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Der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung
in der GKV (AMVSG) wird seinem Namen nicht gerecht. Stattdessen:
etliche Vorhaben, die die Versorgung schwächen.
Der im Herbst von Gesundheits-minister Hermann Gröhe vor-gelegte Kabinettsentwurf zum
AMVSG hat die Charakteristik des Gesetzes deutlich offenbart: Weitere Ausgabenreduzierung und Kosten-dämpfung stehen im Vordergrund des Entwurfs. „Das AMVSG instituti-onalisiert folgenschwere Steuerungs-instrumente wie den Ausschluss von
Innovationen aus der Versorgung durch den Gemeinsamen Bundes-ausschuss (G-BA). Schlussendlich schränkt es so die Versorgung ein“, sagt Dr. Martin Zentgraf, Vorstands-vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Von einer Balance zwischen Finan-zierbarkeit und Innovationsfreund-lichkeit, wie sie Minister Gröhe in
GKV-ArzneimittelVersorGunGsstärKunGsGesetz
Wo geht´s zur Versorgungsstärkung?
der Aussprache zur ersten Lesung im Plenum des Deutschen Bundes-tages in den Mittelpunkt stellte, kann nicht die Rede sein. Allein die nochmalige Verlängerung des Preis-moratoriums bis Ende 2022 stellt faktisch die Institutionalisierung die-ses staatlichen Markteingriffs dar. Für den BPI steht fest, dass der Verband auch in Zukunft gegen
TiTelThema
NachgefragT forum Podium
Nachrichten und Hintergründe aus der pharmazeutischen Industrie
AuSGABE 1 | JAN 2017
G-BA unter der LupeIm Interview erklärt Prof. Dr. Boris Augurzky, warum die Stiftung Münch den G-BA begutachtet hat, welche Defizite man beim G-BA sieht und was die eingesetzte Exper-tenkommission nun für einen Auf-trag verfolgt.
Enger Austausch mit EuBei der Brüsseler BPI-Konferenz im Herbst 2016 tauschten sich Behörden vertreter und Experten der BPI- Ausschüsse mit der Politik aus. Als höchster Vertreter der Eu war Gesundheitskommissar Dr. Vytenis Andriukaitis zu Gast.
Politik-Agenda 2017Die Politik-Entscheider-Konferenz frag-te: Was gehört auf die Agenda vor und nach den Wahlen? Der BPI ant-wortete: Pharmapolitik muss sich jetzt und in Zukunft konsequent am Versorgungsbedarf der Menschen orientieren. SEItE 6 SEItE 8 SEItE 10
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Schreiben Sie uns
redaktion Pharmareportc/o Bundesverband der Pharmazeutischen industrie e. V. (BPi)friedrichstraße 14810117 Berlin
pharmareport@bpi.de
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Nachrichten 1 | JaN 2017
Anteil der Arzneimittel in der ambu-lanten Versorgung (steuer- und han-delsbereinigt) bei nur rund zehn Pro-zent der gesamten GKV-Ausgaben liegt. und auch wenn sich einige positive Aspekte, wie etwa die Berücksichti-gung der Resistenzsituation bei der Antibiotikabewertung oder die er-neute Nutzenbewertung vor Ablauf
der Jahresfrist auf Antrag der Her-steller im AMVSG-Entwurf finden lassen – das Gesetz bietet schluss-endlich keine tragfähigen Lösungen für die Sicherung der Versorgung. Zentgraf: „Die Probleme um die Ra-battvertragssystematik werden nicht entschlossen angegangen. Dem G-BA werden weiterreichende Hand-lungsbefugnisse, etwa bei Verord-nungseinschränkungen, eingeräumt. Zudem ist zu befürchten, dass das Arztinformationssystem durch ver-ordnungssteuernde Elemente in die therapiefreiheit der Ärzte eingreift. All das ist sicher nicht zugunsten der Patienten.“ Der BPI wird weiterhin vehement darauf hinweisen, dass es hier unbedingt der Korrektur bedarf.
SSch
VoN SEItE 1 | Wo GEHt´S ZuR VERSoRGuNGStÄRKuNG?
2 | Politik
Wir haben uns verändert, Inhalte, Aussehen wie auch
Gestaltung – gründlich sogar.
