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Die quantitative und qualitative Bedarfsermittlung mithilfe der Delphi-Methode
zur Studiengangsentwicklung des Bachelorstudiengangs Angewandte
Gesundheitswissenschaften für Beschäftigte der therapeutischen
Gesundheitsfachberufe der Ergo- und Physiotherapie, Logopädie und dem
Hebammenwesen
Konzeptpapier als Diskussionbasis im Entwicklungsteam Studiengang
Interdisziplinäre Gesundheitsversorgung
Erstellt durch Kristin Maria Käuper,
Hamburg 2013
Inhalt 1 Einleitung ......................................................................................................................................... 3
2 Begriffsklärung ................................................................................................................................ 5
2.1 Definition – Bedürfnis ............................................................................................................. 5
2.2 Definition – Bedarf .................................................................................................................. 5
2.3 Definition – Weiterbildungsbedarf .......................................................................................... 6
3 Ziele der Bedarfsanalyse ................................................................................................................. 7
3.1 Identifikation von Kompetenzen und Studieninhalte sowie Durchführungs-, Zeit und
Kostenform durch die systematische Ermittlung der Bedürfnisse von möglichen
Studienteilnehmer_innen, Expertinnen, Arbeitgeber ..................................................................... 7
3.2 Frühzeitige Einbindung und Etablierung des Studienangebotes innerhalb und außerhalb
der Hochschulstruktur ..................................................................................................................... 8
3.3 Sicherstellung des wissenschaftlichen Beitrags .................................................................. 8
4 Gründe der Bedarfsanalyse ............................................................................................................. 8
4.1 Absicherung gegen Misserfolg ................................................................................................ 8
4.2 Identifikation des gemeinsamen Verständnis des interdisziplinären Studiengangs ............... 8
4.3 Materialsammlung für die aktuelle Projektlaufzeit und für den Projektantrag der zweiten
Förderphase (2015 – 2017) ................................................................................................................. 9
4.4 Vorbereitung für das Rechtsgutachten für die Berufsanerkennung auf das Studium ............ 9
5 Hypothese und Leitfragen ............................................................................................................... 9
5.1 Hypothese ............................................................................................................................... 9
5.2 Leitfrage ................................................................................................................................... 9
6 Die geplante Bedarfsanalyse ......................................................................................................... 10
6.1 Themenblöcke der Bedarfsanalyse ....................................................................................... 10
6.2 Methoden zur Bedarfsanalyse .............................................................................................. 11
7 Delphi-Methode ............................................................................................................................ 11
7.1 Definition Delphi-Methode ................................................................................................... 11
7.2 Vorteile der Delphi-Methode bei dieser Bedarfsanalyse ...................................................... 12
7.3 Praktisches Vorgehen der Delphi-Methode .......................................................................... 12
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 15
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Spannungsverhältnis von Bedürfnis und Gut .............................................................................. 5
Abbildung 2 Spannungsverhältnis von vorhandenen und gewünschten Kompetenzen ..................... 6
Abbildung 3 Ablaufschema Delphi-Methode ....................................................................................................... 13
1 Einleitung Das vorliegende Konzeptpapier führt in das Instrument der Bedarfsermittlung zur Konzipierung eines
bedarfsgerechten, erfolgreichen und perspektivischen Studienkonzepts für Ergo- und
Physiotherapeutinnen / Ergo- und Physiotherapeuten, Logopädinnen / Logopäden und Hebammen /
Entbindungspfleger (Zielgruppe) ein mit dem Ziel Wissen über die Studienbedarfe und die Nachfrage
von potentiellen Studierenden zu erlangen und eine Basis für ein passgenauer Angebot auf
Bachelorniveau bereitzustellen.
