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Ein rundes Service-Konzept Vermittlung von Informationskompetenz und der Forschungsprozess Dr. Jens Mittelbach, SLUB Dresden

Ein rundes Service-Konzept: Vermittlung von Informationskompetenz und der Forschungsprozess

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Wie sähe die Vermittlung von Informationskompetenz in wissenschaftlichen Bibliotheken aus, wenn diese Kompetenz von ihrer Reduktion auf Recherchekompetenz befreit wird? Die SLUB Dresden aktualisiert derzeit ihr Service-Angebot vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an Bibliotheken im Bereich der IK-Bildung. Bei der am Forschungsprozess orientierten Analyse hat sich herausgestellt, dass Nutzerinnen und Nutzer nur wenig konkrete Serviceangebote finden, die den Bereich zwischen anfänglicher Recherche und abschließender Publikation abdecken. Bei der Planung gilt es, die derzeitig stattfindenden Veränderungen in der Forschungskultur als Herausforderung zu begreifen und entsprechend zu reagieren. So zeichnen sich Forschungsprozesse der Gegenwart zunehmend durch eine mediengestützte Kollaboration aus. Sie umfassen neuen digitale Methoden (Digital Scholarship), durch die die Digitalisierung von Forschungsdaten und Publikationen erst ertragreich zur Geltung kommt. Solche paradigmatischen Wechsel in der Forschungskultur müssen durch die Informationskompetenzvermittlungsangebote von Bibliotheken unterstützt werden. Am Anfang einer Umsetzung eines solchen Konzepts steht eine Reihe von strategischen Entscheidungen: Welche Themen sollten abgedeckt werden? Welche Kompetenzen sollten in der Bibliothek aufgebaut werden, welche kann man extern hinzuziehen? Wie setzt man Kapazitäten frei, um die neuen Dienste aufzubauen? Welche Formate eignen sich besonders bei der didaktischen Umsetzung? Diese Entscheidungen implizieren aber auch eine umfassende und tiefgehende strukturelle Veränderung der Bibliothek, die große Teile des Bibliothekspersonals - vom Auskunftsdienst bis zu den Fachreferaten - betrifft. Der Vortrag wird das neue Konzept der SLUB von der Analyse bis zur prototypischen Umsetzung kritisch beschreiben.

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Ein rundes Service-KonzeptVermittlung von Informationskompetenz und der Forschungsprozess

Dr. Jens Mittelbach, SLUB Dresden

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Informationskompetenz und der Forschungsprozess

1. Was verstehen wir traditionell unter Informationskompetenz?

2. Was sollten wir in Zukunft darunter verstehen?

3. Wie sieht der Forschungsprozess aus?

4. Mit welchen Dienstleistungen können wir den Forschungsprozess unterstützen?

5. Wie erbringen wir forschungsprozess-orientierte Dienstleistungen?

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1. Was verstehen wir unter Informationskompetenz?

— Unterschied zwischen Theorie und Praxis

— Informationskompetenz = Recherchekompetenz

— Recherchekompetenz: insbesondere Kompetenz im Umgang mit defizitären, unzeitgemäßen Werkzeugen

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1. Was verstehen wir unter Informationskompetenz?

— Teaching Library:

— nicht Bibliothek, die Kompetenzen vermittelt,

— sondern Lehrprogramm, das die Benutzung der Bibliothek lehrt

— Bibliothek: nicht Mittel zum Zweck, sondern eigentlicher Zweck

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2. Was sollten wir unter Informationskompetenz verstehen?

Hochschulrektoren (2012):

1. technische Kompetenz

2. kommunikative Kompetenz

3. soziale und organisationsbezogene Kompetenz

4. disziplinenspezifische Kompetenz

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2. Was sollten wir unter Informationskompetenz verstehen?

Task Force der ALA (2014): Information literacy combines a repertoire of abilities, practices, and dispositions focused on expanding one’s understanding of the information ecosystem, with the proficiencies of finding, using and analyzing information, scholarship, and data to answer questions, develop new ones, and create new knowledge, through ethical participation in communities of learning and scholarship.

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2. Was sollten wir unter Informationskompetenz verstehen?

Informationskompetenz so verstanden ist „Literacy“ ganz allgemein, also die Kompetenz,

— sich im Ökosystem der Wissensgesellschaft und ihrer Infrastrukturen souverän zu bewegen

— durch lebenslanges Lernen Teil dieses dynamischen Ökosystems zu bleiben

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3. Wie sieht der Forschungsprozess aus?Der Forschungsprozess und Informationskompetenz

Um ein Dienstleistungsangebot zu entwerfen, müssen die Grenzen des Ökosystems der Wissensgesellschaft absteckt werden.

Und zwar praktisch.