Aktualität haben Medien längst ans Internet verloren: Sie müs-sen heute mehr leisten. Das
gilt erst recht für ein Periodikum, weshalb wir den Pharmareport verän-dert haben. Auf zwölf Seiten finden Sie nun alle drei Monate Artikel, die die News-oberfläche verlassen und in die tiefe tauchen. Die Seite 3 bie-tet Platz für Nachdenktexte wie den Beitrag „Allein mit Altruismus über-lebt kein System“. Die Mittel seiten sind dem Interview vorbehalten, das wir mit Prof. Dr. Boris Augurzky (Stif-
tung Münch) zum G-BA geführt ha-ben. und die Rubrik Pro-Contra (S. 5) transportiert Meinungen, diesmal die von Martin Litsch (AoK-BV) und Stefan Grieving (Dermapharm). Wir wollen Sie mit dem neuen Pharma-report informieren, über die Industrie und den BPI. Darüber hinaus möch-ten wir aber mit Ihnen, liebe Leser, ins Gespräch kommen. Schreiben Sie uns, oder noch besser, treffen Sie uns. Zum Beispiel beim Parlamentari-schen Abend im März 2017 in Berlin.
Ihr Henning Fahrenkamp
Infos, Interviews und Inhalte
„Wir möchten mit Ihnen ins Gespräch
kommen.“
Henning Fahrenkamp,
BPI-Hauptgeschäftsführer
Milliarden Euro …… so hoch ist
der Überschuss, den die Kranken-
kassen bis Ende September 2016
ausgewiesen haben. Damit
hätten die Kassen ihren Überschuss
von 600 Millionen Euro aus dem
ersten Halb-jahr im dritten
Quartal mehr als verdoppelt.
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diese Zwangsmaßnahme Sturm lau-fen wird. Zentgraf: „Hier geht es um fundamentale Notwendigkeiten: Da lassen wir nicht locker.“ War die Idee und das Ziel des res-sortübergreifenden Pharmadialogs, Deutschland als exzellenten For-schungs- und Entwicklungsstandort sowie leistungsstarken Produktions-standort zu stärken und eine best-mögliche Arzneimittelversorgung zu sichern, fehlt dem Gesetz dazu ein klares Bekenntnis. Das Preismorato-
rium und seine Auswirkungen sind dafür nur ein Beispiel: Nicht thema des Pharmadialogs, aber doch Inhalt des Gesetzes, trifft der Preisanker be-reits heute alle unternehmen unan-gemessen hart. Allein von 2009 bis 2015 mussten die pharmazeutischen unternehmen kumuliert 8,5 Prozent allgemeine Preissteigerung ohne Kompensationsmöglichkeit tragen. und dies, obwohl die Finanzlage der Kassen mit Rücklagen von 25 Milliar-den Euro weiterhin stabil ist und der
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe argumentiert für den
Maßnahmenkatalog im GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz.
„All das ist sicher nicht zugunsten der
Patienten.“
Nachrichten 1 | JaN 2017 Politik | 3
Der deutsche Patient ist online und zufrieden – mit der Flut der
Gesundheitsinformationen aber überfordert.
In der Arzneimittelversorgung scheinen Werte und Wirtschaftlichkeit unüberwind-
bare Gegensätze zu sein. Dr. Norbert Gerbsch sieht eine Verbindung.
Internetdienste und Apps haben im-mer größere Auswirkungen darauf, wie Patienten ihre Krankheit be-
trachten und sich in der therapie ver-halten. Das zeigt der EPatient Survey 2016. Rund die Hälfte der Deutschen informiert sich danach online über Gesundheit – die meisten (72 Pro-zent) weil sie selbst oder Angehörige (13 Prozent) Betroffene sind. 43 Pro-zent nutzen Medikamenten-Checks oder Verträglichkeits-Checks für Me-dikamente, sechs Prozent haben eine App die speziell für eines oder meh-
Krankheit löst Empathie, Zu-wendung und Altruismus aus – zumindest sind dies oft
Impulse bei Erkrankung und Hilfsbe-dürftigkeit. „Doch kein System lässt sich auf reinen Altruismus bauen“, so Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BPI. „Ver-sorgung und Zuwendung brauchen nachhaltige Strukturen, organisato-risch wie finanziell. Ein Gesundheits-system, das seine Akteure – egal ob Ärzte und Pfleger, aber auch Herstel-ler von pharmazeutischen Produkten oder Medizinprodukten – nicht an-gemessen vergütet, seine Strukturen nicht erhalten kann oder sich nicht weiterentwickelt, scheitert.“Nur, was ist angemessen? Ist es ange-messen, für die medikamentöse the-rapie einer Krankheit, an der Men-schen chronisch erkrankt sind, und durch die deren Heilungschancen auf über 90 Prozent steigen, mehrere zehntausend Euro zu bezahlen? Die Krankenkassen behaupten, dass der Preis das System zusammenbrechen ließe. Das sei gesellschaftlich untrag-bar, ergo nicht angemessen. Für Prof. Dr. Hendrik Jürges von der Bergischen universität in Wuppertal sind dage-gen Kosten allein kein ausreichendes
rerer ihrer Medikamente entwickelt wurde. 76 Prozent der Befragten mit einer Medikamenten-App gaben an, dass ihnen der digitale Helfer sehr oder zumindest etwas genutzt habe. Sorge bereitet dem Studienautor Dr. Alexander Schachinger, dass die „Emanzipation des Patienten“ weit-gehend losgelöst vom gesetzlichen Gesundheitswesen stattfindet: Wäh-rend Wissenschaft und Politik ab-strakt über Evaluation und Gütesiegel debattieren, sammeln die Patien-ten praktische online-Kompetenz in
Argument gegen oder für ein Medi-kament. „Der zentrale Punkt ist die Effektivität“, so der Wissenschaftler in einem Interview. Wenn etwa die Anzahl der durch das Medikament gewonnenen Arbeitsjahre die Kos-
ten der therapie deckt, sei der Preis schon aus rein volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten angemessen.Doch die unternehmerisch erarbei-teten Werte, die Arzneimittel durch
Auf Cloud sieben?
