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Pflegerisiko oft unterschätzt TK-Meinungspuls 2014 Wenn es um die eigene Absicherung für den Fall einer Pflegebedürftigkeit geht, machen sich die Menschen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürin- gen offensichtlich nur wenige Gedan- ken. Das zeigt der aktuelle Meinungs- puls Gesundheit, für den die Techniker Krankenkasse (TK) bundesweit mehr Insgesamt gaben die Befragten dem Gesundheitssystem gute Noten. Drei von vier Menschen in Deutschland sind damit zufrieden. Eine deutliche Mehr- heit würde im Fall einer schweren Erkrankung für eine bessere Behand- lungsqualität auch längere Wege in Kauf nehmen. In Mitteldeutschland erklärten das, ebenso wie im Bundes- durchschnitt, 61 Prozent aller Frauen und Männer. Am flexibelsten zeigten sich hierbei die Nordrhein-Westfalen und die Rheinland-Pfälzer, von denen dies jeweils 66 Prozent angaben. In Hessen sowie der Region Berlin-Bran- denburg sagte das nur jeder Zweite. Beim Warten auf einen Facharztter- min zeigen Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürin- gen deutlich mehr Geduld als die übrigen Deutschen. Bei leichten Beschwerden wollen lediglich 28 Pro- zent der Befragten innerhalb von maximal einer Woche einen ärztlichen Spezialisten konsultieren. Zum Ver- gleich: Im Bundesdurchschnitt hält mit 46 Prozent fast jeder zweite Deut- sche diese Frist für angemessen. Der 48-seitige Studienband „TK-Mei- nungspuls 2014“ mit den Ergebnis- sen steht unter dem Webcode 660168 auf der TK-Homepage www.tk.de zum Download zur Verfügung. Liebe Leserin, lieber Leser, drei von vier Erwachsenen sind mit dem deutschen Gesundheits- system insgesamt zufrieden. Der aktuelle TK-Meinungspuls belegt in seiner mittlerweile zehnten Aufla- ge zudem: Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist eine deutliche Mehrheit der bundesweit rund ein- tausend repräsentativ Befragten bereit, auch längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. Zugunsten einer besseren Untersuchungs- und Behandlungsqualität räumten dies bei der Wahl eines niederge- lassenen Arztes 90 Prozent der Menschen ein. Mit 84 Prozent fast genauso viele schlossen für das aus ihrer Sicht optimale Kranken- haus eine weitere Anreise nicht aus. Diese Flexibilität ist erfreulich, deckt sie sich doch mit einer der Kernaussagen des TK-Positionspa- piers „Krankenhausversorgung 2020“ . Darin fordert die TK bei- spielsweise, dass sich Kliniken auch in Sachsen-Anhalt noch stär- ker als bisher spezialisieren sollten, um die Behandlungsqualität zu steigern. Jens Hennicke Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen-Anhalt EDITORIAL Mit Bundestagspolitikern im Gespräch – Marina Kermer (SPD) und Tino Sorge (CDU) Buchlesung „Herz aus dem Takt“ Netzwerk für Hygiene Alterszahnmedizin im Fokus spezial Nr. 4 2014 Informationsdienst der Techniker Krankenkasse SACHSEN-ANHALT als 2.000 Menschen bevölkerungsre- präsentativ befragen ließ. In den drei mitteldeutschen Bundesländern gaben dabei 56 Prozent der vom Forsa-Institut Interviewten an, sich mit diesem Pro- blem noch nicht beschäftigt zu haben. Damit lag die Zahl derer, die das Thema bislang gedanklich verdrängt haben, nicht nur deutlich über dem Bundes- durchschnitt von 49 Prozent, sondern zugleich so hoch wie sonst nirgendwo in Deutschland.

"TK spezial" für Sachsen-Anhalt 4-2014

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Pflegerisiko oft unterschätztTK-Meinungspuls 2014

Wenn es um die eigene Absicherung für den Fall einer Pflegebedürftigkeit geht, machen sich die Menschen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürin-gen offensichtlich nur wenige Gedan-ken. Das zeigt der aktuelle Meinungs-puls Gesundheit, für den die Techniker Krankenkasse (TK) bundesweit mehr

Insgesamt gaben die Befragten dem Gesundheitssystem gute Noten. Drei von vier Menschen in Deutschland sind damit zufrieden. Eine deutliche Mehr-heit würde im Fall einer schweren Erkrankung für eine bessere Behand-lungsqualität auch längere Wege in Kauf nehmen. In Mitteldeutschland erklärten das, ebenso wie im Bundes-durchschnitt, 61 Prozent aller Frauen und Männer. Am flexibelsten zeigten sich hierbei die Nordrhein-Westfalen und die Rheinland-Pfälzer, von denen dies jeweils 66 Prozent angaben. In Hessen sowie der Region Berlin-Bran-denburg sagte das nur jeder Zweite.

