Wie kann die Erstellung kompetenzorientierter Aufgaben gelingen?
Zentrale Projektgruppe Physik
Michael Renner / Peter Schmälzle
Geplanter Ablauf:
Teil 1: Zielsetzung dieses Moduls Aufgaben im Physikunterricht:
Konkrete Beispiele und eine kurze Analyse
Teil 2: Hilfen und mögliche Ansatzpunkte für die
Erstellung kompetenzorientierter Aufgaben
Aufgaben im Physikunterricht
Aufgaben gehören zum Physikunterricht zum Üben zum Wiederholen zum Vertiefen und Festigen
Mit Hilfe von Aufgaben wird geprüft und getestet
Wie kann die Erstellung kompetenz-orientierter Aufgaben gelingen?
Patentrezept ?
Der Weg ist das Ziel !
Erstes konkretes Beispiel:Die Geschichte mit dem Barometer
pdf-Datei
Die Geschichte mit dem Barometer
Der Student zeigt, dass er in der Lage ist, die barometrische Höhenformel anzuwenden, um die Höhe eines Gebäudes zu bestimmen.
Überprüfung einer bestimmten Fertigkeit
vor 10 Jahren: „Überprüfung eines Lernziels“
heute: „Überprüfung einer Kompetenz“
Erwartung des Aufgabenstellers?
Die Geschichte mit dem Barometer
Woran scheitert diese Überprüfung?
„Zeigen Sie, wie man die Höhe, eines großen Gebäudes mit einem Barometer bestimmen kann.“
An der nicht passenden Aufgabenstellung:
Die Antwort soll gewisse Grundkenntnisse in Physik erkennen lassen.
Die Geschichte mit dem Barometer
Soll mit einer Aufgabe eine bestimmte Fertigkeit überprüft werden, bedarf es einer Aufgabenstellung, in der diese Fertigkeit deutlich wird.
weniger „Missverständnisse“ durch eine konsequente Ausrichtung an Fertigkeiten
Argument für die Orientierung an Kompetenzen
Fazit dieses ersten Aufgabenbeispiels:
Kompetenzorientierung von Aufgaben
4 Kompetenzbereiche
WissenReflexion /Bewertung
KommunikationFachmethoden / Erkenntnisgew.
Vorgaben der Bildungsstandards:
3 Anforderungsbereiche
IReproduktion
IIITransfer
IIReorganisation
Kompetenzorientierung von Aufgaben
Kompetenzbereich
WissenFachmethoden / Erkenntnisgew.
KommunikationReflexion /Bewertung
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Vereinfachte Kompetenzmatrix
Kompetenzbereich
WissenFachmethoden / Erkenntnisgew.
KommunikationReflexion /Bewertung
Wissen wiedergeben
Fachmethoden beschreiben oder wieder verwenden
Mit vorgegebenen Darstellungsfor-men arbeiten
Vorgegebene Bewertungen nachvollziehen
Wissen anwenden Fachmethoden nutzen, auch in neuem Zusam-menhang
Geeignete Dar-stellungsformen nutzen
Vorgegebene Bewertungen beurteilen und kommentieren
Wissen transferieren und verknüpfen
Fachmethoden problembezogen auswählen und anwenden
Darstellungsfor-men selbstständig auswählen und nutzen
Eigene Bewertungen vornehmen A
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Beispiel 2: Fallschirmspingen
Die Aufgabe stammt aus dem LEU-Heft Phy 32
„Mit offen(er)en Aufgaben zu mehr Effizienz im Physikuntericht
Ein Plädoyer für eine veränderte Aufgabenkultur in der Physik“
(Erscheinungsjahr: 2001)
Aufgabenkultur
Bund-Länder-Kommission (1997)
„Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“
Entwurf der Kommission umfasst 11 Module
Modul 1:
„Weiterentwicklung einer Aufgabenkultur im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht“
Aspekte der Weiterentwicklung der Aufgabenkultur
1. Eine verbesserte unterrichtliche Einbettung von Aufgaben, um sie aus ihrer bisher eher randständigen Position mehr ins Zentrum des Unterrichts zu rücken.
2. Die Entwicklung und Erprobung von Aufgaben, die mehrere Zugangsweisen und Lösungswege zulassen und zu einer Flexibilisierung des Wissens beitragen.
3. Die Entwicklung und Erprobung von abwechslungsreichen Anwendungsaufgaben in variierenden Kontexten zur Konsolidierung des Wissens.
4. Die Entwicklung und Erprobung von Aufgaben, in denen länger zurückliegender Unterrichtsstoff systematisch wiederholt und mit neuem Stoff verknüpft wird.
(Erläuterungen zu Modul 1, P. Häußler, 1998)
Weitere Überlegungen zur Aufgabenkultur
„Physik treiben“ bedeutet„sich mit Problemen auseinander zu setzen“
„die Lösung eines Problems“ entspricht „der Lösung einer Aufgabe“
Anforderung an den Physikunterricht:„ physikalische Probleme in Aufgaben zu binden“
„Unterrichtskultur konstituiert sich in weiten Bereichen als Aufgabenkultur“
J. Leisen: Problemorientierter Unterricht und Aufgabenkultur(in Handbuch Physik-Methodik, Cornelsen Scriptor, 2007)
Kennzeichen von guten Aufgaben Sie sind herausfordernd auf passendem
Anspruchsniveau (Tiefe). Sie fordern und fördern inhalts- und prozessbezogene
Kompetenzen (Breite). Sie knüpfen am Vorwissen an und bauen das
strukturierte Wissen kumulativ aus (Inhalte). Sie sind in sinnstiftende Inhalte eingebunden. Sie sind vielfältig in den Lösungsstrategien und
Darstellungsformen. Sie stärken das Könnenbewusstsein durch erfolgreiches
Bearbeiten und intensives Üben.