Eine präzise, umfassende und empirische Bedarfsermittlung als Basis des zukünftigen
interdisziplinären (Weiterbildungs-)Studiengang „Angewandte Gesundheitswissenschaften“ ist aus
verschiedenen Gründen angezeigt. Aktuelle und zukünftige Tätigkeitsprofile der Zielgruppe unter
Berücksichtigung der Interprofessionalität sowie der Akademisierung werden zwar gefordert (WR,
2012; SVR, 2007), jedoch existieren bis dato keine dem geplanten Studienangebot „Angewandte
Gesundheitswissenschaften“ entsprechende interdisziplinären Studiengänge. Ferner verfügt die
deutsche Hochschullandschaft über keinen reichhaltigen Erfahrungsschatz mit der wissenschaftlichen
Weiterqualifizierung von therapeutischen und hebammenspezifischen Gesundheitsfachberufen.
Der geplanten Bedarfserschließung liegt inne, dass „ein Bedarf“ der Zielgruppe an einer
akademischen Weiterqualifizierung auf Bachelorniveau grundsätzlich vorliegt. Diese Annahme wird
mit der Forderung der zielgruppenvertretenden Berufsverbände über die 100% Akademisierung
einerseits begründet. Andererseits zeigt der bewilligte Projektantrag zu „Fit für soziale Netzwerke –
neue Studienformate und Zielgruppen an der HAW Hamburg“ durch das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) die politische Forderung der wissenschaftlichen Weiterqualifizierung
von Gesundheitsfachberufen. Allerdings sei angemerkt, dass der auf der Meso- und Metaebene
attestierte Bedarf von dem tatsächlichen Bedarf auf der Mikroebene differieren könnte und / oder
nicht in einer konkreten Nachfrage mündet.
Dem Umstand der möglichen fehlenden Nachfrage soll durch die nachfrage- und bedarfsorientierte
Konzipierung des Studienangebotes Rechnung getragen werden. Additiv dazu greift die
nachfrageorientierte Strategie während der Bedarfsanalyse den Auftrag auf Sicherstellung der
Nachfrage des neu entwickelten Studienangebots der HAW an Studiengangverantwortliche auf (SEP,
2011 – 2014, S. 19).
Zu der Ermittlung des individuellen und praxisnahen Bildungsbedarfs von potentiellen
Studieninteressierten für ein passgenaues Studienangebot kommt ein empirischer Methodenmix zur
Anwendung. Dabei gestaltet sich gerade das interdisziplinär und berufsbegleitende Studienformat,
welches sich ausschließlich an bereits ausgebildete Fachkräfte richtet, als Herausforderung. Neben
der Ermittlung des individuellen Bildungsbedarfs identifiziert die Bedarfsanalyse auch gemeinsame
Bildungsbedarfe der vier verschiedenen Fachdisziplinen sowie die persönlichen und beruflichen
Rahmenbedingungen.
Diese umfassende Analyse setzt die Sichtweise von diversen Akteurinnen und Akteuren voraus, da
neben den potentiellen Studieninteressierten auch derzeitige (und zukünftige) Arbeitgeber und
Fachexpertinnen / -experten befragt werden müssen. Die Ermittlung von Schnittmengen der
interdisziplinären Versorgung und zukunftsfähigen Tätigkeitsprofilen sowie die Erhebung von
Durchführungsform, Zeit- und Kostenaufwand liefern die Basis um inhaltliche und strukturelle
Zielvorstellungen des neu zu entwickelnden Studienangebotes „Bachelor Angewandte
Gesundheitswissenschaften“ erarbeiten zu können. Additiv dazu leistet die interdisziplinäre Klärung
der Bedürfnislage der Zielgruppe einen wissenschaftlichen Beitrag, da wissenschaftliche Erkenntnisse
über Bedarfe, Entwicklung und Implementation eines weiterbildenden Bachelorstudienganges für
therapeutische und hebammenspezifische Gesundheitsfachberufe nur marginal vorliegen bzw. nicht
existent sind.
