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Vom NPS über die strategische zur operativen Kundenzufriedenheitsmessung 20150610

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Dr. Markus Mierzwa

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Instrumente zur Messung der Kundenzufriedenheit und ihre

Eignung für ein effektives Kundenzufriedenheitsmanagement - Vom NPS über die strategische zur operativen

Kundenzufriedenheitsmessung -

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Inhaltsverzeichnis

1 Qualität, Erwartungen und Kundenzufriedenheit .............................. 1

1.1 Entwicklung des Qualitätsbegriff im Zeitablauf ............................................. 1

1.2 Kundenerwartungen als konstituierendes Merkmal der Qualität ....................... 2

1.3 Kundenzufriedenheitsmanagement = Erwartungsmanagement ......................... 3

1.4 Messung und Maßnahmenentwicklung ........................................................ 4

2 Kundenzufriedenheitsmanagement ................................................. 5

2.1 Zentrale Konstrukte im Kundenzufriedenheitsmanagement ............................. 5

2.2 Kundenkontaktpunkte und Momente der Wahrheit ........................................ 6

2.3 Loyalität und Image als Zielvariablen ......................................................... 7

2.4 Aktions- und Reaktionsgrößen .................................................................. 8

3 Zielsetzungen im Kundenzufriedenheitsmanagement...................... 11

3.1 Ermittlung des Status Quo von Zufriedenheit und Loyalität ........................... 11

3.2 Ermittlung von Stärken/Schwächen ........................................................... 11

3.3 Ermittlung des Handlungsbedarfs ............................................................. 12

3.4 Relativierung der Ergebnisse durch Benchmarking ....................................... 14

3.5 Ermittlung des Externen Handlungsbedarfs ................................................. 16

3.6 Operative Stärken/Schwächen Analyse ....................................................... 16

3.7 Ermittlung des Operativen Handlungsbedarfs .............................................. 17

3.8 Ermittlung der Ursachen für Begeisterung/Verärgerung ................................ 18

3.9 Ermittlung der Beziehungsqualität ............................................................ 19

3.10 Klassifikation der Kontaktpunkte nach Kano ............................................... 21

3.11 Fazit .................................................................................................... 23

4 Ausgewählte Messkonzepte für das

Kundenzufriedenheitsmanagement ............................................... 24

4.1 Eindimensionale Messkonzepte ................................................................. 24

4.1.1 Gesamtzufriedenheit ................................................................................................................... 24

4.1.2 Net Promoter Score (NPS) ............................................................................................................ 25

4.2 Mehrdimensionale Konzepte .................................................................... 28

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4.2.1 Strategische Kundenzufriedenheitsmessung ................................................................................... 29

4.2.2 Operative Kundenzufriedenheitsmessung ....................................................................................... 33

4.3 Eignung der Messkonzepte zur Erreichung der beschriebenen Ziele ................. 34

5 Fallstudie: Umfassendes Kundenzufriedenheitsmanagement ........... 36

5.1 Zielsetzungen ........................................................................................ 36

5.2 Gesamtkonzept ...................................................................................... 36

5.3 Pilotstudie ............................................................................................ 37

5.4 Roll-out ............................................................................................... 38

5.5 Feldphase ............................................................................................. 38

5.6 Auswertung und Reporting ...................................................................... 38

5.7 Präsentation und Umsetzung ................................................................... 38

6 Empfehlung: NPS nur als Einstieg ................................................. 40

7 Zusammenfassung ...................................................................... 42

8 Quellen ...................................................................................... 44

9 2hm-Team | Die Köpfe dahinter ................................................... 46

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Grundgleichung der Kundenzufriedenheit 3

Abb. 2: Zentrale Konstrukte zur Messung der Kundenzufriedenheit 6

Abb. 3: Wirkungszusammenhang der einzelnen Konstrukte 9

Abb. 4: Wirkungszusammenhang auf der operativen Ebene 9

Abb. 5: Einfache Stärken/Schwächenanalyse 12

Abb. 6: Strategischer Handlungsbedarf aus Impact und Abweichung von der

Gesamtzufriedenheit 14

Abb. 7: Farblogik zur Interpretation von Kundenzufriedenheitswerten (inkl.

Handlungsempfehlungen) 14

Abb. 8: Priorisierung des strategischen Handlungsbedarfs durch Benchmarking 16

Abb. 9: Einfache Stärken/Schwächen Analyse auf der operativen Ebene 17

Abb. 10: Operativer Handlungsbedarf aus Impact und Abweichung von der Gesamtzufriedenheit

im Kontaktpunkt 18

Abb. 11: Individualreport mit Detailinformationen zu einem Kunden 20

Abb. 12: Beziehungsqualität 20

Abb. 13: Nichtlinearer Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Erfüllungsgrad physikalischer

Eigenschaften 22

Abb. 14: Klassifikation der Kontaktpunkte entsprechend der Kano-Systematik im Importance-

Impact-Portfolio 23

Abb. 15: Berechnung des Net Promoter Score 25

Abb. 16: Beispiele für internes Benchmarking mittels Net Promoter Score 26

Abb. 17: Kernkomponenten einer strategischen Kundenzufriedenheitsbefragung 29

Abb. 18: Aktionen auf Basis der Kombination von Individualreport und Kundenwert 32

Abb. 19: Momente der Wahrheit im Gesamtmodell 33

Abb. 20: Messkonzepte und ihre Eignung zur Erreichung unterschiedlichster Ziele 35

Abb. 21: Gesamtmodell für die Studie 37

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 1

1 Qualität, Erwartungen und Kundenzufriedenheit

1.1 Entwicklung des Qualitätsbegriff im Zeitablauf

Es ist sicher eine gewagte These, zu behaupten, dass die Anfänge des Kundenzufriedenheitsma-

nagements bereits 110 Jahre zurückliegen. Diese These ist natürlich nur haltbar, wenn der Beginn

eines systematischen Qualitätsmanagements auch als Initialzündung für das Kundenzufrieden-

heitsmanagements verstanden wird. Am Anfang dieser Entwicklung stehen zwei bekannte Namen:

Henry Ford und Winslow Taylor.

Letzterer entwickelte ein Prinzip zur Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen, das er aus einer gro-

ßen Anzahl von Arbeitsstudien ableitete und das unter dem Begriff Scientific Management1) be-

kannt wurde. Der sich etwas später durchsetzende und stark ideologisch geprägte Begriff „Taylo-

rismus“ bezog sich dagegen stärker auf die Auswirkungen2) in der Arbeitswelt. Entscheidend war

jedoch, dass mit dem Scientific Management die Grundlagen entwickelt waren, auf denen Ford

seine Fließbandtechnik im Automobilbau aufsetzen und perfektionieren konnte.

Diese Fließbandarbeit, bei der die Produktion in kleinste Einheiten zerlegt wird, dient vor allem

der Steigerung der Produktivität und ist letztlich auch heute noch Grundlage vieler Produktions-

prozesse in der Industrie – wenn auch in deutlich veränderter Form. Ein wesentlicher Baustein in

Fords Produktion war eine bereits relativ ausgefeilte Qualitätskontrolle am Ende des Produktions-

prozesses.

Zu dieser Zeit basierten die Qualitätssicherung und der zugrundeliegende Qualitätsbegriff noch

komplett auf der Erfüllung von technisch definierten Standards. Qualität wurde fast ausschließ-

lich erst am fertigen Produkt „geprüft“ und damit rein kurativ gedacht. Ziele des Qualitätsmana-

gements waren folglich – wie oben bereits angedeutet – die Fehlerfreiheit und Funktionsfähigkeit

eines Produkts. Trotzdem kann diese Zeit – entsprechend der Anfangsthese – als Startpunkt für

das Kundenzufriedenheitsmanagement definiert werden, weil sich aus diesen technisch geprägten

Anfängen der heutige stark kundenzentrierte Qualitätsbegriff3) entwickelte.

4 )

1) Theoretische Überlegungen stellte er dagegen nur in geringem Umfang an. Dies blieb späteren Generationen von

Forschern vorbehalten. Taylor, Frederick W.: The principles of scientific management. New York: Cosimo, 2006 (Na-chdruck der Ausgabe: London: Harper & Brothers, 1911). - ISBN 1596058897.

2) Insbesondere die „Entmündigung“ und die daraus entstehend einfache „Disponibilität“ der Arbeiter, die nur noch

kleine Arbeitsschritte, für die wenig Fachkenntnisse notwendig waren, bearbeiteten, wurde und wird bis heute kritisiert.

3) Qualität definiert als die Erfüllung von Kundenerwartungen, vgl. hierzu: Mierzwa, M. Methodengestützte Produk-

tentwicklungsprozesse, Frankfurt/M., Berlin, Bern, New York, Paris, Wien, 1995.

4) Gut erkennbar auch an der Neufassung der DIN ISO EN 2001:2015, in der Kundenorientierung eine deutlich größere

Rolle spielen wird, als bei den bisherigen Fassungen.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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1.2 Kundenerwartungen als konstituierendes Merkmal der Qualität

Es dauerte bis Anfang der 1970er Jahre, bevor sich am grundlegenden Qualitätsverständnis und

damit auch an der daraus folgenden Qualitätsdefinition etwas Wesentliches änderte. Auslöser

dafür war eine Veränderung im Marktumfeld der Unternehmen. Vor allem in den Jahren nach dem

2. Weltkrieg hatten sich viele Märkte von Verkäufermärkten, die vor allem durch die Knappheit

von Produkten/Dienstleistungen5) gekennzeichnet sind, hin zu Käufermärkten entwickelt. Letztere

können unter anderem durch einen zunehmend stärkeren Wettbewerb um die Gunst der Kunden

charakterisiert werden6).

Ab dieser Zeit hielten langsam die Begriffe Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit Einzug

in das Qualitätsverständnis und die Qualitätsdefinition. Neben der Erfüllung technischer Stan-

dards, die bis dahin den Qualitätsbegriff dominiert hatten, entwickelten sich jetzt die Erwartun-

gen der Kunden zu konstituierenden Merkmalen der Qualität. Genau diese Erwartungen sind auch

die zentralen Komponenten des Konstrukts Kundenzufriedenheit.7)

In Anlehnung an Kano8) lässt sich der Schluss ziehen, dass die Erfüllung technischer Standards

(hier das technische Funktionieren des Produkts) heute nicht mehr den Rang eines Leistungsfak-

tors inne hat, sondern zu einem Basisfaktor geworden ist.9) Bei einem Basisfaktor wird von den

Kunden ein Mindestniveau erwartet; wird mehr geboten, steigt die Zufriedenheit nicht weiter an.

Wird das Mindestniveau nicht erreicht, sinkt die Zufriedenheit dagegen schnell ab. Ist das Min-

destniveau erreicht (Zufriedenheit der Kunden), ist eine weitere Investition in solche Leistungen

ökonomisch unsinnig.

Umgekehrt hat sich die Erfüllung der Kundenerwartungen, die heute die Qualitätsdefinitionen

prägt, zu einem Leistungsfaktor entwickelt. Eine bessere Erfüllung der Kundenerwartungen führt

zu höherer, eine schlechtere zu niedrigerer Kundenzufriedenheit. Die schwer zu beantwortende

Frage,10)

die sich automatisch stellt, ist die nach der aus Unternehmenssicht idealen, d. h. kos-

tenoptimalen Erwartungserfüllung (oder auch Kundenzufriedenheit). Geht doch in der Regel eine

stärkere Kundenorientierung auch mit höheren Kosten einher. Es gibt Ansätze, diese Frage analy-

5) Wenn im Text von „Produkt“ gesprochen wird, dann sind „Dienstleistungen“ immer mitgedacht. Im Kundezu-

friedenheitsmanagement heutiger Provenienz gilt die Qualitätsdefinition „Qualität = Erfüllung von Kundenanforder-ungen“ für beide Bereiche gleichermaßen. Auf die gleichzeitige Nennung beider Bereiche wird aus Gründen einer besseren Lesbarkeit verzichtet.

6) Diese Entwicklung ist auch gut am Unternehmen Tank & Rast erkennbar, das sich, in den 50er Jahren gegründet,

von einem Verwaltungsunternehmen hin zu einem kundenorientierten Servicebetrieb entwickelt hat. Vgl., Bochmann, K., Marlière, M., Markus Mierzwa, Erlebte Qualität zahlt sich aus, Absatzwirtschaft, 11/2005.

7) Definition nach dem allgemein anerkannten Confirmation/Disconfirmation Paradigma. Vgl. Mierzwa, M., Kunden-

zufriedenheit verstehen und effektiv steigern, in Direkt Marketing 7/2002, S. 10 – 14.

8) Kano, N., Attractive Quality and Must-be Quality, 1984, S. 39–48,

9) Zur Kano-Analyse siehe auch Kundenzufriedenheit: So entwickeln Sie einen Fragebogen, Mierzwa, Markus, S. 22 in:

Digitale Fachbibliothek Qualitätsmanagement Hrsg., Kamiske, Gerd F. USB-Stick über 7924 Seiten ISBN 978-3-939707-25-7, Symposion Publishing

10) Diese Frage ist deshalb so schwer zu beantworten, weil viele Faktoren, die z. Teil voneinander abhängig sind und

sich auch noch über die Zeit verändern, eine Rolle spielen. Zu diesen gehören z. B., das Wettbewerbsumfeld und damit der Wettbewerbsdruck, das Anspruchsniveau der Kunden (ggf. segmentspezifisch), die Lebenszyklen der Produkte u. v. a. mehr.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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tisch zu lösen, allerdings sind diese komplex und aufwändig, so dass sie bisher in der Praxis kaum

eingesetzt werden.

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Kundenzufriedenheit liegt in der Notwendigkeit, dass Men-

schen, die Produkte/Dienstleistungen beurteilen sollen, diese selbst erlebt/genutzt haben müs-

sen.11)

Nur dann können sie zu ihrer Zufriedenheit Auskunft geben.

1.3 Kundenzufriedenheitsmanagement = Erwartungsmanagement

Verfügten die Unternehmen bezüglich der technischen Qualität und dem Management derselben

über ein im Laufe der Zeit entwickeltes und dann ausgefeiltes Instrumentarium, standen sie der

neuen Situation zunächst eher ratlos gegenüber. Woher sollten die dringend benötigten Informa-

tionen kommen, um Produkte an die Erwartungen der Kunden anpassen zu können? Vorreiter, weil

in einem hochkompetitiven Markt tätig, im Bereich Kundenzufriedenheitsmanagement war und ist

es auch heute noch, die Automobilindustrie. Hier gab es bereits in den frühen 1970er Jahren

erste Bestrebungen, Prozesse, vor allem im Autohaus, kundenorientierter zu gestalten.

Verbürgt ist eine Anekdote aus dem Jahr 1974 bei VW. Im Rahmen eines Workshops wurde die

Frage in den Raum geworfen, was wohl die Erwartungen der Kunden an die Auftragsannahme im

Autohaus sein könnten. Die lapidare Antwort des damaligen Beraters12)

war so einfach wie nahe-

liegend: „Fragen wir doch einfach unsere Kunden!“. Es lässt sich heute nicht mehr nachweisen,

könnte aber ein Startpunkt für die der Fundierung des Kundenzufriedenheitsmanagements mittels

Kundenbefragungen in Deutschland gewesen sein.

Wie bereits oben erwähnt, ist das bei weitem am häufigsten verwendete theoretische Konstrukt

zur Messung der Kundenzufriedenheit das Confirmation/Disconfirmation Paradigma.

Abb. 1: Grundgleichung der Kundenzufriedenheit

Bei diesem Konzept werden die Erwartungen der Kunden indirekt über die Kundenzufriedenheit,

also die „Reaktion“ der Kunden auf den Vergleich ihrer Erwartungen mit den erhaltenen Leistun-

11) Deshalb kann Kundenzufriedenheit z. B. bei potenziellen Kunden nicht gemessen werden.

