View
0
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
Siegen
Universität Siegen Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Erfolgsfaktor Humankapital: Warum nur der Mensch eine Bank aus der Krise führen kann Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Volker Stein Studentische Teammitglieder: Helene Alt Julia Schippers Dominik Schmitt-Bohn
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. III
Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. IV
1 Einleitung ............................................................................................................................ 1
1.1 Problemstellung ........................................................................................................... 1
1.2 Zielsetzung ................................................................................................................... 3
2 Theoretische Grundlagen .................................................................................................... 3
2.1 Zentrale Begriffsdefinitionen ...................................................................................... 3
2.2 Personaltheorien .......................................................................................................... 6
3 Untersuchungsrahmen ......................................................................................................... 8
3.1 Mentales Modell .......................................................................................................... 8
3.2 Methodik .................................................................................................................... 10
3.2.1 Grundlegende Vorgehensweise .......................................................................... 10
3.2.2 Aufbau und Ablauf der quantitativen Studentenbefragung ................................ 11
3.2.3 Aufbau und Ablauf der Experteninterviews mit Personalverantwortlichen ...... 13
4 Untersuchung .................................................................................................................... 14
4.1 Ausgangssituation: Geringes Kundenvertrauen trotz Wunsch nach Beratung .......... 14
4.2 Gestaltungsfeld: Kundenorientierung und Mitarbeiter-Kompetenzen ...................... 17
4.3 Erfolgskriterien: Servicebeurteilung durch Kundenzufriedenheit ............................. 23
5 Ergebnis ............................................................................................................................ 24
5.1 Zusammenfassung ..................................................................................................... 24
5.2 Handlungsaufträge für die Führungsebene ................................................................ 25
5.2.1 Expertise durch Entwicklung von Führungskompetenz ..................................... 25
5.2.2 Kontinuität dank eines kundenorientierten Anreizsystems ................................ 29
5.2.3 Differenzierte Personalentwicklung als Wettbewerbsvorteil ............................. 32
5.2.4 Governance durch abteilungsübergreifende Planung ......................................... 36
5.3 Handlungsaufträge für Bankmitarbeiter .................................................................... 39
5.3.1 Digitalisierung und die Nachfrage nach Mitarbeitern ........................................ 39
5.3.2 Fachliche Kompetenz und vertrauensvolle Beratung ......................................... 42
5.3.3 Kundenorientierter Vertrieb und soziale Verantwortung ................................... 44
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
II
5.3.4 Innovative Ideen und die Entwicklung neuer Produkte ..................................... 45
5.5 Limitationen ............................................................................................................... 46
5.5.1 Bankexterne Limitationen .................................................................................. 46
5.5.2 Bankinterne Limitationen ................................................................................... 47
5.5.3 Limitationen der Untersuchung .......................................................................... 48
5.6 Fazit und Ausblick ..................................................................................................... 49
Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 51
Anhang ....................................................................................................................................... 1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das mentale Modell ........................................................................................... 10
Abbildung 2: Einschätzungen der größten Probleme von Banken heutzutage (n=239) .......... 15
Abbildung 3: Grundaussagen bezüglich der Aufgabe eines Bankmitarbeiters (n=239) .......... 16
Abbildung 4: Prozentuale Anzahl der Bankkonten der befragten Studenten (n=239) ............. 16
Abbildung 5: Einflüsse auf das Vertrauen in eine Bank (n=239) ............................................ 17
Abbildung 6: Wichtigkeit von Eigenschaften eines Bankmitarbeiters (n=239) ...................... 19
Abbildung 7: Bewertungskriterien für Bankenleistungen (n=239) .......................................... 23
Abbildung 8: Professionalisierungsmodell .............................................................................. 25
Abbildung 9: 360-Grad-Feedback ............................................................................................ 27
Abbildung 10: Mögliches Feedback-Formular zur Messung der Kundenzufriedenheit .......... 31
Abbildung 11: Die fünf Elemente eines S&OP in der Bankenbranche ................................... 37
Abbildung 12: Veränderung der Nachfrage und des Anforderungsprofils an Bankmitarbeiter
im Zeitablauf ............................................................................................................................ 41
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
IV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Deskriptive Statistik, Durchschnitt und Standardabweichungen (n=239) .............. 14
Tabelle 2: Kurzzusammenfassung der vorgestellten Maßnahmen für die Führungsebene ...... 39
Tabelle 3: Kurzzusammenfassung der vorgestellten Maßnahmen für Bankmitarbeiter .......... 46
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
In vielen Ländern der Welt haben Bankkunden ihr Vertrauen in die Kreditinstitute verloren.
Da „Banken (...) nur dann langfristig erfolgreich sein [können], wenn sie das Vertrauen der
Gesellschaft besitzen“1, stellt Vertrauen der Grundbaustein des Bankengeschäfts dar. Ledig-
lich die Menschen in einer Bank können dieses Vertrauen generieren und aufrecht erhalten.
Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die jüngste Bankenkrise, welche 2007 durch die
Subprime-Krise ausgelöst wurde und schließlich über die internationalen Verbindungen der
Bankportfolios bis in nahezu alle Länder der Welt hinausreichte. Sinn betrachtet diese Fi-
nanzkrise als ein Resultat der Haftungsbeschränkung, aufgrund welcher im Falle des Schei-
terns eines Finanzproduktes nur geringes Eigenkapital eingefordert wird und im Falle des
Erfolgs weitreichende Boni-Zahlungen2 ermöglicht werden.
3 Die resultierenden risikoreichen
Entscheidungen führten dazu, dass nach dem Einbruch der Krise der Staat zur Erhaltung ein-
zelner Banken bereit stehen musste. Ein symbolisches Beispiel ist hier die englische Bank
Northern Rock, bei welcher im September 2007 der größte „bank run“ im Vereinigten König-
reich seit mehr als einem Jahrhundert stattfand und der britische Staat die Spareinlagen garan-
tieren musste.4 Solch ein „bank run“ entsteht durch Informationsasymmetrien zwischen Bank
und Anlegern.5 Dabei ist es das Anlegerverhalten, das eine Bonitätskrise auslöst und somit zu
einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.6 Zeitgleich schwand das Vertrauen der Ban-
ken untereinander, sodass der Interbankenhandel zum Erliegen kam.
Während die Haftungsbeschränkung für das Vorantreiben von gewinnmaximierenden Ge-
schäften notwendig ist, ist sie zusammen mit einer geringen Eigenkapitalquote aus personal-
theoretischer Sicht problematisch, da Entscheidungsträger Verantwortung abgeben und resul-
tierende Risiken auf die Gesellschaft verteilen. Weiterhin sind es „die Aktionäre, die von der
Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaft profitieren.“7 So war das Erzielen kurzfristiger
Gewinne auf Basis risikoreicher Geldanlagen8 für die Aktionäre eine attraktive Vorgabe, die
den ausführenden Führungskräften als Anreiz gegeben wurde. Folglich wurde das
Anreizsystem für die Bankenführungsebene angepasst und der Fokus weniger auf langfristige
Nachhaltigkeit als auf kurzfristige Gewinnerzielung gelegt.
1 Ackermann, Joseph, „Die Menschen trauen Ihnen nicht mehr“,
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/weidmann134.html, 14.11.2011, abgerufen am 05.12.2012. 2 vgl. Swisher, Judith, CEO Compensation at US Banks: Pay for Performance? in: Journal of International Fi-
nance & Economics 12 (4/2012) 31-38, 31. 3 Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2. Aufl. 2009, 289-290.
4 The Economist, The Bank that Failed, http://www.economist.com/node/9832838, 20.09.2007, abgerufen am
04.03.2013. 5 Bonn, Joachim K., Bankenkrisen und Bankenregulierung, Wiesbaden (Gabler) 1998, 18.
6 vgl. Bonn, Joachim K., Bankenkrisen und Bankenregulierung, Wiesbaden (Gabler) 1998, 20.
7 Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 307.
8 vgl. Kanas, Angelos, Bank Dividends, Risk, and Regulatory Regimes, in: Journal of Banking & Finance 37
(1/2013) 1-10, 10.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
2
Die Weitergabe dieser Anreize von der Führungsebene an den einzelnen Bankmitarbeiter9
hatte unweigerliche Konsequenzen für das generelle Bankengeschäft. Anreizsysteme basie-
rend auf Verkaufszahlen bestimmter Finanzprodukte führen zu äußerst abschlussorientierten
Beratungsgesprächen mit Privatkunden, die nicht notwendigerweise die wahren Bedürfnisse
des Kunden erfüllen. Dieses den Bankmitarbeitern bis heute anhaftende Negativimage10
kennzeichnet sie mehr als profitorientierte Verkäufer denn als tatsächliche Berater in Finanz-
angelegenheiten. Unter dieser Entwicklung litten neben der Nachhaltigkeit maßgeblich die
Kunden der Banken. Zeitgleich resultierte hieraus die bis heute existierende Vertrauenskrise
zwischen Kunde und Bank, die in dem oben genannten Beispiel des „bank runs“ verkörpert
wird. Ebenso hat die Unzufriedenheit und der Wechselwille der privaten Bankkunden ein bis-
her unbekanntes Höchstmaß erreicht11
, welches symbolisch für das Misstrauen zwischen
Bank und Kunde steht und einen entscheidenden Indikator für das Scheitern von Bankmitar-
beiter- und Führungsentscheidungen darstellt.
Einer einzelnen Führungskraft oder einem einzelnen Bankmitarbeiter vorzuwerfen, nicht im
Interesse der Bank gehandelt zu haben, ist allerdings verfehlt. Innerhalb der gesamten Finanz-
branche war es zur Normalität geworden, noch riskantere und komplexere Entscheidungen zu
treffen als die Konkurrenz, lediglich um sicherzustellen, dass die Bank im vorherrschenden
Wettrennen um die profitreichsten Produkte mithalten konnte und nicht befürchten musste,
von Konkurrenten übernommen zu werden.12
Die Systemkomplexität der Branche hatte ein
Höchstmaß erreicht, weshalb der Führungsebene nichts anderes übrig blieb, „als auf Risiko zu
setzen und das oben beschriebene Glücksrittertum zu betreiben.“13
Dieser unternehmensüber-
greifende Konkurrenzdruck wurde zusätzlich von den Verantwortlichen mit falschen Anrei-
zen und geringer Kontrolle unterstützt. Jedoch war auch diese Form der Unternehmensleitung
durchaus mit rationalem Verhalten vereinbar, denn die Führungsebene hatte nicht nur die Zu-
kunft der Bank, sondern auch ihre eigene Zukunft zu beachten.