Beim Warten auf einen Facharztter-min zeigen Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürin-gen deutlich mehr Geduld als die übrigen Deutschen. Bei leichten Beschwerden wollen lediglich 28 Pro-zent der Befragten innerhalb von maximal einer Woche einen ärztlichen Spezialisten konsultieren. Zum Ver-gleich: Im Bundesdurchschnitt hält mit 46 Prozent fast jeder zweite Deut-sche diese Frist für angemessen.

Der 48-seitige Studienband „TK-Mei-nungspuls 2014“ mit den Ergebnis-sen steht unter dem Webcode 660168 auf der TK-Homepage www.tk.de zum Download zur Verfügung.

Liebe Leserin,lieber Leser,

drei von vier Erwachsenen sind mit dem deutschen Gesundheits-system insgesamt zufrieden. Der aktuelle TK-Meinungspuls belegt in seiner mittlerweile zehnten Aufla-ge zudem: Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist eine deutliche Mehrheit der bundesweit rund ein-tausend repräsentativ Befragten bereit, auch längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. Zugunsten einer besseren Untersuchungs- und Behandlungsqualität räumten dies bei der Wahl eines niederge-lassenen Arztes 90 Prozent der Menschen ein. Mit 84 Prozent fast genauso viele schlossen für das aus ihrer Sicht optimale Kranken-haus eine weitere Anreise nicht aus. Diese Flexibilität ist erfreulich, deckt sie sich doch mit einer der Kernaussagen des TK-Positionspa-piers „Krankenhausversorgung 2020“. Darin fordert die TK bei-spielsweise, dass sich Kliniken auch in Sachsen-Anhalt noch stär-ker als bisher spezialisieren sollten, um die Behandlungsqualität zu steigern.

Jens HennickeLeiter der TK-LandesvertretungSachsen-Anhalt

Editorial

Mit Bundestagspolitikern im Gespräch – Marina Kermer (SPD) und Tino Sorge (CDU) • Buchlesung „Herz aus dem Takt“ • Netzwerk für Hygiene • Alterszahnmedizin im Fokus

spezialNr. 4 2014Informationsdienst der Techniker Krankenkasse

SAc H S E N - A N H A LT

als 2.000 Menschen bevölkerungsre-präsentativ befragen ließ. In den drei mitteldeutschen Bundesländern gaben dabei 56 Prozent der vom Forsa-Institut Interviewten an, sich mit diesem Pro-blem noch nicht beschäftigt zu haben. Damit lag die Zahl derer, die das Thema bislang gedanklich verdrängt haben, nicht nur deutlich über dem Bundes-durchschnitt von 49 Prozent, sondern zugleich so hoch wie sonst nirgendwo in Deutschland.

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tK spezial | Der Gesundheitsaus-schuss startete 2013 mit überdurch-schnittlich vielen neuen Mitgliedern. Hat sich dies für eine konstruktive und offene Arbeit an gesundheitspoli-tischen Themen bewährt?

Kermer | Nicht nur der Gesundheits-ausschuss hat viele neue Mitglieder. Insgesamt hat sich die Zusam-mensetzung des Parlaments stark verändert. Immerhin ist eine Fraktion komplett ausge-schieden. Darüber hinaus gibt es eine neue Regierungskoalition. Aber: Erneuerung in der Zusam-mensetzung des Parlaments ist der Sinn von Wahlen. Insofern gehört permanente Veränderung zur Routine. Außerdem sind wei-terhin Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsausschuss, die schon seit Jahren Expertinnen und Experten im Thema sind. Eben diese Kolleginnen und Kollegen haben mit dem Koalitions -vertrag die inhaltliche Grundlage für unsere Arbeit gelegt. Dieses Funda-ment, das im Wesentlichen die Hand-schrift der SPD trägt, ist solide. Ge -mein sam mit dem Koalitionspartner arbeiten wir unsere Ziele konsequent und zügig ab, und das geschieht in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre.

tK spezial | Sachsen-Anhalt gehört eher zu den kleineren Ländern. Inwie-weit finden Projekte und gute Ideen aus unserem Bundesland auch in Berlin Beachtung? Kann z. B. das sachsen-anhaltinische Landeskrankenhaus-gesetz auf Bundesebene Vorbildcha-rakter haben?