Das Konzeptpapier klärt im ersten Schritt die für die Bedarfsermittlung notwendigen Begriffe und
unterscheidet zwischen angebots- und nachfrageorientierter Strategie. Kapitel 3 klärt die
Zielvorstellungen der Bedarfsanalyse bevor im aufbauenden vierten Kapitel die Gründe für eine
umfassende Bedarfsklärung dargelegt werden. Daran schließt das fünfte Kapitel mit einer
Hypothesenannäherung und der Versuch der Formulierung von Leitfragen an. Das sechste Kapitel
umfasst die verschiedenen Elemente der Bedarfserhebung bevor das siebte Kapitel kurz und knapp in
das gewählte Leit-Instrument der Bedarfsanalyse, der Delphi-Methode, einführt.
2 Begriffsklärung Im Folgenden werden die dieser Arbeit zugrunde gelegten Begriffe, Bedürfnis, Bedarf,
Weiterbildungsbedarf definiert und zwischen angebots- und nachfrageorientierter Strategie
unterschieden.
2.1 Definition – Bedürfnis Dem ökonomischen Verständnis nach geht jedem Bedarf ein Bedürfnis hervor. Bedürfnisse werden
als Wünsche verstanden, „die aus einem subjektiv empfundenen Mangel herrühren und die zu
befriedigen Menschen anstreben“ (Neubäumer/Hewel/Lenk, 2011, S. 4). Entsteht aus dem Bedürfnis
ein Kaufinteresse bzw. die Nachfrage nach einem Gut wandelt sich dieses in einen Bedarf um (ebd.).
Im Falle eines Bildungsbedürfnisses sieht Schlutz (2006) jedoch eine Sonderstellung, da er im
Gegensatz zum wirtschaftswissenschaftlichen Ansatz den Bildungsbedarf nicht mit der Nachfrage
nach einem Bildungsangebot gleichsetzt. Er weist darauf hin, dass ein wahrgenommenes
Bildungsbedürfnis auch in Eigenleistung (z.B. Fachbuch) befriedigt werden kann. Deswegen bewegt
sich seinem Erachten nach ein Bildungsbedarf im Spannungsverhältnis zwischen dem
Bildungsbedürfnis und dem Bildungsgut (ebd., S. 38ff.).
2.2 Definition – Bedarf „Als Bedarf bezeichnen wir allgemein eine solche Spannung zwischen einem Mangelempfinden und
der Aussicht auf seine mögliche Befriedigung“ (Schlutz, 2006, S. 41).
Abbildung 1 Spannungsverhältnis von Bedürfnis und Gut
Den Begriff ‚Bedarf‘ als ein dynamisches Konstrukt zu verstehen und ihn nicht mit der Nachfrage
gleichzusetzen, bietet der Bedarfsanalyse die Möglichkeit nicht nur Wünsche bzw. Interesse nach
einem Bildungsbedarf zu ermitteln sondern auch Impulse und Hindernisse auf den Weg zur
konkreten Nachfrage offenzulegen. Es zeigt zudem, dass Bedarfe nicht als statische, feste Größen zu
begreifen sind, sondern als individuelle, wandelbare und erfahrungsabhängige Größe zu erschließen
sind.
Die Spannung des Bildungsbedarfes skizziert sich aus dem Bildungsbedürfnis und dem Bildungsgut /
Bildungsdienstleistung, also den lückenhaften und den wünschenswerten Kompetenzen, wie Schlutz
(2006) in seiner Begriffsklärung zu Weiterbildungsbedarf aufzeigt.
2.3 Definition – Weiterbildungsbedarf „Weiterbildungsbedarf stellt im Kern ein Lernerfordernis dar, das sich aus einer Diskrepanz zwischen
vorhandenen und wünschenswerten Kompetenzen ergibt“ (Schlutz, 2006, S. 42).
Abbildung 2 Spannungsverhältnis von vorhandenen und gewünschten Kompetenzen
Diese Graphik ist um das Element des Lernerfordernisses erweitert worden, welches dann zum
Tragen kommt, wenn externe Anforderungen zu einem Bildungsbedürfnis führen. Folglich bewegt
sich der (Weiter-)Bildungsbedarf in einem Spannungsbogen aus endogenen und exogenen Faktoren,
wie z.B. der individuelle Wunsch nach Wissenszuwachs bzw. die Entwicklung der
Gesamtpersönlichkeit, individuellen beschäftigungsbedingten Anforderungen sowie der
Bereitstellung eines Bildungsangebotes überhaupt.
