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Funktionaler Analphabetismus in Deutschland

Veränderung durch Forschung?

Dr. Wibke Riekmannwibke.riekmann@uni-hamburg.de 12.09.2013

Funktionaler Analphabetismus in Deutschland: Veränderung durch Forschung?

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Überblick über Forschungsförderung in DeutschlandErstmalige repräsentative Daten: leo. – Level-One-StudieWorüber sprechen wir? Level-One und Analphabetismus?Resultat I: ArbeitsplatzbezugResultat II: Teilnehmer vs. AdressatenResultat III: KompetenzverlustResultat IV: Erreichbarkeit und AnspracheFazit: Von der Alphabetisierung zur Grundbildung

Inhalt

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Förderschwerpunkt "Forschung und Entwicklung zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener" 2007 - 2012Förderschwerpunkt "Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener“ 2012 – 2015 (20 Millionen)EinzelprojekteAusblick: PIAAC 2013Ausblick: Nationales Bildungspanel (NEPS)

Überblick Forschungsförderung in Deutschland

12.09.2013Funktionaler Analphabetismus in Deutschland: Veränderung durch Forschung?

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LEO. – LEVEL-ONE STUDIEErstmalige repräsentative Daten:

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Erstmalige repräsentative Erhebung in Deutschland. Ziel war unter B1-Niveau zu bleibenVorgabe: kurze TestzeitenKompetenzdiagnostik im Haushalt bisher nicht erprobtItems mussten neu entwickelt werden (Items von IALS standen nicht zur Verfügung)

leo. auf einen Blick I: Was war neu?

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α1

α2

α3

α4

I = Level One

IV / V

III

II

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Literalität, Level-One und Alpha-Levels

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0,3 Mio. 2,0 Mio. 5,2 Mio. 13,3 Mio. 30,8 Mio. Menschen0,6% 3,9% 10% 25,9% 59,7% d. erw. Bev. α 1 α 2 α 3 α 4 >α 4 Alpha-Levels

7,5 Mio. Menschen14,5% der Bevölkerung

RP: 62% - angelehnt an PISA

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leo. auf einen Blick II: Ergebnisse

AES mit leo.-Zusatzmodul: deutsch sprechende Bevölkerung (n=8.436), Rätselheft & bei Bedarf AlphaheftErgebnis: 7,5 Mio f.A., darunter 2,3 Mio Analphabet_innen im engeren Sinne 80% mit Schulabschluss, 70% deutsche Staatsangehörige, 60% Männer, 58% mit deutscher Erstsprache, 58% mit Ehe, 57% mit Job, 50% mit Kindern, ca. 1/3 über Fünfzig.

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WORÜBER SPRECHEN WIR?Level One und Funktionaler Analphabetismus:

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Funktionaler Analphabetismus

Der Begriff skandalisiert. Keine Gesellschaft möchte Funktionalen Analphabetismus produzieren. Der Begriff stigmatisiert. Kein Mensch möchte Funktionale_r Analphabet_in sein.Der Begriff solidarisiert. Es sind Menschen, die griechisch oder russisch schreiben können, Leute mit Schlaganfall oder Sehbehinderung, Menschen mit Suchtproblemen, deutsche funktionale Analphabet_innen, Zweitsprachler_innen, Menschen, die ihre Kompetenzen verloren haben.Der Begriff artikuliert. Er hilft das Anliegen der Betroffenen in Wissenschaft, Medien und Politik auf die Agenda zu setzen.

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Funktionaler Analphabetismus – die Kehrseite

In der Praxis der Weiterbildung, in der Pädagogik und in Ankündigungstexten hat der Begriff nichts zu suchen. Dort verwendet man „Schreiben von Anfang an“ oder „Kurse für Leute, die gern besser schreiben wollen“ oder „Umgang mit Schreibschwierigkeiten“

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Level One

International wird „Level-One-Forschung“ betrieben. In den angloamerikanischen Ländern bezeichnet man das nicht als funktionalen Analphabetismus. Man lässt es einfach bei den Levels.

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ARBEITSPLATZBEZUGResultat I:

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Arbeitsplatzbezug

Neuer Schwerpunkt in der AlphabetisierungsforschungAber: Schwierigkeiten in der Erreichbarkeit der Betriebe und der BetroffenenMöglicherweise zu starke Fokussierung auf AlphabetisierungErweiterung des Themenspektrums durch Fremdsprachen, Computerkurse,etc.