12) Prof. Klaus W. Bochmann, Verwaltungsrat bei der Bochmann Consulting AG, Kastanienbaum, Kanton Luzern, Swit-

zerland, 1974.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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gen, gemessen. Sehr hohe oder hohe Zufriedenheit bedeuten demnach, dass die Erwartungen der

Kunden (über)erfüllt wurden, niedrige Zufriedenheit, dass die Leistungen hinter den Erwartungen

zurückbleiben. Eine weitere Konsequenz aus dieser Gleichung ist die Erkenntnis, dass in der Regel

nur die eigenen Leistungen beeinflusst werden können.13)

Bei den Erwartungen der Kunden ist

dies dagegen nur in geringem Umfang möglich.14)

Nur aufgrund dieser Definition eignet sich die

Messung der Kundenzufriedenheit überhaupt dazu, die Erwartungen der Kunden zu ermitteln.

1.4 Messung und Maßnahmenentwicklung

Die Erkenntnis, dass das Messen alleine noch nicht zur Steigerung der Loyalität führt, hat sich

leider auch heute noch nicht überall durchgesetzt. Immer noch werden aufwändige Studien

durchgeführt, deren Ergebnisse dann in der Schublade des Vorstandes verschwinden. Paradoxer

Weise führt dieses Verhalten nach dem Confirmation/Disconfirmation Paradigma sogar zu sinken-

der Zufriedenheit. Die Ursache dafür sind die Erwartungen der Kunden, die befragt wurden. Sie

gehen davon aus, dass nach der Befragung das Versprechen, „Ihre Meinung ist uns wichtig, nur

wenn Sie uns sagen, wo Sie mit unseren Leistungen noch nicht zufrieden sind, können wir uns

weiter verbessern“, das im Vorspann zu den Interviews gegeben wird, später auch eingehalten

wird. Passiert nichts, sinkt die Zufriedenheit. Der Effekt ist umso größer, je höher der Anteil der

befragten Kunden an der Grundgesamtheit ist. Gerade im B2B-Bereich, schlägt der Effekt auf-

grund der häufig geringen absoluten Kundenanzahl deshalb relativ schnell auf die Zufriedenheit

durch.

Ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass häufig nach der Auslieferung der Ergebnisse nichts wei-

ter passiert, ist die falsche Verwendung der zur Verfügung stehenden Budgets. Orientiert am Pa-

reto-Prinzip, sollte die Messung maximal 20% der Kosten verursachen, 80 % sollten für die Ent-

wicklung und Umsetzung zur Verfügung stehen. Die Erfahrung aus vielen Jahren Beratung lehrt,

dass es in den Projekten meist umgekehrt läuft. Nach der Messung sind nur noch Restbudgets

vorhanden, die für die Maßnahmenentwicklung, -umsetzung und das Erfolgsmonitoring zur Verfü-

gung stehen. Das reicht naturgemäß dann nicht mehr aus, um für die Kunden spürbar etwas zu

verändern.

13) Vgl. die Ausführungen zu 2.4 Aktions- und Reaktionsgrößen, S. 8.

14) Auch wenn immer wieder versucht wird, „Erwartungsmanagement“ zu betreiben, sind die damit erzielbaren Erfolge

doch eher gering, speisen sich die Erwartungen doch aus den ganz persönlichen Erfahrungen der Menschen. Ledi-glich bezogen auf die Werbung, d. h. durch die Vermeidung allzu vollmundiger Versprechungen, die später nicht oder nur in geringem Maße eingehalten werden, können die Erwartungen der Kunden in Maßen gesteuert werden. Allerdings geht das dann häufig auch zu Lasten der Aufmerksamkeitswirkung der entsprechenden Werbung.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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2 Kundenzufriedenheitsmanagement

Als konzeptioneller Rahmen für das Kundenzufriedenheitsmanagement wird der klassische Ma-

nagementprozess: Zielsetzung-Planung-Durchführung-Maßnahmenentwicklung-Umsetzung-

Kontrolle verwendet. Zielsetzung ist in diesem Fall die Steigerung der Loyalität der Kunden. Im

Rahmen der Planung ist es für die Erreichung dieses Zieles wichtig, einen Fragebogen zu verwen-

den oder zu entwickeln, der alle Komponenten, die für das Modell benötigt werden, beinhaltet.

Bei der Durchführung kommt das ausgewählte Instrumentarium zum Einsatz (Datenerhe-

bung/Messung), und die erhobenen Daten werden ausgewertet. Mit der Berichtslegung wird die-

ser Prozessschritt komplettiert. Auf der Basis der Ergebnisse werden Maßnahmen entwickelt und

umgesetzt. Mit dem abschließenden Kontrollprozess wird sichergestellt, dass die Maßnahmen

auch tatsächlich zur Steigerung der Loyalität beitragen.

Bei den nachfolgenden Ausführungen liegt der Schwerpunkt auf der Messung (Messinstrumente)

und der Eignung der Messkonzepte für die Erreichung der beschriebenen Ziele.

2.1 Zentrale Konstrukte im Kundenzufriedenheitsmanagement

Im Kern des Kundenzufriedenheitsmanagements stehen die Kontaktpunkte, die gemeinhin als

strategische Erfolgstreiber für Loyalität und erweitert auch für das Image definiert werden. Auf

dieser Ebene findet in der Regel auch der Wettbewerbsvergleich statt. Ebenfalls zur strategischen

Ebene gehören die Zielgrößen Kundenloyalität und Image, wobei diese Zielgrößen je nach Ziel-

setzung (Zielgruppen- oder Markenmanagement) ausgestaltet werden können. Im Fokus der meis-

ten klassischen Kundenzufriedenheitsmessungen steht das Zielgruppenmanagement, das vor allem

im B2B-Bereich eher prozessbezogen definiert wird. Durch eine stärkere Berücksichtigung des

Images kann jedoch mit relativ wenig Aufwand ein erheblicher Mehrwert geliefert werden.

In der nachfolgenden Grafik sind die allgemein anerkannten Zusammenhänge dargestellt. Dabei

ist anzumerken, dass die Informationen zum Markenmanagement in Kundenzufriedenheitsstudien

naturgemäß eher rudimentär sind. Die Zielsetzung liegt eindeutig auf dem Zielgruppenmanage-

ment. Die vermeintliche Gleichgewichtigkeit zwischen Zielgruppen- und Markenmanagement ist

nur den vielen möglichen Zusammenhängen geschuldet. In Kundenzufriedenheitsstudien können

etwa 10 Imagedimensionen einbezogen werden, ohne dass der Fragebogen wesentlich länger

wird. Dies reicht für ein umfassendes Markenmanagement bei weitem nicht aus. Zudem fehlt eine

für die umfassende Messung des Markenimage geeignete Struktur.15)

15) Ein zentraler und sehr lesenswerter Artikel zu den vielfältigen Ausprägungen und Dimensionen des Markenimage

stammt von Aaker, J., Dimensions of Brand Personality in: Journal of Marketing Research, Vol. 34, August 1997, pp. 347–356.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 2: Zentrale Konstrukte zur Messung der Kundenzufriedenheit

Zentral für die Maßnahmenentwicklung sind die operativen Ebenen I und II, auf denen die Erwar-

tungen der Kunden im Detail abgebildet werden. Die Pfeile markieren gerichtete Beziehungen, die

überwiegend in Form von Einflussstärken (Treibergewichten) und in der Regel auch unterschied-

lich stark wirken. Die einzelnen Elemente werden zum besseren Verständnis nachfolgend kurz

beschrieben.

2.2 Kundenkontaktpunkte und Momente der Wahrheit

Kundenzufriedenheit entsteht an den Stellen, an denen die Kunden auf die Leistungen eines Un-

ternehmens treffen. Für diese Stellen gibt es mehrere Bezeichnungen, die meist synonym verwen-

det werden. Zu nennen wären insbesondere Kundenkontaktpunkte (Customer Touchpoints) und

Leistungsbereiche (Performance Areas). Aufgrund der verständlicheren Bezeichnung wird im Fol-

genden der Begriff Kundenkontaktpunkt verwendet.

Kundenkontaktpunkte bilden meist den Ausgangspunktpunkt für das Kundenzufriedenheitsma-

nagement und hier insbesondere auch für die Entwicklung der Messinstrumente. Ein hierzu geeig-

neter Prozess wurde in einem früheren Artikel ausführlich beschrieben und wird hier nicht weiter

vertieft.16)

Kontaktpunkte bilden zusammen mit den Zielvariablen (Loyalität, Image, Gesamtzu-

friedenheit) die strategische Ebene eines Fragebogens.

16) Vgl. hierzu Mierzwa, M., Kundenzufriedenheit: So entwickeln Sie einen Fragebogen, S. 22 in: Digitale Fachbiblio-

thek Qualitätsmanagement Hrsg., Kamiske, Gerd F. USB-Stick über 7924 Seiten ISBN 978-3-939707-25-7, Sympo-sion Publishing oder in http://de.slideshare.net/MarkusMierzwa/kundenzufriedenheit-fragebogen-richtig-entwickeln-version-30032012, 3/2012.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Im Idealfall wird die Zufriedenheit mit den Kontaktpunkten nicht nur für das eigene Unterneh-

men, sondern auch für die/den (wichtigsten) Wettbewerb(er) erhoben. Diese Informationen eig-

nen sich bei weitem am besten für einen Benchmarkvergleich, werden sie doch im exakt gleichen

Kontext erhoben in dem auch das eigene Unternehmen bewertet wird. Deshalb ist diese Form

eines Benchmarks solchen Formen vorzuziehen, die in Vergleichsstudien erhoben werden. In der

Regel muss ein Unternehmen diese Studien käuflich erwerben.17)

Aus ihnen können meist keine

Informationen, die zur Optimierung der unternehmensspezifischen Prozesse benötigt werden,

entnommen werden.

Auf der strategischen Ebene kann demzufolge nur ermittelt werden, ob die Erwartungen der Kun-

den auf einer aggregierten Ebene, der der Kontaktpunkte, erfüllt werden. Die tatsächlichen Ursa-

chen für die (Un)Zufriedenheit liegen tiefer. Deshalb eignen sich diese übergeordneten strategi-

schen Informationen noch nicht für die Maßnahmenentwicklung.18)

Hierfür sind detailliertere

Informationen auf der operativen Ebene notwendig.

Folglich sollte eine detailliertere Untersuchung der Erwartungserfüllung, die Kunden innerhalb der

einzelnen Kontaktpunkte haben, erfolgen. In der Fachterminologie werden diese Erwartungen mit

dem Begriff Momente der Wahrheit (Ebene I) bezeichnet. Genau an diesen Stellen entsteht die

Zufriedenheit der Kunden bei jedem Erleben neu. Noch eine Stufe tiefer sind die Momente der

Wahrheit II angesiedelt. Diese können jedoch nur erhoben werden, wenn im Unternehmen – ggf.

auf der Basis früherer Zufriedenheitsergebnisse – bereits Standards definiert wurden, deren Ein-

haltung überprüft werden kann.

2.3 Loyalität und Image als Zielvariablen

Bisher war nur die Rede vom Kundenzufriedenheitsmanagement oder der Messung der Kundenzu-

friedenheit. Folglich fehlt in den Überlegungen noch eine wesentliche Modellgröße, die Zielvari-

able. In den Anfängen des Kundenzufriedenheitsmanagements waren die Bestrebungen noch da-

rauf ausgerichtet, tatsächlich die Kundenzufriedenheit zu optimieren. Als Zielvariable wurden

entweder die Gesamtzufriedenheit (erfragt) oder der CSI (Customer-Satisfaction-Index) verwen-

det. Erst mit der Zeit setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Kundenzufriedenheit als Optimie-

rungsziel möglicherweise nicht geeignet sein könnte. Allzu oft entschieden sich selbst hochzu-

friedene Kunden, aus welchen Gründen auch immer, beim Wiederkauf doch für ein Produkt des

Wettbewerbs.19)

17) In einigen Vergleichsstudien können Unternehmen auch ein Set von individuellen Fragen platzieren, die dann

miterhoben werden. Dies ist allerdings relativ teuer und liefert bei weitem nicht Informationen die bei der Ver-wendung eines unternehmensspezifischen Fragebogens erhoben werden können.

18) Es sei denn, es werden Reason Why Fragen ergänzt. In diesem Fall stehen über die erhobenen offenen Texte,

wenigstens einige Informationen zu den Ursachen für Begeisterung/Verärgerung zur Verfügung.

19) Zu nennen wären hier z. B. Fordkunden, die jahrelang mit ihrem Auto zufrieden waren und dann doch beim

nächsten Kauf auf einen BMW umsteigen (hier sind es Faktoren, wie Status und Image, die zum Wechsel führen) oder auch die berühmten „Variety Seeker“, die alleine schon aus dem „Testen“ eines anderen Produkts einen posi-tiven Nutzen ziehen.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Schon deshalb sollte es nicht Ziel eines Unternehmens sein, glückliche Kunden zu haben, das

wäre nämlich der Fall, wenn die Kundenzufriedenheit stetig gesteigert wird. Es gilt vielmehr an-

zustreben, die Prozesse dahingehend zu optimieren, dass Kunden sich loyal verhalten, also immer

wieder beim Unternehmen kaufen und dies als Ausdruck ihrer Begeisterung anderen Kunden wei-

terempfehlen. Nur mit solchen Kunden kann ein Unternehmen langfristig am Markt überleben. Sie

werden gemeinhin als loyale oder gebundene20)

Kunden bezeichnet.

Anders, als in der Grafik dargestellt, wird das Image in Studien manchmal auch wie ein Kontakt-

punkt behandelt. Ziel bei dieser Vorgehensweise ist es, die Bedeutung des Image‘ für die Loyali-

sierung der Kunden zu ermitteln (Treibergewicht des Image). Da sich jedoch auch das Image aus

vergangenen Erfahrungen mit einem Unternehmen bildet, steht es theoretisch auf einer Stufe mit

der Loyalität. Schon deshalb muss das Image einen relativ hohen Einfluss auf die Loyalität haben

– was sich in der Realität meist bestätigt. In der Rangfolge bezüglich des Einflusses auf die Loya-

lität rangiert das Image im Reigen der Kontaktpunkte zumeist auf den Plätzen eins oder zwei.

Die Imagedimensionen werden entweder aus der Unternehmensstrategie abgeleitet21)

oder bei der

Entwicklung des Fragebogens mitentwickelt. Inwieweit das Image auch die Loyalität treibt, kann

z. B. mittels einfacher Regressions- oder Korrelationsanalysen ermittelt werden. Wird das Image

etwas umfangreicher gemessen (5-8 Dimensionen) und bereits in der Konzeptionsphase die Ziel-

setzung entsprechend formuliert, ist es möglich, neben dem Zielgruppenmanagement auch Infor-

mationen für das Markenmanagement zu gewinnen – und zwar im Rahmen einer Kundenzufrie-

denheitsanalyse!

Wie in der obigen Grafik dargestellt, wird dabei die Zielvariable Loyalität durch die Zielvariable

Image ersetzt. Als Treiber fungieren wiederum die Kundenkontaktpunkte und auch die Berech-

nung der Treibergewichte erfolgt in gleicher Weise wie beim Zielgruppenmanagement. Auch wenn

Loyalität und Image sich theoretisch ähneln, ergeben sich häufig unterschiedliche Treiberstruktu-

ren für die beiden Zielsetzungen.

