingeführtund den Kommunen empfohlen, entsprechend zu ver-fahren. Die Erklärungen sind auch ein wesentlicherBestandteil des Beschäftigungspaktes Bayern zurSicherung bestehender und zur Förderung neuerArbeitsplätze.

Die Tariftreueerklärung stellt eine bauvertragliche Rege-lung dar, mit der sich die Auftragnehmer einschließlichetwaiger Nachunternehmer verpflichten, ihre auf derBaustelle eingesetzten Arbeitnehmer nicht unter den inBayern für die Tarifvertragsparteien geltenden Lohntari-fen zu entlohnen und somit die zum Nachteil der bayeri-schen Bauwirtschaft aufgetretenen Wettbewerbsverzer-rungen durch ausländische Billiglohnarbeiter zu verrin-gern.

Eine neue Rechtslage ist durch das Vergaberechtsände-rungsgesetz des Bundes vom 28. August 1998 entstan-den, das Vergaben ab den so genannten EG-Schwellen-werten – das bedeutet im Baubereich bei einemGesamtauftragswert ab rund 10 Millionen DM – mit Wir-kung vom 1. Januar 1999 neu regelt.

(Auf der Besuchertribüne wird ein Transparent mitder Bezeichnung des aktuellen Volksbegehrens„Macht braucht Kontrolle“ entrollt; einige Zuschauerwerfen Flugblätter in den Plenarsaal.)

Präsident Böhm: Herr Staatssekretär, ich bitte Sie umeine kurze Unterbrechung. Meine sehr verehrten Damenund Herren, was Sie da machen, ist unzulässig. Ich bittedie Bediensteten des Hauses, die Tribüne zu räumen. Esgibt viel angenehmere und nützlichere Möglichkeiten,auf sich aufmerksam zu machen, als diese.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, mit Ihrer Begründungfortzufahren.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Gemäß § 97 GWB werden Aufträge an fachkundige,leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen verge-

ben. Andere oder weitergehende Anforderungen dürfenan Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durchBundes– oder Landesgesetz vorgesehen ist. Bereitsbestehende Regelungen, die andere oder weiterge-hende Anforderungen stellen, gelten ohne gesetzlicheGrundlage nur noch bis zum 30. Juni 2000. Dies erfor-dert ab dem 1. Juli 2000 für die bayerische Tariftreueer-klärung als so genannten vergabefremden Aspektzumindest bei Vergaben ab dem EG-Schwellenwert for-malrechtlich ein bayerisches Landesgesetz.

Maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung desGesetzentwurfs hat ein Beschluss des Bundesgerichts-hofs vom 18. Januar 2000 in einem Verfahren gegen dieBerliner Tariftreueerklärung, die der bayerischen ent-spricht, und zum Berliner Vergabegesetz, das dortbereits im letzten Jahr erlassen wurde. Der BGH hat dieBerliner Tariftreueerklärung im Straßenbau wegen dermarktbeherrschenden Stellung für rechtswidrig erklärtund das Berliner Vergabegesetz dem Bundesverfas-sungsgericht vorgelegt, weil er darin einen Verstoßgegen das Tarifvertragsrecht und das Grundrecht dernegativen Koalitionsfreiheit sieht.

Unter der Notwendigkeit, einerseits weiterhin die Wett-bewerbsnachteile der bayerischen Bauwirtschaft zu ver-ringern und andererseits der Entscheidung des BGHzum Berliner Vergabegesetz Rechnung zu tragen, hatdie Staatsregierung den vorliegenden Gesetzentwurfbeschlossen. Dessen wesentlicher Inhalt ist, dass Bau-aufträge des Freistaats Bayern nur an Unternehmen ver-geben werden dürfen, die sich verpflichten, ihre Arbeit-nehmer nach den in Bayern für Tarifvertragsparteien gel-tenden Lohntarifen zu entlohnen und dies auch bei ihrenNachunternehmern sicherstellen. Weiter werden diekommunalen Auftraggeber und die sonstigen der Auf-sicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristi-schen Personen des öffentlichen Rechts ermächtigt,dies ebenfalls im Hochbau zu verlangen.

Damit entspricht die gesetzliche Regelung weitgehendder bisherigen bayerischen Tariftreueerklärung. Ledig-lich der kommunale Straßen– und Tiefbau musste vonder Ermächtigung ausgenommen werden, da in diesemBereich – wenn man den staatlichen und den kommuna-len Bereich zusammennimmt – wie in Berlin von einermarktbeherrschenden Stellung gesprochen werdenmüsste.

Dagegen ist im Hochbau eine Marktbeherrschungwegen des großen Bauvolumens privater Auftraggebernicht anzunehmen. Bekanntlich hat die SPD-Fraktion imJanuar einen Gesetzentwurf zu dieser Thematik einge-bracht. Dieser verpflichtet alle öffentlichen Auftraggebernach der Fassung des Änderungsantrags vom29. Februar 2000 dazu, die bestehenden gesetzlichenund tariflichen Bestimmungen einzuhalten. Das bedeu-tet, die tarifgebundenen Unternehmer müssen die Tarif-löhne bezahlen, die ungebundenen den Mindestlohnnach dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Dadurch wer-den die Wettbewerbsverzerrungen nach unserer Auffas-sung nicht ausreichend gemindert.

Außerdem ist der SPD-Gesetzentwurf ein Beispiel fürÜberreglementierung, da vom Bieter eine Fülle von

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2704 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Bestätigungen verlangt werden, die den Wettbewerb inder Praxis einschränken und die Dauer der Vergabever-fahren erheblich verlängern würden. Die Vergabeverfah-ren würden stark bürokratisiert, was dem Abbau des frü-heren Bescheinigungsunwesens und dem Ziel der Ver-fahrensvereinfachung entgegensteht.

Wir haben allerdings auch eine Verschärfung der Über-wachung vorgesehen. Der Unternehmer wird künftig ver-pflichtet, die Einhaltung der Entlohnungsverpflichtungauf Verlangen für sich und etwaige Nachunternehmernachzuweisen. Außerdem ist bei Verstößen dagegen einAusschluss von weiteren Aufträgen bis zu drei Jahrenvorgesehen. Wegen der äußerst knappen verbleibendenZeit bis zum Auslaufen der Übergangsfristen des GWBsind einige Anregungen aus der Verbandsanhörungnoch nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen worden.Wegen der noch ausstehenden Begründung der BGH-Entscheidung konnte der Gesetzentwurf nicht früher aufden Weg gebracht werden. Die genannten Anregungenbedürfen noch einer eingehenden Diskussion.

Der Ministerrat hat beschlossen, zwei Arbeitsgruppeneinzusetzen, die die Wünsche der Verbände noch ein-mal sorgfältig prüfen und nach weiteren Möglichkeitensuchen sollen, um über Bundesratsinitiativen eine wei-tere Absicherung und Ausweitung der Tariftreueerklä-rung zu erreichen. Ich bitte das Parlament um einezügige Beratung, damit das Gesetz zum 1. Juli 2000 inKraft treten kann.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Ich eröffne die allgemeine Ausspra-che. Die Redezeit pro Fraktion beträgt fünf Minuten. HerrKollege Schieder hat ums Wort gebeten.

Werner Schieder (SPD): Herr Präsident, meine Damenund Herren! Ich habe nur fünf Minuten Redezeit, so dassich mich auf das Wesentliche beschränken will.

Erstens. Der Vorlage des Gesetzentwurfs der Staatsre-gierung hätte es nicht bedurft; denn dem Landtag liegtbereits ein Gesetzentwurf der SPD vor, der diese Mate-rie regelt, und zwar – wie ich behaupten möchte, jetztaber nicht eingehend begründen kann – besser undeffektiver regelt als der Gesetzentwurf der Staatsregie-rung.

(Beifall bei der SPD)

In der Aktuellen Stunde vorhin hat StaatsministerDr. Faltlhauser gesagt, die Opposition solle gefälligstjeweils konkrete Alternativen zu den politischen Themenvorlegen, die wir hier behandeln. An dieser Stelle darf ichIhnen sagen: Zu dem Thema, das wir jetzt besprechen,liegt schon längst eine sehr konkrete und überlegteAlternative vor, nämlich der ausformulierte Gesetzent-wurf der SPD.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind offenbar unter Zeitdruck geraten und haben sichaufgrund der Initiative der SPD beeilt, in dieser Fragenachzuziehen.

Zweitens. Man soll nicht etwas machen, nur damit etwasgeschehen ist, sondern man soll etwas machen, das unsdem Ziel näher bringt, in der Bauwirtschaft, beim Bau-handwerk und zugunsten der Bauarbeiter Schritt fürSchritt zu einem fairen und vernünftigen Wettbewerbzurückzukommen. Wir dürfen das Thema nicht nur aufdie Frage der ausländischen Billigarbeitskräfte als Pro-blem eingrenzen. Dieses Problem ist nämlich rein recht-lich nicht mehr so krass wie ehedem, da die neue Bun-desregierung zusammen mit den Tarifvertragsparteienerhebliche Fortschritte beim Entsendegesetz und denMindestlohntarifvereinbarungen erreicht hat. Das warein großer Fortschritt.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht nur um die ausländischen Billiganbieter,sondern darum, dass sich einheimische Bauunterneh-men zunehmend nicht mehr an die geltenden Tarifver-träge halten und für viele Bauarbeiter der Tarifvertrag nurnoch auf dem Papier steht. Der Druck hin zum niedrigs-ten Angebot führt zu einem ruinösen Wettbewerb.

Drittens. Sie regeln in Ihrem Gesetzentwurf nur, was Siein den letzten Jahren schon auf der Verwaltungsebenegeregelt haben. Ich darf daran erinnern – Herr Dr. Beck-stein ist jetzt nicht da –, dass wir hier darüber schon dis-kutiert haben. Ich selbst hatte Gelegenheit, mich mit ihmdarüber zu unterhalten. Aus all den Gesprächen, Diskus-sionen und seiner Antwort auf meine mündliche Anfrageergibt sich klar, dass die bisherige Regelung völlig ineffi-zient war.

(Beifall bei der SPD)

Er hat gesagt, man könnte die zahlreichen Umgehungs-möglichkeiten nicht verhindern, hat resigniert gewirktund den Eindruck erweckt, hier könne man nichtsmachen. Aus diesen Erfahrungen müsste man mit einergesetzlichen Regelung die Konsequenzen ziehen; dastun Sie aber nicht, meine Damen und Herren von derCSU, sondern Sie machen eine Show und tun so, alswürden Sie etwas regeln, während Sie dem Problem imKern nicht näher kommen.

Viertens. Sie verlangen, dass jemand, der einen öffentli-chen Auftrag bekommt, bei dessen Ausführung die Tarif-verträge einhält, sprich den Tariflohn bezahlt. Was abergeschieht, wenn der gleiche Unternehmer eine Wochespäter einen privaten Auftrag ausführt und dabei in sei-nem Unternehmen die Tarifverträge völlig missachtet?Darauf geben Sie überhaupt keine Antwort. Herr Innen-minister hat mir selbst gesagt – das wissen wir auch ausanderen Gesprächen –, dass die Tarifverträge ebennicht eingehalten werden. Deswegen fordern wir: Nurwer sich in seinem Unternehmen generell an die gelten-den Tarifverträge hält, soll den öffentlichen Auftragbekommen. Nur diese Regelung gewährleistet Effizienz.

(Beifall bei der SPD)

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2705

Fünftens. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Ihremund unserem Gesetzentwurf liegt darin, dass Sie bei derTariftreueerklärung nichts anderes verlangen, als dasssich der Bauunternehmer selbst bescheinigt, dass ertariftreu ist. Wir aber verlangen, dass das ein Dritterbescheinigt, nämlich der Betriebsrat oder die Tarifver-tragsparteien. Man kann doch auch nicht zulassen, dasssich jemand selbst bescheinigt, ein ordentlicher Steuer-zahler zu sein; das muss ein Dritter bescheinigen.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Präsident Böhm: Herr Schieder, Sie sollten jetzt lang-sam zum Schluss kommen.

Werner Schieder (SPD): Wir werden noch in den Aus-schüssen Gelegenheit haben, darüber sehr ausführlichzu beraten.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat KollegeDr. Runge das Wort.

Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, meine sehr verehrten Damen und Herren! – Dasgilt allerdings nur für jene, die zuhören. Inhalte und dieZielsetzung des vorliegenden Gesetzentwurfs sindbekannt und klar und in der Summe wohl auch wenigstrittig.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vonder SPD: Ton!)

Präsident Böhm: Herr Dr. Runge hat genauso viel Tonwie alle Vorredner auch. Wenn Sie ihn schlecht verste-hen, liegt das vielleicht daran, dass zu viel Ton im Ple-num herrscht.

(Herrmann (CSU): Bei den GRÜNEN nicht, weil dienicht da sind!)

Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Zuständeauf dem Bau und auf dem Arbeitsmarkt für Bauleute sindwenig erfreulich. Ein Baustein zur Verbesserung ist es,dass die öffentliche Hand durch Nachfrage steuert undhier bestimmte Kriterien abfragt. Bezüglich der Tariftreueist das bislang schon geschehen, wenn auch wenigbefriedigend, auf der Grundlage der Tariftreue- undNachunternehmererklärung. Die Staatsregierung beab-sichtigt jetzt, wie auch die SPD mit ihrem Gesetzentwurfvom Januar, hier für mehr Verbindlichkeit und einen grö-ßeren Geltungsbereich zu sorgen. Wir stehen dem auf-geschlossen gegenüber und werden sicher noch deneinen oder anderen Ergänzungs- oder Änderungsvor-schlag einbringen.

Im Februar wurde schon diskutiert, dass es gilt, hiernoch einige Rechtsfragen zu klären: Urteil des BerlinerKammergerichts, Urteil Bundesgerichtshof mit Vorlage-beschluss. Das heißt, das Berliner Vergabegesetz gehtzum Bundesverfassungsgericht. Offene Fragen waren

marktbeherrschende Stellung, Eingriff in negative Koali-tionsfreiheit und die Frage, wer überhaupt zuständig ist.

(Unruhe)

Angesichts der Tatsache, dass die Staatsregierung jetztdiesen Gesetzentwurf einbringt, wirken die Argumentegegen den SPD-Antrag vom Februar sehr an den Haa-ren herbeigezogen und ziemlich peinlich. Man hat sichdamals in der Diskussion darauf berufen, dass das Urteildes Bundesverfassungsgerichts noch nicht vorliege unddie Zuständigkeiten unklar seien. Genau dieses sagt dieStaatsregierung jetzt wieder und verweist deswegenauch auf ihre geplante Bundesratsinitiative. In der Sit-zung am 17. Februar hat Herr Brosch wortwörtlicherklärt: „Wir machen doch kein Gesetz, damit es spätereingestampft wird.“ Herr Beckstein hat ähnlich argumen-tiert. Jetzt schreibt die Staatsregierung „Vorbereitungeiner Bundesratsinitiative für den Fall, dass das Bundes-verfassungsgericht eine Regelung durch den Bundesge-setzgeber für notwendig erachtet“. Genau das war dasKernargument, mit dem Sie letztes Mal den SPD-Ge-setzentwurf schlecht gemacht haben. Dieses Argumentgilt nun für Sie in gleicher Weise.

Wir meinen, dass das Vergaberechtsänderungsgesetzund das einschlägige EU-Grünbuch einige Möglichkei-ten für die Länder aufzeigen. Auch grundsätzlich wollenwir im Landtag an das Vergaberecht herangehen; daswar auch das Ergebnis der Anhörung zum Thema Mittel-stand und Stadtwerke. Es gibt eine Reihe offener Fra-gen, zum Beispiel die Frage, weshalb Bestimmungendes öffentlichen Vergaberechts bei Aufträgen unterhalbder Schwellenwerte der EU-Sektorenrichtlinie für öffent-liche Unternehmen im öffentlichen Rechtskleid gelten,für solche in privater Rechtsform aber nicht.

Oder die grundsätzliche Forderung nach mehr Flexibili-tät.

(Fortgesetzte Unruhe)

Wir sind der Meinung, die öffentliche Hand sollte als Auf-traggeber durchaus Tariftreue abfragen. Sie darf daszumindest überall dort, wo keine marktbeherrschendeStellung gegeben ist. Dies sollte nicht nur geschehen beiBauaufträgen. Überdies sollte die Einführung weitererKriterien geprüft werden, beispielsweise Ausbildungs-plätze, Frauenförderung oder Beteiligung der jeweiligenUnternehmen an der Stiftungsinitiative „Erinnerung, Ver-antwortung und Zukunft“.

Präsident Böhm: Als Nächster hat Herr Kollege Broschdas Wort.

Brosch (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Herr Kollege Schieder von der SPDhat gesagt, dass sich die Bundesregierung so viel um dieBauarbeiter kümmern würde. Ich muss feststellen, dasssich die Bundesregierung nur um die Green-Card-Leutekümmert, die 100000 DM verdienen wollen und sollen.Um die, die nur die Hälfte verdienen, kümmert sie sichaber nicht. So ist es.

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2706 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Schon seit vier Jahren verlangt die Bayerische Staatsre-gierung die Tarif-Treueerklärung, und sie sorgt damitnachweislich in Bayern für eine geringere Arbeitslosig-keit auf dem Bausektor als in anderen Bundesländern.

Präsident Böhm: Gestatten Sie eine Zwischenfragedes Herrn Kollegen Schieder?

Brosch (CSU): Nein, Herr Schieder muss sich das insStammbuch schreiben lassen, er soll dies nicht durcheine Zwischenfrage verwässern.

(Starzmann (SPD): Verstehen Sie überhaupt etwasvon Bauarbeitern?)

Zu Herrn Runge und zu Herrn Schieder will ich nursagen, dass wir dem Vorlagebeschluss des BerlinerKammergerichts Rechnung tragen. Dort, wo der Staatund die Kommunen marktbeherrschend sind, brauchtdieses Gesetz nicht angewandt zu werden. Es kannangewandt werden. Als Beispiel nenne ich den kommu-nalen Tiefbau. Herr Runge, deshalb enthält das Gesetzjetzt auch eine Variante, die der derzeitigen DiskussionRechnung trägt. Wären wir dagegen sofort losgezogenund hätten wir ein Gesetz vorgelegt, wie es die SPD vor-legt, hätten wir dieser Diskussion nicht Rechnung tragenkönnen.

Die SPD sagt so richtig voluminös und „großkotzig“, wieSie sich jetzt gebärden, dass nur diejenigen Unterneh-men öffentliche Aufträge bekommen sollen, die generelldie Tarifverträge einhalten. Sind wir doch einmal ganzoffen. Wie wollen Sie denn bei einem Unternehmenuntersuchen und nachweisen, dass es generell undüberall die Tarifverträge einhält? Damit schaffen Siedoch nur einen Schnüffelstaat. Sie haben nichts gelernt,auch wenn Sie jetzt die Bundesregierung stellen. Siewollen nur Bürokratie aufbauen.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung fordert dagegen,dass vom Unternehmer nachgewiesen werden muss,dass er die Tarifverträge einhält. Der Staat kann mit sei-nen Instrumenten auch nachprüfen, ob die Tarifverträgeeingehalten werden. Er kann dazu auch bei den Gewerk-schaften oder bei sonstigen Leuten nachfragen.

Die jetzigen Vorschläge im Gesetzentwurf der Staatsre-gierung wurden intensiv mit dem DGB Bayern und mitden Verbänden der Wirtschaft abgestimmt. Wir werdendamit unsere einheimischen Bauarbeiter stärken undauch dafür sorgen, dass die zahllosen ausländischenBilligkräfte auf dem Bausektor abgewehrt werden. Wirwollen nicht, dass sich in Bayern Dumpinglöhne durch-setzen und damit wertvolle Kapazitäten im Baugewerbeund im Baunebengewerbe wegfallen. Mit diesemGesetzentwurf gehen wir teilweise Neuland ein. Deswe-gen fahren wir zweigleisig. Deswegen werden wir unsauch im Bund umtun. Für den Fall, dass der Bundesge-richtshof anders entscheiden sollte, haben wir auch nochandere Hürden eingebaut.

Wir werden diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssenberaten. Ich glaube, wir kommen damit ein gutes Stück

weiter, damit unsere heimische Bauwirtschaft gesichertwird und langfristig Bestand hat.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Die Aussprache ist geschlossen. ImEinvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, denGesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Verkehrund Technologie als federführendem Ausschuss zuüberweisen. Besteht damit Einverständnis? – KeinWiderspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 b

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung desStaatsvertrages über die Vergabe von Studienplät-zen (Drucksache 14/3545)

– Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierungnicht begründet. Wortmeldungen liegen mir auch nichtvor. Damit schließe ich die Aussprache. Im Einverneh-men mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzent-wurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung undKultur als federführendem Ausschuss zu überweisen.Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dannist es so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs;

Wahl der Präsidentin

Mit Schreiben vom 28. März 2000 wurde vonseiten desMinisterpräsidenten mitgeteilt, dass die Staatsregierungin ihrer Sitzung am 21. März beschlossen habe, zur Wie-derwahl als Präsidentin des Bayerischen Verfassungs-gerichtshofs mit Wirkung ab 1. Juli 2000 die Präsidentindes Oberlandesgerichts München, Frau Hildegund Holz-heid, vorzuschlagen. Die Richterwahlkommission hat inihrer Sitzung am 3. Mai beschlossen, der Vollversamm-lung die Wiederwahl von Frau Präsidentin Holzheid zuempfehlen. Eine Gegenkandidatin bzw. ein Gegenkandi-dat wurde vonseiten der Fraktionen nicht vorgeschlagen.Wir kommen damit zur Wahl. Sie findet nach Artikel 4Absatz 1 des Verfassungsgerichtshofsgesetzes ohneAussprache statt.

An Ihrem Platz finden Sie einen Stimmzettel vor, auf demdie vorgeschlagene Kandidatin aufgeführt ist. Außerdementhält Ihre Stimmkartentasche eine gelbe Namens-karte, die für die Wahl zu verwenden ist. Urnen für dieNamenskarten und für die Stimmzettel befinden sich aufbeiden Seiten des Plenarsaales im Bereich der Ein-gangstüren. Ich bitte sowohl die Namenskarte als auchden Stimmzettel nicht selbst in die Urnen einzuwerfen,sondern sie den hierfür bereit stehenden Schriftführern

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2707

und Mitarbeitern des Landtagsamtes auszuhändigen.Nur so kann der ordnungsgemäße Ablauf des Wahl-gangs sichergestellt werden. Wir beginnen nun mit derWahl. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Stimmabgabe von 11.06 bis 11.11 Uhr)

Die Wahl ist beendet. Die Auszählung der Stimmen fin-det außerhalb des Plenarsaals statt. Das Wahlergebniswird später bekannt gegeben. Zwischenzeitlich fahrenwir in der Behandlung der Tagesordnung fort.

(Unruhe)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine Damen undHerren, ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen.

Ich rufe nun auf:

Tagesordnungspunkt 4

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 63 Absatz 6der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

(Fortgesetzte Unruhe)

Ich darf um Ruhe bitten.

(Fortgesetzte Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben folgendes Problem: Wir haben über die Lis-tennummern 17, 19, 20, 52 und 56 gesondert abzustim-men, da zu den nach der Geschäftsordnung jeweils derAbstimmung zugrunde zu legenden Beschlussempfeh-lungen der Ausschüsse kein Votum der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vorliegt.

Wir kommen zunächst zur Listennummer 17, Antrag derAbgeordneten Starzmann und anderer (SPD), SinnvolleOrganisation der Grundlagen- und Anwendungsfor-schung für nachwachsende Rohstoffe (Drucksache14/1900). Der federführende Ausschuss für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten auf Drucksache 14/3394empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen die-sem Votum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD.Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimm-enthaltungen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein.Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Listennummer 19, Antrag derAbgeordneten Hirschmann, Wahnschaffe, Irlinger undanderer (SPD), Gesundheitliche Ungleichheit beseiti-gen, Gesundheitserziehung im Unterricht (Drucksache14/2062). Der federführende Ausschuss für Bildung,Jugend und Sport empfiehlt auf Drucksache 14/3416 dieAblehnung des Antrags. Wer entgegen diesem Votumdem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um dasHandzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD unddes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr KollegeHartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion derCSU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun Listennummer 20, Antrag der Abgeordneten Hirsch-mann, Wahnschaffe, Irlinger und anderer (SPD),Gesundheitliche Ungleichheit beseitigen, Erweiterungder schulärztlichen Reihenuntersuchung (Drucksache14/2063). Der federführende Ausschuss für Bildung,Jugend und Sport empfiehlt auf Drucksache 14/3417 dieAblehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschuss-votum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD unddie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kol-lege Hartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktionder CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine.Somit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Listennummer 52, Antrag der Abgeord-neten Ach, Sackmann, Knauer und anderer (CSU),Bayerische Besoldungsordnung; Gleichbehandlung inder Schulleitung zwischen MB-Realschulen und sonsti-gen Realschulen (Drucksache 14/2762). Der federfüh-rende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstesempfiehlt auf Drucksache 14/3475 die Annahme desAntrags in unveränderter Fassung. Wer dem Antragzustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –Das sind die Fraktion der CSU, die der SPD und die desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr KollegeHartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine.Stimmenthaltungen? – Ich sehe wiederum keine. Somitist der Antrag angenommen.

Jetzt zur Listennummer 56, Antrag der AbgeordnetenEttengruber und anderer (CSU), Erhöhung des Anteilsdeutscher Beamten in der EU-Kommission (Drucksache14/2775). Der federführende Ausschuss für Bundes- undEuropaangelegenheiten empfiehlt auf Drucksache14/3343 Zustimmung zu dem Antrag mit der Maßgabe,dass die Worte „gegebenenfalls im Benehmen mit demBund“ gestrichen werden. Wer dem Antrag mit der vor-geschlagenen Änderung zustimmen möchte, den bitteich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion derCSU, die der SPD und die des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gibt esGegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nichtder Fall. Dann ist der Antrag so beschlossen.

Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen lie-gen Ihnen vor. Wer bei Listennummer 78 seinem Abstim-mungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsver-halten seiner Fraktion im mitberatenden Ausschuss fürStaatshaushalt und Finanzfragen und in den übrigenFällen dem entsprechenden Abstimmungsverhalten indem jeweils federführenden Ausschuss beitreten will,den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Kolle-ginnen und Kollegen. Gegenstimmen? – Ich sehe keine.Stimmenthaltungen? – Ebenfalls keine. Damit über-nimmt der Landtag die Voten.

(siehe Anlage 1)

Ich rufe nun auf:

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Tagesordnungspunkt 5

Eingaben

betreffend Aufenthaltsgenehmigung für eine armeni-sche Familie (Az.: EB.1666.14, EB.1684.14,EB.1674.14, EB.1701.14, EB.1710.14, EB.1711.14,EB.1716.14, EB.1721.14, EB.1722.14, EB.1723.14,EB.1724.14, EB.1751.14, EB.1757.14, EB.1803.14,EB.1809.14, EB.1695.14, EB.1717.14, EB.1849.14,EB.1850.14 und EB.1885.14)

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat sichin seiner Sitzung am 12. April 2000 mit den Eingabenbefasst und beschlossen, diese gemäß § 84 Nummer 4der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag auf-grund der Stellungnahme der Staatsregierung für erle-digt zu erklären. Die SPD-Fraktion hat fristgerechtgemäß Artikel 5 Absatz 2 des Bayerischen Petitionsge-setzes beantragt, die Eingaben auf die Tagesordnungdes Plenums zu setzen. Ich eröffne nun die Aussprachehierzu. Gibt es Wortmeldungen? – Herr Kollege Schind-ler. Ich weise darauf hin, dass eine Redezeit von fünfMinuten je Fraktion festgelegt wurde.

Schindler (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine Damen und Herren! Ich bedauere,dass jetzt kein Vertreter des Innenministeriums anwe-send ist.

(Unruhe)

– Gut, wenn der Ministerpräsident in diesem speziellenFall die Entscheidungskompetenz hat,

(Zurufe von der CSU)

dann soll es damit sein Bewenden haben. Ich empfindees gleichwohl als schlechten Stil, dass bei der Behand-lung der aufgerufenen Eingaben, die nicht nur in derOberpfalz viel Aufmerksamkeit erregt haben, kein Ver-treter des Innenministeriums anwesend ist.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Das ist ein Affront gegenüber dem Parlament. So seheich es jedenfalls.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, worum gehtes? – Die Familie A. ist 1993, aus Armenien kommend,in die Bundesrepublik eingereist. Ihr Asylantrag wurdedamals abgelehnt. Allerdings hat das zuständige Verwal-tungsgericht festgestellt, das Abschiebehindernisse vor-lägen, sodass die Abschiebung der Familie bis 1999nicht durchgeführt werden konnte. Das bedeutet: Von1993 bis 1999 standen der Aufenthaltsbeendigung fakti-sche Hindernisse entgegen und war der Aufenthalt derFamilie legal. Später wurde festgestellt, dass dieAbschiebehindernisse nicht mehr bestünden, sodass dieAbschiebung in die Wege geleitet wurde.

Im November 1999 hat das zuständige LandratsamtRegensburg signalisiert, die Familie könne in denGenuss der neuen Altfallregelung kommen. Diese

Ansicht wurde allerdings im Januar 2000 – wohl auf Wei-sung des Innenministeriums – revidiert. Vorbereitungenzur Beendigung des Aufenthalts wurden getroffen.Daraufhin kam es zu den Eingaben, die wir am 12. Aprildieses Jahres im Eingabenausschuss behandelt haben.Dieser Fall weist nicht nur menschliche Tragik auf, son-dern zeichnet sich noch dadurch aus, dass es ihn garnicht gäbe, wenn die betreffende Familie in einem ande-ren Bundesland lebte.

(Zustimmung bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gründe waren folgende: Man wirft der Familie vor, zulange und zu viel Sozialhilfe bezogen zu haben, wohlwissend, dass die Mutter der Familie, deren Ehemannbereits 1996 das Land wieder verlassen hat, über langeZeit hinweg weder faktisch noch rechtlich eine Möglich-keit hatte, einer genehmigten Arbeit nachzugehen.Immer dann, wenn sie arbeiten durfte, hat sie das auchgemacht und zuletzt immerhin 1500 DM netto im Monatverdient und damit den Unterhalt für sich und ihre beidenKinder gesichert.

Nun argumentiert das bayerische Innenministerium, derUmstand, dass sie über Jahre hinweg ergänzende Leis-tungen der Sozialhilfe habe in Anspruch nehmen müs-sen, verhindere, dass sie in den Genuss der Altfallrege-lung komme. Ich behaupte, dass diese Auslegung derIntention und dem Geist der Altfallregelung vom Novem-ber 1999 widerspricht.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wenn es in der Altfallregelung heißt, dass vermeidbareHärten bei der Rückführung von Familien mit Kindern,die sich hier integriert haben, vermieden werden sollen,dann wäre gerade die Familie A. das Paradebeispiel fürdie Anwendung dieser Regelung gewesen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Es ist eine bayerische Spezialität, die Altfallregelung sorestriktiv wie in diesem Fall auszulegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie wurde dasdann in Szene gesetzt? Man muss sich vorstellen: EineMutter wird von einem Polizeibus zur Wohnung gefah-ren, sitzt im Polizeibus, die beiden Kinder sollen danneinsteigen. Der Sohn steigt ein, die zehnjährige Tochtersteigt nicht ein. Wir haben einen Videofilm, den sichjeder, der will, anschauen kann, aus dem klar ersichtlichwird, dass die Tochter keineswegs zurückgehalten odervon den Nachbarn daran gehindert worden ist, zur Mut-ter einzusteigen, sondern dass das Mädchen nicht wollteund mit dieser Situation überfordert war.

Es war, meine ich, ein grober Fehler, die Abschiebungvon Mutter und Sohn durchzuführen, obwohl die Tochter,wie jedermann wusste, nicht mit zum Flughafen gekom-men ist und nicht in das Flugzeug mit eingestiegen ist.Die Folge davon war, dass das Innenministerium in einerunnachahmlich zynischen Weise geschrieben hat, die

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2709

nun anstehende Familienzusammenführung könne unddürfe nur in Armenien stattfinden, alles andere seirechtswidrig. Meine sehr verehrten Damen und Herren,dies ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten,

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

insbesondere dann, wenn man weiß, dass über dieFrage, ob diese Familie in den Genuss der Altfallrege-lung kommt, noch nicht rechtskräftig entschieden ist;wenn man weiß, dass es in dieser Frage erst Entschei-dungen im Eilverfahren gibt und noch keineswegsgeklärt ist, ob die Gerichte die in Bayern vorgenommeneAuslegung der Altfallregelung tatsächlich akzeptierenoder ob sie sie als rechtswidrig betrachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil das so ist,ist es keineswegs rechtswidrig, an unserem Petitum fest-zuhalten, der Mutter und dem Sohn die Wiedereinreisein die Bundesrepublik und mittlerweile natürlich auch derTochter zu gestatten, die am 6. Mai quasi freiwillig außerLandes transportiert worden ist. Deswegen bleiben wirbei diesem Votum und bitten Sie ganz herzlich, sich dieSache noch einmal zu überlegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn mansich den Fall betrachtet, stellt sich die Frage: Warummuss es dazu kommen? Wieso kann sich dieser Frei-staat Bayern in einer Frage, in einer Situation, in der eswirklich um menschliche Härten geht, nicht generös ver-halten?

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wieso muss er das Gesetz, dessen Inhalt ich nichtbestreite, nicht bloß hundertprozentig, sondern hundert-fünfzigprozentig erfüllen? Wieso ist man nicht in derLage, den menschlichen Aspekten in der Tat Vorrang vorden anderen Aspekten einzuräumen? Dies wäre recht-lich zulässig, und keiner kann mir sagen, die Gesetzehätten uns daran gehindert, die Familie im Lande zu las-sen. Das ist nicht wahr. Es waren die CSU und derInnenminister, die offensichtlich ein Exempel statuierenwollten. Dies tut insbesondere deshalb weh, weil esgerade die CSU und ihr Innenminister sind, die ansons-ten nicht müde werden, immer wieder darauf hinzuwei-sen, welchen hohen Stellenwert die Familie und die Kin-der in unserer Gesellschaft haben.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Aber immer dann, wenn es bei Ausländern daraufankommt, vergessen Sie Ihre schönen Sonntagsredenund gebärden sich in einem Maße, das einem Rechts-staat nicht angemessen ist. In diesem Sinne bitte ich Sieum Zustimmung zu unserem Antrag, der Familie dieWiedereinreise zu gestatten.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Wortmeldung,Frau Kollegin Scharfenberg.

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): HerrPräsident, sehr geehrte Damen und Herren! „In Familiensuchen und erfahren Menschen Liebe, Geborgenheit,Lebenssinn, gegenseitige Hilfe und Unterstützung. Eheund Familie stehen im Mittelpunkt unserer Politik.“ –Soweit aus dem Grundsatzprogramm der ChristlichSozialen Union aus dem Jahre 1993. Nichts als schöneWorte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts des Umgangs der Staatsregierung und derCSU mit der armenischen Familien A. sind diese Aussa-gen an Zynismus nicht zu überbieten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Christliche Wertvorstellungen tragen Sie wie eine Mons-tranz vor sich her; wenn es aber an die praktische Politikgeht, dann sind sie sehr schnell vergessen. Herr MinisterBeckstein kennt hier keine Gnade.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Innenministerkonfe-renz hat im November 1999 Gott sei Dank endlich eineAltfallregelung beschlossen. Damit sollte ein Bleiberechtfür Härtefälle, für Menschen, die sich seit langem bei unsbefinden, die sich integriert haben, erwirkt werden kön-nen. Wir haben das als Bündnisgrüne natürlich sehrbegrüßt.

Die bayerischen Ausführungsbestimmungen führen jetztallerdings dazu, dass fast ausschließlich allein stehendebzw. kinderlose Paare die Altfallregelung in Anspruchnehmen können. Familien mit Kindern sind nicht nur dasgrößte Armutsrisiko in Bayern; Kinder sind für Asylsu-chende das größte Abschieberisiko.

(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Familie während der Abschiebung auch noch zutrennen, die allein erziehende Mutter samt Sohn abzu-schieben, die neunjährige Tochter am Straßenrand völligallein stehen zu lassen, eröffnet allerdings eine neueDimension in der bayerischen Abschiebepraxis, meineDamen und Herren.

(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All das ist zurzeit im Raum S 514 anhand eines Video-films nachzuvollziehen. Wir zeigen diesen Film.Schauen Sie sich diesen entlarvenden Film an, meineDamen und Herren. Das ist es, was ich meine: Abschie-bung unter allen Umständen durchführen, koste es, wases wolle. Das ist das Ziel von Herrn Beckstein. Da giltdas anfangs zitierte Grundsatzprogramm der CSU nichtmehr. Das gilt nur für andere. Wie sagte doch Herr Beck-stein von der CSU letztens? – Wir brauchen mehr Aus-länder, die uns nützen, als die, die uns ausnützen. DieTatsache, dass das Fernsehen den ganzen Ablauf derAbschiebung dokumentiert hat,

(Willi Müller (CSU): Ist das falsch?)

hat vielleicht Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen vonder CSU, nicht die Augen geöffnet, der Bevölkerung von

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Regensburg und Umgebung aber sehr wohl. DieseAbschiebung war weder mit der Menschenwürde verein-bar, noch weniger war ein Mindestmaß an Anstand zuerkennen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sogar der von der Polizei vor Ort angerufene Landrat,Herr Rupert Schmid, gab die Weisung: Die Familie wirdnicht auseinander gerissen. Nur das Innenministeriumverfügte: Abschiebevorgang wird nicht unterbrochen.Deshalb habe ich am 16. Februar 2000 eine Dienstauf-sichtsbeschwerde eingelegt, weil ich der Ansicht bin,dass das Ausländergesetz bei Abschiebungen verfas-sungskonform auszulegen ist mit dem Recht auf Eheund Familie. Leider erhielt ich bis heute keine Antwort.Wir meinen, dass man anständig anders mit Mitmen-schen umgeht. Wir anerkennen schließlich Ihr eigenesCSU-Grundsatzprogramm im Gegensatz zu Ihnen undsetzen es als Partei und als Menschen selbstverständ-lich um.

Eigentlich brauchen wir kein Grundsatzprogramm undkeine Leitbildfigur zum Thema Familie. So etwas ist eineSelbstverständlichkeit für uns. Mit unseren ausländi-schen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gehen wir anstän-dig um. Wir würden keine Familie bei der Abschiebungauseinander reißen.

(Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Nach dem Wortlaut des Beschlusses der Innenminister-konferenz und den Erlassen anderer Bundesländer wäreFrau A. und ihren Kindern eine Aufenthaltsbefugniserteilt worden. Der aktuelle Bezug zur ergänzendenSozialhilfe war nur deshalb erfolgt, weil Frau A. als Asyl-bewerberin keinen Anspruch auf Kindergeld hatte undweil sie nur in Teilzeit arbeiten durfte, obwohl sie gerneVollzeit gearbeitet hätte. Die Arbeitgeberin hätte Frau A.gern mit einer höheren Wochenstundenzahl beschäftigt.Auch heute würde sie sie erklärtermaßen noch einstel-len. Frau A. durfte aber nicht Vollzeit arbeiten.

Wenn das Arbeitsamt Frau A. anstatt nur 25 Stunden proWoche eine Vollzeitstelle bewilligt hätte, so wie ihrArbeitgeber es beantragt hatte, wäre sie nicht mit sozial-hilfeabhängig gewesen. Das ist der Knackpunkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das macht man ihr jetzt zum Vorwurf. Wenn Frau A.Kindergeld bekommen hätte, hätte sie keine ergänzendeSozialhilfe benötigt. Aber auf Kindergeld hatte sie wegender Duldung keinen Anspruch. In Bayern werden solcheHärten des Bezugs der Sozialhilfe nicht vermieden. Siewerden vielmehr geschaffen, meine ich,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

damit man die Frauen, die sich redlich und mit allen Mit-teln bemühen, von der Sozialhilfe wegzukommen, immernoch als Sozialhilfeempfängerinnen abstempeln kann.Denn dann wird es mit der Ausweisung leichter.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Kollegin, würdenSie bitte zum Ende kommen.

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wel-che tollen Chancen hätte ein Single, der arbeiten gehenkönnte und nicht auf die Sozialhilfe angewiesen wäre,wie Frau A. mit ihren zwei Kindern. Es wäre der klassi-sche Altfall gewesen. Ich fordere für das BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, der Petition zu entsprechen und dieabgeschobene Frau A. mit ihren zwei Kindern aus Arme-nien wieder einreisen zu lassen. Das ist ein Gebot derMenschlichkeit besonders für uns als Christen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beiAbgeordneten der SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Jetzt hat Herr KollegeFischer das Wort.

Herr Kollege Fischer, die Uhr müsste zurückgestellt wer-den; sie funktioniert aber nicht. Ich gebe Ihnen ein Zei-chen.

Einen Moment noch, Herr Kollege Fischer. Ich habe vorlauter Uhr vergessen, etwas bekannt zu machen. DieSPD-Fraktion hat eine Namentliche Abstimmung zu die-ser Petition beantragt. Ich sage das jetzt, damit wir dannentsprechend abstimmen können. Wir müssen nämlichdie Viertelstunde abwarten. Deshalb wollte ich das jetztnoch schnell bekannt geben. – Bitte sehr, Herr Abgeord-neter Fischer.

Fischer (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Her-ren! Frau Kollegin Scharfenberg, der Sachverhalt ist vonIhnen nicht richtig wiedergegeben worden. Zur Abschie-bung kam es nur deshalb, weil man sich nicht freiwilligzur Ausreise bereit erklärt hatte.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Deshalb kam es zur Abschiebehaft und zur Abschie-bung.

(Zurufe und Lachen bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben das ausführlich im Ausschuss diskutiert.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, immer wennes für die Opposition opportun ist, wenn sich Unterstüt-zerkreise für eine ausländische Familie einsetzen, wirddie Petition im Plenum hochgezogen.

(Dr. Hahnzog (SPD): Immer? – Anhaltende Zurufevon der SPD)

– Sie können es gar nicht oft genug hören, Herr Hahn-zog. Da versucht die Opposition, uns gegen die Unter-stützerkreise auszuspielen, und da tut die Opposition so,als kenne sie die Rechtslage nicht. Es ist immer das glei-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2711

che Spiel. Diese Platte wiederholt sich hier im Landtagimmer wieder.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das istdoch das Schlimme! – Fortgesetzte Zurufe von derSPD – Glocke des Präsidenten)

Diesmal musste sogar der Videofilm eines Regensbur-ger Lokalsenders herhalten,

weil man auf Emotionen setzt, statt auf eine sachlicheAuseinandersetzung.

(Zuruf von der SPD: Das sind doch auch Emotio-nen! – Anhaltende Zurufe von der SPD und vomBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Präsiden-ten)

– Passen Sie doch einmal auf und hören Sie zunächsteinmal zu.

Das Video beantwortet nicht die Frage, warum ein Auf-enthalt beendet werden musste. Meine verehrten Kolle-ginnen und Kollegen, die Damen und Herren im Petiti-onsausschuss werden mir das bestätigen: Mir ist dieBerichterstattung im Petitionsausschuss nicht leichtgefallen. Es berührt natürlich schon, wenn insbesondereder Aufenthalt von Kindern beendet werden muss, diesich in den Jahren des Hierseins sehr gut integrierthaben. Aber weil unser Land ein sehr begehrtes Land fürAsylbewerber ist, werden wir und insbesondere die Mit-glieder des Petitionsausschusses laufend mit den Pro-blemen konfrontiert, die aufenthaltsbeendigende Maß-nahmen mit sich bringen.

(Frau Radermacher (SPD): Sagen Sie doch endlichetwas zum konkreten Fall!)

Aus vielen gleich gelagerten Fällen wissen wir um dieschwierigen Zustände in vielen Heimatländern der Asyl-bewerber. Aber gerade im Interesse der vielen gleichgelagerten Fälle müssen unsere Entscheidungen sach-gerecht und auch nachvollziehbar sein. Wir leben ineinem Rechtsstaat, in dem man die Entscheidungen derVerwaltungsbehörden durch die gerichtlichen Instanzennachprüfen lassen kann.

Hier hatte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom13.01. dieses Jahres der Familie A. mitgeteilt, dass dieVoraussetzung für die Erteilung von Aufenthaltsbefug-nissen nicht vorliege und kündigte aufenthaltsbeendi-gende Maßnahmen an. Dagegen wurde geklagt. Im Eil-verfahren hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dassnach der Sach- und Rechtslage weder Anspruch aufDuldung noch sonst auf Abschiebeschutz besteht. Ichzitiere wörtlich das Verwaltungsgericht:

Die Ausländerbehörde ist nicht gehindert, vielmehrgesetzlich verpflichtet, die Antragsteller auf derGrundlage des rechtskräftigen Bundesamtsbe-scheids vom 29.11.1993 abzuschieben.

Ich denke – wir weisen auch immer wieder darauf hin –,dass wir uns im Petitionsausschuss nicht als Obergerichtsehen können. Wir haben gerichtliche Entscheidungen

zu respektieren, auch dann, wenn es dem einen oderanderen wehtut. Von der Opposition wird hier immer vor-gebracht, die Altfallregelung werde bei uns anders aus-gelegt.

(Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, dasmuss man so sehen!)

In diesem Fall ging es insbesondere um das Problemdes Sozialhilfebezugs. Der VGH hat sich auch mit dieserFrage beschäftigt und hat ausdrücklich erklärt, dass diesnicht so gesehen werden könne.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch hier derOpposition vorhalten, dass die SPD dort, wo sie in derRegierungsverantwortung steht, kaum anders entschei-det als in Bayern.

(Frau Radermacher (SPD): Manchmal geht es nichtanders!)

Ich gehe davon aus, dass heute der Landtag die Ent-scheidung des Petitionsausschusses bestätigt. Und las-sen Sie mich noch eines sagen, meine Damen und Her-ren: Im Petitionsausschuss hat einer der Unterstützererklärt, er halte die Ausländerpolitik Bayerns, so wie sieim Lande gehandhabt wird, für richtig. Er stehe dazu.Aber in diesem einen Fall mögen wir doch einmal eineAusnahme machen.

(Zuruf von der CSU: So geht das immer!)

Sehen Sie, das eben ist das Problem für viele Tausendegleich gelagerte Fälle.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat jetzt derHerr Staatssekretär Regensburger.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Ich bin im Grunde genommen dankbar dafür, dasssich das Parlament mit dieser Petition beschäftigt, weildabei einmal mehr deutlich gemacht werden kann, wo inder Ausländer- und Asylpolitik die Unterschiede zwi-schen Rot und Grün einerseits und der Union anderer-seits liegen. Lassen Sie mich zu dem konkreten Fall Fol-gendes sagen.

(Schindler (SPD): Wir verstehen nicht, was Siegemeint haben beim Unterschied zwischen Rot undGrün und der CSU! – Weitere Zurufe von der SPDund vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Darauf komme ich noch, Herr Kollege. Lassen Siemich zunächst den Sachverhalt noch einmal sorgfältigschildern, weil er deutlich macht, wie hier jemand mitallen Mitteln, die unser Rechtsstaat bietet – das räumeich durchaus ein –, versucht hat, einen Daueraufenthaltin Deutschland zu ertrotzen oder zu erzwingen.

Die armenischen Eheleute reisten zusammen mit ihrenbeiden Kindern am 26.05.1993 – also vor sieben Jahren

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– von Armenien kommend in die BundesrepublikDeutschland ein, um hier ihre Anerkennung als Asylbe-rechtigte zu beantragen. Das Bundesamt für die Aner-kennung ausländischer Flüchtlinge lehnte für alle Famili-enmitglieder die Asylanträge mit Bescheid vom 29.11.1993 – also sehr schnell – ab und stellte fest, dass wederdie Voraussetzung des § 51 des Ausländergesetzes –Abschiebungsschutz – noch Abschiebungshindernissenach § 53 des Ausländergesetzes vorliegen. Die Familiewurde unter Androhung der Abschiebung nach Arme-nien zur Ausreise aus dem Bundesgebiet im Jahre 1993aufgefordert.

Auf die dagegen erhobene Klage wurde das Bundesamtvom Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom25.11.1994 wegen der damals unsicheren Lage im Hei-matland verpflichtet, festzustellen, dass die Vorausset-zungen des § 53 des Ausländergesetzes vorliegen.Daraufhin erteilte das Landratsamt Regensburg derFamilie erstmals am 22.02.1995 Duldungen, die mehr-mals, zuletzt bis zum 30.12.1999, verlängert wurden.Der Ehemann hatte übrigens bereits 1996 freiwillig dasBundesgebiet verlassen. Das Bundesamt für die Aner-kennung ausländischer Flüchtlinge widerrief mitBescheid vom 23.07.1998 die Feststellung über das Vor-liegen von Abschiebungshindernissen hinsichtlich allerFamilienmitglieder. Bezüglich der beiden Kinder und desEhemannes wurde der Widerrufsbescheid bereits am19.08.1998 bestandskräftig. Die Klage von Frau A.gegen den Widerrufsbescheid vom 23.07.1998 wurdevom Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom17.05.1999 zurückgewiesen. Rechtskraft trat am12.06.1999 ein.

Mit diesem Tag war die Familie zur Ausreise aus demBundesgebiet verpflichtet. Spätere erneute Anträge aufErteilung einer Aufenthaltsgenehmigung konnten daranrechtlich gesehen nichts ändern. Im Januar 2000 hattedas Landratsamt Regensburg die für die Abschiebungnotwendigen Dokumente beschaffen können. Es standfest, dass die Familie nicht an der von der Innenminister-konferenz am 19.11.1999 beschlossenen Altfallregelungteilnehmen konnte. Die Familie hat nach Mitteilung derSozialhilfeverwaltung des Landratsamtes Regensburgvom 23.06.1999 für die Zeit vom 07.11.1994 bis30.06.1999 Sozialhilfeleistungen in Höhe von über100000 DM erhalten. Der Sozialhilfebezug währendannähernd fünf Jahren kann nicht mehr als vorüberge-hend im Sinne der Altfallregelung angesehen werden.

Herr Kollege Schindler, wenn Sie davon sprechen, dassgegen die Intention der Altfallregelung verstoßen wird,weiß ich nicht, was Sie damit konkret meinen. Die Altfall-regelung ist relativ präzise. Ich weiß in dem Fall vielleichtein bisschen besser Bescheid als Sie, weil ich an derFormulierung der alten und der neuen Altfallregelung inder Innenministerkonferenz mitgewirkt habe und des-halb über den Geist, Inhalt und die Intention der Rege-lung authentischer Auskunft geben kann als Sie, der Sienur aus dritter Hand informiert sein können.

Ich darf ausdrücklich feststellen, dass sich der VollzugBayerns zu 100% im Rahmen dieser Altfallregelung hält.Ich bestreite nicht, dass die Altfallregelung gewisseSpielräume zulässt. Das liegt daran, dass in der Innen-

ministerkonferenz das Prinzip der Einstimmigkeitherrscht und Regelungen ohnehin nur zustande kom-men, wenn sich alle in einer solchen Formulierung wie-derfinden können. Das führt dazu – das brauche ichIhnen nicht zu erläutern –, dass es manchmal etwasschwammige Formulierungen gibt, die unterschiedlichausgelegt werden können. Ich bestreite nicht, es gibtLänder, die die Altfallregelung anders auslegen als Bay-ern, aber die bayerische Auslegung hält sich zu 100% imRahmen der Altfallregelung.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

– Herr Dr. Hahnzog, ich gestehe durchaus, dass esbayerische Ausländerpolitik ist, die Altfallregelung engauszulegen. Ich kann Ihnen gern verraten, wir waren biszuletzt gegen eine Altfallregelung, weil eine Altfallrege-lung immer wieder eine neue Altfallregelung zur Folgehat. Die Innenminister haben sich 1993 geschworen, dasist die letzte Altfallregelung. Aber nach jedem Stichtagwachsen sofort neue Altfälle heran, bis der Druck sostark ist, dass man wieder eine neue Altfallregelungerlassen muss. Ich persönlich halte die Altfallregelungfür falsch, das räume ich gern ein, aber die Umständedamals ließen es sinnvoll erscheinen, der Altfallregelungfür Bayern – in letzter Sekunde übrigens – zuzustimmen.Nicht nur Bayern hat sich gewehrt, sondern auch andereLänder der Bundesrepublik Deutschland haben sichgewehrt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kommt einweiterer Punkt dazu. Es geht nicht in erster Linie um denSozialhilfebezug, sondern es geht darum, dass sich dieFamilie beharrlich geweigert hat, ihre Passpflicht zuerfüllen.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Die Frage ist,ob das stimmt!)

