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QUICUMQUE 251 1
Wer fleißig QUICUMQUE liest, der weiß, dass es vom
Schaf bis zum Pullover ein weiter, zu Beginn schweißtrei-
bender und am Ende fingerermüdender Weg ist: Sche-
ren, Wollvlies waschen, Kardieren, Spinnen, Verzwirnen,
Wickeln und schließlich Stricken.
Einen überaus spannenden Schritt haben wir bisher aus-
gelassen, das Färben nämlich. Während Sandalenfilme
gerne den Eindruck einer wollweißen Vergangenheit
vermitteln, wissen Restauratoren und Archäologen, dass
der Mensch schon seit tausenden von Jahren seine Stof-
fe bunt einfärbt – mit lichtechten und nicht lichtechten
Tier- und Pflanzenfarben. Weil auch das Färben Aufwand
bedeutet, hat man in früheren Zeiten, sofern man es sich
leisten konnte, Oberbekleidung nur mit lichtechten Far-
ben gefärbt. Nicht lichtechte Farben vergrauen schon
nach kurzer Zeit. Und wer hat schon Lust, zwei Wochen
nach der Färbearbeit in einem unansehnlichen Grau
herumzulaufen? Also keinem erfreulichen Braun-Grün-
Grau, sondern einem Farbschlag, auf den nicht einmal
Loriot gekommen wäre.
Alles so schön bunt hier!
Wie man Wolle mit Naturfarben färbt
Mit dem Färberwissen von Margit Hofmann
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 252 3
Färben mit Natur- und Pflanzenfarben ist altes Wissen,
das zum Teil schon verloren gegangen ist, wie so oft im
traditionellen Handwerk. Weil wir unsere Aufgabe auch
darin sehen, tradierte Kul turtechniken vor dem Verges-
sen zu bewahren, haben wir jemandem über die Schul-
ter geschaut, der seit Jahren hochwertige Garne färbt,
mit Museen zusammenarbeitet und seine Ausbildung
im Bereich Pflanzenfarben bei professionellen Pflanzen-
färbern in Frankreich und Großbritannien absolviert hat:
Dr. Margit Hofmann. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit stel-
len historisch überlieferte Färbungen dar. Darüber hinaus
legt sie großen Wert auf lichtechte Naturfärbungen, die
umweltfreundlich sind und weder Mensch noch Tier ihr
Futter wegnehmen. Färbende Beeren, rote Beete und
ähnliches kommen bei ihr allenfalls zu Forschungszwe-
cken zum Einsatz.
Das heimische Indigo:Färberwaid
Wer selbst Wolle färben, aber kein Schaf scheren und
auch nicht spinnen möchte, kann diesem schönen
Handwerk mit fertig versponnener Faser nachgehen.
Wir zeigen hier Verfahren für Tierhaar und Seide.
Pflanzenfasern wie Baumwolle und Leinen haben an-
dere Färbeeigenschaften und Verfahren.
Benötigt werden große Töpfe. Sehr praktisch sind
die großen Einkochautomaten, wie sie auch zum Ein-
wecken verwendet werden. Es gibt unterschiedliche
Meinungen dazu, ob man Aluminiumtöpfe nehmen
kann – Margit Hofmann hat nur Stahl- und Emailletöp-
fe im Einsatz. Das Emaille sollte unbeschädigt sein,
damit kein Rost als Entwickler auf die Farben wirken
kann.
Eimer in allen Größen sind zweckdienlich, Leinen-
oder Baumwollsäckchen für die Färbesubstanzen,
Goldrute
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 254 5
große verschließbare Tonnen, um die Wolle zu wäs-
sern, Holzlöffel oder -stäbe zum Rühren und Aufhän-
gen in der Färbeflotte. Wer keine bunten Finger mag
und nicht so gerne heiße Sachen anfasst, macht sich mit
Gummischutzhandschuhen eine Freude. Last but not
least braucht man jede Menge Wasser zum Auswaschen
der Wolle und Leine zum Trocknen.
Benötigt werden außerdem Alaun zum Beizen und die
jeweiligen Pflanzen oder (wie im Fall der Cochenillelaus)
Tiere, welche die Farbstoffe enthalten. Mit Eisen, Kupfer,
Pottasche und Essigessenz lassen sich den frisch gefärb-
ten Fasern weitere Farbschläge abtrotzen. Für die Indi-
go-Färbung benötigt man Obstler, Soda und Natriumdi-
thionit, was man vom Chemiefachhandel beziehen kann.