2.4 Aktions- und Reaktionsgrößen

Neben der Einordnung in eine inhaltliche Struktur, wie zuvor geschehen, können die Konstrukte

im System Kundenzufriedenheit zusätzlich in solche, die durch ein Unternehmen aktiv beeinfluss-

bar sind (Aktionsgrößen) und solche die nur auf Einflüsse reagieren (Reaktionsgrößen) eingeteilt

werden. In der nachfolgenden Abbildung sind die einzelnen Konstrukte entsprechend ihrer Beein-

flussbarkeit charakterisiert

20) Auch wenn diese beiden Begriffe immer noch synonym verwendet werden, so sind sie es nicht. Loyale Kunden

bleiben, weil sie zufrieden sind (also bleiben wollen). Gebundene Kunden bleiben, weil sie nicht anders können, sei es, weil technische oder z. B. auch vertragliche Hürden dem entgegenstehen, oder auch weil sie zu träge sind, sich nach Alternativen umzusehen.

21) Gängige Formulierungen wären z. B. „Wir wollen das innovativste Unternehmen unserer Branche sein“, „Wir streben

langfristig die Qualitätsführerschaft an“.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 3: Wirkungszusammenhang der einzelnen Konstrukte

Der Einfachheit halber wird nur zwischen Aktions- und Reaktionsgrößen unterschieden und auf

die Darstellung von Nuancen (z. B. stärkerer und schwächerer Einfluss, den es sicher gibt) ver-

zichtet.

Aktionsgrößen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie vom Unternehmen aktiv gesteuert werden

können. Für Reaktionsgrößen gilt dagegen, dass sie von einem Unternehmen gar nicht oder nur

sehr schwer (z. B. die Erwartungen) beeinflusst werden können. Als Pfeile sind die Wirkungen

(Bedeutung) eines Konstrukts auf ein anderes dargestellt. Diese Wirkungen sind zumeist unter-

schiedlich hoch und werden analytisch aus den Daten ermittelt. Es wird damit reales Verhalten

der Kunden abgebildet (Evidenz). Sofort fällt auf, dass überhaupt nur zwei Konstrukte innerhalb

dieses Systems direkt von den Unternehmen beeinflusst werden können. Die eigenen Leistungen

und die Werbung, letztere aber an zwei Stellen. Die Leistungen beeinflussen die Zufriedenheit

und werden an den Erwartungen relativiert. Die Erwartungen werden auch in Maßen durch die

Werbung beeinflusst.22)

Die Werbung wirkt zusätzlich auch direkt auf das Image.

Die Zufriedenheit ist in diesem im System als Gesamtzufriedenheit dargestellt. Dies ist allerdings

hier nur der Übersichtlichkeit geschuldet. Natürlich setzt sich das System aus Aktions- und Reak-

tionsgrößen auch auf der operativen Ebene, den Momenten der Wahrheit, fort, wie aus der nach-

folgenden Grafik ersichtlich ist.

Abb. 4: Wirkungszusammenhang auf der operativen Ebene

Auf dieser Ebene werden einzelne Leistungen betrachtet, die an den entsprechenden Erwartungen

aus Kundensicht relativiert werden (Momente der Wahrheit). Für die Entwicklung von effizienten

Maßnahmen im Kundenzufriedenheitsmanagement ist es folglich unabdingbar, die Kunden auch

22) Aber eben nicht nur durch die Werbung des eigenen Unternehmens, sondern auch durch die des Wettbewerbs.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 10

auf dieser Ebene zu befragen. Auf der Kontaktpunktebene liefert die Messung nur übergeordnete,

meist als strategisch bezeichnete, Informationen. Nur auf der Ebene der Momente der Wahrheit

werden die tatsächlichen Ursachen für die (Un)Zufriedenheit der Kunden sichtbar und ihre Wir-

kung auf die Gesamtzufriedenheit mit dem Kontaktpunkt oder auch die Loyalität berechenbar. Da

sie sich auf einzelne Erwartungen beziehen, können sie sehr gut als Ansatzpunkte für die Ent-

wicklung konkreter Maßnahmen herhalten.

Es ist offensichtlich, dass die zuvor beschriebenen Zusammenhänge Konsequenzen für das Kun-

denzufriedenheitsmanagement haben (müssen). Es reicht nicht, nur die Reaktionsgrößen, z. B.

Gesamtzufriedenheit, Loyalität oder Image zu messen. Da diese als Reaktionsgrößen nicht direkt

beeinflusst werden können, fehlt die Treiberseite (Aktionsgrößen) komplett.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 11

3 Zielsetzungen im Kundenzufriedenheitsmanagement

Die Anforderungen, die ein optimales Messkonzept erfüllen muss, hängen sehr stark von der Ziel-

setzung für das Kundenzufriedenheitsmanagement hab. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es

auch im Kundenzufriedenheitsmanagement unterschiedlichste Zielsetzungen. Als übergeordnetes

Ziel, ist, wie oben bereits beschrieben, die Steigerung der Loyalität vorgegeben. Auf welchen

Wegen dieses Ziel erreicht wird, ist dabei höchst unterschiedlich. Nachfolgend werden mögliche

(Teil)Zielsetzungen innerhalb von Kundenzufriedenheitsstudien beschrieben, anschließend wer-

den die unterschiedlichen Messkonzepte dahingehend bewertet, in wieweit sie dazu geeignet

sind, die Teilziele und damit das Gesamtziel zu erreichen. Implizit wird dabei vorausgesetzt, dass

die Erreichung der Teilziele auch zur Erreichung des Gesamtziels beiträgt.

3.1 Ermittlung des Status Quo von Zufriedenheit und Loyalität

Soll nur ein Status Quo für Loyalität oder Zufriedenheit ermittelt werden (als KPI), reichen weni-

ge Fragen aus. Aber, wozu dann überhaupt messen? Nur, um eine Zahl, die ja für sich alleine be-

trachtet wertlos ist, zu kennen? Zum Glück wird auf solche Studien (Ausnahme Net-Promoter-

Score) heute weitgehend verzichtet. Bei dieser Vorgehensweise fehlte jede Möglichkeit, Ursa-

chenforschung zu betreiben und es besteht auch kaum eine Möglichkeit, Maßnahmen zu entwi-

ckeln, mit denen Kundenzufriedenheit und Loyalität gesteigert werden können. Werden solche

Befragungen regelmäßig wiederholt, können wenigstens Veränderungen ermittelt werden. Woraus

diese Veränderungen resultieren, bleibt aber offen. Eine aktive Steuerung (Management) der Kun-

denzufriedenheit ist nicht möglich, weil die Basis dafür fehlt.

3.2 Ermittlung von Stärken/Schwächen

Neben dem Status Quo von Zufriedenheit und Loyalität, stellt die Ermittlung von Stär-

ken/Schwächen ein weiteres Subziel dar. In einfachen Konzepten werden Stärken/Schwächen

alleine aus den Kundenzufriedenheitsergebnissen abgeleitet. Liegt die Zufriedenheit insgesamt

oder bei einem Kontaktpunkt unter einer theoretischen oder willkürlich gesetzten Grenze, stellt

dies eine Schwäche dar, liegen die Werte über dieser Grenze, eine Stärke.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 5: Einfache Stärken/Schwächenanalyse

Es ist jedoch schnell erkennbar, dass diese Vorgehensweise nicht zielführend sein kann. Zu häufig

würde in Bereiche investiert (ein oben nicht aufgeführtes Beispiel ist die Kundenzeitschrift), die

mit den eigentlichen Leistungen des Unternehmens nur wenig zu tun haben und bei denen auch

erkennbar ist, dass sie nur wenig zur Steigerung der Loyalität beitragen können. Es ist offensicht-

lich, dass weitere Überlegungen und Analysen notwendig sind, um die meist knappen Mittel auf

die Bereiche zu konzentrieren, bei denen die Wirkung auf die Zielerreichung am größten ist (He-

bel).

3.3 Ermittlung des Handlungsbedarfs

Eine deutlich leistungsfähigere Erweiterung der Stärken/Schwächenanalyse stellt die Handlungs-

bedarfsanalyse dar. Sie erfolgt zunächst auf strategischer Ebene, kann aber bei Bedarf und genü-

gend großer Stichprobe auch auf der operativen Ebene erfolgen. Hierfür ist die Ermittlung von

Gewichten notwendig, um Priorisierungen der vornehmen zu können. Zentraler Gedanke bei der

Ermittlung von Gewichten im Kundenzufriedenheitsmanagement, ist der möglichst zielorientierte

Einsatz der zumeist knappen Budgets, d. h.: es soll möglichst nur dort investiert werden, wo der

Beitrag zur Zielerreichung (Steigerung der Loyalität) am höchsten ist.

In ersten Ansätzen und auch heute noch ab und zu, wurde versucht, die Gewichte mittels einer

direkten Abfrage (Importance) und zwar bei jeder einzelnen Frage, zu erheben, was zunächst zu

relativ langen Fragebögen führte. Die Ergebnisse waren trotzdem selten aussagefähig23)

, weil Ef-

fekte, wie z. B. die Anspruchsinflation bei der Gewichtung, diese stark beeinflussten. Alles wird

in etwa als gleich wichtig bewertet und soll idealer Weise auch noch zum niedrigsten Preis ange-

boten werden.

23) So wird z. B. häufig der Preis als Ursache für schlechte Bewertungen angeführt, weil die Befragten sich nicht die

Mühe machen wollen, die tatsächlichen Ursachen zu benennen. Auf den Preis schimpft es sich immer noch am ein-fachsten.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Heute wird die direkte Abfrage der Gewichte meist nur noch in einem sehr spezifischen Fall ein-

gesetzt, wenn es darum geht, Kontaktpunkte mit einem vereinfachten Verfahren nach der Kano-

Methodik zu klassifizieren.24)

Eine Gewichtung, die aus dem realen Verhalten der Kunden berechnet wird, ist der Impact. Dieser

Wert repräsentiert den tatsächlichen Einfluss, den ein Kontaktpunkt auf die Reaktionsgröße Loya-

lität hat und wird meist mittels multivariater Verfahren (regressions-, korrelations- oder auch

kausalanalytisch) ermittelt. Vereinfacht gesagt, wird ermittelt, wie die Reaktionsgröße Loyalität

reagiert, wenn sich die Aktionsgröße Leistung (und damit Zufriedenheit) verändert. Diese Analyse

kann auf Gesamtebene – Gesamtzufriedenheit treibt die Loyalität, auf strategischer Ebene, die

Kontaktpunkte treiben die Loyalität, (relative Bedeutung der Kontaktpunkte zueinander) und auf

operativer Ebene, die Momente der Wahrheit treiben die Gesamtzufriedenheit mit einem Kontakt-

punkt oder die Loyalität, durchgeführt werden. Ein Spezialfall wäre die Ermittlung des Einflusses

der Kontaktpunkt auf das Image25 )

, einer Vorgehensweise die bei einer vereinfachten Markensteu-

erung zum Einsatz gelangt.

Ein Beispiel für die Ermittlung des strategischen Handlungsbedarfs ist nachfolgend dargestellt. Es

ist eine Kombination der einfachen Stärken/Schwächenanalyse mit den ermittelten Treiberge-

wichten (Impact). Die Zufriedenheitswerte werden zudem in Relation zur Gesamtzufriedenheit mit

dem Unternehmen gesetzt. In gleicher Weise kann auch ein theoretischer oder strategischer Wert

als Relativ gelten.26)

24) Siehe Pkt. 3.10 Klassifikation der Kontaktpunkte nach Kano, S. 17

25) Siehe hierzu Pkt. 2.3 Loyalität und Image als Zielvariablen, S. 7.

26) Strebt ein Unternehmen nach Exzellenz, bietet es sich an, z. B. den Wert 80 Pkt. als Relativ zu verwenden. wobei

dieser Wert nur bei Verwendung einer 11er oder 6er Skala gilt, bei einer 5er Skala, bei der 80 Pkt. ja nicht vork-ommen können, sollte der Wert bei 75 Pkt. liegen.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 6: Strategischer Handlungsbedarf aus Impact und Abweichung von der Gesamtzufriedenheit

Als strategischer Handlungsbedarf ist im Beispiel die Vertriebsleistung anzusehen, die eine hohe

Bedeutung hat und gleichzeitig schlechter bewertet wird, als die Gesamtzufriedenheit. Eine Stär-

ke wären in diesem Fall die Produkte. Die Farbcodierung der Punkte beinhaltet zudem eine Bewer-

tung der Ergebnisse aus theoretischer Sicht.

Abb. 7: Farblogik zur Interpretation von Kundenzufriedenheitswerten (inkl. Handlungsempfehlungen)

3.4 Relativierung der Ergebnisse durch Benchmarking

Erstmalig wurde Benchmarking vermutlich von XEROX in den 1970iger Jahren durchgeführt, um

herauszufinden, warum Canon seine leistungsfähigeren Produkte deutlich günstiger anbieten

konnte als XEROX selbst. Im Rahmen dieser Studien wurde auch erstmalig der Begriff „Benchmar-

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 15

king“27)

verwendet. In der Zwischenzeit wurde eine Vielzahl von Modellen für das Benchmarking

entwickelt, eine einheitliche Vorgehensweise fehlt aber nach wie vor.28)

In der Kundenzufriedenheitsforschung wurden entsprechend dem Benchmarking-Gedanken schon

relativ früh die sogenannten Kundenbarometer eingeführt.

1989 das Swedish Customer Satisfaction Barometer 1992 das Deutschen Kundenbarometer, 1994 der American Customer Satisfaction Index (ACSI).

Im Rahmen dieser Barometer werden für viele Branchen Vergleichsdaten erhoben und ausgewer-

tet. Hierzu müssen weitgehend standardisierte Fragebögen verwendet werden, die nur solche

(Meta)Kontaktpunkte enthalten, die für die Mehrzahl der Unternehmen zutreffen. Ansonsten wäre

ein Vergleich nicht möglich.29)

Eine spezifische Anpassung an die Prozesse der einzelnen Unter-

nehmen unterbleibt weitgehend. Spezifika werden maximal für Branchen erhoben und verursa-

chen dann zusätzliche Kosten. Konsequenz aus dieser (notwendigen) Metamessung ist, dass kon-

krete Ansatzpunkte für die Prozessoptimierung bei einzelnen Unternehmen meist fehlen. Es wird

nur erkennbar, in welchen Bereichen ein Unternehmen von der Marktnorm, gesamt- und bran-

chenbezogen abweicht. Warum dies so ist, bleibt meist im Dunkeln. Der Nutzen solcher Studien

für das Kundenzufriedenheitsmanagement ist häufig eher gering. Trotzdem erfreuen sich die Ba-

rometermessungen nach wie vor einer relativ großen Nachfrage.30)

Neben diesen „übergeordneten“ Benchmarks über Unternehmen und Branchen hinweg, wurde

schon früh auch für das Kundenzufriedenheitsmanagement, und damit für die Messung der Kun-

denzufriedenheit, eine weitere Form des Benchmarkings entwickelt. Ausgehend von dem Gedan-

ken, dass die Kunden eines Unternehmens häufig auch mit Wettbewerbern Erfahrungen haben

und deshalb auch für diese Unternehmen Aussagen zu ihrer Zufriedenheit machen können, wird

seit den späten 1990 Jahre ein in die Kundenzufriedenheitsbefragung integriertes Benchmarking

eingesetzt.

Wesentlicher Vorteil dieser Integration ist es, dass die Benchmarkwerte im gleichen Fragebogen,

damit in der gleichen Befragungssituation und mit dem gleichen Fragentext, also unter weitge-

hend gleichen Bedingungen und damit vergleichbar, erhoben werden. Um die Befragten nicht zu

überfordern, erfolgt der Vergleich nur für die übergeordneten KPIs (Loyalität, Gesamtzufrieden-

heit, ggf. Image) und die Kontaktpunkte. Vergleiche bis auf die operative Ebene hinab sind meist

nur in gemeinsamen Studien mehrerer Unternehmen, wie sie z. B. von Verbänden organisiert wer-

den, möglich.