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TEILNEHMENDE VS. ADRESSATENResultat II:

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Studien: leo. und Alpha PanelTeilweise gravierende Unterschiede zwischen beiden Gruppen in den Bereichen: SchulerfahrungKompetenz-LevelErwerbsstatusSoziale Integration

Führte bisher zu dem Fehlschluss, die Gruppe der Teilnehmenden mit der Gruppe der Adressaten gleich zu setzen.

Teilnehmende vs. Adressaten

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Alpha 1 Alpha 2 Alpha 3 Alpha 4 > Alpha 4

Alpha-Panel 6.8 39.6 23.6 19.4 10.5

leo. 0.6 3.9 10 25.9 59.7

5

15

25

35

45

55

65

Teilnehmende vs. Adressaten

Proz

ent

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Erwerbs- und Lebenssituation

Die These, funktionale Analphabet/inn/en würden nur prekäre Jobs bekommen und allein leben, trifft auf die Teilnehmenden von Alphabetisierungskursen zu, aber nicht auf die Adressat/inn/en.

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Voll- oder Teilzeit erwerbstätig

Arbeitslos Verdienst unter 400 Euro

Alpha-Panel 48 29 36

leo. 57 17 20

Bevölkerung 67 8 15

515253545556575

Erwerbssituation

Proz

ent

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Alleinlebend Zusammenwohnen mit Part-ner/in

Alpha-Panel 36 38

leo. 14 68

Bevölkerung 13 69

515253545556575

Lebenssituation

Proz

ent

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Schulerfahrungen von Teilnehmenden an Alphabetisierungskursen

Teilnehmende an Alphabetisierungskursen berichten von negativen Schulerfahrungen (Linde 2008, 176), aber das trifft nicht auf die Adressaten zu.

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Ich habe wegen Krankheit häu-

fig in der Schule gefehlt

Vor einigen Lehrern hatte

ich Angst

Ich habe mich in der Schule

immer schlecht gefühlt

Mit fiel das Ler-nen in der

Schule schwer

Alpha-Panel

21 30 41 72

leo. 6 15 11 25

5254565

Negative Schulerfahrungen

Proz

ent

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Gefahr der Generalisierung

Forschung führt zur Generalisierung der Gruppen der Adressat/inn/en und der TeilnehmendenDie Gruppe der Teilnehmenden unterscheidet sich maßgeblich von der Gruppe der Adressaten. Gründe für die Teilnahme an Kursen treffen auf die Teilnehmenden zu, aber nicht auf die Adressaten oder auf diejenigen die Nicht-Teilnehmen

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KOMPETENZVERLUSTResultat III:

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18-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-64 Jahre02468

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Alpha-Level 1-3

Funktionaler Analphabetismus nach Alter

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Alter und Literalität ALWA (IAB 5/2011)

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Kompetenzverlust

Funktionaler Analphabetismus entsteht auch nach der Schule:

durch zu frühe Familiengründung (HLR 2012)durch schriftferne Arbeit (Baethge u.a. 2004)durch Arbeitslosigkeit (Bynner u.a. 1998)durch Schädigung, Krankheit und Sucht (WHO 2011: 15% der deutschen Bevölkerung)

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DAS UMFELD DER BETROFFENENResultat IV: Erreichbarkeit und Ansprache:

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Partielles Outing: Die anstrengende Schwiegermutter weiß das nicht, die Lehrerin der Kinder wohl. Der Vorgesetzte weiß es auch, aber der gehässige Kollege nicht.Fazit: Vermeidung und Outing stellen keine Dichotomie dar, sondern Enden eines Kontinuums. Dazwischen befinden sich Varianten des partiellen Outings.

Nienkemper/Bonna 2010

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Partielles Outing

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66% der Befragten einer nichtrepräsentativen Mitwisser-Vorstudie bei Beschäftigungsträgern kennen jmd., der nicht gut schreiben kann.Sie sprechen das Thema nicht an.Sie schicken die/den Betroffene/n nicht zur WB.

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Umfeldstudie (Mitwisser-Studie)

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VON DER ALPHABETISIERUNGZUR GRUNDBILDUNG

Fazit:

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Zielgruppe weiter denken: Betroffene nicht nur auf den unteren Levels suchenErreichbarkeit: Betroffene nicht nur direkt, sondern auch die Mitwisser adressierenNeue Themenfelder mit einbeziehen: Computerkurse, Fremdsprachen, politische, finanzielle, gesundheitliche GrundbildungGrundbildung auf die Lebensspanne beziehenAufwind der Alphabetisierung für die Weiterbildung insgesamt nutzen.

Fazit: Von der Alphabetisierung zur Grundbildung

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Wibke RiekmannUniversität Hamburg

Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft

Arbeitsbereich Lebenslanges LernenEmail: wibke.riekmann@uni-hamburg.de

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