Während die Finanzkrise den Fokus auf das Verhalten der Verantwortlichen innerhalb des
Bankengeschäftes lenkt, ist jedoch ein weiterer Faktor maßgebend für die Zukunft dieses Ge-
schäfts: der anhaltende Prozess der Digitalisierung. So wird die zukünftige Kundengeneration
9 In dieser Arbeit werden die Begriffe Bankmitarbeiter und Bankangestellter für sowohl das weibliche als auch
das männliche Geschlecht verwendet. 10
vgl. Bastian, Nicole/Köhler, Peter, Miserabler Ruf der Banken-Branche,
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/image-miserabler-ruf-der-banken-branche/6785982.html,
23.06.2012, abgerufen am 12.02.2013. 11
Bain & Company, Bain-Studie zum Retail-Banking: Private Bankkunden sind unzufrieden wie nie zuvor,
http://www.bain.de/press/press-archive/bain-studie-zum-retail-banking.aspx, 26.07.2012, abgerufen am
04.12.2012. 12
vgl. Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 96. 13
Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 97.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
3
Online-Banking als selbstverständlich ansehen.14
Alltägliche Transaktionen können folglich
ohne einen Bankangestellten durchgeführt werden. Die Folgen dieser Trendwende sind ein-
deutig. Es werden auf Grund der Digitalisierung des Bankengeschäftes in Zukunft nicht nur
oftmals weniger „traditionelle“ Mitarbeiter in einer Bank benötigt, sondern es ändert sich zu-
dem grundlegend das Aufgaben- und Anforderungsprofil dieser Bankangestellten. Laut einer
Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group werden Banken in Zukunft auf
Grund der Automatisierung von Prozessen „die Personaldecke um 20 bis 30 % reduzieren.“15
Mit einem in die Zukunft gerichteten Blick zeigt diese Arbeit, dass sich zukunftsfähiges Ban-
kenmanagement in großem Maße auf diejenigen konzentrieren sollte, die mit ihrem Handeln
die Zukunft der Bank beeinflussen: die Bankenführungsebene sowie die Mitarbeiter einer
Bank. Während die Finanzkrise die Auswirkungen von fehlendem Vertrauen symbolisiert,
wird die Zukunft einer Bank von ebendiesem beeinflusst.
1.2 Zielsetzung
Unter Berücksichtigung der bisher noch nicht überwundenen Vertrauenskrise und dem Vor-
anschreiten der Digitalisierung des Bankenwesens wird in dieser Arbeit ein aus personaltheo-
retischer Sicht tragfähiges Konzept einer „Bank der Zukunft“ entworfen. Hierbei gilt es, das
angesprochene, verlorengegangene Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen, welches durch
die Akteure innerhalb der Bankenbranche beeinflussbar und erreichbar ist. Aufbauend auf
organisationstheoretischen Grundlagen, bereits vorliegenden Erkenntnissen aus der Personal-
und Führungsforschung sowie eigenen quantitativen und qualitativen Erhebungen sollen kon-
krete Handlungsempfehlungen für den Bereich des Führungs- und Personalmanagements
entwickelt sowie Möglichkeiten zur Messung der umgesetzten Vorschläge dargestellt werden.
Folgerichtig gilt es auch, bankexterne, -interne und untersuchungsbedingte Limitationen für
die Unternehmenspraxis zu beachten, um somit ein realistisches Zukunftskonzept für das Pri-
vatkundengeschäft von Banken bieten zu können.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Zentrale Begriffsdefinitionen
Der Begriff Vertrauen stellt einen zentralen Aspekt dieser Arbeit dar. Vor allem in der Ban-
kenbranche treibt Vertrauen die Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank an und ist
somit ein wichtiger Bestandteil für deren langfristiges Fortbestehen.16
Nicht ohne Grund warb
14
Dapp, Thomas F., Deutsche Bank Research Management, Die digitale Gesellschaft. Neue Wege zu mehr
Transparenz, Beteiligung und Innovation http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-
PROD/PROD0000000000274079.pdf , 01.06.2011, abgerufen am 21.02.2013. 15
Fehr, Mark/Welp, Cornelius, Bankern droht Kündigungswelle,
http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/stellenabbau-bankern-droht-kuendigungswelle-seite-all/7049158-
all.html, 28.08.2012, abgerufen am 22.02.2013. 16
vgl. Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Sie-
beck) 1998, 1.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
4
eine deutsche Großbank im Jahr 1995 mit dem Slogan „Vertrauen ist der Anfang von al-
lem.“17
Vertrauen bedeutet allgemein die Erwartung einer Person, dass auf das Wort oder das
Versprechen einer anderen Person Verlass ist18
, und lässt sich gemäß Kenning in vier Arten
unterteilen19
: Generalisiertes Vertrauen bezeichnet im Wesentlichen die „grundsätzliche Ver-
trauensbereitschaft eines Akteurs unabhängig von den Spezifika einer bestimmten Situati-
on.“20
Affektives Vertrauen hingegen ist auf eine bestimmte Vertrauensbeziehung gerichtet
und entsteht aus eigenen, gefühlsabhängigen Erfahrungen. Diese beiden Vertrauensarten sind
schwer beeinflussbar. Reputationsvertrauen entsteht immer dann, wenn eigene Erfahrungen
fehlen und die Informationen Dritter zu Rate gezogen werden müssen, die dann zur Beurtei-
lung der Vertrauenswürdigkeit genutzt werden. Zuletzt gibt es das Erfahrungsvertrauen, wel-
ches aus eigenen Erfahrungen mit einer anderen Person oder einem Unternehmen entsteht.
Hierdurch kann ein Unternehmen das Vertrauen eines Kunden gewinnen und diesen langfris-
tig an sich binden. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass der Kunde nicht enttäuscht wird,
da so das Erfahrungs- sowie gleichzeitig auch das Reputationsvertrauen sinken.21
Im Kontext
dieser Forschungsarbeit bedeutet Vertrauen die Bereitschaft eines Kunden, einer Bank sein
Geld anzuvertrauen. Somit ist Vertrauen die Basis für die Interaktion zwischen Kunde und
Bank und folglich der Existenzgrund der letzteren. Hierbei spielen vor allem das Erfahrungs-
vertrauen und das Reputationsvertrauen eine entscheidende Rolle, da diese zwei Vertrauensar-
ten das Verhalten von Kunden hinsichtlich ihrer Geldanlage wesentlich beeinflussen.22
Ein weiterer häufig verwendeter Begriff ist der des „Bankmitarbeiters“, der dem Begriff des
„Bankangestellten“ entspricht. Hiermit sind diejenigen Personen gemeint, die „aufgrund eines
privatrechtlichen Vertrages zur Leistung von Diensten für einen Anderen in persönlicher Ab-
hängigkeit gegen Entgelt“23
in einer Bank arbeiten. Zum Zweck dieser Forschungsarbeit wird
der Begriff auf diejenigen Bankangestellten begrenzt, die direkten oder indirekten Kontakt zu
den Kunden einer Bank haben. Hierzu zählen folglich neben Kundenberatern auch Angestell-
te im Marketing sowie Vertrieb.
17
Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Siebeck)
1998, 1. 18
Rotter, Julian B., A New Scale for the Measurement of Interpersonal Trust, in: Journal of Personality 35
(4/1967), 651-665, 651. 19
vgl. Kenning, Peter, Customer Trust Management. Ein Beitrag zum Vertrauensmanagement im Lebensmittel-
einzelhandel, Wiesbaden (Deutscher Universitäts-Verlag) 2002, 12. 20
Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Siebeck)
1998, 101. 21
vgl. Kenning, Peter, Customer Trust Management. Ein Beitrag zum Vertrauensmanagement im Lebensmittel-
einzelhandel, Wiesbaden (Deutscher Universitäts-Verlag) 2002, 14-17. 22
vgl. Fang, Lily/Ayako, Yasuda, The Effectiveness of Reputation as a Disciplinary Mechanism in Sell-Side
Research, in: Review of Financial Studies, 22 (9/2009), 3735-3777, 3736. 23
Dütz, Wilhelm/Thüsing, Gregor, Arbeitsrecht, in: Holtbrügge, Dirk, Personalmanagement, Berlin/Heidelberg
(Springer) 5. Aufl. 2013, 40.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
5
Weiterhin wird das Wort und Konzept „Führung“, sowie der personenbezogene Begriff „Füh-
rungskraft“ fortlaufend in dieser Arbeit gebraucht. Unter Führungskräften werden Mitarbeiter
eines Unternehmens verstanden, „die das formale Recht besitzen, anderen Personen Weisun-
gen zu erteilen, denen diese Personen zu folgen verpflichtet sind.“24
Dieser Begriff ist mit
dem Begriff „Führungsperson“ gleichzusetzen. Die „Führungsebene“ setzt sich folglich aus
allen Führungskräften eines Unternehmens zusammen. Die resultierende Tätigkeit „Führung“
wird in Kapitel 5 erläutert.
Im Hinblick auf Führung ist weiterhin der Begriff „Systemkompetenz“ von Bedeutung. Sys-
temkompetenz beschreibt die menschliche Fähigkeit, mit einem komplexen System möglichst
rational und überlegt umgehen zu können. Wissenschaftlich wird Komplexität laut Dörner als
„Existenz von vielen, voneinander abhängigen Merkmalen in einem Ausschnitt der Realität
bezeichnet.“25
Ausschlaggebend für die Ausprägung der Komplexität sind zum einen die An-
zahl an Variablen und zum anderen die gegenseitige Abhängigkeit der Variablen. Das daraus
resultierende komplexe System führt dazu, dass unterschiedliche Merkmale gleichzeitig be-
trachtet werden müssen, um das ganze System auch nur ansatzweise verstehen zu können.26
Aus der Außenperspektive erscheint ein komplexes System chaotisch und intransparent. Das
Zusammenspiel verschiedener Variablen kann in ähnlichen Situationen zu gänzlich unter-
schiedlichen Ergebnissen führen. Ein „systemkompetenter“ Mensch verfällt in komplexen
Situation nicht in Flucht- oder Aggressionsverhalten. Außerdem verschließt er nicht die Au-
gen vor der Situation oder verleugnet sie. Dieses Verhalten symbolisiert „Wahrnehmungsab-
wehr“, die meist zu spät realisiert wird und folglich in Unternehmen zu Krisensituationen
führt.27
Die Bankenbranche zeichnet sich durch ein hohes Maß an Systemkomplexität aus, da
sie von ausgeprägten Interbankenbeziehungen sowie einem differenzierten Kundenstamm
lebt. Weiterhin beeinflussen die wirtschaftliche Lage sowie gesetzliche Regelungen maßgeb-
lich das Bankengeschäft.
