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Martin Arendts, Sportwetten, Wettrecht, Glücksspielrecht
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Sportwettenrecht aktuell - Nr. 122
ISSN 1613-4222 Seite 1
Newsletter zum Recht der Sportwetten, Glücksspiele
und Gewinnspiele
Nr. 122 vom 14. September 2011
Inhaltsübersicht
Durchbruch in Schleswig-Holstein: Glücksspielgesetz verabschiedet, S. 2
Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Mehrwertsteuerpflicht von
Wettbürobetreibern (Rechtssache C-464/10 - Henfling u.a.), S. 3
Europäischer Gerichtshof entscheidet über Zulässigkeit des griechischen
Wettmonopols (Rechtssachen C-186/11 - Stanleybet und William Hill sowie C-
209/11 - Sportingbet), S. 5
Drei weitere Sportwetten-Vorlageverfahren aus Italien zum Europäischen
Gerichtshof, S. 7
Europäischer Gerichtshof entscheidet zur Notifizierungspflicht bei einer
Änderung der Regulierung von Glücksspielautomaten, S. 9
Verwaltungsgericht Düsseldorf: Untersagung der Sportwettenvermittlung
unzulässig, S. 11
Hessischer Verwaltungsgerichtshof: Verbot der Vermarktung von
Glücksspielen per Internet ist vollziehbar, S. 12
Der Newsletter „Sportwettenrecht aktuell“ wird per E-mail verteilt. Er erscheint jeweils
nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden
Sie sich bitte an die Redaktion.
Der Newsletter dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Er
kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.
Sportwettenrecht aktuell
Sportwettenrecht aktuell - Nr. 122
ISSN 1613-4222 Seite 2
Breaking News
Durchbruch in Schleswig-Holstein: Glücksspielgesetz
verabschiedet
Der schleswig-holsteinische Landtag hat am Mittwoch, den 14. September 2011, mit
den Stimmen der Koalitionsparteien CDU und FDP (und damit relativ knapp mit 46 zu
45 Stimmen) den bereits in Sportwettenrecht aktuell Nr. 121 vorgestellten Entwurf
eines Glücksspielgesetzes verabschiedet. Dieses Gesetz sieht u. a. eine Zulassung
privater Buchmacher vor.
Wie zu erwarten, waren die Reaktionen höchst kontrovers. So sprachen die
Landeslotteriegesellschaften WestLotto und Lotto Bayern von einer
„Kommerzialisierung des Glücksspiels“ (wobei sie allerdings nicht ihr eigenes
gewerbliches Angebot meinten). Die Wettbörse Betfair, Tipp24, Jaxx, der Deutsche
Lottoverband sowie der Arbeitskreis Wetten im Verband Privater Rundfunk und
Telemedien e. V. (VPRT) begrüßten dagegen die Verabschiedung des Gesetzes.
Die wichtigsten Pressemitteilungen pro und contra finden Sie auf unserem Blog
http://wettrecht.blogspot.com/
Mit der verabschiedeten Fassung des Glücksspielgesetzes und den Auswirkungen auf
die weitere rechtliche Entwicklung werden wir uns in der nächsten Ausgabe unseres
Newsletters beschäftigen.
Sportwettenrecht aktuell - Nr. 122
ISSN 1613-4222 Seite 3
Rechtsprechung des EuGH
Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Mehrwertsteuerpflicht von
Wettbürobetreibern (Rechtssache C-464/10 - Henfling u.a.)
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) musste sich in seinem Urteil vom 14.
Juli 2011 mit der Auslegung der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie (Sechste Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977) hinsichtlich von Wettbürobetreibern
beschäftigen. Anders als bei Call-Center-Dienstleistungen (EuGH-Urteil United Utilities,
Rs. C-89/05) bejahte der EuGH in diesem Fall die Steuerfreiheit von
Wettbürobetreibern, da diese im eigenen Namen auftraten.
