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Sich rundum versorgen lassen PraxisNetzMV „Der zufriedene Patient“ Präventionsangebote der TK Qualitätssicherung in der Endoprothetik in Deutschland Vom Umgang mit Antibiotika und Resistenzentwicklungen spezial Nr. 3 2014 Informationsdienst der Techniker Krankenkasse MECKLENBURG-VORPOMMERN Einen Schritt in diese Richtung geht das TK PraxisNetz „Der zufriedene Patient“ . Seit gut vier Jahren besteht das PraxisNetz in Mecklenburg-Vor- pommern. Auf der Grundlage eines Vertrages mit der Kassenärztlichen Vereinigung, den die TK in Meck- lenburg-Vorpommern geschlossen hat, arbeiten in Rostock, Schwerin, Stralsund und Wismar ausgewähl- te Fachärzte mit der TK zusammen. Das Besondere: Das weitreichende Behandlungsnetz bietet auf höchstem medizinischem Niveau mehr als der übliche Standard. Ihr gemeinsames Ziel ist „der zufriedene Patient“ . Die behandelnden Netzärzte koordinieren – in Absprache mit dem Patienten – die Zusammenarbeit mit allen weiteren Therapeuten und vereinbaren Termine. Die Patienten bekommen so schneller einen Behandlungstermin, und auch die Zeit im Wartezimmer verkürzt sich. Patienten profitieren von einer effek- tiven und sicheren Behandlung. Alle Ärzte und Therapeuten arbeiten Hand in Hand zusammen. Dabei kommen eigene Wünsche und Einwände nicht zu kurz – die Ärzte nehmen sich Zeit für Gespräche. Der Behandlungsplan wird auf jeden Patienten persönlich abgestimmt. Gegenwärtig prüft die TK in Mecklenburg- Vorpommern, dieses Netzwerk auch im ländlichen Raum zu etablieren. Weitere Informationen zu dem The- ma PraxisNetzMV „Der zufriedene Patient“ sowie eine Übersicht der teilnehmenden Ärzte finden Sie auf Website www.tk.de, Webcode 8282. Teilnehmende Fachärzte Fachgruppen Hausärztl. Internist 6,5% Chirurgie 21% Sonstige 11,3% Orthopädie 6,5% Radiologie 11,3% Urologie 4,8% Augenheilkunde 4,8% Gynäkologie 6,5% Fachärztl. Internist/ Kardiologie 4,8% Allgemeinmedizin 6,5% Pädiatrie 6,5% Nervenheilkunde 9,7% Liebe Leserin, lieber Leser, Sie haben sicher schon einmal das Wort Prävention gehört, vielleicht auch mit dem Hinweis, dass das gut für Sie sei. Doch Prävention sind nicht nur Gesundheits- und Fitnesskurse. Die TK hat sich das Ziel gesetzt, die bestmögliche Gesundheit aller Menschen in allen Lebensbereichen zu erhalten. Für viele Patienten bedeutet der Einsatz eines künstlichen Gelenks, dass sie wieder schmerzfrei, beweglich und mobil sind. Am bekanntesten sind wohl die künst- lichen Hüftgelenke. Knapp 3.000 dieser Implantate wurden allein in Mecklenburg-Vorpommern einge- setzt. Dennoch könnten viele Ein- griffe vermieden werden. Ein Ver- trag mit der Universitätsmedizin Rostock verbessert die Behand- lungsqualität. Mehr dazu auf den folgenden Seiten. Und schließlich erläutert in einem aus- führlichen Interview Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozial- politik Bremen den Umgang mit Antibiotika. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Prof. Dr. Volker Möws Leiter der TK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern EDITORIAL

"TK spezial" für Mecklenburg-Vorpommern 3-2014

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Page 1: "TK spezial" für Mecklenburg-Vorpommern 3-2014