Weiter gefasst ist der Definitionsversuch von Gerhard (1992), der in der Bedarfsermittlung einen
„schwierige(n) Versuch (sieht), mit empirischen und kommunikativen Methoden (…)
unterschiedliche(…) Anforderungen und Interessen zu erfassen, zu beschreiben und für die
Angebotsplanung zu be- und verwerten. Sie dient der Gewinnung von Planungsdaten für die
Angebotsentwicklung, der gesellschaftlichen und institutionellen Legitimation des Angebots, seiner
Lernziele und Inhalte“ (Hörmann, 2007, S.27f.; z.n. Gerhard, 1992, S,.17).
Bis hierher zeigt sich deutlich, dass die Bedarfsanalyse nicht von einer statischen Größe BEDARF
ausgehen kann, sondern Bedarfe als erfahrungsabhängige, dynamische individuell unterschiedliche
Konstrukte verstanden werden müssen, die zudem in Wechselwirkung mit dem Angebot stehen. Die
Bereitstellung eines (Bildungs-) Angebots könnte ebenfalls für die Bedarfsweckung und
Bedarfskonkretisierung verantwortlich sein. In der Marktforschung wird deshalb zwischen Angebots-
und Nachfrageorientierter Strategie unterschieden.
Angebotsorientierte Strategie
Die Ressourcen für die Entwicklung und Implementierung des geplanten Bachelorstudiengang stehen
bis 3/2015 bereit und demzufolge wird ein Bildungsangebot zum WS 2014/15 an der HAW, für das
Zielgruppe, Umfang und Grobstruktur bereits geklärt ist, angeboten. Mit diesem Angebot könnte
gezielt um Studierende geworben werden. Jedoch sei angemerkt, dass eine Angebotsbereitstellung
und -bewerbung nicht deckungsgleich mit den individuellen Bedürfnissen der Zielgruppe ist, so dass
kein Rückschluss gemacht werden kann, dass die Bereitstellung des Bachelorangebots auch den
entsprechenden Bedarf findet und dann auch nachgefragt wird.
Nachfrageorientierte Strategie
Die Berücksichtigung der nachfrageorientierten Strategie während der Bedarfsanalyse soll dazu
dienen, dass zielführend und passgenau nicht nur die Bedarfe der Zielgruppe ermittelt werden sollen
sondern auch die Nachfrage nach dem Bildungsangebot sichergestellt wird. Dadurch berücksichtigt
die Bedarfsanalyse den Auftrag zur Sicherstellung der Nachfrage bei neu entwickelten
Studienangebote an der HAW (SEP, 2011 – 2014, S. 19).
3 Ziele der Bedarfsanalyse Die Bedarfsermittlung zielt auf die Klärung von notwendigen Kompetenzen und inhaltlicher
Studiengestaltung für ein bedarfs- und nachfrageorientierten Bachelorstudiengang „Angewandte
Gesundheitswissenschaften“. Ergebnisse dienen als Basis bei der Konkretisierung von inhaltlichen
und strukturellen Zielvorstellungen. Desweiteren reduziert die Bedarfsermittlung Planungsrisiken
und erhöht die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von potentiellen Studierenden. Ergänzend
dazu erhebt die Analyse den Anspruch einen wissenschaftlichen Beitrag zu liefern. Wissenschaftliche
Erkenntnisse über Bedarfe, Entwicklung und Implementation eines weiterbildenden
Bachelorstudienganges für therapeutische und hebammenspezifische Gesundheitsfachberufe liegen
bislang nur marginal vor bzw. sind nicht existent.