Desweiteren ist auch der Begriff „Digitalisierung“ entscheidend für das Verständnis der vor-
liegenden Arbeit. Laut Definition bedeutet digitalisieren „Daten und Informationen digital
darstellen“ sowie „ein analoges Signal in ein digitales umwandeln.“28
Für die vorliegende
Ausarbeitung muss dieser Begriff enger gefasst werden und beschreibt daher die von einer
24
Ulrich Peter/Fluri, Edgar, Management, in: Holtbrügge, Dirk, Personalmanagement, Berlin/Heidelberg
(Springer) 5. Aufl. 2013, 46. 25
Dörner, Dietrich, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbek (Ro-
wohlt) 1995, 60. 26
vgl. Dörner, Dietrich, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbek
(Rowohlt) 1995, 60-61. 27
vgl. Dörner, Dietrich, Umgang mit Komplexität, in: Gleich, Arnim von/Gößling-Reisemann, Stefan (Hrsg.),
Industrial Ecology. Erfolgreiche Wege zu nachhaltigen industriellen Systemen, Wiesbaden (Vieweg+Teubner)
2008, 285-287. 28
Duden, Digitalisieren, http://www.duden.de/rechtschreibung/digitalisieren, abgerufen am 11.03.2013.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
6
Bank angebotenen digitalen Dienstleistungen, wie beispielsweise Online-Banking oder Onli-
ne-Kontoeröffnungen. Hierbei gilt es, jeglichen Kundenbedarf zwischen der Information bis
hin zur Transaktion online bedienen zu können, da die Digitalisierung bereits einen Paradig-
menwechsel im Privatkundengeschäft losgelöst hat.29
Der Begriff „Dienstleistung“ wird in
dieser Arbeit synonym mit „Service“ verwendet.
Letztlich wird im folgenden Text auf die Begriffe „Filialbank“ und „Direktbank“ eingegan-
gen. Filialbanken sind „Kreditinstitute, die Bankdienstleistungen bereitstellen, indem sie lokal
mit Filialen beziehungsweise Zweigstellen präsent sind.“30
Direktbanken wiederum sind
„Kreditinstitute, die Finanzdienstleistungen anbieten, ohne ein Filialnetz vorzuhalten. Bank-
geschäfte werden zumeist per Internet, per Fax, oder telefonisch aufgegeben.“31
Die Hand-
lungsempfehlungen dieser Arbeit lassen sich für beide Arten von Kreditinstituten anwenden,
jedoch geschieht die Implementierung in einem anderen Ausmaß. Grundsätzlich wird in der
vorliegenden Arbeit nicht zwischen den verschiedenen Banktypen unterschieden, da die Bank
mit ihren Angestellten im Vordergrund steht und nicht die Art und Weise, wie sie ihren Ser-
vice ausführt. Dies gilt ebenso für die Unterscheidung zwischen „Universalbank“ und „Spezi-
albank“.32
2.2 Personaltheorien
Die in dieser Arbeit entwickelten Handlungsempfehlungen basieren weiterhin auf personal-
und organisationstheoretischen Erkenntnissen. Die heutzutage vorzufindende Problematik und
Dynamik der Bankenbranche kann mit der anfänglich in der Biologie entwickelten Evoluti-
onstheorie, auch bekannt als „Population Ecology Theory“33
, erklärt werden. Eine Grundaus-
sage der Population Ecology Theory ist, dass diejenigen Arten von Lebewesen überleben und
sich fortpflanzen, die der Umwelt am besten angepasst sind.34
Auch eine Bank kann nur über-
leben, wenn sie sich den Umweltgegebenheiten anpasst und sich im vorherrschenden Konkur-
renzdruck mit anderen Banken behaupten kann.
Des Weiteren besagt die Theorie, dass bestimmte Gene, also die biologische Grundlage einer
Art von Lebewesen, für das Überleben und Reproduzieren der Art notwendig sind. In der
Bankenbranche sind diese „Gene“ die Kompetenzen der Führungskräfte und Angestellten
29
vgl. Vater, Dirk, Kundenzufriedenheit: Transparente Preispolitik entscheidend,
http://www.assetinum.com/de/bain-company-dirk-vater-bank-studie.html, 02.08.2012, abgerufen am 11.03.2013. 30
Schöning, Stephan, Filialbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/7441/filialbank-v8.html, abgerufen
am 11.03.2013. 31
Schöning, Stephan, Direktbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/3826/direktbank-v9.html, abgeru-
fen am 11.03.2013. 32
vgl. Schöning, Stephan, Universalbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/10237/universalbanken-
v7.html, abgerufen am 11.03.2013. 33
vgl. McKelvey, Bill, Organizational Systematics: Taxonomy, Evolution, Classification, Berkeley (University
of California Press), 1982. 34
vgl. Darwin, Charles, The Origin of Species by Means of Natural Selection, Hertfordshire (Wordsworth)
1998. Original aus dem Jahr 1859.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kreditinstitute.html
7
sowie die organisationalen Strukturen und Prozesse. Auch das finanzielle Kapital einer Bank
wird durch die Tätigkeit der Führungskräfte und Angestellten der Bank generiert, indem sie
die Kunden davon überzeugen, der Bank ihr Geld anzuvertrauen. Gleichzeitig bedeutet die
Anwendung dieser Theorie auf die Bankenbranche, dass gewisse Banken aufgrund ihrer Ge-
ne, also ihrer Angestellten und Führungsebene, in dieser Entwicklung einen Wettbewerbsvor-
teil haben können.
Letztlich hängt, laut der Theorie, das Überleben einer Art von Lebewesen von dem Verhalten
anderer Arten sowie der Umwelt ab. Dieses Prinzip lässt sich in der Bankenbranche bei-
spielsweise durch die fortschreitende Entwicklung der bereits angesprochenen Digitalisierung
darstellen. Sobald eine Bank digitale Dienstleistungen anbietet, müssen andere Banken bei
dieser Entwicklung mitmachen, um die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen zu können. Hier-
durch wurden beispielsweise nicht nur bestimmte Transaktionen durch das Online Banking
revolutioniert, sondern es entstand die ganz neue „Spezies“ der Direktbank.
Auf Basis der Evolutionstheorie identifizierte der Evolutionsbiologe Leigh van Valen das so-
genannte „Red Queen Principle“, welches ein Evolutionsprinzip beschreibt, in dem verschie-
dene Arten durch konkurrierende Koevolution kontinuierlich miteinander wetteifern.35
Der
Satz „In this place it takes all the running you can do to keep in the same place“36
charakterisiert diese Situation. Die Arten müssen sich dabei fortlaufend weiterentwickeln, um
in diesem Wettbewerb mithalten zu können, was zu einem sogenannten “arms race”37
, einem
Rüstungswettstreit, führt. Genau diese Problematik lässt sich auch auf die Banken der heuti-
gen Zeit beziehen. Die Entwicklung von immer komplexeren und riskanteren Finanzproduk-
ten, vor allem in der Investmentbranche, steht für dieses Prinzip.38
Während die Population Ecology Theory die Problematik der Bankenbranche darstellt, fun-
giert die „Human Relations Theory“39
als Basis für den für diese Arbeit gewählten Lösungs-
ansatz. Im Jahre 1924 führte ein Forschungsteam, initiiert vom National Research Council, in
den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in den USA Experimente bezüglich
der Zusammenhänge zwischen der Arbeitsplatzbeleuchtung und der daraus resultierenden
Arbeitsleistung durch. Hierbei wurde den Versuchsleitern schnell klar, dass psychische Fakto-
35
vgl. Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of
Efficient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),
Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 36
Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of Effi-
cient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),
Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 37
Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of Effi-
cient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),
Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 38
vgl. Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein), 2.Aufl. 2009, 96. 39
vgl. O’Connor, Ellen, Minding the Workers: The Meaning of “Human” and “Human Relations” in: Organiza-
tions, 6 (2/1999), 223-246.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
8
ren bei der Arbeit eine bedeutende Rolle spielen. Aufgrund der durchgeführten Versuche
mussten die Versuchsleiter eine „freundliche Beziehung“ zu den Arbeiterinnen aufbauen, um
deren Zweifel bezüglich der Experimente zu zerstreuen und sie zu animieren, bei den Versu-
chen, mitzumachen. Vertrauensbildende Maßnahmen waren dabei Absprachen bezüglich sich
ändernder Pausen, gemütliche Treffen und eine leistungsentsprechende Entlohnung. Dabei
mussten die Versuchsleiter feststellen, dass sich nicht die Veränderung der Beleuchtung posi-
tiv auf die Leistung auswirkte, sondern die menschliche Beziehung, die zwischen dem For-
schungsteam und den Arbeiterinnen heranwuchs.40
Obwohl die Bedeutung von menschlichen
Beziehungen am Arbeitsplatz schon weit vorher bekannt war, lieferten die sogenannten
„Hawthorne-Experimente“ den Beweis für die Theorie und förderten somit auch die Umset-
zung in die Praxis.41
Da das größte Kapital einer Bank ihre Menschen sind, beeinflussen zwi-
schenmenschliche Beziehungen ausschlaggebend die Leistung einer Bank. Dies bezieht sich
zum einen auf die Beziehungen innerhalb einer Bank, also zwischen Führungsebene und An-
gestellten, sowie zwischen einer Bank und ihren Kunden. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch
auch, dass mit guter Führung die Leistung einer Bank gesteigert werden kann. Nicht zuletzt
sind menschliche Beziehungen von Vertrauen geprägt und bilden somit die Basis für langfris-
tige und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen.42
Weiterhin ist zwischenmenschlicher Kontakt
für den Aufbau und Erhalt des bereits erwähnten Erfahrungs- sowie Reputationsvertrauens
unerlässlich.