Kermer | Die Größe eines Landes sagt nicht viel über sein Vorbildpoten-zial. Sachsen-Anhalt hat Vorbildcharak-ter an verschiedenen Stellen.

Zum Beispiel hat bei uns schon eine Strukturbereinigung der Krankenhaus-landschaft stattgefunden, wie sie andere, größere und wohlhabendere Bundesländer noch vor sich haben. Wenn wir uns den „Krankenhaus Rating Report 2014“ des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsinstitutes anschauen, sehen wir, dass unsere Krankenhäuser im Großen und Ganzen wirtschaftlich gut aufgestellt sind. Da haben Bayern und Baden-Württem-berg noch deutlichen Nachholbedarf. Auf unser Landes krankenhausgesetz schauen deshalb Länder wie Ham-

burg zurzeit sehr genau. Der Gesund-heitsausschuss wird im nächsten Jahr das sogenannte Versorgungsstruktur-gesetz auf den Weg bringen. Damit soll die ambulante Versorgung abgesi-chert werden. Auch hier ist Sachsen-Anhalt längst auf dem Weg, alternati-ve Versorgungs strukturen aufzubauen. Wir können dabei auf unsere Erfah-

rungen mit den Poli-Kliniken zurück-greifen. Wichtig ist, die starre Trennung zwischen nieder gelassenen Ärztinnen und Ärzten und Krankenhäusern auf-zubrechen. In strukturschwachen Region en können wir über dieses alt-hergebrachte Modell langfristig die Versorgung nicht sichern.

tK spezial | Das diskutierte Pfl egebe-rufegesetz soll die Finanzierung der Ausbildung neu regeln. Rechnen Sie noch in dieser Legislaturperiode mit der Verabschiedung des Gesetzes?

Kermer | Die Antwort ist: Ja, wir werden das Pfl egeberufegesetz noch

Mit Bundestagspolitikern im Gespräch

Fünf Fragen an Marina Kermer (SPd)

in dieser Wahlperiode verabschieden. Denn das Pfl egeberufegesetz ist ein wichtiger Baustein für unsere umfas-sende Pfl egereform. Gerade wurde mit der Verabschiedung des Pfl ege-stärkungsgesetzes I der erste Schritt in Richtung Zukunftssicherung für die Pfl ege gemacht. Wir stehen vor großen Herausforderungen in der Pfl ege. Das

betrifft die Pfl egebedürftigen, hier haben wir im ersten Schritt die Leistungen deutlich verbessert und fl exibilisiert. Es betrifft aber auch die Angehörigen. Deren Lebensqualität darf nicht darunter leiden, dass sie ihre Eltern oder Partnerinnen und Partner pfl egen. Deshalb bringen wir das Pfl ege-zeitgesetz noch in diesem Jahr auf den Weg. Ähnlich wie bei der

Kinderbetreuung gibt es ein Anrecht auf bezahlte Auszeit für Pfl ege.

Im Pfl egestärkungsgesetz II wird es einen neuen Pfl egebegriff geben. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pfl egebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen einerseits und mit kognitiven und psychischen Einschrän-kungen andererseits wird dadurch wegfallen.

Das alles wird aber nur zu bewältigen sein, wenn wir ausreichend Pfl ege-rinnen und Pfl eger haben, die diese Aufgaben bewältigen können. Deshalb ist die Reform der Pfl egeberufe für

Die Größe eines Landes sagt nicht viel über sein Vorbildpotenzial. Sachsen-Anhalt hat Vorbildcharakter an verschiedenen Stellen.“

Die Größe eines Landes sagt nicht viel über sein

Marina Kermer, SPD

geboren am 22. März 1960 in Aken an der Elbe, ist seit Oktober 2013 Mitglied des Deutschen Bundes-tages und Mitglied im Ausschuss für Gesundheit.

1983 machte Marina Kermer den Abschluss als Diplom-Ingenieurin der Fertigungsprozessgestaltung in der metallverarbeitenden Industrie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Von 1983 bis 1984 arbeitete sie als Technologin bei den Pumpenwerken Halle an der Saale. Von 1984 bis 1992 war Kermer Gewerkschaftssekretärin, zuletzt bei der IG Bergbau und Energie Bochum.