Dafür verfolgt die Bedarfsanalyse zur Studiengangsentwicklung des Bachelorstudiengangs
Angewandte Gesundheitswissenschaften für Beschäftigte der therapeutischen
Gesundheitsfachberufe der Ergo- und Physiotherapie, Logopädie und dem Hebammenwesen drei
Hauptziele:
1. Identifikation von Kompetenzen und Studieninhalte sowie Durchführungs-, Zeit- und
Kostenform durch die systematische Ermittlung der Bedürfnisse von möglichen
Studienteilnehmer_innen, Expertinnen, Arbeitgeber
2. Frühzeitige Einbindung und Etablierung des neuen Studienangebotes innerhalb und
außerhalb der Hochschulstruktur
3. Sicherstellung des wissenschaftlichen Beitrags
3.1 Identifikation von Kompetenzen und Studieninhalte sowie Durchführungs-, Zeit
und Kostenform durch die systematische Ermittlung der Bedürfnisse von möglichen
Studienteilnehmer_innen, Expertinnen, Arbeitgeber
Das vorrangige Ziel der Bedarfsermittlung ist die Benennung der Kompetenzen über die Berufstätige
der HELP-Berufe verfügen sollten um in der täglichen praktischen Tätigkeit situationsgerecht zu
agieren. Die Erfassung der Arbeitsmarktanforderungen und die Identifizierung von notwendigen
Kompetenzen soll die Konzeption eines bedarfsgerechten, innovativen, erfolgreichen und
nachhaltigen Studienangebots sicherstellen. Ergänzend zu der Kompetenz- und Studieninhaltsanalyse
sollte systematische Wünsche und Motivationen von potentiellen Studiumteilnehmerinnen /
Studiumteilnhemer des weiterbildenden Bachelorstudienganges Angewandte
Gesundheitswissenschaften ermittelt werden, um den vorliegenden Bedarf konkret zu bestimmen.
Ebenfalls rückt die strukturelle Umsetzung des Studiengangs durch die Ermittlung von passgenauen
Durchführungsformen und Zeitkonstrukten in den Fokus der Analyse. Des weiteren soll die
Kostenaufwandsfrage nachhaltig geklärt werden um ein nachhaltiges Studienangebot zu konzipieren.
3.2 Frühzeitige Einbindung und Etablierung des Studienangebotes innerhalb und
außerhalb der Hochschulstruktur
Die Bedarfserschließung mittels Delphi-Verfahren verbindet Meinungen von potentiellen
Studienteilnehmer_innen, Expert_innen, Arbeitgebern miteinander. Diese Ergebnisse fließen in die
konzeptionelle Arbeit der geplanten fakultätsübergreifenden Arbeitsgruppe ein und werden zur
erneuten Reflexion nach außen getragen. Durch die zirkulären Dialog der Ergebnissen zwischen
hochschulischem und externem Setting wird die Bekanntheit des Studienangebots gesteigert.
3.3 Sicherstellung des wissenschaftlichen Beitrags
Kernelement des Studienganges ist die Interdisziplinarität. Da jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse,
Theorien und Modelle zu Bedarfen von therapeutischen und hebammenspezfischen
Gesundheitsfachberufen und Entwicklungen von interdisziplinär ausgelegten Studiengängen
entweder nur marginal vorhanden oder erst gar nicht existent sind (Hörmann, 2007), nähert sich die
Bedarfsanalyse einer Wissenslücke. Die sich aus der Bedarfserhebung entwickelten Fragen könnten
als Basis für weitere Forschungsvorhaben dienen.
4 Gründe der Bedarfsanalyse Eine zeitintensive Durchführung der Bedarfsanalyse wird wie folgt begründet:
1. Absicherung gegen Misserfolg
2. Identifikation des gemeinsamen Verständnis des interdisziplinären Studiengangs
3. Materialsammlung für die aktuelle Projektlaufzeit und für den Projektantrag der zweiten
Förderphase (2015 – 2017).
4. Vorbereitung für das Rechtsgutachten für die Berufsanerkennung auf das Studium
4.1 Absicherung gegen Misserfolg Die Bedarfsanalyse senkt die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges, da die einzelnen
Planungsschritte intern und extern hinlänglich diskutiert und auf ihren Gehalt hin getestet werden.