3 Untersuchungsrahmen
3.1 Mentales Modell
Die vorliegende Untersuchung begründet sich in einem mentalen Modell. Dieses gliedert sich
in drei miteinander verzahnte Bereiche auf: der Ausgangssituation, dem Gestaltungsfeld und
den Erfolgskriterien. Wie bereits in Kapitel 1 deutlich wurde, bildet die Vertrauenskrise im
Privatkundengeschäft die Ausgangssituation. Dabei stehen die Menschen, die aufgrund sys-
temischer Fehlentwicklungen in der Bankenbranche, sowie umfassendem Fehlverhalten letzt-
endlich für die Vertrauenskrise und ihre weitreichenden Folgen verantwortlich sind, im Zent-
rum der hier angestellten Betrachtung. Angesprochen sind hiermit alle Hierarchieebenen in-
nerhalb einer Bank, von den verantwortlichen Führungskräften bis zum ausführenden Bank-
angestellten. Auswirkungen sind der Vertrauensverlust der privaten Bankkunden, ihre große
Bereitschaft, die Bank zu wechseln und einem Zufriedenheitsniveau mit dem Bankwesen, das
40
vgl. Kieser, Alfred, Human Relations-Bewegung und Organisationspsychologie, in: Kieser, Alfred (Hrsg.),
Organisationstheorien, Stuttgart (Kohlhammer) 4. Aufl. 2001, 109. 41
vgl. Kieser, Alfred, Human Relations-Bewegung und Organisationspsychologie, in: Kieser, Alfred (Hrsg.),
Organisationstheorien, Stuttgart (Kohlhammer) 4. Aufl. 2001, 101. 42
vgl. Koch, Michael/Richter, Alexander, Enterprise 2.0. Planung, Einführung und erfolgreicher Einsatz von
Social Software in Unternehmen, München (Oldenbourg) 2. Aufl. 2009, 56.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
9
auf einem historischen Niedrigstand angekommen ist.43
Gleichermaßen ist auch das Image der
Banken innerhalb der Gesellschaft in großen Teilen nachhaltig beschädigt worden. Die Aus-
gangssituation dieser Arbeit ist weiterhin durch den Prozess der Digitalisierung geprägt, der
den Bankensektor fortlaufend und grundlegend verändert. Durch die fortschreitende Digitali-
sierung wurden und werden Tätigkeiten von Bankmitarbeitern zunehmend durch computerge-
stützte Systeme übernommen und völlig neue Formen des Bankings (beispielsweise Online
Banking) geschaffen.44
Gleichzeitig verändert dies die Nachfrage nach Bankmitarbeitern und
deren Aufgabenstruktur. So werden einerseits tendenziell weniger Bankmitarbeiter nachge-
fragt werden, andererseits müssen die nachgefragten Bankmitarbeiter ein neues Anforde-
rungsprofil erfüllen. Eine Bank der Zukunft muss sich auf diese Gegebenheiten einstellen, um
für die Zukunft gewappnet zu sein. Dabei gilt die Komplexität der Bankenbranche im Allge-
meinen und der Strukturen einer Bank im Speziellen zu beachten.
Das Gestaltungsfeld der vorliegenden Untersuchung konzentriert sich auf mögliche personal-
theoretische Maßnahmen, die zur Überwindung der Vertrauenskrise und Bewältigung der mit
ihr einhergehenden Herausforderungen nötig sind. Diese Maßnahmen beinhalten Handlungs-
aufträge für die Führungsebene und die Organisationsgestaltung einer Bank der Zukunft, so-
wie für das bankinterne Anreizsystem und die Personalentwicklungsplanung. Zum anderen
haben die Maßnahmen Implikationen hinsichtlich des sich verändernden Anforderungsprofils
eines zukünftigen Bankmitarbeiters, mit anderen Worten, des „Bankmitarbeiters der Zu-
kunft“. Hierbei ist zu beachten, dass die Führungskräfte Impulse für die Veränderungen set-
zen, indem sie Werte vorgeben und vorleben. Begriffe wie Ehrlichkeit, Vertrauen, Fairness
und Langfristigkeit stehen dabei nicht konträr zur ökomischen Realität, sondern gewinnen in
Zukunft an strategischer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie für die privaten Bankkunden zu
einem zunehmend relevanten Kriterium bezüglich der Wahl der Bank und ihres Anlageverhal-
tens werden.
Um eine größtmögliche Wirkkraft der unterschiedlichen Maßnahmen zu erzielen, müssen die
unterschiedlichen Gestaltungsvariablen miteinander passgenau verzahnt sein. Ein wesentli-
ches Erfolgskriterium ist somit die Stimmigkeit der unterschiedlichen Maßnahmen im Zu-
sammenspiel zwischen den unterschiedlichen internen Hierarchieebenen der Bank und der
externen Wahrnehmung und Reaktion der Kunden. Bankintern bedeutet dies eine konsequente
und konsistente Umsetzung von führungs- und personalpolitischen Maßnahmen, in dem Sin-
ne, dass die proklamierten Werte und die versprochenen Verhaltensänderungen auch faktisch
43
vgl. Bain & Company, Bain-Studie zum Retail-Banking: Private Bankkunden sind unzufrieden wie nie zuvor,
http://www.bain.de/press/press-archive/bain-studie-zum-retail-banking.aspx, 26.07.2012, abgerufen am
04.12.2012. 44
vgl. Trefz, Alexandra/Büttgen, Marion, Digitalisierung von Dienstleistungen. Umsetzung und Potenziale im
Bankensektor, Berlin (Logos) 2007, 160.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
10
in allen Bereichen und Hierarchieebenen umgesetzt werden und keine bloßen Versprechungen
sind. Für die externe Wahrnehmung der Kunden müssen die Maßnahmen einen erkennbaren
Mehrwert generieren und das verlorengegangene Vertrauen wiederherstellen. Inwieweit die
Maßnahmen sich als erfolgreich auszeichnen, lässt sich anhand unterschiedlicher Messgrößen
bestimmen. Wichtige Messgrößen des Erfolgs stellen dabei die Entwicklung des Kunden-
stamms der Bank dar, also die Zu- und Abgänge von Kunden in einem bestimmten Zeitraum
sowie das festgestellte Ausmaß an Kundenzufriedenheit. Bankintern lassen sich die Erfolgs-
kriterien durch die Umsetzung der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Maßnahmen, wie bei-
spielsweise dem 360-Grad-Feedback, bemessen. Nicht zuletzt sind auch das Arbeitgeber-
image und durchgeführte Corporate Social Responsibility-Projekte ein Indikator für die er-
folgreiche Umsetzung der dargestellten Maßnahmen.
Abbildung 1: Das mentale Modell
3.2 Methodik
3.2.1 Grundlegende Vorgehensweise
Aufbauend auf der in Kapitel 1 geschilderten Problematik sowie der literaturbasierten theore-
tischen Untermauerung der in dieser Arbeit eingenommenen Sichtweise durch die Population
Ecology Theory und die Human Relations Theory, richtet sich der Blick dieser Arbeit in die
Zukunft. Das bedeutet, dass ausgehend von der heutigen Lage – unter Berücksichtigung un-
terschiedlicher Einflussfaktoren – eine Version einer Bank der Zukunft gestaltet werden soll.
Der Fokus liegt hierbei auf den Menschen innerhalb einer Bank. Damit diese Zukunftsversion
die Verbindung zur Realität bewahrt, wird die Arbeit zum einen durch eine empirische Erhe-
bung, zum anderen durch Experteninterviews mit Personalverantwortlichen fundiert. Die un-
Vertrauenskrise Finanzkrise
Fehlverhalten der
Menschen in einer
Bank
Digitalisierung Sinkende Nachfrage
nach Mitarbeitern
Neue Vertriebskanäle
Kundenberater /
Bankmitarbeiter
Führung
Kunde
Ab
teil
un
gsü
ber
gre
ifen
de
Zu
sam
men
arb
eit
Per
son
alen
twic
klu
ng
Ku
nd
enori
enti
eru
ng
VertrauensbeziehungUmsetzung,
Stimmigkeit
und Wirkung
der
Maßnahmen Führung plant
und kontrolliert
Bankmitarbeiter
entwickelt neues
Profil
Kunde gewinnt
Vertrauen
Ausgangssituation
Gestaltungsfeld
Erfolgskriterien
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
11
terschiedlichen Zielgruppen der empirischen Erhebung und der Experteninterviews erlauben
eine differenzierte Betrachtung, da Visionen und Restriktionen der Angebots- und Nachfrage-
seite ermittelt werden. Eine mögliche Eindimensionalität der eingenommenen Perspektive
wird somit umgangen. Die theoretischen Betrachtungen der Arbeit können somit auf ihre
praktische Realisierbarkeit geprüft werden.
3.2.2 Aufbau und Ablauf der quantitativen Studentenbefragung
Als Instrument der Datenerhebung wurde ein Fragebogen erstellt.45
Im Fokus des Fragebo-
gens standen die Vertrauenskrise der Bankenbranche, die Bankenführungsebene und die
Bankangestellten sowie die Zukunft der Bank an sich. Der finale Fragebogen umfasste insge-
samt 18 Fragen zu den unterschiedlichen Themengebieten, wobei sich jede Frage einem be-
stimmten Themenbereich der Arbeit zuordnen lässt. Die Fragen 1) - 3) beschäftigten sich mit
dem Vertrauen der Befragten in eine Bank und ihren Bankmitarbeitern. Hierzu gab es insge-
samt 20 verschiedene Antwortkategorien. Die Fragen 4) - 6) konzentrierten sich auf den
Bankmitarbeiter und seine zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen. Hierzu gab es ins-
gesamt 12 unterschiedliche Antwortkategorien zu bewerten, wobei Frage 5) als offene Frage
gestellt wurde. Die Fragen 7) - 9) nahmen Bezug auf das bankmitarbeiterbezogene
Anreizsystem und die Führungsebene. Hierzu waren insgesamt 18 Antwortkategorien ange-
geben, wobei Frage 9) als offene Frage gestellt war. Frage 10) bezog sich auf den kundensei-
tigen Wunsch, den Service einer Bank zu beurteilen. Hierzu gab es die Antwortkategorien
„Ja“ und „Nein“. Die Fragen 11) - 14) wurden als offene Fragen gestellt. Hier wurde in erster
Linie nach persönlichen Einschätzungen und Ideen der teilnehmenden Personen gefragt. Fra-
ge 15) fungierte als Eingruppierungsfrage hinsichtlich der Anzahl an Bankkonten der an der
Umfrage teilnehmenden Personen. Die Fragen 16) - 18) dienten ausschließlich der demografi-
schen Datenerhebung. Konkret wurde nach dem Geschlecht, dem Alter, sowie der aktuellen
Beschäftigung der Teilnehmer gefragt. Die Fragen wurden am Ende des Fragebogens plat-
ziert, da Geschlecht, Alter oder Beschäftigung keine Ausschlusskriterien darstellten. Zudem
sollte die hohe anfängliche Aufmerksamkeit beim Beantworten des Fragebogens nicht für
diese Fragen in Anspruch genommen werden. Insgesamt umfasst der Fragebogen in Papier-
form drei DIN A4 Seiten. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle Antwortkategorien über ein
ordinalskaliertes fünfstufiges Likert-Antwortformat46
abgefragt. Hierbei stellte der Wert „1“
(zum Beispiel „nicht wichtig“) den jeweils niedrigsten Wert und „5“ (zum Beispiel „sehr
wichtig“) den jeweils höchsten Wert dar. In den offenen Fragen gab es ausschließlich die
Möglichkeit, eigene Antworten zu formulieren, wofür offene Textfelder vorgegeben waren.
