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Zu schade für einen Rückzug ins Private:Außenminister Joschka Fischer

Rettet Eichel und FischerRot-Grün wird wohl abgewählt. Trotzdem sollte die neue Regierung nicht auf Ausnahmetalente verzichten

Von Christoph Keese

Gewählt wird erst am 22. September,doch heute – knapp fünf Monate vordem Stichtag – könnte die Sache für die

rot-grüne Koalition kaum schlechter stehen.Niemand weiß, wie sie noch aus der Malaisezu retten ist. Die Sozialdemokraten haben bis-lang keinen überzeugenden Grund formu-liert, warum man sie unbedingt wiederwäh-len muss. Ihr Parteiprogramm enthält keineneuen Vorschläge, wie Konjunkturkrise,Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit be-kämpft werden sollen. Es fordert lediglich dieFortsetzung der heutigen Politik. Und die istzwar nicht in jedem Detail, wohl aber im Ge-samtergebnis gescheitert.

Der einzig neue Gedanke im Programm istdie bessere Förderung der Familien. Damitallein ist aber keine Wahl zu gewinnen. DieLeute halten das – wie Kanzler Schröder sagenwürde – für „Gedöns“, solange die existenziel-len Fragen nicht gelöst sind. Anders als beimletzten Mal fehlt den Sozialdemokraten jeneWerbepostkarte, die kurz und knapp zehnGründe für eine SPD-Stimme auflistet. Einesolche Karte kann die Partei nicht mehr aufle-gen, weil sie die alte schon verstecken muss.Zu krass ist der Abstand zwischen den damali-gen Versprechen und der heutigen Realität.

Der SPD-Wahlkampf leidet deswegen amschwersten Handicap, das vorstellbar ist: Diefreiwilligen Helfer in den Fußgängerzonenwerden keine schlagkräftigen Argumente zurVerfügung haben. Sie können nicht sagen:„Wählt uns, dann findet ihr Arbeit und ver-dient mehr Geld.“ Das würde ihnen niemandmehr glauben. Schröder weiß das und flüchtetdeshalb in die Personalisierung. Viel helfenwird ihm das jedoch nicht.

Viele Meinungsmacher rücken abDenn zwei wichtige Faktoren belasten ihn zu-sätzlich: Sein Flirt mit den Medien ist weitge-hend beendet. Die wichtigsten Meinungsma-cher distanzieren sich. Anders als beim letz-ten Mal schlägt Schröder aus der Mehrheit derLeitmedien keine Sympathie mehr entgegen.Außerdem funktioniert seine Wahlkampfzen-trale nicht so gut wie 1998. Weil er jetzt denApparat des Kanzleramtes zur Verfügung hat,erliegt er der Versuchung, die entscheidendenImpulse von dort zu setzen. Regierungszen-

trale und Wahlkampfbüro arbeiten zu oft ge-geneinander. Kurzum: Die Sozialdemokratensind nach nur vier Jahren an der Macht pro-grammatisch und politisch so erschöpft wieandere erst nach einem Jahrzehnt.

Noch dramatischer ist die Lage bei den Grü-nen. Auf ihrem Parteitag am Wochenende bo-ten sie ein trauriges Bild. Die Reden erstarrtenzu Formeln, um Posten wird inzwischen ver-bissener gekämpft als anderswo, die politi-sche Agenda ist weitgehend abgearbeitet,neue Ziele sind nicht in Sicht. Die FDP wirktinzwischen jünger als die Grünen, vor allemhat sie Ideen, für die sich der Einsatz lohnt.

Im krassen Gegensatz zur traurigen Lage ih-rer Parteien stehen drei politische Ausnahme-talente: Joschka Fischer, Hans Eichel und Otto

Schily. Sie konnten die schlechte Bilanz derRegierung im Ganzen zwar nicht verhindern,doch einzeln boten alle drei höchst beeindru-ckende Leistungen. Fischer ist vermutlich derbeste Außenminister der Nachkriegszeit; ge-gen ihn verblasst selbst Hans-Dietrich Gen-scher. Eichel besitzt jene Kombination ausGlaubwürdigkeit, Solidität und intellektuellerBrillanz, die so selten ist. Und Schily hat esgeschafft, die vielen Krisen seiner Zeit perfektzu lösen und bis auf die NPD-Klage nichteinen gravierenden Fehler zu machen.