Alaun wird für die Beize benötigt, damit die Farbpigmente eine feste Verbindung mit der Wolle eingehen.Mit Entwicklern wie Kupfer und Eisen lassen sich die Farben der frisch gefärbten Wolle zu weiteren Farbtönen verschieben.
Kupferlösung Eisenlösung
Alaun
Färbepflanzen und -tiere
Zu den lichtechten einheimischen Färbepflanzen gehö-
ren unter anderem Birke, Rainfarn, Goldrute, Reseda,
Frauenmantel, Krappwurzel und Walnuss. Auch gibt
es einheimisches Indigo, das aber wesentlich weniger
Farbstoff enthält, als das japanische, und deshalb ein we-
niger sattes und leicht grünstichiges Blau erzeugt. Mit ro-
ten und braunen Zwiebelschalen lässt sich nicht lichtecht
färben, auch nicht mit Holunderbeeren oder roter Beete.
Lichtecht, aber aus fernen Landen und also nicht ganz so
selbstversorgerfreundlich, sind Färbungen mit getrock-
neten Cochenilleläusen, Blauholz, japanischem Indigo
und Annatto, dem Samen des Orleanstrauches.
Und lichtecht färbt auch der Farbstoff der Purpurschne-
cke; hier kostet das Gramm aber um die 2.500 Euro.
Getrocknete Cochenillelaus, die von pink bis lila färbt.
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 256 7
Am Anfang war das Beizen
Ohne Beizen meistens keine Farben. Margit Hofmann
beizt ausschließlich mit Alaun, einem Aluminiumsalz, das
schon die alten Römer nutzten und das umweltfreundlich
ist. Im normalen Haushalt kennt man es als Rasierstein,
mit dem die Blutung kleinerer Schnittwunden gestillt
wird. Obstbauern setzen es gegen Feuerbrand bei Kern-
obst ein und die Lebensmittelindustrie stabilisiert das ein
oder andere Häppchen damit. Alaun bekommt man in
Apotheken und im Chemiehandel. Dämpfe und Staub
nicht einatmen, Schutzbrille und Schutzhandschuhe tra-
gen.
Beim Beizen geht das Alaun eine feste chemische Ver-
bindung mit der Wollfaser ein und ermöglicht dadurch
erst das dauerhafte Anlagern natürlicher Farbstoffe –
ans Alaun, nicht an die Wolle. Je nach Pflanzenfarbstoff
gibt es stabile, weniger oder instabile Verbindungen.
Die instabilen Verbindungen brechen bei Zufuhr von
Energie schnell auf; dazu reicht Sonnenlicht schon aus.
Nicht lichtechte Färbungen kann man nicht nachträglich
lichtecht machen – eine Verbindung ist stabil oder sie ist
es nicht. Es gibt auch keine nachträgliche Fixierung. Es
gibt lediglich die Beize, welche die Grundlage schafft.
Zum Beizen die benötigte Menge Alaun in ein wenig ko-
chend heißem Wasser auflösen. Für 100 g Wolle werden
15 g Alaun benötigt, also 15% des Wolltrockengewichtes
für die Alaunmenge veranschlagen.
Man füllt einen Topf mit Wasser, der so groß sein muss,
dass die Wolle einigermaßen frei darin schwimmen kann,
und gibt dann das aufgelöste Alaun hinzu. Die Gesamt-
wassermenge hat keinen direkten Einfluss auf das Beizer-
gebnis, weil das Alaun lediglich mit der Wolle eine Ver-
bindung eingeht. Eine 1000-Liter-Wanne für 100 g Wolle
würde das Ganze natürlich trotzdem erschweren, weil die
Alaunmoleküle quasi nach der Wolle suchen müssten.
Die Temperatur wird von handwarm (max 45 °C) langsam
auf 80 bis 90 °C erhöht (1 °C pro Minuten steigern). Seide
nur bis 70 °C erhitzen. Die Temperatur 45 bis 60 Minu-
ten halten und danach die Wolle mit der Beize abkühlen
lassen. Das verhindert zum einen das Verfilzen der Wolle
und zum anderen Verbrühungen beim Färber. Sollte die
Wolle aus Versehen kochen, schaltet man einfach den
Herd oder Einkocher aus und lässt alles langsam auf die
gewünschte Temperatur abkühlen.