Sich rundum versorgen lassen PraxisNetzMV „Der zufriedene Patient“

Präventionsangebote der TK • Qualitätssicherung in der Endoprothetik in Deutschland • Vom Umgang mit Antibiotika und Resistenzentwicklungen

spezialNr. 3 2014Informationsdienst der Techniker Krankenkasse

M e c K l e N b u r g - vo r p o M M e r N

einen Schritt in diese richtung geht das TK praxisNetz „Der zufriedene patient“. Seit gut vier Jahren besteht das praxisNetz in Mecklenburg-vor-pommern. Auf der grundlage eines vertrages mit der Kassenärztlichen vereinigung, den die TK in Meck-lenburg-vorpommern geschlossen hat, arbeiten in rostock, Schwerin, Stralsund und Wismar ausgewähl-te Fachärzte mit der TK zusammen. Das besondere: Das weitreichende behandlungsnetz bietet auf höchstem medizinischem Niveau mehr als der übliche Standard. Ihr gemeinsames Ziel ist „der zufriedene patient“. Die behandelnden Netzärzte koordinieren – in Absprache mit dem patienten – die Zusammenarbeit mit allen weiteren Therapeuten und vereinbaren Termine. Die patienten bekommen so schneller

einen behandlungstermin, und auch die Zeit im Wartezimmer verkürzt sich. patienten profitieren von einer effek-tiven und sicheren behandlung. Alle Ärzte und Therapeuten arbeiten Hand in Hand zusammen. Dabei kommen eigene Wünsche und einwände nicht zu kurz – die Ärzte nehmen sich Zeit für gespräche. Der behandlungsplan wird auf jeden patienten persönlich abgestimmt.

gegenwärtig prüft die TK in Mecklenburg-vorpommern, dieses Netzwerk auch im ländlichen raum zu etablieren.

Weitere Informationen zu dem The-ma PraxisNetzMV „Der zufriedene Patient“ sowie eine Übersicht der teilnehmenden Ärzte finden Sie auf Website www.tk.de, Webcode 8282.

Teilnehmende Fachärzte

Fachgruppen Hausärztl. Internist6,5%

chirurgie21%

Sonstige11,3%

orthopädie6,5%

radiologie11,3%

urologie4,8%

Augenheilkunde4,8%

gynäkologie6,5%

Fachärztl. Internist/Kardiologie 4,8%

Allgemeinmedizin6,5%

pädiatrie6,5%

Nervenheilkunde9,7%

liebe leserin,lieber leser,

Sie haben sicher schon einmal das Wort prävention gehört, vielleicht auch mit dem Hinweis, dass das gut für Sie sei. Doch prävention sind nicht nur gesundheits- und Fitnesskurse. Die TK hat sich das Ziel gesetzt, die bestmögliche gesundheit aller Menschen in allen lebensbereichen zu erhalten.

Für viele patienten bedeutet der einsatz eines künstlichen gelenks, dass sie wieder schmerzfrei, beweglich und mobil sind. Am bekanntesten sind wohl die künst-lichen Hüftgelenke. Knapp 3.000 dieser Implantate wurden allein in Mecklenburg-vorpommern einge-setzt. Dennoch könnten viele ein-griffe vermieden werden. ein ver-trag mit der universitätsmedizin rostock verbessert die behand-lungsqualität. Mehr dazu auf den folgenden Seiten.

und schließlich erläutert in einem aus-führlichen Interview prof. Dr. gerd glaeske vom Zentrum für Sozial-politik bremen den umgang mit Antibiotika.

Ich wünsche Ihnen eine anregende lektüre.

Prof. Dr. Volker Möws leiter der TK-landesvertretungMecklenburg-vorpommern

EdiTorial

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TK spezial Mecklenburg-vorpommern · 3/2014 | 2

TK spezial | Herr Holm, mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland treiben laut einer umfrage im Auftrag der TK nie oder selten Sport, gleichzeitig fühlt sich jeder dritte berufstätige ausge-brannt. Was sagen Ihnen diese Zahlen?

Holm | Mir sagen die Daten, dass wir uns weiter für die bestmögliche gesund erhaltung der Menschen ein-setzen müssen – in jedem lebensalter und unter den jeweiligen lebensbedin-gungen. Damit das gelingt, sind viele ebenen, Institutionen und organisatio-nen gefragt. prävention ist eine Aufga-be für die ganze gesellschaft.

TK spezial | Woran orientieren sich die präventionsangebote der TK?