27) Camp, Robert C. Benchmarking, ASQC Quality Press 1989.

28) Vgl. hierzu die Bestandsaufnahme von Lugauer, W., Gann, T., Puchan, J., Benchmarking-Methoden, e-Journal of

Practical Business Research, 2012.

29) Dies schmältert den Nutzen einer Kundenzufriedenheitsbefragung erheblich, weil die Spezifika des eigenen Un-

ternehmens nicht oder nur sehr eingeschränkt berücksichtigt werden (können). Eine wirkliche Prozessoptimierung in Richtung Kundenorientierung kann damit nicht erzielt werden.

30) Da diese Barometer bereits seit mehr als 20 Jahren laufen, werden natürlich übergeordnete Trends erkennbar, z. B.

wie sich die Gesamtzufriedenheit oder auch die Loyalität der Kunden über die Zeit verändert (Inter-/Intrabranchen bezogen). Ob diese Informationen für einzelne Unternehmen einen wirklichen Nutzen darstellen, kann zumindest angezweifelt werden.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 16

3.5 Ermittlung des Externen Handlungsbedarfs

Mittels des zuvor ermittelten Impacts für die Kontaktpunkte und mit den Wettbewerbswerten als

Relativ (Benchmark), kann ein weiteres Portfolio erstellt werden.

Abb. 8: Priorisierung des strategischen Handlungsbedarfs durch Benchmarking

In Kombination mit dem bereits zuvor dargestellten Portfolio zur Ermittlung des strategischen

Handlungsbedarfs, können weitere Schlüsse gezogen werden. So erweist sich der Vertrieb (inter-

ner Handlungsbedarf) im Vergleich zum Wettbewerb sogar als Stärke, während die Logistik sowohl

intern als auch im Benchmarkvergleich einen Handlungsbedarf darstellt und bevorzugt anzugehen

ist. Dass zudem auch noch der Zufriedenheitswert <60 Pkt. ist, untermauert dieses Ergebnis zu-

sätzlich.

Strebt ein Unternehmen Exzellenz an, dann sollten auch die vorgestellten Portfolios an diesem

Streben ausgerichtet werden. Konsequenter Weise wird dann im internen Benchmark die entspre-

chende Exzellenzgrenze verwendet und der Handlungsbedarf daraus ermittelt. Zusätzlich vereinfa-

chen sich so die Darstellungen bei den Portfolios, da der Benchmarkwert dann einheitlich ist.

3.6 Operative Stärken/Schwächen Analyse

Wie bereits weiter oben beschrieben, reicht die Ermittlung des strategischen oder des externen

Handlungsbedarfs für eine fundierte Maßnahmenentwicklung nicht aus. Hierzu müssen Informati-

onen zu den Momenten der Wahrheit für jeden einbezogenen Kontaktpunkt erhoben werden. Aus

den Ergebnissen kann dann, entsprechend der strategischen, eine einfache Stär-

ken/Schwächenanalyse auf operativer Ebene erfolgen.

Page 21: Vom NPS über die strategische zur operativen Kundenzufriedenheitsmessung 20150610

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 17

Abb. 9: Einfache Stärken/Schwächen Analyse auf der operativen Ebene

Wie bei der strategischen Variante dieser Analyse ist auch hier schnell erkennbar, dass diese Vor-

gehensweise nicht zielführend sein kann. Zu häufig würden Leistungen optimiert, die nur wenig

zur Steigerung der Loyalität oder der Gesamtzufriedenheit im Kontaktpunkt beitragen können. Es

fehlt eine Priorisierung, mit der es möglich wird, wichtige von unwichtigen Leistungen zu unter-

scheiden.

3.7 Ermittlung des Operativen Handlungsbedarfs

Um aus der Stärken/Schwächen Analyse eine Handlungsbedarfsanalyse zu entwickeln, wird eine

Gewichtungsanalyse (Ermittlung des Impact) auf der operativen Ebene benötigt. Treiber sind jetzt

die Momente der Wahrheit, die die einzelnen Erwartungen/ Leistungen innerhalb eines Kontakt-

punkts entsprechen. Zielgröße ist die Gesamtzufriedenheit mit dem jeweiligen Kontaktpunkt oder,

besser, die Loyalität. Die Analyse hierfür entspricht der bei der Gewichtung auf strategischer Ebe-

ne.

Dem aus den Größen Impact auf die Gesamtzufriedenheit mit dem Kontaktpunkt (oder der Loyali-

tät) und der Abweichung von der Gesamtzufriedenheit gebildeten Portfolio, wird der operative

Handlungsbedarf entnommen.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 10: Operativer Handlungsbedarf aus Impact und Abweichung von der Gesamtzufriedenheit im Kontaktpunkt

Der so ermittelte Handlungsbedarf (hier: Klarer Ansprechpartner und Schnelle Antwortzeit) bildet

eine ideale Basis für die Entwicklungen von Maßnahmen zur Steigerung der Zufriedenheit im Kon-

taktpunkt Vertrieb und über diesen der Loyalität.

3.8 Ermittlung der Ursachen für Begeisterung/Verärgerung

In Messkonzepten, in denen nur eine Reaktionsgröße ermittelt wird, z. B. Weiterempfehlungs-

wahrscheinlichkeit im Net Promotor Score oder einfachen Kundenzufriedenheitsstudien – sogen.

„Eine-Frage-Studien“, bei denen ausschließlich nach der Gesamtzufriedenheit gefragt wird, fehlen

jegliche Möglichkeiten, Ursachen für die (Un)Zufriendenheit zu ermitteln. Es ist nicht möglich,

herauszufinden, warum ein Kunde begeistert oder auch verärgert ist, warum er weiterempfiehlt

und warum nicht. Deshalb werden in solchen Befragungen oft sogenannte Reason Why Fragen

ergänzt.

In der Regel sind es zwei mögliche Fragen, die antwortabhängig gestellt werden. Bei sehr guten

Bewertungen (z. B. 9,10 auf einer 11er Skala), wird nach Ursachen für die sehr gute Bewertung

gefragt und bei schlechten Bewertungen (z. B. <6 auf der 11er Skala) nach den Ursachen für die

schlechten Bewertungen.

Dadurch wird es möglich, wenigstens eine Idee bezüglich der Ursachen für Begeisterung oder

Verärgerung zu ermitteln. Allerdings gilt auch hier das, was bereits weiter oben in Bezug auf Im-

portance31)

und Impact32)

beschrieben wurde. Die Antworten werden leider nicht immer konsistent

zum tatsächlichen Verhalten gegeben.

31) Siehe Pkt. 3.3 Ermittlung des Handlungsbedarfs S. 12

32) Ebenda.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Die Reason Why Fragen werden aber nicht nur zur Ursachenforschung herangezogen, sondern wie

z. B. im NPS, auch für die Ermittlung von Treibergewichten. Hierzu werden die offenen Antworten

codiert und ausgezählt. Die am häufigsten vorkommenden Codes haben dann das höchste Ge-

wicht. Wobei es hier zwei zentrale Fehlerquellen gibt. Zum einen die oben beschriebene Inkonsis-

tenz zwischen Antwort und tatsächlicher Entscheidung und zum zweiten fehlerhafte Codierungen,

die nach Erfahrungen des Verfassers in nicht unbeträchtlichem Umfang vorkommen. Wobei Co-

dierfehler vor allem dann vorkommen, wenn extern codiert wird, also die Codierung nicht, wie

z. B. im NPS vorgesehen, durch die Adressaten im Unternehmen erfolgt. Letztere kennen den

Kontext, innerhalb dessen die offene Antwort gegeben wurde und können damit auch anhand

einer Codeliste fundiert codieren. Dies klappt bei externer Codierung nicht ganz so gut.

Unabhängig von den beiden zuvor genannten Ursachen, derentwegen Reason Why Fragen einge-

setzt werden, gibt es ein weiteres, wichtiges Einsatzfeld. Bei der Entwicklung von Fragebögen

besteht immer auch die Gefahr, dass z. B. sehr viele Kontaktpunkte (>15) oder, was häufiger vor-

kommt, sehr viele Momente der Wahrheit (>10) erarbeitet werden. In diesen Fällen muss eine

Auswahl getroffen werden. Werden die Fragebögen nur mit unternehmensinternen Experten ent-

wickelt, was aus Kostengründen leider häufig der Fall ist, kann es sein, dass aus Kundensicht

wichtige Kriterien gestrichen oder vergessen werden.33)

Und zwar sowohl auf Kontaktpunktebene

oder auch bei den Momenten der Wahrheit. Reason Why Fragen können dabei helfen, solche feh-

lenden Kriterien zu erkennen. Hierzu werden bei jeder Frage nach der Gesamtzufriedenheit mit

einem Kontaktpunkt und auch bei der übergeordneten Gesamtzufriedenheit Reason Why Fragen

ergänzt.

Zeigt sich bei der Auswertung der offenen Fragen, dass ein Thema, das in den Itembatterien nicht

enthalten ist, häufig genannt wird, dann fehlt eine entsprechende Frage. Wird diese in der nächs-

ten Erhebung ergänzt, bleibt der Fragebogen aktuell und entfernt sich auch im Laufe der Zeit

nicht von der Realität. Ganz abgesehen davon, liefern solche offenen Fragen auch eine Menge

Stoff für lebhafte Präsentationen. Es ist ein großer Unterschied, ob ein dröger Mittelwert berich-

tet wird oder eine knackige Aussage eines A-Kunden, der mit dem Unternehmen (nicht) zufrieden

ist.

3.9 Ermittlung der Beziehungsqualität

Im Kundenzufriedenheitsmanagement gibt es zunächst zwei Ebenen, auf denen die Beziehung zu

den Kunden optimiert werden kann: die Prozess- und die Beziehungsebene. Während der Optimie-

rungsbedarf bei Prozessen meist auf der Basis aggregierter Ergebnisse (z. B. Mittelwerte) ermit-

telt wird, werden für die Optimierungen der Beziehungsqualität, Informationen auf Individual-

ebene benötigt. Diese können in einfacher Form als Excel-Tabelle für alle Befragten geliefert wer-

den, die die Anonymität aufgehoben haben,34)

oder in Form graphisch aufbereiteter Individualre-

33) Siehe hierzu auch Mierzwa, M., Kundenzufriedenheit: So entwickeln Sie einen Fragebogen, in: Digitale Fachbiblio-

thek Qualitätsmanagement, Symposion Publishing.

34) Hierbei ist darauf zu achten, dass die Regelungen für den Datenschutz berücksichtigt werden, was vor allem bei

internationalen Studien aufwändig werden könnte. Da die Datenschutzgesetze in Deutschland aber mit am ausge-feiltesten sind, reicht meist die Prüfung für Deutschland aus.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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ports, in denen für jeden Kunden, der die Anonymität aufgehoben hat, die Qualität seiner Bezie-

hung zum Unternehmen auf mehreren Ebenen dargestellt wird. Nachfolgend ein, beliebig anpass-

bares Muster eines solchen Berichts.

Abb. 11: Individualreport mit Detailinformationen zu einem Kunden

Auch für die aggregierte Beziehungsqualität gibt es im Kundenzufriedenheitsmanagement ein

Portfolio, mit dem die entsprechenden Informationen geliefert werden. Das Portfolio wird, anders

als in den bisherigen Darstellungen, aus den absoluten Werten für Loyalität und Zufriedenheit

(CSI oder erfragte Gesamtzufriedenheit) gebildet. Wichtig sind die Grenzen, an denen die vier

Quadranten getrennt werden. Werden Skalenwerte linear transformiert (z. B. ohne Top Box Ge-

wichtung), ist es z. B. bei der 11er Skala sinnvoll, diese bei 80 Pkt. zu setzen.

Abb. 12: Beziehungsqualität

Die Qualität der Beziehung wird aus den jeweiligen Quadranten abgelesen. Bei insgesamt sehr

hohen Loyalitäts- und Zufriedenheitswerten, also vielen Kunden im Segment der überzeugten

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Kunden, wie z. B. in der Automobilindustrie, ist der Fan-Anteil ein sehr wertvoller, weil schärferer

Indikator. Er ist Ausdruck einer stark emotional geprägten Beziehung der Kunden zum Unterneh-

men. Schwierig zu betreuen sind die volatilen Kunden. Sie sind zwar hochzufrieden, belohnen das

Unternehmen aber nicht mit Loyalität, d. h. sie reagieren trotz ihrer hohen Zufriedenheit nicht

mit loyalem Verhalten. Diese Kunden sind damit eine Zielgruppe, die durch ein ausgefeiltes CRM

bearbeitet und an das Unternehmen gebunden werden sollte.

3.10 Klassifikation der Kontaktpunkte nach Kano

Unter der Zielsetzung, knappe Budgets nur dort einzusetzen, wo ein möglichst hoher Beitrag zur

Loyalisierung der Kunden zu erwarten ist, liefert auch die Kano-Analyse wichtige Informationen.

Kern der Kano-Analyse ist ein sehr spezieller Fragebogen, den Kano bereits 1984 entwickelte. Die

Besonderheit bei den dort verwendeten Fragen ist, dass sie einmal funktional (das Kriterium ist

vorhanden) und einmal dysfunktional (das Kriterium ist nicht vorhanden) beantwortet werden

müssen.35)

Kano hatte viele Studien zu Kundenanforderungen selbst durchgeführt oder analysiert und er-

kannt, dass der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und dem Vorhandensein von Quali-

tätseigenschaften nichtlinear ist. Entsprechend der Ergebnisse seiner Studien entwickelte er eine

Einstufung der Eigenschaften in fünf Kategorien, um dieser Nichtlinearität gerecht zu werden. Die

Kategorien sind:

(A) Attractive quality (Begeisterungsfaktor), (O) One-dimensional quality, (Leistungsfaktor) (M) Must-be quality, (Basisfaktor) (I) Indifferent quality (Gleichgültigkeitsfaktor) (R) Reverse quality (Ablehnungsfaktor).

Für das Kundenzufriedenheitsmanagement werden zumeist nur die ersten drei Faktoren verwen-

det. Entscheidend ist, dass Basisfaktoren von den Kunden erwartet werden. Sind sie nicht vor-

handen, entsteht Unzufriedenheit. Umgekehrt steigt die Zufriedenheit aber nicht an, wenn das

Kriterium in größerem Umfang erfüllt wird.36)

Begeisterungsfaktoren werden von den Kunden

nicht erwartet und führen zu (sehr) hoher Zufriedenheit. Insbesondere eigenen sie sich auch zur

Differenzierung im Wettbewerb (Hidden Chance). Leistungsfaktoren folgen dem Prinzip „je mehr,

desto besser und je weniger, desto schlechter“ und damit einem linearen Zusammenhang.

Nachfolgend das Original-Chart, das Kano in seiner Publikation verwendete37.

35) Ein Bewertung der Kano-Methode mit einem Anwendungsbeispiel (S. 1251) ist zu finden in: Witell, L., Löfgren, M.,

Dahlgaard, J. J., Theory of attractive quality and the Kano methodology – the past, the present, and the future, Total Quality Management and Business Excellence, (24), 1241-1252, Lausanne 2013

36) Klassisches Beispiel ist die Pünktlichkeit der Lieferung. Wird die Erwartung erfüllt, wird kaum ein Kunde ein Lob

aussprechen. Ist sie aber nicht erfüllt, wird er seine Unzufriedenheit deutlich formulieren.