Die Wolle kann nach dem Beizen zum Wässern in klares
Wasser gelegt und anschließend gefärbt werden. Oder
man lässt sie trocknen und wässert sie erneut vor dem
Färben.
Wolle muss vor dem Färben immer eingeweichtund bei fast allen Pflanzenfarben gebeizt werden.
Wässern
Wolle muss vor dem Färben einige Stunden, am besten
über Nacht, gewässert werden, damit sie vollständig
(also auch innen im Garn) nass ist. Dazu gibt man sie ein-
fach in eine große Wanne mit Wasser, so dass sie kom-
plett bedeckt ist.
Färben
Für die meisten Pflanzenfärbungen gilt: 100 g trockene
Pflanze auf 100 g trockene Wolle rechnen. Bei frischen
Pflanzen nimmt man bis zur doppelten Menge.
Man kann einige Pflanzen direkt mit der Wolle in die Fär-
beflotte geben. Andere müssen erst eingeweicht und
ausgekocht werden und viele bringt man besser in ei-
nem Säckchen unter, wenn man nicht Stunden damit zu-
bringen will, Rinden- und Blütenkrümel aus der Wolle zu
schütteln und zu zupfen.
Jede Temperatur löst andere Farbpigmente aus der
Pflanze und diese lagern sich auch bei unterschied-
lichen Temperaturen an. Pflanzen haben bis zu
30 verschiedene Farbstoffe und wenn man Wol-
le und Pflanzenteile langsam erhitzt und ebenso
langsam wieder abkühlen lässt, kann man das ge-
samte Spektrum der Farbanlagerung ausschöpfen.
Für die folgenden Rezepte gilt, sofern nicht anders erläu-
tert, das folgende Färbeprocedere: Die jeweiligen Pflan-
zenteile über Nacht in Wasser einweichen (sie sollten mit
Wasser bedeckt sein). Am nächsten Tag alles in einen Fär-
bebeutel schütten, also in einen sauberen Baumwollsack,
den man oben mit einem Kordelzug verschließt. Den Beu-
tel mit den Pflanzenteilen eine gute Stunde im aufgefan-
genen Einweichwasser auskochen und ihn anschließend
ausdrücken, um allen Farbstoff zu bekommen. Zum ra-
schen Abkühlen kann kaltes Wasser zugegeben werden.
Färbetopf mit kaltem Wasser füllen und den Färbesud
dazugeben. Hängt man den Beutel mit in die Flotte,
kann es passieren, dass sich die Wolle am Beutel stärker
verfärbt. Die zu färbende Wolle aus ihrem Einweichwas-
ser holen, leicht ausdrücken und in die Färbeflotte ge-
ben. Das Ganze langsam auf 80 bis 90 °C erhitzen und
die Temperatur für eine Stunde halten. Hin und wieder
sanft im Topf die Wolle bewegen. Nach einer Stunde die
Temperatur abschalten und die Wolle in der Färbeflotte
abkühlen lassen.
Färbeflotte (Reseda) mit Färbesäckchen und dem Wollstrang,der auf einem eingeklemmten Holzstock liegt.
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 258 9
Reseda oder Färberwau
Die Färbung ist lichtecht.
Man nimmt die ganze Pflanze ohne Wurzel, egal ob
während oder nach der Blüte, und verfährt wie oben
beschrieben.
Bei Reseda kann man den Beutel mit den bereits einmal
ausgekochten Pflanzenteilen aufheben und über Nacht
wieder in die Färbeflotte geben. Auch in einer zweiten
Runde kommt es immer noch zu einem verhältnismäßig
guten Färbeergebnis.
Birke
Die Färbung ist lichtecht.
Von der Birke nimmt man nur die Blätter, die das ganze
Jahr über gesammelt werden können. Aber jede Jahres-
zeit hat ihren Gelbton. Im Frühjahr beispielsweise wird
die Färbung eher zitronengelb, im Sommer kommt schon
grün dazu.
Goldrute
Die Färbung ist lichtecht.
Zum Färben mit Goldrute haben wir frische Blüten genom-
men. Die schöne, oft übermannshohe Goldrute wächst wie
Unkraut auf Flächen, die nicht bewirtschaftet werden. Von
den frischen Pflanzen etwas mehr als 100 g nehmen. Zum
Färben geht man wie oben beschrieben vor. Man kann die
Goldrute auch direkt in die Flotte geben, hat dann aller-
dings etwas Arbeit, die Wolle zu reinigen.