– Das ist Bestandteil der Altfallregelung, das ist völligunumstritten. Sie und Ihre Gesinnungsgenossinnen und-genossen müssen sich hier an die eigene Nase fassen,denn Sie und Unterstützerorganisationen haben dieBetroffenen geradezu aufgefordert, sich keine Pässeoder Passersatzpapiere zu beschaffen. Jetzt leiden dieBetroffenen unter Ihren falschen Ratschlägen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

– Das weiß ich; selbstverständlich weiß ich das.

Der Reisepass von Frau A. war bereits seit 05.05.1998abgelaufen. Sie hatte für sich keinen Pass und für ihrebeiden Kinder ebenfalls keinerlei Pässe. Sie war auch zukeinem Zeitpunkt bereit, für sich und ihre Kinder einenPass zu beantragen oder zumindest Nachweise für einePassbeantragung vorzulegen. Die Gründe und Hinter-gründe für eine solche Verweigerung liegen offensicht-lich darin, dass man sich erhoffte, sich dadurch einerAusreise oder Abschiebung entziehen zu können.

Mit Beschluss vom 08.02.2000 lehnte das Verwaltungs-gericht Regensburg den von der Bevollmächtigten vonFrau A. erneut gestellten Antrag auf Gewährung vonAbschiebeschutz ab. Auch das Gericht führte aus, dass

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2713

die Familie keinen einer Abschiebung entgegenstehen-den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnisnach der Altfallregelung 1999 habe – das ist durchGericht festgestellt –, und zwar auch deswegen, weil sieihrer Passpflicht nicht genügte. Diese Auffassung wurdesogar vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mitBeschluss vom 10.02.2000 bestätigt. Mit Gerichtsbe-scheid vom 21.03.2000 hat das VerwaltungsgerichtRegensburg eine Klage, mit der das LandratsamtRegensburg unter anderem verpflichtet werden sollte,eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, abgewiesen. DieKläger ließen anstelle der Zulassung der Berufung einemündliche Verhandlung beantragen, zu der das Verwal-tungsgericht Regensburg für den 19.06.2000 geladenhat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da Frau A.mehrfach gegenüber der Ausländerbehörde erklärthatte, dass sie das Bundesgebiet auf keinen Fall freiwil-lig verlassen und ihre Kinder vor einer Abschiebung ver-stecken werde – das sind konkret die Einlassungen vonFrau A. –, wurde am 09.02.2000 auf Antrag der Auslän-derbehörde vom Amtsgericht Regensburg Sicherungs-haft erlassen, und zwar zur Vorbereitung und Sicherungder Abschiebung. Im Einvernehmen zwischen Frau A.und der Ausländerbehörde wurden die beiden Kinderwährend der Haftdauer bei einer Nachbarin unterge-bracht. Wir haben uns also durchaus bemüht, den fami-liären Verhältnissen gerecht zu werden. Der Gerichtsbe-schluss hat uns ermächtigt, auch die beiden Kinder inHaft zu nehmen. Nur weil gesagt worden ist, man sollesie doch bei der Nachbarin belassen, weil das die Kinderweniger beeinträchtigt, haben wir dem zugestimmt.

(Beifall bei der CSU)

Als Frau A. und der Behördenvertreter am Freitag, dem11.02.2000, die Kinder bei der Nachbarin abholen woll-ten, hinderte diese die Tochter daran, in den bereitste-henden Polizeibus, in dem sich Frau A. bereits aufhielt,einzusteigen. Presse und Fernsehen waren von derNachbarin bereits verständigt worden und waren vor Ort.Der Sohn stieg sofort freiwillig in den bereitstehendenVW-Bus der Polizei zu seiner Mutter ein. Die Tochterwurde von der Nachbarin zurückgehalten. Frau A. batsofort um Herausgabe ihrer Tochter. Die Nachbarin botdaraufhin an, die Tochter in ihrem Privatauto zum Flug-hafen zu bringen. Auch darauf ist die Polizei eingegan-gen, um das Kind möglichst wenig zu beeinträchtigen.Anstatt das Kind jedoch wie zugesagt zum Flughafen zubringen, fuhr die Nachbarin mit ihm zu dessen Schule,um Gelegenheit zu geben, sich vor den erneut bereitste-henden Fernsehkameras und anderen Pressevertreternvon ihren Schulkameraden zu verabschieden.

Die Trennung der Tochter von ihrer Mutter und ihremBruder am Tag der Abschiebung ist, wie ich schon ein-gangs ausgeführt habe, somit eindeutig nicht unserenBehörden anzulasten, sondern auf das Verhalten derNachbarin zurückzuführen. Dieses Verhalten muss ichauf das Schärfste missbilligen, und zwar unabhängigdavon, ob die Mutter in das Vorgehen eingeweiht waroder nicht.

(Beifall bei der CSU)

Wäre die Rückführung, wie verschiedentlich gefordert,gestoppt worden, würde dies andere Betroffene – eswäre nicht der erste Fall – geradezu ermutigen, die Auf-enthaltsbeendigung durch rechtswidriges Entziehen vonKindern oder durch Untertauchen zu vereiteln. Es wäreeine Aufforderung, sich so zu verhalten, weil man damiteinen Aufenthalt in Deutschland erzwingen könnte. Daskann aber kein vernünftiger Mensch wollen.

Nun zum Vorwurf, der Wille des Kindes sei ignoriert wor-den. Auch das Kind unterliegt der gerichtlich festgestell-ten Ausreisepflicht. Zudem wollte die Mutter nach eige-nem Bekunden mit ihrem Kind ausreisen, was durch dasVerhalten der Nachbarin, ob mit oder ohne Zustimmungder Mutter, kann ich nicht klären, verhindert wurde. Ichdarf deshalb feststellen, dass die Maßnahmen der mitder Abschiebung befassten Behörden im vollen Umfangrechtmäßig und nicht inhuman waren. Ob die politischeLage im Heimatland eine Rückkehr zulässt, prüft in sol-chen Fällen nach den geltenden Gesetzen ausschließ-lich das Bundesamt für die Anerkennung ausländischerFlüchtlinge. Wir, die bayerischen Ausländerbehörden bishin zum Innenminister, haben hier kein eigenständigesPrüfungsrecht, sondern haben das, was durch Gerichterechtskräftig festgestellt ist, zu vollziehen.

Deswegen macht es keinen Sinn, uns zu einem generö-sen Verhalten und Handeln aufzufordern, Herr Schindler.Das ist nicht Gegenstand der Gesetze. Vielmehr habenwir die sehr schwere Pflicht, das zu vollziehen, was dieGesetze, die auch mit Ihrer Zustimmung beschlossenworden sind, und die Gerichte vorgeben. Die Altfallrege-lung ist einstimmig mit Zustimmung Ihrer Leute und desBundesinnenministers Schily beschlossen worden. Des-halb können Sie uns nicht vorwerfen, dass wir diese ein-stimmig von den Innenministern verabschiedete Altfall-regelung konsequent vollziehen.

(Beifall bei der CSU)

Ein Verbleiben ausreisepflichtiger Ausländer trotz ein-deutiger Entscheidungen des Bundesamts für die Aner-kennung ausländischer Flüchtlinge bzw. von Verwal-tungsgerichten würde, wie Kollege Fischer bereits deut-lich gemacht hat, zu einer Sogwirkung führen. HättenIhre Maßstäbe Geltung, könnte letztlich jeder, dem esgelingt, legal oder illegal nach Deutschland einzureisen,auf Dauer hier bleiben. Nur durch eine konsequente Auf-enthaltsbeendigung ausreisepflichtiger Ausländer kannaber dem Eindruck entgegengewirkt werden, die Bun-desrepublik nehme aus allen Staaten der Erde Personenauf, die in schwierigen politischen oder wirtschaftlichenVerhältnissen leben.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatssekretär,gestatten Sie eine Zwischenfrage des AbgeordnetenDr. Hahnzog? –

Dr. Hahnzog (SPD): Herr Regensburger, bestätigenGerichtsentscheidungen, auf die Sie sich sehr starkberufen, nicht oft behördliche Entscheidungen mit derBegründung, sie bewegten sich im Rahmen der Ent-scheidungsbefugnisse und der Anwendung unbestimm-ter Rechtsbegriffe, was aber nicht zwingend so sein

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muss, auch wenn Sie sich immer darauf zurückziehen,der gerichtlichen Entscheidung folgen zu müssen,obwohl das Gericht gar keinen Zwang ausübt, und über-tragen Sie diese Situation nicht fälschlicherweise aufden vorliegenden Fall?

(Beifall der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN))

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Herr Kollege Dr. Hahnzog, Qualitätsmerkmal bayeri-scher Ausländerpolitik ist es, bestehende Gesetze undGerichtsentscheidungen konsequent zu vollziehen. Wirwissen, dass wir dafür die große Zustimmung der baye-rischen Bevölkerung haben.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei Abgeordne-ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr StaatssekretärRegensburger hat insgesamt 15 Minuten gesprochen.Das bedeutet nach unserer Geschäftsordnung, dass dieFraktionen jeweils zehn Minuten Redezeitverlängerunghaben. Die SPD-Fraktion und die GRÜNEN habenbereits signalisiert, dass sie weitere Redner zu Wortkommen lassen wollen. Als erstem Redner erteile ichHerrn Kollegen Schindler das Wort.

Schindler (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine Damen und Herren, Herr Staatssekre-tär! Ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie offen und ehr-lich die Linie der Bayerischen Staatsregierung in derAusländerpolitik dargestellt haben. Bekanntlich hat sichBayern gegen eine Altfallregelung gewehrt, und beimLesen der Ausführungsbestimmungen stellt man auchfest, dass Sie alles dafür tun, damit möglichst kein einzi-ger Fall in den Genuss der Altfallregelung kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus nehmen Sie mit den Ausführungsbe-stimmungen auch noch ein bisschen Rache an all jenen,die sich in der Vergangenheit für Ausländer, die hättenausreisen müssen, eingesetzt haben. Denn in den Aus-führungsbestimmungen heißt es wörtlich: „Ein kurzfristigillegaler Aufenthalt ist nur dann unschädlich, wenn erdarauf beruht, dass nicht unmittelbar um Duldung nach-gesucht wurde . . . Wurde dagegen der Ausländer zumBeispiel auch nur kurzfristig von Unterstützern in Obhutgenommen mit dem Ziel, eine Abschiebung zu vereiteln,hindert dies die Anwendbarkeit der Altfallregelung.“Dann heißt es weiter, dass all diejenigen, die sich derUnterstützung irgendwelcher Leute bedient haben, auto-matisch nicht in den Genuss der Regelung kommen.Damit wird klar, worum es Ihnen geht: Ein Exempel zustatuieren und all denen, die sich für Ausländer einge-setzt haben, zu zeigen, dass es so nicht geht und dasssie die Zeche dafür zu zahlen haben.

Ihre Ausführungen, Herr Staatssekretär, waren inwesentlichen Teilen falsch. So haben Sie zum Beispiel

behauptet, die Nachbarin hätte die Tochter daran gehin-dert, zur Mutter in den Bus einzusteigen. Hätten Sie denFilm gesehen, könnten Sie diese falsche Darstellung, diesich bereits in Ihrer Stellungnahme findet, heute wohlkaum nochmals bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit bedauern Sie undviele Ihrer Kollegen, Herr Staatssekretär, dass wir ineiner Gesellschaft lebten, die es sich angewöhnt habe,wegzusehen; wo immer es Schwierigkeiten gebe, zögensich die Leute in ihr Schneckenhaus zurück und ver-suchten, mit den Problemen erst gar nicht konfrontiert zuwerden. Im vorliegenden Fall haben Leute hingesehen,haben Nachbarn und viele Bürgerinnen und Bürger sichum Ausländer gekümmert, wofür ich ihnen dankbar bin.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Bürgerinnen und Bürger haben nicht akzeptiert,wie mit einer Familie, die sich in das dörfliche Leben inPentling eingefügt hatte, wo die Kinder in der Schulegute Erfolge erzielt haben, umgegangen wurde. Siehaben hingesehen, als der Polizeibus vorfuhr.

Herr Kollege Fischer, bei der vorliegenden Eingabe han-delt es sich seit 1998 um den zweiten Fall einer Petition,die wir ins Plenum bringen. Ihre Behauptung, wir bräch-ten Eingaben immer dann ins Plenum, wenn es geradeopportun sei, trifft nicht zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der vorliegende ist erst der zweite Fall von vielen Hun-derten. Sie wissen genauso gut wie ich, in wie vielen vonHunderten Fällen wir übereinstimmen. Wenn wir einenFall ins Plenum bringen, hat das seinen Grund. Der vor-liegende Fall ist geeignet, hier nochmals diskutiert zuwerden. Denn offensichtlich will die Bayerische Staatsre-gierung an den Betroffenen und den Unterstützern einExempel zulasten einer Familie und zulasten von zweikleinen Kindern im Alter von zehn und elf Jahren statuie-ren. Diese Kinder sind in Bayern aufgewachsen, könnenkein Armenisch und finden in Armenien auch keine Hei-mat, weil Pentling ihre Heimat ist. Im Übrigen wissen Sie,Herr Staatssekretär, so gut wie ich, dass ein Gerichtsbe-schluss, noch dazu kein bestandskräftiger, nicht sofortvollzogen werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kein Mensch hätte die Staatsregierung daran gehindert,noch einmal abzuwarten. Vielleicht traut sich der VGHsogar, in der Hauptsache zugunsten der Betroffenen zuentscheiden und festzustellen, dass die von Ihnengewählte Auslegung der Altfallregelung nicht derenWortsinn entspricht. Ich gestehe zu, dass Sie, HerrStaatssekretär, Sinn, Geist und Intention der Altfallrege-lung besser kennen als ich. Denn Sie haben sich intensiv

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2715

darum bemüht, dass es erst gar nicht zu dieser Rege-lung kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die gewählten Worte Sinn geben sollen – Sozial-hilfebezug rückwärts oder in die Zukunft gewandt, Inte-gration in der Vergangenheit oder zum Stichtag 19.11.1999 – ist Ihre Auslegung nicht zulässig. Vielmehr mussauf den Zeitpunkt der Entscheidung der Innenminister-konferenz, sprich auf den 19.11.1999 abgestellt werden,und zu diesem Zeitpunkt war im vorliegenden Fall keinnennenswerter Sozialhilfebezug mehr gegeben.

Weil sie gemerkt haben, dass Ihre Argumente so tollnicht sind, haben Sie am Schluss Ihrer Ausführungennoch behauptet, die Betroffenen hätten gegen die Pass-pflicht verstoßen. Davon war in der Stellungnahmegegenüber dem Petitionsausschuss nicht die Rede, undso gesehen haben Sie, Herr Staatssekretär, diesesArgument nur nachgeschoben, wohl wissend, dass sichFrau A. in vielen Telefonaten bemüht hat – darüber sindAktenvermerke angefertigt worden, und es gibt Schrift-verkehr zwischen der Ausländerbehörde Regensburgund der armenischen Botschaft –, einen Pass zu bekom-men, sich die armenische Seite aber geweigert hat, die-sen Pass auszustellen, solange keine Aufenthaltsbefug-nis erteilt worden ist.

Sie wissen genau, dass sich die Katze in den Schwanzbeißt; dennoch werfen Sie es vor. Wie schwach eigent-lich sind Ihre sonstigen Argumente?

Weil es ein so exemplarischer Fall ist und weil Sie andiesem Fall demonstrieren, dass Sie eigentlich keine Alt-fallregelung wollen, weil es ein Fall ist, mit dem Sie offen-sichtlich – ich traue mir das zu sagen – ein bestimmtesWählerklientel befriedigen wollen, eignet er sich, hierdiskutiert zu werden. Deswegen haben wir ihn auf dieTagesordnung gebracht.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Die nächste Rednerinist Frau Kollegin Scharfenberg.

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): HerrRegensburger, fühlen Sie einfach mal die Lebenswirk-lichkeit einer Familie aus einem Kriegsgebiet nach, diesich in einem fremden Land aufhält. Die Frau erziehtzwei kleine Kindern allein, da sie seit 1996 getrennt lebt.Schauen Sie sich das an. Machen Sie die Augen auf undsehen Sie, wie solche Menschen leben müssen. Sie istder Pflicht nachgekommen, sich um die Pässe zu bemü-hen. Wie schwierig das mit zwei kleinen Kindern seinkann, wissen wir als Mütter und Väter. Man muss sichum die Öffnungszeiten eines Landratsamtes und ande-rer Ämter kümmern. Wir wissen, wie schwierig es ineinem fremden Land ist, wenn man nicht genügend Geldhat.

Frau A., Herr Regensburger, hat sich, entgegen der Dar-stellung des bayerischen Innenministerium mit all ihrenMöglichkeiten um armenische Pässe bemüht. IhreBemühungen blieben erfolglos. Das können Sie ihr nichtanrechnen. Am 05.08.1997 vermerkte das Landratsamtin einem Aktenvermerk, dass die von der armenischenBotschaft zur Passausstellung verlangte Bescheinigungfür Frau A. nicht ausgestellt werden könne. Ich habe die-sen Aktenvermerk. Im April 1998 berichtete Frau A. demAusländeramt in einem eineinhalbseitigen Schreiben –auch dieses Schreiben habe ich, es ist beim Landrats-amt eingegangen – wiederum ausführlich, detailliert undsehr konkret über ihre vergeblichen Bemühungen beider armenischen Botschaft wegen der armenischenPässe. Immer wieder wurde ihr von der Botschaft mitge-teilt, dass Voraussetzung der Passbeantragung derNachweis über einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus inder BRD sei und dass auch eine persönliche Vorsprachedaran nichts ändern würde.

Nach erneuten vielen Telefonaten bestätigte die armeni-sche Botschaft am 05.01.2000 schriftlich – das liegt mirauch vor –, dass für die Passbeantragung unter ande-rem der Nachweis über einen rechtmäßigen Status inder BRD erforderlich sei. Die armenische Botschafterteilte Frau A. keinen armenischen Pass, weil sie mitder Duldung keinen rechtmäßigen Aufenthaltsstatushatte. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Aus-länderbehörde begründete die Nichterteilung der Auf-entshaltsbefugnis unter anderem mit dem fehlendenPass. Mein Gott, Herr Regensburger, was soll die guteFrau denn überhaupt noch machen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beiAbgeordneten der SPD)

Ich, meine Damen und Herren, frage mich immer, wennein solcher Härtefall dem Petitionsausschuss vorliegt,warum man die Altfallregelung nicht so auslegen kannwie andere Bundesländer auch – was Sie, Herr Regens-burger, gerade eingeräumt haben, dass man das hättetun können. Aber man möchte hundertprozentig odersogar hundertfünfzigprozentig den IMK-Beschluss inBayern auslegen. Wir hätten die Möglichkeit einen Här-tefall zu sehen und ihn als solchen zu würdigen. Warumtun wir das nicht? Warum haben wir einen Petitionsaus-schuss? Was ist das für eine Farce?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie Sie, meine Damen und Herren von der CSU, see-lisch mit einer solchen Entscheidung zurechtkommen,das frage ich mich – und als Christin sowieso.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat HerrStaatssekretär Regensburger. Bitte schön.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Herr Kollege Schindler, Sie waren der Meinung, in Bay-ern würde die Altfallregelung in keinem einzigen Fallangewandt, weil die Ausführungsbestimmungen so res-triktiv wären, dass das gar nicht möglich wäre. Ich kannIhnen das Gegenteil belegen. Es gibt eine Statistik vom29.02.2000. Nach der haben wir nach der Altfallregelung

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bisher 128 Aufenthaltsbefugnisse erteilt; Hessen hat585; Rheinland-Pfalz 426; Schleswig-Holstein 168 undandere Bundesländer zum Teil noch erheblich weniger.Die Zahlen von Nordrhein-Westfalen liegen mir nicht vor.

(Frau Radermacher (SPD): Das sagt doch nichts,das hat doch was mit Relationen zu tun!)

– Ich wehre mich nur gegen den Vorwurf, es gebe inBayern eine Nulllösung. Das ist nachweislich nicht derFall.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre-tär, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau KolleginPaulig?

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staats-sekretär, können Sie dem Plenum darlegen, wie vieleverheiratete oder allein erziehenden Frauen mit Kindernsich unter den anerkannten Altfällen befinden?

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):Nein, das habe ich nicht parat. Ich bitte um Nachsicht,dass ich nicht auf alle Fragen vorbereitet sein kann.

Es ist ein totaler Unsinn, Herr Kollege Schindler – ichmuss das so deutlich bezeichnen –, wenn Sie uns vor-werfen, wir würden mit dem Vollzug der Altfallregelungan den Unterstützerkreisen Rache nehmen. SolcheMotive und Gefühle liegen uns fern. Wir versuchen, dasGanze mit möglichst wenig Emotion zu machen und beider Sachlichkeit zu bleiben. Das unterscheidet uns vonIhnen.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte aber auch klarstellen, dass, ob jemand aufDauer in Deutschland bleiben kann, nicht davon abhän-gig sein kann, ob sich nun gerade mehr oder wenigerzufällig einer oder mehrere Unterstützerkreise dafür ein-setzen. Das kann und darf kein Maßstab für solche Ent-scheidungen sein.

Sie haben gesagt, die Ausführungen seien – den tat-sächlichen Vorgang betreffend – falsch gewesen, als dieTochter mit abgeschoben werden sollte. Ich kann michnur, weil ich ebenso wenig wie Sie dabei war, daraufberufen, was uns das Landratsamt dienstlich berichtethat. Ich gehe davon aus, dass das korrekt ist.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Das könnte man sichauch ansehen! – Zuruf der Frau AbgeordnetenScharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der weitere Einwand von Ihnen war, dass Gerichtsent-scheidungen nicht sofort vollzogen werden müssten.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Sie wollen die Wahr-heit nicht wissen!)

Das ist rechtlich sicherlich zutreffend.

(Frau Radermacher (SPD): Ansehen, dann urtei-len!)

Ich habe Ihnen deswegen sehr ausführlich alle Rechts-züge in diesem Verfahren vorgetragen, um Ihnen zudemonstrieren, dass dieser Fall ein Musterbeispiel ist,wie man unter Ausnutzung aller Möglichkeiten, die unserverrücktes deutsches Asylrecht bietet – ich sage bewußt„verrückt“ –, den Aufenthalt verzögern,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

verzögern und nochmals verzögern kann. Irgendwanneinmal, nach vielen, vielen Gerichtsentscheidungenmuss Schluss sein, denn sonst ist es – ich wiederhole es– eine Aufforderung unter Ausnutzung aller Möglichkei-ten, den Aufenthalt so lange zu verzögern, bis dann wie-der Ihr Einwand und der Einwand der Unterstützerkreisekommt: Weil sie so lange da sind, wäre es inhuman, siezurückzuschicken. Das ist Ihre Methode.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Scharfenberg, Sie haben festgestellt, dasssich die Frau bemüht habe der Passpflicht nachzukom-men. Ich kann aus meinen Unterlagen nur das Gegenteilentnehmen. Ich zitiere aus dem Beschluss des Verwal-tungsgerichts in Regensburg vom 21. März 2000 undhoffe, dass Sie das glauben. Dort heißt es:

Wie ausgeführt waren die Kläger zumindest seitrechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens zurErfüllung der nach § 4 Absatz 1 Ausländergesetzbestehenden Passpflicht verpflichtet. Trotzdemhaben sie sich während des gesamten Aufenthaltsder Klägerin zu 1 im Bundesgebiet nicht erkennbarum die Ausstellung eines armenischen Nationalpas-ses bei den zuständigen armenischen Behördenbemüht. Die Kläger zu 2 und 3 müssen sich die Ver-säumnisse ihrer Mutter zurechnen lassen. Darüberhinaus wären die Kläger zumindest seit Bestands-kraft des Bundesamtsbescheids vom 23. Juli 1998 –19. August 1998 betreffend die Kläger zu 2 und 3 –bzw. Rechtskraft – 12. Juni 1999 betreffend die Klä-gerin zu 1 – verpflichtet gewesen, sich wegen desFehlens gültiger armenischer Pässe um Heimreise-papiere zu bemühen. Es ist nicht ersichtlich, dassdie Kläger sich zu diesem Zweck an die armenischeBotschaft im Bundesgebiet gewandt hatten.

So das Zitat aus der Entscheidung des Verwaltungsge-richts in Regensburg, auf das ich mich gerne verlassenmöchte.

Ihre letzte Bemerkung, Herr Kollege Schindler, bedarfkeiner Kommentierung. Sie unterstellen uns, dass wirdeswegen Gesetze, die Altfallregelung und einstimmigeBeschlüsse der Innenministerkonferenz, die mit Zustim-mung Ihrer Parteigenossen beschlossen wurden, konse-quent vollziehen, um eine bestimmte Wählerklientel zubefriedigen.

Ich habe eher den Eindruck, dass das Ihre Motive sind.

(Beifall bei der CSU)

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2717

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmel-dungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlos-sen.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich HerrnStaatsminister Noica aus Rumänien begrüßen, der fürArbeit und Landesplanung zuständig ist. Herzlich will-kommen bei uns in Bayern.

(Allgemeiner Beifall)

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hatbeschlossen, die Eingaben gemäß § 84 Nummer 4 derGeschäftsordnung für den Bayerischen Landtag auf-grund der Stellungnahme der Staatsregierung für erle-digt zu erklären. Die SPD-Fraktion hat beantragt, dieAbstimmung in namentlicher Form durchführen zu las-sen. Wer dem Votum des Ausschusses für Eingabenund Beschwerden zustimmen will, den bitte ich, dieblaue „Ja-Karte“ zu benutzen. Für Gegenstimmen ist dierote „Nein-Karte“ zu verwenden. Stimmenthaltungensind anzuzeigen. Für die Stimmabgabe sind die entspre-chenden Urnen bereitgestellt. Die „Ja-Urne“ ist auf derSeite der CSU-Fraktion, die „Nein-Urne“ auf der Seiteder Opposition aufgestellt. Die „Enthaltung-Urne“ befin-det sich auf dem Stenografen-Tisch. Mit der Stimmab-gabe kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minu-ten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 12.12 Uhr bis 12.17Uhr)

Die Abstimmung ist abgeschlossen. Das Ergebnis wirdaußerhalb des Plenarsaals ermittelt und nach der Frage-stunde bekannt gegeben.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 6

Mündliche Anfragen

Für die Mündlichen Anfragen sind 45 Minuten vorgese-hen. Ich bitte zunächst Herrn Staatsminister Huber umdie Beantwortung der ersten Frage. Der erste Fragestel-ler ist Herr Kollege Dr. Scholz.

Dr. Scholz (SPD): Herr Staatsminister, wie viele der 165Regionalprojekte der Hightech-Offensive wurden –jeweils getrennt nach Regierungsbezirken – bereitsgestartet, wie viele mussten wegen der EU-Verträglich-keitsprüfung neu beantragt werden, und wie viele wur-den bisher genehmigt?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminis-ter.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Frau Präsiden-tin, meine Damen und Herren! Für die 165 Projekte desRegionalkonzepts der Hightech-Offensive ergibt sichderzeit folgender Stand der Projektförderung: Insgesamtsind 50 Projekte beantragt, und es sind 14 bereits bewil-ligt oder gestartet. Sind Sie damit einverstanden, Herr

Kollege Dr. Scholz, dass ich Ihnen eine schriftliche Listeüber die Projekte in den einzelnen Regierungsbezirkenzukommen lasse?

Dr. Scholz (SPD): Ja.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Für die übrigenProjekte liegen Projektskizzen vor. Die Projektträgerwurden aufgefordert, bis spätestens 30. September2000 prüffähige Anträge samt vollständigen Antragsun-terlagen vorzulegen. Von der Staatsregierung wurde,wie vom Bayerischen Landtag beschlossen, ein exter-nes Beratungsunternehmen, die Firma CSC PloenzkeAG, mit dem Controlling des Regionalkonzeptes beauf-tragt. Das Beratungsunternehmen ist seit Anfang Apriltätig. Es unterstützt die Regierungspräsidenten und dieStaatsregierung bei der Umsetzung des Regionalkon-zepts.

Wegen fehlender Verträglichkeit mit EU-notifizierten Pro-grammen musste bisher kein Projekt abgelehnt werden.Die Projekte des Regionalkonzeptes zur Hightech-Of-fensive werden, soweit dies wettbewerbsrechtlich not-wendig ist, im Rahmen von EU-notifizierten Program-men gefördert. Die Staatsregierung wird dem Ausschussfür Staatshaushalt und Finanzfragen gegen Ende desJahres über den Stand der Umsetzung der einzelnenProjekte berichten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: HerrKollege Dr. Scholz.

Dr. Scholz (SPD): Herr Staatsminister, gab es bisherProjekte, die nicht durchführungsfähig sind, und wurdendafür bereits Nachrückerprojekte in Angriff genommen?

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Herr Kollege, vorkurzem gab es in der Staatskanzlei eine Besprechungmit Vertretern der Regierungen und der zuständigenMinisterien. Dabei haben wir versucht, uns einen Über-blick über die Realisierungsmöglichkeiten zu verschaf-fen. Es deutet sich an, dass einzelne Projekte nicht odernicht mehr realisierungsfähig sind. Deshalb hat derBayerische Landtag bereits eine Liste von Ersatzprojek-ten beschlossen.

Die Staatskanzlei und die Ministerien haben die Regie-rungen ermächtigt und beauftragt, bei Erkennen vonNichtrealisierbarkeit Projekte der Ersatzliste oder auchandere Projekte in Angriff zu nehmen, damit keine Ver-zögerung entsteht. Wir wollen mögliche Projekte, dienoch nicht in den Ersatzlisten stehen, zusammen mitdem Haushalt 2001 dem Parlament zur Entscheidungvorlegen. Wir arbeiten also konsequent an einer unver-züglichen Realisierung all dieser Projekte der Regional-konzepte.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine weitereZusatzfrage: Herr Kollege Dr. Scholz.

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2718 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Dr. Scholz (SPD): Herr Staatsminister, wie erklären Siesich, dass bisher nur 50 von 165 Projekten beantragtworden sind? Ich erinnere in diesem Zusammenhang andie Eile, mit der die Staatsregierung seinerzeit die Pro-jekte auf den Weg gebracht hat. Welche Gründe gibt es,dass fünf Monate nach dem Stichtag 1. Januar erst 50Projekte beantragt worden sind?

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Mit annäherndeinem Drittel beantragter Projekte sind wir auf einemguten Weg. Das Programm ist auf mehrere Jahre ange-legt. Es wäre in der Tat möglich gewesen, noch mehrProjekte zu beantragen. Nach meiner Einschätzung liegtder Grund dafür, dass das nicht geschehen ist, darin,dass in der Vergangenheit noch nicht die für die Antrag-stellung notwendigen Unterlagen zusammengetragenworden sind. Bei vielen Projekten liegen nur Skizzen vor.Es ist notwendig, jetzt beispielsweise die Zusammenar-beit zwischen einer Fachhochschule, einer Kommuneund einem Wirtschaftsunternehmen konkret zu organi-sieren und umzusetzen. Das nimmt mitunter einige Zeitin Anspruch.

Im Moment kann ich nicht erkennen, dass es hier zubewussten Verzögerungen käme oder dass gar ein Ver-schulden der Behörden vorliegt. Ich werde Ihren ver-steckten Hinweis, darauf zu achten, dass es zügig vorangeht, aber beherzigen, denn das ist auch im Interesseder Staatsregierung.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz-frage: Herr Dr. Scholz.

Dr. Scholz (SPD): Herr Staatsminister, welches Verfah-ren ist vorgesehen, wenn neue Projekte eine Chancehaben, die nicht in der Ergänzungsliste genannt werden.Welche Rolle spielt dann der regionale Kreis der Ent-scheidungsbefugten? Wie erfolgt die weitere Vorgehens-weise?

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Das ist in der Tateine Frage, die sehr oft gestellt wird, Herr Dr. Scholz.Selbstverständlich ist es so, dass die 50 Millionen DM,die für einen Regierungsbezirk vorgesehen sind, in die-sem Regierungsbezirk auch bleiben. Ein Transfer vonGeldern, also von Projektmitteln in andere Regierungs-bezirke ist in keiner Weise gegeben. Wenn in einemRegierungsbezirk möglicherweise Projekte entfallen,dann kommen die in diesem Regierungsbezirk festge-legten Nachrückprojekte zum Zuge. Das erfolgt in glei-cher Weise wie in der Vergangenheit: Unter der Feder-führung des Regierungspräsidenten und des regionalenArbeitskreises erfolgt die Auswahl und die Prüfung. DieProjekte werden dann den Ministerien vorgeschlagen.Sollte es sich dabei um Projekte handeln, die noch nichtin der Nachrückerliste sind, dann werden wir sie im Zugedes Haushalts 2000 dem Parlament vorlegen.

Ich möchte noch einmal unterstreichen: Wir haben vonAnfang an gewusst, dass es hier besondere Risiken gibt.Auf diese besonderen Risiken habe ich im Haushalts-ausschuss des Landtags ausdrücklich hingewiesen. DieSituation war dem Parlament durchaus bekannt. Das

war auch der Grund dafür, dass wir ein externes Bera-tungsunternehmen eingeschaltet haben, um solche Ent-wicklungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfallsfür ein Ersatzprojekt sorgen zu können. Ich glaube, dassdie Struktur hier richtig angelegt ist. Wir sind bereitsdabei, neue Projekte auf den Weg zu bringen, auf diezurückgegriffen werden kann, falls dies notwendig wer-den sollte.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich rufe dienächste Frage auf: Herr Kollege Franzke, bitte.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrStaatsminister, wie beurteilt die Staatsregierung die Ent-wicklung im Bundesliga-Fußball, wonach Spiele nurnoch im Bezahl-TV live zu sehen sein werden, wasunternimmt die Staatsregierung dagegen, und was tutder Ministerpräsident, der auch „Funktionär“ des FCBayern ist, gegen diese Entwicklung, die – neben den irr-witzigen Gehalts- und Kaufsummen für internationaleSportler – den Sport immer mehr ins Abseits bringt?

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Frau Präsiden-tin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Franzkegreift hier ein Problem auf, das viele Fußfallfans sehrinteressiert. Ich möchte der Antwort vorwegschicken:Life ist live. Das bedeutet: Das beste Erlebnis hat man imStadion selbst. Deshalb muss sich aber jeder selbst umeine Eintrittskarte bemühen.

(Franzke (SPD): Wer kann das schon!)

Sie greifen eine Thematik auf, die Kollege Hoderlein ineiner Erklärung vom 5. Mai 2000 bereits ausgeschlach-tet hat. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat ihm daraufhin am13. Mai 2000 bescheinigt, dass er damit „völlig daneben“liegt und hat ihm dafür das Prädikat „Spezialist für Eigen-tore“ verliehen. Sie werden verstehen, wenn ich michdieser Beurteilung anschließe.

(Franzke (SPD): Die Gründe, weshalb Sie sich demanschließen können, würden mich schon interessie-ren!)

– Ich bin schon dabei. Auch Sie, Herr Kollege, gehen inIhrer Fragestellung von falschen Voraussetzungen aus.Sie unterstellen und beklagen nämlich, dass die Spieleder Fußball-Bundesliga künftig nur noch im Bezahl-Fern-sehen live zu sehen sein werden. Sie unterstellen damit,dass die Bundesliga-Spiele bislang im Free-TV zumin-dest in größerem Umfang live ausgestrahlt wordenseien. Das ist aber gerade nicht so.

Pro Jahr wurden bisher fünf Bundesliga-Spiele live inSat 1 – und damit im Free-TV – gezeigt. Insgesamt gibtes etwa 150 Spiele pro Jahr, die im freien, also nichtbezahlten Fernsehen gezeigt werden. Davon sind fünfBundesliga-Spiele. Bei den anderen 145 Fußballspielentritt also keine Veränderung ein. Ich meine deshalb, beidiesem kleinen Prozentsatz ist so viel Aufregung eigent-lich nicht angebracht.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2719

Im Übrigen soll es auch viele Zuschauer geben, die garnicht so traurig darüber sind, wenn andere interessanteSendungen wegen einer aktuellen Fußballübertragungnicht ausfallen.

Im Gegensatz zu Ihrer Annahme, Herr Kollege, wird dasGesamtangebot für Fußballfans im Fernsehen deutlichbesser. Der Vertrag zwischen dem DFB und der Kirch-Gruppe wird erstmals etwas ermöglichen, was in derVergangenheit zu keinem Zeitpunkt möglich war. DieFußball-Fans werden erstmals jedes beliebige Fußball-Bundesliga-Spiel live im Fernsehen verfolgen können.Jedes Spiel. Das konnte das Free-TV nie bieten, weil esdie Kapazitäten dafür nicht hat und weil Fußball durchWerbeeinnahmen allein schon lange nicht mehr refinan-zierbar ist. Nur das Bezahl-Fernsehen kann diesen Ser-vice für die Fußball-Fans ermöglichen, den es bishernicht gab – das möchte ich noch einmal ausdrücklichunterstreichen.

Sie fragen auch danach, wie es außerhalb des Bezahl-Fernsehens aussieht. Wichtig ist selbstverständlich,dass sich jeder Zuschauer über die Bundesliga im freiempfangbaren Fernsehen informieren kann. Dies wirddurch das auf Initiative von Ministerpräsident Dr.Edmund Stoiber im Rundfunkstaatsvertrag verankerteRecht auf aktuelle Kurzberichterstattung gesichert. Ichbin aber sicher, dass sich die Berichterstattung imFree-TV darauf nicht beschränken wird. Fußball-Rechtesind heute so teuer – man liest von 750 Millionen DM proBundesliga-Saison –, dass sie der Rechte-Erwerber nurnoch durch eine Mehrfachverwertung refinanzierenkann. Das schließt ausführliche Berichterstattungen imFree-TV selbstverständlich ein.

Im Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der zum 1.April dieses Jahres in Kraft getreten ist, wird darüberhinaus die Übertragung von sportlichen Großereignissendem freien Fernsehen vorbehalten. Das ist sehr wichtig.Beim Fußball gilt dies für alle Spiele der Deutschen Fuß-ball-Nationalmannschaft, für die wichtigsten Spiele beider Fußball-Europa- und -Weltmeisterschaft, für dieHalbfinalspiele und das Endspiel um den DFB-Vereins-pokal sowie für die Endspiele der Europäischen Vereins-meisterschaften im Fußball bei deutscher Beteiligung,nämlich bei Champions-League und beim UEFA-Cup.Bei all diesen Spielen wünschen wir uns selbstverständ-lich eine deutsche Beteiligung.

Dies alles zusammengenommen sichert auch für dieZukunft, dass im frei empfangbaren Fernsehen viel Fuß-ball live zu sehen sein wird. Die Sorge, der Sport werdeim Fernsehen ins Abseits gedrängt, wird Woche fürWoche widerlegt.

Im Übrigen möchte ich zu den Gehalts- und Transfer-summen im Profi-Fußball sagen, dass die Mitglieder derStaatsregierung hierzu selbstverständlich eine persönli-che Meinung haben, die wir zuständigkeitshalber amFußball-Stammtisch erörtern können.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage:Herr Kollege Franzke.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): VielenDank für Ihren Hinweis. Vielleicht sehen wir uns einmalbei einem Stammtisch. Dann können wir die Summenerörtern. Sind Sie nicht der Auffassung, dass Sie dieseProblematik etwas herunterspielen? Ich möchte aus derPresse der letzten Wochen zitieren. In der „Abendzei-tung“ stand: „Länderspiele gratis bei ARD und ZDF,Champions-League gratis bei RTL. Nur wer die Bundes-liga live sehen will, muss in Zukunft 60 DM mehr imMonat bezahlen.“ Sind Sie als Vertreter der Staatsregie-rung der Auffassung, dass dies eine positive Entwick-lung ist?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staats-minister.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Unter dem Strichhalte ich dies in der Tat für eine positive Entwicklung;denn jeder Fußballfan in Deutschland hat in der Zukunftdie Möglichkeit, jedes Bundesligaspiel zu sehen.

(Franzke (SPD): Wenn er finanziell dazu in der Lageist!)

– Richtig. In der Vergangenheit hatte er diese Möglich-keit nicht. Ich verweise darauf: Während einer Saisongab es nur die genannten fünf Spiele. Man kann alsonicht sagen, dass es jetzt sehr viel weniger wären. Unterdem Strich haben sich die Möglichkeiten für die Fußball-fans durch diese Neuregelung deutlich verbessert. Ichmuss jedoch noch darauf hinweisen, hier handelt es sichum eine Vereinbarung zwischen dem DFB und demRechtekäufer, die ohne Einfluss der Politik zustandekam. Hier wurde ein privatrechtlicher Vertrag geschlos-sen. Sie kennen die Beträge, um die es geht. Diese Ver-einbarung entzieht sich dem Einfluss der Staatsregie-rung. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, wir hättendiese Regelung getroffen oder herbeigeführt. Ich bin derAuffassung, durch diese Regelung wird das Fußballan-gebot in der nächsten Saison so breit, tief und großartigwie nie zuvor sein, vorausgesetzt, dass die Spiele groß-artig sind.

(Franzke (SPD): Vorausgesetzt, man kann es sichleisten!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatz-frage: Herr Kollege Franzke.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Ichmöchte zwei Zitate anführen. „Das ist ein Riesenfort-schritt, eine der demokratischsten Entscheidungen über-haupt.“ Dieses Zitat stammt von Uli Hoeneß. Das zweiteZitat lautet: „Diese herrliche Sportart verkommt zu einerHandelsware, zu einer reinen Gelddruckmaschine. Frü-her stand das Spiel im Mittelpunkt. Heute geht es nurnoch ums Gelddrucken.“ Dieses Zitat stammt von WilliLemke, dem ehemaligen Manager von Werder Bremen.Zu welcher dieser beiden Aussagen würden Sie sichbekennen? Ich weise darauf hin, Herr Lemke bekleidet inBremen das Amt eines Ministers.

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2720 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staats-minister.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Ich kann nurmeine persönliche Meinung sagen; denn es handelt sichhier um einen privatrechtlichen Vorgang den wir übli-cherweise nicht qualifizieren und beurteilen. Ich möchteder guten Ordnung halber sagen, dass mir Herr Hoeneßnäher als Herr Lemke steht. Ich bin der Meinung, dieseVereinbarung zwischen dem DFB und dem Rechtekäu-fer stellt ein sehr breites und gutes Angebot dar. JederFußballfan in Deutschland wird auch im Free-TV überjeden Spieltag gut informiert. Darüber hinaus besteht dieMöglichkeit, die Spiele live und in ganzer Länge imBezahlfernsehen zu sehen. Ich glaube, ein solchesAngebot wäre anders nicht zu finanzieren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz-frage: Herr Kollege Franzke.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Offenbarsieht die Staatsregierung diese Entwicklung voll positiv.Ich möchte aus der Fragestunde vom 24. November1999 zitieren, in der ich nachfragte, ob die Staatsregie-rung nicht endlich bereit wäre, zumindest im Zusammen-hang mit dem Profifußball und den 36 Vereinen dieöffentlichen Gelder, die durch Polizeieinsätze und Ähnli-ches in diese Klubs fließen, künftig mit Gebühren zubelegen.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei): Ich bin nicht derMeinung, dass wir die Vereine mit irgendwelchenGebühren belegen sollten.

(Franzke (SPD): Aber sonst immer auf den schlan-ken Staat setzen!)

Ich bin darüber erfreut, dass es gelungen ist, soweit derStaat dies beeinflussen kann, Fußballspiele, die Spieleder Nationalmannschaft und Spitzenspiele um den DFB-Vereinspokal über Rundfunkstaatsverträge abzusichern,sodass ein gutes Angebot entstanden ist. Soweit mandies von staatlicher Seite überhaupt beurteilen soll, seheich dies sehr positiv. Wir sollten diese Entscheidung mitMut angehen und uns in einem Jahr nochmal darüberunterhalten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun denStaatssekretär aus dem Staatsministerium für Unterrichtund Kultus um die Beantwortung der nächsten Fragen.Der erste Fragesteller ist Herr Kollege Hausmann.

Hausmann (CSU): Sehr geehrter Herr StaatssekretärFreller, wie wird in Bayern die Berufsschulpflicht über-wacht und sind die heutigen rechtlichen Vorgaben nochzeitgemäß und wirkungsvoll, auch schwierige Schülerin-nen und Schüler zum Berufsschulbesuch zu bewegen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staats-sekretär.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Herr Abge-ordneter Hausmann, Erziehungsberechtigte, Ausbil-dende und Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, dafür zusorgen, dass minderjährige Schulpflichtige ihrer Berufs-schulpflicht nachkommen. Die Schulleiter und Lehrkäftehaben die Erfüllung der Schulpflicht zu überwachen.Maßnahmen zur Durchsetzung der Schulpflicht sind dieVerfolgung ihrer Verletzung als Ordnungswidrigkeit, zumBeispiel mit Geldbuße, und der Schulzwang, das heißtdie zwangsweise Zuführung des Schulpflichtigen zurSchule. Dies sind die formalen Maßnahmen.

Für diesen Schulzwang ist die Kreisverwaltungsbehördezuständig, in deren Bezirk die Berufsschule liegt. Für dieEinhaltung der gesetzlich verankerten Schulpflicht auchbei schwierigen Schülerinnen und Schülern muss insbe-sondere dann gesorgt werden, wenn kein Ausbildungs-verhältnis vorliegt, um den Minderjährigen wenigstensein Minimum an Ausbildung zu vermitteln und um sienicht sich selbst zu überlassen. Treten massive Störun-gen des Unterrichts auf, können schwierige Schülerin-nen oder Schüler ohne Ausbildungsverhältnis durchBeschluss der Lehrerkonferenz entlassen werden. Diesgeht auf einen Antrag aus der Mitte dieses Hauseszurück, wie Ihnen sicherlich bekannt ist. In bestimmtenFällen besteht die Möglichkeit der Befreiung von derSchulpflicht, zum Beispiel beim Besuch von Vollzeitlehr-gängen der Arbeitsverwaltung oder beim Besuch einesBerufsvorbereitungsjahres.

Neben den genannten schulrechtlichen Möglichkeitenzur Sicherstellung der Berufsschulpflicht wird vor allemauch versucht, das Problem, schwierige Schülerinnenund Schüler zum Berufsschulbesuch zu bewegen, durchpädagogische Maßnahmen zu verbessern. Seit demSchuljahr 1999/2000 wird an sieben Standorten erstmalsein Modelversuch zwischen dem Kultusministerium undder Arbeitsverwaltung durchgeführt, um sozial benach-teiligten Schulabgängern im Rahmen der Berufsvorbe-reitung den Einstieg in eine Berufsausbildung zu erleich-tern. Sowohl während der beruflichen Praxis als auchwährend des Berufsschulbesuchs werden diese Jugend-lichen sozialpädagogisch betreut.

Jugendliche, die durch Fernbleiben vom Unterricht ver-suchten, sich der Berufsschulpflicht zu entziehen, konn-ten dafür gewonnen werden, sich in die Berufs– undArbeitswelt zu integrieren. Ein großer Teil nimmt imHerbst 2000 entweder eine betriebliche Berufsausbil-dung auf oder erhält die Zusage für einen Arbeitsplatz.Ich gehe davon aus, dass sich dieser Modellversuchbewährt. Im Falle der Bewährung wird er im Schuljahr2000/2001 augeweitet. Dies wäre die optimale Lösung.Zwangsmaßnahmen sollen nur angewandt werden,wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage,Herr Kollege Hausmann.

Hausmann (CSU): Herr Staatssekretär, ich bin Mitgliedeines Berufsschulbeirates in Kronach für die DeutscheAngestelltengewerkschaft. Ich habe dort diese Frageaufgeworfen und gemerkt, welche Unsicherheit bei die-sem Thema besteht. Schwierige Schülerinnen und

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2721

Schüler haben häufig keine Ausbildung oder erhaltenkeinen Ausbildungsvertrag. Trotzdem sind sie, wenn sieneun Jahre in der Volks- und der Hauptschule waren,berufsschulpflichtig.

Ich möchte Sie nach Ihrem Eindruck fragen, ob dieKreisverwaltungsbehörden energisch durchgreifen oderob sie die Dinge einfach laufen lassen.

(Franzke (SPD): Ob energisch genug?)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staats-sekretär.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Aus denjeweiligen Kreisverwaltungsbehörden sind mir keine Ein-zelaufzeichnungen bekannt, so dass ich hier keinedetaillierte Antwort geben kann. Wir stellen fest, dass dieHandhabung regional unterschiedlich ist. Wenn Einzel-fälle bekannt werden, in denen die Kreisverwaltungsbe-hörden das Fernbleiben vom Unterricht nicht konse-quent verfolgen, bitte ich darum, das dem Kultusministe-rium mitzuteilen, damit wir aufsichtlich eingreifen kön-nen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: HerrKollege Franzke, bitte.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrStaatssekretär, ich kann aus niederbayerischer Sicht nurdas bestätigen, was Kollege Hausmann aus oberfränki-scher Sicht zu dieser Problematik gesagt hat. Ich habeangenommen, dass das dem Kultusministerium bekanntist, weil schon früher ähnliche Anfragen an Ihr Hausgerichtet worden sind. Welche Aufsicht über die Kreis-verwaltungsbehörden haben Sie überhaupt?

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Nach Artikel35 des Bayerischen EUG muss zunächst die Kreisver-waltungsbehörde, in deren Bezirk die Berufsschule liegt,den Schulzwang durchsetzen. Das Ministerium hat diegenerelle Aufsicht und kann eingreifen, wenn die Kreis-verwaltungsbehörden ihrer gesetzlich zugewiesenenPflicht nicht nachkommen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz-frage: Herr Kollege Franzke, bitte.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): WelcheMöglichkeiten hat die Staatsregierung, um hier gezielteinzugreifen bzw. der Schulbehörde Hilfestellung zu leis-ten?

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Die Staats-regierung kann selbstverständlich mit Maßnahmen derRechtsaufsicht, wie sie auch in anderen öffentlichen Ver-waltungen bestehen, eingreifen. Wir können also Druckausüben, damit der Vollzug angeordnet wird.

(Franzke (SPD): Auf die Schulen selbst?)

– Über die Schule selbst können wir das nicht regeln. DieSchule meldet die Abwesenheit, und dann muss dieKreisverwaltungsbehörde entscheiden. Wenn sie nichttätig wird, obwohl dies nötig wäre, müssen wir über dieRegierungen die Kreisverwaltungsbehörden rechtsauf-sichtlich dazu verpflichten. So wird in allen Bereichendes öffentlichen Lebens verfahren, wenn eine Kreisver-waltungsbehörde eine ihr auferlegte Verpflichtung nichteinhält.

(Franzke (SPD): Die kommen dem ja teilweisenach, aber die Schüler halten sich nicht daran! Ander Schule müssten Sie das leisten!)

Ich wäre außerordentlich dankbar, wenn uns derartigeEinzelfälle zur Kenntnis gebracht würden. Ich betoneaber, dass Zwangsmaßnahmen aus pädagogischerSicht mitunter nicht die richtige Lösung sind. Als vor Jah-ren im bildungspolitischen Ausschuss die intensive Dis-kussion über die Möglichkeit geführt wurde, Schüler vomUnterricht auszuschließen, kam von Ihrer Seite der deut-liche Hinweis, dass man dieses Problem mit pädagogi-schen Maßnahmen lösen müsse. Dem stimme ich alsPädagoge grundsätzlich zu.

(Franzke (SPD): Der Problemschüler freut sich nur,wenn er ausgeschlossen wird!)