Allein mit Altruismus überlebt kein System
„Nur wer Ertrag erwirtschaftet,
kann in Gesundheit investieren.“
Sachen Gesundheit. Auf der Cloud sieben liegt der „digitale“ Patient nicht, denn mit der Flut der Informa-tionen fühlt er sich allein gelassen: Nur 27 Prozent der Befragten wollen nämlich selbst nach sinnvollen An-geboten suchen. Sie wünschen sich stattdessen Empfehlungen. Diese sollen vom Arzt (51 Prozent) oderr der Krankenversicherung (34 Pro-zent) kommen. Zehn Prozent der Befragten wünschen sich Hersteller als Informationsquelle.
AR
ihre Wirkung für Patient und Gesell-schaft stiften, finden – besonders im Bereich der Generika – keinen aus-reichenden finanziellen Gegenwert mehr. Gerbsch: „Der Staat reguliert den Arzneimittelsektor immer stärker. Das schwächt die Investitions- und In-novationsfähigkeit der Industrie. Wer aber die Arzneimittel von morgen finanzieren will, benötigt dafür die Erträge und Gewinne von heute.“ Erfolg im „wirtschaftlichen Werte-system“ schlussfolgert Gerbsch, ist damit nicht nur kein Widerspruch zum „mensch lichen Wertesystem“, sondern eine Voraussetzung, damit letzteres im Gesundheitswesen nach-haltig wirken kann. JR
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Besonders im Bereich der Generika wird
am Gegenwert für ein Arzneimittel immer mehr gespart.
Nachrichten 1 | JaN 2017
Wer diesen Sommer in Berlin blieb, der durfte –
wie jedes Jahr – die diversen Kassen-Reports genießen.
Die Barmer GEK prognostizierte ein Einsparpotenzial in Millio-nenhöhe durch den Einsatz
von Biosimilars. Der DKV-Report kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass wir zu viel sitzen. Die tK stellte fest, dass Familie eine Gesundheitsres-source ist, und die BKK feierte sich mit der 40. Ausgabe ihres Reports selber („Die längste Schriftenreihe in der Gesundheitsberichterstattung“). und dann war da noch der Arznei-verordnungsreport, mit dem die AoK wie immer das vermeintliche Sparpotenzial der Medikamenten-Verordnung proklamiert. Wie jedes Jahr lohnt es sich, mit Argusaugen auf die Daten zu schauen. Wir haben die Hauptstadtpresse vor Erscheinen des Reports auf die „Denkfehler“ der Autoren hingewiesen: So werden zum Beispiel Innovationen, die den Markt gar nicht erreichen oder zu-rücktreten müssen, nicht als negative
Patienten, Preise, Präferenzen
4 | Forum
Industrie hier bereits gute Projekte in der Pipeline hat, zeigte sich beim BPI-Pressefrühstück Anfang Novem-ber 2016. Die Journalisten nutzten die Runde auch, um zu erfahren was wir vom geplanten Arztinformations-system (AIS) halten. Antwort: Ein Informationssystem darf nicht der Verordnungskontrolle der Kranken-kassen dienen.Apropos Patient. Der stand auf eigentlich jeder Berliner Veranstal-tung im Fokus. Wir haben beim 8. BPI-Versorgungsdialog Gesund-heitsakteure gefragt, ob das nur ein Hype oder gelebter Praxisalltag ist. Das Ergebnis war einerseits ernüch-ternd, ist echte Patientenorientierung doch noch keine Selbstverständlich-keit. Andererseits ist das ehrliche Ergebnis auch wichtig, um politische Kursänderungen vorzunehmen. Das Wahljahr liegt vor uns …
Aum/JR
Einsparungen gewertet. Stattdessen zählt man nationale und interna-tionale Einsparpotenziale doppelt. Manche Äußerungen werden eben nicht richtiger, wenn man sie jährlich wiederholt. Das Wort des Sommers war übrigens „Chatbots“. In der Start-up-Haupt-stadt waren die mobilen Messengers das Gesprächsthema. Bei der Micro-soft-Konferenz „Explained“ prokla-mierte man das Aus von Apps und lobpreiste Bots, als das next Bezie-hungslevel zwischen Mensch und Maschine. Noch erinnert eine unter-haltung mit einem Chatbot allerdings eher an ein Gespräch mit einem Kleinkind. Für die Gesundheitsver-sorgung ist so ein Sprachroboter also (noch) kein hilfreiches tool. Apps und Webdienste allerdings schon. Patienten nutzen diese und erwarten von den Gesundheitsakteuren auch entsprechende Angebote. Dass die
„Digitale“ Patienten gelten in der Praxis eher als schwierige Mitmenschen.