In den Urteilsgründen führt der EuGH hierzu wie folgt aus (Rn. 32 ff.):
"Das Ausgangsverfahren unterscheidet sich jedoch in mehreren Punkten von dem,
das zum Urteil United Utilities geführt hat. Zum einen ist nämlich die Tätigkeit der
Wettbürobetreiber insbesondere insofern anders als die der genannten Call-Center,
als Wettbürobetreiber den Wettern bekannt sind, die Annahme einer Wette jederzeit
ganz oder teilweise verweigern können, ohne dies begründen zu müssen, und auch
für die Auszahlung der Gewinne an die Wetter zuständig sind. Zum anderen betraf
die Rechtssache, die zum genannten Urteil führte, die Annahme von Wetten im
Namen des Wettorganisators, während sich die im Ausgangsverfahren
aufgeworfene Frage ausdrücklich auf die Situation eines Wirtschaftsteilnehmers
bezieht, der für die Annahme der genannten Wetten zwar für Rechnung des
Wettorganisators, jedoch im eigenen Namen auftritt.
Ein solches Auftreten im eigenen Namen bedeutet, dass, anders als es in der
Rechtssache, die dem Urteil United Utilities zugrunde lag, gemäß dessen Randnr. 27
der Fall war, das Rechtsverhältnis nicht unmittelbar zwischen dem Wetter und dem
Unternehmen, für dessen Rechnung der hinzutretende Wirtschaftsteilnehmer tätig
wird, sondern zwischen diesem Wirtschaftsteilnehmer und dem Wetter auf der einen
und diesem Wirtschaftsteilnehmer und dem genannten Unternehmen auf der
anderen Seite entsteht.
Was die Beurteilung eines solchen Auftretens in Bezug auf die Mehrwertsteuer
angeht, bestimmt Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie, dass Steuerpflichtige, die bei
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der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter
tätig werden, so behandelt werden, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten
und erbracht hätten.
Diese Vorschrift begründet somit die juristische Fiktion zweier gleichartiger
Dienstleistungen, die nacheinander erbracht werden. Gemäß dieser Fiktion wird der
Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzutritt und
Kommissionär ist, so behandelt, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von
dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er tätig wird und der Kommittent ist,
erhalten hätte und anschließend diese Dienstleistungen dem Kunden selbst
erbrächte. In dem zwischen Kommittent und Kommissionär bestehenden
Rechtsverhältnis werden also ihre jeweiligen Rollen als Dienstleister und als Zahler in
Bezug auf die Mehrwertsteuer fiktiv vertauscht.
Da Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie in deren Abschnitt V („Steuerbarer Umsatz“)
fällt und allgemein gefasst ist, ohne Beschränkungen in Bezug auf seinen
Anwendungsbereich oder seine Tragweite zu enthalten, betrifft die mit dieser
Vorschrift geschaffene Fiktion auch die Anwendung von nach der Sechsten Richtlinie
vorgesehenen Befreiungen von der Mehrwertsteuer. Wenn demzufolge die
Erbringung von Dienstleistungen, bei der der Kommissionär hinzutritt, von der
Mehrwertsteuer befreit ist, gilt diese Befreiung auch im Rechtsverhältnis zwischen
Kommittent und Kommissionär."
Aufgrund dessen hält der EuGH in seinem Urteilstenor fest:
"Die Art. 6 Abs. 4 und Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des
Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass,
wenn ein Wirtschaftsteilnehmer bei der Annahme von Wetten, die nach Art. 13 Teil B
Buchst. f der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sind, im eigenen
Namen, aber für Rechnung eines die Tätigkeit eines Wettannehmers ausübenden
Unternehmens auftritt, dieses Unternehmen gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie so
behandelt wird, als ob es dem genannten Wirtschaftsteilnehmer
Wettdienstleistungen erbrächte, die unter die genannte Steuerbefreiung fallen."