Rainfarn
Die Färbung ist lichtecht.
Auch vom Rainfarn nimmt man nur die gelben Blüten, die
man im Hochsommer und Herbst gerne an Wegrändern
findet. Die Färbung läuft wie oben beschrieben ab, aller-
dings muss man im Freien arbeiten und sollte tunlichst
vermeiden, die beim Auskochen hochsteigenden giftigen
Dämpfe einzuatmen.
rote Zwiebelschalen Annatto Krapp
GoldruteRainfarn
Birke
Walnussschale
braunschalige Zwiebeln
Reseda
Blauholz
Frauenmantel
Indigo
Eingeweichte Färbepflanzen, Färbeflotten und Indigo-Küpe
Rainfarn
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2510 11
Frauenmantel
Die Färbung ist lichtecht.
Die Färbung mit Frauenmantel ergibt nicht immer ein
leuchtendes Gelb. Es lässt sich aber durch eine Eisenent-
wicklung in ein sehr schönes Olivgrün wandelt. Frauen-
mantel kann man getrocknet kaufen oder im eigenen
Garten ziehen. Färbeablauf wie oben beschrieben.
Zwiebelschalen
Die Färbung ist nicht lichtecht.
Man nimmt Zwiebelschalen von braunen oder roten
Zwiebeln. Die roten Schalen ergeben einen Grünton,
die braunen Kupferrot. Auch hier folgt die Färbung dem
oben beschriebenen Ablauf.
Walnuss
Die Färbung ist lichtecht. Farbe: braun, schwarz bei
der amerikanischen Walnuss.
Von der Walnuss nimmt man die grünen Schalen und
weicht sie mindestens zwei Tage in Wasser ein. Die
Wolle muss bei der Walnussfärbung nicht gebeizt
werden, da die Schalen genug Gerbstoffe enthalten,
um eine chemische Verbindung zwischen Farbstoff
und Wollfaser zu ermöglichen. Zum Färben verfährt
man wie bei Reseda. Jedoch sollte man unbedingt
Handschuhe tragen, wenn man nicht vier Wochen
lang aussehen möchte wie ein Kettenraucher: die
Schalen färben sofort und nicht abwaschbar die
Haut!
getrocknete Reseda Walnussschale
Krapp
Die Färbung ist lichtecht.
Die Färberröte wächst auch bei uns und sollte mindes-
tens drei Jahre alt sein, wenn man sie zum Färben nutzen
möchte. Man verwendet die Wurzel – und die Qualität
der Wurzel entscheidet über die Qualität der Färbung. Je
älter sie ist, umso mehr Farbstoff enthält sie. Krappwurzel
kann man kaufen oder man pflanzt das Rötegewächs im
eigenen Garten.
Die Wurzelstückchen werden nicht in den Färbesack
gegeben, sondern nach dem Einweichen direkt mit der
Wolle erhitzt. Aber nicht über 80 °C, weil sonst Rotanteile
verloren gehen und alles braun wird.
Blauholz
Die Färbung ist lichtecht.
Blauholz ist das Kernholz des vor allem in Zentral- und
Südamerka heimischen Blauholzbaumes. Gefärbt wird
wie oben beschrieben mit einem Färbesäckchen. Beim
Auswaschen hernach gibt die Wolle sehr lange Farbe ab,
ohne dass sie heller wird.
Orleansaat (Annatto)
Die Färbung ist nicht 100% lichtecht; ab dem zweiten
Zug nimmt die Lichtechtheit drastisch ab.
Bei Annatto handelt es sich um die Saat des Orleanstrau-
ches, der vor allem in den Tropen Südamerikas daheim
Krappwurzel Blauholz
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2512 13
ist. Man nimmt 80 g Trockengut auf 100 g trockene Wol-
le. Gefärbt wird mit einem Färbesäckchen wie oben be-
schrieben, damit die Wolle eine einheitliche, knallorange
Farbe erhält.
Indigo
Bei dieser Färbemethode handelt es sich um eine
lichtechte Küpenfärbung. Unter einer Küpenfärbung
versteht man eine Entwicklungsfärbung, bei der der
Farbstoff von einer wasserunlöslichen Form (die nicht
färbt) in eine wasserlösliche (die färbt) überführt wird.
Dazu findet, chemisch betrachtet, erst eine Reduktion
mit zum Beispiel Natriumdithionit statt und anschlie-
ßend, wenn die Wolle aus der Küpe an die Luft kommt,
eine Oxidation. Bei der Oxidation, die erst das Blau des
Indigos hervorbringt, kann man zuschauen.