45
vgl. Anhang, Studentenumfrage, A5- A7. 46
vgl. Mayer, Horst O., Interview und schriftliche Befragung. Entwicklung, Durchführung, Auswertung. Mün-
chen (Oldenbourg) 4. Aufl. 2008, 87.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
12
Der Fragebogen als Instrument der Datenerhebung erfüllte dabei die drei wesentlichen Quali-
tätsanforderungen der Operationalisierung: Objektivität, Reliabilität und Validität.47
In Bezug
auf die Objektivität war die praktische Durchführung der Untersuchung unabhängig von den
untersuchenden Personen. Alle Personen, die an der Befragung teilnahmen, erhielten den
gleichen Fragebogen, so dass die Formulierungen, die Antwortkategorien und die Reihenfolge
der Fragen für alle Teilnehmer gleich waren. Zudem ließ sich ein Großteil der Antworten an-
hand einer Skalierung der Antwortkategorien quantitativ vergleichbar machen. Nicht zuletzt
erfolgte die Befragung anonym, so dass sich keine Rückschlüsse auf die individuellen Ant-
worten der Teilnehmer ziehen ließen. Bevor der Fragebogen von den Autoren dieser Arbeit
den Studenten im Rahmen von wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen ausgehän-
digt wurde, fand bereits in einer ausgewählten Gruppe von wenigen Personen ein „Pretest“
statt. Ziel des Pretests war es zu ermitteln, „wie valide und reliabel der Fragebogen ist; ob er
also in der Lage ist, ‚gute Daten‘ zu liefern.“48
Durch den Pretest konnte sichergestellt wer-
den, dass die Fragen für die Teilnehmer klar und verständlich waren und keinen verzerrenden
Interpretationsspielraum gewährten, was für die Güte und Aussagekraft entscheidend ist.49
Fragen, die für die Teilnehmer des Pretests unklar und noch nicht ausreichend spezifiziert
waren, wurden modifiziert oder vollständig ersetzt. Bezüglich der Validität des Fragebogens
konnte durch den durchgeführten Pretest auch sichergestellt werden, dass der Fragebogen
tatsächlich das „misst“ was er „messen“ soll.50
Die Gültigkeit und Belastbarkeit der Untersu-
chungsmethode wurde somit bestätigt.
Bei der Verbreitung des Fragebogens wurde bewusst auf zur Verfügung stehende Online-
Ressourcen verzichtet. Im konkreten Fall wurde befürchtet, dass die Anzahl an offenen Fra-
gen (insgesamt sechs) und die durchschnittliche Beantwortungsdauer von rund 13 Minuten
neben einer bestehend niedrigen Rücklaufquote51
von Online-Befragungen eine extrem hohe
Abbrecherquote hätte bewirken können. Außerdem wurde angenommen, dass Personen mit
einem bisher geringen Interesse für die Thematik „Bank“ dadurch in der Erhebung überhaupt
nicht vertreten gewesen wären. Der Fragebogen wurde somit in Papierform (Paper-Pencil-
Methode) ausgegeben und von den Teilnehmern selbstständig ausgefüllt. In einem zweiten
Schritt wurden die gewonnenen Daten von den Untersuchenden von den Papierfragebogen in
47
vgl. Scholz, Christian, Personalmanagement. Informationsorientierte und verhaltenstheoretische Grundlagen,
München (Vahlen) 5. Aufl. 2000, 224. 48
Möhring, Wiebke/Schlütz, Daniela, Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft. Eine
praxisorientierte Einführung. Wiesbaden (VS Verlag) 2. Aufl. 2010, 169. 49
vgl. Kudela et al,. Cognitive Interviewing versus Behavior Coding,
http://www.amstat.org/sections/srms/proceedings/y2006/Files/JSM2006-000201.pdf, 2006, abgerufen am
21.03.13. 50
vgl., Bortz, Jürgen/Döring, Nicola, Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaft-
ler, Heidelberg (Springer) 4. Aufl. 2006, 200. 51
Zur Problematik von Rücklaufquoten von Internetbefragungen vgl. Theobald, Axel, Rücklaufquoten bei Onli-
ne-Befragungen, in: Theobald, Axel/Dreyer, Marcus/Starsetzki, Thomas (Hrsg.), Online-Marktforschung. Theo-
retische Grundlagen und praktische Erfahrungen, Wiesbaden (Gabler) 2.Aufl. 2003, 203-210.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
13
das statistische Auswertungsprogramm SPSS Statistics eingepflegt, ausgewertet und gespei-
chert. In der weiteren Bearbeitung wurde auch auf die Software Microsoft Excel zurückgegrif-
fen.
Aus mehreren Gründen wurden Studenten als Zielgruppe der Befragung gewählt. Zum einen
ist davon auszugehen, dass aus den heutigen Studenten einkommensstarke zukünftige Bank-
kunden werden, deren heutige Erfahrungen mit und Einstellungen zu Kreditinstituten ihre
späteren Entscheidungen beeinflussen werden. Zum anderen wurden aufgrund der universitä-
ren Bildung der Teilnehmer differenzierte Antworten und sinnvolle Lösungsvorschläge erwar-
tet. Nicht zuletzt sollte auch eine möglichst homogene Kohorte gewählt werden, um mögli-
chen Verzerrungen in der Auswertung vorzubeugen. Die Teilnehmer wurden im Rahmen re-
gulärer wirtschaftswissenschaftlicher Lehrveranstaltungen der Universität am 29.01.2013 ge-
beten, die Fragebogen auszufüllen. Über den Sinn und Zweck der Umfrage wurde im Vorlauf
eine kurze Einführung gegeben, in deren Zusammenhang den Studenten auch der Postbank
Finance Award vorgestellt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Tatsache der persönli-
chen Ansprache und der physischen Präsenz der Untersuchenden die Motivation und die
Sorgfalt der Teilnehmer erhöhte. Dafür spricht auch die Quantität sowie Qualität der Antwor-
ten auf die offenen Fragen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit des Fragebogens lag bei
der Erhebung bei rund 13 Minuten. Insgesamt nahmen an der Umfrage 239 Personen (n=239)
teil, wobei das durchschnittliche Alter der Teilnehmer 23,6 Jahre betrug. Von den befragten
239 Personen waren 138 Frauen und 98 Männer. Drei Befragte machten keine Angabe zu
ihrem Geschlecht.
3.2.3 Aufbau und Ablauf der Experteninterviews mit Personalverantwortlichen
Um nicht nur eine kundenseitige Wahrnehmung hinsichtlich der Anforderungen an einen
Bankmitarbeiter und die Aufgaben der Führungsebene einer Bank der Zukunft zu erhalten,
wurden zudem schriftliche Interviews mit Personalverantwortlichen von drei deutschen Kre-
ditinstituten durchgeführt.52
Die Banken wurden dabei nach einem einfachen aber zweckmä-
ßigen Muster bestimmt. Die Unterteilung sah drei Gruppen von Kreditinstituten mit unter-
schiedlichen Profilen vor: große Privatbanken, Sparkassen beziehungsweise Genossen-
schaftsbanken und Direktbanken ohne das traditionelle Filialgeschäft. Mit der vorgenomme-
nen Einteilung der unterschiedlichen Kreditinstitute sollten unterschiedliche Organisations-
formen und Ausrichtungen der Kreditinstitute untersucht werden. Aufgrund fehlender perso-
neller und zeitlicher Ressourcen war es den Direktbanken nicht möglich auf Interviewfragen
zu antworten. Folglich wurden Personalverantwortliche einer Sparkasse und zweier großer
Privatbanken zu ihren Einschätzungen und Meinungen befragt. Im konkreten Fall waren dies
Personalverantwortliche der Sparkasse, der Targobank und der Commerzbank. Die Befragun-
52
vgl. Anhang, Experteninterview 1-3, A8-A17.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
14
gen der Personalverantwortlichen wurden anhand eines Interview-Fragebogens mit acht aus-
schließlich offenen Fragen durchgeführt. Die Fragen waren dabei so konzipiert, dass sie mit
den Fragen der Studentenumfrage vergleichbar waren. Dies bedeutet, dass nach dem bankin-
ternen Anreizsystem, den Aufgaben der Führungsebene und den Aufgaben und Fähigkeiten
von Bankmitarbeitern/Kundenberatern der Zukunft gefragt wurde. Außerdem wurde nach
aktuellen Herausforderungen und zukünftigen Bewertungskriterien, unabhängig von der Jah-
resbilanz, einer Bank gefragt. Die Personalverantwortlichen, die sich bereiterklärten, die In-
terviewfragen zu beantworten, taten dies in zwei Fällen in digitaler Schrift, in einem Fall
handschriftlich. Auf Grund der formalen Vorschriften des Postbank Finance Awards sowie
aus datenschutzrechtlichen Gründen werden die Namen der interviewten Personalverantwort-
lichen nicht veröffentlicht. Durch die Sichtweise der Personalverantwortlichen konnten wert-
volle Einschätzungen zu der Problematik dieser Forschungsarbeit gewonnen werden.
4 Untersuchung
Tabelle 1: Deskriptive Statistik, Durchschnitt und Standardabweichungen (n=239)
4.1 Ausgangssituation: Geringes Kundenvertrauen trotz Wunsch nach Beratung
Das Ziel der quantitativen sowie qualitativen Untersuchung war, die Problematik der Vertrau-
enskrise in der Bankenbranche klar zu definieren, Gestaltungsbereiche zu ermitteln sowie
Erfolgskriterien für die Gestaltung auszumachen.53
Die studentischen Antworten auf die Frage
„Was ist das größte Problem von Banken heutzutage?“ stehen zum einen symbolisch für das
Thema und die Ausgangssituation dieser Forschungsarbeit, zum anderen zeigen sie die Hand-
lungsmöglichkeiten derjenigen auf, die die Vertrauenskrise in der Bankenbranche ausgelöst
haben: die Entscheidungsträger im Bankengeschäft. Die beiden weitaus größten Probleme der
Bankenbranche sehen durchschnittlich 21,2% der Befragten zu nahezu gleichen Anteilen in
„Vertrauen / Glaubwürdigkeit“ sowie in der „Verkaufs- und Profitorientierung“ der Branche.
Resultierend daraus sind weitere 15,5% der Antworten in der Kategorie „schlechtes Image“
aufzufinden und unterstreichen den weitreichenden Einfluss, den die Angestellten einer Bank
auf dessen Erfolg haben können. Auch die in der Einleitung angesprochene Problematik der
53
Die Ergebnisse der Studentenumfrage befinden sich im Anhang sofern sie nicht im Fließtext dieser Arbeit
dargestellt sind. Die ausgefüllten Fragebögen der Experteninterviews befinden sich ebenso im Anhang.
Durchschn. S.d.