Seit 1992 arbeitet sie bei der Bundesagentur für Arbeit, seit 2007 ist sie Vorsitzende der Geschäftsfüh-rung der Agentur für Arbeit in Stendal.

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uns so wichtig. Unser Ziel ist, dass die Ausbildung kostenfrei ist. Hierzu muss eine Einigung mit den Ländern erfolgen, die für die schulische Ausbildung zuständig sind. Es kann nicht sein, dass ein Altenpfleger, der dringend gesucht wird, für seine Ausbildung selbst bezahlen muss. Deshalb wer-den wir die Pflegeausbildung generali-sieren und damit auch die Vergütung vereinheitlichen. Außerdem erreichen wir mit einer generellen Pflegeausbil-dung eine stärkere Flexibilität für die Berufstätigen.

Für uns als SPD war es besonders wichtig, im Pflegestärkungsgesetz I die tarifgerechte Bezahlung für die Pflegekräfte zu sichern. Der Beruf der Pflegerinnen und Pfleger ist anstren-gend. Dennoch ist die Mehrzahl der Pflegekräfte mit einem hohen Maß an Einsatzbereitschaft und Empathie bei der Sache. Da kann man die angemes-sene Bezahlung nicht länger auf das Konto der Nächstenliebe buchen.

tK spezial | Das Präventionsgesetz ist ein weiteres gesundheitspolitisches Schwerpunktthema auf Bundesebene. Welche chancen für eine Verbesserung der Gesundheit der Sachsen-Anhalter sehen Sie?

Kermer | Prävention in der Gesund-heit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die World Health Organisa-tion (WHO) hat das Konzept „Health in all policies“ (Gesundheit in allen Politik-bereichen) vorgelegt. Das ist für uns das Vorbild, Prävention ganzheitlich aufzugreifen. Es gibt Trends, die das verdeutlichen. Die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen steigt und wird weiter steigen. Inzwischen müssen mehr und mehr Menschen aufgrund einer solchen Erkrankung aus dem Berufsleben ausscheiden. Hier muss Prävention in Unternehmen und Betrieben beginnen. Wie können Arbeitsbelastungen so gestaltet wer-den, dass sie nicht krankmachen,

und wie können Warnsignale recht-zeitig erkannt werden? Antworten kann man nur im Verbund mit Arbeits-rechtlerinnen und -rechtlern, Betriebs-wirten, Arbeitsmedizinern und den Gewerkschaften finden. Ein anderes Beispiel ist die Tatsache, dass Gesundheit und damit das Lebensal-ter zunehmend von der sozialen Her-kunft abhängt. Je höher der Bildungs-grad, desto höher das zu erwartende Lebensalter. Das hat nur begrenzt etwas mit dem zur Verfügung stehen-den Einkommen zu tun, sondern vor allem mit der Lebensführung, also Ernährung, Bewegung, Konsum von Genussmitteln usw.

Zugang zu Bildung muss daher für jeden und jede möglich sein. Dazu gehört Früherziehung und Frühförde-rung von Kindern und Jugendlichen gerade, wenn sie aus Familien kom-men, die nur wenig Zugang zu Bildung haben. Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer müssen in die-se Aufgabe einbezogen werden. Immer mehr an Bedeutung gewinnt dabei die geschlechtsspezifische Betrachtung. Männer und Frauen bli-cken unterschiedlich auf ihre Gesund-heit. Präventionsangebote, die Frauen attraktiv finden, sind im Rollenbild man-cher Männer nur schwer vorstellbar – umgekehrt gilt das natürlich auch.

Last, but not least, beim Thema Präven-tion muss über Suchterkrankungen gesprochen werden. Neben stark abhängig machenden synthetischen Substanzen, wie christal Meths, wird das Thema Internetsucht stetig drän-gender. Ein Leben ohne Internet ist heute kaum mehr vorstellbar, umso schwieriger, hier die Balance zu halten, dass nicht das Internet das Leben bestimmt. Konkret auf Sachsen-Anhalt bezogen sind z. B. die Zahlen der Krank-schreibungen klar über dem Bundes-durchschnitt (TK-Spezial 3/2014). Ganze drei Tage mehr als im überwiegenden Rest des Landes müssen Berufstätige

zu Hause bleiben, weil sie arbeitsunfä-hig sind. Das ist nicht nur ein Verlust an Arbeitskraft, sondern an Lebens-qualität für die Betroffenen. Das Lan-desministerium hat deshalb bereits einen umfassenden Bericht zum Thema „Gesundheit der arbeitsfähigen Bevöl-kerung Sachsen-Anhalt“ vorgelegt. Darin finden sich umfassende Präven-tionsmaßnahmen, die genau in die Richtung gehen, die auch wir als Bun-despolitikerinnen und -politiker sehen. Prävention geht uns alle an.

