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12. Januar 2015 Verhaltensökonomie ist nicht Nudging – Aber Nudging ist Verhaltensökonomie The Power of Nudges – Einsatz und Grenzen sanfter Stupser Behavioral Economics Network Zürich Gerhard Fehr

The Power of Nudges

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Page 1: The Power of Nudges

12. Januar 2015

Verhaltensökonomie ist nicht Nudging – Aber Nudging ist Verhaltensökonomie The Power of Nudges – Einsatz und Grenzen sanfter Stupser Behavioral Economics Network Zürich Gerhard Fehr

Page 2: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, January 15 2

Index

1.  Standardökonomie – Präferenzen

2.  Choice Architecture

3.  5 Prinzipien für erfolgreiches Nudging

4.  Framework – Klassifizierung von Nudges

5.  Lessons learned

Page 3: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 3

Nudge – eine Definition

«Any aspect of the choice architecture that alters people’s behavior in a predictable way without forbidding any options

or significantly changing their economic incentive.»

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FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 4

Ökonomische Standardtheorie – Gütermengenkombination und Präferenzen

Vollkommene Substitutionsgüter

Komplementäre Güter

Suchtpräferenzen

Bedingt substituierbare Güter

x2

x1

Budgetgerade x1

x2

Haushaltsoptimum

Standardökonomie

Die Standardökonomie geht von stabilen Präferenzen aus, d.h. Auswahlmöglichkeiten und Situation beeinflussen das Entscheidungsverhalten nicht.

Menge (x1)

Preis (x1)

Standard-Nachfragefunktion

Page 5: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, December 14 5

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Page 6: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, January 15 6

Die Berücksichtigung scheinbar irrelevanter Optionen beeinflusst Entscheidungen massgeblich

§  Die Entscheidung hängt stark von der Gestaltung der Optionen ab §  Die Menschen bewerten die Alternativen meist relativ zueinander §  Prinzip der Asymmetric Dominance à  Auch eine minderwertige Alternative beeinflusst die Entscheidung: Sogar

wenn diese Option von niemandem gewählt wird, dient sie als Entscheidungshilfe

Choice Architecture

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68%

32%

16%

84%

0%

Page 7: The Power of Nudges

Die Art der Entscheidungsstruktur beeinflusst eine Entscheidung maßgeblich

FehrAdvice & Partners AG, January 15 7

Nur wenige Personen sind bereit Organe zu spenden

Viele Menschen sind bereit Organe zu spenden

Ein Default, das heisst eine voreingestellte, aber nicht-bindende Regel, kann das Verhalten der Menschen entscheidend beeinflussen.

Länder mit aktiver Einwilligung (opt-in):

Länder mit Widerspruchsregelung (opt-out):

Page 8: The Power of Nudges

Dasselbe gilt auch im Bereich der Altersvorsorge; wer sich aktiv für die Altersvorsoge entscheiden muss, hat mehr Mühe zu sparen

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0%

20%

40%

60%

80%

100%

0 6 12 18 24 30 36 42 48

Betriebszugehörigkeit (in Monaten)

Prozentuale Teilnahme am Sparplan

Ein Feldexperiment zeigt: §  Arbeitnehmer, welche bei Stellenantritt automatisch einen Sparplan und optimale Anlageprodukt angeboten

bekommen, haben höhere Sparquoten (Opt-out)

§  Arbeitnehmer, welche hingegen aktiv einen Vorsorgeplan abschließen müssen, sparen signifikant weniger für ihre Altersvorsoge (Opt-in)

Opt-Out

Opt-In Δ60%-Punkte

Δ30%-Punkte Durch einen automatischen Sparplan kann die Teilnahme am Vorsorge-plan um bis zu 60%-Punkte erhöht werden!

Page 9: The Power of Nudges

Je nach Framing auf Gewinne oder Verluste werden andere Risikopräferenzen aktiviert.