– Dem Problemschüler hilft es nicht, wenn er ausge-schlossen wird. Die Schule muss aber sicherstellen,dass der Unterrichtsbetrieb ordnungsgemäß aufrechter-halten werden kann. Wenn ein einzelner Schüler derma-ßen stört, dass ein normaler Unterricht nicht gewährleis-tet ist, muss die Schule zunächst sicherstellen, dass dieordentlichen Schüler den Unterricht verfolgen können.Deshalb wurde nach einer langen Diskussion im Plenumdes Bayerischen Landtags – daran kann ich mich nochgut erinnern – diese Maßnahme, die auch von den Lehr-kräften und Schulen gewünscht wurde, in das EUG auf-genommen.

Wir sehen das allerdings nicht als Ideallösung an; dennwer pädagogisch denkt, wird versuchen, mit Maßnah-men der schulbezogenen Jugendsozialarbeit dieseSchüler zu gewinnen. Wo aber Eltern nicht für die Ein-haltung der Schulpflicht sorgen oder volljährige Schülerihrer Schulpflicht nicht nachkommen, müssen Geldbu-ßen und Zwangsmaßnahmen erlassen werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Frage-stellerin ist Frau Pranghofer, bitte.

Frau Pranghofer (SPD): Herr Staatssekretär Freller!Nachdem in der Sitzung des Ausschusses für Bildung,Jugend und Sport vom 04.05.2000 vom Landtagskolle-gen Donhauser, CSU, die Behauptung aufgestellt wurde,dass mindestens 90% der Bibliotheken und Jugend-räume in Bayern einen Computer mit Internet-Anschlusshaben, welcher der Öffentlichkeit allgemein zugänglichist, frage ich die Staatsregierung, ob dies zutrifft, undwenn nein, was die Staatsregierung tut, um den Zugangzum Computer und dem Internet in öffentlichen Räumeninsbesondere für Kinder und Jugendliche zu fördern?

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2722 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre-tär, bitte.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Frau Pranghofer, nachMitteilung des dafür zuständigen Staatsministeriums fürWissenschaft, Forschung und Kunst verfügen alle wis-senschaftlichen Bibliotheken über Computer mit Inter-net-Anschluss. Für die öffentlichen Bibliotheken liegenzwar keine gesicherten Zahlen vor, aber es kann festge-stellt werden, dass seit 1995 in Bayern Investitionenöffentlicher Bibliotheken in den Erwerb und die Einrich-tung von Internet-Arbeitsplätzen im Rahmen der geziel-ten Projektförderung aus den Haushaltsmitteln für dieFörderung des öffentlichen Bibliothekswesens bezu-schusst werden. Gefördert werden der Kauf von Compu-tern, Peripheriegeräten und erforderlicher Software.Darüber hinaus wird von staatlicher Seite ein Fortbil-dungsangebot zum Internet und zur Online-Dokument-bestellung für öffentliche Bibliotheken angeboten.

Für die Einrichtungen der Jugendarbeit liegen keinezusammengefassten Zahlen vor, weil die Zuständigkeithierfür nicht beim Freistaat Bayern, sondern bei denKommunen liegt. Computer und Internet-Zugänge ste-hen aber bereits vielfach zur Verfügung. Es ist zu erwar-ten, dass im Laufe der nächsten Jahre alle Einrichtungenüber eine derartige Ausstattung verfügen werden. ImHinblick auf die angespannte Mittelsituation im Bereichdes Kinder- und Jugendprogramms der BayerischenStaatsregierung wird keine Möglichkeit gesehen, einstaatliches Förderprogramm für eine Ergänzung desbestehenden Angebots einzurichten. Die Kommunenhaben hier eine große Verantwortung, der sie oft gerechtwerden. Dieses Thema eignet sich zur Diskussion inKommunalparlamenten, bei denen die FraktionenAnträge auf Ausstattungen einbringen können.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: FrauPranghofer, bitte.

Frau Pranghofer (SPD): Herr Staatssekretär, Sie habenehrlicherweise zugegeben, dass – zumindest für denAufgabenbereich der Kommunen – keine genauen Zah-len für die Ausstattung mit Computern und Internet-An-schlüssen vorliegen. Ich will konkret nachfragen, weil esnicht um Arbeitsplätze, sondern um den Zugang derÖffentlichkeit zum Internet geht. Da Sie vom Kabinettden Auftrag haben, den der Ministerpräsident sobeschrieben hat, dass das Internet für jeden Bürger inGriffnähe sein soll, interessiert mich, wie Sie den Begriff„Griffnähe“ interpretieren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre-tär, bitte.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Frau Abge-ordnete, das ist eine aus Ressortsicht kaum zu beant-wortende Frage. Als Kultusstaatssekretär ist für michzunächst entscheidend, eine bestmögliche Ausstattungder Schulen zu erreichen. Sie wissen, dass unsereSchulen inzwischen über 100000 Computer verfügen,

dass wir nahezu alle weiterführenden Schulen mit Fach-räumen ausgestattet haben, und Sie kennen die ein-schlägigen Vergleiche in großen Magazinen, zum Bei-spiel in „FOCUS“, wo Bayern gegenüber anderen Län-dern außerordentlich gut abgeschnitten hat. Wir sindbestrebt – die Fraktion hat uns dankenswerterweisenoch 60 Millionen für die Ausstattung zur Verfügunggestellt –, zwischen 90 und 100% aller weiterführendenSchulen in kürzester Zeit ans Netz zu bringen.

Der Staat ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die jun-gen Menschen befähigt werden, mit Computern, Internetund den Möglichkeiten von Multimedia umzugehen.Sicherlich wird es uns nicht gelingen, dass wir in ganzBayern Internetzellen wie Telefonzellen aufstellen. Wich-tig ist es, dass wir mithelfen, Erleichterungen beim Netz-zugang zu schaffen, wofür die Staatsregierung aller-dings nur bedingt zuständig ist. Hier hat auch der Bundeine große Verantwortung. Wir sind selbstverständlichdaran interessiert, dass im Land das Internet genutztwird. Wenn aber ein Staat etwas getan hat, um den Inter-netzugang zu erleichtern, war es zweifellos Bayern, dasmit „Bayern Online“ und allen damit verbundenen Aktivi-täten beim Internet mittlerweile einen relativ hohenAnschlussgrad erreicht hat. Mit einer Vielfalt von Maß-nahmen im Rahmen der Hightech-Kampagne werdenwir die Zahl der Anschlüsse in Bayern erhöhen. Eswürde aber auch die Kräfte des Freistaates Bayern über-fordern, wenn wir sicherstellen müssten, dass jedem einöffentlicher Internetzugang zur Verfügung steht.

In der Jugendarbeit ist es vor allem wichtig, dass wirauch die Jugendleiter aus- und fortbilden. So viel ergän-zend auf Ihre Frage, inwieweit in den Einrichtungen derJugendhilfe die Aufgabe wahrgenommen wird, Zugangzum Internet zu schaffen. Für diesen Zweck brauchenwir natürlich auch ausgebildete Mitarbeiter. Dabei stelltsich heraus, dass eine ganze Reihe von Fachveranstal-tungen zu diesen Themen aus Mitteln des Jugendpro-gramms der Bayerischen Staatsregierung finanziert undunterstützt wird. Darüber hinaus baut der BayerischeJugendring derzeit im Rahmen von „Bayern Online“ eineDatenbank „Bayerische Jugendserver“ auf. Im Zuge desAufbaus dieses Jugendinformationssystems werdenauch zusätzliche Fortbildungsangebote bereit gestellt.

Ich darf an dieser Stelle noch etwas erwähnen, was inBayern sicher wegweisend war. Der langjährige Vorsit-zende dieser Einrichtung sitzt hier im Plenarsaal. Kol-lege Klinger war Vorsitzender des Bürgernetzvereins.Dieser Verein unternahm im Freistaat einen großen Auf-bruch, um möglichst rasch und möglichst vielen BürgernZugang zum Internet zu ermöglichen. Ich wüsste keinBundesland, in dem man mit einer so kraftvollen Initia-tive das Internet leicht, finanzierbar und flächendeckendzugänglich gemacht hat. Ich glaube, dass es der wich-tigste Schritt war, in Bayern in einer Zeit, als anderswodieses Thema in dieser Deutlichkeit überhaupt nochnicht erkannt wurde, Bürgernetzvereine aufzubauen, umdamit billige Einwählknoten für die notwendigen Verbin-dungen zu bekommen. Das war für mich der entschei-dende Schritt, um den Internetanschluss finanzierbarund bezahlbar zu machen.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2723

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es noch eineweitere Zusatzfrage? – Frau Pranghofer.

Frau Pranghofer (SPD): Herr Staatssekretär Freller,entscheidend ist doch sicherlich, dass wir Kindern,Jugendlichen und auch Erwachsenen den Zugang zumInternet ermöglichen. Sie wissen selbst, dass nur in etwadie Hälfte der Haushalte über einen Computer mit Inter-netanschluss verfügt, die andere Hälfte jedoch nochnicht. Deswegen ist es sicherlich eine öffentliche Auf-gabe, die Bereitstellung von Internetanschlüssen inöffentlichen Räumen zu fördern. Mich würde es interes-sieren, warum Sie den Kommunen bei der Erfüllung ihrerAufgaben, die Sie auch anerkennen, keine Unterstüt-zung gewähren und keine Förderprogramme dafür auf-stellen.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Frau Abge-ordnete, den Kommunen wird in vielfacher Hinsichtgeholfen, damit eine Vernetzung erfolgen kann. Ichweise noch einmal ausdrücklich auf die Bürgernetzver-eine hin, die den Zweck haben, für eine Kommune undderen Bürgerinnen und Bürger einen erleichterten undschnellen Einstieg ins Internet zu verschaffen.

Bei der Jugendarbeit sind die Kompetenzen gesetzlichklar verteilt. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetzhaben die Kommunen eine klare Verantwortung. IhreAnfrage kann ich durchaus nachvollziehen. Wer solange wie ich in der Jugendarbeit tätig gewesen ist, weißaber auch, dass jede Ebene ihre Zuständigkeit hat. DieKommunen sind sicherlich nicht überfordert, wenn sieein oder zwei Computer in ihre Jugendräume stellen. Inden meisten Kommunen geschieht dies auch. Wir wer-den jedoch alles tun, damit das Netz dicht und schnellwird. Jedem Bürger aber einen Computer mit Internetan-schluss ins Haus zu stellen, kann beim besten Willennicht Aufgabe des Staates sein. Die Bürger sind dafürselbst verantwortlich. Die Preise für einen Internetan-schluss sind in den meisten Fällen auch erschwinglich.Die Tatsache, dass sich das Internet in den letzten Jah-ren immer mehr ausgeweitet hat, lässt doch daraufschließen, dass wir zu einer Gesellschaft kommen, inder das Internet bald nicht mehr wegzudenken sein wird.Wer es aber nicht haben will und wer nicht damit umge-hen will, den wird man auch nicht dazu zwingen können.

Für mich ist es ganz entscheidend, dass junge Leuteschon in der Schule im Umgang mit diesem Mediumgelehrt werden. An unseren Schulen laufen eine Füllevon Programmen, bei denen das Internet im Unterrichteingesetzt wird. Das Internet kann in den verschiedens-ten Fächern genutzt werden. Ich sehe es immer wieder,wie gewinnbringend das Internet eingesetzt werdenkann. Ich denke nur an den Erdkundeunterricht, wo Siesich mit einer Life-Kamera den Ätna herholen können,wenn über Vulkanismus gesprochen wird. Oder ichdenke daran, dass für den Fremdsprachenunterrichtsämtliche Tageszeitungen aus England und Frankreichvom Internet heruntergeladen werden können. Das istdie richtige Form, wie man junge Leute im Umgang mitdem Internet unterrichtet.

Ich möchte dabei aber auch auf einen anderen Aspekthinweisen. Ich habe kürzlich von anderen Bürgerinnenund Bürgern gehört, dass sie das Internet nicht so positivsehen, wie ich es darstelle. Diese wiederum möchtennicht, dass ihr Sohn oder ihre Tochter überall und jeder-zeit Zugang zu sämtlichen Internetangeboten haben.Auch über diese These lohnt es sich zu diskutieren. Beialler Euphorie und bei allen positiven Bewertungen desInternets müssen wir auch auf die Gefahren Acht geben,die bei einem ungehinderten Zugang zum Internet aufjunge Menschen zukommen können. Das Internet istkein Kinderspielzeug, das sei an dieser Stelle auch ver-merkt. Alles das, was man ohne Verantwortung aus demInternet herunterladen kann, hat leider auch viele nega-tive Seiten. Wir müssen unsere Jugend daher vor allemzu einem verantwortungsbewussten Umgang mit die-sem neuen Medium hinführen. Wir dürfen nicht nur aus-schließlich darauf achten, dass ein freier Zugangbesteht.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es eine wei-tere Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall. Die nächsteFrage stellt Herr Kollege Mehrlich

Mehrlich (SPD): Herr Staatssekretär, wie beurteilt dieStaatsregierung die Praxis der Landratsämter, Fahrgeldfür den Besuch einer außerhalb des Landkreises liegen-den sechszügigen Realschule auch dann nicht zu zah-len, wenn es im Heimatlandkreis des Schülers bzw. derSchülerin eine solche nicht gibt?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre-tär.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Herr Abge-ordneter Mehrlich, gemäß Artikel 1 Absatz 1 des Geset-zes über die Kostenfreiheit des Schulwegs und § 2Absatz 1 der Schülerbeförderungsverordnung bestehtBeförderungspflicht auf dem Schulweg zu derjenigenSchule der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fach-richtung, die mit dem geringsten Beförderungsaufwanderreichbar ist. Sechsstufige und vierstufige Realschulensind im Sinne dieser schülerbeförderungsrechtlichenRegelung gleichwertig. Im Verhältnis von vier- undsechsstufiger Realschule gilt daher der Grundsatz derBeförderungspflicht zur nächstgelegenen Schule. Damitsollte die Beeinträchtigung gewachsener Einzugsberei-che der vierstufigen Realschule verhindert werden.

Gemäß § 2 Absatz 4 der Schülerbeförderungsverord-nung kann die Beförderung zu einer anderen als zurnächstgelegenen Schule ganz oder teilweise übernom-men werden, wenn unter anderem der Beförderungsauf-wand die ersparten Beförderungskosten zur nächstgele-genen Schule um nicht mehr als 20% übersteigt oder diebetroffenen Aufwandsträger und Schulen zustimmen.Den Aufwandsträgern der Schülerbeförderung wurdeempfohlen zu prüfen, ob im Wege der Zustimmung derbetroffenen Aufwandsträger und Schulen nicht docheine Erstattung der Beförderungskosten zur sechsstufi-gen Realschule möglich ist, wenn eine mit geringeremKostenaufwand erreichbare vierstufige Realschule vor-handen ist. Entscheidend für die Frage der Kostenerstat-

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tungspflicht bei einer Beförderung zur sechsstufigenRealschule ist somit nicht, ob es im Heimatlandkreis desSchülers eine solche Realschule nicht gibt, sondern obeine vierstufige Realschule näher gelegen ist.

Frau Zweite Präsidentin Riess: Zusatzfrage: HerrMehrlich.

Mehrlich (SPD): Herr Staatssekretär, hat Ihr Haus einenÜberblick über die Entwicklung in dieser Richtung? Mitanderen Worten: Haben Sie einen Überblick darüber,inwieweit Schülerinnen und Schüler bereits sechsstufigeRealschulen außerhalb ihres Heimatlandkreises besu-chen und welcher Mehraufwand für die Eltern dadurchentstanden ist, dass in den meisten Fällen die Schulweg-kosten nicht erstattet werden?

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Herr Abge-ordneter, da die entsprechenden Entscheidungen vorOrt fallen und Probleme zumeist vor Ort gelöst werden,besteht in dem Zusammenhang keine Berichterstat-tungspflicht gegenüber dem Kultusministerium. Dochbiete ich Ihnen gern an, uns vorliegende Zahlen an Sieweiterzugeben. Ich bitte um Nachsicht dafür, dass wirkein detailliertes Zahlenmaterial vorlegen können. Es istsicherlich möglich, Ihre Anfrage gezielt weiterzuverfol-gen, soweit damit kein ungebührlich hoher Aufwand ver-bunden ist und Sie nicht wünschen, dass wir sämtlicheKommunen anschreiben. Wenn das Ganze einigerma-ßen erfasst bzw. erfassbar ist, können Sie eine verlässli-che Antwort bekommen.

(Mehrlich (SPD): Ich bitte darum!)

Frau Zweite Präsidentin Riess: Gibt es weitere Zusatz-fragen? – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe damit dieFragestunde. Frau Kollegin Naaß hat nun eine Frage zurGeschäftsordnung. Bitte, Frau Kollegin.

Frau Naaß (SPD): Frau Präsidentin, Herr Staatssekre-tär, meine Damen und Herren! Ich möchte gerne imÄltestenrat klären lassen, wie es sein kann, dass ichzwar bis 13 Uhr, dem Zeitpunkt des Endes der Frage-stunde, meine Frage nicht haben stellen können, dieAntwort darauf aber bereits um 12.16 Uhr irgendwohingefaxt wurde – die Faxnummer steht auf dem mir vorlie-genden Blatt. Ich denke, so kann man mit Abgeordnetennicht umgehen. Es darf nicht passieren, dass die Staats-regierung Antworten auf Fragen, die ich hier im Plenumnoch gar nicht gestellt habe, an die Öffentlichkeit heraus-gibt. Derlei stellt eine Missachtung des Parlaments dar.Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, wer es war. Dochdarf so etwas nicht passieren. Frau Präsidentin, ich bittedarum, diesen Sachverhalt in der nächsten Sitzung desÄltestenrats zu behandeln. Ich gebe Ihnen den entspre-chenden Faxbericht, der mir von einem Kollegen über-mittelt wurde.

Frau Zweite Präsidentin Riess: Frau Kollegin, ich habedavon erfahren. Wir konnten es in der kurzen Zeit nichtrecherchieren. Wir werden der Sache nachgehen und

uns in der nächsten Ältestenratsitzung mit diesem Vorfallbefassen.

Frau Naaß (SPD): Ich bedanke mich.

Frau Zweite Präsidentin Riess: Meine Damen undHerren, wir unterbrechen die Sitzung für eine Mittags-pause bis 14 Uhr.

(Unterbrechung von 13.03 bis 14.07 Uhr)

Präsident Böhm: Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Wir fahren mit der Sitzung fort. Bevor wir in die Tages-ordnung einsteigen, gebe ich das Ergebnis der vorherdurchgeführten Wahl der Präsidentin des BayerischenVerfassungsgerichtshofs bekannt – das war Tagesord-nungspunkt 3. An der Wahl haben 171 Abgeordnete teil-genommen. Auf Frau Hildegund Holzheid entfielen 108Stimmen. Mit Nein stimmten 59 Abgeordnete. IhrerStimme enthalten haben sich vier Abgeordnete. Ichstelle fest, dass der Bayerische Landtag Frau HildegundHolzheid mit Wirkung ab 1. Juli 2000 erneut zur Präsi-dentin des Verfassungsgerichtshofs gewählt hat.

(Beifall bei der CSU)

Ich gebe auch noch das Ergebnis der namentlichenAbstimmung zu den Eingaben bekannt – das war Tages-ordnungspunkt 5: Ja-Stimmen 99, Nein-Stimmen 65,Stimmenthaltungen 1. Damit ist dem Votum des Aus-schusses für Eingaben und Beschwerden entsprochenworden.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Nun rufe ich die zum Plenum eingereichten Dringlich-keitsanträge auf.

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten RenateSchmidt, Maget, Dr. Baumann und anderer und Frak-tion (SPD)

Ballungsraumzulage (Drs. 14/3572)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Kellner,Schopper und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fortführung der Ballungsraumzulage (Drs. 14/3579)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dr.Bernhard, Dr. Eykmann und anderer und Fraktion(CSU)

Ballungsraumzulage (Drs. 14/3593)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wortmeldun-gen: Herr Kollege Maget.

Maget (SPD): Meine sehr geehrten Damen und Herren,liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Eigent-lich wäre es schön gewesen, wenn wir zu diesem Thema

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2725

einen gemeinsamen Antrag zumindest der Kolleginnenund Kollegen aus München und aus der Region hätteneinbringen können.

(Dr. Eykmann (CSU): Das ist schon falsch, Herr Kol-lege! Das ist kein Münchner Thema!)

– Regen Sie sich doch nicht auf; ich habe gesagt: Zumin-dest

(Dr. Eykmann (CSU): Nein!)

der Münchner Kolleginnen und Kollegen. Zumindesthabe ich meinen Münchner Kolleginnen und Kollegeneinen solchen Vorschlag unterbreitet. Natürlich steht esIhnen frei, dem auch beizutreten. Wir freuen uns überjeden, der eine Ballungsraumzulage für erforderlich hältund diese mit unterstützt. Sie haben anschließend Gele-genheit, dieser Forderung auch beizutreten. Wir würdenuns darüber freuen.

Nun ist es dazu aber leider nicht gekommen, und deswe-gen liegen drei Dringlichkeitsanträge vor, über die wirabstimmen müssen. Wir unterstützen natürlich denAntrag der CSU-Fraktion, weil wir auch wollen, dass derFinanzminister darüber berichtet und uns vorträgt – daswird er sicher auch heute bei dieser Gelegenheit tun –,welche rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen sind,um die Ballungsraumzulage weiter gewähren zu können.

Wir wollen aber auch über unseren Dringlichkeitsantragabstimmen lassen, der deutlich machen wird, was die-ses Haus denn eigentlich will. Ich denke, die Beschäftig-ten des öffentlichen Dienstes in den unteren Besol-dungsgruppen, die in den Genuss dieser Zulage kom-men, haben einen Anspruch darauf, dass diese Frageschnell entschieden wird. Sie kann und soll heute ent-schieden werden. Ich habe den Zeitungen entnommen,dass auch innerhalb der CSU-Fraktion einige oder sehrviele Kolleginnen und Kollegen diesen Vorstoß unterstüt-zen werden. Deshalb ist die Grundlage dafür gegeben,dass wir heute über unseren Antrag in namentlicherAbstimmung, die ich hiermit, Herr Präsident, beantragenmöchte, befinden können.

Präsident Böhm: Zu Ihrem Antrag?

Maget (SPD): Ja.

Ich will nur in ganz wenigen Sätzen ausführen, worum esin der Sache geht, weil anschließend Kolleginnen undKollegen von mir im Detail dazu sprechen können. ImGrunde genommen geht es nur darum, den Beschäftig-ten, die ihren Dienst in der Landeshauptstadt Münchenund in anderen teueren Ballungsregionen tun müssen,einen ganz kleinen Ausgleich für die überhöhtenLebenshaltungskosten, insbesondere bei den Mieten, zugewähren. Dieses ist ein Stück nicht nur sozialer Zuver-lässigkeit des Arbeitgebers oder Dienstherrn, sondernauch ein Element einer vernünftigen Personalwirtschaft.Wir wissen alle, dass gerade in unserer Landeshaupt-stadt sehr viele Menschen, beispielsweise bei der Poli-zei, ihren Dienst tun, die zwangsversetzt sind, die ausRegionen kommen, in denen sie mit ihrem Einkommen

eine wesentlich höhere Lebensqualität haben würdenals an dem Dienstort, in dem sie zwangsweise ihre Auf-gaben erfüllen müssen. Ich denke, es ist gerechtfertigt,dass man hierfür einen gewissen Ausgleich in Form die-ser Ballungsraumzulage gewährt.

Eigentlich ist es eine Schande, dass wir darüber über-haupt reden müssen. Es geht um 150 DM im Monat fürdie unteren und untersten Besoldungsgruppen pluseinige DM mehr für Kinder. Dass ein Finanzminister denVorschlag macht – das unterstelle ich jetzt –, diese Bal-lungsraumzulage einzusparen, ein Finanzminister, derausgerechnet aus München kommt und die Situationkennen müsste, halte ich für unangemessen.

Ich finde es auch in hohem Maße ärgerlich, denn eserweckt den Eindruck, als ob er überhaupt nicht weiß,wie es ist, mit einem geringen Einkommen in dieserStadt leben zu müssen.

(Beifall bei der SPD)

Das nehme ich ihm nicht übel, aber das ist natürlich einschlechtes Signal in Richtung dieser Kolleginnen undKollegen. Ich denke, es ist richtig, wenn dieses HoheHaus heue möglichst übereinstimmend sagt, wir wollendiese Ballungsraumzulage aus verschiedenen Gründenweiterhin gewähren und wir schaffen als Landesgesetz-geber hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen, dieman schaffen kann, und zwar völlig unproblematisch,wenn man es nur will. Deswegen bitte ich Sie um Zustim-mung zu unserem Antrag. Ich glaube, es ist ein gutesSignal in Richtung der Beschäftigten des öffentlichenDienstes.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Kollege Unter-länder das Wort

Herr Kollege, bevor Sie das Wort ergreifen, möchte ichnoch einmal für diejenigen, die es vielleicht überhörthaben, darauf hinweisen, dass zum SPD-AntragNamentliche Abstimmung beantragt ist.

Herr Kollege Unterländer, bitte.

Unterländer (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! MitArtikel 86 b des Bayerischen Beamtengesetzes ist fest-gelegt, dass im Ballungsraum München in verschiede-nen Gebieten, wo die Wohngeldstufen 5 und 6 gewährtwerden, und im Bereich des Beschäftigtenkreises derFlughafen München GmbH eine als Fürsorgeleistungdefinierte Ballungsraumzulage gewährt wird. In Absatz 2dieser Bestimmung ist fest gehalten, dass diese Leis-tung zum 31.12. dieses Jahres auslaufen soll.

Wir sind als Münchner Abgeordnete, aber auch als CSU-Landtagsfraktion der Meinung gewesen, dass man mitdieser Befristung über neue Konzeptionen, die auchgewisse Fehlentwicklungen, die es bisher gegeben hat,berücksichtigen, einen weiterführenden Weg finden

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muss. Denn es gibt in der Tat Gebiete auch außerhalbdes Ballungsraumes München, wo in der einen Ge-meinde die Ballungsraumzulage gewährt wird und in deranderen nicht. Das sind Probleme, die gelöst werdenmüssen; da sind Ungereimtheiten vorhanden.

(Zurufe von der SPD)

Entscheidender Punkt ist für mich aber – hier komme ichauf die Historie der Einführung dieser Ballungsraumzu-lage –, dass sich an der Situation nach unserer Beurtei-lung nichts geändert hat.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Die Ballungsraumzulage wurde eingeführt, weil Mün-chen überdurchschnittlich hohe Lebenshaltungskostenhat und weil sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterim öffentlichen Dienst gerade in den Bereichen deröffentlichen Daseinsvorsorge – ich denke an die Pflege-kräfte, an die Polizeibeamten, die Feuerwehrbedienste-ten im kommunalen Bereich und die Justizvollzugsbe-diensteten, aber auch an andere Bereiche der öffentli-chen Dienstleistung – im Grunde nichts geändert hat.Man kann die Entwicklung der Lebenshaltungskostenden Statistiken des Bayerischen Statistischen Landes-amtes vergleichen und wird feststellen, dass gerade dasWohnen in München überdurchschnittlich teuer ist.

Es gibt, wenn man die Historie betrachtet, noch einenzweiten Grund, weswegen im Jahr 1990 diese Ballungs-raumzulage eingeführt worden ist. Das war die Frage derPersonalgewinnung. Es gibt kaum ein Gebiet, werte Kol-leginnen und Kollegen, woher aus Bayern Sie auch kom-men, von wo nicht Beamte und Beamtinnen oder Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstesnach München versetzt worden sind und hier diesehöheren Aufwändungen zu tragen haben. Für dieseBetroffenen ist die Ballungsraumzulage eine entschei-dende Entlastung.

Es kommt eine dritte Entwicklung dazu, die zu betrach-ten ist. Das ist der sozialpolitische Aspekt. Die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter im einfachen und mittlerenDienst, sowie in der Eingangsbesoldung des gehobenenDienstes sowie die vergleichbaren Angestellten undArbeiter sind in einer finanziellen Situation, die sie –gepaart mit den von mir eben zitierten überdurchschnitt-lichen Lebenshaltungskosten – nicht zu Spitzenverdie-nern zählen läßt. Manche Angestellte und Beamte desmittleren Dienstes liegen nur knapp über dem Sozialhil-feniveau. Das ist ein Skandal an sich, dem wir mit derBallungsraumzulage einen wirksamen Beitrag entge-gensetzen müssen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Eyk-mann (CSU) – Wahnschaffe (SPD): Herr Minister,hören Sie zu, lassen Sie sich nicht ablenken!)

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache,dass auch der bayerische Staatsminister der Finanzenwiederholt erklärt hat, dass er über Weiterentwicklungendiskutieren wird und dass es hier zu Lösungen kommenmuss, möchte ich Ihnen nochmals unseren Dringlich-

keitsantrag zur Unterstützung vorstellen und um IhreUnterstützung bitten.

(Abg. Wahnschaffe (SPD): Und was machen Sie mitunserem Antrag?)

Wir wollen, dass uns die Bayerische Staatsregierung einKonzept vorlegt, in welchem die künftige Gestaltung derBallungsraumzulage erörtert wird. Für mich steheneinige Grundbedingungen bereits fest.

Die Grundstruktur der Ballungsraumzulage hinsichtlichdes begünstigten Personenkreises und die finanziellenDaten müssen so weitergeführt werden, wie es bisherder Fall gewesen ist. Weiter ist zu prüfen, welcher Perso-nenkreis außerhalb Münchens noch in den Genuss derBallungsraumzulage kommen kann.

Frau Kollegin Kellner, Herr Franzke und Herr Wörner,nachdem wir wiederholt darüber diskutiert haben, wis-sen wir alle miteinander, dass es hier Unstimmigkeitengibt. Es gab auch eine Reihe von Petitionen, in denendie gegenwärtige Struktur der Ballungsraumzulage Pro-bleme bereitet hat. Aus dem genannten Grund, verbun-den mit dem Fakt, dass die Ballungsraumzulage gemäßArtikel 86 b Absatz 2 des Bayerischen Beamtengesetzeszum 31. Dezember ausläuft, ist eine neue Konzeptionnotwendig. In diesem Sinne bitte ich Sie, unseremAntrag zuzustimmen, damit die geringer verdienendenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Diens-tes, die aber Sicherheit, Ordnung und Dienstleistungenim öffentlichen Interesse aufrechterhalten, nicht schlech-ter gestellt werden, als das bisher der Fall gewesen ist.Ich bitte um Unterstützung.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer(SPD): Dazu brauchen Sie bloß unserem Antragzuzustimmen!)

Präsident Böhm: Als nächste hat Frau Kollegin Kellnerdas Wort.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ballungsraum-zulage war seit ihrer Einführung 1990 mehrmals Gegen-stand von Diskussionen im Haushaltsausschuss, dennes gibt zu diesem Thema unter anderem einen Berichtdes Obersten Rechnungshofes, in dem es um einigeFeinheiten ging, die möglicherweise für die Zukunft auf-zuarbeiten und zu regeln sind.

Herr Finanzminister Dr. Faltlhauser, mich erstaunt, dassbereits am 06.06.1994 Ihr Vorvorgänger, Finanzministervon Waldenfels, dem Haushaltsausschuss einen Berichtgegeben hat, in dem steht – hören Sie gut zu –:

Die Lösung etwaiger mit dem Auslaufen der Zula-gengewährung verbundener Probleme wird daherauf Landesebene erfolgen müssen. Die Staatsre-gierung

– dafür sind Sie zuständig –

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2727

wird hierzu unter Berücksichtigung der Arbeits-marktlage und der Einkommensverhältnisse imöffentlichen Dienst zeitgerecht Vorschläge erarbei-ten.

Diesen Vorschlag haben Sie nicht erarbeitet. Jetzt kom-men Sie daher und wollen mit dem Hinweis auf die steu-erliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommendurch die Steuerreform der rot-grünen Bundesregierungdie Ballungsraumzulage abschaffen.

(Lachen bei der SPD – Franzke: Wo steht denndas?)

– Ich habe gesehen, dass sich der Herr Minister soetwas hat erarbeiten lassen. Ich muss schon sagen, dasist die Höhe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Tatsache ist, dass die Zulage 1990 geschaffen wurde,weil es immer schwieriger wurde – –

(Dr. Eykmann (CSU): Einzig und allein in Bayern!)

– Herr Dr. Eykmann, ich sage, es war gut, dass das Par-lament die Ballungsraumzulage geschaffen hat, weildamals wie heute das Problem existiert, dass in Bal-lungsräumen sehr hohe Lebenshaltungskosten beste-hen. Es war sehr schwierig, Personal für die Arbeiter-und Angestelltenstellen zu gewinnen. Die Beamtinnenund Beamten haben Sie nach München zwangsversetzt.Das konnten Sie. Deshalb ist die Ballungsraumzulageeine Angelegenheit, die nicht nur München betrifft, wiees uns manchmal mit dem Wort „München-Zulage“ sug-geriert wird, sondern diese Zulage betrifft ganz Bayern.Zum Beispiel werden aus Niederbayern und der Ober-pfalz viele Polizeibeamte nach München versetzt,obwohl sie das gar nicht wollen. Diese Leute könnendann zusehen, wie sie zurechtkommen. Es ist nicht hin-nehmbar, dass sich Polizisten und Krankenschwesternneben ihrer Ganztagsbeschäftigung nach einer Neben-beschäftigung am Abend und am Wochenende umse-hen müssen, weil sie das Geld für die Mieten in Münchennicht aufbringen können. Aus diesem Grund haben wirdie Zulage geschaffen, wobei sich die Situation, was dieLebenshaltungskosten betrifft, nicht verändert hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Ein weiterer Gesichtspunkt, der in der Angelegenheit zubetrachten ist, ist der Bau von Staatsbedienstetenwoh-nungen. Wenn Sie im Finanzministerium den Bericht desObersten Rechnungshofs von 1999 gelesen und sich zuHerzen genommen hätten, dann hätten Sie mehr Staats-bedienstetenwohnungen gebaut. Deshalb habe ich inunserem Antrag aufgeführt, dass der Bau von Staatsbe-dienstetenwohnungen in Ballungsräumen zu forcierenist. Das ist in der Tat nicht geschehen. Es sind viele Woh-nungen aus der Bindung herausgefallen. Man brauchtnur die Zahlen zu vergleichen: 1993 gab es im S-Bahn-Bereich München 10640 Staatsbedienstetenwohnun-gen. Nach der Antwort auf meine mündliche Anfrage

vom heutigen Tag gibt es in Oberbayern jetzt insgesamt9900 Staatsbedienstetenwohnungen. 9120 befindet sichin der Region 14, also in München. Das heißt, in diesemPunkt ist keine Verbesserung eingetreten.

Wenn wir heute von Ballungsräumen reden, bin ich derMeinung, wir sollten uns auch die Regionen Augsburgund Nürnberg betrachten. Deshalb werde ich zusätzlichzu dem Antrag, dass die Ballungsraumzulage fortgeführtwerden muss, auch dem Antrag zustimmen, dass wireinen Bericht erhalten sollen. Man wundert sich in derTat, warum der eine oder andere Ort, der zu den 140Orten gehört, die von der Ballungsraumzulage erfasstsind, gerade im Ballungsraum liegen soll, während zumBeispiel der Ballungsraum Augsburg – –

(Dr. Eykmann (CSU): Wo Sie Recht haben, habenSie Recht!)

– Herr Dr. Eykmann, das freut mich. Ich hoffe, Sie stim-men meinem Antrag zu.

(Dinglreiter (CSU): Das ist etwas anderes!)

– Das ist nichts anderes. Ich habe mir mit dem Antragviel Mühe gegeben und all das, was im Laufe der letztenJahre seit 1990 diskutiert wurde, eingearbeitet. Es gehtin der Tat um eine Präzisierung der Gebietskulisse.

Der Oberste Rechnungshof hat damals noch einigeandere Anmerkungen gemacht. Zum Beispiel hieß es,dass es keinen Sinn macht, wenn jemand eine Ballungs-raumzulage erhält und damit unter die Fehlbelegungsab-gabe fällt usw. Das sind Probleme, die auf dem verwal-tungstechnischen Weg zu lösen sind. Das Finanzminis-terium ist dazu selbstverständlich in der Lage, aber Sie,Herr Finanzminister, müssen dazu den Auftrag erteilen.Die Sache dümpelt, wie gesagt, seit 1994 vor sich hin.Sie hätten Ihre Hausaufgaben schon längst machenkönnen.

Abschließend möchte ich sagen: Den unteren und mittle-ren Einkommensgruppen nützt es nichts, wenn Siegroße Reden zur Steuerreform schwingen und erklären,wie Sie alle noch mehr entlasten wollen, wenn Sie genaudort, wo Sie selbst als Freistaat Bayern gefragt sind,nicht das Notwendige veranlassen. Mit dem Hinweis, Siewollen das Ziel eines schuldenfreien Haushalts, das Siesich selbst gesetzt haben, erreichen, wollen Sie denunteren und mittleren Besoldungsgruppen an den Geld-beutel gehen, während Sie bei anderen die Pfründehüten.

Das ist keine sachgerechte Behandlung des Themas.Aus diesem Grund bin ich froh, dass Sie sich als CSU-Fraktion entschlossen haben – offensichtlich haben Siehier Durchsetzungskraft gegenüber dem Finanzministerbewiesen –, die Ballungsraumzulage fortzuführen. EinBericht allein genügt uns nicht. Ich hebe auf den Halb-satz in Ihrem Antrag ab, es soll einen Bericht geben,damit die Ballungsraumzulage präzisiert und fortgeführtwerden kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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2728 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Präsident Böhm: Als nächstem Redner erteile ich HerrnStaatsminister Prof. Dr. Faltlhauser das Wort.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): München hungert! –Gegenruf Maget (SPD): Der nicht!)

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen undHerren! Wenn in einer Boulevardzeitung steht „CSUkämpft mit Ude gegen CSU-Minister“, kann ich nursagen, dass der Journalist nicht sehr präzise informiertwar. Wenn es aber in der SPD-Presseerklärung vonheute heißt, dass ausgerechnet der aus München stam-mende Finanzminister Faltlhauser eine kleine Entschä-digung streichen will, darf ich das Haus in seinerGesamtheit daran erinnern, dass der Finanzminister mitdem Auslaufen der Ballungsraumzulage persönlichüberhaupt nichts zu tun hat. Sie alle miteinander, vonlinks und von rechts, haben beschlossen, dass Ende die-ses Jahres die Ballungsraumzulage ausläuft. Sie war1990 für fünf Jahre beschlossen, dann um vier Jahreverlängert und nach Aussprache im zuständigen Aus-schuss nochmals – nicht um fünf, nicht um vier –,sondern wohlweislich nur um ein Jahr verlängert wor-den.

Warum? Ein Blick in die Protokolle der damaligen Debat-ten zeigt, dass dem Landtag insgesamt sehr wohlbewusst war, welches außergewöhnliche Problem derZuschnitt der Ballungsraumzulage darstellt. Deshalbhaben Sie, meine Damen und Herren als Abgeordnete,das Ende der Ballungsraumzulage beschlossen. DerMinister hat nur die vom Landtag beschlossene Rechts-lage wiedergegeben, musste jedoch den Medien ent-nehmen, daß er die Ballungsraumzulage beenden will.Das Haus sollte im Interesse der intellektuellen Redlich-keit prüfen, wie sich Ballungsraumzulage tatsächlichdarstellt. Wir sollten zur sachlichen Behandlung desThemas zurückkehren und in den Medien nicht aufge-blasene Empörung spielen, Herr Maget.

(Maget (SPD): Wen meinen Sie, den HerrnHaedke?)

– Nein, das, was Sie gerade vorgetragen haben. Siesagten, es sei eine Schande, über die Fortführung derBallungsraumzulage überhaupt sprechen zu müssen.Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie mit beschlossenhaben, die Ballungsraumzulage auslaufen zu lassen.Das sollten Sie der Bevölkerung auch sagen. Ich willeinen Beitrag dazu leisten, die aufgeblasene Erregung,in die man hineingekommen ist, etwas zu dämpfen.

(Maget (SPD): Aber die 100 Millionen DM hätten Sieschon gerne genommen, oder?)

Das weitere Verfahren soll auf einer möglichst solidenArgumentationsbasis stattfinden können. Ernst zu neh-mende rechtliche Stellungnahmen sind wiederholt zudem Ergebnis gekommen, dass die Ballungsraumzulageproblematisch ist. Ich zitiere das Bundesverwaltungsge-richt, das ausführt:

Gegen die Zulässigkeit der landesrechtlichen Rege-lung einer ergänzenden Fürsorgeleistung an bayeri-sche Beamte und Richter im Raum München beste-hen erhebliche rechtliche Bedenken.

Die Sache ist bislang nur deshalb nicht akut geworden,weil noch niemand geklagt hat. 1993 stellte der ObersteRechnungshof ausdrücklich fest, die ursprünglichenernst zu nehmenden Anlässe – 1990 konnte man kaummehr Polizisten gewinnen – seien nicht mehr gegeben,beschäftigungspolitische Gründe nicht mehr erkennbar.Deshalb keine Verlängerung – so der Oberste Rech-nungshof. Diskutiert wurde darüber im Haus intensiv;trotzdem haben wir die Zulage in Kenntnis der Problemenochmals verlängert.

Im Grunde genommen handelt es sich um ein geogra-phisches Problem, das heißt, die Ballungsraumzulage istheute eigentlich gar keine mehr. Denn es gibt sie sowohlin München und seinem Umland als auch in Garmisch,Starnberg und im „angeblichen Ballungsgebiet“ Jache-nau. Auch dort gilt Wohngeldstufe V. Allein diese geogra-phische Verteilung zeigt, wie administrativ problematischdie Ballungsraumzulage ist.

Hinzu kommen Ungleichgewichte. Nehmen wir zum Bei-spiel einen 41-jährigen verheirateten Polizisten in Besol-dungsgruppe A 10 mit einem Kind. Sein Verdienstbeträgt netto, ohne Ballungsraumzulage, 4806 DM.Damit ist er zwar kein Sozialhilfeempfänger, gehört aberauch nicht zu den Reichen. Mit Ballungsraumzulage hater 4934 DM. Arbeitet dieser Polizist aber zum Beispielnicht in Aying, sondern im Nachbarort Feldkirchen-Wes-terham, oder nicht in Sachsenkam, sondern im Nachbar-ort Waakirchen, erhält er die Ballungsraumzulage nicht,obwohl die Lebenshaltungskosten aller Erfahrung nachin allen Orten identisch sind. Ihr könnt das als gerechtansehen. Ich sage: Das ist ein massives Problem.

Eine Reihe von Gemeinden hat von sich aus, obwohlnicht in Wohngeldstufe 5, die Ballungsraumzulage ein-geführt, was eigentlich rechtswidrig ist. Im Ergebnis zahltdann eine Gemeinde mit Wohngeldstufe 2 die Ballungs-raumzulage, ihre Nachbargemeinde mit Wohngeld-stufe 4 dagegen nicht. In Nürnberg und Erlangen, beidein Wohngeldstufe 4, gibt es keine Ballungsraumzulage,in der Gemeinde Oberding im Landkreis Erding mitWohngeldstufe 2 aber schon. Wundersame Zustände,muss ich sagen.

(Frau Radermacher (SPD): Warum haben Sie esdann noch nicht geändert?)

Hinzu kommen die Probleme mit Pendlern. Wennjemand in Holzkirchen wohnt und in Bad Tölz arbeitet,erhält er die Ballungsraumzulage, umgekehrt nicht. AlleAngestellten der Flughafen München Gesellschaftbekommen die Ballungsraumzulage. Als Aufsichtsrats-vorsitzender der FMG habe ich mich darüber informiert,wo diese Leute wohnen. Nur 27% wohnen in der StadtMünchen, etwa drei Viertel der Angestellten aber in Nie-derbayern, in der Region Ingolstadt und sogar in derOberpfalz.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2729

Hinzu kommen personalwirtschaftliche Störfaktoren. Ichdarf die entsprechenden Berichte von Dienststellenanhand von zwei Beispielen darstellen. In der Bezirksfi-nanzdirektion Landshut waren vor kurzem Stellen zubesetzen. Doch sogar Beamte aus dem nicht weit ent-fernten Moosburg wollten nicht dort hin, obwohl Lands-hut eine herrliche, wunderschöne Stadt ist. Sie wollten inMünchen bleiben; denn im schönen Landshut gibt eskeine Ballungsraumzulage. Früher wollte keiner nachMünchen, heute will keiner weg.

Im Rahmen konzentrierter Behördenverlagerung wurdedas Landesamt für Umweltschutz aus dem Ballungsge-biet München nach Augsburg verlegt, was zu erhebli-chen Problemen wegen der Ballungsraumzulage führte.Denn in Augsburg wird sie nicht gewährt.

Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen nur eineReihe von nicht unerheblichen Problemen mit der Bal-lungsraumzulage vortragen. Ich habe das Problem, dassdieses Gebilde den Freistaat 110 Millionen DM kostet,nicht in den Vordergrund gestellt.

(Zuruf des Abgeordneten Franzke (SPD))

Man könnte sagen, das sei es wert. Ich will das nicht the-matisieren. Ich will die Struktur thematisieren. Wennauch Sie, Herr Kollege Maget, die Probleme kennen,muss man einen Ansatz suchen, um das Problem modi-fizieren oder ändern zu können. Ich, der diese Debattenicht begonnen hat, habe mir überlegt, wie man dasmachen kann. Der eigentliche Anstoß für die Ballungs-raumzulage 1990 waren die besonders hohen Wohnkos-ten in München. Deswegen hat man die Zulage plausib-lerweise an die Wohngeldstufen gekoppelt. Die Wohn-geldstufen kann der Landtag nicht ändern. Das ist so.Wo sonst wollen Sie die Ballungsraumzulage anknüp-fen? An irgendwelche administrativen statistischenDurchschnitte? – Ich prophezeie Ihnen, dass wir dannauf anderem Gebiet und in anderem Umfang Abgren-zungsprobleme bekommen werden.

(Maget (SPD): Dann lassen wir es, wie es ist!)

Wenn das so ist, bleiben uns nur zwei ernsthafte Wege.Der erste Weg wäre einfach verlängern, wie das bishergeschah. Ich habe den bisherigen Verhandlungen desLandtags entnommen, dass dies in hohem Maße alsunbefriedigend gesehen wird. Deshalb müssen wir über-legen, wie wir langfristig, mittel- und kurzfristig ein ver-nünftiges und vertretbares Ausgleiten finden können. Ichbin gerade dabei, ein derartiges Modell zu erarbeiten.Ich werde es dem Kabinett in den nächsten Wochen alsDiskussionsvorschlag vorlegen, so dass wir nicht voneinem Tag auf den anderen den Leuten 150 DM und40 DM Kinderzuschlag wegnehmen müssen – das wäreein massiver Eingriff –, sondern in Verbindung und Ver-knüpfung mit der Tarifentwicklung Zulage ausgleiten las-sen. Das wurde anderswo auch schon so gemacht.

Ich glaube, liebe Kollegen und lieber Herr Kollege Maget– ich ringe um Ihre Aufmerksamkeit, damit Sie späternichts Falsches erklären –, wir können bei der jetzigenRegelung nicht stehen bleiben. Das ist unzuträglich,Herr Kollege Unterländer. Wer die Ballungsraumzulage

so weiterführen will, muss sich den Vorwurf gefallen las-sen, dass das Ergebnis unbefriedigend und auch nichtbillig ist. Ich meine, wir müssen eine vernünftige Gleitre-gelung finden.

Den folgenden Vorwurf an den SPD-Vorsitzenden vonMünchen kann ich Ihnen, Herr Maget, nicht ersparen.

(Maget (SPD): So viel Ehre heute!)

– Ja, so viel Ehre.

Frau Kellner hat etwas sehr Richtiges gesagt. Sie sagte,das Problem hänge mit den Staatsbedienstetenwohnun-gen in der Landeshauptstadt München zusammen. Zuden Schwerpunkten meiner Politik gehört es, die Staats-bedienstetenwohnungen in der Landeshauptstadt Mün-chen wegen der dortigen Probleme massiv zu vermeh-ren. Jüngst wurde ein Antrag für das größte Staatsbe-dienstetenbauprojekt in der Landeshauptstadt München,hinter dem Nymphenburger Krankenhaus, eingereicht.Obwohl die Landeshauptstadt München einen Steinwurfweit entfernt gerade ein entsprechendes Konzept mit derConzept-Plan Bauträger GmbH durchgezogen hatte,was ohne Auflagen erfolgte, wird das Konzept des Frei-staats Bayern systematisch behindert.

(Maget (SPD): Von wem?)

– Von der Landeshauptstadt München. Frau Bürger-meisterin Burkei hat – ich zitiere das präzise aus demGedächtnis –,

(Maget (SPD): Sie heißt präzise Burkert!)

– hat mir mitgeteilt, das Projekt sei sehr problematisch,weil es zu groß sei, und außerdem dürften wir es nichtmit Staatsbediensteten, sondern müssten es mit Kran-kenschwestern des nachbarlichen Krankenhauses bele-gen. So wird von der Landeshauptstadt München unsereArbeit für die Staatsbedienstetenwohnungen behindert.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Siehätten schon lange welche bauen können!)

– Ich bin noch nicht so lange Staatsminister der Finan-zen.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): IhreVorgänger haben das versäumt!)

Ich stelle fest:

Erstens. Das Hohe Haus sollte sich einig sein, dass essich um eine Regelung handelt, die in Stottern immerwieder verlängert wurde, die Verlängerungsfristen immerkürzer wurden und dass die jetzige Situation bei allenguten Begründungen, die es geben kann, nicht zuträg-lich ist.

Zweitens. Wir sollten gemeinsam um eine Lösung rin-gen. Ich sage Ihnen, dass eine Lösung mit einer anderenAbgrenzung außerordentlich schwierig sein wird undneue Probleme bringen wird. Deshalb bin ich für das

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langfristige Ausgleiten. Ich werde dazu einen präzisenVorschlag machen.

Drittens. Ich wäre sehr dankbar, wenn die SPD-Kollegennicht nur im Landtag große Reden schwingen würden,sondern auch die Bediensteten des Freistaats Bayerndadurch unterstützen würden, dass sie die Hemmnisseder Landeshauptstadt München beim Staatsbedienste-tenbau aus dem Wege räumen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Jetzt hat Herr Kollege Wörner dasWort.

Wörner (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her-ren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bin etwas ver-unsichert, denn ich habe ein Fax bekommen,

(Zurufe von der CSU)

– hören Sie gut zu, meine Damen und Herren! – in demsteht, mit einem Dringlichkeitsantrag zur Fortführung derBallungsraumzulage habe die CSU-Landtagsfraktion dieForderung der Münchner CSU aufgegriffen.

(Zuruf von der CSU: Das stimmt doch!)

Es heißt weiter, für die Beschäftigten im öffentlichenDienst sei eine finanzielle Schlechterstellung nicht inKauf zu nehmen. Ich finde das toll. Ich habe mich schongewundert, Herr Unterländer, dass Sie sich mit IhrerBegründung etwas schwer getan haben, unseremAntrag nicht zuzustimmen. Ich habe es deshalb als gutempfunden, weil man Ihnen anmerkte, dass Sie mit sichringen. Sie verstehen die Probleme des BallungsraumsMünchen; Sie leben hier. Wir sollten uns nicht über ein„Abschmelzen“ unterhalten, wie es der Finanzministergerade vorgeschlagen hat, sondern über die Weiterfüh-rung. Ich glaube nicht, dass sich in den nächsten Jahrendie finanzielle Situation der Beschäftigten und dieFinanzentwicklung der Stadt so stark verändern wird,dass Menschen unterer Einkommensgruppen davonAbstand nehmen können, 150 DM verlieren zu wollen.