37) Das Bild wird hier bewußt in der Originalfassung dargestellt, weil es in vielen Quellen mit unterschiedlichen Bez-

eichnungen auf der X-Achse dargestelltverwendet wird. Tatsächlich spricht Kano dort explizit von der Erfüllung physikalischer Eigenschaften. Kundenorientierung oder gar die Erfüllung von Kundenanforderungen, die in Zitaten gerne als Bezeichnung für die X-Achse verwendet werden, waren zu Kanos Zeit noch völlig ungebräuchlich. Es

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 13: Nichtlinearer Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Erfüllungsgrad physikalischer Eigenschaften

Diese Analyse ist in ihrer von Kano entwickelten Form komplex und bedarf eines ganz speziellen

Fragebogens, weshalb sie in ihrer ursprünglichen Form im Kundenzufriedenheitsmanagement

praktisch nicht angewendet wird. Es gibt aber eine verkürzte Form, bei der lediglich die drei Di-

mensionen Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren eine Rolle spielen. Für diese Analyse-

form müssen einige wenige Fragen (meist 5-7) im Kundenzufriedenheitsfragebogen ergänzt wer-

den. Es handelt sich um die Fragen nach der Wichtigkeit, die die Kunden den Kontaktpunkten

beimessen. Diese Wichtigkeit (Importance) der Kontaktpunkte wird auf einer Skala mit den Aus-

prägungen „unwichtig“ bis „wichtig“ bewertet. Wie viele Ausprägungen zwischen den Extrem-

punkten liegen, sollte an den restlichen Fragebogen angepasst werden.

drängt sich deshalb durchaus der Gedanke auf, dass viele Autoren den Kano-Ansatz in ihren Zitaten ein wenig an die jeweils gerade benötigte Aussage angepasst haben.

Erfüllungsgrad physikalischer Eigenschaften

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 14: Klassifikation der Kontaktpunkte entsprechend der Kano-Systematik im Importance-Impact-Portfolio

Für die Klassifikation wird das erfragte Gewicht (Importance) dem berechneten Gewicht (Impact)

im obigen Portfolio gegenüber gestellt. Anders als in den bisherigen Portfolios handelt es sich

hier um zwei Gewichtungen, die das Portfolio aufspannen. Im Beispiel wären Bestellwesen und

Lieferung/Logistik die Basisfaktoren, die die Kunden schlicht erwarten. Hotline und ggf. Vertrieb

wären Möglichkeiten sich vom Wettbewerb zu differenzieren.

3.11 Fazit

Es gibt viele Zielsetzungen, die mittels einer Kundenzufriedenheitsbefragung erreicht werden

können. Die zuvor beschriebenen stellen – mit Ausnahme der Kano-Einstufung – kaum zusätzliche

Anforderungen an das Befragungsinstrumentarium und damit einen Standard dar. Weitere mögli-

che Zielsetzungen, für die Ergänzungen im Fragebogen notwendig wären, sind:

Potenzialabschätzung (z. B. über Share of Wallet) Ermittlung von Chancen/Risiken (z. B. über Veränderung der Bestellmengen, allgemein

und unternehmensspezifisch) Betrachtung einiger Imagedimensionen und deren Einfluss auf die Loyalität (durch Einbe-

ziehung von Image-Items) u. a. mehr.

Entscheidend ist, wie in jedem Managementprozess, dass die Zielsetzung vor Beginn der Studie

diskutiert und (schriftlich) fixiert wird. Erst dann kann das dazu passende Messkonzept ausge-

wählt und damit sichergestellt werden, dass die Ziele im Rahmen der Studie auch erreicht werden

können. Nachfolgend werden vier Messkonzepte beschrieben und anschließend beurteilt, inwie-

weit die zuvor dargestellten Ziele beim Einsatz dieser Messkonzepte erreicht werden können.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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4 Ausgewählte Messkonzepte für das Kundenzufrie-

denheitsmanagement

Nach der Darstellung ausgewählter Zielsetzungen im Rahmen des Kundenzufriedenheitsmanage-

ments, wird im Folgenden der Kern des zuvor formulierten Managementprozesses, die Messung

der Kundenzufriedenheit, beschrieben. Insbesondere wird dargestellt, inwieweit die zur Verfü-

gung stehenden Messkonzepte dazu geeignet sind, den benötigten Input für ein zielgerichtetes

Management der Kundenzufriedenheit zu liefern. Als gliederndes Kriterium wird dabei die Dimen-

sionalität der Konzepte verwendet. Als eindimensional werden Messkonzepte bezeichnet, bei de-

nen nur eine Aktions- oder Reaktionsgröße aus den oben dargestellten Systemen erhoben wird.

Als mehrdimensional gelten solche Konzepte, bei denen sowohl Aktions- als auch Reaktionsseite

berücksichtigt werden. Den Abschluss bildet eine tabellarische Übersicht, in der die Messkonzepte

den Zielsetzungen gegenübergestellt werden.

4.1 Eindimensionale Messkonzepte

Um Kundenzufriedenheit zu managen, muss gemessen, mit Auswertung und Berichtslegung die

Basis für die Entwicklung von Maßnahmen gelegt und nach der Umsetzung geprüft werden, ob die

Maßnahmen den gewünschten Effekt auf die Zielgröße haben (Monitoring). Zu den eindimensio-

nalen Konzepten gehören die Messung der Gesamtzufriedenheit und der Net-Promoter-Score.

4.1.1 Gesamtzufriedenheit

Die isolierte Gesamtzufriedenheit wird z. B. immer noch im Rahmen von Zertifizierungen verwen-

det, wenngleich sich auch hier die Erkenntnis langsam durchsetzt, dass mit einer einzelnen Frage

wenig erreicht werden kann.38)

Dies kommt auch in der anstehenden Neufassung der DIN ISO EN

9001:2015 zum Ausdruck. Dort wird der Kundenorientierung ein im Vergleich zur vorherigen Fas-

sung gesteigerter Stellenwert zugemessen.39)

Eine weitere Anwendung sind transaktionsbezogene Messungen der Zufriedenheit, vergleichbar

dem transaktionalen NPS, wie sie z. B. von Banken oder Krankenversicherungen40)

eingesetzt wer-

den. Solche einfachen Messungen der Kundenzufriedenheit sind nur zum Kundenzufriedenheits-

management zu verwenden, wenn zumindest eine Reason Why-Frage zur Ermittlung von Ursachen

für Begeisterung oder Verärgerung ergänzt wird. Nach jeder Transaktion (oder einem vergleichba-

38) Vgl. ISO 9000 2005 in: Geiger, W., Kotte, W., Handbuch Qualität. Grundlagen und Elemente des Qualitätsmanage-

ments: Systeme – Perspektiven, 7. Aufl. Vieweg, Wiesbaden, 2008

39) Vgl. TÜV SÜD, Information zur ISO Revision 9001:2015 Entwurf ISO/DIS 9001:2015, Stand: Mai 2014, TÜV SÜD

Management Service GmbH, München 2015.

40) So misst z. B. die Techniker-Krankenkasse jährlich die Kundenzufriedenheit mit einer Frage zur Gesamtzufriedenheit

und einer Nachfrage nach den Gründen für die Bewertung. Gleiches gilt für MLP, wobei hier die interessante Kon-struktion verwendet wird, nach der aktuellen und nach der Gesamtzufriedenheit vor einem halben Jahr zu fragen. Werden unterschiedliche Bewertungen vergeben, wird nach dem Grund für diesen Unterschied gefragt.

Page 29: Vom NPS über die strategische zur operativen Kundenzufriedenheitsmessung 20150610

25

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 25

ren Prozessschritt) und bei vielen Kunden gestellt, lässt sich auch mit einem solchen vergleichs-

weise einfachen Messkonzept die Zufriedenheit mit einzelnen Prozessschritten und damit langfris-

tig auch insgesamt, sukzessive steigern.

4.1.2 Net Promoter Score (NPS)

4.1.2.1 Methode

In Reinform stellt auch der klassische Net-Promoter-Score, bei dem die Loyalität mittels einer

einzigen Loyalitätsdimension41)

gemessen wird, ein eindimensionales Messkonzept dar, weil nur

die Reaktionsseite Loyalität gemessen wird. Entwickelt wurde das Konzept von Reichelt um das

Jahr 2000.42)

Er untersuchte eine Vielzahl von Loyalitätsdimensionen (Weiterempfehlung, Wieder-

kauf, etc.), mit denen das Kundenverhalten (eine Reaktionsgröße) beschrieben wird. In 11 von

14 Fallstudien, die er analysierte, kristallisierte sich die Weiterempfehlung als beste Dimension

heraus. In einem zweiten Schritt berechnete er den NPS für die „Major Player“ in ca. 30 Branchen

in den USA und verglich diesen mit dem Unternehmenswachstum (Financial Growth). Er fand eine

starke Korrelation zwischen den beiden Größen und schloss daraus, dass sich die Weiterempfeh-

lung und damit der NPS sehr gut als Prädiktor für das Unternehmenswachstum eignet. Einen Be-

leg für die Eignung des Konzepts, als Basis für das Kundenzufriedenheitsmanagement, lieferte er

aber nicht.

Seit 2003, als er das Konzept unter dem Claim „One number you need to grow” in der Harvard

Business Review erstmalig veröffentlichte, wurde das Messkonzept in vielen Unternehmen ange-

wendet und vielfältig weiterentwickelt. Der Charme des Konzepts liegt auch heute noch in der

scheinbaren Einfachheit der Anwendung. In vielen, vor allem größeren Unternehmen, dient der

NPS als strategische Kennziffer (KPI), die regelmäßig gemessen wird. Diese Kennziffer wird als

einfache Differenz zwischen den Promotoren, Kunden die eine 9 oder 10 auf der 11er Skala ver-

geben und den Detraktoren, die 6 und niedriger werten, berechnet. Die mittleren Bewertungen

(7,8), werden nicht einbezogen und als indifferent ausgeklammert.

Abb. 15: Berechnung des Net Promoter Score

41) Weitere sind z. B. die Wiederkaufwahrscheinlichkeit, die Frage nach dem preferred Partner, der Share of Wallet oder

auch die „Gute Gründe“-Frage, bei der mit Szenarien gearbeitet wird.

42) Vgl. Reichheld, Frederick F., One number you need to grow, in: Harvard Business Review, 12/2003, S. 47 – 54.

Page 30: Vom NPS über die strategische zur operativen Kundenzufriedenheitsmessung 20150610

26

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 26

Abb. 16: Beispiele für internes Benchmarking mittels Net Promoter Score

4.1.2.2 Komponenten des NPS

Der Kern des NPS, die Messgröße Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit, ist eine reine Reaktions-

größe, die ohne weiterführende Informationen für ein effektives Kundenzufriedenheitsmanage-

ment43)

nicht geeignet ist. Der NPS ist dann lediglich eine Kennzahl (bei kontinuierlicher Messung

eine Art Kundenthermometer), bei der für ausgewählte Branchen nachgewiesen ist, dass sie mit

dem Unternehmenswachstum korreliert.44)

4.1.2.3 Reason Why Fragen und Benchmarking im NPS

Da keine quantitativ erhobenen Aktionsgrößen vorhanden sind, die für die Maßnahmenentwick-

lung benötigt werden, wurden beim NPS schon früh zusätzliche Fragen ergänzt. Als wichtigste

und früheste Ergänzung sind die “Reason why” Fragen zu nennen. Später kam das Benchmarking

mit dem wichtigsten Wettbewerber hinzu. Einmal als NPS-Frage “Würden Sie [Wettbewerber] wei-

terempfehlen?” und zum zweiten mit einer offenen Frage nach den Bereichen, in denen der Wett-

bewerber besser ist als das eigene Unternehmen.

4.1.2.4 Transaktionaler NPS

Eine Weiterentwicklung stellt der Transaktionale NPS dar, der direkt nach einem Kontakt eines

Kunden mit dem Unternehmen erhoben wird. So kann z. B. nach dem Besuch des Außendienstes

beim Kunden nachgefragt werden, ob er das Unternehmen aufgrund der Erfahrung mit dem Au-

ßendienst weiterempfehlen würde. Diese NPS Variante ist schwieriger zu realisieren. Zum einen

ist die Formulierung der entsprechenden Frage komplizierter als bei der einfachen Weiterempfeh-

lung und die Auswahl der einbezogenen Anlässe ggf. kritisch, weil sich nicht alle möglichen An-

lässe wirklich eignen. Wird der transaktionale NPS unreflektiert angewendet, kann es zu regel-

recht skurilen Befragungen kommen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Frage „Würden Sie das Un-

ternehmen aufgrund der Rechnung weiterempfehlen?“. Zum anderen erwartet der Kunde auch

beim transaktionalen NPS kurzfristig eine Reaktion, was zu erheblichem Aufwand in der Organisa-

tion führen kann.

43) Genau genommen ist es eine reine Loyalitäts- und damit eine Reaktionsmessung, da die Zufriedenheit (Aktionsgrö-

ße) und damit die Voraussetzung für das Management ja nicht gemessen wird.

44) Es gibt vielfältige Kritik am NPS. Eine der ersten im deutschen Sprachraum kam von Bauer, F., Bössow, O. Stu-

dzinski, J., Über Sinn und Unsinn des Net Promoter Scores (NPS), in: Planung und Analyse, Heft 4/2007. Weitere sehr detaillierte Ausführungen zu Schwächen des NPS finden sich unter: http://en.wikipedia.org/wiki/ Net_Promoter.

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27

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 27

4.1.2.5 Closed Loop beim NPS

Um sicherzustellen, dass nach der Befragung eine Reaktion in Richtung Kunde erfolgt, wurde der

Closed Loop eingeführt. Dies bedeutet, dass das Ergebnis der Befragung sehr schnell (meist per

Mail) an den für den Kundenkontakt verantwortlichen Mitarbeiter weitergeleitet werden muss. Die

hierbei entstehenden Probleme, z. B. das Analysieren der open ends, die Ermittlung der Tonalität

(pos./neg.), die Zuordnung, die je nach Problembereich unterschiedlich sein kann, und anderes

mehr, ist alles andere als trivial. Zur Lösung dieser Aufgabe werden hochkomplexe und damit

leider auch teure Analysemethoden, wie z. B. die Natural Language Processing-Funktion (NLP)

von Clarabridge45)

eingesetzt. Dadurch steigen die Kosten, die allein schon durch die Software-

tools, die für den NPS benötigt werden, weiter an. Vielleicht eine Ursache dafür, dass sich der

NPS in mittleren und kleinen Unternehmen nur sehr langsam durchsetzt. Der Kundenverantwortli-

che ist im Closed Loop verpflichtet, innerhalb weniger Tage Kontakt zur/zum Befragten aufzu-

nehmen, um ggf. eine schlechte Bewertung zu besprechen oder Vorschläge für Veränderungen zu

diskutieren.

Der Closed Loop stellt zunächst eine der großen Stärken des NPS-Konzepts dar, weil auf diesem

Weg die Information vom Kunden sehr schnell und direkt an die Stelle im Unternehmen gelangt,

die für den Kontakt zuständig ist. Allerdings setzt dies voraus, dass die Datenschutzgesetze diese

direkte Verbindung zulassen. Dies ist zumeist nur dann der Fall, wenn ein (doppeltes) Opt. in

vorliegt, oder die Anonymität durch entsprechende Nachfragen aufgehoben wurde.46)

Die Befra-

gung muss zudem so organisiert sein, dass die erhobene Information auch schnell an den Ver-

antwortlichen weitergeleitet werden kann. In der Regel ist dies nur bei einer Onlinebefragung,

die für den NPS als bevorzugte Erhebungsmethodik empfohlen wird, und unter Einsatz speziell

dafür entwickelter Softwarepakete möglich.47)

4.1.2.6 Telefonische Befragung beim NPS

Soll die NPS-Befragung telefonisch durchgeführt werden, was gerade bei sehr hochwertigen Kun-

denbeziehungen im B2B-Bereich als beste Befragungsmethode (Customer Care) angesehen wird,

wird es deutlich schwerer, die Prozesskette in der beschriebenen Art und Weise zu schließen. Ist

dies nicht gewährleistet, verliert der NPS einen seiner zentralen Vorteile, die Schnelligkeit, und

damit viel von seiner Wirksamkeit.

