WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN WIRTSCHAFTSINFORMATIK | WIRTSCHAFTSRECHT Jun.-Prof. Dr. Maximilian Becker | Juniorprofessur Bürgerliches Recht und Immaterialgüterrecht
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§ 9 Die Form
A. Einführung • Grundsatz der Formfreiheit • Ausprägung in §§ 125 S. 2, 127 BGB
B. Formzwecke I. Beweisfunktion II. Warnfunktion III. Beratungsfunktion IV. Dokumentationsfunktion
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C. Formarten I. Schriftform, § 126 BGB
• Eigenhändige Namensunterschrift oder notariell beglaubigtes Handzeichen • Räumlicher Abschluss des Urkundentextes • Pseudonym (+) • Verwandtschaftsgrad, Titel, Funktionsbezeichnung (-)
II. Die elektronische Form, § 126a BGB • Qualifizierte elektronische Signatur
III. Die Textform, § 126b BGB • Lesbare Erklärung, die die Person des Erklärenden nennt • Dauerhafter Datenträger
IV. Notarielle Beurkundung, § 128 BGB V. Die öffentliche Beglaubigung, § 129 BGB VI. Sonstige Formen
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D. Rechtsfolgen des Formmangels I. Nichtigkeit
• Bei Nichtbeachtung gem. § 125 S. 1 BGB ex tunc Nichtigkeit II. Heilung
• Ausnahmsweise Heilung durch Leistungserbringung o § 518 S. 2 BGB beim Schenkungsvertrag o § 311b I 2 BGB beim Grundstückskaufvertrag
III. Überwindung der Formnichtigkeit nach § 242 BGB • Wenn Nichtigkeit für die betroffene Partei untragbar ist
E. Besonderheiten bei der vereinbarten Form nach § 127 BGB I. Rechtsfolge bei Formmängeln
• Im Zweifel nichtig, § 125 S. 2 BGB II. Die Schriftformklausel
• Einfache Schriftformklausel • Doppelte Schriftformklausel
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§ 26 Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen A. Allgemeines
• Ziele o Rationalisierung durch Standardisierung o Lückenfüllung o Rechtsklarheit o Verbesserung der Rechtsposition des Verwenders
• Inhaltskontrolle • Schutz des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer
B. Begriffsbestimmung • § 305 Abs. 1 S. 1 BGB:
o Vorformuliert; Vielzahl von Verträgen; Einseitig • § 305 Abs. 1 S. 3 BGB: KEINE AGB, wenn Klausel im Einzelnen ausgehandelt
o sehr strenger Maßstab des Aushandelns à Kerngehalt der Klausel muss ernsthaft zur Disposition gestellt werden
• § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB: Bei Verbraucherverträgen gelten AGB als vom Unternehmer gestellt
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C. Tragende Gründe der Inhaltskontrolle • Geringere Richtigkeitschance durch AGB
o à daher Kontrollbedarf • Vertiefte Beschäftigung wirtschaftlich unvernünftig
o à effizienter, wenn richterliche Kontrolle vorformulierter Bedingungen
D. Einbeziehung in den Vertrag I. Voraussetzungen des § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB
• Hinweis • Möglichkeit der Kenntnisnahme • Einverständnis des Vertragspartners
II. Überraschende und mehrdeutige Klauseln (§ 305c BGB) • Überrumpelungs-/Überraschungseffekt • Vertragstypenkonformität • contra proferentem-Regel !!