Kolleginnen und Kollegen, um was geht es? – Ein Minis-ter beklagt, dass ein Gesetz abläuft, was bei Tarifverträ-gen völlig üblich ist. Er sagt, daran wären alle schuld, diedas so gewollt hätten. Das ist an sich richtig. Nachdemder Finanzminister festgestellt hat, dass die Regelungfalsch ist, wäre es an der Zeit gewesen, dem Parlamentrechtzeitig Vorschläge zur Verbesserung vorzulegen. Erhat keine Vorschläge. Er gibt in seinem Schlusswort zu,dass die derzeit bestehende Regelung unter all den Vor-schlägen die beste sei, weil sie an die Mietentwicklungengekoppelt sei. Das war die Ausgangslage der Ballungs-raumzulage. Ich meine, auf dieser Basis sollten wir dieBallungsraumzulage fortführen; denn die Einkommen imöffentlichen Dienst haben sich von der Entwicklung desBallungsraums München und anderer Ballungsräumeabgekoppelt.

Die statistischen Entwicklungen des letzten Jahres zei-gen, dass sich im Ballungsraum München die Mieten im

Verhältnis zum Einkommen gravierend erhöht haben.Wer das nicht sieht, berücksichtigt die Lebenslage dessogenannten kleinen Mannes nicht. Ich meine aber, fürden sind wir in erster Linie da. Ich verweise auf einigeDamen und Herren, die im Hohen Haus für 3500 DMmonatlich ihren Dienst verrichten für uns alle. Wer dieseLeute abstrafen will und sich am Geldbeutel der kleinenLeute vergreift, entweder mit schleichender Wegnahmeoder mit sofortiger Wegnahme der 150 DM, muss sichnicht wundern, dass sie nicht mehr motiviert sind.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen werden nämlich durch ein vernünftigesEinkommen motiviert. Wir sollten insbesondere auf dieBerufsgruppen, die uns zuarbeiten und Dienste für unsleisten, Rücksicht nehmen und nicht pauschal sagen:Die Ballungsraumzulage läuft aus, sie gibt es nicht mehr,dumm gelaufen. Wir sollten die Ballungsraumzulage inder heutigen Weise fortführen. Ich bin der Meinung, dasskein System die absolute Gerechtigkeit gewährleistenkann. Die Koppelung an die Entwicklung der Mieten istdie einzig faire Form, wohl wissend, dass es auch dabeiMängel gibt. Aber es gibt nichts ohne Mängel.

Wir sollten unter Berücksichtigung der Situation aufhö-ren, Beschäftigte des öffentlichen Dienstes durch daswiederholte Aufflammen solcher Diskussionen zu verun-sichern. Wir müssen uns allerdings Gedanken über dieLaufzeit machen, wenn dieses Gesetz beschlossen wird.In Tarifverträgen sind auch Laufzeiten festgelegt. Wirsollten bei diesem Gesetz ebenfalls eine Laufzeit einfüh-ren, um es später erneut diskutieren zu können. DieseDiskussion über die Laufzeit darf aber nicht zu einer per-manenten Verunsicherung oder gar schleichendenAbsenkung dieser Zulage führen. Heute haben 150 DMbei weitem nicht mehr den Wert, den sie vor zehn Jahrenhatten. Das darf nicht übersehen werden. Die Abschmel-zung, die Sie, Herr Staatsminister, fordern, ist bereitsdurch die Inflation erfolgt. Deshalb darf es nicht sein,dass wir langfristig zu einer vollkommenen Abschmel-zung kommen und uns aus der Gewährung der Bal-lungsraumzulage herausschleichen. Das können Sie mituns nicht machen.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen spricht sich auch der Beamtenbund und dieÖTV für die weitere Ankoppelung an die Mieten und dasWohngeldrecht aus. Wir sind der Meinung, dass dies dereinzig richtige Weg ist. Deshalb bitte ich um Zustimmungzu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat Herr KollegeGlück das Wort.

Glück (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren!Für die CSU-Fraktion ist klar, dass das Instrument derBallungsraumzulage erhalten bleibt und weitergeführtwird. Es kann aber im Zusammenhang mit der anstehen-den Beratung nicht sinnvoll sein, von vornherein zu

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2731

unterstellen, dass es bei der Ballungsraumzulage keineVeränderungen geben kann.

In dieser Hinsicht, Herr Kollege Wörner, brauchen wireine Klarstellung bezüglich der Zustimmung zum Dring-lichkeitsantrag der SPD. Wenn Ihre Formulierung „überden 31.12. hinaus weiterhin gewährt werden kann“ so zuverstehen ist, dass die Ballungsraumzulage unverändertbleibt, dann können wir nicht zustimmen. Es macht näm-lich keinen Sinn, einen Sachverhalt zu beraten, wennman von vornherein sagt, dass keine Veränderungenvorgenommen werden dürften, ungeachtet der Erfahrun-gen, die vielleicht in dem einen oder anderen Punkt Dif-ferenzierungen dringend erforderlich machen. WennIhre Formulierung aber bedeutet, dass es auch Verände-rungen geben kann, über die im einzelnen zu beraten istund wir nicht im Hinblick auf bestimmte Konsequenzenfestgelegt sind, dann können wir Ihrem Antrag zustim-men.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat KollegeFranzke das Wort.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Prä-sident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Glück,ich verstehe nicht mehr das ganze Spiel in dieser Frage.Ich habe die Angelegenheit in den letzten Tagen verfolgt.Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser hat in einemInterview in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, bei derdamaligen Beschlussfassung hätten alle Beteiligtenhoch und heilig geschworen, dass dies die letzte Verlän-gerung sei. Im selben Interview sagt er:

Ich habe nichts verkündet. Die ganze Aufregung istentstanden, weil wohl jetzt jemand mal ins Beam-tengesetz geschaut hat. Derjenige, der zuständigist, ist der bayerische Finanzminister. Das gehört zumeinem Job. Ich ertrage es.

Wir wollen schon festhalten, dass der Finanzministerdavon ausgegangen ist, dass die Ballungsraumzulagezum 31.12.2000 ausläuft. So haben Sie, Herr Finanzmi-nister, sich gegenüber der Presse geäußert. Auch nachdem heutigen Vorgang halte ich das Ganze für ein Spiel.Der Finanzminister hat einen Stein ins Wasser geworfenund damit Wellen erzeugt. Jetzt spielt sich die MünchnerCSU als Retter der Ballungsraumzulage auf. Daherstelle ich mir die Frage, ob es sich hierbei nicht um eingewolltes Spiel gehandelt hat. Vielleicht hat Herr Gau-weiler die Fäden hinter den Kulissen gezogen.

(Zuruf des Abgeordneten Glück (CSU))

– Herr Glück, ich kenne Sie lange genug und weiß IhrGrinsen einzuschätzen. Ich glaube, dass ich auf der rich-tigen Fährte bin. Herr Glück, sonst hätten wir doch nichtein Fax, das um 13.56 Uhr vom Lesesaal des Bayeri-schen Landtags abgeschickt worden ist und in dem zulesen ist: „Initiative der CSU München hat Erfolg. Bal-lungsraumzulage wird fortgeführt.“

Herr Kollege Unterländer, wo sind wir denn eigentlichhier? Sind wir im Narrenhaus oder im Kasperltheater?Bevor die Dringlichkeitsanträge aufgerufen wurden, hatdie CSU verkündet, dass sie Erfolg habe, weil die Bal-lungsraumzulage fortgeführt werde.

(Frau Naaß (SPD): Das ist eine Frechheit! – Herr-mann (CSU): Wir haben nicht erwartet, dass Siedagegen stimmen!)

Präsident Böhm: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwi-schenfrage von Herrn Kollegen Welnhofer?

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrWelnhofer ist zwar nicht aus dem Ballungsraum, ichfreue mich aber über jeden Fragesteller.

Welnhofer (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): HerrKollege Franzke, könnte es sein, dass Sie verstört sind,weil die CSU Ihnen die Schau gestohlen hat?

(Heiterkeit – Beifall bei der CSU)

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Kol-lege Welnhofer, auch Sie kennen mich lange genug, umzu wissen, dass ich selten in Situationen gerate, indenen ich verstört bin. Ich war irritiert, weil der Finanzmi-nister die Streichung der Ballungsraumzulage angekün-digt hat und die CSU sich als Kämpferin für die kleinenLeute darstellt. Diese Situation ist grotesk und lässt einabgekartetes Spiel vermuten. Sonst würde es diesePresseerklärung von den CSU-Kollegen nicht geben.

Herr Kollege Glück, ich möchte Sie bitten, sich unserenDringlichkeitsantrag einmal etwas genauer anzu-schauen. In dem Antrag steht:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, dafür zu sor-gen, dass für die Beamtinnen und Beamten desFreistaates Bayern die Ballungsraumzulage überden 31.12.2000 hinaus weiterhin gewährt werdenkann.

Wir haben ausdrücklich nicht angegeben, in welchemUmfang und welcher Höhe sie gewährt werden soll. Ichhabe bereits während der Beratungen 1995 in diesemHohen Haus gesagt, dass die Wohngeldstufe auch ihreTücken hat. Die Aussagen meiner Rede von damals sindweitgehend auf die Frage der Wohngeldstufe anwend-bar.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Eykmann (CSU))

– Der Finanzminister weiß das doch nicht. In Bayernwerden die Finanzminister so oft wie das Hemd gewech-selt. Wenn man Herrn von Waldenfels zitiert, wissen Sieschon gar nicht mehr, wer das überhaupt ist.

Ich persönlich bin der Auffassung, dass es bei der Bal-lungsraumzulage nicht nur um München geht. Ich habeseinerzeit im Ausschuss gesagt, dass auch der Groß-raum Nürnberg und die Städte Augsburg, Würzburg und

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Regensburg Probleme haben. Dasselbe gilt auch fürErding und die Stadt Landshut.

Insofern werden wir dafür sorgen, dass wir die Ballungs-raumzulage erhalten. Ich hoffe deshalb, dass Sie unse-rem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Das Wort hat Herr Kollege Glück.

Glück (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren!Nach dieser Klarstellung der SPD geht es also nicht umeine unveränderte Weiterführung. Es versteht sich, dassich zu diesem Antrag Zustimmung empfehle. Nun lassenSie mich aber noch etwas zu Ihren Bemerkungen vonvorhin sagen: Ich finde, es ist eine ganz normale Auf-gabe des Finanzministers, bei Regelungen, die auslau-fen, etwas darüber zu sagen, ob es notwendig ist, sieweiterzuführen. Im Zusammenhang mit dem Haushalt istes auch notwendig, Leistungen zu hinterfragen und aufden Prüfstand zu stellen. Der bayerische Finanzministermacht dies ungleich flexibler und politischer als HerrEichel, der hier mit massiven Drohungen in der eigenenFraktion Entscheidungen – –

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

– Darf ich dies zu Ende führen, Herr Franzke? Der Bun-desfinanzminister setzt innerhalb der BundesregierungEntscheidungen durch, bei denen Sie noch vor einemJahr im Hinblick auf die sozialen Auswirkungen einendreifachen Salto geschlagen hätten.

Es ist in der Tat so, dass die Münchner Kolleginnen undKollegen in der CSU-Fraktion die Initiative ergriffen undgestern gemeinsam mit dem Finanzminister in der Frak-tionssitzung über die Ballungsraumzulage diskutierthaben. In unserem Dringlichkeitsantrag kommt dergemeinsame politische Wille zum Ausdruck, dass dieseBallungsraumzulage weitergeführt wird. Nun bin icheigentlich am Ende, doch ich bleibe gleich hier für IhreZwischenfrage.

Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): VielenDank, Herr Glück, dass Sie mir diese Zwischenfragegenehmigen. Halten Sie es, im Hinblick auf Ihre Anmer-kung zum Bundesfinanzminister, für sehr solide, wennaus der heutigen Presse Folgendes zu entnehmen ist:

Hat sein Haus nicht wenigstens versucht, eine was-serdichte Alternative zu entwickeln? – „Solche Pla-nungen gab es bisher nicht.“, so Ministeriumsspre-cher Horst Wolf.

Würden Sie eine derartige Vorbereitung des Bayeri-schen Finanzministeriums für solide halten?

Glück (CSU): Da ich diesen Bericht nicht kenne, kannich ihn nicht einordnen. Ich werde das anschließendnachlesen. Man sollte dies hier in dieser Form aber nichtaustauschen. Das Ganze ist ein ganz normaler parla-mentarischer Vorgang. Es ist eben so, dass die entschei-

dende politische Meinungsbildung und die Grundsatz-entscheidung gestern in der CSU-Fraktion stattfand bzw.gefallen ist.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Kollege Maget hat um das Wort gebe-ten.

Maget (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kol-legen! Zur Klarstellung, damit wir wissen, worüber wirabstimmen, möchte ich nur noch Folgendes sagen: Ichbeziehe mich auf das äußere Bild, das die MünchnerCSU abgibt. Die Münchner CSU erklärt um 13.56 Uhr,dass dieses Haus um 15.20 beschlossen hat – hier steht„beschlossen hat“ -,

(Glück (CSU): So lange brauchen Sie nicht! – Dr.Bernhard (CSU): Ist eine Sperrfrist darauf?)

dass die Ballungsraumzulage fortgeführt wird, und darü-ber stimmen wir jetzt erst ab. Die Münchner CSU teiltmit, dass – so heißt es hier wörtlich – „es zu keiner finan-ziellen Schlechterstellung für die Beschäftigten im öffent-lichen Dienst kommen wird.“ Genau so verstehen wirauch unseren Dringlichkeitsantrag. Das heißt, wir stim-men jetzt darüber ab, dass die Ballungsraumzulagemöglicherweise modifiziert und auf eine andere rechtli-che Grundlage gestellt wird, vielleicht auch auf eineangemessenere oder angepasstere Grundlage. Es wirdbetont, dass es zu keiner Schlechterstellung, zu keinerAbsenkung kommt.

(Beifall bei der SPD)

Auch nicht zu einer schleichenden. Darüber stimmen wirab. Das ist zumindest das Ergebnis, das die MünchnerCSU aus dieser Abstimmung ableitet.

(Dr. Wilhelm (CSU): Das ist ein Widerspruch zuIhrem Antrag! Dem kann man nicht zustimmen!)

– Entschuldigen Sie, aber das haben doch Sie verbreitet.Die Münchner CSU hat bereits erklärt, dass dies dasErgebnis der heutigen Abstimmung ist. Das ist die Inten-tion, die auch wir vertreten.

(Zurufe von der CSU)

Was aber nicht geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist,dass wir hier einen Eiertanz aufführen. Die MünchnerCSU erklärt in der Öffentlichkeit: „Wir haben uns durch-gesetzt – keine Schlechterstellung.“ Hier aber sagen Sie:„Schauen wir einmal, vielleicht müssen wir das eine oderandere doch nach unten korrigieren.“ Das geht abernicht.

(Beifall des Abgeordneten Franzke (SPD))

Wenn wir jetzt abstimmen, dann stimmen wir über dasab, was auch im Sinne der Münchner CSU gemeint ist.Genau das steht hier zur Abstimmung. Ich sage Ihnenganz offen: Wenn der Finanzminister in zwei oder dreiWochen im Ausschuss für Fragen des öffentlichen

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2733

Dienstes sagt, wir müssen das so und so machen, dannhat Herr Kollege Franzke dafür eine hilfreiche Brückegebaut, so habe ich ihn zumindest verstanden. Wennder Finanzminister also sagt, dass er ein Konzept hat,das keine Schlechterstellung, aber eine gewisse Modifi-zierung und rechtliche Klarstellung enthält, dann sind wirselbstverständlich diskussionsbereit, weil wir das erhal-ten wollen.

(Glück (CSU): Würden Sie ausschließen, dass es inEinzelfällen auch zu einer Schlechterstellung kom-men kann?)

– Ich will mich hier nicht weiter darüber auslassen. Ichwill nur eines sagen: So können wir hier nicht miteinan-der arbeiten. Die Münchner CSU trommelt draußen undsagt: „Wir haben durchgesetzt, dass es keine Schlech-terstellung gibt.“ Hier aber sagt man: „Na ja, vielleichtmuss man eine Regelung finden, die unter Umständenauch eine Schlechterstellung enthält.“ Ein solches Dop-pelspiel darf es in diesem Haus nicht geben.

(Dr. Kaiser: So geht das nicht!)

Das wäre nicht korrekt, das machen wir nicht. Wir sagen:Die Ballungsraumzulage deckt ein Minimum der Mehr-belastungen ab, die die Beschäftigten in solch teurenRegionen haben, und dabei bleibt es. Wir sind aberoffen, zu hören, was der Finanzminister im Ausschussvorzutragen hat.

Präsident Böhm: Gestatten Sie eine Zwischenfragedes Kollegen Odenbach?

Odenbach (SPD): Herr Kollege Maget, halten Sie es füreinen normalen parlamentarischen Vorgang und mit derWürde dieses Parlaments vereinbar, wenn das Ergebniseiner Debatte schon vor deren Beginn von einer Fraktionin der Öffentlichkeit verkündet wird?

(Beifall bei der SPD)

Maget (SPD): Das ist eine berechtigte Frage und dieeine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille istdie Frage, ob das überhaupt das Ergebnis der Abstim-mung und der Beratung sein wird. Das werden wir jetztaber gleich feststellen können.

(Mehrlich (SPD): Das ist eine unseriöse Täuschungder Öffentlichkeit! – Zuruf von der SPD: Das ist einDoppelspiel!)

Präsident Böhm: Das Wort hat Herr Kollege Glück.

(Dr. Kaiser (SPD): Jetzt kommt Eiertanz Nummer 3!)

Glück (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren!Wir sollten uns nicht so darüber aufregen, dass hier einFax herausgegeben wurde.

(Maget (SPD): Gut finden Sie das aber auch nicht!)

Bei einer solchen Debatte sind wir an der Grenze derScheinheiligkeit oder gar darüber.

(Beifall bei der CSU)

Optimaler wäre es sicher nach der Abstimmung gewe-sen. Nun tun Sie doch aber nicht so, als ob dies einbesonderer, ein ganz außergewöhnlicher politischer Vor-gang wäre.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Das wäre Ihnen nicht pas-siert! – Dr. Eykmann (CSU): Weil er einen Schutzen-gel hat! – Maget (SPD): Sie hätten es von IhremBüro aus geschickt! – Heiterkeit bei der SPD)

– Das weiß ich nicht, Herr Gantzer. Eines aber ist klar:Die Mitglieder unserer Partei können, nachdem wir hierim Hause die Mehrheit haben, davon ausgehen, dassauch im Parlament eine Mehrheit hat, was wir gestern inder Fraktion beschlossen haben, dass die Ballungs-raumzulage fortgeführt wird. Insofern handelt es sichnicht um eine theoretische Spekulation.

(Zurufe von der SPD)

– Ich bin ganz gerührt von der politischen Kultur, die Siehier an den Tag legen.

(Beifall bei der CSU)

Nun zu der Frage der Formulierung: Für die CSU-Frak-tion gilt, dass die Ballungsraumzulage in ihrer Substanzweitergeführt wird.

Es kann aber selbstverständlich nicht ausgeschlossenwerden, dass im Rahmen einer Überprüfung festgestelltwird, dass es Ungereimtheiten gibt. Die Korrektur dieserUngereimtheiten kann im Einzelfall zu Verschlechterun-gen führen, weil es bei der Regelung Modalitäten gibt,die in sich nicht plausibel sind. Andernfalls käme es zueiner Automatik der Weiterführung. Ich erkläre aber,dass es nicht um eine Verschlechterung im Gesamtpa-ket oder in der Substanz gehen kann. Alles andere müs-sen weitere Beratungen ergeben. Dies gilt auch für dievom Finanzminister aufgeworfenen Fragen der räumli-chen Abgrenzung und damit zusammenhängende Plau-sibilitätsfragen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Die Aussprache ist geschlossen. Wirkommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträgewieder getrennt. Bevor wir über den Dringlichkeitsantragder SPD auf Drucksache 14/3572 in namentlicher Formabstimmen, stelle ich die nachgezogenen Dringlichkeits-anträge der Fraktionen der CSU und des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN zur Abstimmung. Zunächst lasse ichüber den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/3579,das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN, abstimmen. Wer diesem Dringlich-keitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist offensichtlich das ganzeHaus. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall.Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von

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Stimmenthaltungen aus der Fraktion der CSU ist dieserAntrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichkeitsan-trag auf Drucksache 14/3593, das ist der Antrag derCSU-Fraktion. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustim-men möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Dasist das gesamte Hohe Haus. Gibt es Gegenstimmen? –Ich sehe keine. Gibt es Stimmenthaltungen? –

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): HerrProf. Dr. Faltlhauser! – Heiterkeit)

– Frau Kollegin Paulig, wenn Sie gerne Schriftführerinoder Präsidentin werden wollen, müssen Sie sich umdieses Amt bewerben.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sorry!)

Ich sehe keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antragangenommen.

Wir kommen nun zu der von der SPD-Fraktion beantrag-ten namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeits-antrag auf Drucksache 14/3572. Für die Stimmabgabesind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereit-gestellt. Die Ja-Urnen sind sowohl auf der Seite der CSUals auch auf der Seite der Opposition aufgestellt. DieNein– und die Enthaltung-Urne befinden sich auf demStenographentisch. Mit der Stimmabgabe kann nunbegonnen werden. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfü-gung.

(Namentliche Abstimmung von 15.13 Uhr bis 15.18Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe istabgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außer-halb des Plenarsaals ermittelt. Ich erlaube mir, Ihnennoch eine Bitte des stenographischen Dienstes vorzutra-gen: Die Niederschriften des zweiten Teils der heutigenSitzung sind nicht mehr bis zum Sitzungsende fertigzu-stellen, weshalb sie den Rednern im Plenarsaal auchnicht mehr zugestellt werden können. Aus diesemGrunde bitte ich die Redner, von den am Rednerpultausliegenden gelben Formularen Gebrauch zu machen,falls Sie die Niederschriften an eine Adresse außerhalbdes Hauses zur Korrektur übermittelt haben möchten.

Wir fahren mit der Beratung der Dringlichkeitsanträgefort. Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Gote,Christine Stahl und anderer und Fraktion (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Verbesserter Schutz für elektronische Kommunikati-onssysteme (Drucksache 14/3573)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück,Dr. Söder, Prof. Dr. Stockinger und anderer und Frak-tion (CSU)

Schutz von Computernetzen in Behörden und Schu-len gegen Computerviren (Drucksache 14/3574)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Red-nerin ist Frau Kollegin Gote.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollteman dem Erfinder des Love-Letter-Virus dankbar sein,entlarvt er doch in höchst anschaulicher Weise, mit wel-cher Naivität und Verantwortungslosigkeit die Bayeri-sche Staatsregierung ihre Laptop-Politik betreibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Geradezu peinlich und lächerlich mutet es an, wennMinisterpräsident Dr. Stoiber und andere Mitglieder derStaatsregierung immer wieder die Nähe zum vermeint-lich großen Bill Gates suchen, damit ein kleiner Teil sei-nes Ruhms auf sie entfallen möge, des Ruhms einesskrupellosen Unternehmers, der seinen Profit mit unlau-teren Methoden auf Kosten von Millionen Computernut-zerinnen und -nutzern und zum Schaden vieler kleinererKonkurrenten gemacht hat und immer noch macht.Diese Konkurrenten zeigen übrigens weit mehr Kreativi-tät und Innovationsfreude als der Marktgigant Microsoft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In blinder Naivität folgt die Bayerische Staatsregierungseit Jahren in dem ihr angeblich so am Herzen liegendenIT-Bereich einem Herdentrieb, der eine kommunikations-technologische Monokultur zur Folge hat. Das ist nichtHightech, sondern Lowtech. Diese falsche Strategie hatsich längst zum Standortrisiko für den Wissenschafts–und Wirtschaftsstandort Bayern ausgewachsen.

Auch ohne Virusbefall verursachen die fast ausschließ-lich verwendeten Microsoft-Betriebssysteme und-Anwendungsprogramme große volkswirtschaftlicheSchäden aufgrund ihrer hohen Fehleranfälligkeit undBedienungsunfreundlichkeit. Dies einmal wissenschaft-lich zu untersuchen, wäre sicher auch ein lohnendesProjekt.

Dass Windows-Betriebssysteme extrem unsicher sind,ist seit langem bekannt. Die Integration vielfältigerSchutzmechanismen in seine Betriebssysteme, die beiProdukten anderer Hersteller längst selbstverständlichsind und sich bewährt haben, lehnt Microsoft ab. Sicher-heitskonzepte und -praktiken werden nicht öffentlichgemacht, und Kunden und Kundinnen werden nicht aus-reichend oder falsch informiert. Die mangelhafte Qualitätder Microsoft-Produkte und die Monokultur in der Com-puterlandschaft sind die Hauptursachen für die Ver-wundbarkeit des ganzen Systems. Eine Politik, die dieseVerwundbarkeit nicht nur nicht erkennt, sondern auchnoch aktiv verschärft, ist verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit ich mit Computern umgehe, und das sind nun auchschon bald 20 Jahre

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2735

(Zurufe von der CSU: Was, schon so lange?)

– obwohl ich noch sehr jung bin, ja –, habe ich den user-freundlicheren, intelligenteren, moderneren Systemenvon Anfang an den Vorrang gegeben. Ich habe anstattMicrosoft-Produkte Produkte von Atari, Apple oder Unixgenutzt. In all diesen Jahren wurden meine Computerniemals von Viren befallen. Erst mit dem Einzug in denLandtag wurde ich gezwungen, mir eine „Dose“ zu kau-fen und teilweise auf Microsoft-Betriebssysteme umzu-steigen. Da die Nutzung der anderen Systeme in Schu-len und Universitäten im In- und Ausland keine Problemebereitete, wollte ich anfangs gar nicht glauben, dass imBayerischen Landtag das Arbeiten im Netz nur mitMicrosoft-Betriebssystemen möglich sein sollte. Ichhalte dies und die Tatsache, dass es längerer Erklärun-gen bedurfte, um das Landtagsamt davon zu überzeu-gen, dass mein Apple-Powerbook die Mindestanforde-rungen an Abgeordneten-Laptops bei weitem übertrifft,für einen Skandal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Microsoft-Monopolstrukturen haben sich in Ministe-rien und Behörden mittlerweile so weit durchgesetzt,dass Ministerpräsident, Minister und Regierungspräsi-denten in Grußworten und Reden mit glänzenden Augendavon schwärmen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter nun in der Lage seien, Powerpoint-Präsentationendurchzuführen. Den Einsatz moderner Präsentationsme-dien so zu verkürzen, zeugt vom gleichen Niveau, wiebeim Würzen nur an Maggi zu denken. Auch die Qualitätder Produkte ist ähnlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies alles geht einher mit einem Qualitätsverlust beimInformations- und Werbematerial öffentlicher Stellen inBayern in Layout, Typographie und Design. Kein ernst-zunehmender Designer und keine ernstzunehmendeDesignerin werden ein Printmedium oder eine Internet-Präsentation mit Microsoft-Produkten erstellen. Wasnützt uns der Bayerische Designpreis oder eine staatli-che Designförderung, wenn im öffentlichen Sektor imKommunikationsbereich längst das Mittelmaß regiert?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesregierung ist auf diesem Feld übrigens längstein gutes Stück weiter, wie Sie, liebe Kolleginnen undKollegen, online bei unix-open unter „www.unix-open.de“nachlesen können. Ich zitiere:

Vor kurzem hat die „Koordinierungs- und Beratungs-stelle der Bundesregierung für Informationstechnikin der Bundesverwaltung (KBSt)“ eine Studie veröf-fentlicht, die sich für den Einsatz freier Software inöffentlichen Händen ausspricht. Diese Studie argu-mentiert unter anderem damit, dass Open-Source-Software in Behörden im Server-Umfeld schon deslängeren eingesetzt wird und sich dort als äußerstzuverlässige Lösung erwiesen hat. Die KBSt gehtaber noch einen Schritt weiter, denn sie stellt darü-ber hinaus fest, dass schon heute die Möglichkeitbesteht, Büroanforderungen komplett mit Open-

Source-Lösungen abzudecken. Eines der Hauptar-gumente für Behörden ist der Preis, denn die Infor-mationstechnik steht nach Aussage der KBSt vorerheblichen Herausforderungen und hohen Ansprü-chen aus dem politischen Bereich, wobei gleichzei-tig nicht mit einer spürbaren Erhöhung der Haus-haltsansätze gerechnet werden kann. Aber auch dieFunktionen haben die Beratungsstelle überzeugt:„Windows NT-File- und Print-Server können durcheine Linux- oder FreeBSD- und Samba-Lösung voll-ständig ersetzt werden“, ist eine der wichtigstenAussagen des Papiers. Als Strategie schlägt dieKBSt schließlich vor, sich aus der Abhängigkeiteines Herstellers zu lösen, und zwar durch den Auf-bau einer heterogenen Landschaft mit Linux,FreeBSD und anderer Open-Source-Softwaresowie kommerziellen Produkten. Diese Kombina-tion bietet ein „stabiles, preiswertes, ressourcen-schonendes, sicheres und von ausreichend vielenBeratungsfirmen unterstütztes Rechnersystem“,sowohl für den Client- als auch für den Server-Be-reich. Auch der Investitionsschutz ist nach Ansichtder Beratungsstelle gewährleistet.

Diese Studie ist offiziell unter „http://www.kbst.bund.de/papers/briefe/02-2000/brief2-2000.html“ im Internet ver-fügbar und könnte Ihnen, sehr geehrte Damen und Her-ren von der Staatsregierung, bei der Umsetzung unseresDringlichkeitsantrags sicher hilfreich sein.

Der Dringlichkeitsantrag, den wir Ihnen heute mit Blickauf die Verwundbarkeit unserer Kommunikationssys-teme und den Schaden, den das Love-Letter-Virus ver-ursacht hat, zur Abstimmung stellen, fordert nicht mehrund nicht weniger, als auch auf dem Gebiet der IT ökolo-gischen Prinzipien zu folgen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Computervirus ahmt in seiner Funktion die Naturnach. Viren wird es in der Natur immer geben, und auchComputerviren werden immer neu programmiert wer-den. Die Natur reagiert auf Viren mit Diversifikation. Diegleiche Strategie fordern wir heute von Ihnen für den IT-Bereich ein: Verlassen Sie die Monopolstrukturen vonMicrosoft und ermöglichen Sie Vielfalt und Konkurrenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hundertprozentige Sicherheit gibt es zwar nicht und wirdes nie geben, aber ein vielfältiges System ist wider-standsfähiger als eine Monopolstruktur.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vermeiden Sie, dass schon unsere Kinder in den Schu-len im Umgang mit den modernen Kommunikationstech-nologien durch mittelmäßige bis schlechte Produktebehindert werden. Ermöglichen Sie ihnen vielmehr dasLernen eines kritischen Umgangs mit den neuen Tech-nologien, und vermitteln Sie ihnen die Kompetenz, dieQualität verschiedener Produkte und Angebote zu beur-teilen, indem Sie ihnen die Vielfalt der technischen Mög-lichkeiten zugänglich machen. Tragen Sie Sorge dafür,dass Qualitätssicherung auch im IT-Bereich in allen

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öffentlichen Einrichtungen umgesetzt wird. So kommenwir langfristig zu sichereren, moderneren, schnellerenund preisgünstigeren Systemen.

Die Männerfreundschaft des Ministerpräsidenten zu BillGates in allen Ehren – aber bitte sorgen Sie dafür, dassnicht einmal mehr derartige Freundschaften zu Perso-nen mit zwielichtigen Geschäftspraktiken dem Land Bay-ern zum Schaden gereichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stimmen Sie unserem Dringlichkeitsantrag zu. HandelnSie schnell; denn der nächste Virus ist schon längstdabei, sich seinen Weg durch das globale Netz zu bah-nen.

Der Antrag der CSU deckt sich im Wesentlichen mit denersten beiden Absätzen unseres Antrags. Wir werdendiesem Antrag zustimmen und den dritten Absatz unse-res Antrags getrennt zur Abstimmung stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Böhm: Als erster Redner hat Herr KollegeDr. Waschler das Wort.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist HerrSöder?)

Dr. Waschler (CSU): Sehr geehrter Herr Präsident,Hohes Haus! Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Redein diesem Hohen Hause einmal mit den Worten „I loveyou“ würde beginnen können. Das wäre auch übertrie-ben, wie ich zugeben muss. Doch ist eine Botschaftübermittelt worden, die, wie Frau Kollegin Gote vorhinrichtig dargestellt hat, vielen Computernutzern eineunliebsame Überraschung gebracht hat.

(Willi Müller (CSU): Nicht nur in Bayern!)

Leider hat Frau Kollegin Gote ihre Betrachtung in etwasunzulässiger Weise eingeengt. Zum einen waren Com-puter nicht nur in Bayern betroffen, sondern weltweit.Zum Zweiten kann das Thema nicht auf einen möglichenKonkurrenzkampf zwischen Apple und Microsoft ver-kürzt werden.

Tatsache ist, dass ein Schaden von insgesamt rund 30Milliarden DM entstanden ist, und zwar hauptsächlichwegen verlorener Arbeitszeit. Frau Kollegin Gote, wennSie in dem Zusammenhang die Verantwortungslosigkeitder Staatsregierung in Bayern – so haben Sie es ausge-drückt – ins Feld führen, kann ich nur sagen: Das ist eingewaltiges Eigentor. In einem Punkt haben Sie aller-dings Recht: Das jetzt zur Diskussion stehende Themaist nicht nur etwas für Dringlichkeitsanträge hier im Baye-rischen Landtag, sondern sollte weltweit Beachtung fin-den. Die G-8-Regierungschefs sind dazu aufgerufen, beiihrem Treffen in Paris zum Thema „Sicherheit und Ver-trauen im Cyberspace“ Stellung zu nehmen. Das alleshat seinen Grund. Denn das Thema ist sehr differenziertzu betrachten.

Immer wieder dringen Hacker in so genannte gesicherteComputersysteme ein. Eine der spektakulärsten Aktio-nen war wohl das Eindringen in die Systeme des Penta-gon. Aufsehen erregen auch Vorfälle bei Firmen, die inInsiderkreisen sehr angesehen sind, etwa die Betreiberder Suchmaschine Yahoo. Wenn es fast schon zurTagesordnung gehört, dass die Bestände an vertrauli-chen Daten großer Firmen kopiert und Passwörtergeknackt werden, kann man wirklich nicht sagen, das seiein Problem von Microsoft-Anwendungen. Im Übrigenkann niemand zum Kauf eines bestimmten Produktsgezwungen werden, sei es nun von Microsoft oder voneiner anderen Firma, ganz zu schweigen vom Linux-Be-triebssystem. Das gleiche gilt für Probleme mit Viren.Eines der bekanntesten Viren ist ja Melissa. Melissa hatwahrlich in den verschiedensten Betriebssystemengewütet und dadurch traurige Berühmtheit erlangt. – Siewollen jetzt schon eine Zwischenfrage stellen, Frau Kol-legin?

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege,ist Ihnen bekannt, dass es bei den von Ihnen geschilder-ten Vorfällen um Hacken handelt und nicht um ein Virus?Das sind technisch und von der Programmierung herzwei völlig unterschiedliche Sachverhalte. Vom Hackenhabe ich überhaupt nicht gesprochen. Eine weitereFrage: Ist Ihnen bekannt, dass das Virus, um das esheute geht, tatsächlich ausschließlich Microsoft-Anwen-dungen befällt?

Dr. Waschler (CSU): Frau Kollegin, zu beiden Fragenkann ich sagen: Ja, das ist mir bekannt. Wenn Sie michhätten ausreden lassen, hätten Sie gemerkt, dass ichgenau darauf ausführlich eingehen werde. – Es isterstaunlich, mit welch einfachen Mitteln dieses Lovelet-ter-Disaster verursacht werden konnte. Es ist genial ein-fach gewesen. Dieses einfach strukturierte Computervi-rus eines 23-jährigen philippinischen Studenten setztnämlich an Schwachstellen an, die eigentlich hättenbekannt sein müssen. Diese Schwachstellen der Soft-ware sind wiederum genial einfach – man muss sagen:leider – mit menschlichen Schwächen in Verbindunggebracht worden. Wenn jemand von einem ihm bekann-ten Absender eine Mail mit dem Anhang „I love you“erhält, dann ist die Neugier – was könnte der einemgeschickt haben? – größer als die Vernunft.

Frau Kollegin Schmidt – Herr Kollege Maget telefoniertjetzt gerade –, ich gebe gern zu: Ich habe kurz mit mirgekämpft, ob ich Ihnen nicht in ähnlicher Weise eine Mailzuleiten soll, eine harmlose allerdings, und zwar mitHerrn Schröder als Absender und dem Text „CSU aufTiefststand“. Wenn Sie eine E-Mail erhalten hätten,wonach die CSU in Bayern die Mehrheit verliert, zuge-sandt von einem Ihnen bekannten Herrn, der immerhinBundeskanzler ist – – Ich wüsste gern, ob Sie in diesemFalle einen Virenscanner verwendet und größte Sorgfalthätten walten lassen. Ich will das einmal dahingestelltsein lassen.

Die jetzt in Rede stehende E-Mail ist unterschätzt wor-den. Das ist ein Faktum. Es trifft zu, was Frau KolleginGote gesagt hat: Ein beliebtes und weit verbreitetesMicrosoft-Programm war betroffen. Dieses Programm

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2737

wurde als Träger für die Verbreitung des Virus benutzt.Wenn man nun meint, damit sei ein Schwachpunkterkannt und deswegen müsse alles weg, ist es so, alssagte ich: Weil das Programm der SPD oder das derGRÜNEN Schwachpunkte hat, muss man die betref-fende Partei abschaffen. Das wäre doch etwas zu weitgegriffen.

Wo Menschen zusammentreffen, kann es Problemegeben. Wenn Fehler von Systembetreuern hinzukom-men und auch noch der Schlüssel für vertrauliche Datenquasi im Schloss stecken bleibt, ist es so, als hätte manein Auto nicht abgesperrt oder sogar eine Haustüre offenstehen lassen. Belege für das, was ich eben gesagthabe, sind leicht zu finden. Ob es nun um Viren geht, umTrojanische Pferde oder Würmer der besonderen Art:Wer will, findet entsprechendes Material, und zwar nichtnur im Buchhandel, sondern auch in den Chat und anden verschiedensten anderen Stellen. Zum heutigenStand – jeder kann es nachprüfen –: Ich habe es einmalmit der Suchmaschine von Altavista versucht und nurdeutschsprachige Seiten abgefragt. Im Hinblick auf denAngriff auf bestehende Systeme durch Viren waren sageund schreibe 5123 Seiten verfügbar, unter Yahoo, wie-derum deutschsprachige Seiten, immerhin 1681.

Die Manpower, die dahinter steckt, ist auch gewaltig.Man schätzt, dass rund 30000 Hacker und Virenkennerweltweit im Netz aktiv sind und beispielsweise Trojani-sche Pferde schreiben, die eine böse Botschaft enthal-ten. Nicht nur Microsoft ist da ein Angriffsziel. Die Gefahrist viel größer.

Vor dem Hintergrund hat die Bayerische Staatsregierungin einem im Bundesrat eingebrachten Entschließungs-antrag die Verbesserung der Bekämpfung von Hightech-und Computerkriminalität auf nationaler und auf interna-tionaler Ebene gefordert. Dass eine Anpassung desStrafrechts an aktuelle technologische Gegebenheitenunbestrittenermaßen notwendig ist, hat der Justizminis-ter klar dargestellt. Der Ministerrat hat sich auch in demZusammenhang deutlich geäußert. Die Forderung derStaatsregierung, ein europaweites Abkommen zurBekämpfung der Computerkriminalität zu schaffen – imSinne einer „Convention on Crime in Cyberspace“ –, istein wichtiger Schritt. Hätte man in anderen Bundeslän-dern, in anderen Behörden so verantwortungsbewußtund schnell reagiert wie in den bayerischen Behörden,hätte man so manchen Schaden minimieren können.

In Bayern hat die Eingreiftruppe, das Computer-Emer-gency-Responce-Team, seine Schlagkraft bewiesen undgrößeren Schaden verhindert. Denen, die Sicherheitsbe-denken im Hinblick auf die Polizeirechner haben, seigesagt: Die dortigen Firewalls wurden nicht überlistet.Wieder einmal hat sich gezeigt, dass bestimmte Sicher-heitsmechanismen stärker sind als diejenigen, die aufnoch so geniale Weise in vertrauliche Datenbeständeeindringen wollen.

Der vorliegende Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktionzielt vor dem Hintergrund nicht auf etwas Schmalspuri-ges ab, sondern auf eine breite Palette von Maßnahmen,die den Schutz von Computersystemen in Behörden undauch in Schulen gewährleisten sollen. Der eingangs von

Herrn Kollegen Dr. Dürr – ich glaube, er war es – ange-mahnte Herr Kollege Dr. Söder hat sich in dem Zusam-menhang richtungsweisend geäußert. Ich meine, mankann nur die Forderung unterstützen, im Rahmen vonForschungsverbünden vorzugehen, um potentiellenHackern den Zugang zu verwehren. Entsprechende For-schungsverbünde an Hochschulen müssten geschaffenwerden.

Einfach zugängliche und verfügbare Virenscanner fürjedermann sind sehr sinnvoll. Auch die von KollegenSöder angesprochene GSG 9 im Netz zum Zweck einerkonsequenten Strafverfolgung ist auf dem richtigenWeg. Der Innenstaatssekretär hat heute in seiner Ant-wort auf eine Mündliche Frage schon den Einbau vonVirenschleusen im zentralen Internetübergang desBayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverar-beitung angesprochen. Angesichts der genanntenPunkte kann ich nur sagen: Ich wünschte, in anderenBundesländern würde auch so vorgegangen.

Ich darf zusammenfassen: Der Dringlichkeitsantrag derCSU zielt ganz deutlich auf den Schutz vor Virenangrif-fen ab. Er hat die Sicherheit und Stabilität der Netzwerkein Behörden und Schulen zum Ziel. Bei letzterem hat erinsbesondere auch interne Manipulationen, zum Beispieldurch Schülerkreise, im Blick. Dass ein überregionalesVorgehen gegen Virenangriffe und strafrechtliche Ermitt-lungen gegen die Verursacher im Mittelpunkt stehen sol-len, ist, davon gehe ich aus, auch bei den Damen undHerren von der Opposition unbestritten.

Ich möchte noch ein Wort des Lobes sagen. Die Taskforce, die der Bundesinnenminister mit dem 15-Punkte-Programm ins Leben gerufen hat, wurde in den Medienetwas kritisiert, aber dazu muss man ausnahmsweisesagen: Mit ihr wird ein richtiger Weg beschritten, weilgerade durch solche Aktivitäten Schwachstellen ausge-merzt und eigene Verwaltungsprogramme geschaffenwerden, die von der Programmierung her nicht allgemeinzugänglich sind. Mit Sicherheit ist es ein richtiger Weg,solche Feinheiten im Inneren zu halten.

Wie bereits erwähnt, ist der Antrag der GRÜNEN im ers-ten und zweiten Absatz zustimmungsfähig. Der dritteAbsatz ist zu einseitig ausgelegt, da auch die Produkteanderer Hersteller grundsätzlich virengefährdet sind.Man darf eines nicht verschweigen: Wer Produkte ver-wendet, der muss sich auch mit den Sicherheitsmaßnah-men auseinander setzen. Ich bin nicht derjenige, der dieFirma Microsoft zu vertreten hat; auch bei dieser Firmasind Warnhinweise vorhanden. Natürlich hat Linux einengewissen Charme, da es kostenlos erhältlich ist. Wirhaben aber immer noch die Freiheit, dass sich jeder dasanschaffen kann, wofür er eine entsprechende Neigunghat.

Es geht eindeutig um das Schließen der Sicherheitslü-cken und um die permanente Aktualisierung der Schutz-mechanismen gegen all das, was sich Viren, TrojanischePferde und sonstige ungebetene Gäste in den Compu-tern und in den Netzwerken nennt. Die CSU-Fraktion bit-tet deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Dringlich-keitsantrag. Mit ihm wird ein klares Bekenntnis zur Ein-dämmung derart „liebenswerter“ Angriffe, die wir nicht

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haben wollen, gegeben. Der „Apple“, Frau Kollegin Gote,den Sie erwähnt haben, wird nicht durch den Namenökologisch, auch wenn hier vom Apfel die Rede ist.Jeder ist frei in der Entscheidung, welches System erbenutzen will. Auf diese Freiheit setzt auch die CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächster Redner istHerr Kollege Pfaffmann.

Pfaffmann (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Der Schutz vor Computerviren istsicher ein hochpolitisches Thema. Was gesagt wurde, istvöllig korrekt. Der Schutz vor Computerviren ist ein welt-weites Problem. Auch richtig ist, dass europäischeLösungen notwendig und sinnvoll sind. Es ist richtig,dass die Anpassung des Strafrechts durchgesetzt wird.Über alle diese Dinge gibt es überhaupt keinen Zweifelund, glaube ich, in diesem Haus überhaupt keinen Dis-sens.

Was aber über diese Erkenntnisse nicht vergessen wer-den darf, ist, dass es auch im regionalen Bereich Mög-lichkeiten zum Schutz gibt. Über diese Möglichkeiten imregionalen Bereich möchte ich ein paar Sätze sprechen.Übrigens: Ich halte nichts davon, die Problematik vonComputerviren auf irgendwelche Betriebssysteme zureduzieren – das sage ich ganz offen. Ich bin der festenÜberzeugung: Diejenigen, die Computerviren program-mieren, sind genauso in der Lage, bei jedem anderenBetriebssystem denselben verheerenden Schaden an-zurichten.

Die momentane Situation ist – das ist sicher kein Pro-blem des Parlaments in München –, dass die meistenMicrosoft nutzen. Insofern richtet ein Virus im Microsoft-System selbstverständlich zwangsläufig auch den größ-ten Schaden an. Der Beweis, dass dann, wenn die Mehr-heit der Computerbenutzer Linux verwenden würde, dieGefährdung durch Viren geringer wäre, ist mitnichtenerbracht. Deswegen bin ich der Meinung, dass es nichtdas Problem ist, welches Betriebssystem man hat, son-dern dass es ein organisatorisches Problem ist. Es gehtum die Frage, welche Schutzmaßnahmen wir auch aufregionaler Ebene durchsetzen könnten.

Zur Formulierung des CSU-Antrages. Herr Waschler hatvon klarer Zielsetzung des CSU-Antrages gesprochen.Wenn ich den CSU-Antrag betrachte und lese, dieStaatsregierung wird aufgefordert, geeignete Maßnah-men zu ergreifen, um den Schutz vor Viren zu gewähr-leisten, dann sehe ich darin keine klare Zielsetzung.Genauso könnte man nämlich sagen: Die Staatsregie-rung wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen,um Computerkriminalität zu verhindern. Das wäre dasGleiche. Das ist keine klare Zielsetzung. Bei allerBerechtigung der Forderung nach einer europäischen,einer weltweiten Lösung darf auch die CSU nicht verges-sen, dass es in den Schulen Landesprobleme gibt, die inder Tat hausgemacht sind.

Ich möchte Ihnen dazu ein paar Beispiele nennen. Dengrößten Schaden kann ein Computervirus dann anrich-ten, wenn es in den Behörden und Schulen sehr vieleEinzellösungen gibt, die jeweils eigenständig sind. Wennin der Schule drei Server und in jeder Behörde viele Ser-ver sind, die alle eigenständig arbeiten und alle eineneigenen Netzzugang haben, dann ist es selbstverständ-lich, dass Viren auf viele Stellen verteilt werden und denbreitesten Schaden anrichten.

Nun wende ich diese These auf die momentane Situa-tion speziell der Schulen an. Ich muss fragen: Wo ist dasKonzept des Kultusministeriums oder der BayerischenStaatsregierung für eine Struktur der Computer in denSchulen? Dieses Konzept gibt es nicht. Bisher ist nurdiskutiert worden, wie viele Computer die Schüler brau-chen und wie viel Geld dafür bereitgestellt werden muss.Die entscheidende Frage aber, Kolleginnen und Kolle-gen, welche Strukturen wir in den Schulen haben wollen,ist nicht gestellt. Man geht von Haus aus davon aus,dass jede Schule einen Server hat. Die Möglichkeit, dieder technische Markt bietet und die eine immer größereZahl an Freunden gewinnt, einen zentralen Server fürverschiedene Schulen zu bedienen, der auch zentralüberwacht wird, ist nicht vorgesehen, daran ist nichtgedacht worden. Das ist ein Versäumnis der Bayeri-schen Staatsregierung, darum kommen Sie nicht herum.Sie lassen es zu, dass jede Schule x-beliebige Serveranschafft, und akzeptieren und erhöhen damit dieGefahr, dass sich Viren durch dieses System vervielfälti-gen.

Ich komme zu den Anti-Viren-Programmen und sageauch dazu einige Sätze. Sie werden sehen: Eine geeig-nete Maßnahme im Sinne Ihres Antrages wäre, aktuelleAnti-Viren-Programme zu installieren. Zwangsläufigmüsste das an den Schulen auf jedem autarken Rechnergeschehen. Auf jedem autonomen, selbständigen Rech-ner müsste ein Anti-Viren-Programm installiert sein. Nunkönnen Sie zusammenzählen, wie viele Anti-Viren-Pro-gramme Sie brauchen. Es ist nämlich nicht so, dass Sieeines kaufen und dann in allen Schulen installieren kön-nen. Sie brauchen für jedes einzelne Programm eineeigene Lizenz. Haben Sie dieses Problem gelöst? Wo istdas Konzept seitens der Bayerischen Staatsregierungfür diese Problematik? Nirgendwo. Das ist Ihr zweiterFehler, den Sie auf der regionalen Ebene bei allem Ver-ständnis für Ihre Forderung nach europaweiten Lösun-gen gemacht haben.

Nun komme ich zum dritten Punkt. Sie glauben dochnicht – Sie wissen es auch bestimmt selber –, dass Virennur über Netzanschluss transportiert werden und aktivsind. Dies geschieht auch über CD-Rom-Laufwerke,über Disketten. Wo ist das Konzept für Schulen, indenen sehr viele Schüler an zentralen Servern arbeiten?Wo ist das Konzept, um genau diese Problematik zu ver-hindern, indem man ausreichend qualifizierte Systembe-treuung betreibt und nicht nur sagt: Das machen die Leh-rer? In der Bekanntmachung des Staatsministeriums zurProblematik der Systembetreuung ist mit nicht einemeinzigen Wort die Problematik der Computerviren aufge-führt.

Dies wird schlichtweg vergessen.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2739

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, gestat-ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Wasch-ler?

Pfaffmann (SPD): Wenn Sie noch einen Moment war-ten, gerne. – Also: Es ist richtig. Eine europäischeLösung muss her. Das ist alles in Ordnung. Aber darüberhinaus darf man eben nicht vergessen, dass es regio-nale Schullösungen geben muss, die zusammengefasstheißen müssen: Sie müssen endlich ein Konzept erstel-len, wie die Schulen systematisch mit Computern ver-sorgt werden. Sie müssen ein Konzept erstellen, wie dasmit den Systembetreuern laufen soll und Sie müssen einKonzept erstellen, wie Sie mit der Industrie zusammendie Entwicklung auf diesem Markt realisieren können.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor-fer (SPD)

Bitte sehr, Herr Kollege Waschler.

Dr. Waschler (CSU): Herr Kollege, ist Ihnen bekannt,dass alle Schulen, die ans Netz gehen, über die System-betreuer entsprechend fortgebildet werden, und zwardahin gehend, dass aktuelle Virenscanner zu verwendensind und diese Virenscanner auch von den entsprechen-den Stellen über das Web zu beziehen sind, und istIhnen bekannt, dass der Love-Letter auch mit aktuellenVirenscannern nicht erkennbar gewesen wäre, da ereben eine Neuheit war?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Bitte sehr, Herr Kol-lege.

Pfaffmann (SPD): Das ist mir bekannt. Ich versteheallerdings Ihre Frage nicht. Vielleicht können Sie es nochkonkretisieren. Es ändert nämlich nichts daran, dass diesogenannten Systembetreuer aus den Lehrerkollegiendieser Problematik – das ist in der Schulung nicht vorge-sehen – nicht gewachsen sind. Es reicht eben nicht zusagen: Bitte verwendet Virenscanner, wenn ihr etwas tut.Das reicht nicht, um einer solchen Gefahr wirksam zubegegnen.

