238 Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau WS 2010/11 f(k) k y, s. y s. f(k) (n+ )k s....

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff

Universität Passau

WS 2010/11

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y* 7. Zinssatz und Gütermarkt bei konstanter Inflation

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Pflichtlektüre:

Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das Keynesianische Konsensmodell, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387-394.

Jarchow, H.-J. (2010), Grundriss der Geldtheorie, 12. Aufl. S. 217-229.

Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am Mikrofon der BBC. S. 71-77.

Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript, University of California, Berkeley, S. 1-19,http://elsa.berkeley.edu/~dromer/

Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 505-512.

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• Die vorherigen Abschnitte hatten gezeigt, dass Investitionen sich die zu ihrer Finanzierung notwendigen Ersparnisse selbst erzeugen aufgrund des Multiplikatorprozesses.

• Wie wird dann aber der Realzins bestimmt?

• Wir hatten in Abschnitt III bereits gesehen, dass der nominale Zinssatz von der Zentralbank bestimmt wird.

• Die Zentralbank beobachtet permanent die laufende und in der Zukunft erwartete Inflation.

• Wird dieser Wert vom nominalen Zinsniveau subtrahiert, so ergibt sich das reale Zinsniveau.

• Die Zentralbank führt die Geldpolitik durch mit dem Ziel, makroökonomische Größen optimal zu steuern.

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• Da hohe Realzinsen die Investitionen dämpfen und niedrige Realzinsen zu einem expansiven Impuls führen, wird die Zentralbank der Höhe der Realzinsen besondere Aufmerksamkeit schenken.

• Sie wird daher direkt das Realzinsniveau steuern.

• Ist das reale Inlandsprodukt, Y, niedriger als das potentielle Inlandsprodukt, so resultiert Arbeitslosigkeit und vorhandene Kapazitäten an Sachkapital sind ungenutzt. Die Zentralbank steuert dem durch Senkung des Realzinses entgegen.

• Ist das Inlandsprodukt höher als sein potentielles Niveau, so müssen Arbeitskräfte Überstunden machen. Sachkapital wird übermäßig verschlissen. Um die Wirtschaft zu dämpfen wird die Zentralbank den Realzins erhöhen.

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• Bei einem hohen Inlandsprodukt droht auch eine zukünftige Finanzkrise.

• Eine hohe gesamtwirtschaftliche Nachfrage kann durch einen Boom beim privaten Konsum oder den Investitionen ausgelöst werden.

• Der Boom hält dabei an, weil hohe Einkommen den privaten Haushalten einen hohen Konsum ermöglichen und den Investoren eine gute Kapazitätsauslastung.

• Geht das Inlandsprodukt aber auf sein potentielles Niveau zurück, so erkennen die privaten Haushalte, dass Konsumentenkredite nicht abbezahlt werden können.

• Investoren erkennen, dass ihre Projekte unrentabel sind. Sie müssen Insolvenz anmelden. Insgesamt kann so eine Finanzkrise aufkommen.

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• Um diese Gefahren einer Überhitzung zu vermeiden, wird die Zentralbank den Realzins erhöhen:

“[It’s the Fed’s job] to take away the punch bowl just as the party gets going.”

William McChesney Martin, Jr.Fed Chairman 1951-1970

• In der Rezession gilt das Gegenteil:

“The Fed also has the job of spiking the punch with grain alcohol when the party starts to flag“

N. Gregory Mankiw, New York Times, 2007

7Quelle: New York Times, 21. Dezember 2007

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' ; ', , 0P I P Ir r Y Y r

• Die Zentralbank wird darüber hinaus auch der Höhe der Inflationsrate eine große Bedeutung beimessen. Die EZB hält eine Inflationsrate zwischen 1 und 2 Prozent für angemessen.

• Bei hoher Inflation wird die Zentralbank den Realzins erhöhen. Hierdurch soll der Preisauftrieb gedämpft werden.

• Bei zu niedriger Inflation wird der Realzins gesenkt, damit zusätzliche gesamtwirtschaftliche Nachfrage entsteht.