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Neue Glücksspiel-Vorlagen zum EuGH aus
Griechenland, Italien und Polen
Europäischer Gerichtshof entscheidet über Zulässigkeit des
griechischen Wettmonopols (Rechtssachen C-186/11 - Stanleybet
und William Hill sowie C-209/11 - Sportingbet)
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der griechische Staatsrat (Symvoulio tis Epikrateias), das oberste Verwaltungsgericht
Griechenlands, hatte bereits vor einiger Zeit beschlossen, Rechtsfragen zum Monopol
des staatlich lizensierten Glücksspielanbieters OPAP dem Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) vorzulegen. Die zwischenzeitlich vom Staatsrat
formulierten, sehr umfangreichen Vorlagefragen mit mehreren Alternativ-
/Nachfragen (siehe unten) sind nunmehr beim EuGH eingegangen. Klägerinnen des
Ausgangsverfahrens sind bei der Rechtssache C-186/11 die Buchmacher Stanleybet
(Stanleybet International Ltd) und William Hill (William Hill Organization Ltd und William
Hill Plc) und bei der Rechtssache C-209/11 der britische Buchmacher Sportingbet Plc.
Diese Buchmacher hatten beantragt, auch in Griechenland tätig werden zu dürfen.
Entsprechend der derzeitigen Rechtslage hat OPAP, eine börsennotierte
Aktiengesellschaft, bis 2020 ein Ausschließlichkeitsrecht für das Angebot von
Glücksspielen und Wetten. Nach Ansicht des Staatsrats kann sich OPAP jedoch nicht
darauf berufen, die Gelegenheiten zum Glücksspiel einzuschränken und die
Öffentlichkeit zu beschützen. Auch biete OPAP seine Dienstleistungen in einem
anderen EU-Mitgliedstaat an.
Der Staatsrat formuliert seine Zweifel an der Vereinbarkeit des Monopols mit
Europarecht in seinen Vorlagefragen wie folgt:
"Ist eine nationale Regelung mit Art. 43 EG und 49 vereinbar, die zu dem Zweck, das
Angebot von Glücksspielen zu begrenzen, das ausschließliche Recht für die
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Durchführung, die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren der
Glücksspiele einem einzigen Unternehmen überträgt, das in der Form einer
börsennotierten Aktiengesellschaft errichtet worden ist, zumal dieses Unternehmen
Werbung für die von ihm organisierten Glücksspiele betreibt, seine Tätigkeit auf
andere Staaten ausdehnt, die Spieler frei teilnehmen und der Höchstbetrag des
Einsatzes und des Gewinns je Teilnahmeschein und nicht je Spieler bestimmt wird?
Falls die erste Frage verneint wird, ist dann eine nationale Regelung mit den Art. 43
EG und 49 EG vereinbar, die an und für sich der Kriminalitätsbekämpfung durch
Ausübung einer Kontrolle über die Unternehmen dient, die sich auf dem
betreffenden Sektor betätigen, um zu gewährleisten, dass sich diese Tätigkeiten
innerhalb überwachter Kreise entfalten, das ausschließliche Recht für die
Durchführung, die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren der
Glücksspiele einem einzigen Unternehmen überträgt, auch wenn diese Übertragung
parallel bewirkt, dass sich das entsprechende Angebot unbegrenzt entwickelt; oder
ist es in jedem Fall erforderlich, damit diese Beschränkung als geeignet für die
Verfolgung des Zwecks der Kriminalitätsbekämpfung zu betrachten ist, dass die
Entwicklung des Angebots in irgendeiner Weise kontrolliert wird, d. h. in dem Maße
gehalten wird, das für die Verfolgung dieses Zwecks notwendig ist, und nicht darüber
hinaus geht. Falls diese Entwicklung kontrolliert werden muss, kann sie unter diesem
Gesichtspunkt als kontrolliert betrachtet werden, wenn in diesem Sektor ein
ausschließliches Recht einer Einrichtung mit den Merkmalen übertragen wird, die in
der ersten Vorlagefrage aufgeführt sind? Geht schließlich, falls davon ausgegangen
wird, dass die in Rede stehende Verleihung des ausschließlichen Rechts zu einer
kontrollierten Entwicklung des Angebots von Glücksspielen führt, die Verleihung an
ein einziges Unternehmen über das Erforderliche in dem Sinn hinaus, dass das gleiche
Ziel zweckmäßiger Weise auch mit der Verleihung dieses Rechts an mehr als ein
Unternehmen erreicht werden könnte?