Holm | Häufi g verbindet man mit dem begriff „prävention“ Kurse wie Nordic-Walking oder Hatha Yoga – also Angebote allein für die versicherten. Diese sind wichtig und wir freuen uns, wenn sich unsere Kunden ent-schließen, aktiv etwas für die eige-ne gesund-heit zu unter-nehmen. Darüber hin-aus haben wir aber das Ziel, die lebenswelt, das Setting, des jeweiligen Menschen mög-lichst gesund zu gestalten – ganz gleich, ob er gerade lernt, sich für die Familie engagiert oder arbeitet.

TK spezial | Können Sie uns ein kon-kretes beispiel geben?

Holm | Nehmen wir einen betrieb. Der erfolg eines unternehmens hängt von der Kompetenz, Motivation und der gesundheit der Mitarbeiter ab. Die gesundheit lässt sich durch verschie-dene Strategien verbessern. einerseits lassen sich die gesundheitsbezogenen Kompetenzen der Mitarbeiter fördern. Andererseits geht es darum, auch die Arbeitsbedingungen und das berufl iche umfeld gesundheitsgerecht zu gestal-ten. Die betriebliche gesundheitsfö-derung der TK hat beides im blick: Wir stellen individualpräventive Angebote wie Seminare und Kurse zur verfügung, gleichzeitig ist es das Ziel der TK-bera-

tung, systematisch und nachhaltig gesundheitsförderliche Strukturen zu schaffen. Wir wissen beispielsweise, dass die Qualität der Führung einen großen einfl uss auf die gesundheit der Mitarbeiter hat. Deshalb unterstützen wir personalverantwortliche durch Füh-rungskräfte-Seminare.

TK spezial | Aber Sie gehen nicht nur in betriebe, sondern setzen bereits viel früher an …

Holm | Mit unserer Idee von der „gesunden Schule“ und der „gesun-den Kita“ unterstützen wir Schulen und Kindergärten fi nanziell, etwa wenn es um ernährung, bewegung oder um gewaltprävention geht. Allein in Mecklenburg-vorpommern haben wir seit 2003 161 einrichtun-gen mit insgesamt 602.433 euro gefördert – damit steht Mecklenburg- vorpommern an dritter Stelle im bundesvergleich. Wir beraten die

jeweiligen Akteure und ver-netzen bestehen-de Struk-turen, um dann gemein-sam die gesund-

heit aller im jeweiligen lebensum-feld zu fördern. Dazu bieten wir auch eigene Kurse an, wie den „Anti-Mob-bing-Koffer“ in Schulen, das Webinar „recht im Internet – cybermobbing & co.“ sowie das programm „gute gesunde Schule“.

Interview mit Thomas Holm, Leiter des Gesundheitsmanagements der TK

„Prävention ist eine aufgabe für die ganze Gesellschaft“

TK spezial | Die politik unternimmt gerade einen neuen Anlauf für ein prä-ventionsgesetz. Was wünschen Sie sich vom gesetzgeber?

Holm | Als TK begrüßen wir das vor-haben der bundesregierung, die prä-vention und gesundheitsförderung per gesetz nachhaltig auszurichten und auf eine breitere gesellschaftliche basis zu stellen. Auch einem möglichen Mindest-wert für präventionsausgaben stehen wir positiv gegenüber, so wird eine ver-lässliche Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe geschaffen. entscheidender ist aber etwas anderes: es darf in dem gesetzgebungsvorhaben nicht darum gehen, lediglich das leistungsspektrum der Krankenkassen zu verändern und damit die fi nanzielle last den beitrags-zahlern aufzubürden. Wir wünschen uns ein gesetz, das alle Sozialversicherungs-träger, die privaten Krankenversicherun-gen, länder und Kommunen verpfl ich-tet, sich inhaltlich und fi nanziell an der gemeinschaftsaufgabe prävention zu beteiligen. Nur so können wir im ringen um eine bessere gesundheitsförderung erfolgreich sein.

Ausführliche Informationen zu den Präventionsangeboten der TK erhalten Sie im Internet unter www.tk.de, Webcode 040144.