J. Leisen: Zur Arbeit mit Bildungsstandards,Zeitschrift MNU 58/5 (2005)
Weiterentwicklung der Aufgabenkultur
Rita Wodzinski, Friedrich-Verlag (2009)
„Aufgaben mit gestuften Hilfen“
Anwendungsbeispiel:
„Deutsche Lampen in den USA“
Aufgabe
Aufgaben mit gestuften Hilfen
das erfordert eine gewisse Komplexität
(keine eindimensionale Fragestellung) die Einbindung der Aufgabenstellung in einen Kontext, aus
dem der Kern des Problems herauszuarbeiten ist die Reorganisation von Wissen das Ansprechen unterschiedlicher Kompetenzen
Anspruch: die Aufgaben sollen „kognitiv anspruchsvoll“ sein
Vorgehensweise
Aufgaben mit gestuften HilfenLösung der Beispielaufgabe
Antwort 3
Die Helligkeit einer Lampe hängt von ihrer Leistung ab. Die Leistung gibt an, wie viel Energie pro Zeit an die Lampe abgegeben wird.
Wir müssen also die Leistung der Lampe bestimmen, wenn sie an 115 V angeschlossen wird.
Antwort 1
Wir sollen herausfinden, wie hell die 60 W/230 V-Lampe leuchtet, wenn man sie an 115 V anschließt.
Hilfe 3
Überlegt, welche elektri-sche Größe etwas über die Helligkeit einer Lampe aussagen könnte!
Hilfe 2
Macht eine geeignete Skizze, die die Frage-stellung veranschaulicht.
Hilfe1
Erklärt euch gegenseitig, wie ihr die Aufgabe ver-standen habt.
Antwort 2
Aufgaben mit gestuften HilfenLösung der Beispielaufgabe
Antwort 6
Der Wert für die Stromstärke bei 115 V ist etwa 0,2 A. Mit diesen Werten ergibt sich, eingesetzt in die Gleichung P = U · I, eine Leistung der Glühlampe von 24 W. Die deutsche 60 W-Lampe leuchtet also in den USA etwas schwächer als eine deutsche 25 W-Lampe in Deutschland.
Antwort 5
An der I-U-Kennlinie können wir die Stromstärke bei verschiedenen Spannungen ablesen. Um die Frage aus der Aufgabe beantworten zu können, lesen wir bei 115 V ab.
Antwort 4
Die Leistung ist das Produkt aus Stromstärke und Spannung. Sie wird in der Einheit Watt gemessen.
Hilfe 6
Jetzt habt ihr alle Informationen, die ihr braucht, um die Aufgabe zu lösen.
Hilfe 5
Welche Informationen könnt ihr der Strom-Spannungs-Kennlinie (I-U-Kennlinie) auf dem Aufgabenblatt entnehmen?
Hilfe 4
Tragt zusammen, was ihr über die elektr. Leistung wisst. Schaut eventuell in eurem Schulbuch oder in euren Unterlagen nach.
Aufgaben mit gestuften Hilfen
Schüler entscheiden selbst, ob und zu welchem Zeitpunkt Hilfen in Anspruch genommen werden
Jede Hilfe besteht aus einem zielgerichteten Impuls und der zugehörigen Lösung
Die Hilfen sind gestaffelt:Hilfe 1 enthält immer die Aufforderung, die Aufgaben-stellung in eigenen Worten zu formulieren;mit der letzten Hilfe ist die Aufgabe stets vollständig gelöst
die Anzahl der Hilfen variiert bei den Beispielaufgaben zwischen 4 und 7
Kennzeichen:
Bilanz: Aufgaben mit gestuften HilfenDiese Aufgaben
werden der Heterogenität von Lerngruppen gerecht:sie gestatten es zu differenzieren;sie ermöglichen ein eigenes Lerntempo;
führen zu Erfolgserlebnissen fördern die sachbezogene Kommunikation
Nicht alle Aufgaben eignen sich! der sukzessive Hilfeeinsatz erfordert komplexe, aber eher
geschlossene Problemstellungen;prozess- und ergebnisoffene Aufgaben eignen sich weniger
Anwendungsaufgaben sind gut geeignet;Aufgaben zur Neuerarbeitung („Lernaufgaben“) sind nur bedingt geeignet;
Anwendung: Gestufte Hilfen erstellen
Erstellen Sie gestufte Hilfen zu einer der beiden folgenden Aufgaben:
„Sicher über die Straße“„Bungee-Jumping“ Aufgabe
Aufgabe Hilfen
Hilfen
Wie kann die Erstellung kompetenzorientierter Aufgaben gelingen?
Ende Teil 1