Gute Fachleute nicht verschwendenMuss Deutschland wirklich auf diese Talenteverzichten, wenn Rot-Grün abgewählt wird?Gibt es so viele Profis, dass man die drei be-denkenlos in Rente schicken kann? WäreDeutschland eine Aktiengesellschaft, würdensie gewiss nicht nach Hause gehen. Viele neueVorstandsvorsitzende übernehmen den Fi-nanz- oder Produktionschef ihres Vorgängers.Wichtige Posten werden meist nach Qualifika-tion verteilt, unabhängig davon, ob jemandzum ancien oder zum nouvel régime gehört.Städte und Gemeinden machen es nichtanders. Erfolgreiche Stadtkämmerer könnenJahrzehnte im Amt bleiben, egal, welche Par-tei gerade die Mehrheit stellt.

Gleiches auf Bundesebene zu tun klingt nurim ersten Moment absurd. Zugegeben: OttoSchily wird nicht zu halten sein. Die Vorstel-lungen von Union und SPD klaffen in der In-nenpolitik zu weit auseinander. Schily könnteguten Gewissens unter einem Kanzler Stoibernicht dienen. An Schilys Abschied werden wiruns wohl gewöhnen müssen.

Aber Joschka Fischer? Warum sollte Stoiberihn nicht im Amt belassen? Einen besserenKandidaten haben CDU, CSU und FDP nichtzu bieten. Programmatische Unterschiedegibt es kaum. Über die richtige Außenpolitikherrscht fast immer Konsens. Fischer müsstenoch nicht einmal aus seiner Partei austreten– er könnte einfach ein grüner Außenministerin einer konservativen Regierung sein. Vorbil-der dafür gibt es: So hatte Demokrat Bill Clin-ton Republikaner in seinem Kabinett.

Ähnlich gut könnte Eichel weiter arbeiten.Mit Wolfgang Schäuble gibt es zwar einenebenbürtigen Gegenkandidaten der Unionfür das Finanzministerium. Doch Eichel istschon eingearbeitet und kennt den Weg zumschuldenfreien Haushalt so gut wie kein ande-rer. Finanzpolitik ist um so besser, je kontinu-ierlicher sie ist – warum also Eichel nicht vierweitere Jahre die Kasse bewachen lassen? Dieneue Regierung muss vieles besser, aber nichtalles anders machen.

E- M A I L : keese.christoph@ftd.de

Devisen-händler, dieschnell Ent-scheidungentreffen müs-

sen, brauchenFaustregeln

Der Euro kommt in ModeSeit einigen Jahren bestimmt das Leitbild des starken Dollar das Geschehen an den Devisenmärkten – nun

mehren sich die Anzeichen, dass sich die Story ändert VON PETER BOFINGER UND ROBERT SCHMIDT

Sieben Prozent hat der Euroin den vergangenen 14 Wo-chen gegenüber dem Dollar

an Wert gewinnen können. Wirdes ihm nun endlich gelingen, dieSchwelle von 1 $ je Euro zu über-schreiten oder sogar wieder aufden Ausgangskurs von 1,1789 $zurückzukehren? Wollte mandiese Frage aus einer rein ökono-mischen Perspektive beantwor-ten, müsste man ehrlicherweisezugeben, dass es hierfür keine se-riösen Prognosen gibt. Die Quint-essenz aller ökonometrischenStudien über den Einfluss funda-mentaler Daten auf den Wechsel-kurs ist eindeutig: Auf kurze undmittlere Sicht lässt sich das Ge-schehen auf den Devisenmärktennicht mit makroökonomischenDaten erklären.

Wenig hilfreich ist auch der vondem US-Ökonomen RichardLyons entwickelte, „Mikrostruk-tur-Ansatz“. Danach wird derWechselkurs von den „orderflows“ bestimmt, die bei den amDevisenmarkt tätigen Bankeneingehen. Doch so einleuchtenddas ist – die zentrale Frage, ob die„order flows“ in den nächstenWochen Dollar-Käufe oder Dollar-Verkäufe bringen werden, bleibtin diesem Modell ungeklärt.