Ich kann Ihnen nur noch einmal eine Möglichkeit aufzei-gen. Es gibt mittlerweile ein System – Sie sind Spezialistund haben viele Fremdwörter gebraucht, worüber ichsehr erstaunt bin; ich möchte jetzt auch einige gebrau-chen – und haben vielleicht davon gehört, dass dieApplicationsserviceprovider eine effektive Möglichkeitwären, um Viren einzudämmen – man kann sie nicht ver-hindern, aber zumindest eindämmen –, indem man zen-trale Surfer schafft, an denen verschiedene Schulenangeschlossen sind und die dann effektiv von Fachleu-ten überwacht werden. Diesem Markt wird übrigens dasgrößte Wachstum auf dem neuen Technologiemarkt vor-hergesagt. Von 43 Milliarden in der Zukunft ist da dieRede.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, gestat-ten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Dr.Watschler?

Pfaffmann (SPD): Jetzt nicht mehr. Ich komme zumSchluss und werde kurz zu den Anträgen noch Stellungnehmen. Keiner in diesem Hohen Haus wird dagegensein, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, umdie Gefahren von Computerviren einzudämmen. Deswe-gen werden wir Ihrem Antrag selbstverständlich zustim-men. Da gibt es überhaupt keine Frage. Auch wir sinddieser Meinung. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie dieMaßnahmen konkretisiert hätten. Das ist leider nicht derFall. Nun gut. Es soll so sein.

Wir werden dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN in den ersten zwei Absätzen ebenfalls zustim-men, weil diese Berichterstattung eine sinnvolle Maß-nahme ist.

Wir werden uns allerdings beim dritten Absatz enthalten,weil es im Prinzip schon stimmt, dass eine Monokulturimmer schlecht ist. Aber den Eindruck erwecken zu wol-len, dass eine Monokultur ein wirksamer Schutz gegenViren sei, diesem Eindruck möchte ich widersprechen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielfalt!)

Deshalb möchte ich meiner Fraktion empfehlen, demauch nicht zuzustimmen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, es ist nicht ein Problem des Betriebssystems, esist vielmehr ein Problem der Kriminalität und ist ein Pro-blem einer politisch organisatorischen Prävention aufdem Gebiet des Sachaufwandsträgers und auf demGebiet der bayerischen regionalen Politik, also auch derStaatsregierung. In diesem Sinne werden wir abstim-men.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Jetzt hat das Wort derHerr Staatsminister Dr. Beckstein.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): HerrPräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am spätenVormittag des 4. Mai erreichte der Loveletter-Virus dieKommunikationssysteme der Staatsregierung und dermit ihr direkt vernetzten nachgeordneten Behörden undInstitutionen. Immer dann, wenn Anwender ein perE-Mail versandtes Programm ausführten, sorgte derVirus für eine kaskadenartige Verbreitung. Das Pro-gramm versandte sich schnell selbst an alle auf denbetroffenen Rechnern gespeicherten E-Mail-Adressen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stimmt!)

Nach bisherigem Erkenntnisstand konnte der entstan-dene Schaden dank entsprechender Vorsorgemaßnah-men bei uns gering gehalten werden, obwohl die einge-setzten Virenscanner den ihnen unbekannten neuenVirus zunächst nicht abwehren konnten. Hier bewährtensich der Informationsverbund der Sicherheitsbeauftrag-ten in den Behörden und die sorgfältige Schulung undSensibilisierung der Anwender. Innerhalb kurzer Zeitwurden zunächst die Mail-Systeme gegen die Weiterlei-

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2740 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

tung der Loveletterpost gesperrt. Gleichzeitig ergingenWarnungen per elektronischer Post an die Mitarbeiter.

(Unruhe)

Die Staatsregierung hat umgehend Maßnahmen getrof-fen, die Kommunikationssysteme zukünftig noch bessergegen derartige Angriffe schützen zu können.

(Hoderlein (SPD): Es hört sonst kein Schwein zu!Ich stelle das hier fest! – Gegenrufe von der CSU:Doch!)

– Lieber Herr Kollege, eine derartige Bemerkung trauteich mich nicht zu machen. Der strenge Präsident wird beisolchen Tiernamen – –

(Zuruf von der SPD: Am Rednerpult sicherlich nicht!– Heiterkeit)

– Also, das mag richtig sein. Das Landesamt für Statistikprüft bereits den Einsatz einer zentralen Virenschleusein Verbindung mit einem Filter für so genannte aktiveInhalte für das Behördennetz, auch wenn damit in Ein-zelfällen erhebliche Informationsverluste verbundensind. Das Netz der Polizei, die bereits so verfährt, warvom jüngsten Angriff deswegen nicht betroffen.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Ilove you-Virus fast alle Kriterien erfüllt, die zu besonde-rer Vorsicht mahnen: Betreff in Englisch und inhaltlichverdächtig, in der Regel unbekannte Absender, unver-langt zugesandte Anlage mit Kennzeichnung des Inhaltsals Programm. Daher muss vor allem auch die Sensibili-sierung der Mitarbeiter für derartige Erscheinungenintensiviert werden.

(Beifall des Abgeordneten Sinner (CSU))

Deswegen sind wir immer wieder dabei, spezielle Schu-lungen für die mit Sicherheitsaufgaben betrauten Mitar-beitern, die für die ans Netz angeschlossenen Behördentätig sind, durchzuführen. So werden demnächst die Mit-glieder der Notfall- und Aktionsteams der am Behörden-netz angeschlossenen Behörden mit den neuestenErkenntnissen zur Virenabwehr vertraut gemacht, umdann in ihrem Umfeld als Multiplikatoren zu wirken.

Darüber hinaus hat der Ministerrat auf seiner Sitzung am9. Mai beschlossen – Herr Kollege Hufe, das ist wirklicheine ganz wichtige und für alle in besonderem Interessestehende Nachricht –, den vom Staatsminister der Justizvorgelegten Entwurf einer Entschließung zum Thema„Bekämpfung der Hightech-Kriminalität“ im Bundesrateinzubringen. Darin wird die Bundesregierung aufgefor-dert, das nationale Strafrecht auf Schutzlücken zu über-prüfen, die eine effektive Verfolgung und Ahndung vonComputerstraftaten verhindern. International soll daraufhingewirkt werden, einen hinreichenden strafrechtlichenSchutz zu gewährleisten und die Zusammenarbeit zuverbessern.

Nachdem der Schutz von Netzen gegen Angriffe vonaußen kein speziell bayerisches Problem ist, werden wiralle Möglichkeiten ausschöpfen, und die erforderlichen

technischen und organisatorischen Maßnahmen zurVerbesserung der Sicherheit mit Bund und Ländernabstimmen.

Durch den weltweiten Einsatz – ich komme zum drittenAbsatz des Antrags des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN – von Microsoftsystemen wird die Verbreitung vonschadenstiftenden Programmen in der Tat enormbegünstigt. Die Verwendung gleichwertiger Produkteanderer Hersteller ändert aber an der prinzipiellen Ver-wundbarkeit der Systeme nichts. Sie erhöht lediglich denAufwand, den die Angreifer treiben müssen, um einenvergleichbar hohen Schaden zu erzielen. Dennoch wer-den wir die Ergebnisse einer Initiative des BMI, StandardSoftwarekomponenten, deren Code offen gelegt ist, inder Bundesverwaltung einzuführen, aufmerksam verfol-gen. Ich bedanke mich für Ihre große Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU – Heiterkeit)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der Präsident bedanktsich für die Kürze des Beitrags und kann jetzt die Aus-sprache schließen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazuwerden die Anträge getrennt.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag derFraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Druck-sache 14/3573 abstimmen. Die Fraktion hat hierzugetrennte Abstimmung nach § 131 der Geschäftsord-nung beantragt. Besteht damit Einverständnis? – Das istder Fall. Dann lasse ich zunächst wie gewünscht überdie Absätze 1 und 2 und anschließend über den Absatz3 abstimmen. Wer den Absätzen 1 und 2 des Dringlich-keitsantrags seine Zustimmung geben will, den bitte ichum das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, SPD und CSU.Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist niemand.Stimmenthaltungen? – Auch niemand. Dann ist das soangenommen.

Wer dem Absatz 3 des Dringlichkeitsantrags zustimmenmöchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Dasist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. DieGegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Frak-tion der CSU. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktionder SPD. Damit ist dieser Teil des Antrags abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN ist also in der Fassung der Absätze 1 und 2angenommen.

Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Frak-tion auf Drucksache 14/3574 abstimmen. Wer diesemDringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, denbitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionender CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? –Ich sehe keine. Damit ist auch dieser Antrag angenom-men.

Ich rufe auf:

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2741

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten RenateSchmidt, Biedefeld, Gartzke, Wörner und Fraktion(SPD)

Entschließung – Verstärkte Förderung erneuerbarerEnergien und Energiesparpotenziale auch in Bayern(Drucksache 14/3575)

Ich eröffne die Aussprache. Gibt es Wortmeldungen? –Frau Kollegin Biedefeld, bitte schön.

Frau Biedefeld (SPD) (von der Rednerin nicht autori-siert): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Energiepolitik der SPD-geführten Bundesregierungist eine reine Erfolgsstory. Das habe ich schon einmal indiesem Hohen Hause festgestellt, und ich tue dies heutemit größtem Vergnügen noch einmal.

(Beifall bei der SPD)

Zahlen, Daten und Fakten – ich werde diese aufzeigen–, die von der CSU nicht wegzudiskutieren sind, werdendies belegen und belegen dies bereits. Bayern profitiertenorm von der positiven Entwicklung, wenn es darumgeht, die Verstärkung und den Ausbau von regenerati-ven Energien zu erreichen und Energieeinsparpoten-ziale zu nutzen. Bayern profitiert maßgeblich von derEnergiepolitik der Bundesregierung.

Schauen Sie sich die Zahlen an. Allein beim 100000-Dächer-Solarstrom-Programm stammen 41,9% der För-deranträge, die bislang bearbeitet worden sind, aus Bay-ern. Das zeigt, wie Bayern von dem Programm profitiertund wie groß das Potenzial in diesem Bereich ist.

(Sinner (CSU): Wie viele Megawatt Stromerzeu-gung sind das?)

– Herr Kollege Sinner, ich führe das noch in Zahlen auf.Die Zahlen kommen ganz sicher noch.

Da Bayern so stark von den Programmen profitiert, solltedie CSU unserem Entschließungsantrag zustimmen, indem es heißt, dass der Landtag die Förderung erneuer-barer Energien durch den Bund – ich sage dazu: mit 200Millionen DM pro Jahr –, insbesondere durch das Erneu-erbare-Energien-Gesetz, das Programm zur Förderungerneuerbarer Energien und das 100000-Dächer-Solar-strom-Programm, begrüßt. Ich hoffe, dass Sie diesemEntschließungsantrag zustimmen. Nachdem ich gesagthabe, für das Förderprogramm gibt es 200 Millionen DMpro Jahr, füge ich hinzu, für das parallel dazu beste-hende 100000-Dächer-Solarstrom-Programm werdennoch einmal 180 Millionen DM bzw. jetzt durch die Auf-stockung 220 Millionen DM im Jahr zur Verfügunggestellt. Das sind Summen, mit denen man wirklich eineandere Energiepolitik machen kann. Man kann die Ener-giewende, wie wir sie uns vorgestellt haben, sehr gut indie Tat umsetzen.

Ich kann nur an die Union bzw. die CSU appellieren:Geben Sie endlich Ihre Blockadepolitik auf. Mit der Blo-ckadepolitik, die Sie nicht nur in Bayern, sondern auchauf Bundesebene in der Energiepolitik immer wieder anden Tag legen, schaden Sie Bayern und der Bundesre-

publik. Sie blockieren für die Wirtschaft und den Arbeits-markt notwendige und wichtige Innovationen, Investitio-nen und damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze vonmorgen. Sie haben scheinbar immer noch nicht erkannt,welche Chancen in einer zukunftsfähigen, nachhaltigenund modernen Energiepolitik liegen. Sie haben nach wievor die Chancen für den Arbeitsmarkt, das Handwerk,den Mittelstand und unsere Umwelt nicht erkannt. Ichkann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch beiIhnen bald durchsetzt.

Eine weitere Passage unseres Entschließungsantragszielt konkret auf das äußerst erfolgreiche 100000-Dächer-Solarstrom-Programm ab, das entgegen allenUnkenrufen aus den verschiedensten Richtungen nichtauf Eis gelegt wird. Es wird modifiziert fortgeführt. Da eseine Reihe von Verunsicherungen gab, möchte ichsagen, dass das modifizierte Programm nichts mit demErneuerbare-Energien-Gesetz zu tun hat. Es bleibt völligunabhängig von den neuen Kriterien im Stromeinspeise-gesetz. Bei der Solartechnik bleibt es bei 99 Pfennig proKilowattstunde. Das möchte ich klar herausstellen.

Die Eckwerte der neuen Richtlinie tragen der Marktent-wicklung Rechnung und fördern den Wettbewerb. Dashaben allein die Erfahrungen in den letzten Wochen undMonaten gezeigt, und zwar speziell die Erfahrungen seitdem 01.04.2000, als unser Stromeinspeisegesetz bzw.das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft getreten ist.Die Erfahrungen haben uns deutlich gezeigt, wir tragenzur Marktentwicklung bei und fördern den Wettbewerb.

Ich betone noch einmal, das 100000-Dächer-Solar-strom-Programm der Bundesregierung ist ein Erfolg.Nach dem Start des Programms im Jahr 1999 – jetztkommen die Zahlen, Herr Kollege Sinner, – ist derAntragseingang vor allem in diesem Jahr sprunghaftangestiegen. Nachdem im letzten Jahr rund 4000Anträge mit insgesamt 10 Megawatt Leistung gestelltund genehmigt wurden – die Planzahl lag bei 6000Anträgen und 18 MW, was nicht erreicht wurde –, sindheute bei geplanten 27 MW für das gesamte Jahr 2000bereits 5000 Anträge mit 32 MW genehmigt. Darüberhinaus liegen weitere 9000 Anträge vor. Das bedeutet 38MW allein im Jahr 2000.

Ziel dieses Programms bleibt auch nach der Verände-rung der Eckdaten die Erzeugung von insgesamt 300MW. Diese Zahl soll am Schluss dieses Förderpro-gramms stehen. Wir denken, aufgrund der Entwicklungallein in den letzten Wochen und Monaten, aufgrundeiner entsprechenden Energiepolitik und aufgrund derrichtigen politischen Rahmenbedingungen werden wirdas Ziel erreichen, auch wenn die Staatsregierungimmer wieder hat anklingen lassen, dass diese Ziele nieerreicht würden. Die Zahlen, die für das Jahr 2000 vorlie-gen, beweisen genau das Gegenteil.

Diese Förderung kann zu einem der erfolgreichen Bei-spiele für eine moderne Industriepolitik mit erheblichenEffekten werden. Es stört mich am meisten, dass Siedies nicht erkennen wollen. Die Effekte hinsichtlich Wert-schöpfung, Beschäftigung, Handwerk und Mittelstandsind erheblich, ganz zu schweigen von den enormen

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Chancen, die wir als führende Solarwirtschaft auf demWeltmarkt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wollen wir diese Entwicklung wirklich verschlafen, wol-len wir den Zug verpassen? Ein zu spätes Aufspringenwürde nichts mehr nützen. Wir vergeben uns hier sehrviel, was wir nicht mehr aufholen können, wenn wir nichtsofort einsteigen und die politischen Rahmenbedingun-gen sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebeneschaffen. Hier ist auch der Freistaat Bayern gefordert.

Dem Ziel einer modernen Industriepolitik und damit einernachhaltigen Umweltpolitik trägt das modifizierte100000-Dächer-Solarstrom-Programm Rechnung. DieEckwerte der neuen Richtlinie möchte ich kurz darstel-len. Auch künftig können von der Kreditanstalt für Wie-deraufbau verbilligte Darlehen für die Errichtung vonPhotovoltaikanlagen ausgereicht werden. Die Zinsverbil-ligung wird bis zu 4,5% betragen. Bei künftigen Bewilli-gungen werden Zinsen erhoben. Damit können privateInvestoren weiterhin eine attraktive Finanzierung fürPhotovoltaikanlagen erhalten.

Der zweite wichtige Eckpunkt beinhaltet Folgendes:Auch künftig können bis zu 100% der förderfähigen Kos-ten aus dem Programm finanziert werden. Auch hierzugab es andere Aussagen. Ich möchte klar herausstellen,100% der förderfähigen Kosten können auch künftig ausdem Programm finanziert werden. Um Preissteigerun-gen bei Solarmodulen entgegenzuwirken, wird der Dar-lehenshöchstbetrag bei kleineren Anlagen – bis zu 5 KW– auf 13500 DM, bei größeren Anlagen – gewerblichenAnlagen – auf 6750 DM pro Kilowatt begrenzt.

Der bisher vorgesehene Restschuldenerlass entfällt.

Auch mit dem um ein Jahr auf fünf Jahre verkürzten Pro-gramm dürften wir das Ziel von 300 Megawatt erreichen.Die entsprechenden Mittel sind eingestellt. 180 MillionenDM, die ursprünglich für das sechste Jahr geplantwaren, werden auf fünf Jahre umgeschichtet, das heißt,pro Jahr werden die Mittel von 180 Millionen DM auf 220Millionen DM aufgestockt. Blockieren Sie nicht längerund verschlafen Sie nicht die auch für Bayern wichtigeEntwicklung.

Nicht zuletzt wegen des sehr großen Interesses derbayerischen Bevölkerung an den Förderprogrammendes Bundes haben wir unseren Entschließungsantraggestellt, dem auch die CSU zustimmen sollte. Denndadurch ließe sich das Ziel, im Jahr 2000 13% des Pri-märenergiebedarfs aus regenerativen Energien zudecken, leichter erreichen. Deshalb gilt es, die Förder-programme des Bundes sinnvoll und effektiv zu ergän-zen. Rudern Sie nicht zurück, sondern halten Sie anIhrem Ziel fest, und zwar nicht nur mit Worten, sondernauch mit Taten. Nützen Sie den Rückenwind aus Berlinund legen Sie in Bayern sinnvolle, ergänzende und effi-ziente Förderprogramme auf.

Nicht nachvollziehen kann ich, dass Bayern zu den weni-gen Ländern zählt, die die neuen Marktanreizpro-gramme des Bundes zum Anlass nehmen, bei der Brei-

tenförderung erneuerbarer Energien zu sparen, Geld zuhorten und teilweise aus der Förderung auszusteigen.Bayern hat die entsprechenden Etats drastisch gekürztund sogar ganze Förderbereiche gestrichen. So hat zumBeispiel das Landwirtschaftsministerium, früher ein Vor-reiter in der Holzenergieförderung, das entsprechendeZuschussprogramm Ende 1999 auslaufen lassen. Zwargibt es für Solarkollektoren weiterhin Fördergelder. Derunveränderte Fördersatz für Standardanlagen liegt inder Regel aber niedriger als beim Bund, so dass dieAntragszahlen deutlich sinken dürften. Hier scheint freinach dem Motto „Wenn es der Bund macht, sparen wirMittel ein“ Geld gehortet zu werden, was nicht Sinn undZweck der Förderung erneuerbarer Energien sein kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aufgrund der geänderten bundesdeutschen Rahmenbe-dingungen und der geänderten bayerischen Förderricht-linien und -programme müssen bei erneuerbaren Ener-gien und rationeller Energienutzung die bayerischenFörderprogramme auf ihre Attraktivität und Sinnhaftig-keit hin geprüft werden. Die notwendige Neuordnungund Mittelumschichtung muss bei Forschung und Ent-wicklung in den Bereichen Energieeffizienz und erneuer-bare Energiequellen ansetzen, wobei die Wasserstofffor-schung einen Schwerpunkt bilden sollte.

Darüber hinaus sollten kommunale Projekte verstärktgefördert werden, insbesondere in den Bereichen Ener-giesparen und dezentrale Energieversorgung. Dazugehört auch die Förderung von Energiemanagementsys-temen. Aufgrund der angespannten Finanzlage sindviele Kommunen nicht in der Lage, die dafür notwendi-gen Investitionen zu tätigen, auch wenn sie sich rechne-ten und wirtschaftlich wären. Hier könnte der Freistaatsinnvolle Anreize für Einstieg und Ausbau erneuerbarerEnergien geben.

Nicht zuletzt sollten Geothermieprojekte verstärkt geför-dert werden, von denen es in Bayern bereits viel ver-sprechende gibt. Bürgermeister Findl aus dem LandkreisRottal-Inn hat bestätigt, dass sich derartige Projektedank der Anreize auf Landes- und Bundesebene – hiermuss der Freistaat verstärkt einsteigen – in wenigenJahren rechnen.

Der frische Wind für erneuerbare Energien aus Berlinkommt der Umwelt, der Wirtschaft und dem Arbeitsmarktzugute. Statt sich auf Lorbeeren auszuruhen und abge-schriebenen Technologien nachzutrauern, sollte Bayernin die Offensive gehen. Das Land hat schon Einiges vor-zuweisen und sollte sein Know-how für die Gewinnungvon Marktpositionen und Absatzmärkten nutzen. Stim-men Sie unserem Entschließungsantrag deshalb imInteresse von Handwerk, Mittelstand, Industrie, Dienst-leistern, Umwelt, Innovationen, Investitionen und Ar-beitsplätzen von morgen zu.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Rednererteile ich Herrn Abgeordneten Dinglreiter das Wort.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2743

Dinglreiter (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-gen! Frau Biedefeld, dass Sie eingangs Ihrer Rede dar-gelegt haben, wie Bayern bei erneuerbaren Energienvon der Bundesregierung profitiert, war geradezu rüh-rend. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Bayern tut beierneuerbaren Energien schon seit Jahren etwas, undBerlin profitiert von Bayern.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie selbst haben gerade dargelegt, dass 42% derAnträge für das 100000-Dächer-Programm aus Bayernkommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Widerspruchbei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN)

Wo wäre denn die Bundesregierung, wenn es Bayernnicht gäbe?

(Heiterkeit der Frau Abgeordneten Dr. Baumann(SPD))

Wo sind denn die Anträge aus rot-grün regierten Bun-desländern wie Nordrhein-Westfalen und Niedersach-sen, dem Land des Bundeskanzlers? Da muss docheine miserable Stimmung für erneuerbare Energien herr-schen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei Abgeordne-ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege Dingrei-ter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeord-neten Biedefeld? –

Frau Biedefeld (SPD): Herr Kollege Dinglreiter, wäreBayern nicht schon viel weiter als bei einem Anteil von9% regenerativer Energien am Primärenergiebedarf,wenn CSU und Staatsregierung derartige Marktanreiz-programme, die von der Bevölkerung mit Sicherheit aus-geschöpft worden wären, früher aufgelegt hätten?

Dinglreiter (CSU): Dazu werde ich noch etwas sagen.Anderswo werden große Sprüche gemacht, in Bayernwird gehandelt, weil in diesem Land eine positive Grund-stimmung für erneuerbare Energien herrscht, die durchunsere Maßnahmen im Laufe der letzten Jahre herbei-geführt worden ist. Mit 9% Anteil erneuerbarer Energienam Primärenergiebedarf, gerechnet nach der Substituti-onsmethode, liegt Bayern drei Mal so hoch wie der Bun-desdurchschnitt.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da sinddie grünen Anlagen aber mitgerechnet!)

– Ich nehme an, dass es anderswo auch GRÜNE gibt.Aber was ist mit denen dort los? Tatsache ist, dass dieHälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien aus Bay-

ern kommt. Das ist nicht auf dem Mist der GRÜNENgewachsen, sondern Politik von CSU und Staatsregie-rung.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei Abgeordne-ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN)

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeu-gung liegt in Bayern bei 16%, im übrigen Bundesgebietbei 5%.

Ich könnte die Zahlen fortsetzen, die immer dasselbezeigen: Wir sind bei der Sonnenkollektorfläche um 30%pro Kopf der Bevölkerung besser als der Durchschnittder Bundesrepublik. Wir haben ein Viertel der Wärme-pumpen eingesetzt. Was den CO2-Ausstoss anbetrifft,sind wir deutlich besser als andere.

Nun zur konkreten Förderung, um die es Frau Biedefeldso sehr ging. Zunächst möchte ich einige Anmerkungenzum Photovoltaik-Programm, dem 100000-Dächer-Pro-gramm der rot-grünen Bundesregierung machen. Wennich die Bundesregierung richtig interpretiere, will mandamit nach dem Endausbau in fünf bis sechs Jahrenmaximal rund 0,4 Promille zur Stromerzeugung inDeutschland beitragen. Um das zu erreichen, muss diejetzige Kollektorfläche verzehnfacht werden. Ein Beitragvon 0,4 Promille aus der Solarenergie zur Stromversor-gung innerhalb von fünf bis sechs Jahren kann doch kei-nen Umstieg in der Energieversorgung herbeiführen.Damit wir uns richtig verstehen: Wir sind sehr wohl fürdie Photovoltaik, weil wir ihr industriepolitische Bedeu-tung beimessen und sie auch für unser Land eineNischenenergie ist. Sie wird aber kein Ersatz für die kon-ventionelle Energie sein. Dafür spricht, dass der heutigePreis dieser Energie weit vom marktgängigen Preis ent-fernt ist.

(Frau Biedefeld (SPD): Deshalb haben wir einMarktanreizprogramm!)

Der Bundeskanzler hat ein gutes Verhältnis zu HerrnBlair. Die Briten machen das sehr geschickt. Sie wollenmöglichst schnell möglichst viel erneuerbare Energieschaffen. Sie schreiben die Förderung aus, und diejeni-gen erneuerbaren Energien, die am nächsten am Markt-preis sind, bekommen den Zuschlag. Das führt dazu,dass jeder einzelne Bereich möglichst viele Anstrengun-gen unternimmt, um möglichst nahe an den Marktpreisheranzukommen. Was tun Sie mit der Solarenergie? –Sie fördern mit 0,99 DM, und nimmt man die Förderun-gen des Bundes und des Landes hinzu, wird die Kilo-wattstunde mit 1,40 DM vergütet. So werden wir nichtzum Marktpreis kommen, weil das nicht Anreiz genug ist.Es ist zwar richtig, dass wir Photovoltaik fördern, aberwie das gemacht wird, bringt uns insgesamt nicht weiter.

Der Freistaat unterstützt seit 1978 als erstes Bundeslandmit speziellen Energieförderprogrammen effizient aus-gerichtete Technologien für erneuerbare Energien. DerFreistaat setzt hierfür mehr Fördermittel ein als jedesandere Bundesland in Deutschland. Wir haben von 1996bis 1999 550 Millionen DM bayerische Mittel eingesetzt.

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2744 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

(Frau Biedefeld (SPD): Für Biomasse auch?)

Sagen Sie mir ein Land, das das getan hat, obwohl Rot-Grün regiert. Die bayerischen Förderprogramme werdenseit jeher laufend und sinnvoll mit der Bundesförderungabgestimmt, damit wir uns ergänzen und auf die Weisemit unserem Geldeinsatz eine hohe Effizienz erreichen.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, gestat-ten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Bie-defeld? – Bitte, Frau Kollegin.

Frau Biedefeld (SPD) (von der Rednerin nicht autori-siert): Herr Kollege, könnten Sie dem Hohen Haus zumBeispiel darlegen, wie im Jahr 2000 und den weiterenJahren in Bayern die Biomasse als regenerativer Ener-gieträger gefördert wird? Wie sieht derzeit aktuell dieFörderung aus?

Dinglreiter (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Ichwerde das Thema noch ansprechen. Wenn Sie IhreFrage nicht ausreichend beantwortet sehen, bitte ichSie, mich noch einmal anzusprechen.

Forschung und Entwicklung waren seit jeher ein beson-derer Förderschwerpunkt in Bayern. Wir haben eineReihe von Programmen, die ich nicht aufzählen will, weilich das Plenum mit diesem Detail nicht aufhaltenmöchte. Wir hätten erwartet, dass in der Photovoltaikgezielte F- und E-Programme von der Bundesregierungaufgelegt worden wären, weil wir noch ganz erheblicheSchübe bräuchten bei der Forschung und Entwicklung,um auf diese Weise – –

(Frau Biedefeld (SPD): Die Mittel für Forschung undEntwicklung sind aufgestockt worden!)

– Wir werden sehen, was da kommt. Das ist alles unzu-reichend. Sie haben sich auf Kosten der Stromverbrau-cher bedient und machen großartige Programme zurStromeinspeisungsvergütung. Das ist alles, was Sieerreicht haben.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Scholz (SPD))

Die Bundesregierung finanzierte die Programme aufKosten anderer.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wo soll dennsonst das Geld herkommen?)

– Wir haben die 550 Millionen DM, die wir eingesetzthaben, aus Haushaltsmitteln des Freistaats genommen.

(Frau Radermacher (SPD): Das ist doch Geld, dasdie Bürger mit den Steuern bezahlen!)

Die Staatsregierung hat mit dem Konzept „Mit neuerEnergie in die Zukunft“ 150 Millionen DM zusätzlich ein-gesetzt: 50 Millionen DM für Wasserstoff, 50 MillionenDM für Biomasse, 30 Millionen DM für Solarförderungund 20 Millionen DM für Modellprojekte in allen Regie-rungsbezirken. Ich warte darauf, ob Sie mir sagen kön-

nen, dass ein sinnvoll definiertes F- und E-Programmnicht gefördert worden ist. Bisher wurde alles, was aufdiesem Sektor an uns herangetragen wurde, gefördert.

Wir haben in Bayern der Wasserstofftechnologie schonfrüh große Bedeutung beigemessen und in den vergan-genen Jahren 100 Millionen DM für die Förderung bereit-gestellt. Das ist mehr, als alle anderen Bundesländerzusammen gefördert haben. Vor 13 Jahren ist in Bayerndas erste Solarwasserstoffwerk in Neunburg vorm Waldgegründet worden. Wir haben dabei zukunftsweisendeErkenntnisse gewonnen, die sich bei der Sonnenein-strahlung in unseren Gebieten zwar nicht wirtschaftlichverwerten lassen. Sie sind aber industriepolitisch vongroßer Bedeutung. Im Rahmen der „Offensive ZukunftBayern“ wurde das Wasserstoffprojekt München amFlughafen geschaffen und der Brennstoffzellenbus ein-gesetzt. Bereits seit 1986 gibt es die WasserstoffinitiativeBayern und dergleichen mehr.

Der Freistaat fördert seit 1978 kommunale Projekte inganz erheblichem Umfang im Rahmen des Programms„Rationelle Energiegewinnung und -verwendung“.

(Frau Biedefeld (SPD): Haben Sie Kontakt zu Kom-munalpolitikern und Bürgermeistern?)

– Selbstverständlich, mehr als Sie. Das dürfen Sie mirglauben.

(Frau Biedefeld (SPD): Anscheinend nicht!)

– Sie meinen, wenn Sie einmal nach Niederbayern fah-ren, wissen Sie, was los ist. Wir sind ständig in unserenGemeinden und wissen, was los ist. Sie müssen unsnicht belehren.

(Frau Biedefeld (SPD): Die Aussage können Sienicht treffen, weil die Bürgermeister kein Geldhaben!)

Sie haben vorhin die Geothermie angesprochen. Bayernfördert hier mit Zuschüssen aus dem Programm „Ratio-nelle Energiegewinnung und -verwendung“. Die Risiko-abdeckung beträgt für nicht oder nur teilweise fündigeBohrungen 75%. Was tut der Bund? – Der Bund fördertnur im Erfolgsfall. Das hat man nicht in der Hand, wennman eine Bohrung beginnt. Deshalb ist es eine ungenü-gende Förderung. Hier sollten Sie sich einsetzen undsich mit Anträgen an die rot-grüne Bundesregierungwenden, damit diese eine bessere Förderung bereit-stellt.

Für das Energiemanagement hat der Freistaat eine För-derung eingeleitet, die sich durchaus bewährt hat. Wirhaben keinen Grund, uns belehren zu lassen. Es gibtauch keinen Grund, den Freistaat Bayern aufzufordern,mehr zu tun. Wir haben ein umfassendes Programm,das auch für alles offen ist, was vom Bund und vonEuropa kommt. Wir haben bisher kein Programm ausge-lassen, sondern alles getan, damit die erneuerbarenEnergien weitergeführt werden.

Ich komme nun zu Ihrer Frage von vorhin. Wir setzensehr stark auf die Biomasse, weil wir wissen, dass sie in

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2745

größerem Umfang zur Verfügung steht und daraus Ener-gie nahe am Marktpreis erzeugt werden kann.

(Frau Biedefeld (SPD): Es gibt kein Breitenförder-programm!)

– Wenn das Einspeiseprogramm genutzt wird, ist keinFörderprogramm nötig.

(Frau Biedefeld (SPD): Der Bund zahlt!)

– Nein, das zahlt nicht der Bund. Der Bund hat dasbeschlossen. Zahlen müssen alle Stromverbraucher.

Die Einspeisevergütung für Energie aus Biomasse reichtaus, um moderne Anlagen finanziell so zu bedienen,dass sie kostendeckend arbeiten können.

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist nicht im Interesseder bäuerlichen Landwirtschaft; da könnten Siemehr tun!)

– Man kann nicht mehr tun, als etwas kostendeckendvergüten. Alles andere wäre geschenkt.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Ihr Antrag ist wiedereinmal darauf ausgerichtet, sich selbst und die Bundes-regierung dafür zu loben, was Sie denn alles Großarti-ges getan hätten.

(Frau Radermacher (SPD): Wenn es doch so ist! –Hufe (SPD): Zeigen Sie doch Größe und loben Sieauch!)

– Wir sehen dazu keine Veranlassung, weil wir in Bayernlange vor Ihnen die notwendigen Maßnahmen eingelei-tet und mit Erfolg umgesetzt haben. Hätten wir das nichtmit Erfolg umgesetzt, wären die Zahlen nicht so, wie ichsie dargelegt habe.

Weil uns das Thema so wichtig ist, beantrage ichnamentliche Abstimmung.

(Hufe (SPD): Herr Dinglreiter lobt sich die ganzeZeit selbst. Loben Sie doch einmal die Bundesregie-rung!)

Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil wir ihn nicht fürnotwendig halten.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege Dinglrei-ter, ist das die berühmte Notbremse, um die erforderlicheMehrheit zu bekommen? Ich weise darauf hin, dass um16.30 Uhr eine namentliche Abstimmung beantragt wor-den ist. Sie kann frühestens um 16.45 Uhr durchgeführtwerden.

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Paulig das Wort.

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehrgeehrte Damen und Herren! Ich finde das Ganze köst-lich. Warum können Sie, Herr Kollege von der CSU, nichtanerkennen, dass es hervorragende Programme des

Bundes gibt, um die Nutzung der erneuerbaren Energienvoranzubringen?

(Beifall der Frau Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich verstehe Sie nicht. Sie machen die Sache madig,während sich die Leute draußen im Land über die Pro-gramme freuen und investieren. Sie von der CSU hinge-gen spielen das alles herunter. Es ist grandios, was aufden Weg gebracht wurde.

(Loscher-Frühwald (CSU): Sie haben viel mehrgefordert!)

Die Handwerker und mittelständischen Unternehmenkönnen sich vor Aufträgen nicht retten. Solarzellen müs-sen heute sogar importiert werden, weil die Produktionvoll ausgelastet ist. Die Solarzellenfabrik in Alzenaukann aufstocken, und in vielen Fällen muss man bis zumHerbst warten, wenn man heute beschließt, sich eineSolaranlage auf das Dach zu bauen. Geben Sie dasdoch einmal zu. Ich gebe meinerseits zu, dass dasStromeinspeisungsgesetz für Strom aus Windkraftanla-gen unter der Kohl-Regierung ein richtungsweisenderSchritt war.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Das war ein großerFehler!)

Dadurch ist die Stromerzeugung durch Windkraftanla-gen vorangebracht worden. Jetzt haben wir diesesGesetz so ausgeweitet, dass beispielsweise Windkraft-anlagen im Binnenland eine reelle Existenzgrundlagehaben. Wir haben weiterhin eine Ausweitung auf Solar-zellen, Biomasse und Biogas vorgenommen. Das istrichtig, weil damit ein Innovationsschub für ein breitesSpektrum von Technologien erfolgt. Genau an diesemPunkt muss man ansetzen.

Sie sagen, dass bei einem Ausbau auf 300 MegawattSolarstrom die Erzeugung von Strom aus Solarzellennur einen geringen Anteil an der Gesamtproduktion vonStrom haben wird. Dieser Anteil wird zum einen steigen,weil sich die Effizienz verbessern wird. Zum anderen,wenn der Verbrauch der Primärenergie zurückgeht,steigt natürlich der Anteil des aus Solarzellen erzeugtenStroms ganz gewaltig. In der Produktion von Solarzellenund der Stromerzeugung durch Solarzellen liegt einhohes technisches Innovationspotential. Wir könnendavon ausgehen, dass dies neben der Wasserstofftech-nologie das Zukunftspotential schlechthin ist. DieseTechnologie muss verstärkt auf den Markt kommen undgenutzt werden. Darum ist dieses EEG ein richtungswei-sendes und innovatives Gesetz.

Ich verstehe den SPD-Antrag zwar nicht ganz, wir wer-den ihm aber zustimmen. Wir werden das Ziel, bis zumJahr 2000 den Anteil der erneuerbaren Energien auf13% des Primärenergieverbrauchs zu steigern, errei-chen, aber nicht dank der CSU, sondern trotz der CSU,die nicht über dieses Gesetz informiert und nicht für dasProgramm wirbt, so wie wir es in der letzten Sitzunggefordert haben. Wir werden dieses Ziel erreichen, weildie Bundesregierung so gute Förderprogramme und ein

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gutes Stromeinspeisungsgesetz auf den Weg gebrachthat. Natürlich wird Bayern dieses Ziel erreichen; ich weißallerdings nicht, ob es in dieser Zeitspanne möglich ist.Auf jeden Fall wird es Dank Rot-Grün und der innovati-onsfreudigen Bayern erreicht, die dieses Programm aus-nützen.

Herr Dinglreiter, ich weiß nicht, ob Sie bereits eine Solar-anlage auf dem Dach Ihres Hauses haben. Ich kenneaber zahlreiche GRÜNE, die seit Jahren solche Anlagenauf den Dächern ihrer Häuser haben. Ich kenne auchviele Menschen, die jetzt das 100000-Dächer-Pro-gramm nutzen und in die Produktion von Strom ausSolarzellen einsteigen. Wir können also eine großeBegeisterung der Menschen feststellen.

Ich kann nicht verstehen, warum immer ein Vergleich mitanderen Bundesländern angestellt wird, wenn es umden Anteil der erneuerbaren Energien an der Primär-energie geht. Bayern ist in einer relativ günstigen Lage,weil hier in hohem Maße die Wasserkraft genutzt wird.Das geht in Niedersachsen nicht. Nehmen Sie das bittezur Kenntnis. Deswegen kann Bayern insgesamt bes-sere Zahlen als andere Bundesländer vorweisen.

Vor zwei bis drei Jahren hatten wir einen Anteil von 6%,inzwischen wird ein Anteil von 9% angegeben. DieserZuwachs basiert auf der Umstellung der Rechenme-thode. Dies sollte man fairerweise auch so darstellen.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eineZwischenfrage von Herrn Kollegen Dinglreiter?

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, bitte.

Dinglreiter (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): FrauKollegin Paulig, stimmen Sie mir zu, dass der Anteil dererneuerbaren Energien in Bayern immer noch größer alsin Niedersachsen ist, selbst wenn man die Wasserkraftabzieht? Niedersachsen hat wesentlich bessere Wind-verhältnisse und könnte in punkto Windenergie viel mehrals Bayern tun.

(Frau Biedefeld (SPD): Bei der Windenergie liegtNiedersachsen vor Bayern! – Hufe (SPD): Und das,obwohl Sie von der CSU so viel Wind machen!)

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe dieZahlen nicht parat. Ich kann Ihnen aber sagen, dass inSchleswig-Holstein der Anteil der aus Windkraftanlagenerzeugten Energie bereits 12% beträgt. Das ist in Bay-ern nicht der Fall. Deshalb ist festzustellen, dass inSchleswig-Holstein vorrangig Windkraftanlagen, in Bay-ern aber Wasserkraftanlagen genutzt werden. Wir soll-ten das so stehen lassen. Sie, Herr Dinglreiter, werdenmir sicher die exakten Zahlen von Niedersachsen nochliefern.

(Hufe (SPD): Die anderen kochen auch nur mitWasser!)

Wir sollten nicht Erbsen zählen. Jedes Bundesland mussseine Energiequellen optimal nutzen. Daher kann ich

dem Antrag der SPD nur zustimmen, auch wenn ich dieAblehnung unseres Antrags durch die CSU in der letztenPlenarsitzung bedaure.

Wir werden das in Bayern vorhandene Potential optimalnutzen müssen. Das betrifft zum einen die zusätzlicheNutzung von Windkraftanlagen, zum anderen die Bio-masse, die ein durch die bäuerliche Landwirtschaftgeprägter Flächenstaat wie Bayern einbringen kann. Ichräume ein, dass Bayern auch in dieser Beziehung eineSpitzenstellung hat. Wenn wir uns das Förderprogrammzur Markteinführung erneuerbarer Energien anschauen,dann stellen wir fest, dass insgesamt Mitte März zirka3600 Anträge auf Förderung von Biomasseanlagengestellt worden sind, wobei die Zahl der Anträge in Bay-ern bei 2000 und in Baden-Württemberg bei zirka 900lag. Dieses gute Innovationsprogramm wird also vorran-gig von Bayern genutzt.

Lassen Sie mich noch einmal die Palette darstellen, diebereits vorhanden ist, weil ich glaube, dass Sie von derCSU nicht den Überblick haben. Das neue Einspei-sungsgesetz ist marktorientiert und gibt eine angemes-sene Vergütung. Sie behaupten, diese erfolge auf Kos-ten aller Stromverbraucher. Das ist unzutreffend. In die-sem Fall erfolgt eine bundesweite Umlage, was vollkom-men richtig ist, weil damit nicht ein EVU in einembestimmten Bundesland besonders belastet wird. DieUmlage auf den Strompreis verursacht einem Vier- bisFünfpersonenhaushalt im Jahr Kosten, die den Kosteneiner Schachtel Zigaretten entsprechen. Nehmen Siedas bitte einmal zur Kenntnis. Vor allem Vertreter derBayernwerke AG sprechen immer von Subventionen inMilliardenhöhe. Es muss aber betont werden, dass jederHaushalt in Deutschland diese innovative und erneuer-bare Energie mit einem Betrag subventioniert, der ledig-lich den Kosten einer Schachtel Zigaretten entspricht.

(Willi Müller (CSU): Das geschieht auf Kosten derInnovationskraft der Industrie!)

Im Gegenteil, Sie wissen selbst, dass die Solarzellenfa-brik in Alzenau ihre vorgegebenen Wachstumsratennicht erfüllen konnte, weil die Nachfrage nicht bestand.Jetzt kann der Ausbau erfolgen, und wir werden mit demStandard von 300 Megawatt weltweit eine Führungspo-sition erreichen. Das ist im Interesse der Schaffung vonArbeitsplätzen, des Mittelstands und verbessert unserePosition auf den Exportmärkten. In dieser Beziehungbrauchen wir uns nichts vorzumachen.

Neben diesem Einspeisungsgesetz haben wir Investiti-onsprogramme wie das „100000-Dächer-Programm“ fürSolarzellen fortgeführt, das eine extrem hohe Nachfrageverzeichnet. Das ergänzende Programm für alle ande-ren Arten erneuerbarer Energien haben wir in diesemJahr mit 300 Millionen DM aufgelegt; in den nächstenJahren werden dafür voraussichtlich jeweils 200 Millio-nen DM zur Verfügung stehen. Insgesamt ist dafür 1 Mil-liarde DM vorgesehen, ebenso wie für das „100000-Dächer-Programm“. In diesem Programm zur Marktein-führung von erneuerbaren Energien gibt es beispiels-weise Zuschüsse zur Altbausanierung, zur Wärmedäm-mung, wenn gleichzeitig Sonnenkollektoren gebaut wer-den, die ihrerseits mit 250 DM pro Quadratmeter bezu-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2747

schusst werden. Wir haben Programme für Geothermik,für die Wasserkraftnutzung und für Biomasse. All diessind vernünftige Investitionsprogramme, die es auf brei-ter Ebene zu nutzen gilt.

Sie haben den Forschungsbereich angesprochen. Wirhaben beispielsweise das Programm für biogene Treib-und Schmierstoffe. Dieses Programm ist schwerpunkt-mäßig auf Forschung ausgerichtet. Dafür stehen insge-samt 20 Millionen DM zur Verfügung. Außerdem habenwir die Verpflichtungsermächtigungen im Forschungsbe-reich für Wasserstofftechnologie, für effiziente Energie-nutzung, für erneuerbare Energien um 100 Millionen DMerhöht. Fragen Sie doch einmal die Forscher. SeitNovember 1999 können diese ihre Forschungspro-gramme auf diesen Gebieten fortsetzen. Bei den For-schern besteht hohe Zufriedenheit, nahezu Begeiste-rung. Man muss doch sehen, dass hier eine ganzeMenge passiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Bayern haben wir beispielsweise das Problem, dassdie Stadtwerke, die die Kraft-Wärme-Kopplung einge-führt und ein entsprechendes Kraftwerk gebaut haben,angesichts des liberalisierten Marktes jetzt mit ihrenStromerzeugungskosten nicht mehr mithalten können.Dafür gibt es jetzt das Kraft-Wärme-Vorschaltgesetz,das einen vernünftigen Einspeisepreis auch für Kraft-Wärme-Koppelung erzeugten Strom garantiert. So wer-den den Kommunen und den Stadtwerken jetzt wiederfaire Wettbewerbsbedingungen und Sicherheit garan-tiert. Wir wollen dies ausbauen, um auch hier den Anteilvon effizient erzeugtem Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung zu verdoppeln. Bis zum Jahr 2010 wollen wirauf etwas über 20% kommen. Jetzt liegen wir bei Stromaus Kraft-Wärme-Kopplung bei etwa 12%. Wir wollenalso auch diesen Bereich verdoppeln. Das Mittel, das wiruns dafür vorstellen, heißt: Zertifikatshandel. JedesEnergieversorgungsunternehmen soll einen steigendenAnteil von Strom nachweisen, der aus Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wurde. Das ist eine marktkonformeLösung. Damit werden wir EU-konform auch den Stromaus der Kraft-Wärme-Kopplung, aus den Blockheizkraft-werken voranbringen.

Das sind doch Programme, die zeigen, dass hier etwasvorangeht, dass es eine innovative Energiepolitik gibt.Diese Programme zeigen: Hier gibt es eine Energiepoli-tik mit Zukunft. Wir wollen eine Verdoppelung der erneu-erbaren Energie von derzeit bundesweit 6 auf künftig12% im Jahr 2010 erreichen. Wir wollen eine Verdoppe-lung des durch Kraft-Wärme-Koppelung erzeugtenStroms

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

von 12 auf etwa 24% im gleichen Zeitraum. Und darüberhinaus: Wir wollen diese Entwicklung mit einem Klima-schutzprogramm koppeln,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

mit einer Energieeinsparverordnung, mit CO2-Minimie-rung. Wir wollen dies, damit wir das Klimaschutzziel,

welches noch unter der Kohl-Regierung aufgestelltwurde – 25% CO2-Minimierung bis zum Jahr 2005 bezo-gen auf das Jahr 1990 – erreichen werden. Genau ander Erreichung dieses Zieles arbeiten wir. Ich fordere Siedeshalb schon heute auf, die Maßnahmen, die länderre-levant sind, im Bundesrat nicht zu blockieren, sondernsie zu unterstützen. Unterstützen Sie diese Programme,damit das Klimaziel mit vereinten Kräften erreicht wer-den kann. Wir sind es künftigen Generationen schuldig.

Die Zielvorstellungen, die Visionen, die über diese Ver-doppelungsanteile hinausgehen, gibt es bereits. Sie wis-sen, die EU-Kommission hat in einem von vier europäi-schen Ländern erstellten Gutachten aufgezeigt, dass wirden Primärenergieverbrauch europaweit bei tatkräftigempolitischen Handeln um über 50% bis zum Jahr 2050reduzieren können. Gleichzeitig könnten wir den Restbe-darf zu über 90% aus erneuerbaren Energien beliefern.Das sind Perspektiven, für die sich politischer Einsatzlohnt. Ich hoffe, dass Sie dies alles nicht herunterreden,sondern dass wir mit vereinten Kräften versuchen, dasKlima dieses Planeten zu retten. Ich hoffe, dass Sie hierkünftig wirklich zukunftsweisend handeln.

Noch ein Letztes. Ich begrüße es außerordentlich, dasswir im Bayerischen Landtag die Enquete-KommissionEnergie haben. Ich bedaure allerdings, dass bisher nochkein öffentlicher Zwischenbericht vorliegt. Es gibt aberhervorragende Stellungnahmen der verschiedenenExperten, die die Fraktionen benannt haben. DieseExperten zeichnen ein hervorragendes, ein gewaltigesPotenzial in Bayern zur Nutzung von erneuerbaren Ener-gien. Dieses Potenzial z. B. im Stromsektor liegt weitüber dem der heutigen bayerischen Stromproduktion.Das sind Ziele, das sind Perspektiven, für die einzuset-zen sich lohnt. Ich freue mich schon über den Lernpro-zess der CSU und darauf, wenn Sie dann in ein oderzwei Jahren sagen werden: „Ja, diese Programmehaben sich rentiert.“ Ich freue mich darauf, wenn HerrKollege Dinglreiter dann wieder mit stolzgeschwellterBrust sagen wird: „Wir Bayern sind führend.“ – Jawohl,dank Rot-Grün!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Wortmeldung:Herr Staatsminister Miller. Bitte schön.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium):Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlichhatte ich nicht mehr vor, zu reden. Nach dieser Rede, inder behauptet wurde, die Programme hätten sich ren-tiert, nachdem erst gestern die Gelder dafür verkündetworden sind, kann ich nicht anders. Sie, Frau Paulig, tre-ten hier als Gesundbeterin auf. Doch auch dazu sind Sienicht geeignet.

(Beifall bei der CSU)

Es ist aber schon interessant – –

(Frau Biedefeld (SPD): Haben Sie die Anzahl dergenehmigten Anträge schon gesehen?)

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– Dazu werde ich noch einige Worte sagen, immer mitder Ruhe. Es werden 70 Millionen DM vom Bund für dieLandwirtschaft im Bereich „Nachwachsende Rohstoffe“aufgewendet. Wissen Sie, was Bayern bisher dafür auf-gewendet hat? Von 1990 bis 1999 hat Bayern 295 Millio-nen DM zur Förderung der nachwachsenden Rohstoffeund insbesondere zur Erzeugung von Biomasse zur Ver-fügung gestellt.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Kein anderes Bundesland hat mehr als Bayern getan.Doch Frau Paulig sagt: In Niedersachsen wird die Bio-masse gefördert, und in Bayern ist es die Wasserkraft.“Ich habe die Zahlen von Bayern und von Niedersachsenvorliegen. In Bayern gibt es 250 Biomasseheiz- undHeizkraftwerke, in Niedersachsen hingegen nur 7,7. Den7,7 Anlagen in Niedersachsen stehen 250 Anlagen inBayern gegenüber.

(Heiterkeit bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Scham-mann?

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium):Nein. Niedersachsen hat 75 Biogasanlagen, Bayern330. Die Hälfte aller Biogasanlagen steht in Bayern!

(Herrmann (CSU): Bravo! – Beifall bei der CSU)

Der Zahlenvergleich zeigt, dass es in Bayern dreimal soviel Primärenergie aus nachwachsenden Rohstoffen undaus Biomasse gibt als im Bundesdurchschnitt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Zielset-zung sind wir uns ja einig.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):C.A.R.M.E.N!)

– Immer wenn Sie nicht mehr weiter wissen, fällt IhnenC.A.R.M.E.N ein. Sie führen eine unehrliche Diskussion!Das ist eine armselige und inhaltsleere Diskussion.