Wie eine Entscheidung „geframed“ wird, hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie sich Menschen entscheiden

FehrAdvice & Partners AG, January 15 9

Gruppe A: Stellen Sie sich vor, das Schweizer Militär bereitet sich auf den Ausbruch einer seltenen Krankheit im Kanton Wallis vor. Es wird erwartet, dass ohne Einschreiten 600 Personen durch diese Krankheit sterben. Option 1:

Es werden mit Sicherheit 200 Menschen gerettet.

Option 2:

Mit 33.3% Wahrscheinlichkeit werden alle 600 Menschen gerettet und mit 66.7% Wahrscheinlichkeit wird jedoch niemand gerettet

Gruppe B: Stellen Sie sich vor, das Schweizer Militär bereitet sich auf den Ausbruch einer seltenen Krankheit im Kanton Wallis vor. Es wird erwartet, dass ohne Einschreiten 600 Personen durch diese Krankheit sterben. Option 1:

Es werden mit Sicherheit 400 Menschen sterben

Option 2:

Mit 66.7% Wahrscheinlichkeit werden alle 600 Menschen sterben und mit 33.3% Wahrscheinlichkeit wird jedoch niemand sterben

22%*

78%*

72%*

28%*

* Resultat einer vergleichbaren Studie: Tversky, Amos; Kahneman, Daniel (1981). "The Framing of Decisions and the Psychology of Choice". Science 211 (4481): 453–458.

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Die «Prospect Theory» von Kahneman erklärt, wie Darstellungs-Effekte wirken

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§  Die Darstellungsweise hat einen wesentlichen Einfluss auf das Entscheidungsverhalten

§  Da Gewinne weniger positiv wahrgenommen werden als Verluste gleicher Grösse, ist es zentral, dass die Darstellung des Kosten-/Nutzenverhältnisses dieser Gegebenheit Rechnung trägt

§  Preise (Verluste) sind zu bündeln, währenddessen Leistungen (Gewinne) entbündelt werden müssen

§  Zudem beeinflusst die Empfindung von Gewinnen und Verlusten auch die Risikobereitschaft. Um Verluste zu vermeiden, werden eher Risiken eingegangen. Im Falle von möglichen Gewinnen, wird eher die sichere Variante gewählt

* Kahneman, D., Tversky. A. (1979): Prospect Theory

Gewinne Verluste

Dis

nutz

en

Nut

zen

Referenzpunkt

«Prospect Theory»*

Die Darstellungsweise bestimmt, ob etwas als Gewinn oder Verlust empfunden wird Verluste haben ein stärkeres Gewicht als Gewinne in derselben Grösse

Bedeutung für Choice Architectures: Verlustaversion und Referenzpunktabhängigkeit:

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Macht es Sinn, wenn wir in diesem Zusammenhang von stabilen Präferenzen ausgehen?

Haben wir stabile Präferenzen?

FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 Page 11

Beeinflussen Auswahlmöglichkeiten unser Entscheidungsverhalten?

Framing – Beeinflussen verschiedene Darstellungen der gleichen Situation unser Entscheidungsverhalten?

Durch instabile Präferenzen ist Nudging überhaupt erst möglich. Als Instrumentarium zur Umsetzung von Nudging eignet sich die Choice Architecture.

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FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 12

5 Prinzipien einer guten Choice Architecture als Grundlage für Nudging

Set Default Options «Padding the path of least resistance»

Expect Error

Give Feedback

Understanding «Mappings»: From Choice to Welfare

Structure Complex Choices

Ein Default, das heisst eine voreingestellte, aber nicht-bindende Regel, kann das Verhalten der Menschen entscheidend beeinflussen.

à Opt-in / Opt-out Optionen bei der Organspende

Gut designte Systeme antizipieren, dass Menschen Fehler machen

à Bankautomat: Das Bargeld kann erst bezogen werden, wenn die Bankkarte wieder entnommen wurde

Gut designte Systeme zeigen den Menschen sofort, ob sie etwas gut machen oder dabei sind, einen Fehler zu begehen

à Laptops zeigen dem Nutzer an, wenn der Akkustand sehr gering ist

Gut designte Choice Architecture hilft den Menschen, etwas Unverständliches in Bezug zu etwas Verständlichen zu setzen, (sodass es einfacher vorstellbar ist).