Sattes Indigo kommt aus Japan. Es enthält dreißigmal
mehr Farbstoff als Waid aus Europa. Man kann entwe-
der Farbstoff aus dem japanischen Indigo kaufen oder
frischen Waid nehmen. Trocknet man die Pflanzen, zer-
fällt der Farbstoff.
Zur Färbung mit Indigo muss man zuerst eine Stammküpe
(Mutterlösung) herstellen, die der eigentlichen Küpe zuge-
setzt wird: Für 100 g Wolle rührt man 5 g Indigo mit einem
Schnapsglas Obstler zu einer dicken Paste an. Alternativ
nimmt man mehr (z.B. 25 g) und färbt dann in mehreren
Zügen nacheinander heller werdende Blautöne.
Zur Paste gibt man maximal 60 °C heißes Wasser und füllt
die Brühe in eine Flasche mit Bügelverschluss (z.B. 400 bis
450 ml in eine 500 ml Bierflasche). Dort hinein kommen
nun noch 10 g Soda. Dann die Flasche gut schütteln. Jetzt
müssen 20 g Natriumdithionid nach und nach zugefügt
werden. Am besten jeweils ein Drittel zugeben und die Fla-
sche gut schütteln, bevor man das nächste Drittel zugibt.
Die Flüssigkeit sollte grünlich werden.
Für die Indigo-Küpe die Küpe erhitzen und die Tempe-
ratur zwischen 36 °C und 55 °C halten – in dem Bereich
sind alle Chemikalien aktiv, damit die Sauerstoff-Re-
duktion gut funktioniert. Vier Teelöffel Soda darin auf-
lösen, 40 ml Indigo-Lösung zufügen und dann drei Tee-
löffel Natriumdithionit. Das Farbbad ganz sanft umrühren
und 15 Minuten bei geschlossenem Deckel ruhen lassen.
Die gewässerte Wolle – die keine Beize benötigt – vor-
sichtig in den Topf gleiten lassen. Leicht bewegen, aber
nicht rühren, damit kein Sauerstoff in die Küpe kommt. Die
Wolle für 10 Minuten im Farbbad lassen und anschließend
vorsichtig aus der Küpe heben, so dass keine Tropfen hin-
einfallen, denn die würden Sauerstoff einbringen.
Jetzt kann man dabei zugucken, wie sich die Wolle von
grün nach blau an der Luft verfärbt. Nach rund 20 Minuten
ist der Oxidationsprozess vollständig abgeschlossen.
Um das Blau zu vertiefen, kann man den Färbevorgang
wiederholen. Gegebenenfalls muss man nach dem oben
beschriebenen Verfahren erneut Indigo-Lösung zugeben
(und wieder 15 Minuten warten, bevor man die Wolle
versenkt!). Die Indigo-Küpe kann auch über Nacht still-
gelegt und am nächsten Tag weiterverwendet werden.
Dazu noch einmal Soda und Natriumdithionit zufügen.
Nach dem Ausoxidieren des Indigos die Wolle in hand-
warmem Wasser mit etwas Seife wässern und ausspülen.
Wenn sich kein Farbstoff mehr auswäscht, die Wolle auf
jeden Fall mit Essigwasser absäuern, um die basische In-
digo-Küpe auszugleichen. Nur so wird die Wolle elastisch
bleiben.
Annatto
Indigo An der Luft oxidiert das Indigo und wechselt innerhalb von Sekunden von gelb-grün zum erwünschten Blau.
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2514 15
Cochenille
Die Färbung ist lichtecht.
Für die Färbung mit Cochenille benötigt man getrock-
nete weibliche Cochenilleläuse. Diese Schildlausart
lebt auf Kakteen in Südamerika und Mexiko, aber auch
auf den Kanaren, wo Margit Hofmann ihren Farbstoff
von einer kleinen Farm bezieht. Die Cochenille färbt
Wolle von pink bis lila – je älter die Laus, desto bunter.
Getrocknet erhält man die Insekten im Färbehandel.
Die getrocknete Laus wird vor dem Färben gemahlen.
Man gibt 15 bis 20 g auf 100 g trockene Wolle. Auch
das Cochenillenpulver wird über Nacht eingeweicht,
dann in einen Färbebeutel gegeben und im eigenen
Sud ausgekocht. Dann gibt man die Wolle in die Fär-
beflotte – Färbebeutel vorher rausnehmen. Man kann
den Beutel mit dem teuren Inhalt für weitere Züge
mehrmals für jeweils eine Stunde auskochen.