Thomas Holm

Thomas Holm leitet seit 2011 das gesundheitsmana-gement der TK. Der politologe hat umfangreiche berufserfahrungen in politik, Wirtschaft und bildungs-management, unter anderem als Niederlassungsleiter „rehabilitation, Integration und bildung – Aufbau von gesundheitsdienstleistungen für die Hamburger Wirt-schaft“. Auch als Assistent eines bundestagsabgeord-neten und für eine private Krankenversicherung war Holm bereits tätig.

zur PErSoN

Als TK begrüßen wir das vor-haben der bundesregierung, die prävention und gesund-heitsförderung per gesetz nachhaltig auszurichten.“

Als TK begrüßen wir das vor-haben der bundesregierung,

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TK spezial Mecklenburg-vorpommern · 3/2014 | 3

In Deutschland werden jedes Jahr etwa drei Millionen Implantate einge-setzt. Zu den bei Weitem häufigsten operationen gehört der einbau künst-licher gelenke. bei starkem gelenk-verschleiß oder nach brüchen gibt oft nur ein neues Knie- oder Hüftgelenk den patienten Mobilität und lebens-qualität zurück. 2012 wurden allein in Mecklenburg-vorpommern 2.986 künstliche Hüftgelenke und 2.116 Kniegelenke operiert. Hinzu kamen 1.956 operationen nach Hüftfraktu-ren und 784 Wechseloperationen, das heißt operationen, in denen ein Kunstgelenk oder Komponenten des gelenks erneuert werden mussten.

endoprothesen unterliegen unter der täglichen belastung einem gewissen verschleiß, der von der Aktivität des patienten, seinem Körpergewicht und der Qualität des Implantates selbst sowie von der einbaupräzision abhän-gen. Die Haltbarkeit beträgt heute bei etwa 95 % 10 Jahre. leider kommt es aber immer wieder zu frühem ver-sagen der endoprothesen und in der Folge zu vorzeitigen Nachoperationen. „viele dieser eingriffe könnten ver-mieden werden“, sagt prof. Dr. volker Möws, leiter der landesvertretung Mecklenburg-vorpommern. „Deshalb haben wir bereits 2009 mit der unik-linik rostock eine vereinbarung zur Qualitätssicherung in der orthopädie mit dem endocert-System geschlos-sen.“

Deutlich sinkende Revisionsraten zu erwarten

Mit dem endoprothesenregister Deutschland (eprD) wird sich die behandlungsqualität beim gelenker-satz verbessern. Fehler beim einbau künstlicher Knie- und Hüftgelenke, produktmängel oder gar Serienfehler bei endoprothesen, die bei etlichen pa-tienten implantiert wurden, werden in Kliniken, die sich am eprD beteiligen, künftig nicht mehr unentdeckt bleiben. Ziel des registers ist es insbesondere, mehr über die Standzeit künstlicher gelenke zu erfahren, also über die Zeit, in der Implantate im Körper funktions-tüchtig sind.

In Schweden, Finnland, Island und Norwegen wurden bereits in den

Endoprothesenregister (EPrd) und EndoCert-Qualitätssystem für Kunstgelenk-operationen

Qualitätssicherung in der Endoprothetik in Deutschland

70er und 80er Jahren endoprothesen-register gegründet. In der Folge ist die Wahrscheinlichkeit für revisionen in diesen ländern um bis zu zehn prozent gesunken, in Schweden fiel die rate sogar auf etwa die Hälfte des Aus-gangswerts. „Jede frühzeitige revision ist eine zu viel, denn eine Wechselope-ration bedeutet für den betroffenen patienten zusätzliche vermeidbare Schmerzen“, so professor Hassenpflug, Direktor der Klinik für orthopädie am universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und ehrenamtlicher geschäfts-führer des erpD.

Auch die Kosten können nach Ansicht Hassenpflugs reduziert werden: „Wenn es uns gelingt, die Zahl der revisionen in Deutschland lediglich um ein prozent zu senken, kommen wir bereits auf einsparungen in Höhe von 4,3 Millionen euro. Dieses Niveau sollten wir relativ bald erreichen.“

Mehr als 35.000 Daten-bankeinträge im EPRD

Im eprD werden wichtige Daten von operationen dokumentiert. „Die Datenbank erfasst schon heute na-hezu 98 prozent der produkte, die in Deutschland eingebaut werden, und ist in ihrer granularität der Klassifika-tion weltweit einmalig“, so professor Hassenpflug. Für die Kunstgelenke sind in der Datenbank mehr als 35.000 einzelteile hinterlegt. Hinzu kommen Informationen zu operati-onsverfahren und -anlässen sowie Merkmale der patienten wie Alter, geschlecht und vorerkrankungen.