à Megapixel einer Kamera = mit 5 Megapixel kann man eine gute Qualität für Fotos der Grösse 9x13 erreichen

Zu viel Auswahl erschwert den Entscheidungsprozess. Dieser wird durch eine gute Choice Architecture erheblich vereinfacht.

à Die Farbauswahl zum Streichen in Baumärkten wird nicht alphabetisch, sondern nach Farben sortiert

1

2

3

4

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Klassifizierung verschiedener Nudge-Typen

Non-transparent

Transparent

Page 14: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 14

Klassifizierung verschiedener Nudge-Typen

Non-transparent

Transparent

§  Gute Default Option bei Druckerein-stellungen: Standardeinstellung beim Drucker auf 2-seitigen Druck einstellen

§  Während dem Präsidentschaftswahlkampf hat Obama’s Chefberater angeordnet, dass alle neuen Drucker auf diese Einstellung gesetzt werden sollen.

§  Die Stadt Tulsa (Oklahoma) hat geschätzt, dass dies mehr als $41’000 im Jahr sparen soll.

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FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 15

Klassifizierung verschiedener Nudge-Typen

Non-transparent

Transparent

Page 16: The Power of Nudges

Non-binding Defaults and “green” consumer behavior – Example from the Energy Sector

FehrAdvice & Partners AG, November 13 16

Conversion Rate = 8.8%

Conversion Rate = 8.0%

Page 17: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 17

Klassifizierung verschiedener Nudge-Typen

Non-transparent

Transparent

§  Eine veränderte Anordnung des Essens in der Cafeteria kann Menschen dazu bewegen, sich gesünder zu ernähren.

§  Werden Produkte an guten Plätzen ausgelegt, zum Beispiel auf Augenhöhe oder bei der Kasse, so werden diese eher konsumiert.

§  Eine Studie einer US Universitätscafeteria zeichnete bei einem 6-wöchigen Versuch eine erstaunliche Verkaufssteigerung von 137.14% von Obst auf, indem sie das Obst an besagte gute Stellen verlegt haben

Page 18: The Power of Nudges

FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 18

Klassifizierung verschiedener Nudge-Typen

Non-transparent

Transparent

§  Die Offenlegung, was andere tun, hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie wir uns verhalten (Social Proof)

§  Je mehr wir uns mit der Person identifizieren können, desto eher tendieren wir, die soziale Norm zu erfüllen (in diesem Fall die Steuern zu zahlen).

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FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 19

Nudge Typen

Typ 1

Typ 2

Transparent

Intransparent

Beeinflusst das Verhalten durch das automatische Denksystem ohne reflexives Denken anzusprechen.

à Ein kleinerer Teller in der Cafeteria, sodass automatisch weniger Kalorien auf den Teller geladen werden.

Das Verhalten wir durch die Aufmerksamkeit des automatischen Systems beeinflusst, wobei reflexives Denken erforderlich ist.

à Fliege im Pissoir. Hierbei wird die visuelle Suche nach der Fliege angesprochen, was dazu führen kann, dass die Person auf die Fliege zielt.

Nudges, die offensichtlich wahrgenommen werden, die Absicht hinter dem Nudge ist klar ersichtlich.

à  Fussabdrücke auf dem Boden die zum nächsten Mülleimer führen, à  «Look right» Zeichen in London auf den Strassen.

Die Intention hinter dem Nudge ist nicht offensichtlich

à  Kleinere Teller in der Cafeteria, um die Kalorienzufuhr zu verringern à  Die Veränderung der opt-in in die opt-out Option bei der

Organspende.

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FehrAdvice & Partners AG, Januar 15 20

Lessons learned

Ernst Fehr «Annahmen von stabilen Präferenzen und markträumenden Preisen kann man völlig aufgeben.»

è

§  Wir haben keine stabilen Präferenzen

§  Framing und verschiedene Auswahlmöglichkeiten beeinflussen unser Entscheidungsverhalten

§  Choice Architecture richtig angewandt, kann in Form von Nudging die Leute dazu bewegen, sich in Situation anders zu verhalten

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!