Was zur Abschlussbemerkung führt: Prävention darf kein Lippenbekenntnis sein, sondern muss finanziell unterlegt werden. Die Mittel für Prävention sol-len deutlich angehoben werden.

tK spezial | Die Gesundheitswirt-schaft in Sachsen-Anhalt gewinnt immer mehr an Bedeutung. Welche konkreten Maßnahmen und Überle-gungen gibt es, diese Branche – gerade im Hinblick auf die Altersstruktur im Land – weiter zu fördern?

Kermer | Im Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik steht der Mensch. Ziel unseres Handelns ist eine Opti-mierung bei Vorsorge und Versorgung. Die Gelder dazu werden von den Bei-tragszahlern hart erarbeitet. Daher haben wir alle die Verantwortung, die-se Gelder ausschließlich im Dienst der Patientinnen und Patienten zu ver-wenden. Eine Förderung der Gesund-heitswirtschaft als Selbstzweck kann es daher nicht geben.

Natürlich wirken sich die Reformen, die wir angehen, auch positiv auf die Gesundheitswirtschaft aus. Wie gesagt, wir sorgen vor allem dafür, dass die Beschäftigten in Gesund-heitsberufen besser bezahlt werden. Das fördert natürlich die Attraktivität des Berufes und führt langfristig zu einem Beschäftigungsanstieg, den wir wollen und brauchen.

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tK spezial | Der Gesundheitsaus-schuss startete 2013 mit überdurch-schnittlich vielen neuen Mitgliedern. Hat sich dies für eine konstruktive und offene Arbeit an gesundheitspoli-tischen Themen bewährt?

Sorge | Die Arbeit sowohl in der Arbeitsgruppe Gesundheit der cDU/cSU-Bundestagsfraktion als auch im Gesundheitsausschuss ist geprägt durch eine lebendige Diskussionskul-tur. Es ist eine gute Mischung aus erfahrenen und neuen Abgeordneten, sodass es auch in dieser Legislaturperi-ode etwas frischen Wind in diesen Gremien gegeben hat. Wir neuen Abgeordneten sind bereits gut vernetzt und vertreten unsere Meinung, was hin und wieder in den Diskussionen auch zum Nach- oder zum nochmaligen Überdenken bisheriger, vermeintlich althergebrachter Positionen führt. Ich erlebe die Atmosphäre als ausgespro-chen angenehm, in der wir als Parla-mentarier im Gesundheitsbereich zusammenarbeiten.

tK spezial | Sachsen-Anhalt gehört eher zu den kleineren Ländern. Inwie-weit finden Projekte und gute Ideen aus unserem Bundesland auch in Ber-lin Beachtung? Kann z. B. das sachsen-anhaltische Landeskrankenhausgesetz auf Bundesebene Vorbildcharakter haben?

Sorge | Die Größe eines Bundes-landes spiegelt sich natürlich auch durch die Anzahl der Abgeordneten wider. Die cDU Sachsen-Anhalts stellt neun direkt gewählte Abgeordnete, wobei ich das Glück habe, in meinem Wunschausschuss Gesundheit arbei-ten zu dürfen. Gute und interessante Konzepte aus Sachsen-Anhalt stelle ich vor und suche mir für deren Anpas-sung auf Bundesebene Mitstreiter aus anderen Bundesländern. Wichtig ist dabei neben der inhaltlichen Argu-mentation natürlich eine gute Vernet-zung, durch die ich als Abgeordneter aus den neuen Ländern viel erreichen kann. Dabei ist es auch von Vorteil, dass Sachsen-Anhalt z. B. bei der Kran-kenhausgesetzgebung und -versor-gung ganz gut dasteht und es auch in anderen Bereichen durchaus als Refe-renz für bundesweite Entscheidungen herangezogen werden kann. Zudem ist der demografische Wandel in unserem Bundesland besonders stark zu spüren, sodass viele Entwicklungen

auf das ganze Land projiziert werden können. Sachsen-Anhalt nimmt daher in Teilbereichen eine Vorreiterrolle ein, die wir auch positiv nutzen sollten.

tK spezial | Das derzeit diskutierte Pflegeberufegesetz soll die Finanzie-rung der Ausbildung neu regeln. Rech-nen Sie noch in dieser Legislaturperiode mit der Verabschiedung des Gesetzes?