Die Kliniken erhalten einmal jährlich eine Auswertung des eprD mit Angaben, welche prothesen in ihrem Haus wie häufig eingebaut wurden, wie sich die Zahl der Wechselope-rationen entwickelt hat und warum es zu revisionen gekommen ist. „erstmals werden Krankenhäuser in Deutschland informiert, wenn endoprothesen in anderen Kranken-häusern ausgetauscht wurden. Diese berichte werden den Häusern helfen, fehlerhafte verfahren und produkte zu erkennen und zu verbessern“, sagt Hassenpflug. bei rückrufaktionen können die betroffenen patienten deutlich leichter als heute identifiziert

EPRD und EndoCert

Das endoprothesenregister eprD registriert alle operationen mit künstlichem gelenkersatz.

es ist ein gemeinschaftsprojekt von Ärzten, Krankenkassen und Industrie.

Der Aufbau des eprD geht auf eine Initiative der Deutschen gesellschaft für orthopädie und orthopädische chirurgie (Dgooc) zurück.

Die Techniker Krankenkasse ist mit dem verband der ersatzkas-sen (vdek) einer von mehreren Kooperationspartnern, die den Aufbau und betrieb der eprD ggmbH finanziell unterstützen.

endocert ist ein Qualitätssiegel in der endoprothetik. es greift vor, während und bis einem Jahr nach einer operation in die versorgungsqualität ein, wäh-rend das eprD zudem langfristig wertvolle Zusatzinformation über Nachoperationen liefert.

endocert ist eine Initiative zur Zertifizierung medizinischer ein-richtungen für den gelenkersatz, die von der Dgooc gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft endoprothetik (Ae) und dem berufsverband der Fachärzte für orthopädie und unfallchirurgie (bvou) entwickelt wurde.

Medizinische einrichtungen kön-nen sich als endoprothetikZen-trum (epZ) und als endoprothetik-Zentrum der Maximalversorgung (epZmax) zertifizieren lassen, wenn die von endocert aufge-stellten Anforderungen in einem Audit nachgewiesen werden.

Kurz GESaGT

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und benachrichtigt werden. „Schon in zwei bis drei Jahren werden unsere berichte den Krankenhäusern erste Aussagen liefern“, so Hassenpfl ug.

Aktuell sind im endoprothesenregister Deutschland erst rund 20.000 opera-tionen erfasst, 400 Krankenhäuser aus dem bundesgebiet haben Interesse an einer Teilnahme angemeldet. In Mecklenburg-vorpommern haben sich die universi-tätskliniken greifswald und rostock, das Klinikum Südstadt rostock, das Westmecklenburg Klinikum Helene von bülow gmbH und das Krankenhaus in Hagenow zur Teilnahme am eprD angemeldet. Ab sofort können sich alle Kliniken auf frei-williger basis am register beteiligen. „Häuser, die nicht teilnehmen, werden sich langfristig irgendwann einmal rechtfertigen müssen, warum sie die-se chance der Qualitätsverbesserung nicht wahrnehmen“, so prof. Möws.

Frühere Qualitätsverbesse-rung durch die EndoCert-Initiative

Die endocert-Initiative der Deutschen gesellschaft für orthopädie und ortho-pädische chirurgie (Dgooc) ist ein Qualitätssiegel, mit dem die Qualität der endoprothetischen versorgung zer-tifi ziert wird. Während die skandinavi-schen register schon jahrzehntelang gesetzlich verpfl ichtend sind, gab es langjährigen Nachholbedarf in Deutsch-land. „Warum sollen wir erst nach meh-reren Jahren in den registern feststel-len, wie es um die Qualität der endo-prothetischen versorgung bestellt ist? Die verbesserung der patientenversor-gung muss hier viel früher ansetzen“, so prof. Dr. Wolfram Mittelmeier, Direk-tor der orthopädischen Klinik und poli-klinik der universität rostock.