1 Vertrauensfaktor bzgl. Bank 3,9 1,0
2 Vertrauensbasis 3,4 1,2
3 Vertrauensfaktor Bankmitarbeiter 3,8 1,0
4 Eigenschaften Bankmitarbeiter 4,4 0,8
5 Kompetenzen Bankmitarbeiter 3,7 1,1
6 Entlohnungskriterien 3,5 1,3
7 Werte Führungskraft 4,4 1,0
8 Bankkonten 2,1 0,9
Variable
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
15
Systemkomplexität der Bankenbranche findet sich hier an fünfter Stelle wieder, wie Abbil-
dung 2 zeigt.54
Dies ist insofern von Bedeutung, als dass die Befragten selbst als externe Be-
obachter die Grundproblematik der Bankenbranche erkannt und definiert haben. Das
„schlechte Image“ wurde auch aus Expertensicht hervorgehoben, laut derer Banken mit einem
„verbesserungsfähigen Ruf zu kämpfen haben“ und das verlorengegangene Vertrauen wieder-
gewinnen müssen55
. Vertrauen wurde hier als ein „fragiles Gut“56
dargestellt, was einerseits
die fundamentale Bedeutung von Vertrauen als Teil des Kapitals einer Bank darstellt und an-
dererseits die Schwierigkeit andeutet, dieses Gut intakt zu halten. Weiterhin wurde die Perso-
nalarbeit an sich als bedeutendste Problematik der Branche dargelegt und die Mitarbeiterak-
quise sowie -entwicklung hervorgehoben.57
Abbildung 2: Einschätzungen der größten Probleme von Banken heutzutage (n=239)
Des Weiteren sollte festgestellt werden, ob und inwiefern ein Bankmitarbeiter Einfluss auf
das Vertrauen zukünftiger Kunden in eine Bank haben kann. Hier zeichnen die Umfrageer-
gebnisse ein weiteres klares Bild: 71,8% der Befragten antworteten in den Antwortkategorien
„sehr stark“ und „stark“, dass sie sich für ihre Bankangelegenheiten einen „vertrauensvollen
Bankmitarbeiter wünschen, der dauerhaft für sie zuständig ist“, siehe Abbildung 3. Eine ähn-
liche Tendenz zeichnet sich bei der Wichtigkeit von „persönlichen Beratungsgesprächen und
das gemeinsame Gestalten maßgeschneiderter Finanzprodukte“ ab. Hier antworteten 66,9 %
mit „stark“ oder „sehr stark“. Auffallend ist, dass 82,4% der Befragten antworteten, dass es
ihnen „gar nicht“, „kaum“ oder nur „teils/teils“ egal ist, „welcher Bankmitarbeiter sie berät
und ihre Bankangelegenheiten für sie ausführt“. Der Bankmitarbeiter bildet offensichtlich
54
29,7% ohne Antwort. 55
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 8, A12. 56
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 57
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 8, A9.
0,4%
0,8%
1,3%
1,7%
2,1%
2,5%
2,5%
3,8%
3,8%
6,7%
8,8%
15,5%
19,7%
22,6%
0% 5% 10% 15% 20% 25%
Steigende Kosten
Datenschutzprobleme
Anlagensicherheit
Falsches Anreizsystem
Inflation
Kundennähe- und haltung
Akzeptanzdruck
Wettbewerb
Spekulation und Risiko
Bankensystemkomplexität
Unzureichender Service
Schlechtes Image
Verkaufs- und Profitorientierung
Vertrauen / Glaubwürdigkeit
Was ist Ihrer Meinung nach das größte Problem von Banken
heutzutage?
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
16
weiterhin die Verbindung zwischen Bank und Kunde für die befragten Studenten. Schlussend-
lich und hauptsächlich konnte festgestellt werden, dass Vertrauen „in erster Linie durch einen
vertrauenswürdigen Bankmitarbeiter“ geschaffen wird: 68,6% antworteten, dass sie der Aus-
sage „stark“ oder „sehr stark“ zustimmen.
Abbildung 3: Grundaussagen bezüglich der Aufgabe eines Bankmitarbeiters (n=239)
Die Ausgangssituation dieser Arbeit wird weiterhin durch ein weiteres Resultat definiert und
liegt im Bereich der Anzahl an Bankkonten, die die Befragten zurzeit besitzen. 60% der Be-
fragten besitzen zwei oder mehr Bankkonten, im Gegensatz zu 30% mit nur einem Bankkon-
to, siehe Abbildung 4. 9% der Befragten besitzen mehr als drei Bankkonten und ein kleiner
Prozentsatz von 1% besitzt keins. Diese Auswertung deutet darauf hin, dass der momentane
Kundenstamm die Leistungen mehrerer Banken gleichzeitig in Anspruch nimmt und dass der
Wettbewerb zwischen den Leistungsangeboten verschiedener Banken groß ist. Gleichzeitig
kann eine erhöhte Anzahl an Konten auch als eine Form der Absicherung von Sparanlagen als
Resultat der internationalen Finanzkrise interpretiert werden.
Abbildung 4: Prozentuale Anzahl der Bankkonten der befragten Studenten (n=239)
4%
23%
21%
9%
33%
6%
6%
29%
21%
26%
24%
21%
33%
51%
13%
44%
36%
13%
18%
5%
23%
36%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Ich vertraue der Bank als Ganzes und nicht
einem einzelnen Bankmitarbeiter /
Kundenberater
Für mich entsteht Vertrauen in eine Bank in
erster Linie durch vertrauenswürdige
Bankmitarbeiter / Kundenberater
Mir ist egal, welcher Bankmitarbeiter /
Kundenberater mich berät und meine
Bankangelegenheiten für mich ausführt
Ein persönliches Beratungsgespräch und das
gemeinsame Gestalten auf mich
maßgeschneiderter Finanzprodukte sind mir …
Für meine Bankangelegenheiten wünsche ich
mir einen vertrauensvollen Bankmitarbeiter /
Kundenberater, der dauerhaft für mich …
Inwieweit stimmen Sie persönlich folgenden Aussagen zu?
Gar nicht
Kaum
Teils/teils
Stark
Sehr stark
1%
30%
38%
22%
9%
60% der Befragten besitzen zwei oder drei Bankkonten, nur 30%
besitzen lediglich eins
Kein Bankkonto
Ein Bankkonto
Zwei Bankkonten
Drei Bankkonten
Mehr als drei Bankkonten
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
17
4.2 Gestaltungsfeld: Kundenorientierung und Mitarbeiter-Kompetenzen
Wie anfänglich erläutert, stellt Vertrauen einen wichtigen Faktor für die Bankenbranche dar,
der, falls nur gering ausgeprägt oder gar nicht vorhanden, zu Bankenkrisen führen kann. Ver-
trauen wird gleichzeitig jedoch durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Unsere quantitative
Umfrage hat dies bestätigt, wie Abbildung 5 darstellt. Deutlich wird jedoch, dass der wich-
tigste Vertrauensfaktor im „Umgang mit Kundenanfragen“ liegt. Diesen Faktor bewerteten
93,3% der Befragten als einen „sehr starken“ oder „starken“ Einflussfaktor. Ebenfalls ist bei
diesen Antworten auffallend, dass die Standardabweichung der Antworten bei lediglich 0,667
liegt und somit ein relativ homogenes Meinungsbild widerspiegelt. Bemerkenswert ist weiter-
hin, dass die „Qualifikation der Mitarbeiter“ und das „Image der Bank“ mit jeweils 88,3%
und 86,1% in den Antwortkategorien „sehr stark“ und „stark“ an zweiter und dritter Stelle
stehen. Die „Größe der Bank“ beeinflusst im Vergleich nur geringfügig das Vertrauen in eine
Bank, wie an der hohen Prozentzahl der Antworten „teils/teils“, „kaum“ und „gar nicht“ mit
insgesamt 51,5% in der unteren Abbildung gesehen werden kann.
Abbildung 5: Einflüsse auf das Vertrauen in eine Bank (n=239)
Bei der Frage, durch welche Faktoren Vertrauen in einen Bankmitarbeiter entsteht, ist zu er-
wähnen, dass es nicht unbedingt notwendig ist, einen Bankmitarbeiter persönlich zu kennen,
um ihm vertrauen zu können. Hier antworteten 54,6% der Befragten, dass sie „nicht“,
„kaum“, oder „weder zu noch nicht“ zustimmen, dass Vertrauen in einen Bankmitarbeiter
durch „persönliches Kennen des Bankmitarbeiters“ entsteht. Dies spiegelt die Auswirkungen
der bereits erläuterten und fortschreitenden Digitalisierung wider, die in Kapitel 1 dieser Ar-
beit erläutert wurde. Dennoch bedeutet dies, dass trotzdem 45,4% der im Durchschnitt 23,6-
Jahre-alten Studenten das „persönliche Kennen“ eines Bankmitarbeiters als wichtig erachten.
Folgende Personalexpertenaussage bestätigt dies: „Der persönliche Kontakt ist eines der we-
13%
10%
11%
7%
8%
35%
6%
11%
11%
23%
29%
34%
30%
40%
37%
42%
41%
41%
41%
36%
35%
8%
56%
46%
46%
25%
16%
22%
25%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Größe der Bank
Umgang mit Kundenanfragen
Image der Bank
Qualifikation der Mitarbeiter
Empfehlung durch Freunde / Familie
Bekanntheit der Bank
Transparenz in der Darstellung der
Geschäftstätigkeit der Bank
Staatliche Vorschriften zur Sicherung der
Kundenersparnisse (Einlagensicherung)
Inwiefern beeinflussen die folgenden Faktoren Ihr Vertrauen in eine
Bank?
Gar nicht
Kaum
Teils/teils
Stark
Sehr stark
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
18
sentlichen Elemente einer vertrauenswürdigen Bank.“58
Aus Sicht der Bank benötigt ein Kun-
de „die Sicherheit, für die Geschäftsvorfälle mit Beratungsbedarf schnell und kompetent einen
Ansprechpartner zu haben.“59
Für den einzelnen Bankmitarbeiter wird laut Studentenumfrage
ersichtlich, dass hier eine Kombination aus verschiedenen Faktoren für die Entstehung von
Vertrauen wichtig ist. Neben „Fachwissen des Bankmitarbeiters“ sind „Erreichbarkeit per
Telefon, Mail, etc.“, sowie auch der „direkte menschliche Kontakt“ mit jeweils 73% der Ant-
worten unter „stimme sehr zu“ und „stimme zu“ am wichtigsten.60
Zusätzlich wurde in den
freien Antworten auf diese Frage erwähnt, dass „gute Beratung“ und „Freundlichkeit“ einen
Beitrag zum Vertrauen in einen Bankmitarbeiter leisten, ebenso wie „Ehrlichkeit, Flexibilität
und Persönlichkeit“. Dies spiegelt die von den befragten Personalexperten hervorgehobene
Notwendigkeit der „ganzheitlichen Beratung“ wieder, die durch systematische und regelmä-
ßige Gespräche zwischen Mitarbeiter und Kunde erreicht wird.61
Hierzu sind transparente
Prozesse benötigt, die es dem Kunden erlauben, die Bankgeschäfte nachvollziehen zu kön-
nen.62
Weiterhin entsteht Vertrauen vor allem durch kundenorientierte, zertifizierte Beratung,
bei der jeder einzelne Bankmitarbeiter eine Rolle spielt63
, denn „[d]er Mitarbeiter ist das Ge-
sicht der Bank“64
.