Sorge | Im Gesundheits- und Pflegebe-reich haben wir bereits in dem ersten Jahr nach der Bundestagswahl große Gesetzesvorhaben auf den Weg ge-bracht. Ich nenne nur die zweistufige Pflegereform (Pflegestärkungs- und Familienpflegezeitgesetz), das Versor-gungsstärkungsgesetz und das Präven-tionsgesetz. Damit haben wir die Pfle-gebedürftigen und die Pflegenden ent-lastet, Familien gestärkt, uns dem Fachärztemangel gewidmet und die seit Jahren diskutierte Gesundheitsvor-sorge bundesweit nach vorne gebracht. Dieses Pensum macht deutlich, dass die Abgeordneten des Bundestages, aber auch Bundesgesundheitsminister Gröhe, an wirklichen Veränderungen

Mit Bundestagspolitikern im Gespräch

Fünf Fragen an tino Sorge (CdU)zum Wohle der Menschen interessiert sind. Daher ist es sicher, dass auch die Weiterentwicklung des Medizinstudi-ums, die verstärkte Schwerpunktset-zung im Bereich Haus ärzteausbildung sowie ein Berufsgesetz für Pflege- und andere Gesundheitsberufe bis 2017 kommen werden. Es gehört zu dem wichtigen Bereich der Qualitätssiche-rung und ist damit Bestandteil der Beratungen im kommenden Jahr.

tK spezial | Das Präventionsgesetz ist ein weiteres gesundheitspolitisches Schwerpunktthema auf Bundesebene. Welche chancen für eine Verbesserung der Gesundheit der Sachsen-Anhalter sehen Sie?

Sorge | Das Präventionsgesetz liegt uns bereits als Referentenentwurf vor und gelangt noch vor Jahresende ins Kabi-nett. Ein Inkrafttreten im Jahr 2015 ist dadurch sehr realistisch. Die massive Ausweitung der Mittel für Präventionsmaßnahmen ist ein eindeu-tiges Signal für ein Mehr an gesund-heitsbewusstem Leben und Arbeiten. Die betriebliche Vorsorge wird dadurch

Tino Sorge, Mitglied des Deutschen Bundestages

Tino Sorge ist seit 2013 direkt gewählter Bundes-tagsabgeordneter für den Wahlkreis Magdeburg. Er wurde am 4. März 1975 geboren, ist verheiratet und lebt mit seiner Familie und Hund Oscar in Magdeburg.

Studium der Rechtswissenschaften an den Universi-täten Jena, Halle und Lyon.

Anschließend war er als Wirtschaftsanwalt und Unter-nehmensjurist in Magdeburg tätig.

Ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und dort Berichterstatter für Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsforschung der cDU/cSU-Bundestags-fraktion. Weiterhin stellvertretendes Mitglied im Aus-schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-schätzung sowie im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Er ist stellvertretender Vorsitzender der cDU Magde-burg, Vorsitzender des Landesarbeitskreises christlich-Demokratischer Juristen Sachsen-Anhalt und Mitglied im Landesvorstand der Mittelstands- und Wirtschafts-vereinigung Sachsen-Anhalt.

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gestärkt – das betrifft viele Unterneh-men in Sachsen-Anhalt, die mit ihren Krankenkassen bereits Vereinbarungen geschlossen haben oder dabei sind, gesundheitsfördernde Maßnahmen für ihre Mitarbeiter zu entwickeln. Diese Unternehmen erhalten einen größe-ren Spielraum und verlässliche Ent-scheidungsgrundlagen. Mehr Unterstützung erhalten auch Einrich-tungen für die Jüngsten der Gesellschaft, um ganz früh mit präventiven Maßnahmen zu begin-nen. Denken Sie an Tipps für eine bewusste Ernäh-rung im Grundschulalter oder Bewegungsein-heiten – manchmal rei-chen auch kleine Schritte, um später große negative Folgen zu vermeiden. Daher bin ich optimistisch, dass dieses Präventions gesetz, das auf breiter poli-tischer Grundlage aufbaut, einen großen Vorteil auch für Sachsen-Anhalt darstellt.

tK spezial | Die Gesundheitswirtschaft in Sachsen-Anhalt gewinnt immer mehr an Bedeutung. Welche konkreten Maßnahmen und Überlegungen gibt es, diese Branche – gerade im Hinblick auf die Altersstruktur im Land – weiter zu fördern?