Deshalb wurde mit dem endocert-System an der orthopädischen Klinik der universitätsmedizin rostock ab 2007 ein Qualitätssystem entwickelt, das bei der Qualitätssicherung früh-zeitiger ansetzt. Die Schulung der ope-rateure, die transparenten Abläufe,

strenge Qualitätskriterien des operati-onsergebnisses sind wesentliche Aspekte dabei. bei jedem eingriff muss ein gut ausgebildeter operateur mit mehrjähriger erfahrung verant-wortlich beteiligt sein. Abläufe und Qualität werden einmal jährlich von externen ausgebildeten Fachexperten unter der Kontrolle der unabhängigen Zertifi zierungsstelle clarcert über-

wacht und einschließlich aller Quali-tätsanforde-rungen bewertet. Damit ist das endocert-System schon

jetzt ein nachweisbares Qualitäts-merkmal. Denn das endocert-System basiert auf einer freiwilligen rückmel-dung der einrichtungen und kann den-noch über enorm hohe beteiligungs-

prof. Dr. Mittelmeier

prof. Dr. Wolfram Mittelmeier studierte ab 1980 Humanmedizin in leuven, gießen und an der universi-tät des Saarlandes. 2003 übernahm Mittelmeier die kommissarische leitung der orthopädischen Klinik und poliklinik der universitätsmedizin rostock. er erhielt den ruf auf die orthopädischen lehrstühle in rostock 2004 und Marburg 2004 sowie nach Frankfurt 2006, verblieb jedoch als professor und Klinikdirektor der orthopädischen Klinik und poliklinik in rostock.

2008 entwickelte er in rostock die grundlage für das Qualitätssicherungsprojekt endocert, welches nach Überprüfung durch gremien der Deutschen gesell-schaft für orthopädie und orthopädische chirurgie (Dgooc) seit oktober 2012 bundesweit umgesetzt wird. 2009 baute er die Ag lehre der Deutschen gesell-schaft für orthopädie und unfallchirurgie (Dgou) auf, welche 2011 den ersten lernzielkatalog für orthopädie und unfallchirurgie im praktischen Jahr des Medizinstu-diums entwickelte. 2012 gründete er die Ag Implantate-sicherheit der Fachgesellschaft Dgou.

zur PErSoN

zahlen berichten. Aktuell bemühen sich bereits mehr als 420 Kliniken um das endocert-Qualitätssiegel, über 120 Kli-niken haben das Zertifi kat erfolgreich bewältigen können. bis Jahresende werden 45% aller endoprothesen-ope-rationen an Knie und Hüfte in endocert-geprüften Kliniken eingesetzt.

Mehr als 95% aller bisher geprüften Klinikeinrichtungen haben sich qualita-tiv verbessert. Die an endocert teilneh-menden Kliniken sind zudem verpfl ich-tet, ihre operationen an das eprD zu melden. „Damit steigt auch die Zahl der am eprD teilnehmenden Kliniken ständig an“, so prof. Mittelmeier.

Die geprüften einrichtungen und Hauptoperateure sind transparent im Internet für den patienten sichtbar. Damit wächst der Anreiz für Kliniken, sich auch zertifi zieren zu lassen.

Mehr als 95% aller bis-her geprüften Klinikein-richtungen haben sich qualitativ verbessert.“

Mehr als 95% aller bis-her geprüften Klinikein-

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Für den gebrauch von Antibiotika gibt es umfangreiche leitlinien. Trotzdem werden Antibiotika zu häufi g und unkritisch verordnet. Heute ist unum-stritten, dass das Antibiotika-verord-nungsverhalten und der sorglose umgang in den vergangenen Jahren zu schwerwiegenden resistenzent-wicklungen geführt haben.

Das volumen der von den niedergelas-senen Ärzten in Mecklenburg-vorpom-mern verschriebenen Antibiotika ist von 2011 auf 2013 um 5,15% gestie-gen. Das geht aus einer aktuellen TK-Auswertung hervor, die die Arzneimit-telverordnungen der bei der TK versi-cherten personen ab dem 18. lebensjahr, bereinigt um das versi-chertenwachstum der TK, analysiert.

TK spezial | „So schmal wie möglich, so breit wie nötig – so kurz wie mög-lich, so lange wie nötig“, lautet eine allgemeine empfehlung in bezug auf den Antibiotika-einsatz. ein Satz, der noch seine gültigkeit hat?