Alternativen werden abgewogen und durchgeführte Entscheidungsprozesse sind transparent und
verständlich. Sollte sich dennoch ein Misserfolg bei der Konzipierung eines Bachelorstudienganges
für therapeutische und hebammenspezifische Gesundheitsfachberufe einstellen, kann auf Basis der
wissenschaftlich erhobenen Daten die Fehler identifiziert werden.
4.2 Identifikation des gemeinsamen Verständnis des interdisziplinären
Studiengangs Das multiprofessionelle Team sowie die leitführenden Projektantragsteller haben ihre Meinung zur
inhaltlichen und strukturellen Gestaltung des Studienganges. Durch die Analyse der in der
praktischen Tätigkeit erforderlichen Kompetenzen, Wünsche und Interessen wird die Teammeinung
untermauert, bzw. zielgerichtet angepasst und ein gemeinsames Verständnis über das Ziel des
Studiengangs erlangt.
4.3 Materialsammlung für die aktuelle Projektlaufzeit und für den
Projektantrag der zweiten Förderphase (2015 – 2017) Gesammelte Materialien belegen die strukturierte und effektive Arbeitsweise des Teams und werden
dem Projektträger bei den folgenden Treffen vorgelegt. Ferner können Daten für den Projektantrag
der zweiten Förderphase genutzt werden.
4.4 Vorbereitung für das Rechtsgutachten für die Berufsanerkennung auf
das Studium Ergebnisse zu Tätigkeitsprofilen, Schnittstellen und Kompetenzen können die aus den Ausbildungs-
und Prüfungsverordnungen und Leitbildern gewonnenen Qualifikationen der einzelnen
Gesundheitsfachberufe in sinnvoller Weise ergänzen und untermauern ggfs. die benötigte
Argumentationslinie um die Berufsausbildung auf das Studium anzurechnen.
5 Hypothese und Leitfragen
5.1 Hypothese Nachfolge Hypothese ist ausschließlich als ein Versuch zu verstehen, sich dem zu ermittelnden
Sachverhalt zu nähern und versteht sich als ein dynamisches und jederzeit anzupassendes Konstrukt.
Die therapeutischen Gesundheitsfachberufe und Hebammen werden zukünftig mit noch bis dato
unbestimmten komplexeren Aufgaben konfrontiert (SOLL), die sich aus dem sich wandelnden
Gesundheitssystems ergeben (IST/SOLL) und die über dem derzeitigen Qualifikationsprofil der
jeweiligen Profession liegen (IST). Ferner bildet Deutschland als einziges europäisches Land die
Berufstätigen der Ergo- und Physiotherapie, Logopädie und dem Hebammenwesen nicht auf dem
Bachelorniveau aus (IST). Die hiesige (Fach-)Ausbildung bedeutet zudem für Beschäftigte der Ergo-
und Physiotherapie, Logopädie und dem Hebammenwesen neben den Einstieg in die
Karrieresackgasse, da fehlende Karrieremöglichkeiten in den Berufen vorherrschen, auch die
fehlende Möglichkeit in einigen europäischen Ländern gleich nach Ausbildungsende zu arbeiten (IST).
Desweiteren liegt die Reputation der therapeutischen und hebammenspezifischen
Gesundheitsfachberufen weit unter der akademisierten Ärzteschaft, so dass ein
Machtungleichgewicht unter den Akteuren im hiesigen Gesundheitssystem vorherrscht, welches
zulasten der Berufstätigen in den Gesundheitsfachberufen geht (IST). Aus den beschriebenen
beruflichen Rahmenbedingungen steigen Wünsche und Nachfrage sowohl auf der Mikro- als auch auf
der Meso- und Metaebene nach dem Bachelorstudiengang „Angewandte
Gesundheitswissenschaften“ (Weiterbildungsbedarf).