Wenn in Bezug auf die vorhergehenden beiden Vorlagefragen festgestellt wird, dass
die Verleihung eines ausschließlichen Rechts für die Durchführung, die Verwaltung,
die Organisation und das Funktionieren der Glücksspiele nach den in Rede
stehenden nationalen Bestimmungen nicht mit den Art. 43 EG und 49 EG vereinbar
ist:
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a) ist es dann im Sinne der Bestimmungen des Vertrags zulässig, dass es die
nationalen Behörden unterlassen, während eines Übergangszeitraums, der für den
Erlass mit dem EG-Vertrag vereinbarer Bestimmungen erforderlich ist, die Anträge in
anderen Mitgliedstaaten niedergelassener Antragsteller auf Aufnahme solcher
Tätigkeiten zu prüfen?
b) falls diese Frage bejaht wird, auf der Grundlage welcher Kriterien bestimmt sich
dann die Dauer dieser Übergangszeit?
c) wenn keine Übergangszeit zugelassen wird, auf der Grundlage welcher Kriterien
müssen die nationalen Behörden dann die betreffenden Anträge beurteilen?"
_______________________________
Drei weitere Sportwetten-Vorlageverfahren aus Italien zum
Europäischen Gerichtshof
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss sich mit weiteren Vorlagen aus Italien zu
der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit bei Sportwetten befassen. Die zwei
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale di Santa Maria Capua Vetere betreffen
Strafverfahren gegen Raffaele Arrichiello (Rechtssache C-368/11) sowie Raffaele
Russo (Rechtssache C-501/11).
Die Vorlagefrage beschäftigt sich vor allem mit den europarechtlichen
Anforderungen an ein nationales Konzessionsverfahren, bei dem das ursprünglich
angewandte Konzessionsvergabeverfahren rechtswidrig war:
"Der Gerichtshof der Europäischen Union wird ersucht, sich zur Auslegung der Art. 43
und 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union in Bezug auf die
Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten zu äußern, um
festzustellen, ob die angeführten Bestimmungen des Vertrags eine nationale
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Regelung zulassen, die eine Monopolstellung zugunsten des Staates und ein System
von Konzessionen und Erlaubnissen festlegt und für eine bestimmte Anzahl von
Konzessionsnehmern Folgendes vorsieht:
a) eine allgemeine Ausrichtung des Schutzes für die Inhaber von Konzessionen, die
früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der
Wirtschaftsteilnehmer ausschloss;
b) die Geltung von Vorschriften, die praktisch die Aufrechterhaltung von
Geschäftspositionen sicherstellen, die nach einem Verfahren erworben wurden, das
rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss (wie etwa das Verbot für
neue Konzessionsnehmer, ihre Schalter näher als in der festgelegten Entfernung von
einem bereits bestehenden Schalter zu eröffnen);
c) die Festlegung von Tatbeständen des Konzessionsentzugs oder des Verfalls von
Sicherheitsleistungen in erheblicher Höhe, darunter den Fall, dass der
Konzessionsnehmer unmittelbar oder mittelbar grenzüberschreitenden
Wetttätigkeiten nachgeht, die mit den konzessionierten vergleichbar sind."
In die ähnliche Richtung geht die Vorlage des Verwaltungsgerichtshofs Sizilien
(Consiglio di Giustizia Amministrativa per la Regione siciliana) in einem Verfahren
zwischen dem Innenministerium (Ministero dell'Interno, Questura di Caltanissetta) und
Massimiliano Rizzo (Rechtssache C-107/11).