Bei der Frage nach der generellen Wichtigkeit unterschiedlicher Eigenschaften eines Bank-
mitarbeiters wurde die „fachliche Kompetenz“ von 97,5% als „sehr wichtig“ und „wichtig“
erachtet. Als noch bedeutender empfanden die Befragten die „Ehrlichkeit in der Beratung“,
die mit 98,7% im Bereich „sehr wichtig“ und „wichtig“ fast alle abgegebenen Antworten dar-
stellt. Abbildung 6 zeigt, dass auch die weiteren angegebenen Kategorien wichtige Eigen-
schaften darstellen. Lediglich in der Antwortkategorie „Eigeninitiative“ gab ein Teil der Be-
fragten (4,2%) an, dass diese „kaum wichtig“ ist.
58
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 59
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 60
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 3, A1. 61
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 62
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 63
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 64
vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 1, A14.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
19
Abbildung 6: Wichtigkeit von Eigenschaften eines Bankmitarbeiters (n=239)
In Bezug auf die Aufgaben eines Bankmitarbeiters und im Hinblick auf den in Kapitel 1 er-
läuterten Prozess der Digitalisierung stellt sich die Frage, falls und in wie fern sich der Auf-
gabenbereich eines Bankmitarbeiters in Zukunft ändern wird. Hier haben fast 20% der Be-
fragten in einer offenen Antwort angedeutet, dass „Digitalisierung“ maßgeblich den zukünfti-
gen Aufgabenbereich eines Bankmitarbeiters beeinflussen wird. Weiterhin wurde von 16,4%
der Befragten angedeutet, dass die „Kundenberatung“ an Wichtigkeit zunehmen wird, wobei
diese vor allem „individuell“, aber auch „transparent“ sein muss.65
Auch hier haben die Be-
fragten den Kern der zukünftigen Aufgaben eines Bankmitarbeiters getroffen, da auch die
Expertenbefragung deutlich gemacht hat, dass „Beratungs- und Spezialistentätigkeiten heraus-
ragend wichtig“ sein werden. Service wird dem Kunden in Zukunft auf Grund des technologi-
schen Fortschritts selbst überlassen.66
Für eine Bank gilt es daher auf eine „Multikanalstrate-
gie“ zu setzen, bei der der Kunde „gute Beratung auf Augenhöhe“ erfährt, die in der Filiale,
per Telefon oder über das Internet vermittelt werden kann.67
Gute Erreichbarkeit des Bank-
mitarbeiters ist dabei von Bedeutung.68
Diese „Multikanalstrategie“ bedarf jedoch weiterhin differenzierter Kompetenzen eines zu-
künftigen Bankmitarbeiters, um erfolgreich ausgeführt werden zu können. Mit 91,2% der stu-
dentischen Antworten wurde die „generelle Fachkompetenz“ als diejenige Kompetenz ausge-
drückt, die „sehr stark“ und „stark“ von einem Bankmitarbeiter in Zukunft ausgebildet werden
sollte. „Kommunikationskompetenz“ und „Sozialkompetenz“ bilden die am nächsthöchsten
angekreuzten Antwortkategorien. Diese Einschätzung der Studenten wurde in Experteninter-
65
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 5, A1, 55,6% ohne Antwort. 66
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 2, A8. 67
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 2, A11. 68
vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 2, A14.
4%
7%
10%
10%
31%
34%
40%
53%
15%
46%
41%
63%
52%
37%
84%
43%
24%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Fachliche Kompetenz
Freundlichkeit
Schnelle Reaktion auf Anfragen
Ehrlichkeit in der Beratung
Persönliches Engagement für den
Kunden
Eigeninitiative
Wie wichtig sind Ihnen generell die folgenden Eigenschaften eines
Bankmitarbeiters / Kundenberaters?
Nicht wichtig
Kaum wichtig
Weder wichtig noch
unwichtig Wichtig
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
20
views bestätigt69
. Beachtenswert ist auch die Bewertung der „Technologiekompetenz“, die
von 50,6% der Studenten als „teils/teils“, „kaum“ oder „gar nicht“ wichtig bewertet wurde
und die „Kompetenz in sozialen Netzwerken“, die sogar von 78,4% der Befragten in diese
Kategorien eingeteilt wurde70
. Freie Antworten auf diese Frage nannten einzelne Aspekte der
Sozialkompetenz, wie etwa die Wichtigkeit von „Menschenkenntnissen“, „Ehrlichkeit und
Verantwortungsbewusstsein“, sowie „Problemlösungskompetenz“ und die Fähigkeit, „indivi-
duelle Produktlösungen“ zu finden. Laut Experteneinschätzung wird die vertrauenswürdige,
vertriebliche und somit kommunikative Kompetenz in Zukunft wichtig sein, zusammen mit
der Fähigkeit, „analytisch und vernetzt zu denken“71
: „Abteilungs-Denken ist nicht mehr zu-
kunftsfähig, heute werden Sonderaufgaben und Projekte über verschiedenste Fachbereiche
umgesetzt“.72
Dies erfordert gute Teamfähigkeit sowie einen empathischen Projektsteurer
neben Spezialisten und Führungskräften mit einer starken Werteorientierung. Auch hier er-
gänzt sich die externe und interne Einschätzung von Studenten und Experte.
Im Bereich der leistungsorientierten Entlohnung und somit wichtiger Bestandteil der Heraus-
forderungen an die Führungskräfte einer Bank der Zukunft haben die befragten Teilnehmer
klare Aussagen getroffen: Entlohnung sollte mit „hoher Kundenzufriedenheit“ und „persönli-
chem Engagement“ verbunden werden. Diese Antwortkategorien bildeten mit jeweils 95,3%
und 90,6% in den Kategorien „sehr stark“ und „stark“ die beiden ersten Plätze der Befragung,
gefolgt von „sozialer Nachhaltigkeit“ mit 77,2% in diesen beiden Kategorien. Auch die weite-
ren Bestandteile der Corporate Social Responsibility, „ökonomische und ökologische Nach-
haltigkeit“ wurden mit einem Mittelwert von 3,7673
und damit als „stark“ versehen, wobei die
„ökonomische Nachhaltigkeit“ für das Bankengeschäft wichtiger angesehen wurde als die
„ökologische“. Dies jedoch überrascht nicht, da das Bankengeschäft das Bestehen und Funk-
tionieren einer Ökonomie eines Landes beeinflusst, aber gleichzeitig keine weitreichenden
umweltbeeinflussenden Produktions- oder Supply-Chain-Externalitäten mit sich bringt. Weit-
aus am Eindeutigsten machten die Studenten jedoch die Aussage, dass der „kurzfristige Ge-
winn der Bank“ nicht zur Entlohnung von Bankmitarbeitern dienen sollte. Der Mittelwert lag
hier bei 2, welches die Antwortkategorie „kaum“ darstellt und somit eine eindeutige Aussage
ist. Auch die Kategorie „Verkaufszahlen bestimmter Produkte“ fand für die leistungsorientier-
te Belohnung wenige Unterstützer: 83,3% antworteten in den ebengenannten Kategorien, mit
einem Mittelwert von nur 2,5 aus 5.74
Als zusätzliches Bewertungskriterium in einer freien
Antwort wurde hier außerdem das „langfristige Binden von Kunden“ angeführt. Diese Stu-
69
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 3, A11 und Experteninterview 3, Frage 3, A14. 70
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 6, A2. 71
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 3, A8. 72
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 3, A8. 73
In einer Skala von 1 bis 5, mit 1=gar nicht und 5=sehr stark. 74
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 7, A2.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
21
denteneinschätzungen wurden in der Expertenbefragung bestätigt. Hierbei wurde ein relativ
hohes Grundgehalt zusammen mit einer variablen Vergütung als effektiv ausgesprochen75
.
Die variable Vergütung sollte sich dabei an dem langfristigen Erfolg der Bank orientieren,
und nicht an kurzfristig erreichten Zielen.76
Weiterhin sollten „Kundenzufriedenheits- und
Qualitätsdimensionen in die Zielerreichung und die Incentivierung“77
einfließen. Somit liegt
auch hier eine Stimmigkeit zwischen den Einschätzungen der Experten und Studenten vor.
Wie anfangs erwähnt soll diese Arbeit vor allem einen praktischen Leitfaden für die Zukunft
der Bankenbranche liefern, weshalb auch hierfür die Studenten bezüglich ihrer Lösungsvor-
schläge für die bereits genannten Probleme der Bankenbranche befragt wurden. An erster
Stelle der Lösungsansätze standen die „ehrliche Beratung“ sowie die Aufforderung, „Transpa-
renz zu schaffen“ mit jeweils 9,7%. Weiterhin bildet die Kategorie „Kundenkontakt verbes-
sern“ die nächstgrößte Antwortgruppierung mit 8%. Auch die „Mitarbeiter (MA) – Schulun-
gen“ wurden von 5% der Befragten als wichtig empfunden. Auffallend ist ebenfalls, dass le-
diglich 52,7% auf die Frage geantwortet haben, was unter anderem die Komplexität der Prob-
lematik ausdrückt. Generell kann gesagt werden, dass bis auf eine der genannten Antworten
jegliche Vorschläge auf Aspekte des Mitarbeiter- oder Führungsverhaltens hindeuten, wie
zum Beispiel die „Änderung der Mitarbeiter-Entlohnung“ oder den „Image-Wiederaufbau“78
.
Dies ergab auch ein Experteninterview, das die Personalarbeit als ein wesentliches „Funda-
ment für künftigen Erfolg“ darstellt.79
Weiterhin wurde in der Studentenumfrage deutlich, dass die Führungsebene einer Bank einen
entscheidenden Einfluss darauf hat, welche Werte ein Bankmitarbeiter letztendlich lebt. Wäh-
rend alle vorgegebenen Antwortkategorien (Verantwortung, Respekt und Toleranz, Ehrlich-
keit und Aufrichtigkeit, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Treue) hohe Werte erzielten, zeichne-
ten sich „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit“ sowie „Vertrauen“ durch einen sehr hohen Durch-
schnittswert von 4,6 und damit zwischen der Antwortkategorie „stark“ und „sehr stark“ lie-
gend aus.80
Außerdem wurde hinzugefügt, dass eine Führungskraft „Einfühlungsvermögen“
benötigt, sowie „als Freund auftreten“ sollte, um diese Werte zu vermitteln. Ausschlaggebend
ist weiterhin, dass die Wertung der Antwortmöglichkeit „Ehrlichkeit in der Beratung“ in Fra-
ge 4 des Fragebogens bezüglich der „Wichtigkeit von Eigenschaften des Bankmitarbeiters“
relativ stark mit der Wertung der Antwortmöglichkeit „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit“ in
Frage 8 bezüglich der „Wichtigkeit der Vermittlung verschiedener Werte durch die Unter-
nehmensführung“ korreliert: hier liegt der Korrelationskoeffizient relativ hoch bei 0,6. Dies
75
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 4, A8. 76
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 4, A11. 77
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 4, A11. 78
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 13, A4, 47,3% ohne Antwort. 79
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 8, A9. 80
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 8, A3.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
22
gibt einen Hinweis darauf, dass zum einen Ehrlichkeit von Mitarbeitern eine wichtige Eigen-
schaft ist, dass sie zum anderen aber durch eine entsprechende Führungsethik als erreichbar
angesehen wird.