Die Cochenillenlaus wird unmittelbar vor dem Färben gemahlen.Das geht prima in einer Kaffeemühle – die aber für nichts anderes mehr verwendet werden sollte.
Der Unterschied zwischen der Färbung mit japanischem Indigo und Färberwaid:Japanisches Indigo enthält dreißigmal soviel Farbstoff wie unser einheimischer.
Die Färbung mit einheimischem Waid ist blasser und hat mehr Grünanteile.
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2516 17
Entwickler
Mit Kupfer, Eisen, Essigessenz und Pottasche lassen sich
die ursprünglichen Farben am Ende des Färbeprozesses,
wenn die Wolle noch warm ist, verändern. Man nennt
das entwickeln.
Gelbtöne kann man zu oliv oder grau abdämpfen.
Aus kaltem Gelb wird mit einer Eisenentwick-
lung ein grünbrauner Ton, mit Kupfer ergibt
sich ein Verschiebung zu grün, Pottasche
führt zu einem kräftigeren Gelb und Essi-
gessenz hellt das Gelb auf. Je mehr Oran-
geanteile im Gelb sind, desto brauner wird
der Farbton bei einer Eisen entwicklung.
Da die Entwicklungen chemisch mit der Bei-
ze zusammenhängen, funktionieren sie nicht
bei Küpenfärbungen wie etwa mit Indigo und Waid.
Eisenentwickler besteht aus Eisenwasser, das man leicht
selbst herstellen kann. Man gibt einen rostigen Nagel
oder altes Hufeisen in ein großes Gurkenglas, dazu ei-
nen Schuss Essigessenz als Starter. Das Ganze mit
heißem Wasser auffüllen und mindestens zwei
Wochen stehenlassen – am besten ohne Deckel,
denn den bruzzelt der chemische Prozess weg.
Zum Entwickeln nimmt man die Wolle aus der
Färbeflotte und gibt einen Esslöffel der Rost-
brühe hinein. Kurz umrühren und die Wolle
wieder ins Färbebad geben; so wird sie nicht
fleckig. Man lässt die Wolle für 15 Minuten in
der 60 bis 80 °C heißen Färbeflotte.
Für einen Kupferentwickler verfährt man in derselben
Weise, nimmt nur ein 5 cm langes Stück Kupferrohr statt
des rostigen Eisens.
Pottasche ist eine Backzutat, man erhält sie aber auch
im Chemikalienhandel oder Woll-Onlinegeschäft oder
man stellt sie selbst her. Die Pottasche in warmem Was-
ser auflösen und wie bei den anderen Entwicklern zur
Färbeflotte dazugeben. Pottasche führt bei Brauntönen
zu einer satteren Färbung. Mit der Essigessenz hält man
es ganz genauso. Während die Essigessenz bei Gelb zu
einer Aufhellung führt, wird Rot verstärkt.
Auswaschen und Trocknen
Die gefärbten Wollstränge werden in handwarmem
Wasser ausgewaschen, bis das Spülwasser klar bleibt.
Im letzten Gang können ein paar Tropfen Wollwasch-
mittel zugegeben werden. Damit sich die Fasern wie-
der glätten, kann man einen Esslöffel Essigessenz auf
10 Liter Wasser geben und die Wolle darin 10 Minuten
baden.
Die fertig gefärbte, ausgewaschene und mit Essig neu-
tralisierte Wolle wird zum Schluss auf dem Wäschestän-
der oder einem Holzgestell getrocknet.
Die Wirkung der verschiedenen Entwickler auf eine Resedafärbung:Im Uhrzeigersinn, beginnend bei 12 Uhr: Pottasche, Kupfer, Eisen und Essigessenz.
Birke Reseda Goldrute Rainfarn Frauenmantel
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2518 19
Epilog 1
Für eine Lichtechtheitsprüfung hat Margit Hofmann aus-
nahmsweise 100 g Holunderbeeren von ihrem Strauch ge-
erntet, um einen Strang Wolle zu färben. Die frischen Bee-
ren werden mitgekocht und zwischendrin etwas zerdrückt.
Aber, wie eingangs erwähnt: Die mit Holunder gefärbte
Wolle vergraut im Licht innerhalb von zwei Wochen.