(Beifall bei der CSU)

In Bayern haben wir allein durch diese Maßnahmen beider Biomasse 1,8 Milliarden Liter Heizöl gespart, einsehr deutliches Einsparpotenzial.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie haben Millionen in denSand gesetzt! – Zuruf von der SPD: Erbsenkönig!)

– Jetzt kommen Sie und rufen: Erbsenkönig! Bei diesenThemen können Sie anscheinend nur unsachlich disku-tieren. Frau Paulig, Sie haben mit ihren Zahlen dieUnwahrheit gesagt, und jetzt reden Sie sich polemischheraus. Das ist armselig, kann ich da nur sagen.

(Beifall bei der CSU)

Bei uns in Bayern wurden – –

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister,gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Paulig?

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium):Nein.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eswürde mich interessieren, wo ich die Unwahrheitgesagt habe!)

– Sie haben gesagt, in Bayern ist die Wasserkraft vorn,und Niedersachsen ist führend bei der Biomasse. Genaudas haben Sie vorhin gesagt.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Schleswig-Holsteinbei der Windenergie! – Unruhe bei der SPD undbeim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Prä-sidenten)

Ich habe Ihnen jetzt die Zahlen genannt. Ich habe sehrgenau aufgepasst. Von Windenergie ist hier nichtgesprochen worden.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ichhabe Schleswig-Holstein und die Windenergiegenannt!)

– Sie haben von Niedersachsen gesprochen. Wir wer-den das dann im Protokoll nachlesen können.

Ein zweiter Punkt, Frau Paulig: Zum neuen Programmdes Bundes über 104 Millionen DM liegen Anträge ausBayern für 60 Millionen DM vor.

Das sind 57%. Das nächste Land ist Baden-Württem-berg mit 26 Millionen DM. Es folgt Nordrhein-Westfalenmit je 3 Millionen DM gegenüber 60 Millionen DM in Bay-ern. Ich könnte diese Zahlenreihe fortsetzen. Was dienachwachsenden Rohstoffe anbelangt, waren rot-grün-regierte Länder immer Entwicklungsländer. Sie sind esheute noch. Man kann nur hoffen, dass es besser wird.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben viel nachzuholen, wenn Sie bayerische Ver-hältnisse erreichen wollen. Wir sind vorne und wollen esbleiben.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner istHerr Kollege Schammann.

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (vom Red-ner nicht autorisiert): Herr Präsident, Damen und Herren,Kolleginnen und Kollegen! Weil mir eine Zwischenfragenicht erlaubt wurde, habe ich mich gemeldet. Wenn mandie Unterlagen nachliest, die Glanzdaten der CSU undder Staatsregierung in Sachen nachwachsende Roh-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2749

stoffe, muss man klar feststellen: Etwa ein Drittel dergenannten 280 Millionen DM, die dafür ausgegeben wor-den sind, wurde in den Sand gesetzt.

(Ach (CSU): Wo?)

– Für Erbsenamylose, für die Kartoffelstärkefabrik, fürdas Zellstoffwerk in Lauingen usw. Meine sehr verehrtenDamen und Herren und Herr Minister Miller, ist es nichtrichtig, dass in der letzten Legislaturperiode lächerliche7 Millionen DM für die Förderung von Holz-Hackschnit-zelheizungen eingesetzt wurden? Dieser Betrag wurdeauf unser Drängen um 3 Millionen DM aufgestockt.Davon konnten gerade einmal 1400 Anlagen in Bayerngefördert werden, obwohl in den Ministerien Förderan-träge für über 5000 Anlagen gelegen haben. Das sinddie Glanzleistungen der Bayerischen Staatsregierung fürAlternativenergie und für die Bauern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Weitere Wortmeldun-gen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Ausspra-che und komme zur Abstimmung. Von Seiten der CSU-Fraktion wurde beantragt, die Abstimmung in namentli-cher Form durchzuführen. Für die Stimmabgabe sind dieentsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt.Die Ja-Urne befindet sich auf der Oppositionsseite, dieNein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion. Die Enthal-tung-Urne befindet sich auf dem Stenographentisch. Mitder Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Dafürstehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.52 Uhr bis 16.57Uhr)

Meine Damen und Herren, die Abstimmung ist beendet.Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt.Ich werde es später bekannt geben. Angesichts der fort-geschrittenen Zeit ist es unsinnig, noch einen Dringlich-keitsantrag aufzurufen. Wir überweisen deshalb die nichtbehandelten Anträge an die zuständigen Ausschüsse.

Der Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN betreffend Bilanzzur Umsetzung der FFH-Richtlinie, Drucksache 14/3576wird an den Ausschuss für Landesentwicklung undUmweltfragen überwiesen.

Der Antrag der CSU betreffend Herstellung von Transpa-renz bei den Beitrittsverhandlungen im Rahmen der sogenannten EU-Osterweiterung auf Drucksache 14/3577wird an den Ausschuss für Bundes– und Europaangele-genheiten überwiesen.

Der Antrag der GRÜNEN betreffend Konsequenzen ausder OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“, Drucksache14/3578, wird an den Ausschuss für Bildung, Jugendund Sport überwiesen.

Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind. Es ist sobeschlossen.

Außerhalb der Tagesordnung möchte ich kurz daraufhinweisen, dass gemäß § 24 Absatz 2 der Geschäftsord-nung Ausschussumbesetzungen von Seiten der CSU-Fraktion vorgenommen wurden. Im Ausschuss für Lan-desentwicklung und Umweltfragen übernimmt Frau Kol-legin Prof. Männle den noch unbesetzten Ausschusssitzder CSU. Im Ausschuss für Hochschule, Forschung undKultur wird künftig Frau Kollegin Prof. Männle für HerrnKollegen Breitschwert sitzen. Im Ausschuss für kommu-nale Fragen und innere Sicherheit übernimmt Herr Kol-lege Siegfried Schneider den Sitz des Kollegen ErwinSchneider. – Sie haben hiermit davon Kenntnis genom-men.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der Namentlichen Abstim-mung zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/3572– das ist der SPD-Dringlichkeitsantrag betreffend Bal-lungsraumzulage – bekannt: Mit Ja haben 145 Kollegengestimmt, mit Nein niemand. Sechs Kolleginnen undKollegen haben sich der Stimme enthalten. Damit ist derDringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 7

Antrag des Abgeordneten Schammann (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elemen-tarschäden (Drucksache 14/1374)

Ich eröffne die Aussprache. Herr Kollege Schammannhat sich zu Wort gemeldet.

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (vom Red-ner nicht autorisiert): Herr Präsident, meine sehr verehr-ten Damen und Herren! Die Bedeutung des Antrags aufEinführung einer Pflichtversicherung gegen Elementar-schäden wird seit gestern manchem von Ihnen etwasklarer geworden sein. Nach den gestrigen heftigenUnwettern ist die Fangemeinde für eine solche Pflicht-versicherung wieder um einige Tausend Mitglieder inBayern gewachsen. Die Diskussion über die Pflichtversi-cherung gegen Elementarschäden wird in diesem Land-tag schon seit über zehn Jahren geführt. Eine solcheVersicherung wurde von verschiedenen Seiten, sogarvon der Seite der CSU, befürwortet.

Die Schadenereignisse nehmen gewaltig zu. Ich werdedarauf später noch zurückkommen, wenn ich die Versi-cherungswirtschaft zitiere. Ich möchte jetzt im Besonde-ren auf die Diskussion in den Ausschüssen und dabeivor allem auf die Argumente des Herrn Kollegen Broscheingehen. Herr Kollege Brosch bringt immer wieder diealte Leier und trägt falsche Argumente vor. Er behauptet,der Bund sei für eine solche Versicherung zuständig.Das stimmt ganz einfach nicht. Die Länder sind für daszuständig, was der Bund nicht regelt. Das Land kannalso regeln. Die Tatsache, dass die EU Monopolversi-cherungen verboten hat, bedeutet noch lange nicht,dass solche Versicherungen nicht möglich sind.

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Sie darf nur nicht als Monopolversicherung einer Versi-cherungsgesellschaft ausgeschrieben, sondern muss fürden Markt freigegeben werden. Bayern könnte das alsoregeln, wenn es denn nur wollte.

Herr Brosch, Ihr Argument war geradezu traurig, dassdie Bürger selbst schuld sind, wenn sie ihre Häuser inÜberschwemmungsgebieten gebaut haben. In Ingol-stadt wurde eine ganze Siedlung – das Fischereiheim –im Überschwemmungsgebiet gebaut, zuerst als Ferien-siedlung, dann mit festem Anschluss an die Stadt. Bisheute liegen keine Genehmigungen vor. Dafür trägt derStaat die Verantwortung; hier ist die Aufsichtspflicht desStaates gefragt. Ihre Aussage, die Bürger seien selbstschuld, wenn sie ihre Häuser in Überschwemmungsge-bieten bauen, ist da völlig unangebracht.

Spätestens seit dem großen Pfingsthochwasser im letz-ten Jahr, von dem weite Teile des Landes betroffenwaren, ist die Bevölkerung bei diesem Thema sensibili-siert. Angesichts der großen Versprechungen des Minis-terpräsidenten – darüber haben wir auch in Plenumlange diskutiert –

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das istgenau ein Jahr her!)

ist traurig, wie wenig seitdem umgesetzt worden ist.Unsere Voraussage hat sich bewahrheitet, dass dieangebotenen Förderungen, die zugegebenermaßeneine Kraftanstrengung waren, nur ein Tropfen auf denheißen Stein sein werden. Tausende von Familien wur-den bis heute noch nicht ausreichend gefördert; ihreExistenz ist zum Teil bedroht, wenn nicht sogar ruiniert.Bis heute ist bei der Wasserführung der Donau vomForggensee bis nach Passau noch nicht viel geschehen.Die Problematik durch die Staustufen und Stromerzeu-ger ist noch nicht ausgeräumt. Darüber wird man anhandeiner Reihe von SPD-Anträgen ganz ausführlich disku-tieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, besonders aufder rechten Seite, die Versicherungswirtschaft ist in derDiskussion längst weiter als Sie, wie Aussagen derMünchner Rückversicherung bezeugen. Da heißt es,dass sich die schweren Schadereignisse seit 1950 ver-vierfacht hätten und die Schadsummen von 1990 bis1999 von 40 Milliarden DM weltweit auf mittlerweile 600Milliarden angestiegen seien. Das müsste doch zu den-ken geben. Der Verband der Versicherungsmaklerstimmt einer solchen Versicherung zu; auch der Bundder Versicherten möchte eine derartige Versicherung.Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSUund von der Staatsregierung, tun Sie Ihre Pflicht und füh-ren eine solche Versicherung ein! Stimmen Sie diesemAntrag zu; sonst kommt er beim nächsten großenSchadereignis wieder!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel-dung: Herr Dr. Kaiser, bitte.

Dr. Kaiser (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): FrauPräsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD-Frak-tion stimmt diesem Antrag des Kollegen Schammanngerne zu, da er ein Anliegen enthält, das wir von derSPD-Fraktion seit nunmehr 22 Jahren verfolgen. AnfangMai 1978 gab es im Erfttal im Landkreis Miltenberg eineHochwasserkatastrophe. Die Erft ist ein Nebenfluss desMains, dessen Einzugsgebiet bis in den badischen Lan-desteil hinüberreicht. Mir ist schon damals aufgefallen,dass die Leute in Eichenbühl maximal 22 bis 25% ihrerSchäden über die Hilfsmaßnahmen des Freistaates Bay-ern erstattet bekamen, während wenige hundert Meterweiter, jenseits der Landesgrenze, die Menschen, dievon der gleichen Katastrophe betroffen waren, nahezu100% ihrer Schäden über die Elementarschadenversi-cherung ersetzt bekamen, die es in Baden-Württemberggibt. Das hat sich fortgesetzt. Wenn durch den MainHochwasserschäden entstanden, gab es in der StadtMiltenberg keine Möglichkeit der Entschädigung, wäh-rend in Wertheim in Baden-Württemberg eine Entschädi-gung aus der Versicherung bezahlt wurde.

Ministerpräsident Dr. Stoiber und WirtschaftsministerDr. Wiesheu haben schon versprochen, sich dafür einzu-setzen, aber das Bestreben, eine solche Lösung einzu-führen, scheitert immer wieder im Kreise der Ministerprä-sidenten oder der Wirtschaftsminister. Vielleicht lebt manauch ganz gut mit dem Ritual, das sich eingebürgert hat:Nach jeder Hochwasser- oder sonstigen Naturkatastro-phe kommt eine Pressemitteilung aus dem Finanzminis-terium, die anhand von Textbausteinen schon vorbereitetwurde; die Finanzämter werden angewiesen, unbürokra-tisch Hilfestellung zu leisten; Steuerstundungen sindmöglich und dergleichen mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die Men-schen, die von Naturkatastrophen und Hochwasser-schäden betroffen sind, brauchen keine Almosen, son-dern einen Rechtsanspruch an eine Versicherung. Denzu schaffen, ist Sinn und Zweck des Antrags. Es wäreschön, wenn ich nach 22 Jahren mit Hilfe des KollegenSchammann ein Erfolgserlebnis hätte und die CSU die-sem Antrag zustimmen würde.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Namentliche Abstimmung!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Wort-meldung stammt von Herrn Brosch, bitte.

Brosch (CSU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Herr Schammann, jetzt sind Sie der-jenige, der gegen eine Gummiwand läuft; früher warenes Herr Dr. Kaiser und Herr Dr. Ritzer. Sie müssen sichalso in dieser Gesellschaft nicht genieren. Nicht wir sinduneinsichtig, sondern Sie.

(Zuruf des Abgeordneten Schammann (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN))

– Herr Kollege Schammann, Sie haben am 13.03.1996denselben Antrag mit genau dem gleichen Wortlautgestellt.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2751

(Dr. Kaiser (SPD): Mit Recht!)

– Sie haben ihn auch schon einmal gestellt. Ihr Antraghat die Nummer 11/6482 und stammt aus dem Jahr1989.

(Güller (SPD): Qualität kommt immer wieder!)

Herr Dr. Kaiser, Ihre Anträge, die vor 22 Jahren gestelltwurden, habe ich nicht herausgesucht.

Wir wollen Ihnen nun sagen, warum das nicht möglichist. Nach Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 des Grundgesetzeshat der Bund die Gesetzgebungskompetenz für derar-tige Pflichtversicherungen. Herr Kollege Hahnzog, Siesollten das Gesetzbuch, das Sie normalerweise immer inder Hosentasche haben, jetzt herausziehen. Nach die-sem Artikel des Grundgesetzes sind derartige Pflichtver-sicherungen Bundesgesetzgebungskompetenz.

Das hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinemeinschlägigen Urteil festgestellt, nachzulesen in Band 41seiner Entscheidungen ab Seite 505. Die Einführungeiner derartigen Pflichtversicherung hätte gravierendeAuswirkungen. Man würde die Anbieterseite, die Versi-cherungswirtschaft, dazu verpflichten, einen Schadens-ausgleich unter nicht gleichartig Betroffenen durchzufüh-ren. Das heißt: Das Versicherungsrisiko würde einfachwie eine Art Umlage verteilt, und zwar zu Lasten derer,die fast nie mit einem Schaden rechnen müssen. Bei unsgibt es ja eine Pflichtversicherung für den Krankheitsfall,die normale Krankenversicherung. Von Krankheit ist,rein statistisch gesehen, jeder einmal betroffen. BeimFeuer ist es ähnlich. Bei der Feuerversicherung gibt esso genannte Risikozuschläge. Eine Pflichtversicherunggegen Hochwasser würde so nicht funktionieren. Siewürde eine Umlage bedeuten.

Zudem ist es schwierig, eine Klassifizierung des Hoch-wasserrisikos einzuführen. Ich denke jetzt etwa an HerrnDr. Kaiser, der an einem Nebenfluss des Mains lebt, oderan die Situation in Schwaben. Es ist auch nicht richtig, soeinfach zu fordern, ein ausreichendes Prämienaufkom-men sei von der Gesamtbevölkerung zu tragen. Wir mei-nen, im Zuge der hier in Rede stehenden Pflichtversiche-rung würden die Nachfrager, also die Menschen, die einHaus besitzen, mehr oder weniger zum Beitritt zu eineröffentlichen Sozialversicherung verpflichtet. Schon beiihnen ist das finanzielle Ausfallrisiko sehr unterschied-lich, ebenso das Schadensrisiko, wie vorhin schongesagt. Ein derartiger Eingriff wäre unverhältnismäßig;das wissen Sie auch, meine Damen und Herren von denOppositionsfraktionen. Wenn jeder, der ein Haus besitzt,einer solchen Versicherung beitreten müsste, bedeutetedies einen Eingriff zu Lasten Ungefährdeter. So etwas istnach unserem Rechtssystem nicht zulässig.

Insgesamt kann ich nur wiederholen – auch wenn HerrSchammann es nicht hören will –: Eine Absicherunggegen Elementarschäden ist über eine Umlage nicht zuerreichen. Jeder Einzelne kann sich versichern. Außer-dem muss im Falle von Neubauten das jeweilige Bauamtden Bauherrn vorab darauf hinweisen, dass es um einÜberschwemmungs- oder ein Überflutungsgebiet geht.Dies wird den Betroffenen immer wieder gesagt. Wir

müssen auch klar sehen, dass die Wasserwirtschafthandeln muss. Das stelle ich nicht in Abrede. Die Was-serwirtschaft muss bei Bauvorhaben oder bei Umbautenvon Vorflutern mehr darauf Rücksicht nehmen, dass derWasserzufluss vor Ort verlangsamt wird. Da können wirviel machen. Doch über eine Elementarversicherungkönnen wir das Problem nicht lösen.

Warum habe ich das alles gesagt, meine Damen undHerren von den Oppositionsfraktionen? Wir wollen nicht,dass Sie bei der nächsten Katastrophe behaupten, dieCSU habe hier im Landtag Ihre Wünsche unsensibel undunqualifiziert abgelehnt. Wir sind schon der Meinung,dass der Staat und die Allgemeinheit in dem Punkt mitar-beiten müssen. Doch können wir das Problem nichtdadurch lösen, dass wir sagen: Meldet eure Schäden an;die Versicherung muss sie abdecken. – Derlei ist nachder derzeitigen Rechtslage eben nicht möglich.

Entsprechende Leistungen und Vorarbeiten der Bauäm-ter und der Wasserwirtschaft sind notwendig. Wir emp-fehlen den Menschen, selbst durch eine Versicherungvorzusorgen. Wir sagen dem Finanzminister, dass er beiUnglücksfällen weiterhin handeln muss. Die Staatsregie-rung muss den Betroffenen durch eine erste Hilfe finan-ziell beispringen. All das ist klar. Aber ansonsten kom-men wir nicht zusammen. Herr Schammann, wir werdenstets in gleicher Weise auf Initiativen wie die vorliegendeantworten müssen: Es geht nicht. Sie müssen einsichtigwerden.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr KollegeDr. Kaiser hat um das Wort gebeten.

Dr. Kaiser (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): FrauPräsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kol-lege Brosch, wir sind ja dazu bereit, Argumente aufzu-greifen. Sie haben gerade erklärt, dass Sie dem vorlie-genden Antrag näher treten könnten, wenn er nichtdarauf abzielte, dass der Freistaat Bayern die Pflichtver-sicherung einführen soll, sondern dies von der Bundes-ebene gefordert würde. Wir greifen diese Anregung gernauf. So schlage ich in Absprache mit Herrn KollegenSchammann folgende Neufassung des Antrags vor:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, aufgrund deransteigenden Häufigkeit von Elementarschädendurch Hochwasser, Sturm und Hagel in Bayern eineBundesratsinitiative zur Einführung einer Pflichtver-sicherung gegen Elementarschäden zu ergreifen.

Herr Kollege Brosch, dieser Änderungsantrag ist imSinne Ihrer Ausführungen. Ich bitte darum, ihm zuzu-stimmen. Um Ihre Neigung dazu zu erhöhen, füge ichhinzu: Wir sind auch dazu bereit, Ihre Anregung mitNachdruck zu verfolgen, die Wasserwirtschaft und derFinanzminister sollten dafür sorgen, dass in Hochwas-sergebieten nicht gebaut werden dürfe usw. Selbstver-ständlich können die bestehenden Probleme nicht durchdie Einführung einer Versicherung gelöst werden. HerrKollege Brosch, wenn Sie Ihre eigenen Aussagen hier

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2752 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

ernst nähmen, müssten Sie unserem Änderungsantragzustimmen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr KollegeBrosch hat um das Wort gebeten.

Brosch (CSU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie müss-ten aus der Diskussion im Ausschuss wissen, warumdas nicht geht.

(Lachen bei der SPD)

Wir haben doch über das Anliegen schon mehrmals dis-kutiert. Erstens ist anzumerken, dass die Gesetzge-bungskompetenz für Pflichtversicherungen grundsätz-lich beim Bund liegt.

(Dr. Kaiser (SPD): Falsch!)

Zweitens. Auch wenn der Bund eine entsprechendePflichtversicherung einführte, brächte uns das nicht wei-ter; denn bei einer Pflichtversicherung müssen Nachfra-ger und Anbieter bestimmte Kautelen treffen. Unter denAnbietern würde mehr oder weniger eine Umlage statt-finden. Das Versicherungsrisiko würde bei den Prämiennicht richtig gewichtet werden können, weil der eine esnie mit Hochwasser zu tun hat, der andere immer.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor-fer (SPD))

Deswegen werden Sie grundsätzliche Probleme bekom-men.

(Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie istes bei der Kfz-Versicherung?)

Sie können ja weiterhin darauf beharren. Aber mit Blickauf die genannten Probleme werden wir die von Ihnengeforderte Pflichtversicherung auch weiterhin ablehnen.Denn Sie können nicht durch eine Umlage – –

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, las-sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Kai-ser zu?

(Brosch (CSU): Ja!)

Dr. Kaiser (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrKollege Brosch, nachdem Sie jetzt sehr ausführlich ver-sicherungstechnische Gründe gegen den vorliegendenAntrag vorgebracht haben, bitte ich Sie darum, demHohen Haus einmal zu erklären, warum diese versiche-rungstechnischen Gründe in Baden-Württemberg nichtzutreffen. Weshalb gibt es diesen Unterschied zwischenzwei südlichen Bundesländern?

Brosch (CSU): Herr Kollege Dr. Kaiser, ich habe denaktuellen Stand der Beratungen im Wirtschaftsaus-schuss dargelegt. Mit der vom Antagsteller gefordertenPflichtversicherung würden wir ein Umlagesystem schaf-fen, das mehr oder weniger einen Steuer- bzw. Abga-bencharakter hätte. Das lehnen wir ab, und dabei bleibtes.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr KollegeBrosch, ich gehe davon aus, dass wir über dieUrsprungsfassung des aufgerufenen Antrags abstim-men und den Änderungsantrag aus den Reihen der SPDnicht aufnehmen.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ich schließe die Aussprache. Jetzt bitte ich die Antrag-steller, mir zu erklären, über welche Antragsfassungabgestimmt werden soll.

(Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ge-mäß dem Vorschlag von Herrn Dr. Kaiser, bitte!)

– Gut. Wir kommen also zur Abstimmung. Wer demAntrag in der von Herrn Dr. Kaiser vorgetragenen Fas-sung zustimmen will – danach soll die BayerischeStaatsregierung eine Bundesratsinitiative zur Einführungeiner Pflichtversicherung gegen Elementarschäden star-ten –, den bitte ich um das Handzeichen. –

– Das sind die Fraktionen der SPD und 3 Stimmen ausden Reihen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion derCSU und Teile der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Stimmenthal-tungen? – 3 Stimmenthaltungen aus der CSU-Fraktion.Dann ist der Antrag des Abgeordneten Schammann vomBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 8

Antrag des Abgeordneten Knauer (CSU)

Bekämpfung der Graffiti-Schmierereien (Drucksache14/2582)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit pro Fraktionbeträgt 15 Minuten. Das Wort hat Herr Kollege Knauer.

Knauer (CSU): Frau Präsidentin, meine lieben Kollegin-nen und Kollegen! Wer täglich die öffentlichen Verkehrs-mittel benutzt, der wird sich schon des Öfteren über dieGraffiti-Schmierereien an den Hauswänden und an denöffentlichen Einrichtungen geärgert haben. Die KollegenGüller, Strehle, Goertz und ich, um nur einige Beispielezu nennen, fahren täglich an der Baustelle „ViergleisigerAusbau im Bereich Kissing“ vorbei. Dort wird derzeit einneuer Bahnhof eingerichtet. Dieser ist noch gar nicht inBetrieb, aber die Wartehäuschen sind schon ver-schmiert. Jedes Jahr werden Schäden in Millionenhöhebeklagt.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2753

Ich habe mich einmal erkundigt, welches Ungemacheigentlich jemandem droht, der solch Unwesen treibt. Ichkonnte es fast nicht glauben, liebe Kolleginnen und Kol-legen: Wenn durch das Sprayen die Substanz einesFahrzeugs oder Gebäudes nicht verletzt ist, dann wirdein solches Treiben strafrechtlich überhaupt nicht ver-folgt. Das heißt, ein Sprayer kann eine ganze Hauswandverunstalten. Der Geschädigte muss anschließend seineAnsprüche im Wege des Zivilrechts geltend machen,aber der Staat kann nicht eingreifen. Meine sehr verehr-ten Damen und Herren, ist es nicht unbegreifbar: WennSie einen Sprayer erwischen, ihn fragen, ob er nicht alleTassen im Schrank habe, und Sie ihn beleidigen, dannsetzen Sie sich der Gefahr aus, eine Straftat zu bege-hen, während der Sprayer völlig straffrei ausgeht.

Ich habe daraufhin den Antrag auf Drucksache 14/2582gestellt und war mir eigentlich relativ sicher, dass alleKolleginnen und Kollegen in diesem Hause so vielgesunden Menschenverstand haben, dass sie einsehen:Hier müssen wir etwas ändern. Umso überraschter binich – ich sage Ihnen ganz offen: Ich kann es wirklichnicht fassen –, dass die Kolleginnen und Kollegen derSPD und der GRÜNEN im Ausschuss für Verfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen diesen Antrag abgelehnthaben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das istmir völlig unverständlich. Ich kann mir auch nach wie vornicht vorstellen, dass das die Meinung in der gesamtenSPD-Fraktion und in der Fraktion des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN ist. Deswegen bitte ich Sie, Ihre Mei-nung zu korrigieren und diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat FrauSchieder, bitte.

Frau Marianne Schieder (SPD) (von der Rednerin nichtautorisiert): Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolle-ginnen und Kollegen! Der Antrag der CSU-Fraktion istfür mich höchst überflüssig, in der Sache wenig hilfreichund zielführend. Es handelt sich wieder einmal um einenreinen Schaufensterantrag, mit dem Sie hartes Durch-greifen demonstrieren wollen,

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

wohl wissend, dass Sie mit diesem Antrag in der Sachewirklich nichts vorwärts bringen. Selbstverständlich gehtes nicht an, dass durch Graffiti-Schmierereien Eigentumbeschädigt wird, die betroffenen Eigentümer mit enor-men Wiederherstellungskosten belastet werden unddann oft sogar auf diesen Kosten sitzen bleiben. Wir alsSPD-Fraktion – Herr Kollege Knauer, da dürfen Siesicher sein –, haben keinerlei Verständnis für solcheAktionen. Für uns ist es selbstverständlich, dass der ent-standene Schaden ersetzt werden muss und dass dieTäter für ihr Tun strafrechtlich zur Verantwortung gezo-gen werden müssen. Das Problem ist aber doch nicht,dass das geltende Strafrecht nicht ausreicht, sonderndas Problem ist, dass man die Kerle in den allermeistenFällen nicht erwischt und dann natürlich keinen Scha-denersatz einfordern kann.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zurufe von der CSU – Unruhe)

Wenn die Täter erwischt werden, dann werden sie auchzur Verantwortung gezogen – das ist doch tägliche Pra-xis –, dann wird zivilrechtlich dafür gesorgt, dass derSchaden beseitigt wird, dass die Kosten ersetzt werden,und sie werden auch nach § 303 StGB wegen Sachbe-schädigung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

(Welnhofer (CSU): Eben nicht!)

In den allermeisten Fällen – das hat eine Anhörung imRechtsausschuss des Deutschen Bundestages ergeben– wird sogar verurteilt. Höchstrichterlich wird gefordert –das wissen wir alle –, dass Sachbeschädigung nur dannbejaht werden kann, wenn eine Substanzverletzung vor-liegt. Diese ist doch in den allermeisten Fällen gegeben,weil Sie die Farbe nicht mehr vom Putz trennen können,weil die Schmiererei nicht beseitigt werden kann, ohnedass es zu einer Substanzverletzung kommt. Fraglich istauch – dazu kann ich Ihnen Äußerungen aus Ihrer eige-nen Bundestagsfraktion zitieren –, ob die bestehendenLücken beseitigt werden können, indem man Ihren Vor-schlag aufgreift und § 303 des Strafgesetzbuches umdas Merkmal des Verunstaltens erweitert. Sie wissenauch, dass dies ein neuer unbestimmter Rechtsbegriffist, der ausgelegt und interpretiert werden muss.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn KollegenKnauer? –

Knauer (CSU): Frau Kollegin Schieder, ist Ihnenbekannt, dass beispielsweise die öffentlichen Verkehrs-betriebe und die Deutsche Bahn AG mittlerweile ihreWaggons und ihre Busse mit Schutzfarben versehen, sodass es möglich ist, die aufgesprayte Farbe ohne Sub-stanzverletzung zu entfernen, und dass wir eben auf-grund des Fehlens des Merkmales des Verunstaltens imMoment keine Grundlage haben, um die Täter straf-rechtlich zu verfolgen?

Frau Marianne Schieder (SPD) (von der Rednerin nichtautorisiert): Mir ist bekannt, dass zum Beispiel die Bahndiese Maßnahmen vornimmt, aber nicht deswegen, weilsie das Strafrecht für unzureichend hält, sondern deswe-gen, weil sie genau weiß, dass die Täter nicht erwischtwerden und dann der entstandene Schaden nicht ersetztwerden kann.

Herr Knauer, interessant ist doch auch, dass sich schonin den 80er Jahren der Bundestag mit einem Vorschlagdieser Art beschäftigt hat. Damals wollte man keine Ver-schärfung des Strafrechts, sondern eine Ausdehnungoder eine Veränderung im Ordnungswidrigkeitenrecht.Ihre eigene Bundesregierung hat damals davon Abstandgenommen. Im abschließenden Bericht des Rechtsaus-schusses heißt es: Die Fraktionen der CDU/CSU undder FDP ließen sich bei ihrer Entscheidung von dem

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2754 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Bedenken leiten, dass der Begriff des sonstigen Verun-staltens nicht eindeutig auszulegen sei; vor allem aberhält man die zivilrechtlichen Ansprüche des durch eineVerunstaltung Betroffenen und das Satzungsgebungs-recht der Kommunen für ausreichend, um diejenigenVerunstaltungen zu bekämpfen, die nicht mehr unter dieTatbestandsvoraussetzungen einer Sachbeschädigungfallen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wenn man es damals schon für unmöglich gehalten hat,mit dieser Erweiterung im Bußgeldrecht etwas zu errei-chen, wie kann man es dann im Strafrecht für möglichhalten?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hölzl?

Frau Marianne Schieder (SPD): Ja.

Hölzl (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Kolle-gin! Da Sie Argumente, die 20 Jahre zurückliegen, in denMittelpunkt rücken, wäre es dann nicht eine kluge Maß-nahme, wenn Sie sich einmal bei den Polizeibehördenund den Polizeipraktikern danach erkundigen würden, inwie vielen Fällen die Täter selbstverständlich ermitteltwerden, aber wegen der heute leider unzureichendenrechtlichen Voraussetzungen nicht einer Bestrafungzugeführt werden können?

Frau Marianne Schieder (SPD) (von der Rednerin nichtautorisiert): Sie sollen mir nicht zu unterstellen, dass ichmich nicht informiert hätte; ich unterstelle es Ihnen auchnicht. Ich habe mich selbstverständlich informiert. All die-jenigen im Polizeidienst, mit denen ich gesprochenhabe, haben mir bestätigt, dass es das größte Problemist, die Täter nicht dingfest machen zu können. Daszweite Problem ist, dass es sich um sehr junge Straftäterhandelt. Darauf möchte ich noch kurz eingehen. DenBetroffenen muss – ich wiederhole es – geholfen wer-den. Das ist unsere feste Überzeugung. Das geschiehtdurch die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche, unddie kann man – ich betone es noch einmal – nur realisie-ren, wenn man die Täterinnen und Täter auch wirklicherwischt. Hier muss noch mehr getan werden, um grö-ßere Erfolge zu erzielen. Selbstverständlich müssen dieTäterinnen und Täter, die man erwischt hat und die manüberführen konnte, davon abgehalten werden, so etwaswieder zu tun. Allerdings ergibt die Statistik, dass es sichum Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren handelt.

(Zuruf von der CSU: Eben!)

Ist die Erweiterung des Strafrechts da wirklich hilfreich?Mir erscheint es sinnvoller, im Sinne der Prävention vor-zugehen und beispielsweise in den Schulen die Sachezu diskutieren. Die Jugendlichen müssen darüber infor-miert werden, was strafrechtlich auf sie zukommt undwas sie zivilrechtlich treffen kann. Es ist bei weitem sinn-voller und wirkungsvoller, zum Beispiel die Täterinnenund Täter diesen Schaden selber beseitigen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist wesentlich sinnvoller, den Täter-Opfer-Ausgleichverstärkt anzuwenden und sozusagen über diese Arbeitdiese Art von Straftaten zu verhindern. Die Bundesregie-rung denkt konkret darüber nach, Finanzmittel zur Verfü-gung zu stellen, um im Rahmen von Modellprojektennach neuen Wegen der Prävention zu suchen.

Zum Schluss frage ich mich ernsthaft, liebe Kolleginnenund Kollegen, was Sie bewogen hat, diesen Antrag ausder Ablage hochzuziehen. Haben Sie denn wirklichkeine wichtigeren Themen anzubieten? Sehen Sie keinewichtigeren Probleme, mit denen sich dieses Hohe Hausbeschäftigen sollte?

(Zuruf von der CSU: Oh, oh!)

Ich meine schon, dass wir uns selbst ernster nehmenund davon absehen sollten, solche Detailanträge, die inden Ausschüssen ausführlich diskutiert wurden, insHohe Haus einzubringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wie viele das interessiert, sehen Sie ja selbst an derBesetzung des Hohen Hauses.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Wort-meldung kommt vom Kollegen König.

(Hoderlein (SPD): Das ist nicht nötig! – Zurufe vonder SPD)

– Entschuldigung. Zuerst hatte sich Frau Tausendfreundzu Wort gemeldet.

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichsehe schon: Das wird die heftigste Debatte des heutigenTages werden. Wir sollten doch auf die Uhr schauen

(Beifall bei der CSU)

und die Wichtigkeit dieses Themas werten.

(Knauer (CSU): Das ist wohl ein bisschen peinlich?– Weitere Zurufe von der CSU)

Unbestritten ist die Graffiti-Sprüherei widerrechtlich undverursacht sehr hohe Kosten sowohl für das Gemeinwe-sen als auch für die Privaten, die betroffen sind. Deshalbsollte alles getan werden, um diese Sprühereien einzu-dämmen. Es ist noch gar nicht lange her, da war ichselbst von solchen Schmierereien betroffen. Unser VW-Bus stand irgendwann nachts ein paar Tage vor derLandtagswahl vor der Haustüre und war rundumschwarz eingesprüht.

(Heiterkeit und Zurufe)

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2755

Es waren nicht schwarze Sprüher, sondern auf dem gan-zen VW-Bus stand CSU, CSU, CSU.

(Heiterkeit und fortgesetzte Zurufe)

Ich bin dann den ganzen Tag mit diesem VW-Bus durchden Ort gefahren, und das war die beste Wahlkampfwer-bung.

(Heiterkeit und fortgesetzte Zurufe)

Das war wahnsinnig ärgerlich und hat viel gekostet. DieTäterinnen bzw. Täter sind natürlich nicht gefasst wor-den. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Ich weiß,wie ärgerlich so etwas ist, und als langjährige Gemein-derätin weiß ich auch, wie viel Schaden das für die Kom-munen verursacht. Dennoch bin ich der Meinung, dassdie vorhandenen rechtlichen Mittel ausreichen. Wirhaben die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche ausdem Deliktsrecht, und wir haben die strafrechtlichen Vor-schriften zur Sachbeschädigung, die schon genanntworden sind. Das reicht aus. Selbst wenn wir zu der Auf-fassung kämen, das reiche nicht aus, wäre Ihr Weg überden unbestimmten Rechtsbegriff des Merkmals des Ver-unstaltens der falsche. Das geht einfach so nicht.

(Zurufe von der CSU)

Wie kann denn nun die Graffiti-Malerei verhindert wer-den? Jedenfalls nicht mit einer verschärften Strafrechts-androhung. Diese Graffitis sind von unterschiedlicherQualität.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibtrichtige Kunstwerke!)

Sicherlich gibt es reine Schmierereien, aber auch Graffi-tis mitkünstlerischem Charakter. Es ist ein Phänomen,und es ist zum Teil eine Modeerscheinung gewesen.Darüber hinaus ist es gerade für die jungen Leute aucheine Mutprobe, vielleicht unter Gleichaltrigen ein Ver-such, Anerkennung zu bekommen. Ob immer kriminelleEnergie dahinter steht, bezweifle ich etwas. Es gibt dadie unterschiedlichsten Fälle.

(Hoderlein (SPD): Dafür gibt es tatsächlich andereBeispiele!)

Die Energie, die dahinter steht, braucht einfach ein Ven-til. Viele Städte und Gemeinden haben dies erkannt unddieser überschüssigen Energie eine Öffnung gegeben,indem sie Flächen für Graffiti-Malerei zur Verfügunggestellt haben. Das geschah zum Beispiel in Unterfüh-rungen; dort wurden die Sprayereien in geordnete Bah-nen gelenkt, dort konnten sich die Graffitikünstler austo-ben. Genau dadurch wird die Sache in geregelte Bahnengelenkt. Es sind zum Teil sogar Wettbewerbe durchge-führt worden. Dort, wo so agiert wurde, sind die Schmie-reien deutlich zurückgegangen. Ich glaube, dieser Wegist sehr viel richtiger.

(Knauer (CSU): Das widerspricht alles nicht demAntrag!)

Man sollte auch in der Jugendarbeit sehr viel stärkeransetzen, damit die jungen Leute lernen, genauer zwi-schen Mein und Dein zu unterscheiden, wie wichtig dasGemeinwohl ist, und wie ärgerlich es für die Privaten ist,die Schäden wieder beseitigen zu müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Knauer(CSU): So ist das alles in Ordnung!)

Herr Knauer, Ihr Antrag geht ein bisschen in RichtungSchaufensterantrag.

(Knauer (CSU): Wenn ich für 2,50 DM klaue, werdeich auch strafrechtlich verfolgt! – Zuruf der FrauAbgeordneten Voget (SPD))

Wir hier im Bayerischen Landtag sind sowieso nichtzuständig. Außerdem ist der Regierungswechsel imBund noch gar nicht so lange her. Davor hätten Sie 16Jahre Zeit gehabt, sich der strafrechtlichen Seite anzu-nehmen. Sie haben es nicht gemacht, und jetzt auf ein-mal fordern Sie in Ihrem Schaufensterantrag, das Straf-recht zu verschärfen; nur so könne die Graffiti-Malereieingedämmt werden. Das geht völlig am Ziel vorbei.

(Christ (CSU): Ich lade Sie ein, bei mir die Haus-wand zu säubern!)

Sind denn diejenigen, die Ihre Hauswand beschmierthaben, erwischt und zur Rechenschaft gezogen wor-den?

(Zuruf des Abgeordneten Christ (CSU) – Dr. Bern-hard (CSU): Dann brauchen wir überhaupt keinStrafrecht mehr!)

– Genau, sie sind nicht erwischt worden. Da sehen Siees doch.

(Dr. Bernhard (CSU): Also brauchen wir das Straf-recht nicht mehr! – Weitere Zurufe und Unruhe)

Ich habe noch einen Vorschlag für einen nächstenAntrag, den Sie stellen könnten. Bisher ist das strafrecht-lich noch nicht relevant und betrifft nur den männlichenTeil der Bevölkerung. Vielleicht könnten Sie einmal dasBiseln in der Öffentlichkeit unterbinden.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN und bei der SPD – Lebhafte Zurufe von derCSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Wort-meldung, Herr König, bitte.

König (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Präsi-dentin, Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe)

Nur zu Ihrer Information: Ich habe noch Zeit, mein Zugfährt erst um 18.49 Uhr.

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2756 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Wenn ich meine beiden Vorrednerinnen höre, kann ichmich des Eindrucks nicht erwehren, dass von Ihrer Seitedurch Verdrehungen, Verharmlosung und Lächerlichma-chung der Sache verdeckt werden soll, dass Sie von derrot-grünen Koalition offensichtlich nicht mehr bereit sind,im Strafrecht zwischen Mein und Dein zu unterscheiden.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Marianne Schieder (SPD):Das ist eine Unterstellung! – Unruhe – Glocke desPräsidenten)

– Da können Sie lachen. Frau Schieder, wir kommennoch dazu.

Tatsache ist erstens, dass das nicht irgendeine Lappalieist, sondern dass es jedes Jahr Schäden in dreistelligerMillionenhöhe durch Graffiti-Schmierereien gibt.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gestatten Sie eineZwischenfrage des Herrn Kollegen Volkmann?

König (CSU) Nein.

Zweitens ist Tatsache, was Frau Schieder in Abrede zustellen versucht hat, dass die Graffiti-Schmierereien inder Regel nicht strafrechtlich nach § 303 und § 304 desStrafgesetzbuches verfolgt werden können, weil nachhöchster richterlicher Rechtsprechung diese Schmiere-reien nur dann strafbar sind, wenn die Substanz derSache zerstört wird und damit, wie Sie gesagt haben,eines der beiden Tatbestandsmerkmale des Beschädi-gens oder Zerstörens erfüllt ist. Sie haben erklärt, dasbrauche es nicht und das gehe auch nicht.

Tatsache ist drittens, dass die Erscheinung nicht nur beiuns auftritt, sondern auch in anderen Ländern. Imbenachbarten Österreich hat man – nebenbei bemerkt:vor dem Regierungswechsel – den § 303 des Strafge-setzbuches entsprechenden Straftatbestand um dasdritte Merkmal des Verunstaltens erweitert und damitsichergestellt, dass alle Erscheinungsformen derSchmierereien, die erheblichen wirtschaftlichen Scha-den verursachen, strafrechtlich geahndet werden kön-nen. Ich weiß, dass Sie das alles sehr ungern hören, weilhier Leute sitzen, die jetzt merken, welch TrojanischesPferd diese rot-grüne Gemeinschaft ist.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD und beimBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Obendrauf sitzt der medienwirksam gestaltete Strahle-mann mit der Havanna im Mundwinkel, und innen befin-den sich die Ströbeles und die Schwulen- und Lesben-vertreter usw., weil sie verdecken wollen, dass sie aufdem besten Weg sind, unsere Republik in wesentlichenFragen umzugestalten. Dazu gehören auch Umgestal-tungen der Rechtsordnung. Heute gibt es schon SPD-re-gierte Bundesländer, in denen man nicht mehr bereit ist,einen Ladendiebstahl zu ahnden, und Sie sind heutenicht mehr bereit sind, mit uns dafür zu sein, dass Graffi-ti-Schmierereien bestraft werden.

(Unruhe bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

– Ich weiß, das tut weh. Deswegen regen Sie sich auchso auf. Aber Sie müssen es sich einmal anhören; esbleibt Ihnen gar nichts anderes übrig.

Wir haben mit Interesse den von der Schwulen- und Les-benvereinigung ins Internet eingestellten Gesetzentwurfgelesen. Sie haben sich nicht einmal getraut, diesen Ent-wurf Ihrer Bundesjustizministerin zu zeigen. Damit wol-len Sie diese Republik verändern.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, mirliegen zwei Zwischenfragen vor. Lassen Sie diese zu?Es handelt sich um Herrn Kollegen Volkmann und FrauKollegin Gote. –

Volkmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrKollege, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie in AnbetrachtIhrer Ausführungen wirklich glauben, dass Sie Ihren Zugum 18.49 Uhr noch erwischen.

(Allgemeine Heiterkeit)

König (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Kol-lege, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Esfährt ein weiterer Zug um 19.49 Uhr.

(Allgemeine Heiterkeit)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Gote, bitte.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (von der Red-nerin nicht autorisiert): Herr Kollege, ist Ihnen vielleichtaufgrund der letzten heißen Tage, die man als Hofersicher nicht gewöhnt ist, entgangen, dass es sich hiernicht um eine Bierzeltveranstaltung, sondern um einePlenarsitzung des Bayerischen Landtags handelt?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

König (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Gote,Ihre Fragestellung hat an sich schon gezeigt, dass Siedie Sitzung offensichtlich für eine Bierzeltveranstaltunghalten und dass Sie nicht bereit sind, den Ernst derAngelegenheit zu erkennen und entsprechend zu han-deln. Fragen Sie doch einmal die Leute, die geschädigtwurden, ob sie die Angelegenheit auch so lächerlich fin-den wie Sie oder ob sie vielleicht der Meinung sind, dassdie Schädiger strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehensind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ergebnis würde ichIhnen empfehlen, noch einmal ernsthaft darüber nachzu-denken, ob Sie sich dieses Thema, das natürlich weh tut,weiterhin vorhalten lassen wollen oder ob Sie von derMeinung Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Bundestag –Rot-Grün hat sich entsprechend im Rechtsausschussgeäußert; offensichtlich müssen Sie das nachvollziehen– abweichen und mit uns zusammen dafür sorgen wol-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2757

len, dass der Unterschied zwischen Mein und Dein auchin der Strafrechtsordnung gewahrt wird.

Frau Marianne Schieder (SPD) (von der Rednerin nichtautorisiert): Herr Kollege, ist Ihnen vielleicht entgangen,dass wir nicht die Sache an sich für lächerlich halten –ich meine, das haben wir dargestellt –, sondern die Artund Weise, wie Sie Ihre Rede gestalten?

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

König (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Schie-der, diese Frage war ohne Inhalt. Im Ergebnis werdenwir selbstverständlich den Bürgerinnen und Bürgerndraußen im Land sagen, wie die SPD und das BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN zu solchen Fragen stehen. Esgeht um Mein und Dein, die Strafrechtsordnung, dieAhndung, die Diskussion in der Schule und all dieseDinge. Ich appelliere nochmals an Sie alle, unseremAntrag zuzustimmen; umso besser wird es Ihnenanschließend bei den Wirtshausversammlungen gehen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD: Zugabe!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel-dung: Frau Kollegin Voget. Sie haben eine Redezeit vondrei Minuten.

Frau Voget (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert):Kolleginnen und Kollegen, ich werde diesem Antragnicht zustimmen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. DasUnrechtsbewusstsein ist bei den Tätern – es sind wohlnur in wenigen Fällen Täterinnen – durchaus vorhanden,sonst würden sie sich leichter erwischen lassen. Die jun-gen Leute wissen, dass es nicht recht ist, was sie tun.Das ist klar.

Die ganz überwiegende Anzahl der Täterinnen und Tätersind Menschen, die unter das Jugendrecht fallen. Siesind unter 18 Jahre. Ich möchte gern wissen, was Sieerreichen wollen. Ich dachte, in diesem Bereich sind wiralle der Meinung, man soll jugendliche Täter mir ihrerStraftat konfrontieren, ihnen das Unrecht vor Augen füh-ren, sie etwas arbeiten lassen und sie vor allem resozia-lisieren. Genau das geschieht zur Zeit. Ich weiß nicht,was Sie wollen. Gegen Täter, die wir nicht erwischen,hilft uns auch kein Strafgesetz. Die Täter, die wir erwi-schen, werden mit den Folgen ihrer Tat konfrontiert. Siemüssen zahlen, und wenn es sich um einen Eingriff indie Substanz handelt, ist die Tat ohnehin strafbewehrt.

Das, was Sie wollen, führt dazu, dass die Zahlen derJugendkriminalstatistik steigen und dass sich in der Pra-xis wenig ändert. Das ist meiner Ansicht nach nicht derrichtige Umgang mit dem Problem. Insbesondere will ichnoch einmal betonen: Das Unrechtsbewusstsein ist vor-handen. In dem Alter schlägt man gern einmal über dieStränge. Das tun wir in unserem Alter nicht mehr in die-sem Ausmaß.

(Heiterkeit bei der SPD)

Eigentlich wollte ich nichts mehr sagen, was weh tut,aber ich sage es doch: Dummheit tut auch manchmalweh. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Um das Wortgebeten hat Herr Staatsminister Dr. Weiß.

(Dr. Kaiser (SPD): Wo ist die Festplatte?)

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Frau Prä-sidentin, Hohes Haus! Nachdem ich das Herumgeeiereder Opposition allmählich satt habe, will ich ein paardeutliche Worte sagen. Sie stehen vor einem riesigenProblem: Einerseits wollen Sie es sich mit den Hausbe-sitzern und den Kommunen nicht verderben, derenHauswände versaut werden, was Hunderte von Millio-nen an Schaden verursacht. Andererseits haben Sieanscheinend den Eindruck, dass Sie auf eine gewisseKlientel Rücksicht nehmen und dafür sorgen müssen,dass diese nicht bestraft wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe den Eindruck, hier wird herumgeredet, ohnedass man weiß, worum es geht.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin Schieder sprach vom Täter-Opfer-Aus-gleich,

(Hufe (SPD): Und der König von Schwulen und Les-ben!)

obwohl hier doch zunächst eine Straftat vorliegen muss,bevor es dazu kommen kann.

(Beifall bei der CSU)

Oder haben Sie, Frau Kollegin Schieder, obwohl Juristin,nicht Täter-Opfer-Ausgleich, sondern Schadensersatz-anspruch gemeint?

(Frau Marianne Schieder (SPD): Keine Unver-schämtheiten, Herr Minister!)

Das Problem liegt doch darin, dass ein Großteil derSchmierereien nicht strafbar ist, weil die Spuren ohneBeschädigung der Substanz beseitigt werden können.Wenn es sich um keine Straftat handelt, ist eine straf-rechtliche Verfolgung ausgeschlossen. Glauben Siedenn wirklich, dass ein Polizist, der einen Schmiererertappt, sagen kann: „Moment, ich muss zuerst prüfen,ob die Substanz verletzt worden ist!“, weil nur bei einerStraftat eine Festnahme möglich ist?

(Frau Marianne Schieder (SPD): So ein Unsinn, eshat doch noch kein Polizist den Beweis vor Ortangetreten, das ist doch der letzte Humbug!)

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2758 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Unser Ziel ist, dass strafrechtlich reagiert werden kann,wenn fremdes Eigentum beschädigt wird. Das könnteauch Grundlage der Geltendmachung zivilrechtlicherAnsprüche sein. Und was das Argument betrifft, eshandle sich um 14- bis 16-Jährige, die sich nur entfaltenwollten. Da gäbe es dafür sogar Wände, die man erlaub-terweise besprühen darf. Es bietet doch die Tatsache,dass im Boxring zugeschlagen werden darf, nicht dieGewähr dafür, dass das auch im Bierzelt erlaubt ist.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD undbeim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen uns entscheiden, ob wir eine Strafrechts-lücke schließen wollen oder nicht.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Ob wir sie schlie-ßen können!)

Wir wollen sie im Interesse der Eigentümer schließen,deren Eigentum versaut wird. Sie wollen das nicht. Dassollten Sie zugeben, anstatt herumzueiern.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmel-dungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlos-sen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführendeAusschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlaments-fragen empfiehlt die unveränderte Annahme. Wer demAntrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzei-chen. Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? –Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Stimmenthal-tungen? – Die Kollegen Mehrlich und Nentwig von derSPD. Dann ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, damit haben wir die Tages-ordnung abgearbeitet. Ich schließe die Sitzung und wün-sche Ihnen einen schönen Abend.