Die einzige korrekte ökonomi-sche Aussage zum Euro-Kurs lau-tet also: „Ich weiß, dass ich nichtsweiß.“ Wenn man die Dinge nichtganz so agnostisch angehen will,bleibt einem nur noch die für denDevisenmarkt bisher kaum be-achtete Theorie der „Behavioural

Finance“. Sie ist davon geprägt,dass Entscheidungsträger in ei-nem komplexen Umfeld stets miteinfachen Daumenregeln („Heu-ristiken“) operieren müssen.

So muss ein Devisenhändler inkürzester Zeit ständig Kurse stel-len, wobei er fortlaufend mitneuen Daten konfrontiert wird.Anders als auf dem Aktienmarktist dabei oft völlig unklar ist, wasInformationen für den Kurs be-deuten. Gibt ein Unternehmeneine Gewinnwarnung ab, ist klar,dass der Kurs sinken wird. Aberwer weiß schon, was esfür den Dollar bedeu-tete, wenn Alan Green-span morgen die Zin-sen erhöhte.

Der Bedarf an Heu-ristiken ergibt sich amDevisenmarkt auchdaraus, dass es für dieHändler an einem spe-kulativen Markt vor al-lem darauf ankommt,die Erwartungen deranderen Teilnehmer zu antizipie-ren, die sich in einer identischenSituation befinden. Dieses kom-plexe Problem (Erwartungen da-rüber, was die anderen von denanderen erwarten) wurde vonKeynes mit dem Begriff der „In-formation dritten Grades“ be-zeichnet. Im Alltagsleben, stelltsich ein ähnliches Problem, wennman sich abends fragt, in welcherKneipe man wohl die meisten Be-kannten findet. Die Lösung ist dieStammkneipe oder in der Termi-nologie der Spieltheorie ein „fo-

kaler Punkt“, also ein Punkt, derdie unabhängig voneinandergebildeten Erwartungen koordi-niert. Fokale Punkte sind Dau-menregeln, die nur dann funktio-nieren, wenn sie viele Menschengleichzeitig verwenden. Ähnlichwie Konventionen weisen sie des-halb eine hohe Persistenz auf.

Was bedeutet das für den Devi-senmarkt? Die wichtigste Heuris-tik dürfte darin bestehen, dasssich zwischen den Beteiligteneine Konvention darüber entwi-ckelt, welchen Kurstrend eine

Währungsrelation auf-weisen wird. Hierfürspricht, dass es amDevisenmarkt immerwieder zu lang an-haltenden Abwer-tungstrends gekom-men ist: Dollar gegen-über D-Mark vonMärz 1973 bis Novem-ber 1978, D-Markgegenüber Dollar vonAnfang 1980 bis Feb-

ruar 1985, Dollar gegenüber Yenvon April 1990 bis April 1995,D-Mark (beziehungsweise Euro)gegenüber Dollar seit April 1995.

Kennzeichnend für dieseTrends ist, dass sie sich unabhän-gig von Fundamentaldaten entwi-ckeln. Ist der Kurstrend durcheine Heuristik bestimmt, wirkt siewie ein Filter, der nur noch jeneDaten ins Bewusstsein dringenlässt, die zu ihr passen („fra-ming“). Ein Paradebeispiel hierfürist das US-Leistungsbilanzdefizit.Obwohl es seit Jahren sehr hoch

ist, blieb es in der Phase des star-ken Dollar unbeachtet. Dass esjetzt zunehmend als ein Problemgesehen wird, ist daher ein wichti-ges Indiz für eine neue Heuristik.Hierzu passt auch, dass derjüngste Rückgang des Ifo-Indexdem Euro nicht geschadet hat.

Bleibt die Frage, wer die Trend-setter am Devisenmarkt sind. Beiallen Trendwenden in der Ver-gangenheit waren massive No-tenbank-Interventionen zu er-kennen. Dies gilt auch für denEuro, dessen Kursverfall durchbeherzte Dollar-Verkäufe der EZBim November 2000 definitivgestoppt wurde. Damit war dieKonvention „schwacher Euro“ er-ledigt, es reichte aber nicht aus,eine neue Mode „schwacher Dol-lar“ zu etablieren. Die Folge wareine ausgeprägte Seitwärtsbewe-gung, die in der Phase nach dem11. September 2001 auch durchEZB-Intervention zu Gunsten desDollar stabilisiert wurde.