Walnuss Zwiebelschalen rot Frauenmantel + Eisen Zwiebelschalen braun
Krapp
Blauholz
Cochenille + Eisen Cochenille
Cochenille + Indigo 1. Zug Indigo 1. Zug Indigo 2. Zug
Reseda + Indigo 1. Zug Birke + Indigo 1. Zug Goldrute + Indigo 2. Zug Birke + Indigo 2. Zug
RainfarnGoldruteBirke
Annatto
Holunder
Epilog 2
Wer beim Färben nicht auf die dargestellten Farben kommt,
sollte bedenken, dass das verwendete Wasser Einfluss auf die
Färbung haben kann. Außerdem verändert jede Eisenkonta-
mination das Ergebnis. Wer sich nicht sicher ist, ob er seine
Färbeflotten und Küpen in die Kanalisation geben darf: ein-
fach beim zuständigen Entsorgungsunternehmen nachfragen.
Oben der Rest vom Schützenfest: Rainfarn, Goldrute und Holunderbeeren nach Nutzung.Unten die gefärbten Wollstränge in ihrer ganzen Pracht.
QUICUMQUE 25 QUICUMQUE 2520 21
Lichtechte Färbepflanzen aus dem heimischen Garten
Pflanze FarbeMengen für 100 g trockene Wolle
und Procedere Beize
Birke gelb200 g frische Blätter, 12 h einweichen, 1 h auskochen
ja
Färberwaid blau > 600 g frische Blätter aus dem 1. Jahr nein
Frauenmantel gelb-grün100 g getrocknete Blätter, 12 h einweichen, 1 h auskochen
ja
Goldrute gelb200 g frische Blüten, 1 h auskochen oder direkt in die Flotte geben
ja
Krappwurzel rot100 g Wurzel, 12 h einweichen, mit der Wolle mitkochen
ja
Rainfarn gelb 200 g frische Blüten, 1 h auskochen ja
Reseda (Färberwau) gelb100 g trockene Pflanze ohne Wurzel, 12 h einweichen, 1 h kochen
ja
Ringelblume hellgelb 200 g frische Blüten, 1 h auskochen ja
rote Dahlienblüten orange 400 g frische Blüten, 1 h auskochen ja
Tagetes gelb-orange100 g trockene Blüten, 12 h einweichen, 1 h auskochen
ja
Ulmenrinde dunkelgelb 200 g, 24 h einweichen, 2 h kochen ja
Wacholderholz beige300 g frisch geschnitten, 3 Tage einweichen, mehrere Stunden auskochen
ja
Walnuss braun200 g frische grüne Schalen, 2 Tage einweichen, 1 h auskochen
nein
Weidenrinde gelb-braun800 g frische Rinde, 3 Tage einweichen, mehrere Stunden auskochen
ja
Lichtechte Färbepflanzen aus dem heimischen Garten
Material Menge Preis
Schafwolle fertig versponnen 500 g 10 €
Einkochautomat 30 Liter 1 100 €
Tonne 60 Liter mit Deckel 1 15 €
2 alte Einmachgläser, rostiger Nagel, kleines Stück Kupferrohr -/- 0 €
Eimer 10 Liter 3 6 €
Eimer 2 und 5 Liter 10 20 €
Holzstiele/Kochlöffel 10 25 €
Säckchen 10 25 €
Schutzhandschuhe, schwere Ausführung 1 20 €
Wäscheständer 1 15 €
Alaun (Kaliumaluminiumsulfat) 1 kg 7 €
Essigessenz 500 ml 3 €
Pottasche (Kaliumcarbonat) 500 g 6 €
Obstler 0,75 l 10 €
Natriumdithionit 250 g 16 €
Soda 500 g 2 €
Eisensulfat 100 g 4 €
Kupfersulfat 100 g 5 €
Indigo 100 g 25 €
Krapp 100 g 5 €
Annatto 100 g 5 €
Blauholz 100 g 5 €
Frauenmantel getrocknet 1 kg 15 €
Reseda/Färberwau getrocknet 1 kg 20 €
Birkenblätter 1 kg 10 €
Goldrute 1 kg 10 €
Walnussschalen 1 kg 10 €
Cochenille 100 g 20 €
Purpur 1 g 2.500 €
Die Preise sind Circapreise aus dem mittleren Preissegment.
* Zur Handhabung von Färberwaid siehe S. 22.