o BGH (stRspr): „Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, ist bei der Anwendung der Klausel die dem Kunden günstigste Auslegung maßgeblich.“
o Bsp: Facebook AGB + Datenrichtlinie
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III. Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB • Individuell ausgehandelte Vertragsbestandteile gehen AGB vor
D. Inhaltskontrolle I. Allgemeines
• Generalklausel, § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB • Spezielle Klauselverbote, §§ 309, 308 BGB
II. Eröffnung der Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 BGB • Abweichung/Ergänzung einer Rechtsvorschrift • Verbot der Kontrolle für Preis und Leistung
III. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB • Unweigerlich Unwirksamkeit
IV. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB • Regelmäßig Unwirksamkeit • Wertungsmöglichkeit durch unbestimmte Rechtsbegriffe
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V. Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB • Regelvermutung des § 307 Abs. 2 BGB
o Nr. 1: Unvereinbarkeit mit Grundgedanken abgewichener Regelung § Z.B. Ausdehnung der Bürgenhaftung über die Verbindlichkeit des Hauptschuldners, die
Anlass der Verbürgung war à kollidiert mit § 767 Abs. 1 S. 3 BGB o Nr. 2: Abweichen von Vertragsnatur so dass Vertragszweck gefährdet
§ Insb. sog. „Kardinalpflichten“ § Z.B.: Haftungsausschluss für unsachgemäßes Einfüllen von Heizöl durch Heizöllieferanten
• Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB o Unangemessene Benachteiligung nach Treu und Glauben o Umfassende Würdigung der Interessen beider Parteien
VI. Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB • Abschlusstransparenz (§§ 305c, 205 II Nr. 2 BGB) • Inhaltstransparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) • Klare, durchschaubare Regelungen • Hohe Hürden durch die Rechtsprechung
o Verständlichkeitsgebot o Bestimmtheitsgebot o Täuschungsverbot
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E. Besonderheiten im B2B-Bereich I. AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr
• Anwendung mit kleinen Abschwächungen • Europäischer Vergleich • Strenge Anforderungen an Individualvereinbarungen • AGB-geschützte Verhandlungsstrategie
II. Einbeziehung in den Vertrag • § 305 Abs. 2 und Abs. 3 BGB gelten nicht • VOB/B
III. Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB • §§ 308, 309 finden keine Anwendung • Indizwirkung
o Freizeichnungsgebot o Fristsetzung o Vertragsstrafe
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IV. Ausweichstrategien • Bestätigung des Aushandelns à reicht nicht aus (BGH NJW 2014, 1725) • Anwendung von Schweizer Recht
o kennt nur contra proferentem-Regel und überraschende Klauseln o auch bei rein deutschen Verträgen möglich (Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 10 Abs. 1 Rom I
VO) • Ausnahme: Art. 10 Abs. 2 Rom I VO (kollisionsrechtliche Zumutbarkeitsregel) à vertreten
wird Anwendbarkeit des § 305c Abs. 1 BGB • Schiedsabrede à Schiedsgerichte oft großzügiger als staatl. Gerichte
o Schiedsgerichtsurteil nur bei Verstoß gegen öffentl. Ordnung (ordre public) aufhebbar
F. Rechtsfolgen • § 306 BGB • Klausel unzulässig • Keine geltungserhaltende Reduktion • Salvatorische Klausel • „blue pencil test“ • Dispositives Gesetzesrecht • Ergänzende Vertragsauslegung
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Prüfungsschema
A. Vertragsschluss gemäß §§ 145 ff. BGB B. Einbeziehung der allgemeinen Geschäftsbedingungen Eine AGB-Klausel wird wirksamer Bestandteil des Vertrages, wenn die Anforderungen der §§ 305 – 310 BGB erfüllt sind. I. Vorliegen von AGB
1. Es müssen AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB vorliegen 2. Kein Ausschluss nach § 310 Abs. 4 BGB 3. Vermutung und Erweiterung nach § 310 Abs. 3 Nr. 1, 2 BGB
II. Einbeziehung in den Vertrag
1. Voraussetzungen für die Einbeziehung einer Klausel a) Grundsatz: Verschärfte Voraussetzungen,§ 305 Abs. 2 BGB b) Ausnahme: bei § 310 Abs. 1 BGB 2. Keine Einbeziehung, wenn § 305 c BGB oder § 305 b BGB einschlägig ist
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III. Inhaltskontrolle 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB 2. Verstoß der Klausel gegen § 309 BGB 3. Verstoß der Klausel gegen § 308 BGB 4. Verstoß der Klausel gegen § 307 BGB
a) § 307 Abs. 2, Nr.1 und Nr. 2 BGB b) § 307 Abs. 1 BGB
5. Fehlende Transparenz, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB IV. Rechtsfolge bei Unwirksamkeit der Klausel
1. Die Klausel selbst ist vollständig unwirksam, keine geltungserhaltende Reduktion 2. Anstelle der unwirksamen Klauseln gilt dispositives Recht, § 306 Abs. 2 BGB 3. Der Vertrag im Übrigen bleibt wirksam, § 306 Abs. 1 BGB