Diese Einschätzung deutet mögliche Maßnahmen zur Vermittlung der oben genannten Werte
an. An erster Stelle nannten 28% der Befragten die praktische Maßnahme der „Trainings“.
Weiterhin ist es für Führungskräfte wichtig, die oben genannten „Werte zu verkörpern“ und
durch „gute Führung“ an ihre Mitarbeiter weiter zu geben. Dies machte weitere 15,9% der
Antworten aus. Zusammen mit „persönlichen Gesprächen“ antworteten somit 51% der Be-
fragten, dass Führungskräfte durch den persönlichen Kontakt, Aufmerksamkeit und Trainings
Werte bei ihren Mitarbeitern schaffen können. Weiterhin bilden „monetäre und nicht-
monetäre Anreize“ 5,4% der Antworten. 3,3% der Befragten machten deutlich, dass diese
Anreize nicht unbedingt eine „Bindung an Verkaufszahlen“ darstellen sollten.81
Aus Sicht der
befragten Personalexperten findet die Vermittlung von Werten wie Wertschätzung und Res-
pekt vor allem durch das Vorleben dieser Werte statt82
. Dies bedeutet die Identifizierung mit
dem eigenen Unternehmen als authentisches Vorbild, kooperativ und kontaktfähig sein, sowie
für spezielle Aufgaben schnell Teams bilden zu können. „Führungskräfte können heute nicht
mehr die besten Fachleute sein, sondern sie sind eher Beziehungsmanager.“83
Weiterhin wurden die Studenten nach denjenigen Eigenschaften befragt, die einer Bank in
Zukunft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten. Mehr als 20% der Antworten bezo-
gen sich auf „Kundenorientierung“, gefolgt von „Service und Erreichbarkeit“ mit 8,4%. Ein
Wettbewerbsvorteil wird auch aus „individuellen Produkten und Qualität“ sowie einer „ehrli-
chen Beratung“ bestehen, so 12,6% der Befragten.84
Diese Antworten wurden von der Exper-
tenbefragung unterstützt: „Kundenzufriedenheit ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg.“85
Zusätzlich wurde die Einschätzung geäußert, dass gutes Image, positives Unternehmens- und
Führungsklima, sowie Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit zu langfristigem Unternehmenser-
folg führen.86
Auch die Innovationsfähigkeit mit Produktfeldern wie dem Mobile Payment,
Mobile Wallet und mobilen Apps spielt hier eine wichtige Rolle87
und spiegelt den Kunden-
wunsch nach „Service und Erreichbarkeit“ wieder. Es bedarf folglich einer „Multikanalbank“,
bei der es möglich ist, mit einem Kundenberater über unterschiedliche Kanäle in Kontakt zu
treten.88
81
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 9, A3, 39,7% ohne Antwort. 82
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 5, A12 und Experteninterview 3, Frage 5, A15. 83
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 5, A9. 84
vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 14, A4, 47,7% ohne Antwort. 85
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 7, A12. 86
vgl. Anhang. Experteninterview 1, Frage 7, A9. 87
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 7, A12. 88
vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 7, A15.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
23
4.3 Erfolgskriterien: Servicebeurteilung durch Kundenzufriedenheit
Letztlich wurden die Studenten befragt, ob sie sich wünschten, den Service ihrer Banken zu
beurteilen, sowie nach Vorschlägen zur praktischen Umsetzung dieser Bewertung. Auf die
Frage „Würden Sie sich in Zukunft wünschen, aufgefordert zu werden, den Service Ihrer
Bank zu beurteilen?“ antworteten 66% der Befragten mit „Ja“ und machten somit eine zu-
kunftsweisende Aussage darüber, dass der Service ihrer Bank jetzt und in Zukunft wichtig
sein wird. Weiterhin wurden die Teilnehmer gefragt, wie die Leistung einer Bank, außer an
ihrer Jahresbilanz, noch bewertet werden kann. Hier zeichnete sich ein eindeutiges Bild ab,
welches in Abbildung 7 dargestellt ist. 41,0% der Befragten sehen die Zukunft der Banken-
bewertung in der „Kundenzufriedenheit“ und signalisieren hiermit die Wichtigkeit der Bezie-
hung zwischen Bankmitarbeiter, Bankenführungsebene und Kundenstamm. Eine der befrag-
ten Banken gab an, telefonische Kundenzufriedenheitsabfrage durchzuführen, was die Reali-
sierbarkeit des Vorschlags der Studenten aufzeigt.89
Kundenzufriedenheit wurde ebenso in
den anderen durchgeführten Experteninterviews hervorgehoben.90
Auch die von den Studen-
ten am zweithöchsten eingeschätzte Antwort „Anzahl der Kunden“ weist in diese Richtung.
Weiterhin wurde die Corporate Social Responsibility von den Studenten (6,7%) als wichtig
bewertet.91
Das damit einhergehende Ziel ethischen Verhaltens wurde auch von einem Exper-
ten betont.92
Aus professioneller Sicht ist in diesem Zusammenhang außerdem die Attraktivi-
tät der Bank als Arbeitgeber, also das Arbeitgeberimage, wichtig, welches praktisch messbar
ist93
.
Abbildung 7: Bewertungskriterien für Bankenleistungen (n=239)
89
vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 6, A15. 90
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 6, A12 und Experteninterview 1, Frage 6, A9. 91
31,4% ohne Antwort. 92
vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 6, A9. 93
vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 6, A12 und Experteninterview 1, Frage 6, A9.
0,4% 0,8% 0,8% 1,3% 1,7%
2,9% 2,9% 3,3%
4,6% 5,0%
5,9% 6,3% 6,7%
15,1% 41,0%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%
Marktanteil
Bekanntheit
Transparenz
Langfristiges Bestehen
Gesamtvermögen
Kundenbewertung
Ehrlichkeit
Angestellten- und Kundenfeedback
Service
Image
Leistung
Kundenbeziehungen
Soziales Engagement
Anzahl der Kunden
Kundenzufriedenheit
Woran könnte man die Leistung einer Bank (außer an ihrer
Jahresbilanz) noch bewerten?
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
24
5 Ergebnis
5.1 Zusammenfassung
Die vorherrschende Vertrauenskrise in der Kreditwirtschaft, die sich vor allem durch das
Fehlverhalten der Bankenführungskräfte und Mitarbeiter, kurzfristige Profitorientierung, un-
durchsichtige Finanzprodukte und eine bestehend hohe Systemkomplexität entwickelte, stellt
die Bankenbranche vor enorme Herausforderungen. Geringe Kundenzufriedenheit, eine hohe
Wechselbereitschaft sowie mangelndes Vertrauen sind direkte Auswirkungen dieser Krise,
denen die Bankenbranche entgegenwirken muss. Da die Bankenbranche nur existieren kann,
wenn sie das Vertrauen der Gesellschaft besitzt, muss sie das geschwundene Kundenvertrauen
zurückgewinnen. Die fortschreitende Digitalisierung des Bankengeschäfts, die sowohl den
Aufgabenbereich der Mitarbeiter als auch das Verhalten der privaten Kunden beeinflusst, ist
dabei ein wichtiger Aspekt, der ebenfalls berücksichtigt werden muss.
Die Ausgangssituation dieser Problematik wurde anhand der Population Ecology Theory er-
klärt. Bezogen auf die Bankenbranche bedeutet dies, dass eine Bank nur durch adäquate An-
passung an Umweltgegebenheiten überleben kann. Aus dem Blickwinkel dieser Arbeit kann
dies nur durch verantwortungsvolle Führungskräfte, kompetente Mitarbeiter und organisatio-
nale Prozesse erreicht werden. Als Grundlage für einen möglichen Lösungsansatz wird die
Human Relations Theory herangezogen, die besagt, dass die Produktivität eines Angestellten
in größerem Ausmaß von zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb einer Organisation
abhängt als von physischen Arbeitsbedingungen. Innerhalb der Bankenbranche bedeutet dies,
dass eine bessere Beziehung zwischen Führungsebene und Angestellten zu höherer Produkti-
vität führt.
Um angemessene Handlungsempfehlungen aussprechen zu können, wurden im Rahmen die-
ser Forschungsarbeit sowohl eine empirische Erhebung unter Studenten als auch Expertenin-
terviews mit Personalverantwortlichen dreier Banken durchgeführt. Diese bilden in Einklang
mit den theoretischen Grundlagen die Basis für die im Folgenden dargestellten Maßnahmen,
die nicht nur den heutigen Kundenwünschen, sondern auch der Realität des Bankgeschäfts
entsprechen.
Die entscheidenden Elemente der hier vorgestellten Lösung für eine Bank der Zukunft sind
somit Aspekte der Unternehmensführung, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit sowie die
Bankmitarbeiter selbst. Diese Elemente bilden die Grundlage des in den folgenden Gliede-
rungspunkten erörterten Lösungsansatzes.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
25
5.2 Handlungsaufträge für die Führungsebene
Auf Grund der Tatsache, dass das größte Kapital einer Bank ihre Menschen sind, ist Personal-
führung eine Hauptaufgabe einer Führungskraft in Kreditinstituten. In Anlehnung an das
Konzept der Professionalisierung des Personalmanagements nach Stein besteht Bankenfüh-
rung aus „vier ständig einzulösenden Selbstverpflichtungen“94
: Expertise, Kontinuität, Diffe-
renzierung und Governance.
Abbildung 8: Professionalisierungsmodell95
5.2.1 Expertise durch Entwicklung von Führungskompetenz
Die erste Selbstverpflichtung stellt die Aktivität der Führung selbst dar. Während Führung
kein „sachliches, wohl strukturiertes Forschungsfeld ist, sondern soziale, wenig bis gar nicht
strukturierte Realität“96
ist „Führung (…) zuallererst praktisches Handeln.“97
Dieses Handeln
ist durch f
Recommended