Die Vorlagefragen aus Sizilien betreffen ebenfalls die Ausgestaltung des
Konzessionsverfahrens, bei dem früher rechtwidrig erteilte Konzessionen auch derzeit
noch mit Vorteilen verbunden sind (z. B. Gebietsschutz für alte Konzessionsnehmer):
"Ist mit den Art. 43 und 49 EG eine nationale Regelung wie die im Anschluss an das
Bersani-Dekret (Decreto-legge Nr. 223 vom 4. Juli 2006, umgewandelt in Gesetz Nr.
248 vom 4. August 2006) eingeführte insoweit vereinbar, als die internen Vorschriften
u. a. Folgendes vorsehen:
a) eine allgemeine Tendenz, die Inhaber von Konzessionen zu schützen, die früher
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aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der
Wirtschaftsteilnehmer ausschloss;
b) die Geltung von Vorschriften, die praktisch die Aufrechterhaltung von
Geschäftspositionen sicherstellen (etwa durch das Verbot für neue
Konzessionsnehmer, ihre Schalter in einem bestimmten Umkreis von bereits
bestehenden Schaltern zu eröffnen);
c) die Festlegung von Tatbeständen des Konzessionsentzugs für den Fall, dass der
Konzessionär unmittelbar oder mittelbar grenzüberschreitenden Wetttätigkeiten
nachgeht, die mit den konzessionierten vergleichbar sind?"
___________________________
Europäischer Gerichtshof entscheidet zur Notifizierungspflicht bei
einer Änderung der Regulierung von Glücksspielautomaten
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) muss aufgrund von drei Vorlagen
des Verwaltungsgerichts Danzig (Wojewódzki Sąd Administracyjny w Gdańsku)
klären, ob eine Änderung der Vorschriften zu Glücksspielautomaten nach der
Richtlinie 98/34/EG der Europäischen Kommission zu notifizieren ist. Klägerinnen der
Ausgangsverfahren sind die Firmen Fortuna sp. zoo (Rechtssache C-213/11), Grand
sp. zoo (Rechtssache C-214/11) und Forta sp. zoo (Rechtssache C-217/11). Der
Präsident des EuGH hat diese drei Verfahren mit Beschluss vom 9. Juni 2011
verbunden.
Das polnische Gericht will mit seiner Vorlagefrage vom EuGH die Reichweite der
Notifizierungspflicht geklärt haben:
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"Ist Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und
technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der
Informationsgesellschaft 1) dahin auszulegen, dass zu den "technischen Vorschriften",
deren Entwürfe nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie der Kommission übermittelt werden
müssen, eine Rechtsvorschrift gehört, die die Änderung von Erlaubnissen für eine
Tätigkeit im Bereich der Automatenspiele mit niedrigen Gewinnen insoweit untersagt,
als es um eine Änderung des Ortes der Spielveranstaltung geht?"
____________
1) - Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über
ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L
204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf
dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 217, S. 18) geänderten Fassung.
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Pressemitteilungen
Verwaltungsgericht Düsseldorf: Untersagung der
Sportwettenvermittlung unzulässig
Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2011
Mit soeben in öffentlicher Sitzung verkündeten Urteilen vom heutigen Tag hat
nunmehr auch die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf - wie zuvor schon
andere erstinstanzliche Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen - das staatliche
Glücksspielmonopol für europarechtswidrig erklärt. Gemessen an den Vorgaben des
Europäischen Gerichtshofs fehle es im Hinblick auf die erhebliche Ausweitung der
Zahl von Geldspielautomaten und der damit erzielten Umsätze an der erforderlichen
systematischen Bekämpfung der Spielsucht in allen Glücksspielbereichen. Die
tatsächliche Entwicklung bei den gewerblichen Geldspielautomaten sei in der
Spielverordnung 2006 angelegt, denn diese habe zahlreiche begrenzende
Regelungen gelockert.