Sorge | Die Gesundheitswirtschaft, auch in Sachsen-Anhalt, gehört zu einem Bereich der Volkswirtschaft, der

noch häufi g unterschätzt wird und daher oft auch nicht so stark als Wachstums-treiber im allgemeinen Bewusstsein ist – völlig zu unrecht. Daher ist es mir ein wichtiges Anliegen, darauf hinzuwir-ken, dass die Bedeutung hervorgeho-ben wird. Die Bruttowertschöpfung der gesamten Gesundheitswirtschaft liegt

bei ca. 268 Mrd. Euro und macht damit rund 11 Prozent des BIP in Deutschland aus. Das durchschnittliche Wachstum ist ü berdurchschnittlich und beträgt jährlich gut 3,7 Prozent seit 2007, zum Vergleich: Das Wachstum der Gesamt-wirtschaft betrug nur 2,3 Prozent. Allein diese Werte machen deutlich, welch großes Potenzial besteht. Der bereits erwähnte demografi sche Wan-del macht es dabei erforderlich, sich noch besser auf ältere Menschen ein-zustellen, d. h. alten- und pfl egege-rechte Produkte und Leistungen zu entwickeln. Die Netzwerkbildung zwi-schen Unternehmen in diesem Bereich und Gesundheitsforschern muss gestärkt werden. Neben den vermeint-

lichen Nachteilen einer stark alternden Gesellschaft sollten wir auch die Vor-teile sehen und bei der Versorgung sowie bei der Nutzung von Assistenz-systemen eine Vorreiterrolle einneh-men. Telematik und eHealth können Unterstützung bieten, wo „Wege weit“ oder Angehörige nicht mehr vor-

handen sind. Sachsen-Anhalt kann auch von den rund 150 Mio. Euro im Bundeshaushalt 2015 profi -tieren, die für Innovationen in den neuen Ländern vor-gesehen sind. Außerdem wird es einen Innovations-fonds in Höhe von 300 Mio. Euro jährlich geben, speziell für eine Optimierung der Versorgungsstrukturen und

gezielte Versorgungsforschung. Ich setze mich dafür ein, dass wir viele Strukturen, z. B. die Aufteilung zwi-schen ambulanter und stationärer Ver-sorgung oder zwischen Arzt- und Pfl e-geleistungen, mutig überdenken, um das Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten und fortzuentwickeln. In die-sem Prozess sind alle Akteure der Gesundheitswirtschaft zum Handeln aufgerufen. Diese Branche ist sehr innovativ und hat eine stabile Zukunft vor sich. Mir ist dabei wichtig, sie zu unterstützen, damit es noch mehr Unternehmensgründungen in diesem Bereich und dadurch zusätzliche, gut bezahlte Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt gibt.

Neben den vermeintlichen Nachtei-len einer stark alternden Gesellschaft sollten wir auch die Vorteile sehen und bei der Versorgung sowie bei der Nutzung von Assistenzsystemen eine Vorreiterrolle einnehmen.“

Neben den vermeintlichen Nachtei-len einer stark alternden Gesellschaft

Netzwerk für HygieneSchätzungen zufolge erkranken jährlich rund eine halbe Million Menschen in Deutschland an einer Krankenhausin-fektion. Um das Personal in Kliniken stärker für das Thema Hygiene zu sensibilisieren, engagieren sich bun-desweit fast 900 Krankenhäuser im Rahmen der „Aktion Saubere Hände“. Von den 48 Kliniken in Sachsen-Anhalt beteiligen sich bislang 27. Die TK ist Partner dieser Initiative und fordert weitere Krankenhäuser im Land zum Mitmachen auf. Da das Thema Hygiene nicht nur in Krankenhäusern, sondern insgesamt in der öffentlichen Wahr-nehmung stärker in den Fokus gerückt werden soll, haben sich bereits im Oktober 2010 zahlreiche Partner im HYSA, dem Netzwerk Hygiene in Sach-sen-Anhalt, zusammengeschlossen. Ziel des regionalen Netzwerkes, dem

neben Kliniken auch Gesundheitsäm-ter, Vereine und Verbände sowie Kran-kenkassen angehören, ist die Präventi-on und Reduzierung von Erkrankungen aufgrund von Infektionen mit multire-sistenten Erregern insbesondere durch eine verbesserte Kommunikation und Organisation an den Schnittstellen der Patientenversorgung.