Wenn sich jetzt ein fokalerPunkt zu Gunsten des Euro etab-liert, wäre dies aus der Sicht der„Behavioural Finance“ vor allemmit der gelungen Bargeldeinfüh-rung zu erklären. Sie hat die Ver-trautheit der Menschen mit demEuro erhöht und so einen „homecountry bias“ für die Gemein-schaftswährung etabliert.

P E T E R B O F I N G E R lehrt Geldpolitikund internationale Wirtschaftsbe-ziehungen an der UniversitätWürzburg, R O B E R T S C H M I DT pro-moviert dort.

DAS Z I TAT DES TAGES

„Mir bedeuten Titel undOrden sowieso nichts“Klaus Toppmöller, T R A I N E R , nach Leverkusens vierter Vize-Meisterschaft

3 0 M O N TAG , 6 . M A I 2 0 0 2 K O M M E N TA R F I N A N C I A L T I M E S D E U T S C H L A N D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P O S T E I N G A N G

Zum Kommentar „Blockierte Lei-tung“, FTD vom 16. April 2002

RohrkrepiererWenn sich der Gasmarkt so wie derStrommarkt entwickelt, ist das dernächste Rohrkrepierer. Heute wirdder Strommarkt nur noch von viergroßen Versorgern (Eon, RWE,EnBW, Vattenfall) beherrscht. Ver-sorgerwechsel werden durch über-höhte Netznutzungsgebühren un-möglich gemacht. Für Tarifkundenund Kleinabnehmer funktioniertder Wettbewerb praktisch nicht.Wie kann man annehmen, dass beider Gasversorgung funktioniert,was auf dem deutschen Strom-markt ein Reinfall war? BeimStaatsmonopol Telekom wurde vonder Industrie eine Regulierungsbe-hörde gefordert und durchgesetzt –da klappt auch der Wettbewerb.

Dieter Plasa, Kassel

Zum Bericht „Deutscher Börse drohtNiederlage bei Penny Stocks“, FTD vom 10. April 2002

LuftblasenErst wollte die Deutsche Börse sichnur noch mit den hoch gelobtenPapieren des Neuen Marktes abge-ben. Im Rahmen der allgemeinenErnüchterung an den Weltbörsensollten dann Penny Stocks undZocker-Aktien vom Handel in dengroßen Indizes im Neuen Marktausgeschlossen werden. Das Mana-gement der Deutschen Börse ar-beitet so dilettantisch wie die aus-

zuschließenden Unternehmen. Allevollmundigen Aussagen erweisensich im Nachhinein als Luftblasen.

Uwe Lämmle, Leinfelden-Echterdingen

Zum Bericht „SPD will Zwangsmit-gliedschaft in IHK lockern“, FTD vom 23. April 2002

Kammern abschaffenDie SPD hatte fast vier Jahre Zeit,den Anachronismus der Zwangs-mitgliedschaft in den verkrustetenKammern abzuschaffen. Doch esist ihr nicht gelungen, das leis-tungshemmende Relikt zu beerdi-gen. Jetzt bemerkt die Partei, wieenttäuscht und widerstandsbereiteine größere Wählergruppe ist: dieInhaber kleiner und mittelständi-scher Unternehmen. Eine jedeKammerreform, bei der nicht dieAbschaffung der Zwangsmitglied-schaft an erster Stelle steht, ver-dient ihren Namen nicht und wirdauch keine Ruhe in die Reihen derprotestierenden Betriebe bringen.

Alfred F. Schmitz, Germering

LESERBRIEFEBrieffach 02, 20444 HamburgKennwort: LeserbriefeFax: 040/31990-435, E-Mail: leserbriefe@ftd.deDie hier abgedruckten Leserbriefe sind keine redaktionellen Beiträge, sondern geben ausschließlichdie Meinung der Einsender wieder. Zuschriften ohnevollständige Angabe des Absenders werden nicht veröffentlicht. Die Redaktion bittet um Verständnis dafür, dass aus Platzgründen nicht jede Einsendung ver-öffentlicht werden kann. Wir behalten uns das Recht aufKürzungen vor. Alle Anregungen werden sorgfältig be-arbeitet, auch wenn wir sie nicht beantworten können.

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