• Es ergibt sich eine geldpolitische Reaktionsfunktion, die positiv vom realen Inlandsprodukt und ebenfalls positiv von der Inflationsrate abhängig ist.

• Diese Regel wird als Taylor-Regel bezeichnet:

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• Hierbei bezeichnen P das Ausmaß mit dem die

Zentralbank auf Schwankungen des Inlandsprodukts reagiert. Je ausgeprägter der Wunsch nach einer Stabilisierung des Inlandsprodukts, desto größer fällt dieser Parameter aus.

• Analog fällt I groß aus, falls bereits kleine

Schwankungen der Inflationsrate vermieden werden sollen.

• Der letzte Term ließe sich auch in der Form schreiben, wobei der Zielwert der Inflationsrate ist.

• Wir können diesen Zielwert aber weglassen. Ein höherer Zielwert, also eine inflationäre Politik, wird hier stattdessen durch den Term r' erfasst.

I

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• Der Term r' bezeichnet einen von der Zentralbank im langfristigen Mittel für geeignet angesehenen Realzins.

• Eine Änderung von r' bringt eine bewusste Änderung der geldpolitischen Ausrichtung zum Ausdruck.

• Mit einem Anstieg von r' wird der Übergang zu einer restriktiveren geldpolitischen Regel ausgedrückt.

• Mit einem Senken von r' wird ausgedrückt, dass die Zentralbank eine laxere geldpolitische Regel verfolgt.

• Hiervon ist eine fehlerhafte Realzinssteuerung der Zentralbank zu unterscheiden, die durch ein Abweichen von der MP-Kurve dargestellt wird.

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• Wir setzen dabei den Wert für das potentielle Inlandsprodukt, , auf 100 und passen den Wert der Güternachfrage, Y, dementsprechend an.

• Bei einem Produktionspotential von 2500 Mrd. € und einer Güternachfrage von 2400 Mrd € schreiben wir dann:

• Wir bringen somit zum Ausdruck, dass die Güternachfrage 4% unterhalb des Produktionspotentials liegt.

• Taylor schlägt als Werte für P und I jeweils 0,5 vor.

Y

2400 2500100 96 100

2500Y Y

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• Damit erhalten wir eine Kurve, welche die monetäre Politik der Zentralbank beschreibt. Diese Kurve bezeichnen wir als MP-Kurve.

• Sie hat eine positive Steigung.

• Ein Anstieg der Inflation oder ein Übergang zu einer restriktiveren geldpolitischen Regel (r' steigt) verschieben die MP-Kurve nach oben.

r

MP-Kurve

Y

r'

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• Die IS-Kurve sei durch die folgende Gleichung charakterisiert (b0 bezeichnet die in den vorherigen

Abschnitten identifizierten Einflüsse).

• Die geldpolitische Regel und die IS-Kurve können zusammengefasst werden, um das gleichgewichtige Inlandsprodukt und den hierzu gehörigen Realzins zu bestimmen.

r

YY0

r0 P0

ISMP

0 1 0 1; , 0.Y b b r b b

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• Im Gleichgewicht muss die nominale Geldmenge, Ln, mit der Inflationsrate steigen.

• Dies zeigt ein Blick auf die Geldnachfragegleichung, .

• Da im Gleichgewicht der Realzins, die erwartete Inflationsrate und das Inlandsprodukt konstant sind, ist auch die reale Geldnachfrage konstant.

• Dies ergibt sich nur bei einer proportionalen Entwicklung von Geldmenge und Preisniveau.

• So lange somit der Zinssatz konstant ist, gilt die Quantitätsgleichung.

( , )n eL P L Y r

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r

YY0

r0 P0

IS0 MPrA

PA

b0

IS1

Erhöhung des Staatskonsums

YA

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• Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts.

• Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts ergibt sich eine Überauslastung der Kapazitäten.

• Die Zentralbank wird gemäß ihrer Reaktionsfunktion den Realzins erhöhen.

• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher bleibt die MP-Kurve unverändert in ihrer Lage. Es ergibt sich ein neues Gleichgewicht im Punkt PA.