4.1.2.7 Kontaktpunkte als Treiber beim NPS

Wie bereits oben beschrieben, fehlt dem NPS die Möglichkeit, methodisch saubere Treiberanaly-

sen durchzuführen, weil die Aktionsgrößen (z. B. Kundenzufriedenheit) fehlen. Deshalb werden

45) Weitere Informationen unter http://www.clarabridge.com/

46) Da es sich bei diesen direkten Rückmeldungen (vor allem wenn sie vom System erfasst werden) im weitesten Sinne

um eine verdeckte Leistungsmessung handelt, ist es sinnvoll, den Betriebs- oder Personalrat in die Entscheidung einzubinden. Damit kann späterer Widerstand häufig vermieden oder doch deutlich reduziert werden.

47) Anbieter solcher Software gibt es mittlerweile viele. Die Leistungen und damit natürlich auch die Kosten dieser

Softwarelösungen sind stark unterschiedlich. Marktführer ist Satmetrix – die zusammen mit Reichelt diese Software entwickelt haben. Die deutsche Vertretung befindet sich in Zweibrücken (paulusresult GmbH).

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28

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 28

unter anderem die Antworten auf die Reason Why Frage kodiert und die Kodes dann ausgezählt.

Die häufigsten Nennungen sind nach dieser Vorgehensweise dann die wichtigsten Treiber.48)

Da diese Vorgehensweise methodisch angreifbar ist, wurden sukzessive weitere Größen ergänzt.

Soll der NPS wirklich effektiv beeinflusst werden, ist eine methodisch fundierte Treiberanalyse

und damit die Ergänzung von Kundenkontaktpunkten unerlässlich.49)

Damit ist der NPS aber nichts

anderes als eine klassische strategische Kundenzufriedenheitsbefragung, die nachfolgend darge-

stellt wird. Beim NPS wird dafür ein Loyalitätskonzept verwendet wird, das auf einer einzigen

Frage basiert, während es in der strategischen Kundenzufriedenheitsmessung aus mehreren, teil-

weise branchentypischen Fragen, besteht. Hierdurch ist es möglich, wichtige zusätzliche Informa-

tionen zu erheben.

4.1.2.8 Fazit

Der NPS eignet sich durchaus als Einstieg in ein geregeltes Loyalitätsmanagement, wenn er mit

weiteren Komponenten, vor allem auf der Aktionsseite, angereichert wird. Je mehr Komponenten

allerdings ergänzt werden, desto mehr nähert sich der NPS der ganz klassischen strategischen

Kundenzufriedenheitsmessung an, mit dem Makel, dass dann immer noch ein nur eindimensiona-

les Loyalitätskonzept verwendet wird.

In einigen Fällen ebbt der Hype um den NPS in Deutschland auch schon wieder ab. Eine gute

Zusammenfassung der Erfahrungen, die z. B. in einem großen deutschen Unternehmen mit dem

NPS in den letzten 8 Jahren gemacht wurden, hat ein Marktforschers dieses Unternehmens gelie-

fert. Er sagte wörtlich: „Vor 10 Jahren wurden wir dafür kritisiert, dass wir mit einem 20 Minuten

langen strukturierten Fragebogen unsere Kunden ärgern. Dann wurde der NPS „verordnet“ und

einige Zeit gemessen. Vor kurzem wurde dann aus dem Unternehmen die Forderung nach mehr

Informationen aus der Kundenzufriedenheitsmessung laut, worauf wenigstens Kontaktpunkte

ergänzt wurden. Jetzt kommt aus einigen Bereichen schon die Forderung nach weiteren Fragen,

womit wir uns wieder den 20 Minuten nähern. Allerdings wird nur 10 Minuten lang strukturiert

befragt, der Rest ist Wildwuchs … Alles irgendwie schon mal da gewesen“. Wie die Zukunft des

NPS langfristig aussehen, ist derzeit noch nicht zu sagen.

4.2 Mehrdimensionale Konzepte

Als mehrdimensional werden im Folgenden Konzepte bezeichnet, bei denen schon in der ein-

fachsten Konzeption sowohl konkrete Aktions- als auch Reaktionsgrößen enthalten sind. Zu die-

sen Konzepten gehören die Strategische Kundenzufriedenheitsbefragung mit Ergänzungen sowie

die Operative Befragung, die auf der Strategischen aufbaut und ihrerseits erweitert werden kann.

48) Vgl. hierzu Pkt. 3.8 Ermittlung der Ursachen für Begeisterung/Verärgerung, S. 15.

49) Dies bestätigte sogar Deborah Eastman, Chief Customer Officer von Satmetrix in ihrem Schlussstatement auf der

NPS-Konferenz 2013 in Düsseldorf. Sie formulierte, dass der NPS erst dann wirklich zu steuern sei, wenn Kon-taktpunkte ergänzt und damit die Treiber für den NPS ermittelt werden können. Nur ist es dann, siehe 4.2.1 Strate-gische Kundenzufriedenheitsmessung, S. 29, keine NPS-Messung mehr, sondern eine “Strategische Kunden-zufriedenheitsbefragung” mit einem eindimensionalen Loyalitätskonzept.

Page 33: Vom NPS über die strategische zur operativen Kundenzufriedenheitsmessung 20150610

29

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 29

4.2.1 Strategische Kundenzufriedenheitsmessung

Bei der strategischen Kundenzufriedenheitsbefragung liegt der Fokus auf der Lieferung strategi-

scher Kennzahlen (KPIs). Zu ihnen gehören der Status Quo bezüglich Kundenzufriedenheit und

Loyalität. Die Kundenzufriedenheit steht dabei doppelt zur Verfügung. Einmal als Ergebnis der

direkten Frage zu Beginn der Erhebung und zum zweiten als Index, der aus den Gesamtzufrieden-

heiten der Kontaktpunkte gebildet wird. Letzterer kann gewichtet (Treibergewichte) oder unge-

wichtet (einfacher Mittelwert) berechnet werden.

Abb. 17: Kernkomponenten einer strategischen Kundenzufriedenheitsbefragung

4.2.1.1 Komponenten einer Strategischen Kundenzufriedenheitsbefragung

Während bei eindimensionalen Konstrukten erst durch die Hinzunahme weiterer Komponenten ein

im Sinne des Kundenzufriedenheitsmanagements nutzbares Instrument entsteht, enthält die stra-

tegische Befragung bereits alle Komponenten, um dies ohne weitere Ergänzungen zu ermögli-

chen. Treiber sind die Kontaktpunkte auf der Aktionsseite und eine mehrdimensionale Loyalität

auf der Ziel- oder Reaktionsseite. Durch Reason Why-Fragen werden zusätzliche Informationen

über Ursachen von Begeisterung/Verärgerung auf Kontaktpunktebene geliefert.

4.2.1.2 Reason Why Fragen und Benchmarking

Auch diese beiden Größen sind in der Strategischen Konzeption bereits enthalten. Wobei das

Benchmarking natürlich nur bei solchen Kunden funktioniert, die Erfahrungen mit mehreren An-

bietern haben. Die Reason Why Fragen werden für die Ursachenanalyse auf der operativen Ebene

benötigt. Es ist allerdings ein (sehr) großer Unterschied, ob eine Reason Why Frage nach einer

übergeordneten und isolierten Gesamtzufriedenheits- oder Loyalitätsfrage gestellt wird oder in-

nerhalb einer Struktur, die bereits thematisch, d. h. nach Kontaktpunkten, geordnet ist. Bei

übergeordneten Fragen gibt es in der Regel eine Konzentration auf einfache Themen. Dies ist

z. B. der Fall bei Preisen als Ursache für schlechte Bewertungen, die gerne als Hilfsgrund verwen-

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30

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 30

det werden. Wird die Frage auf Kontaktpunktebene gestellt, werden auch Ursachen für Bewertun-

gen passend zu diesem Kontaktpunkt geliefert. Für die Entwicklung von wirksamen Maßnahmen

ergibt sich daraus eine deutlich bessere Basis.

Auch das Benchmarking erfolgt nicht nur übergeordnet, sondern bis auf Kontaktpunktebene hin-

ab. Die Ergebnisse sind ebenfalls wesentlich detaillierter und es ist z. B. möglich, einen Vergleich

mit dem „Best in Class“ auf Kontaktpunktebene anzustellen, ggf. auch pro Kontaktpunkt mit je-

weils einem anderen Wettbewerber.50)

4.2.1.3 Treiberanalysen

Erst wenn es möglich ist, einen Handlungsbedarf so zu ermitteln dass Budgets genau dort einge-

setzt werden, wo sie den größten Hebel auf die Loyalisierung der Kunden entwickeln, kann Kun-

denzufriedenheit ökonomisch sinnvoll gemanagt werden. Schon die Verwendung des Begriffs

Handlungsbedarf bedeutet, dass es sich hier um eine bewusste Erweiterung des Stär-

ken/Schwächen-Konzepts handelt. Zur Dimension Abweichung von einem Gesamtzufriedenheits-

wert kommt eine Gewichtungsdimension hinzu, die sich auch als Hebel eines Kontaktpunktes auf

die Loyalisierung der Kunden erklären lässt.

Der zentrale Vorteil eines mehrdimensionalen Konzepts ist es, dass nicht nur die Reaktions- son-

dern auch die Aktionsseite einbezogen wird. Durch die Messung der Zufriedenheit mit den Kon-

taktpunkten, kann jetzt der Einfluss jedes einzelnen Kontaktpunkts auf die Loyalität der Kunden

methodisch sauber ermittelt werden und zwar aus den erhobenen Daten (evident) und nicht

durch eine Befragung der Kunden.51)

4.2.1.4 Mehrdimensionales Loyalitätskonzept

Die strategische Kundenzufriedenheitsbefragung enthält gegenüber eindimensionalen Konzepten

nicht nur Erweiterungen auf der Aktionsseite. Auch die Reaktionsseite wird durch die Verwendung

mehrerer Loyalitätsdimensionen auf eine erheblich breitere Basis gestellt. Gerade bezüglich der

am häufigsten verwendeten Dimension Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit, deren hohe Korrela-

tion mit dem Unternehmenswachstum (finanziell) für einige Branchen nachgewiesen wurde, er-

geben sich immer wieder Situationen, in denen loyales Verhalten mit dieser Größe nicht oder nur

eingeschränkt gemessen werden kann.

Bei der Analyse von Reason Why Fragen zur Weiterempfehlung, wurden in jüngerer Zeit mehrmals

Fälle entdeckt, in denen Kunden z. B. die folgende Antwort für eine schlechte Bewertung auf die

Weiterempfehlungsfrage gaben: „Warum soll ich meinem Geschäftskollegen, mit dem ich im Wett-

bewerb stehe, meinen besten Lieferanten empfehlen. Damit gebe ich ja meinem Wettbewerbsvor-

50) Vgl. Pkt. 3.2 Ermittlung von Stärken/Schwächen, S. 10.

51) Vgl. ebenda, S. 11.

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31

Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 31

teil auf52)

“. Ein weiterer Grund dafür, dass ggf. nicht weiterempfohlen wird, ist das Fehlen ent-

sprechender Möglichkeiten.53)

Durch die Befragung zu mehreren Loyalitätsdimensionen, werden zudem eine ganze Reihe weite-

rer Analysemöglichkeiten erschlossen. So lassen sich z. B. aus der Share of Wallet-Frage Potenzia-

le, aus einer Verfeinerung der Wiederkauffrage oder der Frage nach dem Preferred Partner bei

zukünftigen Geschäften, mögliche Chancen und Risiken oder Wachstum im nächsten Jahr ablei-

ten, oder auch Cross/Upselling-Potenziale ermitteln.

Neben diesen Standarddimensionen gibt es auch branchentypische Dimensionen, die häufig sogar

bessere Ergebnisse liefern als die Standarddimensionen. Ein besonders gelungenes Beispiel ist

folgende Loyalitätsfrage, die im Mineralölbereich verwendet wurde. „Wie oft von den letzten 5

Mal haben Sie hier an der Tankstelle getankt“. Oder markenbezogen formuliert: „Wie oft von den

letzten 5 Mal haben Sie bei Marke X getankt“. Aus den Ergebnissen lassen sich direkt monetäre

Effekte ableiten, die aus einer höhere Zufriedenheit resultieren. Werden die Kunden z. B. in über-

/unterdurchschnittlich zufrieden aufgeteilt und die Tankhäufigkeiten in den beiden Gruppen ver-

glichen, zeigt sich, dass die überdurchschnittlich zufriedenen Kunden häufiger tanken. Damit ist

es möglich, da sowohl die durchschnittliche Höhe eines Tank-/Einkaufsbons als auch die durch-

schnittliche tägliche Besuchsfrequenz bekannt sind, direkt den Mehrumsatz bei höherer Zufrie-

denheit zu berechnen.

Was oft gefordert wird, nämlich den monetären Erfolg, der mit dem Kundenzufriedenheitsma-

nagement erzielt werden kann, zu ermittelt, gelingt hier auf einfache Art und Weise. Die Manager

Kundenzufriedenheit befinden sich damit in einer fast als luxuriös zu bezeichnenden Situation,

liefert ihnen diese Analyse doch genau die Argumente, für die das Management in Unternehmen

am zugänglichsten ist. Leider ist ein solcher Nachweis in anderen Studien oft nur schwer, oder

auf sehr komplizierte und damit schwer vermittelbare Art und Weise zu führen.

4.2.1.5 Image

Eine häufige Erweiterung der strategischen Messung ist die Einbeziehung einiger weniger zentra-

ler Imagedimensionen. Dadurch werden weitere Zusammenhänge und Einflüsse erkennbar und

auch weitere Analyseformen möglich. Hier allerdings von der Möglichkeit zur Markensteuerung zu

sprechen, wäre übertrieben. Gleichwohl liefert diese Ergänzung weitere Informationen zu einer

Einflussgröße (Image) auf die Loyalisierung der Kunden.

4.2.1.6 Closed Loop und Individualreport

Die Organisation eines Closed Loop ist in der Regel eher eine organisatorische denn eine inhaltli-

che Aufgabe. Erforderlich ist eine relativ schnelle Auslieferung von Ergebnissen an die Personen

52) Trotz hoher Zufriedenheit, wird in solchen Fällen die Weiterempfehlungsfrage nur niedrig bewertet. Nach der NPS

Logik wäre damit ein hochzufriedener Kunde ein Detraktor.

53) Dem Verfasser wurden bei einem Autoverleiher Beispiele genannt, bei denen die ebenfalls erhobene

Gesamtzufriedenheit (die aber gleichwohl nicht bonusrelevant war) eine 10 für den besten möglichen Wert vergeben wurde, bei der Weiterempfehlung aber eine 1 (schlechtester Wert). Auf Nachfrage erklärten die, häufig etwas älteren Kunden, dass sie einfach niemand kennen würden, dem sie den Verleiher weiterempfehlen könnten. Auch hier ist dann ein hochzufriedener Kunde nach der NPS-Logik ein Detraktor.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 32

im Unternehmen, die Verantwortung für einen Kunden tragen. Mit modernen Befragungsinstru-

menten ist es heute möglich, die entsprechenden Informationen bereits während der Befragung

bereitzustellen und zu versenden. Möglich wäre sogar eine direkte Versendung der Individualre-

ports an die jeweiligen Kundenverantwortlichen durch den Interviewer nach Abschluss des Inter-

views direkt aus dem Befragungstool heraus. Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden

Informationen, z. B. wer für welchen Kunden verantwortlich ist und dessen E-Mail-Adresse, be-

reits den Befragungsdaten beigestellt werden.