5.2 Leitfrage Aus dem Versuch einer (Arbeits-) Hypothese die als Ansatzpunkt der in der Bedarfsanalyse zu
Anwendung kommenden Delphi-Methode
1. Was sind die aktuelle und zukünftigen Versorgungsfragen und –bedarfe der Bevölkerung?
2. Wie gestaltet sich das aktuelle Tätigkeitsfeld für HELP? Wie wird sich das Tätigkeitsspektrum
verändern? Welche Perspektiven haben HELP? Wie sieht das aktuelle und wie müsste das
zukünftige Qualifikations- bzw. Kompetenzprofil von HELP aussehen?
3. Was sind die Ziele und Inhalte des Studiengangs?
4. Was sind die Schnittstellen untereinander?
5. Wer sind aktuelle und zukünftige Arbeitgeber??
6. Vor welcher Herausforderung steht die Gesellschaft?
7. Was sieht das Marktgleichgewicht – Angebot & Nachfrage – aus? Wie viel würden
Studieninteressierte für das Studienangebot zahlen?
8. Wie sieht eine mögliche Durchführungsform aus?
9. Was für ansprechende zeitliche Modelle existieren?
6 Die geplante Bedarfsanalyse
6.1 Themenblöcke der Bedarfsanalyse
A) Anforderung- und Tätigkeitsanalyse, Zukunftsvorstellungen als Basis für
Kompetenzbestimmung und Studieninhalte
(demographischer Wandel und die darauf veränderte gesellschaftliche Zusammensetzung
erfassen)
Qualitative + quantitative Methode (Delphi-Verfahren)
Kommunikationsorientiertes Verfahren (Meinungsbild)
Hintergrundrecherche, Literatur
B) Markt- und Angebotsanalyse
Quantitative Bedarfserschließung mithilfe Sekundärdaten, Ausbildungs- und
Prüfungsverordnung, Leitbilder („objektive“ Bedingungen)
Konkurrenzangebote - Bestandsaufnahme
C) Stand des Wissens
Literaturrecherche, Auswertung von Forschungsergebnissen, Fachzeitschriften,
Trendaussagen, Prognosen
D) Konzeptionelle Angebotsermittlung und -entwicklung
Paritätisch besetzte Arbeitsgruppe aus den Fakultätsräten
Austausch mit den beiden anderen weiterqualifizierenden Studienangeboten
Protokollsichtung und Austausch mit dem Bachelor Pflegeentwicklung und
Management
E) Schnittstellenanalyse
Qualitative + quantitative Methode (Delphi-Methode)
www.caipe.org.uk
F) Informationsanalyse / Informationsverhalten (?)
a. wo erhalten Studieninteressierte Informationen über das Angebot (Fachzeitschriften,
Internet (Twitter), Arbeitsamt, Kongressen etc.) Idee Newsletter ab 2014??
b. Studieninteressierte explizit befragen???
G) Biographieforschung (?)
Lebenslauf -, Übergänge etc. Studienangebot anpassen
6.2 Methoden zur Bedarfsanalyse
Meinungsbild
Fragestellung Befragungszeitraum
Sample Erhebungstechnik
Dokumen-tation
Auswertungs-technik
Oktober – Dezember 2012
Berufserfahrene Logopäd_innen, Physio- und Ergotherapeut_innen, Hebammen
Offenes Leitfadengestützte Meinungsbilder
Transkription
Zusammenfassung
Methode: Delphi - Methode
Kompetenzziel Tätigkeitsanalyse Versorgungsfragen Studieninhalte Struktur Geld
April – Oktober 2013
Potentielle Studieninteressierte, Expert_innen, Arbeitgeber
Schriftliche Befragungswellen 1.qualitativ - offen 2.qualitativ - geclustert 3.qualitativ -gecluster 4.quantitativ - geschlossen
Schriftliche Befragung
Mayring (evtl. explizierende Inhaltsanalyse 2010) SPSS oder anderes Statistik-programm (Lita) Häufigkeitsanalyse
7 Delphi-Methode
7.1 Definition Delphi-Methode Unendlich viele Begriffsannäherungen existieren zu der Delphi-Methode, die auf eine lange
qualitative Forschungstradition zurückblickt. Bereits 1948 wurde die Delphi-Methode zu Vorhersage
von Ergebnissen von Pferderennen angewendet.
