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Brasilien als Regionalmacht: Geopolitische und sozialökonomische Dynamiken

Andreas Novy

WU-Wien

Wien, am 25.1.2011

Thesen:

Brasilien steigt genau dann zur Regionalmacht auf und wird ein wichtiger Global Player, als die Regierung die Weichen Richtung Wohlfahrtskapitalismus stellt:

Wohlfahrtsstaat (Abschaffung der extremen Armut, Inklusion, Ausbau der Institutionen und Instrumente sozialer Sicherheit …)

Entwicklungsstaat und Wettbewerbskorporatismus: Förderung der Exportindustrie, Staatsbetriebe und Staatsbanken als Instrumente der Wirtschaftspolitik

Vergleich Europa – Brasilien

Brasilien EU Europa Österreich

Fläche (mio. km2) 8,5 4,3 10,2 0,08

Bevölkerung 195 500 700 8,4

PIB (US$ bi.) 1.445 18.394 22.000 317

PIB p.c. (US$) 7.634 38.400

Lebenserwartung, Brasilien, 1980 - 2008

Fruchtbarkeitsrate, Brasilien, 1980 - 2008

Erstes Zwischenresumee

Modernisierung

findet als langfristiger Prozess

mit grundlegenden

Konsequenzen statt!

Pro-Kopf-Volkseinkommen, Brasilien1900 - 2010

Periode Brasilien Akkumulation Regulation

1500 – 1822 Koloniale

Entwicklungsweise unter

europäischer Vorherrschaft

Sklavereibasierte

Akkumulation

Koloniale Regulation

1822 – 1930 Liberale, außenorientierte

Entwicklungsweise unter

britischen Vorherrschaft

Extensive Akkumulation national außenorientierte

Regulation

1930 – 1982 Nationalstaatszentrierte

Entwicklungsweise unter

US-Hegemonie („Peripherer

Fordismus“)

Intensive nationalstaats-

zentrierte Akkumulation

Nationale

entwicklungsstaats-

orientierte Regulation

1982 – 2002 (Neo)Liberale

Entwicklungweise bei

fortgesetzter US-Hegemonie

Stagnierende, sich

internationalisierende

Akkumulation

Liberales

Regulierungsdispositiv

Ab 2003 Entwicklungsstaat und

nachholende Entwicklung

bei Krise der US-Hegemonie

Akkumulation mit

Ausweitung des

Binnenmarktes

Entwicklungsstaats-

orientierte Regulation

Die Schlüsselereignisse

1930 – Weltwirtschaftskrise: Übergang zu binnenorientierter Entwicklungsweise

1964 – Militärputsch

1982 – Schuldenkrise (Auslandsverschuldung wird unfinanzierbar => IWF-Strukturanpassungsprogramme)

1994 Plano Real (1995 – 2002): Neoliberale Regierung unter Cardosos

2003 – Regierungsantritt Lula: Schrittweiser Übergang zu (nationalem) Wohlfahrtskapitalismus

5. Zweites Zwischenresumee: Nationaler Wohlfahrtskapitalismus funktioniert

Die Perioden entwicklungsstaatsdominierter Entwicklung und die Herausbildung eines nationalen Wohlfahrtskapitalismus waren erfolgreicher als die Phase(n) (neo)liberaler Entwicklung

Regierung Lula (2003 - 2010): „Kein Bruch! Ein Übergang!“:

Zweiter, adaptierter Anlauf der CepalinischenEntwicklungsstrategie (Binnenmarktorientiert, Sozialstaatsausbau, Industrialisierung) unter Bedingungen größerer Weltmarktoffenheit

Nach innen Inklusion: Teilhabe an der Konsumgesellschaft

Nach außen Aufstieg zur Regionalmacht und zum Global Player mittels soft power

Nationaler Wohlfahrtskapitalismus

Sozialpartnerschaftliche Wachstumsallianz (vergleichbar mit Präsident Kubitschek – 1957/60)

Sozialdemokratisch: Teilhabe am Kapitalismus (Konsumgesellschaft, Weltmarkt)

Semiperipherer Wettbewerbskorporatismus (Förderung der Exportwirtschaft)

Neue Rolle Brasiliens in der Welt („Regionalmacht“ in Südamerika, G20; Sitz im UN-Sicherheitsrat und FAO-Generalsekretär angestrebt)