(Schluss: 17.53 Uhr)

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Anlage 1zur 40. Vollsitzung am 18.05.2000

Kennzeichnung mit [x] = abweichendes Votum beider Mitberatung, soweit bei Versand der Tagesord-nung die Beschlussempfehlungen und Berichte vor-lagen.

1. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung, Dr. Hahnzogu.a. SPDBekämpfung der organisierten KriminalitätDrs. 14/413, 14/3336 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: Dr. JungMitberichterstatter: Hölzl

2. Antrag des Abgeordneten Schammann BÜNDNIS90/DIE GRÜNENEinführung des BSE-Schnelltests in BayernDrs. 14/1035, 14/3478 (A)

Im federführenden Ausschuss fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten warenBerichterstatter: SchammannMitberichterstatter: Zengerle

3. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (1)Erstellung eines bayerischen Aktionsplans zurGleichstellung von Frauen und MännernDrs. 14/1726, 14/3168 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatterin: Görlitz

4. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (2)MädchenbeauftragteDrs. 14/1727, 14/3522 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Dr. Spaenle

5. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (3)Zeitweises Aussetzen der KoedukationDrs. 14/1728, 14/3523 (E)

6. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (4)Durchführung einer Informations- und Motivations-kampagneDrs. 14/1729, 14/3167 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatterin: Görlitz

7. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (5)Ermittlung der Investitionsbereitschaft der Frauen inUnternehmensgründungen und deren Finanzie-rungsproblemeDrs. 14/1730, 14/2796 (E)

8. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Frauen stärken (6)Untersuchung zur unbezahlten ArbeitDrs. 14/1731, 14/2229 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatterin: Görlitz

9. Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, KöhlerElisabeth u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENSozialbericht Bayern – Neue Impulse für Chancen-gleichheit (1)

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 63 Abs. 6 der Geschäftsordnungnicht einzeln beraten werden

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2760 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Angleichung der Bildungschancen innerhalb Bay-ernsDrs. 14/1732, 14/3524 (E)und

Antrag der Abgeordneten Pranghofer u.a. SPDBildungsgefälle in Bayern ausgleichenDrs. 14/1754, 14/3524 (E)

10. Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, KöhlerElisabeth u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENSozialbericht Bayern – Neue Impulse für Chancen-gleichheit (2)Bessere Förderung in kleineren KlassenDrs. 14/1733, 14/3525 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Stahl Georg

11. Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, KöhlerElisabeth u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENSozialbericht Bayern – Neue Impulse für Chancen-gleichheit (3)Sofortprogramm IntegrationDrs. 14/1734, 14/3526 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Dr. Spaenle

12. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht Bayern – Neue Impulse für Chancen-gleichheit (5)Ganztägige Betreuung ausbauenDrs. 14/1736, 14/3532 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatter: Unterländer

13. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Schopper u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENSozialbericht Bayern – Überschuldung vermeiden –Perspektiven eröffnenErgänzende Langzeitstudien über ArmutsverläufeDrs. 14/1740, 14/2231 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatter: Unterländer

14. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, Münzel,Schopper und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSozialbericht BayernVerstärkte Einstellung von Mitbürgerinnen und Mit-bürgern ausländischer Herkunft in den öffentlichenDienstDrs. 14/1741, 14/2561 (A)

Im federführenden Ausschuss fürFragen des öffentlichen Dienstes warenBerichterstatter: SprinkartMitberichterstatter: Schmid Peter

15. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth,Schopper u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENSozialbericht BayernUnterschiedliche Sterblichkeitsraten in bayerischenRegionenDrs. 14/1742, 14/3129 (G)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatterin: PauligMitberichterstatter: Hofmann

16. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Kell-ner, Köhler Elisabeth u.a. und Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNENAusstieg der Kirche aus der Schwangerenkonflikt-beratung;Sicherstellung des pluralen BeratungsangebotsDrs. 14/1805, 14/3400 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SchopperMitberichterstatterin: Görlitz

17. Antrag der Abgeordneten Starzmann u.a. SPDSinnvolle Organisation der Grundlagen- und An-wendungsforschung für nachwachsende RohstoffeDrs. 14/1900, 14/3394 (A)

Im federführenden Ausschuss fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten warenBerichterstatter: GartzkeMitberichterstatter: Sinner

18. Antrag der Abgeordneten Lück SPDEinführung eines BSE SchnelltestsDrs. 14/1901, 14/3512 (A)

Im federführenden Ausschuss fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten warenBerichterstatterin: LückMitberichterstatter: Zengerle

19. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf-fe, Irlinger u.a. SPDGesundheitliche Ungleichheit beseitigenGesundheitserziehung im UnterrichtDrs. 14/2062, 14/3416 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatter: IrlingerMitberichterstatter: Thätter

20. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf-fe, Irlinger u.a. SPDGesundheitliche Ungleichheit beseitigenErweiterung der schulärztlichen Reihenuntersu-chungDrs. 14/2063, 14/3417 (A)

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2761

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatter: PfaffmannMitberichterstatter: Thätter

21. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPDStärkung der Präventionsarbeit IDrs. 14/2067, 14/3337 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: Dr. JungMitberichterstatter: Hölzl

22. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPDStärkung der Präventionsarbeit IIDrs. 14/2068, 14/3338 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: Dr. JungMitberichterstatter: Hölzl

23. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPDPräventionsarbeit stärken IIIDrs. 14/2069, 14/3339 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: Dr. JungMitberichterstatter: Hölzl

24. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPDStärkung der Präventionsarbeit IVDrs. 14/2070, 14/3340 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: Dr. JungMitberichterstatter: Hölzl

25. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, Goteund Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENVorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung desBayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG):Sicherstellung der landesweiten Versorgung imRettungsdienst- und Krankentransportwesen unterEinbeziehung der privaten UnternehmerDrs. 14/2096, 14/3544 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: Köhler ElisabethMitberichterstatter: Ettengruber

26. Antrag der Abgeordneten Odenbach u.a. SPDSicherung der Führung der Berufsbezeichnung„Restaurator“ für die an bayerischen Fachakade-mien ausgebildeten, staatlich geprüften Restaurato-renDrs. 14/2358, 14/3553 (E)

27. Antrag der Abgeordneten Loscher-Frühwald, Zen-gerle, Eckstein u.a. CSUKosteneinsparung bei EU-KontrollenDrs. 14/2383, 14/3315 (E)

28. Antrag der Abgeordneten Kellner, Dr. Dürr, Münzelu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90 DIE GRÜNENFrauenförderung an Hochschulen I: Lehrauftrags-programm an FachhochschulenNachfolgeaktivitäten des HSP IIIDrs. 14/2504, 14/3317 (E)

29. Antrag der Abgeordneten Kellner, Dr. Dürr, Münzelu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENFrauenförderung an Hochschulen V: Evaluationdes GleichstellungsauftragsDrs. 14/2508, 14/3321 (E)

30. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig,Scharfenberg und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENKeine Verbrennung von hochbelastetem Holz imSchwandorfer KraftwerkDrs. 14/2515, 14/3359 (A)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatterin: PauligMitberichterstatter: Mirbeth

31. Antrag der Abgeordneten Starzmann u.a. SPDFleischkennzeichnung in EuropaDrs. 14/2520, 14/3314 (E)

32. Antrag der Abgeordneten Gartzke, Biedefeld u.a.SPDUmsetzung der Europäischen Programmes Natura-2000-Netz in BayernDrs. 14/2527, 14/3368 (E)

33. Antrag der Abgeordneten Hirschmann u.a. SPDGesundheitliche Ungleichheit beseitigenForschungsprogramm „Leben im Alter“Drs. 14/2528, 14/3402 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: HirschmannMitberichterstatter: Dr. Zimmermann

34. Antrag der Abgeordneten Loscher-Frühwald, Frei-herr von Redwitz, Dr. Wilhelm u.a. CSUZukunft der Ernährungs-, Agrar- und Forstwissen-schaften in BayernDrs. 14/2539, 14/3396 (E)

35. Antrag der Abgeordneten Schultz, Wahnschaffeu.a. SPDDurchsetzung der Meldepflicht nach § 16e Abs. 2ChemGDrs. 14/2543, 14/3538 (E)

36. Antrag der Abgeordneten Schultz u.a. SPDÄnderung der ZPO, Achter Titel „Beweis durchSachverständige“Drs. 14/2544, 14/3505 (A)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatterin: Schieder MarianneMitberichterstatter: Jetz

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2762 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

37. Antrag der Abgeordneten Glück, Unterländer, Do-dell und Fraktion CSUWeiterentwicklung der Eltern- und FamilienbildungVernetzung mit Schule, Kinder- und JugendhilfeDrs. 14/2552, 14/3531 (ENTH)

38. Antrag der Abgeordneten Glück, Unterländer, Do-dell und Fraktion CSUWeiterentwicklung der Eltern- und FamilienbildungBestehende Instrumente auf den Prüfstand stellenund fortentwickelnDrs. 14/2553, 14/3529 (ENTH)

39. Antrag der Abgeordneten Glück, Dodell, Unterlän-der und Fraktion CSUWeiterentwicklung der Eltern- und FamilienbildungNeue Instrumente erprobenDrs. 14/2554, 14/3530 (ENTH)

40. Antrag der Abgeordneten Paulig, Dr. Runge undFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENÖffentlicher Dialog in der Erörterungsphase der En-quête-Kommission„Mit neuer Energie in das neue Jahrtausend“Drs. 14/2574, 14/3556 (A)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatterin: Stahl ChristineMitberichterstatter: Klinger

41. Antrag der Abgeordneten Sinner, Brosch, Meißneru.a. CSUNEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTUR„Zeitliche Begrenzung von Rechtsvorschriften“Drs. 14/2580, 14/3506 (E)

42. Antrag des Abgeordneten Kobler CSUFolgekosten durch „Piercing“ bei den gesetzlichenKrankenkassenDrs. 14/2592, 14/3307 (E)

43. Antrag der Abgeordneten Unterländer, Sinner u.a.CSUNEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTURFörderung und Koordination des bürgerschaftlichenEngagements vor Ort in den KommunenDrs. 14/2606, 14/3482 (E)

44. Antrag der Abgeordneten Dr. Baumann, Hufe,Odenbach u.a. SPDUmwandlung von Lehrstühlen an der TechnischenUniversität MünchenDrs. 14/2607, 14/3323 (A)

Im federführenden Ausschuss fürHochschule, Forschung und Kultur warenBerichterstatterin: Dr. BaumannMitberichterstatter: Freiherr von Redwitz

45. Antrag der Abgeordneten Dr. Baumann, Hufe,Odenbach u.a. SPDSituation der Informatik in BayernDrs. 14/2611, 14/3554 (E)

46. Antrag der Abgeordneten Wahnschaffe, SchiederMarianne, Schieder Werner u.a. SPDVollendung des Universitätsklinikums RegensburgDrs. 14/2619, 14/3324 (A)

Im federführenden Ausschuss fürHochschule, Forschung und Kultur warenBerichterstatter: Dr. Schmid AlbertMitberichterstatter: Dr. Zimmermann

47. Antrag der Abgeordneten Ach CSU,Straßer SPD,Kellner BÜNDNIS 90 DIE GRÜNENDurchführung des Art. 64 Abs. 2 der BayerischenHaushaltsordnung (BayHO);Anhebung der mit Beschluss vom 23.11.1971 (LT-Drs. Nr. 1540) festgesetzten Wertgrenze von 2 Mio.DM auf 2 Mio. EuroDrs. 14/2631, 14/3542 (E)

48. Antrag der Abgeordneten Sinner, Mirbeth, Schrecku.a. CSUNEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTURBürgerschaftliche Mitwirkung bei kommunaler Auf-gabenerfüllung ermöglichenDrs. 14/2634, 14/3483 (E)

49. Antrag der Abgeordneten Loscher-Frühwald, Ran-ner u.a. CSUBHV1-Sanierung (Boviner-Herpes-Virus-Sanie-rung)Drs. 14/2635, 14/3313 (E)

50. Antrag der Abgeordneten Dr. Waschler, SchneiderSiegfried, Dr. Wilhelm u.a. CSUStärkung der Forschung im Schulsport an denbayerischen LandesuniversitätenDrs. 14/2639, 14/3325 (E)

51. Antrag der Abgeordneten Sinner, Mirbeth, Schrecku.a. CSUNEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTURKommunale Beschäftigungs- und Arbeitsvermitt-lungsgesellschaftenDrs. 14/2651, 14/3484 (E)

52. Antrag der Abgeordneten Ach, Sackmann, Knaueru.a. CSUBayerische Besoldungsordnung;Gleichbehandlung in der Schulleitung zwischenMB-Realschulen und sonstigen RealschulenDrs. 14/2762, 14/3475 (E)

53. Antrag der Abgeordneten Herrmann, Kreuzer,Dinglreiter u.a. CSUNotargebühren als StandortnachteilDrs. 14/2763, 14/3546 (E)

54. Antrag der Abgeordneten Zeller u.a. CSUErweiterung der Europäischen UnionDrs. 14/2773, 14/3341 (E)

55. Antrag der Abgeordneten Zeller u.a. CSUBeziehungen der Türkei zu EuropaDrs. 14/2774, 14/3342 (G)

Page 81: W… · Bayerischer Landtag 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/ 40 18.05.2000 40. Sitzung am Donnerstag, dem 18. Mai 2000, 9.00 Uhr, in München Geschäftliches

Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2763

Im federführenden Ausschuss fürBundes- und Europaangelegenheiten warenBerichterstatter: MeißnerMitberichterstatter: Dr. Köhler Heinz

56. Antrag der Abgeordneten Ettengruber u.a. CSUErhöhung des Anteils deutscher Beamten in derEU-KommissionDrs. 14/2775, 14/3343 (E)

57. Antrag der Abgeordneten Zeller, Schweder u.a.CSUEU-SteuerDrs. 14/2807, 14/3489 (G)

Im federführenden Ausschuss fürBundes- und Europaangelegenheiten warenBerichterstatterin: SchwederMitberichterstatter: Gartzke

58. Antrag der Abgeordneten Sinner, Mirbeth, Schrecku.a. CSUNEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTURKleinräumige Organisationen initiieren und fördernDrs. 14/2864, 14/3485 (E)

59. Antrag der Abgeordneten Paulig, Schammann undFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLebens- und Futtermittelsicherheit in Bayern erhö-hen!Drs. 14/2867, 14/3365 (E)

60. Antrag der Abgeordneten Starzmann u.a. SPDZukunft der MilchquoteDrs. 14/2870, 14/3477 (E)

61. Antrag der Abgeordneten Lück, Starzmann u.a.SPDBehörde für Nahrungsmittelsicherheit auf EU-EbeneDrs. 14/2873, 14/3364 (A)

Im federführenden Ausschuss fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten warenBerichterstatterin: LückMitberichterstatterin: Schweiger

62. Antrag der Abgeordneten Lück, Starzmann u.a.SPDDioxin und PCB-Belastungen in NahrungsmittelnDrs. 14/2875, 14/3476 (E)

63. Antrag der Abgeordneten Dr. Merkl u.a. CSUErfahrungen mit der Umsetzung des neuen Staats-angehörigkeitsrechtsDrs. 14/2883, 14/3508 (E)

64. Antrag der Abgeordneten Dr. Hahnzog, Volkmann,Dr. Jung SPDStärkung der BezirksausschüsseDrs. 14/2904, 14/3486 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatter: VolkmannMitberichterstatter: Haedke

65. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kreu-zer, Herrmann u.a. und Fraktion CSUSicherung eines bürgernahen Gerichtssystems inBayernDrs. 14/2909, 14/3509 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: JetzMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

66. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Schmidt Re-nate, Hoderlein, Maget u.a. und Fraktion SPDVerkehrspolitik für BayernDrs. 14/2910, 14/3550 (A)

Im federführenden Ausschuss fürWirtschaft, Verkehr und Technologie warenBerichterstatter: SchlägerMitberichterstatter: Lode

67. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Kell-ner, Schammann und Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENUmsetzung des Landtagsbeschlusses zur fachge-rechten Meldung vonNatura 2000-GebietenSchaffung von RechtssicherheitDrs. 14/2911, 14/3385 (A)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatterin: PauligMitberichterstatter: Hofmann

68. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Schmidt Re-nate, Lochner-Fischer, Werner-Muggendorfer undFraktion SPDKonsequenzen aus dem Verwaltungsgerichtsurteilzur Finanzierung der SchwangerenkonfliktberatungDrs. 14/2913, 14/3399 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatterin: SteigerMitberichterstatterin: Görlitz

69. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig,Scharfenberg und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENIntelligente Verkehrspolitik für Bayern!Drs. 14/2918, 14/3551 (A)

Im federführenden Ausschuss fürWirtschaft, Verkehr und Technologie warenBerichterstatterin: ScharfenbergMitberichterstatter: Lode

70. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, StahlChristine, Tausendfreund und Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNENGeplante Videoüberwachung in MünchenBedenken des DatenschutzbeauftragtenDrs. 14/2946, 14/3487 (A)

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2764 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatterin: TausendfreundMitberichterstatter: Hölzl

71. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, Tau-sendfreund und Fraktion BÜNDNIS/90 DIE GRÜ-NENKonsequenzen aus dem Selbstmord eines Polizei-beamtenDrs. 14/2947, 14/3479 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatterin: TausendfreundMitberichterstatter: Hölzl

72. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, StahlChristine, Tausendfreund und Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNENStopp der geplanten Videoüberwachung in Mün-chenDrs. 14/2948, 14/3488 (A)

Im federführenden Ausschuss fürKommunale Fragen und Innere Sicherheit warenBerichterstatterin: TausendfreundMitberichterstatter: Hölzl

73. Antrag der Abgeordneten Dr. Hahnzog u.a. SPDRechtsmittelreform in Zivilsachen – Die Amtsge-richte und ihre Zweigstellen bleiben unberührtDrs. 14/3026, 14/3510 (A)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: Dr. HahnzogMitberichterstatter: Jetz

74. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig,Schammann und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENSofortiger Baustopp der Müllverbrennungsanlage„Thermoselect“ in AnsbachDrs. 14/3027, 14/3369 (A)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatter: SchammannMitberichterstatterin: Schweder

75. Antrag der Abgeordneten Paulig, Schammann undFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENBericht zur Funktionssicherheit der „Thermose-lect“-MüllverbrennungstechnikDrs. 14/3028, 14/3370 (A)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatter: SchammannMitberichterstatterin: Schweder

76. Antrag der Abgeordneten Paulig, Schammann undFraktion BÜNDNIS 90 DIE GRÜNENBeweissicherungsverfahren zur Müllverbrennungs-anlage „Thermoselect“ in AnsbachDrs. 14/3029, 14/3371 (A)

Im federführenden Ausschuss fürLandesentwicklung und Umweltfragen warenBerichterstatter: SchammannMitberichterstatterin: Schweder

77. Antrag der Abgeordneten Wahnschaffe u.a. SPDKeine „Green Card“ für PflegekräfteInitiative gegen PflegenotstandDrs. 14/3135, 14/3471 (E)

Antrag, bei dem gemäß § 132 Abs. 3 der Geschäfts-ordnung das abweichende Votum des mitberaten-den Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfra-gen der Abstimmung zugrundezulegen ist:

78. Antrag der Abgeordneten Odenbach, Franzke u.a.SPDZusätzliche Steigerung der Attraktivität der staat-lichen Museen und SammlungenDrs. 14/2869, 14/3470 (G) [x]

Im federführenden Ausschuss fürHochschule, Forschung und Kultur warenBerichterstatter: Dr. SchuhmannMitberichterstatter: Kränzle

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Anlage 2Bayerischer Landtag zur 40. Vollsitzung am 18.05.200014.Wahlperiode

Name Ja Nein Enthaltemich

Ach Manfred ✕

Dr. Baumann Dorle ✕

Beck Adolf ✕

Dr. Beckstein GüntherBerg Irmlind ✕

Dr. Bernhard Otmar ✕

Biedefeld Susann ✕

Blöchl Josef ✕

Bocklet ReinholdBöhm Johann ✕

Boutter Rainer ✕

Brandl Max ✕

Breitschwert Klaus Dieter ✕

Brosch Franz ✕

Brunner Helmut ✕

Christ Manfred ✕

Deml Marianne ✕

Dinglreiter Adolf ✕

Dodell Renate ✕

Donhauser Heinz ✕

Dr. Dürr Josef ✕

Eck Gerhard ✕

Eckstein Kurt ✕

Egleder Udo ✕

Eppeneder Josef ✕

Ettengruber Herbert ✕

Dr. Eykmann Walter ✕

Prof. Dr. Faltlhauser KurtDr. Fickler Ingrid ✕

Fischer Herbert ✕

Franzke Dietmar ✕

Freller Karl ✕

Gabsteiger Günter ✕

Prof. Dr. Gantzer Peter Paul ✕

Gartzke Wolfgang ✕

Dr. Gauweiler Peter ✕

Geiger Hermann ✕

Glück Alois ✕

Göppel JosefGörlitz Erika ✕

Goertz Christine ✕

Dr. Götz FranzDr. Goppel Thomas ✕

Gote Ulrike ✕

Grabner Georg ✕

Dr. Gröber Klaus ✕

Guckert Helmut ✕

Güller Harald ✕

Guttenberger Petra ✕

Haedke Joachim ✕

Dr. Hahnzog Klaus ✕

Hartenstein Volker ✕

Hartmann Gerhard ✕

Hausmann Heinz ✕

Hecht IngeHeckel DieterHecker Annemarie ✕

Heike Jürgen W. ✕

Heinrich HorstHerrmann Joachim ✕

Hirschmann Anne ✕

Hoderlein Wolfgang ✕

Hölzl Manfred ✕

Hofmann Walter ✕

Hohlmeier MonikaHuber Erwin ✕

Hufe Peter ✕

Irlinger Eberhard ✕

Jetz Stefan ✕

Dr. Jung Thomas

Dr. Kaiser HeinzKaul Henning ✕

Kellner Emma ✕

Dr. Kempfler Herbert ✕

Kiesel Robert ✕

Klinger Rudolf ✕

Knauer Christian ✕

Kobler KonradKöhler Elisabeth ✕

Dr. Köhler Heinz ✕

König Alexander ✕

Kränzle Bernd ✕

Kreidl Jakob ✕

Kreuzer Thomas ✕

Dr. Kronawitter Hildegard ✕

Kuchenbaur Sebastian ✕

Kupka Engelbert ✕

Leeb Hermann ✕

Leichtle WilhelmLochner-Fischer MonicaLode Arnulf ✕

Loscher-Frühwald Friedrich ✕

Lück Heidi ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Abstimmungslistezur namentlichen Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5: Eingaben betreffend die Aufenthaltsgenehmigung füreine armenische Familie (AZ.: EB.1666.14, u.a.)

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2766 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Maget Franz ✕

Prof. Männle Ursula ✕

Matschl Christa ✕

Mehrlich Heinz ✕

Meißner Christian ✕

Memmel Hermann ✕

Dr. Merkl Gerhard ✕

Meyer Franz ✕

Miller JosefMirbeth Herbert ✕

Möstl FritzDr. Müller Helmut ✕

Müller HerbertMüller Willi ✕

Münzel Petra ✕

Naaß Christa ✕

Nadler Walter ✕

Narnhammer Bärbel ✕

Nentwig ArminNeumeier JohannNiedermeier Hermann ✕

Nöth Eduard ✕

Obermeier Thomas ✕

Odenbach Friedrich ✕

Paulig Ruth ✕

Peterke Rudolf ✕

Peters Gudrun ✕

Pfaffmann Hans-Ulrich ✕

Pienßel FranzPranghofer Karin ✕

Pschierer Franz ✕

Dr. Rabenstein Christoph ✕

Radermacher Karin ✕

Ranner Sepp ✕

Freiherr von Redwitz Eugen ✕

Regensburger HermannReisinger Alfred ✕

Riess Roswitha ✕

Ritter Ludwig ✕

Dr. Ritzer Helmut ✕

Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕

Rotter Eberhard ✕

Rubenbauer HerbertRudrof Heinrich ✕

Dr. Runge Martin ✕

Sackmann Markus ✕

Sauter Alfred ✕

Schammann Johann ✕

Scharfenberg Maria ✕

Schieder Marianne ✕

Schieder Werner ✕

Schindler Franz ✕

Schläger AlbrechtDr. Schmid Albert ✕

Schmid AlbertSchmid Berta ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Schmid GeorgSchmid Peter ✕

Schmidt Renate ✕

Schmidt-Sibeth Waltraud ✕

Schmitt Helga ✕

Schneider Siegfried ✕

Dr. Scholz Manfred ✕

Schopper TheresaSchreck Helmut ✕

Dr. Schuhmann ManfredSchultz Heiko ✕

Schweder Christl ✕

Schweiger Rita ✕

Sibler Bernd ✕

Sinner Eberhard ✕

Dr. Söder Markus ✕

Dr. Spaenle Ludwig ✕

Spitzner HansSprinkart Adi ✕

Stahl ChristineStahl Georg ✕

Stamm BarbaraStarzmann Gustav ✕

Steiger Christa ✕

Steinmaßl HermannStewens ChristaProf. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕

Dr. Stoiber EdmundStraßer JohannesStrehle Max ✕

Tausendfreund Susanna ✕

Thätter Blasius ✕

Traublinger Heinrichvon Truchseß Ruth ✕

Unterländer Joachim ✕

Dr. Vocke Jürgen ✕

Vogel Wolfgang ✕

Voget Anne ✕

Volkmann Rainer ✕

Wahnschaffe Joachim ✕

Dr. Waschler Gerhard ✕

Dr. Weiß ManfredWelnhofer Peter ✕

Werner Hans Joachim ✕

Werner-Muggendorfer Johanna ✕

Dr. Wiesheu OttoDr. Wilhelm Paul ✕

Winter Georg ✕

Wörner Ludwig ✕

Wolfrum Klaus

Zehetmair Hans ✕

Zeitler Otto ✕

Zeller Alfons ✕

Zengerle JosefDr. Zimmermann Thomas ✕

Gesamtsumme 99 65 1

Name Ja Nein Enthaltemich

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Anlage 3zur 40. Vollsitzung am 18.05.2000

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO

Wörner (SPD): Ich frage die Staatsregierung: Trifft eszu, dass der Unterrichtsausfall an der Otfried-Preußler-Volksschule in Stephanskirchen im Februar 9 Prozentbetrug?

Antwort der Staatsregierung: Die Vertretungssituationan der VS Stephanskirchen (und im gesamten Schul-amtsbezirk Rosenheim) war im Monat Februar tatsäch-lich sehr schwierig. Dabei kam es auch zu Ausfall vonUnterrichtsstunden. Im Monat Februar sind 147 von ins-gesamt 3426 Unterrichtsstunden ausgefallen, dies ent-spricht einem Unterrichtsausfall von 4,29%, der damitdeutlich unter dem angegebenen Wert von 9% liegt.

Im Detail sah die Situation an der VS Stephanskirchenwie folgt aus: Drei Lehrkräfte fielen durch Erkrankungnahezu den gesamten Monat Februar aus. Drei Lehr-kräfte fehlten eine Woche im Monat Februar, drei weitereLehrkräfte waren je zwei Tage im Monat Februar abwe-send, zwei Lehrkräfte je einen Tag. Bei diesen Lehrkräf-ten handelte es sich sowohl um Klassenlehrkräfte, alsauch um Fachlehrkräfte, die in verschiedenen Klassenunterrichten.

Im Monat Februar konnte der VS Stephanskirchen nureine mobile Reserve zugewiesen werden, da die Aus-hilfssituation zu dieser Zeit im gesamten Schulamtsbe-zirk Rosenheim auf Grund der nasskalten Witterung undeiner Grippewelle sehr prekär war. Die Schulleitung wardaher gezwungen, anderweitige Vertretungsmaßnah-men wie Mitführungen oder Vertretungsunterricht zuergreifen. Diese reichten jedoch nicht aus, so daß auchUnterrichtsstunden ausfallen mussten.

Erfreulicherweise hat sich nach den Osterferien dieSituation an der VS Stephanskirchen entspannt. Zwarsind noch eine Fachlehrkraft mit 15 WochenstundenUnterrichtsverpflichtung sowie drei Klassenlehrkräftelängerfristig erkrankt, jedoch konnten der Schule dreiMobile Reserven zugewiesen werden, die den Unterrichtder erkrankten Klassenlehrkräfte übernehmen. DieVolksschule Stephanskirchen ist somit überdurchschnitt-lich mit Mobilen Reserven versorgt.

Frau Naaß (SPD): Was gedenkt die Staatsregierung zutun und wann wird endlich gehandelt, um die seit langembekannte, bereits durch eine Petition im vergangenenJahr geschilderte, äußerst angespannte Situation imBereich der Lehrerversorgung an den beiden Grund-schulen in Weißenburg zu verbessern, die sich durch dieüberraschende Versetzung der beiden Rektoren in denRuhestand noch weiter verschärft hat, so dass nicht nurzahlreiche Unterrichtsstunden ausgefallen sind, Klassenzusammengelegt werden und sogar eine Klasse ganztä-gig zu Hause bleiben musste, andererseits das Land-kreis-Kontingent an Mobiler Reserve längst ausge-schöpft ist.

Antwort der Staatsregierung: In der Stadt Weißenburggibt es zwei Grundschulen mit insgesamt 27 Klassen.Derzeit sind alle Klassen besetzt (vier davon durchMobile Reserven). An beiden Schulen sind die Schullei-ter wegen Erkrankung vorzeitig in den Ruhestand ver-setzt worden, zum 31.01.2000, bzw. zum 01.05.2000.Die Stellen wurden durch die Regierung von Mittelfran-ken zur Bewerbung ausgeschrieben und werden bis zumSchuljahresbeginn 2000/01 wiederbesetzt.

Durch die Ruhestandsversetzung beider Schulleiter ent-steht kein Unterrichtsausfall, da deren gesamter Unter-richt durch Mobile Reserven erteilt wird. Derzeit fehlendrei weitere Lehrkräfte an beiden Schulen. Dafür sindzwei weitere Mobile Reserven im Einsatz. Durch ver-schiedene organisatorische Maßnahmen ist sicherge-stellt, dass kein Unterricht ausfällt. Die beiden Grund-schulen in Weißenburg sind mit der Zuweisung von ins-gesamt vier Mobilen Reserven überdurchschnittlich gutmit Vertretungslehrkräften versorgt.

Boutter (SPD): Betreffend der geplanten flächende-ckenden Einrichtung von Klassen zur Förderung vonHochbegabten an bayerischen Gymnasien frage ich dieStaatsregierung, an welchen Gymnasien in Unterfran-ken soll nach den Vorstellungen der Staatsregierungeine dieser Förderklassen für Hochbegabte eingerichtetwerden, wann dies im Einzelfall geschehen und welcherräumliche Einzugsbereich soll jeweils mit diesen Klas-sen abgedeckt werden?

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2768 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Antwort der Staatsregierung: Die Staatsregierungplant keine flächendeckende Einrichtung von Klassenzur Förderung Hochbegabter. Sie bietet sie vielmehr dortan, wo sich auf Grund von Hinweisen und Anfragen, diemeist von interessierten Eltern kommen, ein entspre-chender Bedarf abzeichnet. In den letzten drei Jahrenerfüllten nur in München so viele Schüler die Aufnahme-bedingungen, dass eine eigene Hochbegabtenklasseeingerichtet werden konnte.

In Unterfranken käme ein Gymnasium in Würzburg oderseiner engeren Umgebung als Standort in Betracht. Obdie Klasse zustande kommt oder nicht, hängt nur davonab, ob sich genügend geeignete Kinder, nämlich mindes-tens 20, dafür melden.

Nachdem Hochbegabtenklassen weder in Bambergnoch in Nürnberg eingerichtet werden konnten, wäre alsEinzugsbereich für eine mögliche Würzburger KlasseNordbayern zu nennen.

Frau Goertz (SPD): Ist es an bayerischen Hauptschulenzulässig (wie z.B. an der Hauptschule Meitingen üblich),dass katholische Schüler zumindest an Ostern undWeihnachten während des regulären Unterrichts inBegleitung des Klassen- oder Fachlehrers zur Beichtegehen, so dass dadurch der Unterricht in dieser Zeit fürandere Schülerinnen und Schüler entfällt und welcheMöglichkeiten bestehen für Eltern der nichtkatholischenSchüler, dagegen vorzugehen?

Antwort der Staatsregierung: Nach § 22 Abs. 1 Satz 1der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (VSO)sind die Schüler zu pünktlichen und regelmäßigen Teil-nahme am Unterricht und an den sonstigen schulischenVeranstaltungen verpflichtet. § 22 Abs. 4 der VSObestimmt: „Die Schüler sollen an den Schulgottesdiens-ten ihres Bekenntnisses teilnehmen“. Nach § 25 Abs. 2der VSO ist Schülern ausreichende Gelegenheit zurErfüllung ihrer religiösen Pflichten zu geben.

Für katholische Schüler ist die Teilnahme am katholi-schen Religionsunterricht der Volksschule Pflicht. DerErsatz des Religionsunterrichts durch Gottesdiensteoder ähnliche kirchliche Veranstaltungen ist grundsätz-lich nicht zulässig. Die Schule kann jedoch Schüler, diean Schulgottesdiensten oder ähnlichen kirchlichen Ver-anstaltungen, etwa auch der Beichte, teilnehmen wollen,von der Teilnahme am Unterricht nach § 22 Abs. 4 oder§ 25 Abs. 2 VSO befreien. Gottesdienste oder Beichtesind damit jedoch keine schulischen Veranstaltungenmehr. Soweit auch Lehrkräfte an einer solchen außer-schulischen Veranstaltung teilnehmen, darf dadurchjedenfalls nicht der stundenplanmäßige Unterricht aus-fallen. Die Schule muss daher sicherstellen, dass für dieSchüler, die nicht an der kirchlichen Veranstaltung teil-nehmen wollen, der stundenplanmäßige Unterricht statt-findet.

Auf die Einhaltung dieser Bestimmung hat zunächst derSchulleiter zu achten. Ggf. sind die zuständigen Schul-aufsichtsbehörden, hier in erster Linie das zuständigestaatliche Schulamt, einzuschalten.

Der Leiter der Hauptschule Meitingen wurde gebeten,die einschlägigen Bestimmungen der VSO zur Beurlau-bung von Schülern zur Teilnahme an religiösen Veran-staltungen einzuhalten.

Frau Helga Schmitt (SPD): Wie stellt sich die Staatsre-gierung das Erreichen des Klassenziels der Schüler derKlasse 4a der Bauernfeindschule in Nürnberg vor, wennwegen Erkrankung der Klassenlehrerin seit 10 Wochenmindestens 30% der regulären Unterrichtsstunden aus-fallen?

Antwort der Staatsregierung: Die Vertretungssituationin der Klasse 4a ist derzeit tatsächlich sehr schwierig.Die Klassenlehrerin der Klasse 4a fehlte bereits vor denOsterferien im Zeitraum 15.02. bis 03.03.2000, am28.03.2000 und von 10.04. bis 14.04.2000 (insgesamt20 Fehltage), seit Ende der Osterferien fehlt die Beamtindurchgängig, voraussichtlich bis 31. Mai 2000. DieKrankmeldung bezog sich jeweils auf einen kurzen Zeit-raum. Die Klassenlehrkraft erteilt insgesamt 22 StundenUnterricht in der Klasse 4a, in den Fächern Deutsch,Mathematik, Heimat- und Sachkunde, Musik, Kunst-erziehung, Förderunterricht und Flötenspiel (Arbeitsge-meinschaft).

Da im Schulamtsbezirk Nürnberg-Stadt keine freienMobilen Reserven zur Verfügung stehen, muss dieSchule eigene Maßnahmen zur Unterrichtsversorgungder Klasse 4a treffen. Vor den Osterferien wurde durchMitführungen und Vertretungen verschiedener Lehr-kräfte ein Großteil des Unterrichts erteilt, allerdingsmusste Unterricht auch ausfallen. Seit den Osterferienwird der Kernunterricht (4 Stunden Mathematik, 4 Stun-den Deutsch, 3 Stunden Heimat- und Sachkunde) vondrei anderen Lehrkräften der Grundschule erteilt, 8Unterrichtsstunden pro Woche müssen derzeit entfallen(2 Stunden Deutsch, 1 Stunde Mathematik, 2 StundenMusik, 1 Stunde Kunst, 1 Stunde Förderunterricht, 1Stunde Arbeitsgemeinschaft Flöte). Trotz des Unter-richtsausfalls ist das Erreichen des Klassenziels nichtgefährdet, da der Großteil des Kernunterrichts gesichertist und konstant von den gleichen Lehrkräften erteiltwird. Ein Indiz hierfür sind die Übertrittszahlen, die mitdenen der Vorjahre vergleichbar sind. Die Vertretung vonweiteren Unterrichtsstunden in der Klasse 4a ist imAugenblick leider nicht möglich, da an der Bauernfeind-Volksschule, eine Grundschule mit 8 Klassen (190 Schü-lerinnen und Schüler), seit längerem zwei weitere Fach-lehrkräfte mit je 7, bzw. 13 Stunden erkrankt sind, derenStunden ebenso vertreten werden müssen. Eine weitereKlassenlehrkraft ist bereits seit Schuljahresbeginnerkrankt, wird jedoch durch eine Mobile Reserve vertre-ten. Angesichts der ungewöhnlichen Häufung von län-gerfristigen Erkrankungen an dieser Schule hat dasSchulamt und die Schulleitung alles getan, um für dieSchüler eine ausreichende Unterrichtsversorgungsicherzustellen.

Trotz der Erhöhung der Zahl der Mobilen Reserven um14 Vertretungslehrkräfte von 68 auf 82 zum Schulhalb-jahr, können in der Stadt Nürnberg nicht alle Klassen mitMobilen Reserven versorgt werden.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2769

Knauer (CSU): Hinsichtlich zunehmender Debattenüber die Errichtung sog. Swingerclubs auch in dörflichenund kleinstädtischen Gebieten frage ich die Staatsregie-rung, wie sie diese Einrichtungen generell beurteilt undwelche Möglichkeiten sie für den Landesgesetzgebersieht, um Vorkehrungen zu treffen, damit dieselben nurin größeren Städten und dann lediglich mit deren Zustim-mung errichtet werden können.

Antwort der Staatsregierung: Die Staatsregierung be-kennt sich entschieden zu christlichen und moralischenWerten und setzt sich in allen Bereichen der Politik nach-drücklich für ihre Verwirklichung ein. Veränderten Ein-stellungen und Verhaltensweisen im Bereich der Moralkann jedoch von staatlicher Seite nur begegnet werden,wenn es hierfür eine rechtliche Handhabe gibt, z.B. weildieses Verhalten die Rechte anderer verletzt. Die Staats-regierung sorgt dafür, dass Einrichtungen wie sog.„Swinger-Clubs“ sich innerhalb des von unserer Rechts-ordnung abgesteckten Rahmens bewegen, insbeson-dere dass keine verbotene Prostitution ausgeübt oderDritte und Jugendliche mit dem Geschehen konfrontiertwerden sowie die gaststätten- und gewerberechtlichenAnforderungen beachtet werden. Baurechtlich handeltes sich bei den sogenannten „Swinger-Clubs“ nach derRechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts-hofes wohl um Vergnügungsstätten im Sinne der Bau-nutzungsverordnung. Diese sind daher – je nach Einzel-fall – in Kerngebieten allgemein, in Dorf-, Misch-, beson-deren Wohn- und Gewerbegebieten ausnahmsweisezulässig.

Darüber hinaus sieht die Staatsregierung keine Möglich-keiten für den Landesgesetzgeber, die Niederlassungvon sogenannten Swinger-Clubs auf größere Städte zubeschränken. Aus bauplanungsrechtlicher Sicht hat derLandesgesetzgeber keine Möglichkeiten an der Hand,da es sich bei der Baunutzungsverordnung um Bundes-recht handelt. Bauordnungsrechtliche Belange werdendurch Einrichtungen dieser Art nicht spezifisch tangiert.Gewerberechtliche Möglichkeiten bestehen für den Lan-desgesetzgeber ebenfalls nicht. Eine sicherheitsrechtli-che Beschränkung in der vorgeschlagenen Art erscheintdeshalb nicht möglich, da anders als bei der verbotenenAusübung der Prostitution und den damit einhergehen-den Belästigungen der Allgemeinheit eine Gefährdungder öffentlichen Sicherheit und Ordnung allein durch denBetrieb eines sogenannten Swinger-Clubs nicht ange-nommen werden kann.

Hartmann (SPD): Im Zusammenhang mit der Anmel-dung des Projekts B 26n, Westumgehung Würzburg zurFortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes frageich die Staatsregierung, welche Gemarkungen aus heu-tiger Sicht nach ihrer Einschätzung vom Trassenkorridorbetroffen sein können, wer die Kosten für die vom Baye-rischen Innenministerium nach Presseberichten ange-strebte Machbarkeitsstudie trägt und weshalb dieStaatsregierung nicht früher für die Freihaltung einesgeeigneten Trassenkorridors Vorsorge getroffen hat, alsdie städtebauliche Entwicklung bei den von einer mögli-chen Trasse betroffenen Kommunen noch nicht das heu-tige Ausmaß erreicht hatte?

Antwort der Staatsregierung: Für die im Rahmen derFortschreibung des Bundesverkehrswegeplans durch-zuführende Maßnahmenbewertung haben wir unter derBezeichnung „B 26n, AD Würzburg/West (A3)-AD Wer-neck (A7)“ ein entsprechendes Projekt neu angemeldet.Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie, deren Auftrags-vergabe derzeit vom Straßenbauamt Würzburg vorberei-tet wird, sollen mehrere Trassenkorridore untersuchtwerden, deren Umgriff erst im Rahmen der Studie fest-gelegt werden kann. Welche Gemarkungen im Einzel-nen betroffen sein werden, lässt sich deshalb noch nichtbeantworten.

Die Machbarkeitsstudie wird im Auftrag des Straßenbau-amtes Würzburg erstellt. Die Kosten werden von derbayerischen Straßenbauverwaltung getragen.

Die seinerzeit im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßendes Jahres 1975 enthaltene Autobahnverbindung west-lich von Würzburg wurde bei der Fortschreibung desBedarfsplans 1980 im Einvernehmen zwischen Bund,Freistaat Bayern und den berührten Gebietskörperschaf-ten aufgegeben. Derzeit gibt es für eine westliche Umge-hung von Würzburg keine konkrete Linienführung. Daherkonnte bisher im Rahmen der gemeindlichen Bauleitpla-nung keine mögliche Trassenalternative berücksichtigtwerden.

Frau Marianne Schieder (SPD): Wie vereinbaren sichdie Presseveröffentlichungen eines CSU-Kollegen, dassTeilstücke der A6, die für den dringend erforderlichenLückenschluss der A6 von Amberg-Ost bis Waidhausnötig sind, in den bayerischen Anmeldungen zum Bun-desverkehrswegeplan nur unter „den noch zu prüfendenStraßenprojekten“ oder mit „Anbau einer zweiten Fahr-bahn an die B14“ enthalten sind, mit den sonst vor Ortvorgetragenen Aussagen, die Bayerische Staatsregie-rung halte den Lückenschluss für die A6 für das absolutvorrangige Verkehrsprojekt und welche Folgen ergebensich daraus für die Verteilung der zur Verfügung stehen-den Mittel innerhalb Bayerns, was die A6 betrifft?

Antwort der Staatsregierung: Mit der Überarbeitungdes Bundesverkehrswegeplans wird auch der Bedarfs-plan für die Bundesfernstraßen fortgeschrieben. DerBundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesenhat die Länder bei deren Vorschlägen zur Fortschrei-bung an formale Vorgaben gebunden, welche Projektenicht mehr und welche neu bzw. erneut zu bewertensind. Eine dieser generellen Vorgaben war, dass Pro-jekte neu zu bewerten sind, wenn der Planfeststellungs-beschluss erst nach dem 31.12.1999 erlassen wird.Dies trifft auf die Teilabschnitte Amberg-Ost – Pfreimdund Woppenhof – Kaltenbaum zu, hingegen nicht mehrauf den Abschnitt Kaltenbaum – Lohma. Hier liegt derPlanfeststellungsbeschluss bereits seit dem 06.08.1999vor. Der Bund musste generell eine zeitliche Schnittstelledefinieren, um bundesweit einen einheitlichen Maßstababzulegen. Im Ergebnis habe ich hierzu allerdings keineSorge, dass die A6 im neuen Bedarfsplan schlechter alsbisher eingestuft werden könnte.

Die Formulierung „Anbau 2. Fahrbahn“ ist in der Tatmissverständlich, wenn man sie unmittelbar auf den der-

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2770 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

zeitigen örtlichen Bestand der B14 überträgt. Hier istjedoch lediglich der funktionale Sachverhalt angespro-chen. Dem Grunde nach ersetzt die künftig zweibahnigeA6 die derzeit einbahnige B14 in den beiden Teilab-schnitten zwischen Woppenhof und Lohma. Dabei wirdder Bestand der B14 weitestmöglich in die Planung ein-bezogen. Der „Anbau der 2, Fahrbahn“ schließt hierzunotwendige Verbesserungen der Linienführung derbestehenden B14 nach Lage und Höhe jedoch nichtaus, was dort de facto zu einem Neubau führt.

Der Lückenschluss der A6 zählt unverändert zu denhöchsten Prioritäten beim Autobahnbau in Bayern.Staatsminister Dr. Beckstein hat im Schreiben vom20.04.2000 an Bundesminister Klimmt darauf hingewie-sen, dass der Lückenschluss der A6 als „Verkehrspro-jekt Europäische Einheit“ gesehen und analog den „Ver-kehrsprojekten Deutsche Einheit“ im Bundesfernstra-ßenhaushalt bevorzugt finanziert werden müsse.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In welchemAusmaß waren die Kommunikationssysteme der Bayeri-schen Staatsregierung und der mit ihr direkt vernetztennachgeordneten Behörden (z.B. Regierungen usw.) undInstitutionen (z.B. Bayerischer Landtag usw.) vom Love-Letter-Virus betroffen, welcher finanzielle Schaden ent-stand dadurch und wie gedenkt die Staatsregierung diefür die Verwundbarkeit des Systems verantwortlicheMonopolstruktur der verwendeten Microsoft-Betriebs-systeme und -Anwendungsprogramme aufzulösen?

Antwort der Staatsregierung: Am Donnerstag, 04.05.2000 ab etwa 11 Uhr erreichte der Virus die Postfächerdes Bayerischen Behördennetzes, darunter auch die derStaatskanzlei und der Ministerien. Abwehrmaßnahmenwaren zu diesem Zeitpunkt bei diesem neuartigen Virusnicht möglich (die im Einsatz befindlichen Antiviren-Pro-gramme können lediglich bekannte Viren erkennen undbeseitigen), so dass eine Reihe von Bediensteten in denBehörden diese virenverseuchte Nachricht erhaltenhaben. Durch den schnellen Informationsaustausch zwi-schen den Sicherheitsbeauftragten, dem sog. CERT,d.h., dem Computer Emergency Response Team, überdie CERT-Mailingliste und dank dem umsichtigen Han-deln vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dieAnlage der Nachricht nicht öffneten, sondern die ganzeNachricht löschten, konnte der Schaden im Behörden-netz gering gehalten werden.

Das Staatsministeriuim des Innern war praktisch nichtbetroffen. Auf das im Brand- und Katastrophenschutzeingesetzte EDV-Programm BASIS wirkte sich der Virusnicht aus, da dort die Kommunikation nicht über E-Mail,sondern per Datenübertragung mit eigener Softwareläuft. Die bei den Rettungsleitstellen eingesetzten Pro-gramme ARLIS und ELDIS waren ebenfalls nicht betrof-fen, da sie von außen nicht zugänglich sind und E-Mailsnicht empfangen werden können.

Im Polizeibereich wurde der Virus bereits automatischvon Firewall-Rechner abgefangen. Derzeit läuft eineSchadenserhebung bei den am Bayerischen Behörden-netz angeschlossenen Behörden. Erst dann kann derentstandene Schaden exakter benannt werden.

Wir verfolgen sehr aufmerksam die Ergebnisse der Ini-tiative des Bundesinnenministeriums zum Einsatz vonherstellerunabhängigen Open-Source-Produkten in dergesamten Bundesverwaltung und versuchen durch ver-schiedene Maßnahmen künftigen Schäden vorzubeu-gen, z.B. durch Schulungen für die Sicherheitsbeauf-tragten und sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterund den geplanten Einbau einer „Virenschleuse“ amzentralen Internetübergang beim Landesamt für Statistikund Datenverarbeitung.

Eine hundertprozentige Sicherheit gegen jede Art vonComputerviren ohne einen Verzicht auf die modernenInformations- und Kommunikationsmethoden kann der-zeit wohl nicht erreicht werden.

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wieviele bosnische und wieviele kosovo-albanische Bür-gerkriegsflüchtlinge halten sich derzeit in Bayern auf undwieviele davon sind Opfer von Traumatisierungen?

Antwort der Staatsregierung: Es halten sich derzeitnoch ca. 2500 ehemalige bosnische Bürgerkriegsflücht-linge in Bayern auf. Davon sind lt. UNHCR ca. 250 Per-sonen als traumatisiert einzustufen.

Die Zahl der zur Ausreise verpflichteten Kosovaren inDeutschland beträgt derzeit ca. 36000. Die überwie-gende Mehrheit hielt sich bereits vor dem Kosovo-Kon-flikt als Asylbewerber hier auf, so dass eine Traumatisie-rung aufgrund der Kriegsereignisse nicht erfolgenkonnte. Ihre Situation ist nicht vergleichbar mit der bosni-scher Bürgerkriegsflüchtlinge. Eine statistische Erfas-sung Traumatisierter aus dem Kosovo gibt es nicht. Esliegen auch keine Schätzungen von UNHCR vor.

Frau Biedefeld (SPD): Ich frage die Staatsregierung, obsie bereit ist, von der Reduzierung der ÖPNV-Zuweisungfür Oberfranken im Jahr 2000, die von 9,074 Mio. DM um1,206 Mio. DM auf 7,868 Mio. DM und damit um 13,3%gekürzt werden sollen, abzusehen und statt dessen dieMittelzuweisungen wie in den anderen Regierungsbezir-ken, z.B. Oberbayern und Mittelfranken, wo es in diesemJahr zu einer Aufstockung kommt, ebenfalls zu erhöhen.

Antwort der Staatsregierung: Die für die ÖPNV-Zuwei-sungen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wer-den nicht vom Ministerium festgelegt, sondern sind andas Kraftfahrzeugsteueraufkommen gekoppelt. Da die-ses im letzten Jahr zurückgegangen ist, stehen folglichauch für den ÖPNV weniger Haushaltsmittel zur Verfü-gung. Der auf die Fläche entfallende Mittelanteil an denÖPNV-Zuweisungen ist von 75 Mio. DM auf 72 Mio. DMgesunken. Eine Erhöhung dieses Mittelansatzes ist nichtmöglich.

Die für die Fläche zur Verfügung stehenden 72 Mio. DMwerden nach den in Artikel 28 BayÖPNVG festgelegtenKriterien Nutzplatzkilometer, finanzielle Leistungsfähig-keit und erforderlicher Aufwand auf die einzelnen Regie-rungsbezirke verteilt. Der Mittelrückgang für Oberfran-ken ergibt sich aus der Berechnung nach diesen Vertei-lungsparametern.

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2771

Bisher wurde für die ÖPNV-Zuweisungen lediglich einvorläufiger Verteilungsvorschlag erarbeitet. Die Vertei-lung der Zuweisungen auf die einzelnen Regierungsbe-zirke ist noch nicht abgeschlossen. Es können sichdurchaus noch Veränderungen ergeben. Mein Haus wirdversuchen, Einschnitte für den Regierungsbezirk Ober-franken abzumildern, damit der Rückgang bei den zurVerfügung stehenden Haushaltsmitteln alle Regierungs-bezirke in etwa gleichem Umfang belastet. Es ist abernicht möglich, einem Regierungsbezirk eine bestimmteHöhe an ÖPNV-Zuweisungen zu garantieren. Aufgrundvon Veränderungen bei den Nutzplatzkilometern und derSteuereinnahmekraft sind gewisse Verschiebungennicht zu vermeiden.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist dieStaatsregierung in der Lage, allen Angestellten undBeamten, die Anspruch auf eine Ballungsraumzulagehaben, eine Staatsbedienstetenwohnung anzubieten?