Trotz dieser Möglichkeiten raten wir von einer solchen Vorgehensweise ab. Zu groß ist die Gefahr,

dass die Individualreports Informationen (z. B. Namen) enthalten, die nach dem Datenschutzge-

setz nicht weitergegeben werden dürfen. Deshalb empfiehlt sich auf jeden Fall eine Sichtung der

Reports vor der Auslieferung.

Wirklich wertvoll wird der gelieferte Individualreport, wenn er vom Kundenverantwortlichen mit

weiteren Informationen zum Kunden verknüpft wird. Hierzu gehören insbesondere Informationen

wie z. B. Umsatz, Dauer der Geschäftsbeziehung, Kategorisierung (A/B/C-Kunde) und ähnliche,

mit denen die Bedeutung eines Kunden für das Unternehmen beschrieben wird. Aus der Kombina-

tion der Informationen ergibt sich dann die Art der Reaktion.

Abb. 18: Aktionen auf Basis der Kombination von Individualreport und Kundenwert

Der Closed Loop wird durch die Kontaktaufnahme mit dem Befragten geschlossen. Diese sollte

möglichst schnell erfolgen, auf jeden Fall nicht später als zwei bis drei Wochen nach der Befra-

gung. Der Effekt einer kurzfristigen Kontaktaufnahme ist teilweise beträchtlich, weil die Kunden

gar nicht damit rechnen, dass sich wirklich jemand bei Ihnen meldet.

4.2.1.7 Fazit

Mit dem Konzept Strategische Kundenzufriedenheitsmessung werden bereits alle Informationen

bereit gestellt, die für ein strukturiertes und zielführendes Kundenzufriedenheitsmanagement

benötigt werden. Das Konzept enthält mit den Kontaktpunkten, dem mehrdimensionalen Loyali-

tätskonzept, den Fragen zum Benchmark, der Aufhebung der Anonymität und den Reason Why

Fragen alle benötigten Komponenten. Entscheidend ist dabei die Fragebogenlänge von ca. 10

Min., die sowohl für eine Online- als auch für eine telefonische Befragung geeignet ist. Bei Ver-

wendung von Individualreports beinhaltet das Konzept in Form eines Closed Loop auch auf Bezie-

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 33

hungsebene ein erhebliches Potenzial. Gleichzeitig werden auch operative Informationen als Ba-

sis für Prozessverbesserungen geliefert, wenn auch nur über die Reason Why Fragen.

4.2.2 Operative Kundenzufriedenheitsmessung

Konzeptionell enthält die operative Kundenzufriedenheitsmessung alle Komponenten, die auch

bei der strategischen Messung vorhanden sind. Ergänzt werden auf operativer Ebene die Momente

der Wahrheit. Die operative Messung stellt damit eine Erweiterung und Verfeinerung der strategi-

sche Messung dar. Nachfolgend werden nur die Komponenten beschrieben, die ergänzt werden.

4.2.2.1 Momente der Wahrheit

Mit der Ergänzung der Momente der Wahrheit bei jedem Kontaktpunkt, wird die Basis für die Ent-

wicklung von Maßnahmen auf der operativen Ebene geschaffen. Genau wie bei der Ermittlung der

wichtigsten Kontaktpunkte ist es auch bei den Momenten der Wahrheit (diese entsprechen den

Erwartungen der Kunden innerhalb eines Kontaktpunktes) entscheidend, diese strukturiert und

vor allem aus Kundensicht zu definieren. Zu leicht werden sonst wichtige Erwartungen verges-

sen.54)

Abb. 19: Momente der Wahrheit im Gesamtmodell

Im Beispiel, das in der Grafik dargestellt ist, sind drei Momente der Wahrheit für den Vertrieb

eines Unternehmens aufgeführt. Je nach Anzahl und Komplexität der Kundenkontaktpunkte, kann

die Anzahl der Momente der Wahrheit jedoch auch deutlich höher (bis ca. 15 Kriterien) liegen.

Als Daumenregel kann die Relation 57 = 75 verwendet werden – d. h., dass bei 5 Kontaktpunkten

7 Momente der Wahrheit und bei 7 Kontaktpunkten eher 5 Momente der Wahrheit einbezogen

werden.

Wie eingezeichnet, werden mit den Momenten der Wahrheit die Reason Why Fragen nicht ersetzt.

Noch stärker als bei den Kontaktpunkten besteht hier die Gefahr, auch wenn der Fragebogen

strukturiert erarbeitet wurde, dass die Erwartungen der Kunden nicht komplett abgebildet werden

54) Siehe hierzu auch Mierzwa, M., Kundenzufriedenheit: So entwickeln Sie einen Fragebogen, in: Digitale Fachbiblio-

thek Qualitätsmanagement, Symposion Publishing, hier S. 6.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 34

(können). Wie weiter oben beschrieben,55)

liefert eine Auswertung der offenen Antworten Hinwei-

se darauf, ob dies der Fall ist.

Die Momente der Wahrheit bilden die einzige Stelle, an der ein Unternehmen Aktionsgrößen (sei-

ne Leistungen) mit der Zielsetzung „Steigerung der Loyalität“ direkt beeinflussen kann. Daraus

leitet sich direkt die Bedeutung einer Einbeziehung der Momente der Wahrheit zur Ermittlung des

Operativen Handlungsbedarfs als Basis für die Entwicklung von Maßnahmen ab. Neben der Leis-

tungserfüllung (Zufriedenheit) muss dazu auch auf dieser Ebene eine Gewichtungsanalyse erfol-

gen, um die Portfolioanalyse anwenden zu können. Als Zielvariable wird hier meist die Gesamtzu-

friedenheit mit dem Kontaktpunkt verwendet, je nach Zielsetzung auch die Loyalität.56)

4.2.2.2 Fazit

Um ein umfassendes Kundezufriedenheitsmanagement im geschlossenen Kreislauf zu realisieren,

ist der Schritt auf die Ebene der Momente der Wahrheit notwendig. Nur hier hat ein Unternehmen

direkten Zugriff auf die Aktionsgröße Kundenzufriedenheit, mit der sich die Loyalität positiv be-

einflussen lässt. Es ist unbenommen, dass Aufwand und Komplexität der Studien dadurch steigen.

Aus diesem Grund kommt auch der Aufbereitung der Ergebnisse eine erhebliche Bedeutung zu.

Einige Möglichkeiten hierzu wurden weiter oben exemplarisch aufgezeigt. Des Weiteren spielt die

Reife der Organisation eine wichtige Rolle, müssen doch die Mitarbeiter, egal auf welcher hierar-

chischen Ebene, die Ergebnisse akzeptieren und aktiv an der Optimierung der Kundenzufrieden-

heit und damit der Loyalität mitarbeiten. Die nachfolgende Fallstudie mag als Beleg dafür dienen,

dass die beschriebenen Konzepte auch in der Praxis funktionieren.

4.3 Eignung der Messkonzepte zur Erreichung der beschriebenen Ziele

Die zuvor beschriebenen Messkonzepte eignen sich in unterschiedlicher Art und Weise zur Errei-

chung der beschriebenen Ziele. In der nachfolgenden Tabelle ist zusammengestellt, welche Ziele

mit welchen Instrumenten erreichbar sind. Dass eine solche Tabelle nicht alle möglichen Erweite-

rungen der Konzepte enthalten kann, ist sicher nachvollziehbar.

55) Vgl. Pkt. 3.8 Ermittlung der Ursachen für Begeisterung/Verärgerung, S. 15.

56) Beides hat Vor- und Nachteile. So ist die Korrelation der Momente der Wahrheit auf die Gesamtzufriedenheit mit

dem Kontaktpunkt natürlich höher. Nachteil ist die fehlende Vergleichbarkeit der Momente der Wahrheit unterei-nander. Die einfache Frage nach den z. B. 5 Momenten der Wahrheit, an denen mit Priorität gearbeitet werden soll, ist damit nur schwer zu beantworten. Wird die Bedeutung der Momente der Wahrheit mit der Zielvariable Loyalität ermittelt ist dies möglich.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 35

Abb. 20: Messkonzepte und ihre Eignung zur Erreichung unterschiedlichster Ziele

Messkonzept

Ziel

Weiterempfehlung - x x x

CLI (Index) - - x xGesamtzufrieden-

heit x - x x

CSI (Index) - - x xAuszählung Open

Ends x x x x

Analytische Ermittlung - - x x

Stärken/ Schwächen - - x x

Interner Handlungs-

bedarf (Portfolio)Strategisch - - x x

Benchmarking x (eindimensional)

x (eindimensional)

x x

Externer Handlungs-

bedarf (Portfolio)Wettbewerbsbezogen - - x x

Operativer Handlungs-

bedarf (Portfolio)- - - x

Reason Why Frage(n) x (eindimensional)

x (eindimensional)

x x

Beziehungsqualität - - x x

Closed Loop x x x x

Kano Klassifikation - - x x

Image (Überblick)Max. ca. 10

Dimensionen - - x x

Weitere ZielsetzungenPotenzial-

abschätzung, Chan-

cen/Risiken/etc.- - x x

Eignung der Messkonzepte zur

Erreichung von Zielen

Status Quo Loyalität

Status Quo Kunden-

zufriedenheit

Treiberanalyse

Eindimensionale KonzepteMehrdimensionale

Konzepte

ErklärungenGesamt-

zufriedenheit

Net-Promoter-

Score

Strategische

Messung

Operative

Messung

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

Seite 36

5 Fallstudie: Umfassendes Kundenzufriedenheitsma-

nagement

5.1 Zielsetzungen

Wenn eine international operierende Organisation, die ihre Produkte und Dienstleistungen indi-

rekt über den Fachhandel vertreibt, sich das Ziel setzt, ein strukturiertes Kundenzufriedenheits-

management einzuführen, steht sie vor großen Herausforderungen. Denn, die Dimensionen eines

solchen Projekts sind nicht zu unterschätzen. Schon das Mengengerüst kann als Beleg für den

Umfang der Aufgabe dienen: Befragung in ca. 80 Ländern, in 25 Sprachen und das sowohl Online

als auch telefonisch in zwei unterschiedlichen Zielgruppen.

Um mit den Ergebnissen möglichst gut arbeiten zu können, wurde zudem eine regionale Struktur

für die Auswertung mit insgesamt 40 Berichtseinheiten festgelegt. Damit ist es möglich, die Ent-

scheidungsstruktur, die in der Organisation verankert und für die spätere Arbeit mit den Ergeb-

nissen verantwortlich ist, nachzubilden und optimal mit Ergebnissen zu versorgen. Um die Zufrie-

denheit wirklich managen zu können, wurde eine Wiederholung der gesamten Studie alle zwei

Jahre festgelegt.

Als Teilziele wurden die Ermittlung der Bedeutung der Kontaktpunkte relativ zueinander, ihre

Bedeutung für die Loyalisierung der Kunden sowie weiterer KPIs wie z. B. Beziehungsqualität,

Fan-Anteil und die Veränderungen des Share of Wallet übergeordnet und bezogen auf das eigene

Unternehmen, definiert. Auch das Image sollte mittels dreier, für das Unternehmen zentraler

Dimensionen abgebildet und sein Einfluss auf die Loyalität ermittelt werden. Da beide Zielgrup-

pen auch Erfahrung mit unterschiedlichen Wettbewerbern haben, wurde auch der Benchmark auf

Gesamt- und Kontaktpunktebene als wichtige Zielsetzung definiert. Falls genügend Fälle für ein-

zelne Wettbewerber erhoben werden können, sollte ein Benchmark mit den Hauptwettbewerbern

erfolgen. Als weiterer Benchmarkwert sollte auch der NPS für die einbezogenen Organisationsein-

heiten berechnet werden. Das Instrumentarium sollte zudem modular entwickelt werden, also so,

dass es z. B. an regionale Besonderheiten angepasst werden kann. Zudem sollte es möglichst so

offen konzipiert werden, dass es auch zukünftigen Entwicklungen standhält.

5.2 Gesamtkonzept

Entsprechend der bisher beschriebenen Zielsetzungen und der vorherigen konzeptionellen Ausfüh-

rungen wurde für diese Aufgabe ein umfassendes Modell, dessen Struktur nachfolgend weitge-

hend original dargestellt ist, entwickelt. Es enthält auf KPI-Ebene aber nur die Standardgrößen,

die meist verwendet werden und die wesentlichen Komponenten (Kontaktpunkte) in abgewandel-

ter oder (Momente der Wahrheit) nicht explizit ausgeführter Form. Alle enthaltenen Werte dienen

nur der Veranschaulichung und entsprechen nicht der Realität. Es handelt sich um eine operative

Kundenzufriedenheitsbefragung mit allen weiter oben beschriebenen Komponenten.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abb. 21: Gesamtmodell für die Studie

5.3 Pilotstudie

Da es sehr schwierig ist, ein solch umfassendes Konzept praktisch aus dem Stand auf die gesamte

Organisation (weltweit)auszurollen, wurde eine Pilotstudie in drei regionalen Märkten vorgeschal-

tet. Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden das gesamte Erhebungs- und Reportinginstrumentarium

(insbesondere die Fragebögen und die Templates für die Reports) entwickelt. Eine besondere

Herausforderung war es, in einer tief gegliederten Organisation, zwei weitgehend identische Fra-

gebögen zu entwickeln, mit denen möglichst viele und detaillierte Informationen für die einzel-

nen Zielgruppen bereitgestellt werden konnten. Insbesondere musste der Trade off zwischen der

Erhebung von möglichst vielen Informationen und der Fragebogenlänge geschafft werden. Dass

dies gelang, war auch der intensiven Mitarbeit auf Kundenseite zu verdanken.

Da in sehr vielen Sprachen befragt wurde, musste der Sicherung der Qualität der Übersetzungen

viel Aufmerksamkeit gewidmet werden. Zur Erfüllung dieser Aufgabe wurden externe professionel-

le Übersetzungsbüros beauftragt und die Ergebnisse dann durch die Außenorganisation des Auf-

traggebers überprüft. Mit dieser Vorgehensweise steigt auch die Akzeptanz für die späteren Er-

gebnisse, weil sich die Organisation eingebunden fühlt und die Menschen wissen, was genau in

der Studie erhoben wird.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotstudie wurde eine ausführliche Reviewrunde organi-

siert, alle Prozesse hinterfragt und die Learnings dokumentiert. Alle Learnings wurden zu Beginn

des weltweiten Roll-out in die Prozesse implementiert.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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5.4 Roll-out

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotstudie und den dort ermittelten sehr aussagefähigen

Ergebnissen, wurde der weltweite Roll-Out für das Folgejahr beschlossen. Im Rahmen der organi-

satorischen Vorbereitungen wurden umfangreiche Informationen, wie z. B. die Wettbewerber-

struktur weltweit (regional unterschiedlich) oder die Steuerung der Module und Fragen (in man-

chen Ländern gibt es bestimmte Leistungen nicht oder anders), gesammelt. Parallel dazu wurden

die Übersetzungen von den Niederlassungen geprüft, dann die Fragebogenvarianten program-

miert, getestet und auf dieser Basis anschließend die Interviewer geschult. Nach Abschluss dieser

organisatorischen Vorbereitungen wurde die Feldphase gestartet.