Prof. dr. Glaeske | Nach wie vor hat dieser Satz nicht an gültigkeit ver-loren. viren oder bakterien sind die häufi gste ursache für die entstehung von Infekten. gerade zu beginn einer erkrankung ist es jedoch nicht immer eindeutig, ob es sich um einen bakteriellen oder viralen Infekt handelt, da sich die Krankheitszeichen sehr ähneln können. Die einnahme eines Antibiotikums ist aber nur bei einer bakteriellen Infektion sinnvoll. Mandelentzündungen oder auch bla-senentzündungen werden häufi g durch bakterien verursacht, während beispielsweise die meisten erkältungs-krankheiten durch viren hervorgerufen werden. gegen viren sind Antibiotika allerdings machtlos.

TK spezial | Wie ernst wird die Anti-biotika-empfehlung tatsächlich in Deutschland genommen?

Prof. dr. Glaeske | In der praxis wird leider noch viel zu schnell nach einem Antibiotikum „als Wunderwaffe“ gegriffen, unabhängig von der Art

„Es wird viel zu schnell nach einem antibiotikum gegriffen“

Interview mit Professor Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik (ZES) der Universität Bremen

des Infektes. Dabei wird vermutet, dass nicht zuletzt auch die positive einstellung der patienten zur Antibio-tika-Therapie (einnahme eines Anti-biotikums = schnellere genesung) ein wesentlicher einfl ussfaktor ist. Allein in Deutschland werden ca. 250 bis 300 Tonnen Antibiotika jährlich patien-tinnen und patienten verordnet, 85% davon in der ärztlichen praxis. Damit gehören sie zu einer der verordnungs-stärksten Arzneimittelgruppen in der ambulant-ärztlichen versorgung.

TK spezial | Welche Aspekte haben in der vergangenheit noch zu einer Fehl- und Überversorgung von Antibiotika in Deutschland geführt und damit eine resistenz begünstigt?

Prof. dr. Glaeske | ursache war und ist häufi g der sorglose umgang mit Antibiotika. Das Arzneimittel wird zu früh abgesetzt, oder aber der patient hält sich nicht an die einnahmevor-schriften. Dadurch begünstigt man die entstehung widerstandsfähiger bak-terien, die überleben und gegen den Wirkstoff unempfi ndlich, also resis-tent, werden. Aus diesem grund ist es gerade bei Antibiotika so wichtig, die-se Arzneimittel nach der vorgeschrie-

benen Dosierung im richtigen zeitlichen Abstand über den festge-legten

behandlungszeitraum einzunehmen. Auch der unkritische einsatz von Anti-biotika bei Krankheiten, bei denen die Anwendung eher kontraproduktiv statt sinnvoll ist, kann eine resistenz begünstigen. So werden Antibiotika häufi g bei unkomplizierten erkäl-tungskrankheiten eingesetzt, obwohl hinter dem Infekt oft viren stecken. Die verschreibung von sogenannten breitspektrum-Antibiotika, die gegen viele bakterielle Krankheitserreger eingesetzt werden können, fördert die resistenzbildung ebenso. Schmal-spektrum-Antibiotika wären hingegen in manchen Fällen ausreichend, da sie zwar nur gegen eine bestimmte bakterien-Art wirksam sind, dafür diese aber gezielt bekämpfen. blut-, urin- oder Speichelproben können Auf-schluss darüber geben, ob viren oder

Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie

Das bundesministerium für ge-sundheit hat im Jahr 2008 erstma-lig die Deutsche Antibiotika-resis-tenzstrategie (DArT) vorgestellt. eine zentrale Stellung nehmen dabei unter anderem Surveillance-Systeme zur Antibiotika-resistenz sowie zum Antibiotika-verbrauch ein, um auf der basis verlässli-cher und repräsentativer Daten Maßnahmen zur begrenzung des problems ergreifen zu können. Die in der DArT enthaltenden Maß-nahmen erfolgten bis ende 2013. Derzeit wird die resistenzstrategie bis planmäßig November 2014 weiterentwickelt.

Weiterführende Informationen unter www.bmg.bund.de, Stichwort: Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie.

iNForMaTioN

Sowohl die ärztliche praxis als auch die Apotheke müs-sen ihrer beratungspfl icht nachkommen.“

Sowohl die ärztliche praxis als auch die Apotheke müs-

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bakterien für die Infektion verantwort-lich sind und ob bzw. welches dann das geeignete Antibiotikum ist.