Ökonomische Kerndaten, Brasilien, 1994 - 2008

Table 1. Brazil: Macroeconomic Indicators 1994-2008Year

1994 5.3 30.0 30.0 2,251.7

1995 4.4 18.3 28.0 93.5 53.1

1996 2.2 16.9 30.7 17.1 27.4

1997 3.4 17.4 31.8 7.6 24.8

1998 0.0 17.0 38.9 4.2 28.8

1999 0.3 15.7 44.5 8.5 25.6

2000 4.3 16.8 45.5 6.2 17.4

2001 1.3 17.0 48.4 9.0 17.3

2002 2.7 16.4 50.5 10.6 19.2

2003 1.1 15.3 52.4 13.7 23.3

2004 5.7 16.1 47.0 8.0 16.2

2005 3.2 15.9 46.5 7.2 19.0

2006 4.0 16.4 44.7 6.1 15.1

2007 5.7 17.5 42.7 3.7 11.9

2008 5.1 19.0 35.8 5.9 12.5

GDP Growth (%)

Investment (% of GDP)

Public Debt (% of GDP)

Inflation Rate (%)

Interest Rates Selic

(%)

Anteil der 20% Ärmsten an gesamten Einkommen,1976 - 2008

Anteil der 50% Ärmsten am gesamten Einkommen1976 - 2008

Anteil der 1% Reichsten am gesamten Einkommen1976 - 2008

Einkommensungleichheit, nach Gini, 1976 - 2008

Rate extremer Armut, 1976 -2008

Realer Mindestlohn, Brasilien, 1940 - 2009

Rate extremer Armut, 1976 -2008

Reallöhne, Brasilien, Industrie, 1994 - 2010

Durchschnittseinkommen, alle Jobs, Brasilien, 1992 - 2009

Ausmaß der Informalität, Brasilien, 1992 - 2009

Arbeitslose in städtischen Großregionen Brasiliens, 2002 -2010

Investitionsrate, Brasilien, 1991 - 2010

Auslandsschuld, Brasilien, 1982 -2010

Öffentliche Auslandsschuld, Brasilien, 1978 - 2008

Leistungsbilanz, Brasilien, 1980 - 2010

Staatsverschuldung, Brasilien, 2001 - 2010

Währungsreserven, Brasilien, 1970 - 2010

Portfolioinvestionen, Brasilien, 2985 - 2010

Handelsbilanz, Brasilien, 1959 - 2010

Brasilianische Exporte in Eurozone, 1989 - 2010

Brasilianische Exporte nach China, 1989 - 2010

Brasilianische Exporte in den Mercosur (Südamerika), 1989 -2010

Institutionelle Schritte zur Regionalmacht (1)

Verhinderung von Alca (Amerikanische Freihandelsabkommen) 2004

Vertiefung des Mercosur (Venezuela als neues Mitglied)

Schaffung der Unasur (Vereinigung der südamerikanischen Staaten)

Vermittlung in regionalen Konflikten (Ecuador, Kolumbien, Venezuela)

Institutionelle Schritte zur Regionalmacht (2): Zugeständnisse, soft power

Konflikt mit Bolivien (Petrobras)

Neuer Vertrag über Kraftwerk Itaipú (Paraquay)

Friedliche Lösung regelmäßiger Handelskonflikte mit Argentinien

Brasiliens Entwicklungsbank BNDES finanziert Projekte in Mercosur-Staaten

Institutionelle Schritte zum Global Player

Von den G8 zu den G 20

Anspruch auf permanenten Sitz in UN-Sicherheitsrat (und auf FAO-Generalsekretär)

Aktive Außenpolitik in Afrika (Ausbau der Botschaften und der bilateralen Zusammenarbeit; auf Wissenschaft und Forschung) und Nahem Osten (Anerkennung Palestinas, Vermittlung im Iran-Atomstreit)

Zusammenfassung

Die Perioden entwicklungsstaatsdominierter Entwicklung und die Herausbildung eines nationalen Wohlfahrtskapitalismus waren erfolgreicher als die Phase(n) (neo)liberaler Entwicklung

Regierung Lula (2003 - 2010): „Kein Bruch! Ein Übergang!“:

Zweiter, adaptierter Anlauf der CepalinischenEntwicklungsstrategie (Binnenmarktorientiert, Sozialstaatsausbau, Industrialisierung) unter Bedingungen größerer Weltmarktoffenheit

Nach innen Inklusion: Teilhabe an der Konsumgesellschaft

Nach außen Aufstieg zur Regionalmacht und zum Global Player mittels soft power