QUICUMQUE 25 22
1. Färbesud
Die frischen Blätter kleinschneiden und 12 bis 16 Stunden
in Essigwasser einweichen (ca. 50 ml Essigessenz 25%
auf 20 Liter Wasser). Am nächsten Tag die geschnittenen
Blätter im Wasser kneten, um das Indigo aus der Pflanze
zu lösen. Die gewässerte Wolle, wie oben beschrieben,
bis zu zwei Stunden in den 20 bis 30 °C warmen Färbe-
sud legen.
Die Wolle sollte hellblau werden – in jedem Fall wird sie
deutlich heller als bei einer Küpenfärbung. Indigo- und
Waidfärbungen mit der Färbesud-Methode sind qualita-
tiv minderwertig gegenüber einer Küpenfärbung. Für ein
dauerhaftes und vernünftiges Ergebnis sollte immer die
Küpenfärbung gewählt werden.
2. Küpenfärbung
Waidblätter kleinschneiden und 12 bis 16 Stunden in
Wasser bei Raumtemperatur einweichen.
Am nächsten Tag dem Gemisch ein paar Teelöffel Soda
zufügen und mit einem Holzlöffel oder Rührbesen meh-
rere Minuten kräftig schlagen. Es sollte gut schäumen – je
mehr je besser. Dann die Blätter abseihen.
Dem Sud bei Bedarf Wasser zufügen und ihn auf 45 bis
50 °C erhitzen, 2 Teelöffel Natriumdithionid zugeben, 20
Minuten warten.
Die gewässerte Wolle – die keine Beize benötigt – vor-
sichtig in den Topf gleiten lassen. Leicht bewegen, aber
nicht rühren, damit kein Sauerstoff in die Küpe kommt.
Die Wolle für 10 Minuten im Farbbad lassen und an-
schließend vorsichtig aus der Küpe heben, so dass keine
Tropfen hineinfallen, denn die würden Sauerstoff einbrin-
gen.
3. Hefe-Küpe
Das Natriumdithionid-Verfahren, das bei der Indigo-Fär-
bung beschrieben wurde, hat den Vorteil, dass es nur
Verfahrensweisen zum Färben mit frischem Färberwaid und Hefe-Küpe
Zur Blaufärbung mit Färberwaid werden für 100 g Wolle
mindestens 600 g frische Waidblätter aus dem 1. Jahr benötigt.
Verschiedene Färbeverfahren sind möglich.
sehr wenig riecht sowie einfach und zuverlässig ist. Bei
der Hefe-Küpe wird auf die Fermentation von Hefe
und Zucker gesetzt, um die Sauerstoffreduktion zu er-
reichen – und Hefe kann schonmal empfindlich sein.
Benötigt werden
110 g Zucker
9 g Trockenhefe ohne Zusätze
30 g Waschsoda
40 g Indigo-Pulver
Das Wasser auf 40 °C erhitzen und konstant auf dieser
Temperatur halten. Zucker und Hefe einrühren und ste-
henlassen, bis die Hefe aufschäumt. Waschsoda in hei-
ßem Wasser auflösen (z.B. in einem Glas mit dichtem
Verschluss) und das Indigopulver einrühren. Es können
einige Steinchen beigefügt werden, damit sich das Indi-
go möglichst gut im Wasser verteilt. Das Glas ordentlich
schütteln und den Inhalt (ohne Steinchen) der Hefe-Küpe
zufügen. Deckel auflegen und die Temperatur weiter bei
40 °C halten.
Nach ca. 48 Stunden sollte sich eine sogenannte Blu-
me auf der Oberfläche gebildet haben – Schlieren, die
grün-bläulich schimmern. Jetzt ist die Küpe einsatzbe-
reit. Das Färbegut 6 bis 12 Stunden in der 20 bis 30 °C
warmen Küpe belassen, herausheben und gut auslüften,
damit die gefärbte Wolle vollständig ausoxidiert.
Das Hefe-Verfahren kann auch beim Färberwaid einge-
setzt werden. Dazu Waidblätter kleinschneiden und 12
bis 16 Stunden in Wasser bei Raumtemperatur einwei-
chen. Am nächsten Tag dem Gemisch ein paar Teelöffel
Soda zufügen und mit einem Holzlöffel oder Rührbesen
mehrere Minuten kräftig schlagen. Es sollte gut schäu-
men. Dann die Blätter abseihen und mit dem Sud so ver-
fahren wie mit dem Indigo-Pulver.
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