Die TK ist von Anfang an im Netzwerk HYSA aktiv. Eine von der Kasse in Auftrag gegebene Analyse der Univer-sität Greifswald soll nun analysieren, welche Kosten multiresistente Erre-ger bundesweit für die gesetzlichen Krankenkassen verursachen. Erste Ergebnisse der Studie wurden im Rahmen des regulären HYSA Netz-werktreffens vorgestellt. Die komplet-te Studie soll in Kürze vorliegen.

Logo der „Aktion Saubere Hände“

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impressum

Herausgeber | Techniker Krankenkasse, Landesvertretung Sachsen-Anhalt

Verantwortlich | Jens Hennicke redaktion | Arlett Dölle, Elke Proffen telefon | 0391 - 7 39 44 00 telefax | 0391 - 7 39 44 44E-Mail | [email protected] twitter | www.twitter.com/TKinSTinternet | www.tk.de/lv-sachsenanhalt

Buchlesung „Herz aus dem takt“Abend aus ihrem gleichnamigen Pa-tientenratgeber und stand für Fragen aus dem Auditorium zur Verfügung.

„Insbesondere nach einem Herzinfarkt gewinnen Patientinnen und Patienten häufig nur schwer wieder Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, und es fallen vielfach erneute Klinikauf-enthalte an, die für die Betroffenen beunruhigend sind und die Kranken-kassen finanziell belasten“, so Torsten Meyer, Krankenhausreferent bei der TK in Sachsen-Anhalt. Wie Meyer erläutert, will die TK gerade diesem Personenkreis demnächst in der Region Halle ein neues Behandlungs-angebot unterbreiten. Hierfür ist eine intensive Zusammenarbeit der TK mit der Kardiologischen Praxis von Fr. Dr. Schirdewahn und dem Diakoniewerk Halle geplant.

Deutschlandweit fanden im Novem-ber die Herzwochen statt. Diese beschäftigten sich in diesem Jahr mit dem Thema Herzrhythmusstörun-gen. Schätzungen zufolge sind davon bundesweit etwa eine halbe Million Menschen betroffen. Viele von ihnen reagieren mit Ratlosigkeit und Ängsten, wenn sie Unregelmäßigkeiten ihres Herzschlages feststellen.

Die Techniker Krankenkasse nahm dies zum Anlass und lud gemeinsam mit der Mitteldeutschen Zeitung und dem Diakoniewerk Halle zu einem Informa-tionsabend zum Thema „Herz aus dem Takt“ ein, um über mögliche Ursachen für die Entstehung von Herzrasen und Herzstolpern zu informieren sowie diagnostische und therapeutische Möglichkeiten vorzustellen. Dr. Petra Schirdewahn, niedergelassene Kar-diologin im Saalekreis, las an diesem

Buchcover (ISBN 978-3-86279-950-3)

alterszahnmedizin im FokusTK unterstützt das Projekt „AzuBiss“

Mundgesundheit im Pflegeheim, gegengesteuert. Im Rahmen dieser Ini-tiative wurde ein Erfahrungsaustausch zwischen den Auszubildenden der Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) und den zukünftigen Altenpfle-gern (AP) der berufsbildenden Schule „Dr. Otto Schlein“ in Magdeburg etabliert. Die ersten Klassen wurden in Tandems eingeteilt, theoretisch geschult und verbrachten je einen Tag in der Zahnarztpraxis und in der Pflegeeinrichtung, um zu hospitieren und praktische Erfahrungen aus dem jeweiligen anderen Berufsfeld zu er-langen. Auch die TK unterstützt dieses Projekt und hat z. B. die Druckkosten für die Ausbildungsunterlagen über-nommen.

Mehr Informationen dazu finden Sie unter www.zaek-sa.de.

Viele Seniorinnen und Senioren, die pflegebedürftig oder in ihrer Beweg-lichkeit eingeschränkt sind, ist es nicht möglich, bei Beschwerden einen Zahnarzt aufzusuchen.

Kariöse Zähne, entzündetes Zahn-fleisch, Pilzinfektionen sowie schlecht sitzende oder nicht getragene Prothe-sen können die eigene Gesundheit, eine gesunde Ernährung und damit die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Doch oftmals fehlt es Altenpflegerin-nen und Altenpflegern, welche Hilfe-stellung beim Einsetzen der verschie-denen Arten von Zahnprothesen oder bei der Mundhygiene geben sollen, an Fachwissen und praktischer Erfahrung.

Hier wird mit dem Modellprojekt „AzuBiss“, der ausbildungsübergrei-fenden Zusammenarbeit für mehr