• Das Inlandsprodukt ist angestiegen, allerdings ist der Anstieg gedämpft, da die höheren Realzinsen die Investitionen reduzieren.

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• Der Anstieg des Inlandsprodukts fällt insgesamt geringer aus als bei der bisherigen Multiplikatoranalyse.

• Die Zentralbank wirkt stabilisierend einer Ausweitung des Inlandsprodukts entgegen.

• Dies wird auch in der Literatur als „Dämpfungseffekt des Geldmarkts“ oder genauer als „Dämpfungseffekt der Zentralbankpolitik “ bezeichnet.

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r

YY0

r0 P0

IS0 MP0

YA

MP1

PA

Straffere geldpolitische Regel

rA

r'

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• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MP-Kurve nach oben.

• Der Realzins erhöht sich.

• Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das Inlandsprodukt.

• Dies wiederum bewirkt, dass die Erhöhung des Realzinses etwas gedämpft wird.

•Es ergibt sich ein Gleichgewicht in PA bei kurzfristig

konstanter Inflationsrate.

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• Eine straffere geldpolitische Regel geht mit einer einmaligen Reduktion der Geldmenge einher.• Dies zeigt die Gleichung für die Geldnachfrage:

• Da das Inlandsprodukt sinkt und der Realzins steigt, sinkt die reale Geldnachfrage.

( , )n eL P L Y r

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• Wieso geht eine einmalige Reduktion der Geldnachfrage mit einem Sinken des Inlandsprodukts einher?

• Teilweise finden sich hier irreführende, vulgärökonomische Argumente für diesen Zusammenhang, z.B. : „Die Güternachfrage verringert sich, weil weniger Geld für Konsumzwecke zur Verfügung steht“.

• Dieses Argument ist falsch, denn für Konsum ist Einkommen notwendig. Geld wird zu Transaktionszwecken gehalten. Konsumgüter werden verbraucht, Geld nicht.

• Der Grund besteht vielmehr darin, dass durch den höheren Realzins die Investitionen sinken und als Begleiterscheinung auch die Geldnachfrage sinkt.

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Liquiditätsfalle• Die Zentralbank kann keine negativen nominalen Zinssätze am Markt durchsetzen.

• Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die Geschäftsbanken keine Kredite mit negativen Nominalzinsen vergeben, weil sie stattdessen die Geldhaltung bevorzugen.

• Dies wird als Liquiditätsfalle bezeichnet, da alle Wirtschaftssubjekte eine unbegrenzte Neigung zur Haltung von Liquidität hätten.

• Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank dann keine negativen Realzinsen erreichen.

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r

Y

Y0

r0=0P0

IS0 MP

=Y1

=P1

Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle

r'

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• Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen, muss die Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen.

• Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.

• Eine expansivere geldpolitische Regel ist dann ohne Einfluss auf r.

• Demzufolge kann sich auch kein Anstieg der Investitionen und des Inlandsprodukts einstellen.

• Eine Änderung der geldpolitischen Regel ist in der Liquiditätsfalle somit wirkungslos.

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III. Fallstudie Japan

Japan, 2009BIP: 487000 Mrd. YenBevölkerung: 127 Mio. Pro-Kopf-Produktion: 3830000 YenPreis Big-Mac: 320 Yen Wechselkurs: 85 Yen/US $

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• 1984-89: Trotz hohen Wachstums und niedriger Inflation werden niedrige Zinsen gesetzt (um Leistungsbilanzüberschuss abzubauen). Vermögenspreisblase bei Aktien und Immobilien.

• 1989-1992: Nikkei büsst mehr als die Hälfte seines Wertes ein. Viele faule Kredite liegen in den Bilanzen.

• 1992-1996: Trotz Rezession werden Zinsen nur langsam gesenkt.

• 1996-2010: Japan ist in der Liquiditätsfalle. Nur mit hohen Staatsausgaben gelingt eine Stabilisierung. Die Verschuldung des Staates liegt mittlerweile bei 230% des BIP.

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• Der Nikkei ist der bekannteste japanische Aktienindex. Seine Messung basiert auf 225 ausgesuchten Aktienwerten.

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