5.5 Feldphase

Da in der Regel Onlineerhebungen wesentlich weniger Zeit in Anspruch nehmen als telefonische

Befragungen, wurde zunächst die Telefonbefragung angestoßen. Aufgrund des hohen Involve-

ments der Handelskunden konnten trotz des langen Fragebogens (>30 Min.) hohe Rücklaufquoten

erzielt werden. Insgesamt wurden in diesem Segment etwa 1.000 Interviews weltweit geführt.

Bei der Online-Erhebung wurden im Rahmen der Befragung sukzessive ca. 50.000 E-Mails mit

einem individualisierten Befragungslink versendet. Trotz des ebenfalls relativ langen Fragebogens

(>20 Min.) konnten mittels einer moderaten Incentivierung (Verlosung) auch hier die üblichen

Rücklaufquoten erreicht werden. Insgesamt wurden fast 4.000 komplette Interviews geführt.

5.6 Auswertung und Reporting

Aufgrund der erfolgreich absolvierten Feldphase lagen genug Daten für die Erstellung aller ge-

planten Berichte vor. Diese wurden zunächst intensiv geprüft und sowohl auf logische Konsistenz

als auch hinsichtlich der Fragenverteilung untersucht. Da es insbesondere bei Online-Befragungen

durchaus vorkommen kann, dass Befragte sich durch einen Fragebogen nur durchklicken, um eine

Chance auf die Incentives zu haben, ohne viel zu leisten, schloss sich eine gründliche Durchkli-

ckeranalyse an. Diese erfolgte mit eigens dafür bei 2hm entwickelten Algorithmen. Anschließend

wurden alle Parameter, die für die Berichtslegung benötigt wurden, berechnet und intensiv ge-

prüft.

5.7 Präsentation und Umsetzung

Für die zentrale Präsentation vor der Geschäftsleitung wurden die Ergebnisse spezifisch aufberei-

tet, wobei der Konzeptfolie, die in der obigen Abbildung dargestellt ist, eine zentrale Rolle zu-

kam. Im Prinzip sind auf dieser Folie alle zentralen Ergebnisse auf strategischer Ebene enthalten.

Mit Hilfe der Farbcodierung wird der Status Quo aller KPIs sofort erkennbar. Die

Plus/Minuskennzeichnung wurde als Indikation für Vor- oder Nachteile im Benchmarkvergleich

verwendet.

Streng nach dem System „Kennzahlen-Ursachen-Maßnahmen“ aufgebaut und für die Präsentation

entsprechend animiert, erschließt sich die Struktur und der Nutzen der Studie schrittweise. Dies

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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ist insbesondere unter dem Aspekt wichtig, dass Präsentation sonst für Menschen, die nicht jeden

Tag mit solchen Ergebnissen arbeiten, schwer zu verstehen ist. Es konnten ja nicht alle, die mit

den Ergebnissen arbeiten werden, an der Präsentation, in der die Struktur und die Ergebnisse

erklärt wurden, teilnehmen.

Um gerade auf der operativen Ebene das Verstehen der Ergebnisse zu sichern, enthalten alle aus-

gelieferten Berichte einen umfangreichen Reading Guide. Dort werden alle verwendete Grafikfor-

men und die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen detailliert beschrieben.

In der Detailbetrachtung, die sich an die Strukturfolie anschloss, kamen alle zuvor dargestellten

Grafiken zum Einsatz. Die Struktur der weiteren Berichte (Organisationseinheiten) entspricht in

weiten Teilen der Managementpräsentation, allerdings mit spezifischen Ergebnissen, jeweils dar-

gestellt im Benchmark zu den Gesamtergebnissen und einer weiteren übergeordneten Ebene. Dort

ermöglichen die ebenfalls bereitgestellten Individualreports (Anonymität aufgehoben) auch die

Arbeit an der einzelnen Kundenbeziehung.

Dass die Organisation in der Zwischenzeit weltweit an der Optimierung der Kundenbeziehungen

arbeitet, sehen wir als Indikator für das Gelingen des Projektes an. Hierzu hat sicher auch die

inzwischen mehrfach erfolgte Schulung (weltweit) der beteiligten Organisationseinheiten mittels

Webinaren beigetragen. Eine ebenfalls bereits erfolgte Review für das Projekt ergab keinen gra-

vierenden Änderungsbedarf, so, dass einer Wiederholung nichts entgegensteht.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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6 Empfehlung: NPS nur als Einstieg

Häufig werden Unternehmen auch heute noch durch externe Anlässe zum ersten Mal mit dem

Thema Kundenzufriedenheit konfrontiert. Ein häufiger Anlass ist z. B. die in der DIN EN ISO

9000:2000 aus dem Jahre 1994 erstmalig vorgeschriebene Erhebung der Kundenzufriedenheit im

Rahmen eines Zertifizierungsprozesses.57)

2015 soll eine überarbeitete Version dieser Norm (DIN

EN ISO 9001:2015) veröffentlicht werden, innerhalb derer das Thema Kundenorientierung noch-

mals deutlich aufgewertet wird. Ein weiterer häufiger Grund für den Einstieg in das Kundenzufrie-

denheitsmanagement sind Beschwerden, die direkt an die Geschäftsleitung gerichtet werden.

Häufig ist dies der erste Impuls, sich intensiver um das Thema zu kümmern.

Wenn im Unternehmen keinerlei Erfahrungen mit dem Management der Kundenzufriedenheit vor-

liegen, dann ist guter Rat erst einmal teuer. Wie und in welchem Umgang soll gemessen werden?

Welche Zielsetzungen sollen mit der Messung erreicht werden? Wer muss bei der Entwicklung des

Messinstruments beteiligt werden und vieles andere mehr. Fragen, die sich die Personen stellen

müssen, die für die Messung die Verantwortung übernehmen dürfen.

Dass die unter diesen Umständen gewählte Vorgehensweise die Erwartungen häufig nicht erfüllen

kann, wurde vor einiger Zeit im Rahmen einer Studie der 2hm & Associates GmbH ermittelt.58)

Auf

die zentrale Frage, „Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der aktuellen Untersuchung zur Kun-

denzufriedenheit in Ihrem Unternehmen?“ antworteten weniger als die Hälfte der Befragten

(49%) mit vollkommen zufrieden oder sehr zufrieden. Dies ist umso erstaunlicher, als die Studien

im Durchschnitt Kosten in Höhe von ca. 75.000 Euro verursachen.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob es einen Königsweg gibt, der zu gehen ist, wenn ein Unter-

nehmen vor der Aufgabe steht, ein zielgerichtetes Kundenzufriedenheitsmanagement zu installie-

ren? Eine Antwort auf diese Frage kann wieder der bereits zitierten Studie entnommen werden.

Sie lautet: „Beziehen Sie externes Know How ein, und erhöhen Sie dadurch ihre Zufriedenheit mit

der Messung der Zufriedenheit deutlich“. Für jeden, der schon einmal die Verantwortung für eine

solche Studie hatte, ein völlig nachvollziehbares Ergebnis. Dabei ist es oft nicht einmal das Know

How, das fehlt. Es fehlen vielmehr Zeit, Kapazitäten und auch Unterstützung aus der Geschäftslei-

tung bei der Umsetzung eines solch komplexen Projektes.

Eine weitere Erfahrung aus vielen Projekten ist, dass es nur mit erheblichem Aufwand und viel

Unterstützung in der Organisation gelingt, sofort ein umfassendes Zufriedenheitsmanagement zu

implementieren, wenn eine Organisation noch keinerlei Erfahrung mit solchen Projekten hat.

Und, oft gelingt es leider auch nicht und die Bemühungen enden in Frust für die meisten Beteili-

gen. Es ist deshalb empfehlenswert, „klein anzufangen“ und das Kundenzufriedenheitsmanage-

ment stufenweise einzuführen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, mit einer strategischen Be-

fragung (Kontaktpunkte und Loyalitätsindex) zu beginnen und ergänzend einige Reason Why

57) Punkt 1 Kundenorientierung: Organisationen hängen von ihren Kunden ab und sollen daher gegenwärtige und

künftige Kundenerwartungen verstehen, erfüllen und danach streben, sie zu übertreffen. Zur Entwicklung der Nor-men siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4tsmanagementnorm#ISO_9000_ff.

58) FOKUS KUNDENZUFRIEDENHEIT – 2010 - eine Bilanz der deutschen Unternehmensrealität, 2010.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Fragen zu implementieren. Bereits mit dieser relativ einfachen Struktur können zentrale Informa-

tionen erhoben werden, die für die Implementierung eines Kundenzufriedenheitsmanagements

notwendig sind. In den Folgejahren kann das System dann sukzessive ausgebaut werden.

Geht es zunächst nur darum, eine Kennzahl zu ermitteln, um das eigene Unternehmen mit ande-

ren zu vergleichen, ist auch der NPS ein möglicher Einstieg. Wird nur die Kennzahl benötigt, be-

darf es auch nicht unbedingt einer (meist teuren) Softwarelösung. Die Auswertung nach der NPS-

Logik ist einfach und kann sogar problemlos in Excel erfolgen. Auch die Gewichtung auf Basis der

Codierung der offenen Antworten, ist eher eine organisatorische denn eine analytische Aufgabe.

Auch bei diesem Einstieg kann das System in der Folge sukzessive erweitert werden. Soll der NPS

in Gänze, also bis zum Closed Loop,.eingeführt werden, ist der Aufwand höher als bei einer stra-

tegischen Zufriedenheitsbefragung, wobei der Informationsgewinn deutlich geringer ist.

Entscheidend ist und bleibt aber eine Erfahrung aus vielen nationalen und internationalen Stu-

dien jedweder Größenordnung. Es muss von Anfang an dafür gesorgt werden, dass die Ziele, die

mit der Messung der Kundenzufriedenheit erreicht werden sollen, sauber definiert und mit den

Verantwortlichen auf Kundenseite abgestimmt werden. Außerdem muss sichergestellt werden,

dass das vorhandene Budget nicht schon durch die Messung komplett aufgebraucht wird.

Es müssen genügend Mittel übrig bleiben, um aus Ergebnissen Maßnahmen und aus diesen Aktio-

nen entwickeln zu können. Schließlich muss mit dem Monitoring sichergestellt werden, dass ge-

nau die Wirkung erzielt wird, die bei den Kunden zu höherer Zufriedenheit und in der Folge zu

auch zu höherer Loyalität führt. Das Ziel muss eine Umkehrung des Paretoprinzips sein: Messung

20%, Umsetzung 80%. Das sollte ausreichen, um die Kundenzufriedenheit für ein Unternehmen

erfolgreich zu managen.

Werden diese Empfehlungen berücksichtig sollte einer erfolgreichen Einführung eines leistungsfä-

higen und zielführenden Kundenzufriedenheitsmanagements nichts mehr im Wege stehen.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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7 Zusammenfassung

Es hat sich in den letzten Jahren viel getan im Bereich Kundenzufriedenheitsmanagement. Neue

Konzepte, wie z. B. der NPS, wurden entwickelt und mit viel Werbung und eingängigen Claims in

den Markt gedrückt. Wobei gerade für den NPS vor allem Konzerne und große Unternehmen anfäl-

lig waren. Als KPI, um sich mit anderen Unternehmen zu benchmarken und ggf. im Erfolg zu son-

nen, eignen sich solch einfach zu verstehende Konzepte sehr gut. Doch welche Ziele können mit

den verfügbaren Messkonzepten wirklich erreicht werden? Welche eignen sich wirklich als Grund-

lage für das Kundenzufriedenheitsmanagement? Und, falls ja, welche Ziele können mit welchem

Konzept erreicht werden, was ist beim Einsatz zu beachten? Wo liegen die Stärken, wo die Schwä-

chen der einzelnen Konzepte.

Ziel der vorangehenden Ausführungen war es, Antworten auf diese Fragen zu geben und dabei zu

helfen, die richtige Entscheidung für ein Konzept zu fällen, wenn die Aufgabe gestellt wird, ein

leistungsfähiges Kundenzufriedenheitsmanagement einzuführen. Um dieses Ziel zu erreichen,

wurde zunächst abgeleitet, warum es überhaupt sinnvoll ist, die Kundenzufriedenheit zu mana-

gen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, wie sich der Qualitätsbegriff von einem rein technisch

kurativen Verständnis zu Beginn, hin zu einem Qualitätsbegriff entwickelt hat, in dessen Kern die

Erfüllung der Kundenerwartungen steht.

Im zweiten Kapitel werden die zentralen Konstrukte im Kundenzufriedenheitsmanagement defi-

niert und beschrieben. Abschließend wird mit der Einteilung der Konstrukte in Aktions- und Reak-

tionsgrößen eine neue Systematisierung zur Beschreibung der Messkonzepte entwickelt, in deren

Kern die Einflussmöglichkeiten der Unternehmen auf die Kundenzufriedenheit stehen. Fazit: Nur

wenn bei einem Konzept sowohl Aktions- als auch Reaktionsgrößen gemessen werden, eignet es

sich für ein effektives und effizientes Kundenzufriedenheitsmanagement.

In Kapitel drei stehen mögliche Zielsetzungen für das Kundenzufriedenheitsmanagement im Zent-

rum der Ausführungen. Da diese sehr vielfältig sind, werden nur die in der Praxis am häufigsten

vorkommenden Global- und Teilziele beschrieben. Die Zielsetzungen werden später als zentrale

Bewertungsdimension verwendet, um die im Folgekapitel beschriebenen Messkonzepte hinsicht-

lich ihrer Eignung zur Erreichung dieser, zu bewerten.

Insgesamt vier zentrale Konzepte zur Messung der Kundenzufriedenheit, die in der Praxis am häu-

figsten eingesetzt werden, werden im Kapitel vier im Detail beschrieben. Ein wesentliches Ele-

ment ist dabei die Prüfung, inwieweit die Konzepte dazu geeignet sind, die benötigten Informa-

tionen für ein effizientes und effektives Kundenzufriedenheitsmanagement zu liefern. Eine tabel-

larische Übersicht über die Ergebnisse dieser Analyse bilden den Abschluss der theoretisch orien-

tierten Ausführungen.

Eine Fallstudie, die auf einem realen Projekt basiert, bildet den Inhalt von Kapitel sechs. Dort

werden beispielhaft die Herausforderungen und die realisierten Lösungen bei der Durchführung

eines weltweiten Projekts zur Einführung eines umfassenden Kundenzufriedenheitsmanagements

beschrieben.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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Abgerundet werden die Ausführungen in einem kurzen Kapitel, in dem Empfehlungen für eine

schrittweise Einführung eines umfassenden Kundenzufriedenheitsmanagements zusammengefasst

sind.

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Die Eignung von Messinstrumenten für das Kundenzufriedenheitsmanagement

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9 2hm-Team | Die Köpfe dahinter

Dr. Markus Mierzwa (Head of System Studies) arbeitet als Senior Executive Consultant bei der 2hm & Associates GmbH in Mainz (www.2hm.eu). In seiner beruflichen Laufbahn betreute er viele national und international ausgerichtete Projekte in den unterschiedlichsten Branchen. Besonders im Bereich Kundenzufriedenheit gilt Dr. Markus Mierzwa als einer der führenden Experten in Deutschland. In Projekten arbeitete er u. a. für Marktführer (national/international) in den Bereichen Automotive Aftermarket, Elektronik und Elektrik, Maschinenbau, IT, Logistik, Handel, Convenience und viele weitere. Er gibt seine Erfahrungen gerne in Vorträgen und Seminaren zu interessanten Themen aus seinem Arbeitsgebiet weiter und publiziert dazu auch in unterschiedlichsten Medien. Dr. Markus Mierzwa steht Ihnen mit seinem Team gerne zu Fragen im Bereich Kundenzufrieden-heitsmanagement mit Rat und Tat zur Seite.

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Das 2hm-Team Systemstudien – ohne das Vieles nicht möglich wäre.

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