TK spezial | Wo sehen Sie die chancen und Möglichkeiten für einen verantwor-tungsvolleren umgang mit Antibiotika?

Prof. dr. Glaeske | ein verantwor-tungsvoller umgang mit Antibiotika setzt hilfreiche und verständliche Informationen voraus. Der patient muss sensibilisiert werden für diese besondere gruppe von Arzneimitteln. Sowohl die ärztliche praxis als auch die Apotheke muss hier ihrer bera-tungspflicht nachkommen und den patienten auf die richtige einnahme hinweisen. gerade für kleinere Kinder, chronisch kranke personen sowie für ältere Menschen können Antibioti-ka-resistenzen ernst zu nehmende Folgen haben. Nicht nur, dass Infek-tionen länger andauern und sich die medikamentöse Therapie schwieriger gestaltet, im schlimmsten Fall können eigentlich gut behandelbare bakterielle erkrankungen lebensbedrohlich wer-den. Inzwischen gibt es Infektionen, für die kaum noch wirksame Antibioti-ka einsetzbar sind. Für solche Fälle ste-hen reserve-Antibiotika zur verfügung, die ihrerseits starke Nebenwirkungen haben und auch unwirksam gegenüber erregern werden können.

TK spezial | Was sagen Sie zu der Deutschen Antibiotika-resistenzstra-tegie des bundesministeriums für gesundheit?

Prof. dr. Glaeske | Jetzt gilt es, die ent-wickelten resistenzstrategien – gerade auch im Hinblick auf den Antibiotika-ver-brauch in der Tiermedizin – konsequent umzusetzen. Denn nicht nur beim Men-schen, sondern auch bei Tieren können sich resistenzen gegen Antibiotika ent-wickeln. Der einsatz bestimmter Anti-biotika in der Tiermedizin wird schon seit langem sehr kritisch gesehen, da diese Wirkstoffe als „reserve-Antibio-tika“ für den Menschen von großer bedeutung sind. So begünstigt der einsatz von Antibiotika in der landwirt-schaftlichen Tierhaltung die resistenz-entwicklung sowie die Ausbreitung von resistenten bakterien. Die entwicklung neuer Antibiotika ist außerdem ein wichtiges Ziel forschender pharmaun-ternehmen. viele stecken allerdings noch in ihren Kinderschuhen, befinden sich also zunächst noch in früheren Sta-dien der klinischen und vorklinischen entwicklung. So besteht mehr denn je ein großer bedarf an neuen Antibioti-ka, weil sich auch in Zukunft die resis-tenzentwicklung weiter verschärfen dürfte. reserve-Antibiotika müssen reserve-Antibiotika bleiben!

impressum

Herausgeber | Techniker Krankenkasse, landesvertretung Mecklenburg-vorpommern

Verantwortlich | prof. Dr. volker Möws redaktion | Dr. rolando Schadowski Telefon | 03 85 - 76 09 - 574 Telefax | 03 85 - 76 09 - 570E-Mail | [email protected] Twitter | www.twitter.com/TKinMv internet | www.tk.de/lv-mecklenburg-vorpommern

prof. Dr. rer. nat. gerd glaeske

professor für Arzneimittelversor-gungsforschung im Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der universität bremen. Seit 2007 co-leiter der Abteilung für gesundheitsökono-mie, gesundheitspolitik und versor-gungsforschung im ZeS.

Funktionen und Mitgliedschaften: Seit 2010 Hauptgeschäftsführer und Mitglied des geschäftsführen-den vorstands des Deutschen Netz-werks versorgungsforschung; Mit-glied der Fachgesellschaft für Arz-neimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie (gAA); seit 2003 Mitglied im Wis-senschaftlichen beirat der bZgA; Mitglied in der Deutschen gesell-schaft für epidemiologie, in der WHo-Drug utilization research group, in der Deutschen pharma-zeutischen gesellschaft und in der gesellschaft für klinische pharma-kologie; seit 2009 Mitglied des Aus-schusses für den rationalen einsatz von Arzneimitteln des Arzneimittel-beirates beim bundesministerium für gesundheit in Wien; 2003 bis 2009: Mitglied im Sachverständi-genrat zur begutachtung der ent-wicklung im gesundheitswesen.

zur PErSoN