Dabei hilft es, sich Gedanken zum Forschungsprozess (engl. research cycle) zu machen.

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3. Wie sieht der Forschungsprozess aus?

Wir wählen einen recht schematischen Ansatz, der es uns erlaubt, unser Dienstleistungsangebot sinnvoll zu konfektionieren.

Als der Forschungsprozess wird dabei ganz allgemein der Prozess der Informationsverarbeitung verstanden, den jede Person mit einer Fragestellung bzw. einem Erkenntnisinteresse ganz oder teilweise durchläuft.

Wir gehen von folgenden Phasen dieses Prozesses aus:

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1. Ideation: Ideen erzeugen, Fragen stellen, Informationen finden

2. Operationalisierung: Methoden wählen, Partner suchen und sich vernetzen, Förderer finden

3. Kollektion und Kreation: Techniken und Technologien identifizieren, Daten erzeugen und sammeln, Experimente durchführen

4. Interpretation: Daten darstellen und analysieren, Ergebnisse beschreiben, Publikation vorbereiten

5. Dissemination: Forschungsergebnisse publizieren

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

Bei der Konzeption von Serviceangeboten müssen wir drei Faktoren beachten:

1. Was erwarten unsere Nutzer bzw. was entspricht ihren Bedürfnissen?

2. Was wollen wir als Bibliothek anbieten?

3. Was können wir mit unseren Ressourcen und unserem Know-How anbieten?

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

Das Fokus-Dreieck

Ist das Dreieck, das diese drei Faktoren bilden, groß, kann kein fokussiertes Serviceangebot gemacht werden.

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

Das Fokus-Dreieck

Fallen die Ecken des Dreiecks in einem Punkt zusammen, erreichen wir den Idealzustand absoluter Fokussierung.

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

Das Fokus-Dreieck

Ziel sollte es sein, das Dreieck so zu verkleinern, dass ein fokussierter Bereich entsteht.

Dabei helfen uns ständige Bedarfsanalyse, enge Kommunikation mit den Benutzern und ein fundiertes Fortbildungskonzept.

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den

Forschungsprozess?

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

Drei Service-Bereiche, die die Phasen des Forschungsprozesses abdecken:

1. Lernen/Forschen (Ideation; Operationalisierung)

2. Technik/Technologien (Kreation und Kollektion)

3. Schreiben/Publizieren (Interpretation; Dissemination)

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4. Welche Dienstleistungen unterstützen den Forschungsprozess?

In diesen Bereichen bieten wir in der SLUB Dresden Services an, die über die traditionelle Angebote hinausgehen:

— Publikationsberatung, Open Access und Bibliometrie

— Wissenschaftliches Schreiben

— Digital Humanities, Datenvisualisierung, Textanalyse

— Langzeitarchivierung, Datenformate, Validierung, Forschungsdaten

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5. Wie erbringen wir diese Dienstleistungen?

Gestaffeltes Serviceangebot

1. Breiter Basisservice

— Ad-hoc-Thekenservice und -beratung

— Beratung im Call Center

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5. Wie erbringen wir diese Dienstleistungen?

Gestaffeltes Serviceangebot

2. Spezieller Beratungsservice und Schulung

— Spezial-Theken (Fotothek, Mediathek, Makerspace)

— Helpdesk-Beratung

— Kursangebote, Workshops, Vorträge und Kolloquien

— SLUBcasts, Webinare/MOOCs

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5. Wie erbringen wir diese Dienstleistungen?

Gestaffeltes Serviceangebot

3. Expertenberatung

— Individuelle Wissensbar-Beratung (vor Ort und virtuell)

— Fachspezifische Betreuung durch Subject Specialists

— Kostenpflichtiger Exklusiv-Service (aka „Auftragsrecherche“)

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5. Wie erbringen wir diese Dienstleistungen?

Horizon Report (2014): The Creative Classroom Research Model

Aus acht pädagogischen Aspekten mit ihren 28 "Schlüsselparametern" leiten wir ein formal-didaktisches Herangehen ab.

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5. Wie erbringen wir diese Dienstleistungen?

Wer erbringt die Dienstleistungen?

— Mitarbeiter im Rahmen eines durch Auskunfts-Policy und didaktisch-inhaltliches Konzept fundierten Service-Portfolios

— Externe Experten, wo es an eigenen Kompetenzen mangelt

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Pädagogischer Duktus:

— Keine Gatekeeper-Rolle mehr

— Bibliothekare als Stewards und Vermittler

— Validierung der Proposition einer lebenslanges Lernen erfordernden Informationswelt durch eigene authentische Haltung

— Nicht Beschulung, sondern gemeinsames Lernen auf Augenhöhe: Kompetenzen der Benutzer werden anerkannt

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Vielen [email protected] | www.slub-dresden.de