Antwort der Staatsregierung: Eine ergänzende Für-sorgeleistung (sog. Ballungsraumzulage) nach Art. 86bBayer. Beamtengesetz erhalten Beamte mit dienstli-chem Wohnsitz im Anwendungsbereich der Fürsorge-verordnung (in Gemeinden der Mietenstufe 5 und 6). Dieergänzende Fürsorgeleistung beträgt für Beamte bisBesGr. A10 (Oberinspektor) und für vergleichbareArbeitnehmer (bis VergGr. IVb) 150 DM zugl. 40 DM jeKind. Den Erhöhungsbetrag für Kinder erhalten auchBeamte der BesGr. A11 bis A13 sowie entsprechendeArbeitnehmer.

Anspruch auf eine ergänzende Fürsorgeleistung habenderzeit ca. 30000 Arbeitnehmer (Angestellte und Arbei-ter) und ca. 20000 Beamte.

Die staatliche Wohnungsfürsorge verfügt im BereichOberbayern über insgesamt rd. 9900 Staatsbedienste-tenwohnungen (9120 in der Region 14/München). Beider Wohnungsfürsorgestelle München werden jährlichrd. 2000 Anträge auf Zuweisung einer Staatsbedienste-tenwohnung gestellt. Im gleichen Zeitraum können rd.1000 Wohnungen (Fluktuation und Erstbezüge) zuge-wiesen werden. Da die Wohnungsfürsorge nicht in allenFällen den konkreten Wohnungswünschen der Antrag-steller (hinsichtlich Lage, Wohnungsgröße, Miethöhe +Fehlbelegungsabgabe) gerecht werden kann, nimmtregelmäßig ein erheblicher Teil der Antragsteller denWohnungsantrag wieder zurück (meist nach einem Woh-nungsangebot, dass den speziellen Wünschen desAntragstellers nicht voll entspricht). Gegenwärtig sind rd.1500 Bewerber als Wohnungssuchende vorgemerkt,davon rd. 700 als vordringlich Unterzubringende und rd.800 als nachrangig zu berücksichtigende Bewerber, diebereits über eine objektiv angemessene Wohnung amDienstort verfügen.

Aus Sicht der Wohnungsfürsorge kann festgestellt wer-den, dass derzeit wegen der allgemein entspanntenWohnraumsituation jeder vordringlich unterzubringendeAntragsteller (Bewerber der Dringlichkeitsstufe 1 und 2)in angemessener Frist bei der Wohnungsvergabeberücksichtigt werden kann. Zu den vordringlich unterzu-bringenden Bewerbern zählen alle Bediensteten, die an

ihrem Dienstort über keine ihrem Einkommen und derFamiliengröße angemessene Wohnung verfügen.

Frau Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Treffen Presse-meldungen zu, dass der Verwaltungsrat der BayerischenLandesbank nach den Plänen der Staatsregierung„abgeschafft und durch ein effizientes Kontrollgremiumersetzt“ wird (Staatsminister Prof. Kurt Faltlhauser, zitiertim Münchner Merkur, 11.5.2000) und ist dieses Vorha-ben mit den bayerischen Sparkassen abgestimmt?

Antwort der Staatsregierung: Der Verwaltungsrat derLandesbank soll nicht abgeschafft, sondern wesentlichverkleinert werden. Dadurch kann er seine Überwa-chungsaufgabe künftig noch effektiver erfüllen. In Anleh-nung an das Aktienrecht soll die klassische Dreiteilungder Organstruktur mit Vorstand, Verwaltungsrat undGewährträgerversammlung bei der Bayerischen Lan-desbank eingeführt werden.

In der neuen Gewährträgerversammlung werden die bei-den Anteilseigner der Landesbank (Freistaat Bayern undBSGV) die Eigentümerverantwortung wahrnehmen. Derneue Verwaltungsrat hat die Aufsichtsverantwortung fürdie Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands.

Dieses Vorhaben ist mit dem geschäftsführenden Präsi-denten des Sparkassenverbandes Bayern abgestimmt,steht aber noch unter dem Gremienvorbehalt derZustimmung des Vorstandes bzw. der Verbandsver-sammlung des Sparkassenverbandes.

Mit der anstehenden Reform soll die Schlagkraft derLandesbank für die Zukunft wesentlich erhöht werden.

Hufe (SPD): Nachdem die Grundstücksverhandlung fürden Neubau der Technischen Chemie der Fachhoch-schule Nürnberg gescheitert sind frage ich die Staatsre-gierung, in welchem Zeitraum und mit welchen Maßnah-men die Realisierung des Neubaus der TechnischenChemie der FH Nürnberg vorgesehen ist?

Antwort der Staatsregierung: Nachdem es nicht mög-lich war, ein im Privateigentum befindliches Grundstückzu erwerben, das für einen Neubau für die TechnischeChemie der Fachhochschule Nürnberg nutzbar gewesenwäre, muss nunmehr untersucht werden, welche Alter-nativen entweder auf dem Stammgelände oder in derNähe für die Technische Chemie in Betracht kommen. Istdas geeignetste Gelände ermittelt, muss die Planung fürden Neubau aufgenommen werden. Über den Zeithori-zont der einzelnen Schritte kann derzeit noch keine Aus-sage getroffen werden, zumal abzuwarten bleibt, wiedas Vorhaben im nächsten Doppelhaushalt mit Pla-nungs- und Baumitteln dotiert werden kann.

König (CSU): Entspricht das in Temelin/TschechischeRepublik in diesem Jahr in Betrieb gehende Kernkraft-werk des in der ehemaligen Sowjetunion entwickeltenReaktortyps WWER 1000 vollständig westdeutschenSicherheitsstandards, werden nach Auffassung derStaatsregierung die Bürgerinnen und Bürger Bayerns

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2772 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

entlang der Grenze zur Tschechischen Republik und hiernamentlich in der Stadt und im Landkreis Hof ausrei-chend über das Kernkraftwerk Temelin informiert undwelche Bemühungen der Bundesregierung zur Verhin-derung der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Temelinsind der Staatsregierung bekannt?

Antwort der Staatsregierung: Die Sicherheit desReaktortyps WWER-1000 ist von zahlreichen westlichenSachverständigenorganisationen, so auch von der Ge-sellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) imAuftrag der Bundesregierung, untersucht worden. DieseUntersuchungen haben ergeben, dass Reaktoren diesesTyps grundsätzlich auf ein auch nach westlichenMaßstäben akzeptables Sicherheitsniveau nachgerüstetwerden können. Die Bayerische Staatsregierung siehtnach wie vor keine Veranlassung, an der Begründetheitdieser Bewertung zu zweifeln.

Die zur eigenständigen Bewertung der Sicherheit desKernkraftwerkes Temelin (KKT) von der BayerischenStaatsregierung gemeinsam mit dem Bundesministe-rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit(BMU) initiierte vertiefte Sicherheitsüberprüfung wichti-ger Sicherheitsfragen ist nach erheblichen Anlauf-schwierigkeiten und Verzögerungen nunmehr Ende letz-ten Jahres in Gang gekommen. Die tschechische Seitehat zwischenzeitlich der mit dieser Überprüfung beauf-tragten Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit(GRS) nach und nach hierzu erforderliche Unterlagenzur Verfügung gestellt und im Rahmen mehrerer Work-shops zu einschlägigen Aspekten Stellung genommen.Erste Ergebnisse der Überprüfungen sollen so rechtzei-tig vorliegen, dass noch vor der Inbetriebnahme belast-bare Aussagen zu wichtigen Sicherheitsfragen des KKTgemacht werden können.

Aus derzeitiger Sicht kann im Hinblick auf die zwischen-zeitlich erfolgte Anhebung des Sicherheitsniveaus dieserAnlage folgendes festgestellt werden:

Von tschechischer Seite sind unter Hinzuziehung deramerikanischen Fa. Westinghouse Electronic Corpora-tion, die zwischenzeitlich von der British Nuclear FuelsLtd. (BNFL) übernommen worden ist, sowie mehrereweiterer Unternehmen wesentliche Nachrüstmaßnah-men durchgeführt worden. Insbesondere wurden vonder Fa. Westinghouse der Reaktorkern neu ausgelegtsowie eine moderne Sicherheitsleittechnik eingebaut.Belastbare Aussagen zu ausgewählten Aspekten derSicherheit der Anlage werden von der o.g. vertieftensicherheitstechnischen Überprüfung durch die GRSerwartet.

Sollte sich herausstellen, dass ein nach westlichenMaßstäben akzeptables Sicherheitsniveau beim KKTnicht oder nicht ausreichend realisiert wird, so ist dieBundesregierung gefordert, alle politischen Schritte zuveranlassen, damit von der tschechischen Seite diezusätzlich erforderlichen Nachrüstmaßnahmen durchge-führt werden. Die Bayerische Staatsregierung wird die-ses für Bayern sehr bedeutsame Anliegen erforderli-chenfalls erneut mit Nachdruck gegenüber der Bundes-regierung zum Ausdruck bringen.

Gemäß Ziff. 3 des Beschlusses des Bayerischen Land-tags vom 22.06.95, Landtags-Drs. 13/2012, wurde dieBayerische Staatsregierung gebeten, sich dafür einzu-setzen, dass berechtigte Einwendungen bayerischerBürger im tschechischen Zulassungsverfahren Berück-sichtigung finden. Mit der tschechischen Seite und demBMU wurde deshalb vereinbart, dass in der Zeit vom10.04.2000 bis zum 09.06.2000 in den Landkreisen inder Region entlang der bayerisch/tschechischen Grenzeund zusätzlich in den kreisfreien Städten Hof und Pas-sau die von der künftigen tschechischen Betreibergesell-schaft CEZ AG erstellte Informationsschrift über dieSicherheit und die möglichen Umweltauswirkungen die-ses Kernkraftwerkes zur Einsichtnahme ausgelegt wird.Während dieser Frist schriftlich geäußerte Bedenkenund Einwände bayerischer Bürgerinnen und Bürger wer-den vom StMLU über das BMU an das tschechischeStaatliche Amt für Reaktorsicherheit in Prag (SONS)weitergeleitet. Das SONS hat im Rahmen der regelmäßi-gen Konsultationen zu dem zwischen der Bundesrepu-blik Deutschland und der Tschechischen Republik beste-henden Abkommen „Zur Regelung von Fragen gemein-samen Interesses im Zusammenhang mit kerntechni-scher Sicherheit und Strahlenschutz“ der deutschenSeite zugesagt, die Bedenken und Einwände zu über-prüfen und die Prüfergebnisse über das BMU demStMLU zur Verfügung zu stellen. Diese Prüfergebnissewerden zu gegebener Zeit bekannt gegeben.

Im Rahmen o.g. Konsultationen wurde mit der tsche-chischen Seite im Hinblick auf die Gestaltung der Infor-mationsschrift dahingehend Einvernehmen erzielt, dassdiese von der CEZ AG als künftigem Betreiber in Anleh-nung an die in der deutschen Atomrechtlichen Verfah-rensverordnung geforderten Anlagenkurzbeschreibungerstellt wird. Darüber hinausgehende Vereinbarungenmit der tschechischen Seite über die Auslegung weitererUnterlagen des Betreibers waren bisher nicht erreichbar.

Gemäß im StMLU vorliegenden Unterlagen hat Bundes-umweltminister Trittin in mehreren Schreiben an denUmweltminister und an den Minister für Handel undIndustrie der Tschechischen Republik seine Ablehnunggegen dieses Projekt „deutlich“ zum Ausdruck gebracht.Für ihn sei „die Inbetriebnahme eines neuen Atomkraft-werkes kein Beitrag für eine umweltverträgliche undnachhaltige Energieversorgung“.

Frau Lück (SPD): Ich frage die Bayerische Staatsregie-rung mir zu beantworten, ob und in welchem Umfangderzeit in Bayern Fäkalien aus Privathaushalten direktüber Güllegruben entsorgt werden und in welchemUmfang der Klärschlamm aus Ausfaul- oder Dreikam-mergruben auf Grünland ausgebracht wird und zwarspeziell auch in unmittelbare Seebereiche im Oberall-gäu?

Antwort der Staatsregierung: Quantitative Angabenzur direkten Entsorgung von Fäkalien in Güllegruben inBayern können leider nicht gemacht werden, da hierzulandesweit keine Erhebungen existieren.

Im Übrigen hat die Staatsregierung zur Abwasser-Ent-sorgungsstruktur im Landkreis Oberallgäu, insbeson-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2773

dere in der Gemeinde Waltenhofen, in ihrer Antwort vom24.02.00 zur Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordne-ten Heidi Lück ausführlich Stellung genommen. Im lan-desweiten Vergleich ist festzustellen, dass die Nachrüs-tung von Kleinkläranlagen mit biologischen Reinigungs-stufen im Landkreis Oberallgäu bereits relativ weit fort-geschritten ist.

Wie bereits in der erwähnten Antwort der Staatsregie-rung ausgeführt, ist eine Entsorgung von häuslichemAbwasser in Güllegruben nur dann ordnungsgemäß,wenn vor Einleitung in die Güllegrube eine mechanischeVorbehandlung erfolgt und der dabei anfallende Fäkal-schlamm ordnungsgemäß entsorgt wird.

Das Aufbringen des Klärschlamms oder Fäkalschlammsaus den genannten Ausfaul- oder Dreikammergrubenauf Dauergrünland ist nach § 4 Abs. 4 der Klärschlamm-verordnung grundsätzlich untersagt. Zahlenmäßige,bayernweite Angaben über Abweichungen von dieserBestimmung liegen nicht vor. Allerdings wird davon aus-gegangen, dass die Vollzugsbehörden die Bestimmun-gen der Klärschlammverordnung ausreichend überwa-chen und Verstöße ahnden.

Aufgrund der besonderen Struktur im Landkreis Oberall-gäu ist die Errichtung von Sammelkanalisationen zumTeil erschwert. Außerdem stehen wegen der fast aus-schließlichen Weidewirtschaft nur wenig Ackerflächenzur Verfügung. Deshalb hat das Landratsamt bisher dieAusbringung auf Gründland bei landwirtschaftlichenBetrieben unter streng abgegrenzten Bedingungengeduldet.

Odenbach (SPD): Ich frage die Staatsregierung: Kanndie Staatsregierung bestätigen, dass die Aussage vonHerrn Staatsminister Dr. Schnappauf in seinem Berichtvom 23. März 2000 vor dem Ausschuss für Landesent-wicklung und Umweltfragen bezüglich eines grundsätzli-chen Verfüllungsverbotes bei Naussauskiesungen keinabsolutes Verfüllungsverbot bedeutet, sondern klar defi-nierte Ausnahmen für sauberes (sog. inerentes) Mate-rial, das nach seiner Herkunft (Herkunftsnachweis, Prü-fung des Aushubes vor Ort) unbedenklich ist wie z.B.unbelasteter, geogen geeigneter Bodenaushub, Kies-waschschlamm und Abraum, unter Sicherstellung desGrundwasserschutzes zulässt, wie sie insbesondere imnordbayerischen Raum weiterhin notwendig sind, undum nicht einen zusätzlichen „Tourismus“ zu erzeugen?

Antwort der Staatsregierung: Im Prinzip: ja. Wie vordem Ausschuss dargelegt, handelt es sich bei dem Ver-füllungsverbot um einen Grundsatz, der die Verfüllungnicht zum Regelfall, sondern wieder zur Ausnahmemachen soll. Es ist richtig, dass hierfür klar definierteRegelungen geschaffen werden müssen. Diese Neure-gelungen sind derzeit in Vorbereitung, Vorschläge desIndustrieverbandes Steine und Erden liegen bereits vor.

Mit UMS vom 20.04.00 wurden den nachgeordnetenBehörden die notwendigen Übergangsregelungen zurUmsetzung der Konsequenzen aus dem Fall Eltmannmitgeteilt: Danach muss insbesondere bei neuen Anla-gen die Verfüllung von Erdaushub soweit zurückgestellt

bleiben, bis die vorgenannten Regelungen vorliegen. Beibestehenden Anlagen bleibt es zunächst bei der Verfül-lung mit Kiesabraum und unbelastetem Erdaushub. Pro-blem ist dabei nicht das grundsätzliche Verbot der Verfül-lung, sondern das fehlende „inerte“ Material hierfür – umden Begriff – um den Begriff von Herrn Odenbach aufzu-greifen. Künftige Ausnahmeregelungen werden an die-ser Problematik im nordbayerischen Raum nichtsändern können.

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich fragedie Staatsregierung: Trifft es zu, dass auf der Klär-schlammdeponie Rück-Schippach außer der vierteljähr-lichen Routineüberprüfung des Grundwassers, die in der14. Kalenderwoche stattgefunden hat, dort unter ande-rem im Mai 2000 weitere Untersuchungen des Grund-wassers durchgeführt wurden, wenn ja, was waren dieGründe für weitere Beprobungen der Grundwasserbeob-achtungspegel und liegen die Ergebnisse der vierteljähr-lichen Untersuchungen bzw. der weiteren Untersuchun-gen über den bisher festgestellten Wert bzw. über denentsprechenden Grenzwerten?

Antwort der Staatsregierung: In den vergangenenJahren wurden im Grundwasserbeobachtungspegel B9der Klärschlammdeponie Schippach wiederholt erhöhteNitratwerte gemessen, die Nachbeprobungen desPegels erforderlich machten.

Im April 2000 wurde bei der Beprobung durch denFremdüberwacher (Labor Fa. ACORDIS, Obernburgund Institut Fresenius, Frankfurt) bei der Probennahmevor Ort ferner eine Erhöhung der Leitfähigkeit festge-stellt. Daraufhin wurde im Mai eine Nachbeprobung desPegels durchgeführt.

Die Ergebnisse der Beprobungen liegen noch nicht vor.

Der Grundwasserbeobachtungspegel B9 erschließt daszweite Grundwasserstockwerk. Die Grundwasserfließ-richtung führt nach hydrogeologischen Untersuchungenzur Deponie hin, demnach stehen die erhöhten Nitrat-werte nicht in ursächlichem Zusammenhang mit derDeponie.

Hartenstein (franktionslos): Welche Konsequenzenzieht die Bayerische Staatsregierung aus den Ergebnis-sen einer im Auftrag der britischen Regierung von unab-hängigen Experten verfassten Studie, die in der letztenWoche zu der Ankündigung führte,

– Kinder und Jugendliche in Großbritannien künftig vorübermäßigem Handy-Gebrauch zu warnen,

– das Aufstellen von Mobilfunksendeanlagen in derunmittelbaren Nähe von Kindergärten, Schulen undKrankenhäusern zu untersagen sowie

– weitere staatlich finanzierte Studien zur Abklärung derFrage in Auftrag zu geben, in welchem Ausmaß jungeMenschen bei Einwirken von (niederfrequent gepuls-ten) Hochfrequenzstrahlungen auf Grund der sichnoch in Entwicklung befindlichen Organe einem höhe-ren Risiko ausgesetzt sind als Erwachsene

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2774 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

auch im Hinblick auf die am 15.07.99 zwischen demBayerischen Staatsministerium für Landesentwicklungund Umweltfragen und den in Bayern tätigen Mobilfunk-betreibern abgeschlossene „Freiwillige Vereinbarung imRahmen des Umweltpaktes Bayern?

Antwort der Staatsregierung: Bei der zitierten „Studie“handelt es sich nicht um Forschungsergebnisse, son-dern um Empfehlungen einer unabhängigen Experten-gruppe (IEGMP). Diese Gruppe hat Forschungsergeb-nisse geprüft und in vielen britischen Städten öffentlicheHearings abgehalten, um die Besorgnisse der Bevölke-rung in die Empfehlung mit einzubeziehen. Eingesetztwurde die IEGMP im März 1999 durch das britischeGesundheitsministerium. Die britische Regierung wirdüber die Annahme der Vorschläge erst noch entschei-den.

Die Expertengruppe kam eindeutig zu dem Schluss,dass auf Grund der bisherigen Forschungsergebnissebei Einhaltung der Grenzwerte keine Gesundheitsgefah-ren für die Bevölkerung bestehen (Anmerkung: in GBsind die Grenzwerte für die Bevölkerung im Mobilfunkbe-reich um den Faktor 5 höher als in Deutschland).

Die in der mündlichen Anfrage des Abgeordneten Har-tenstein genannten Empfehlungen der IEGMP (Kinder/Jugendliche vor übermäßigem Handygebrauch warnenund keine Mobilfunksendeanlagen in der Nähe vonSchulen, Kindergärten, Krankenhäusern) sind möglicheVorsorgemaßnahmen. Vorsorgemaßnahmen sind dannsinnvoll, wenn kleine Restrisiken unbekannter Gesund-heitswirkung bestehen und wenn eine Versachlichungder Diskussion über Umweltrisiko nicht über einen wis-senschaftlichen Diskurs möglich ist.

Die Bayerische Staatsregierung hat sich der Thematik„Nichtionisierende Strahlung“ bereits seit längeremangenommen und eine Reihe von Initiativen ergriffen,insbesondere:

1) Bayern hat mehr Forschungsprojekte initiiert, alsjedes andere Bundesland (7 abgeschlossene und 3laufende Vorhaben), obwohl Forschung zu Nichtioni-sierender Strahlung primär Aufgabe des Bundes ist.

2) Bayern hat zu der oben angesprochenen Thematik„Vorsorge“ ein Vorhaben vergeben, dessen Ergeb-nisse in die Novelle der 26. BImSchV eingebrachtwerden sollen.

3) Bayern hat eine freiwillige Vereinbarung mit denMobilfunkbetreibern im Rahmen des Umweltpaketesabgeschlossen. Derzeit wird über eine Fortschrei-bung, u.a. mit noch weiterreichender Aufklärung derBevölkerung, verhandelt.

Für die Bayerische Staatsregierung ergeben sich daheraus der britischen Empfehlung keine wesentlichenneuen Aspekte für ihre derzeitige Strategie im BereichMobilfunk.

Schindler (SPD): Wie beurteilt die Staatsregierung denVorschlag, dass zur Verbesserung der neurochirurgi-

schen Versorgung in der mittleren Oberpfalz niederge-lassene Neurochirurgen operative Leistungen in den chi-rurgischen Abteilungen der Krankenhäuser St. Barbarain Schwandorf, St. Marien in Amberg und St. Anna inSulzbach-Rosenberg erbringen und die Patienten nachder Operation in der Obhut der chirurgischen Abteilungdes jeweiligen Krankenhauses verbleiben und welcheVoraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Zustim-mung des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialord-nung, Familie, Frauen und Gesundheit zu dem genann-ten Projekt zu erhalten?

Antwort der Staatsregierung: Die Träger der dreiangesprochenen Krankenhäuser sind mit einem ent-sprechenden gemeinsamen Vorschlag noch nicht an dasGesundheitsministerium herangetreten. Deshalb sinddie für eine abschließende Beurteilung notwendigen Ein-zelheiten bisher nicht bekannt. So ist z.B. nicht klar, obdie Vorstellungen zur Erbringung von operativen Leis-tungen durch niedergelassene Neurochirurgen in denKrankenhäusern in Amberg, Schwandorf und Sulzbach-Rosenberg auf die Durchführung von ambulanten Ope-rationen, auf ein konsiliarärztliches Tätigwerden oder aufeine echte belegärztliche Tätigkeit gerichtet sind. Solltees um eine eigenständige stationäre Tätigkeit der nie-dergelassenen Neurochirurgen, also um eine reguläreneurochirurgische Belegarzttätigkeit gehen, bei der dieniedergelassenen Neurochirurgen dann allerdings diegesamte ärztliche stationäre Behandlung ihrer Patientenverantwortlich übernehmen müssten, würde dies nachder einschlägigen rechtlichen Bestimmungen die Auf-nahme der Fachrichtung Neurochirurgie in den Kranken-hausplan beim jeweiligen Krankenhaus voraussetzen.

Hierzu müssten die Krankenhausträger entsprechendeAnträge stellen. Über diese wäre nach den Vorgabendes Bayerischen Krankenhausgesetzes vor allemdanach zu entscheiden, ob ein stationäres neurochirur-gisches Leistungsangebot beim jeweiligen Krankenhauszur Bedarfsdeckung notwendig ist und ob das Kranken-haus nach seiner Aufgabenstellung innerhalb des abge-stuften Versorgungssystems dafür geeignet ist.

Ohne dem Bayerischen Krankenhausplanungsaus-schuss, der bei der Entscheidung mitzuwirken hätte, vor-greifen zu wollen, hielte ich unabhängig von der ggf. zuprüfenden Bedarfssituation die Aussichten für äußerstgering, dass gleich an drei Krankenhäusern in der mittle-ren Oberpfalz eine krankenhausplanerische Anerken-nung des stationären Betriebs der Fachrichtung Neuro-chirurgie erfolgen kann. Außerdem ist der Betrieb dieserFachrichtung nach Art. 4 Abs. 2 des Bayerischen Kran-kenhausgesetzes zumindest bei Grundversorgungs-krankenhäusern der II. Versorgungsstufe, wie sie dieKrankenhäuser in Schwandorf und Sulzbach-Rosenbergdarstellen, ohnehin nicht vorgesehen.

Wahnschaffe (SPD): Hält die Staatsregierung denBeschluss der Vertreterversammlung der Kassenärztli-chen Vereinigung Bayerns (KVB) vom 24./25.03.2000bezüglich der Bewertung psychotherapeutischer Leis-tungen und den zugrunde liegenden Beschluss derHVM-Kommission vom 16.02.2000 für rechtlich unbe-

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2775

denklich und wie bewertet sie diese Entscheidung imHinblick auf den Sicherstellungsauftrag der KVB?

Antwort der Staatsregierung: Die Neubewertung psy-chotherapeutischer Leistungen wurde durch den Bun-desgesetzgeber im Gesundheitsreformgesetz 2000, daszum 1.1.2000 in Kraft getreten ist, eingefordert. Auf-grund der strengen gesetzlichen Vorgaben hatten jedochweder der anschließend auf Bundesebene tätig gewor-dene Bewertungsausschuss und erst recht nicht die KVBin Bayern großen Handlungsspielraum. Der Bewer-tungsausschuss hat – wie vom Gesetzgeber gefordert –Maßstäbe für eine angemessene Leistungsvergütung fürPsychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeu-tisch tätige Ärzte festgesetzt. Er hat sich bei dieser Ent-scheidung im wesentlichen an die Vorgaben der BSG-Rechtssprechung gehalten und als Vergleichsmaßstabdie Vergütungssituation der Fachärzte für Allgemeinme-dizin in der hausärztlichen Versorgung herangezogen.

Die KVB hatte keinerlei Bewertungskompetenz. Siekonnte lediglich die bundesrechtlichen Vorgaben inihrem Honorarverteilungsmaßstab umsetzen. Darüberhinaus hat sie – rechtlich zulässig – einen eigenen Fach-arzttopf für psychotherapeutische Leistungen gebildet.In diesem Topf sind die Mittel enthalten, die von denKrankenkassen zur Vergütung psychotherapeutischerLeistungen bereitgestellt werden.

Ursache für das allgemein beklagte Dilemma bei derVergütung psychotherapeutischer Leistungen ist somitvorrangig die von der Regierungskoalition in Berlin – unddamit maßgeblich auch von Ihrer Partei – verursachteRechtslage mit ihren strengen Budgetierungsregelun-gen. Auch ich sehe die Gefahr, dass die KVB in diesemgesetzlichen Korsett ihrem Sicherstellungsauftrag nichtgerecht werden kann. Dies trifft insbesondere auf dieFachärzte zu, die nicht ausschließlich psychotherapeuti-sche Leistungen erbringen und damit keinen Anspruchauf angemessene Vergütung der zeitgebundenen Psy-chotherapie besitzen. Deshalb sind dringend Nachbes-serungen auf Bundesebene erforderlich. Hier haben Sie– verehrter Herr Kollege – wohl derzeit die besseren Ein-flussmöglichkeiten.

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie istsichergestellt, dass bei tierschutzrelevanten Beanstan-dungen im Rahmen der Kontrollen von Schlachttier-transporten Schweine, Schafe, insbesondere Lämmer,Kälber, die Milchaustauscher benötigen, im GroßraumMünchen unter Berücksichtigung großer Tierzahlen not-versorgt werden können, wo befinden sich diese Notver-sorgungsstationen und welche Behörden wurden vondiesen Stationen in Kenntnis gesetzt?

Antwort der Staatsregierung: Die Problematik derTiertransporte beschäftigt die Bayerische Staatsregie-rung seit langem. Auch im Bayerischen Landtag habeich schon mehrfach dazu Stellung genommen. Vor allemdie Langzeittransporte, die vielfach auch Bayern durch-queren, sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Trotzwiederholter Vorstöße im Bundesrat, die Exporterstat-tungen der EU für Lebendtiertransporte ersatzlos zu

streichen, ist der Langzeittransport von Schlachttierennach wie vor lukrativ.

Die verstärkten Transportkontrollen durch die bayerischePolizei führen immer wieder zu Beanstandungen vonsolchen Tiertransporten. Je nach Lage des Falles müs-sen die transportierten Tiere dann außerplanmäßigabgeladen, versorgt und untergebracht werden.

Das StMAS hat deshalb zuletzt im Januar 2000 allebayerischen Veterinärbehörden beauftragt, geeigneteOrte für derartige Notfälle systematisch zu erfassen.Eine Liste mit allen derzeit in Bayern nutzbaren Unter-bringungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Nutztiereist im Rahmen dieses Projekts bereits an die Veterinär-ämter und über das StMI auch an die zuständigen Poli-zeidienststellen weitergeleitet worden.

Im Großraum München existieren akutell drei Unterbrin-gungsmöglichkeiten für Tiertransporte:

In Kirchheim, in Arget und in München der StädtischeViehhof.

Frau Hirschmann (SPD): Aufgrund meiner Tätigkeit alsGefangenenbeirätin in der JVA Bernau frage ich dieStaatsregierung, wieviel Prozent der Gefangenen inbayerischen Justizvollzugsanstalten drogenabhängigsind und welche Entwicklung es hier in den letzten fünfJahren gegeben hat.

Antwort der Staatsregierung: Genaue Erkenntnisseüber den Anteil drogenabhängiger Gefangener in denbayerischen Justizvollzugsanstalten liegen leider nichtvor. Zwar wird bei jeder Behandlungsuntersuchung nach§ 6 StVollzG selbstverständlich die Frage des Drogen-mißbrauchs (und die Problematik des Alkoholkonsums)in Freiheit angesprochen, jedoch kann hier angesichtsder besonderen Klientel der Straftäter und der teilweisemangelnden Mitwirkungsbereitschaft der Strafgefange-nen noch weniger mit ehrlichen Antworten gerechnetwerden als bei entsprechenden Fragen an Personen inFreiheit.

Einen Anhaltspunkt bietet der Anteil der Strafgefange-nen, der Strafen wegen Verstoßes gegen das Betäu-bungsmittelgesetz verbüßt, an der Gesamtzahl derStrafgefangenen. Dieser Anteil ist in den letzten fünfJahren im wesentlichen konstant geblieben: 1995 =12,3%, 1996 = 14,3%, 1997 = 14,3%, 1998 = 14,9%,1999 = 13,4% (jeweilige Stichtagserhebung am31. März).

Der Anteil an drogenabhängigen Gefangenen dürftejedoch tatsächlich wesentlich höher liegen: Nicht alleStraftaten Drogenabhängiger werden im Zusammen-hang mit ihrer Sucht begangen; viele Straftäter begehenzur Suchtbefriedigung auch andere Delikte als solchenach dem Betäubungsmittelgesetz (Beschaffungskrimi-nalität); im übrigen ist in der Statistik jeweils nur derschwerste der Strafverbüßung zugrundeliegende Straf-tatbestand angegeben. Auf der anderen Seite ist auchzu beachten, dass nicht alle nach dem Betäubungsmit-telgesetz verurteilten Straftäter drogenabhängig sind.

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2776 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Gerade die besonders gefährlichen Dealer, die in gro-ßem Maßstab mit Betäubungsmitteln Handel treiben,sind oft selbst nicht abhängig.

In der wissenschaftlichen Fachliteratur wird die Zahl derDrogenabhängigen in Justizvollzugsanstalten auf 20 bis50% geschätzt. Auch der Anteil Alkoholabhängiger wirdähnlich hoch vermutet, wobei es große Überschneidun-gen zwischen beiden Gruppen gibt. Bei einem Viertelaller Gewaltstraftaten spielt Alkoholeinfluss eine Rolle.

Eine Inhaftierung führt bei Abhängigen zunächst zueinem körperlichen Entzug. Viele dieser Gefangenenbefinden sich zum Zeitpunkt des Haftantritts in einemäußerst reduzierten Allgemeinzustand und bieten einBild der Verwahrlosung. Oft verbessert sich durch dieAbstinenz, aber auch durch die medizinische Versor-gung in den Justizvollzugsanstalten, der Gesundheitszu-stand der Abhängigen in wenigen Wochen in erstaunli-chem Ausmaß. Viele Gefangene können nach dem kör-perlichen Entzug erstmals seit langem wieder klar den-ken und empfinden und sind so befähigt, sich mit ihrerSucht auseinanderzusetzen. Deshalb haben die Staats-minister für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauenund Gesundheit sowie der Justiz im Jahre 1997 einneues Projekt für die Beratung und Betreuung suchtab-hängiger und suchtgefährdeter Gefangener entwickelt:Die externe Suchtberatung und -betreuung in allen 37bayerischen Justizvollzugsanstalten wurde erheblichausgeweitet. Fachkräfte von Verbänden und Städtenleisten für diese wichtige Aufgabe wöchentlich annä-hernd 1300 Arbeitsstunden. Sie führen Einzel- undGruppentherapiegespräche, geben Gefangenen Motiva-tionshilfen zur Führung eines suchtmittelabstinentenLebens, vermitteln Therapieplätze und engagieren sichin der anstaltsinternen Fortbildung. Der Freistaat Bayernerstattet den externen Trägern die entstehenden Perso-nal- und Fahrkosten in Höhe von rund 3,2 Millionen DMjährlich.

Das renommierte Münchner Institut für Therapiefor-schung hat in einer wissenschaftlichen Evaluation dasProjekt der externen Suchtberatung und -betreuung imbayerischen Justizvollzug als erfolgreich beurteilt. Die-ses wichtige Behandlungsangebot wurde deshalb nachAbschluß der Versuchsphase unverändert beibehalten.Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Resozialisierung dro-gen- und alkoholabhängiger Straftäter.

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In welcherWeise, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Erwä-gungen hat die Generalstaatsanwaltschaft München indie Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit derCDU-Spendenaffaire betreffend Karlheinz Schreiber,Ludwig Holger Pfahls, Max Josef Strauß, Walter LeislerKiep, Erich Riedl, Jürgen Maßmann und Winfried Haas-tert auf geplante Ermittlungen und Anordnungen, wiez.B. geplante Hausdurchsuchungen, Vollzug von Haft-befehlen und Zuständigkeitsverlagerungen eingewirkt?

Antwort der Staatsregierung: Die Mündliche Anfrageist so weit formuliert, dass jeder Kontakt zwischen demGeneralstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Mün-

chen und der Staatsanwaltschaft Augsburg in dem Ver-fahren gegen Schreiber u.a. aus der Sicht der Fragestel-lerin gemeint sein kann. Bei einem solchen Umgriff kanndie Mündliche Anfrage im Rahmen der Fragestundenicht umfassend beantwortet werden. In einem derartumfangreichen, schwierigen und komplexen Ermitt-lungsverfahren sind Kontakte und Sacherörterungenzwischen Staatsanwaltschaft und übergeordneter Gene-ralstaatsanwaltschaft sowie eingehende Berichterstat-tung sinnvoll und völlig normal. Dem Generalstaatsan-walt steht nach § 147 GVG das Recht der Aufsicht undLeitung bezüglich aller Beamten der Staatsanwaltschaftin seinem Bezirk zu. Er hat dieses Recht auszuüben.Eine rechtswirdrige Einflussnahme hat es zu keinemZeitpunkt gegeben.

Zu den in den Medien aufgeworfenen Fragen wird derBayerische Staatsminister der Justiz am 23. Mai im Aus-schuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragendes Bayerischen Landtags umfassend Stellung nehmen.Vorab zu den konkret angesprochenen Punkten „Haus-durchsuchung“, „Vollzug von Haftbefehlen“ und „Zustän-digkeitsverlagerung“:

– Zur Hausdurchsuchung bei Max Josef Strauß am10. Januar 1996 ist im Bayerischen Landtag Stellunggenommen worden. Sollte eine „geplante Hausdurch-suchung“ bei Dr. Helmut Kohl gemeint sein, wurdeeine solche von der Staatsanwaltschaft Augsburgnicht geplant. Einfluss konnte deshalb insoweit nichtgenommen werden. Sollte eine geplante Durchsu-chung der CDU-Bundesgeschäftsstelle gemeint sein,ist festzustellen, dass nach Auffassung des General-staatsanwalts eine solche Aktion im Hinblick auf diebereits gegebene Beweislage unnötig war.

– Mit dem Vollzug von Haftbefehlen dürfte gemeint sein,dass der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandes-gericht München am 28. April 1999 den Vollzug dreierHaftbefehle vom 22. April 1999 gegen die Beschuldig-ten Dr. Pfahls, Maßmann und Haastert zunächstgestoppt hat. Dies war korrekt. Die Staatsanwalt-schaft hatte den Generalstaatsanwalt vorher nichtinformiert und es ihm so unmöglich gemacht, seinerAufgabe nach dem Gerichtsverfassungsgesetz zuentsprechen. Am 30. April 1999 wurde der Staatsan-waltschaft Augsburg mitgeteilt, dass keine Bedenkenbestehen.

Die Unterstellung, dem Beschuldigten Dr. Pfahls seidie Flucht ermöglicht worden, ist abwegig. Der Auf-enthalt von Dr. Pfahls war in der relevanten Zeit unbe-kannt. Nach den späteren Ermittlungen war er letzt-malig am 16. April 1999 auf dem europäischen Konti-nent. Die Ausschreibung wurde erst am 5. Mai 1999veranlasst, weil angesichts des unbekannten Aufent-halts von Dr. Pfahls eine gemeinsame Festnahmealler drei Beschuldigten nicht mehr möglich war.

– Zuständigkeitsfragen wurden mehrfach diskutiert.Sollte eine erwogene Verfahrensabgabe bezüglichMax Josef Strauß an die Wohnsitz-Staatsanwalt-schaft München I gemeint sein, ging die Initiative inzwei Fällen von der Staatsanwaltschaft Augsburg

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Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2777

aus. Der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandes-gericht München hielt es im Benehmen mit dem Baye-rischen Staatsministerium der Justiz im Ergebnis fürvorzugswürdig, auch diesen Verfahrensteil in Augs-burg zu belassen bzw. die Staatsanwaltschaft Augs-burg ausdrücklich mit der Strafverfolgung auch inso-

weit zu beauftragen. Es ist nicht ersichtlich, was darankritikwürdig wäre.

Frau Abgeordnete Paulig wird Abdruck des Berichtsdes Bayerischen Staatsministers der Justiz am23. Mai 2000 erhalten.

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2778 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

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Anlage 4Bayerischer Landtag zur 40. Vollsitzung am 18.05.200014.Wahlperiode

Name Ja Nein Enthaltemich

Ach Manfred ✕

Dr. Baumann Dorle ✕

Beck AdolfDr. Beckstein Günther ✕

Berg Irmlind ✕

Dr. Bernhard Otmar ✕

Biedefeld Susann ✕

Blöchl Josef ✕

Bocklet ReinholdBöhm Johann ✕

Boutter Rainer ✕

Brandl Max ✕

Breitschwert Klaus Dieter ✕

Brosch Franz ✕

Brunner Helmut ✕

Christ Manfred ✕

Deml MarianneDinglreiter Adolf ✕

Dodell Renate ✕

Donhauser Heinz ✕

Dr. Dürr Josef ✕

Eck Gerhard ✕

Eckstein KurtEgleder UdoEppeneder JosefEttengruber Herbert ✕

Dr. Eykmann Walter ✕

Prof. Dr. Faltlhauser KurtDr. Fickler Ingrid ✕

Fischer Herbert ✕

Franzke Dietmar ✕

Freller Karl

Gabsteiger Günter ✕

Prof. Dr. Gantzer Peter Paul ✕

Gartzke Wolfgang ✕

Dr. Gauweiler Peter ✕

Geiger Hermann ✕

Glück Alois ✕

Göppel JosefGörlitz Erika ✕

Goertz Christine ✕

Dr. Götz FranzDr. Goppel Thomas ✕

Gote Ulrike ✕

Grabner Georg ✕

Dr. Gröber Klaus ✕

Guckert HelmutGüller Harald ✕

Guttenberger Petra ✕

Haedke Joachim ✕

Dr. Hahnzog Klaus ✕

Hartenstein Volker ✕

Hartmann Gerhard ✕

Hausmann Heinz ✕

Hecht IngeHeckel DieterHecker Annemarie ✕

Heike Jürgen W. ✕

Heinrich HorstHerrmann Joachim ✕

Hirschmann Anne ✕

Hoderlein WolfgangHölzl ManfredHofmann WalterHohlmeier MonikaHuber ErwinHufe Peter ✕

Irlinger Eberhard ✕

Jetz Stefan ✕

Dr. Jung Thomas

Dr. Kaiser Heinz ✕

Kaul HenningKellner Emma ✕

Dr. Kempfler Herbert ✕

Kiesel RobertKlinger Rudolf ✕

Knauer Christian ✕

Kobler KonradKöhler Elisabeth ✕

Dr. Köhler Heinz ✕

König Alexander ✕

Kränzle BerndKreidl Jakob ✕

Kreuzer Thomas ✕

Dr. Kronawitter Hildegard ✕

Kuchenbaur Sebastian ✕

Kupka Engelbert ✕

Leeb Hermann ✕

Leichtle WilhelmLochner-Fischer MonicaLode Arnulf ✕

Loscher-Frühwald Friedrich ✕

Lück Heidi ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Abstimmungslistezum Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, Maget, Dr. Baumann, Dr. Hahnzog u.a. u. Frakt. (SPD); Bal-lungsraumzulage (Drucksache 14/3572)

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2780 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Maget Franz ✕

Prof. Männle Ursula ✕

Matschl Christa ✕

Mehrlich Heinz ✕

Meißner Christian ✕

Memmel Hermann ✕

Dr. Merkl Gerhard ✕

Meyer Franz ✕

Miller Josef ✕

Mirbeth Herbert ✕

Möstl Fritz ✕

Dr. Müller Helmut ✕

Müller HerbertMüller Willi ✕

Münzel Petra ✕

Naaß Christa ✕

Nadler Walter ✕

Narnhammer Bärbel ✕

Nentwig Armin ✕

Neumeier JohannNiedermeier Hermann ✕

Nöth Eduard ✕

Obermeier Thomas ✕

Odenbach Friedrich ✕

Paulig Ruth ✕

Peterke RudolfPeters Gudrun ✕

Pfaffmann Hans-Ulrich ✕

Pienßel FranzPranghofer Karin ✕

Pschierer Franz ✕

Dr. Rabenstein Christoph ✕

Radermacher Karin ✕

Ranner Sepp ✕

Freiherr von Redwitz EugenRegensburger HermannReisinger Alfred ✕

Riess Roswitha ✕

Ritter Ludwig ✕

Dr. Ritzer Helmut ✕

Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕

Rotter Eberhard ✕

Rubenbauer HerbertRudrof Heinrich ✕

Dr. Runge Martin ✕

Sackmann Markus ✕

Sauter Alfred ✕

Schammann Johann ✕

Scharfenberg Maria ✕

Schieder MarianneSchieder Werner ✕

Schindler FranzSchläger AlbrechtDr. Schmid Albert ✕

Schmid AlbertSchmid Berta ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Schmid GeorgSchmid Peter ✕

Schmidt Renate ✕

Schmidt-Sibeth Waltraud ✕

Schmitt Helga ✕

Schneider Siegfried ✕

Dr. Scholz Manfred ✕

Schopper TheresaSchreck Helmut ✕

Dr. Schuhmann ManfredSchultz Heiko ✕

Schweder Christl ✕

Schweiger Rita ✕

Sibler Bernd ✕

Sinner Eberhard ✕

Dr. Söder MarkusDr. Spaenle Ludwig ✕

Spitzner HansSprinkart Adi ✕

Stahl ChristineStahl Georg ✕

Stamm BarbaraStarzmann GustavSteiger Christa ✕

Steinmaßl HermannStewens Christa ✕

Prof. Dr. Stockinger Hans GerhardDr. Stoiber EdmundStraßer Johannes ✕

Strehle Max ✕

Tausendfreund Susanna ✕

Thätter BlasiusTraublinger Heinrichvon Truchseß Ruth ✕

Unterländer Joachim ✕

Dr. Vocke Jürgen ✕

Vogel Wolfgang ✕

Voget Anne ✕

Volkmann Rainer ✕

Wahnschaffe Joachim ✕

Dr. Waschler Gerhard ✕

Dr. Weiß Manfred ✕

Welnhofer Peter ✕

Werner Hans JoachimWerner-Muggendorfer Johanna ✕

Dr. Wiesheu Otto ✕

Dr. Wilhelm Paul ✕

Winter Georg ✕

Wörner Ludwig ✕

Wolfrum Klaus

Zehetmair HansZeitler OttoZeller Alfons ✕

Zengerle Josef ✕

Dr. Zimmermann Thomas ✕

Gesamtsumme 145 0 6

Name Ja Nein Enthaltemich

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Anlage 5Bayerischer Landtag zur 40. Vollsitzung am 18.05.200014.Wahlperiode

Name Ja Nein Enthaltemich

Ach Manfred ✕

Dr. Baumann Dorle ✕

Beck AdolfDr. Beckstein GüntherBerg Irmlind ✕

Dr. Bernhard Otmar ✕

Biedefeld Susann ✕

Blöchl Josef ✕

Bocklet ReinholdBöhm Johann ✕

Boutter Rainer ✕

Brandl Max ✕

Breitschwert Klaus Dieter ✕

Brosch Franz ✕

Brunner Helmut ✕

Christ Manfred ✕

Deml Marianne ✕

Dinglreiter Adolf ✕

Dodell Renate ✕

Donhauser HeinzDr. Dürr Josef ✕

Eck Gerhard ✕

Eckstein KurtEgleder UdoEppeneder JosefEttengruber Herbert ✕

Dr. Eykmann Walter ✕

Prof. Dr. Faltlhauser KurtDr. Fickler Ingrid ✕

Fischer Herbert ✕

Franzke DietmarFreller Karl

Gabsteiger Günter ✕

Prof. Dr. Gantzer Peter PaulGartzke WolfgangDr. Gauweiler PeterGeiger Hermann ✕

Glück Alois ✕

Göppel JosefGörlitz Erika ✕

Goertz Christine ✕

Dr. Götz FranzDr. Goppel ThomasGote Ulrike ✕

Grabner Georg ✕

Dr. Gröber Klaus ✕

Guckert HelmutGüller Harald ✕

Guttenberger Petra ✕

Haedke Joachim ✕

Dr. Hahnzog Klaus ✕

Hartenstein Volker ✕

Hartmann Gerhard ✕

Hausmann Heinz ✕

Hecht IngeHeckel DieterHecker Annemarie ✕

Heike Jürgen W. ✕

Heinrich HorstHerrmann Joachim ✕

Hirschmann Anne ✕

Hoderlein WolfgangHölzl Manfred ✕

Hofmann WalterHohlmeier MonikaHuber ErwinHufe Peter ✕

Irlinger Eberhard ✕

Jetz Stefan ✕

Dr. Jung Thomas

Dr. Kaiser Heinz ✕

Kaul HenningKellner Emma ✕

Dr. Kempfler Herbert ✕

Kiesel RobertKlinger Rudolf ✕

Knauer Christian ✕

Kobler KonradKöhler Elisabeth ✕

Dr. Köhler HeinzKönig Alexander ✕

Kränzle BerndKreidl JakobKreuzer Thomas ✕

Dr. Kronawitter Hildegard ✕

Kuchenbaur Sebastian ✕

Kupka Engelbert ✕

Leeb Hermann ✕

Leichtle WilhelmLochner-Fischer MonicaLode ArnulfLoscher-Frühwald Friedrich ✕

Lück Heidi ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Abstimmungslistezum Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, Biedefeld, Gartzke, Werner u. Frakt. (SPD); Entschließung:Verstärkte Förderung erneuerbarer Energien und Energiesparpotenziale auch in Bayern (Drucksache 14/3575)

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2782 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/40 v. 18.05.2000

Maget Franz ✕

Prof. Männle UrsulaMatschl Christa ✕

Mehrlich Heinz ✕

Meißner Christian ✕

Memmel Hermann ✕

Dr. Merkl GerhardMeyer Franz ✕

Miller Josef ✕

Mirbeth Herbert ✕

Möstl FritzDr. Müller Helmut ✕

Müller HerbertMüller Willi ✕

Münzel Petra ✕

Naaß Christa ✕

Nadler Walter ✕

Narnhammer Bärbel ✕

Nentwig Armin ✕

Neumeier JohannNiedermeier Hermann ✕

Nöth Eduard ✕

Obermeier Thomas ✕

Odenbach Friedrich ✕

Paulig Ruth ✕

Peterke RudolfPeters Gudrun ✕

Pfaffmann Hans-Ulrich ✕

Pienßel FranzPranghofer Karin ✕

Pschierer Franz ✕

Dr. Rabenstein Christoph ✕

Radermacher Karin ✕

Ranner Sepp ✕

Freiherr von Redwitz Eugen ✕

Regensburger HermannReisinger Alfred ✕

Riess Roswitha ✕

Ritter Ludwig ✕

Dr. Ritzer Helmut ✕

Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕

Rotter Eberhard ✕

Rubenbauer HerbertRudrof Heinrich ✕

Dr. Runge Martin ✕

Sackmann Markus ✕

Sauter AlfredSchammann Johann ✕

Scharfenberg Maria ✕

Schieder Marianne ✕

Schieder WernerSchindler FranzSchläger AlbrechtDr. Schmid Albert ✕

Schmid AlbertSchmid Berta ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Schmid GeorgSchmid Peter ✕

Schmidt Renate ✕ ✕

Schmidt-Sibeth Waltraud ✕

Schmitt Helga ✕

Schneider Siegfried ✕

Dr. Scholz Manfred ✕

Schopper TheresaSchreck Helmut ✕

Dr. Schuhmann ManfredSchultz Heiko ✕

Schweder Christl ✕

Schweiger Rita ✕

Sibler Bernd ✕

Sinner Eberhard ✕

Dr. Söder Markus ✕

Dr. Spaenle Ludwig ✕

Spitzner HansSprinkart Adi ✕

Stahl ChristineStahl Georg ✕

Stamm BarbaraStarzmann GustavSteiger Christa ✕

Steinmaßl HermannStewens Christa ✕

Prof. Dr. Stockinger Hans GerhardDr. Stoiber EdmundStraßer Johannes ✕

Strehle Max ✕

Tausendfreund Susanna ✕

Thätter BlasiusTraublinger Heinrichvon Truchseß Ruth ✕

Unterländer Joachim ✕

Dr. Vocke Jürgen ✕

Vogel Wolfgang ✕

Voget Anne ✕

Volkmann Rainer ✕

Wahnschaffe Joachim ✕

Dr. Waschler Gerhard ✕

Dr. Weiß Manfred ✕

Welnhofer Peter ✕

Werner Hans JoachimWerner-Muggendorfer Johanna ✕

Dr. Wiesheu OttoDr. Wilhelm Paul ✕

Winter Georg ✕

Wörner Ludwig ✕

Wolfrum Klaus

Zehetmair HansZeitler OttoZeller Alfons ✕

Zengerle JosefDr. Zimmermann Thomas ✕

Gesamtsumme 58 80 0

Name Ja Nein Enthaltemich


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