Dementsprechend hat die Kammer mehrere Verfügungen der Stadt Dinslaken aus
dem Jahr 2010 aufgehoben.
Gegen die Urteile können die Beteiligten die von der Kammer jeweils zugelassene
Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in
Münster einlegen.
Az.: 3 K 8285/10 u. a.
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Sportwettenrecht aktuell - Nr. 122
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12
Hessischer Verwaltungsgerichtshof: Verbot der Vermarktung von
Glücksspielen per Internet ist vollziehbar
Kassel, den 9. September 2011
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit einem soeben den Beteiligten
bekanntgegebenen Beschluss vom 7. September 2011 erstmals die Vollziehbarkeit
eines Bescheids des Hessischen Ministeriums des Innern bestätigt, mit dem einem von
Gibraltar aus operierenden Unternehmen die Vermarktung von Sportwetten und
anderen Glücksspielen via Internet in Hessen und mehreren anderen Bundesländern
untersagt worden ist. Dabei hat der 8. Senat, gestützt auf ein Grundsatzurteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 – BVerwG 8 C 5.10 –, das im
Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer festgelegte generelle Internetverbot
ungeachtet nach wie vor bestehender rechtlicher Bedenken gegen das in diesem
Staatsvertrag geregelte staatliche Glückspielmonopol als verfassungsgemäß und mit
dem Recht der Europäischen Union vereinbar bezeichnet.
Mit diesem Beschluss hat der Verwaltungsgerichtshof auch die erstinstanzliche
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bestätigt, das den
Aussetzungsantrag des betroffenen Unternehmens abgelehnt und dabei die Ansicht
vertreten hatte, durch die auf Teile des Bundesgebiets beschränkte Untersagung der
Internetvermarktung werde von dem in Gibraltar lizenzierten Unternehmen entgegen
seiner Ansicht nichts Unmögliches verlangt. Denn dessen Internetauftritt ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Glücksspielstaatsvertrag
im gesamten Bundesgebiet verboten. Sofern keine anderen technischen
Möglichkeiten zur regionalen Verbreitung seines Internetangebot bestünden, sei das
Unternehmen gehalten, sein gesamtes deutschsprachiges Glückspielangebot
einschließlich Werbung dafür per Internet einzustellen.
Die Berufung der Beschwerdeführerin auf den Rundfunkstaatsvertrag und die dort
ermöglichte Verbreitung von Unterhaltungsspielen per Rundfunk bei Einsätzen
unterhalb einer „Bagatellgrenze“ von 0,50 € pro Spiel bleibe ohne Erfolg. Zum einen
Sportwettenrecht aktuell - Nr. 122
ISSN 1613-4222 Seite
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gebe es im Glücksspielrecht keine solche
Bagatellgrenze. Zum anderen lasse der
Internetauftritt der Beschwerdeführerin erkennen,
dass sie selbst mit der Mehrfachteilnahme der
Spieler und deshalb trotz dieser
Einsatzbeschränkung mit einem maximalen Einsatz
pro Tag und Spieler von 100,00 € und mit
maximalen Verlusten pro Tag und Spieler von
30,00 € bzw. von 200,00 € pro Monat und Spieler
rechne.
Aktenzeichen: 8 B 1552/10
________________
Impressum
______________________
Sportwettenrecht aktuell
ISSN 1613-4222
Herausgeber:
Rechtsanwaltskanzlei
ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
(bei München)
Tel. 0700 / WETTRECHT
Tel. 089 / 64 91 11 - 75;
Fax. 089 / 64 91 11 - 76
E-Mail: wettrecht
@anlageanwalt.de
Redaktion: Rechtsanwalt Martin
Arendts, M.B.L.-HSG
(martin.arendts@anlage
anwalt.de)
(presserechtlich
verantwortlich),
Rechtsanwalt Clemens
Schmautzer
c/o ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
© 2011.