Überwiegend wurde die Delphi-Methode zu Zukunftsprognosen in technologischen und
wirtschaftlichen Bereichen genutzt (Hörmann, 2007). Brosi und Kollegen (2003) werteten anhand der
Delphi-Methode angehende Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in der beruflichen Aus- und
Weiterbildung mit dem Ziel „strukturierte[r] Informationen für Entscheidungsprozesse“ zu gewinnen,
aus (ebd., S. 4). In Hörmanns Forschungsarbeit zur „Entwicklung und Erprobung eines Modells zur
empirisch gestützten Studiengangsentwicklung“ kommt die Delphi-Methode in der Bedarfserhebung
gezielt zur Anwendung (2007). Sie sieht Vorteile in der Methode um „die Sichtweise der Experten
systematisch zu erheben […]. Sie [die Delphi-Methode; Anmerk. d. Verf.] unterstützt aufgrund der ihr
eigenen Gestaltungsmerkmale eine effiziente und effektive Gestaltung der Gruppenprozesse
während der Befragung […]“ (ebd., S. 45). Ihr entwickeltes Modell zur hochschulischen
Curriculumsentwicklung kommt leicht modifiziert bei dieser Bedarfsermittlung zum Einsatz.
7.2 Vorteile der Delphi-Methode bei dieser Bedarfsanalyse Parallel ermittel die Bedarfsanalyse Standpunkte von vier Disziplinen sowie von unterschiedlichen
Akteurinnen und Akteuren mit dem Ziel Homogenität aber auch Heterogenität zwischen den
Berufsgruppen bestimmen zu können. Am Ende sollen die vier verschiedenen Standpunkte
miteinander verwoben werden um zu einem einheitlichen Studienkonzept zu gelangen. Ein
entscheidender Vorteil der Delphi-Methode liegt in der gleichzeitigen Bändigung der Meinungen
unterschiedlicher Akteursgruppen, die am Ende zu einem reflektierten Fazit zusammengeführt
werden. Zusätzlich stellt die schriftliche Befragung die Anonymität der Expertinnen und Experten
sicher und senkt die Beeinflussung der eigenen Meinung durch andere Teilnehmer.
7.3 Praktisches Vorgehen der Delphi-Methode Die Delphi-Methode unterteilt sich in insgesamt vier schriftlichen Befragungswellen.
a) Erste Befragungswelle
Die erste Befragungswelle zeichnet sich durch ein qualitatives Vorgehen aus. Mithilfe sehr offen
gehaltener Fragekomplexe sollen die ausgewählten Expertinnen und Experten ermuntert werden frei
und ungezwungen die Meinung zu äußern. In der ersten Befragungswelle werden die einzelnen
Expertinnen und Experten der jeweiligen Berufsgruppen getrennt voneinander befragt.
b) Zweite Befragungswelle
Die zweite Befragungswelle konfrontiert die gleichen Expertinnen und Experten mit den Ergebnissen
der 1. Befragungswelle mit der Aufforderung ein Feedback zu den Standpunkten zugeben. In der
zweiten Befragungswelle werden die einzelnen Expertinnen und Experten der jeweiligen
Berufsgruppen getrennt voneinander befragt.
c) Dritte Befragungswelle
Die dritte Befragungswelle führt das Konglomerat der Expertenmeinung der vier Berufsgruppen
zusammen. Erneut wird schriftlich um ein Feedback zu den jeweiligen Komplexen gebeten.
d) Vierte Befragungswelle
Die vierte Befragungswelle besteht aus einem quantitativen standardisierten Fragebogen der die
ausgewerteten Daten der ersten drei Befragungswellen erneut abfragt sowie Durchführungsform,
zeitliche und kostenspezifische Faktoren abfragt.
Folgendes Ablaufschema zeigt graphisch das konkrete Vorgehen auf.
Abbildung 3 Ablaufschema Delphi-Methode
Literaturverzeichnis
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