Es wird höchste Zeit, nicht nur dieses Vorurteil zu entrümpeln.
Patienten erwarten die Digitalisie-rung“, brachte es Birgit Bauer beim 28. BPI- unternehmertag
im vergangenen November in Berlin auf den Punkt. tatsächlich aber, so die Patienten-Bloggerin, sind infor-mierte und „digitale“ Patienten in der Praxis eher unangenehme Zeitgenos-sen. Auch ein „digitaler“ Mediziner werde von den Standesgenossen noch argwöhnisch beäugt, bestätig-te Dr. Johannes Wimmer, Head of Digital Patient Communcation am uni klinikum Hamburg-Eppendorf: „Der Digitalisierung stehen noch immer alte Strukturen und gelebte Kul turen im Weg.“ Für DAK-Chef Prof. Dr. Herbert Rebscher müssen Strukturen und Verfahren entrüm-pelt werden, um in der digitalen Welt voranzukommen. Für ihn fängt die Aufräumaktion beim Gesetzgeber und dessen Datenschutzregeln an: „Bei uns laufen die Versichertenda-
ten zusammen. Doch selbst wenn wir sehen, dass es einem Patienten trotz Reha, Medikamenten und Physiothe-rapie immer schlechter geht, dürfen wir aus Datenschutzgründen nicht nachfragen und noch nicht einmal warnen. Kassen könnten viel für eine verbesserte Versorgung tun.“
BPI-Vorstandsvorsitzender Dr. Martin Zentgraf würde den sprichwörtlichen Besen beim umgang mit Medikamen-teninformationen schwingen. Denn einerseits seien Gebrauchsinformatio-nen klar reguliert und reglementiert, andererseits weit entfernt von dem, was Patienten wollen und verstehen.
Fortschritt beginnt mit Entrümpelung
„Dann sucht der Patient im Netz und findet wenig fundierte oder sogar gefährliche Informationen“, so Zent-graf. „Wir wollen das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht stören, aber informie-ren und unser Wissen auch digital bereitstellen. Das gilt besonders für ein Arztinformationssystem (AIS), das gemeinsam im Sinne der Patienten-orientierung gestaltet werden muss.“ Hier sah Michael Hennrich, Arzneimit-telexperte der CDu/CSu-Fraktion, die Politik in der Pflicht. Ziel müsse sein, Arzneimittelinformationen im Kon-text besser abzubilden. Er gestand ein, das thema Digitalisierung viel zu lange der Selbstverwaltung über-lassen zu haben. „Seitdem die Politik das Ruder mit dem E-Health-Gesetz übernommen hat, gibt es aber ei-nen sichtbaren Paradigmenwechsel.“ Mittlerweile würden sogar Kassen eine elektronische Patientenakte an-bieten. Aum/JR
„Das AIS muss im Sinne der
Patientenorientierung gestaltet werden.“
Kinderlähmung istkein thema mehr
Kinderlähmung
war noch in den
1950er Jahren
ein gefährliches
gesundheitsrisiko.
als zu Beginn der
1960er Jahre eine
impfung zur Verfügung
stand, sank die Zahl
der erkrankungen
drastisch von rund
5.000 fällen im Jahr
1961 auf 61 fälle im
Jahr 1966. im Jahr
1985 wurden nur noch
fünf Polio-fälle in
deutschland registriert.
heute ist die Kinder-
lähmung hierzulande
faktisch ausgerottet.
Nachrichten 1 | JaN 2017 Forum | 5
BPi-inFotAG
Die Verlängerung des Preismoratoriums bis zum Jahr 2022 ist für Martin Litsch (AoK)
nötig, für Stefan Grieving (Dermapharm) unerträglich. Ein Schlagabtausch …
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzen-der des AoK-Bundesverbandes: Die Arzneimittelausgaben der gesetz-lichen Krankenversicherung haben 2015 das neue Rekordniveau von 36,9 Milliarden Euro erreicht. Die Kosten sind also in nur zwei Jahren um 4,8 Milliarden Euro gestiegen. Damit sie nicht völlig aus dem Ru-der laufen, ist die Verlängerung des Preismoratoriums für Arzneimittel im Bestandsmarkt absolut notwen-dig. Die Solidargemeinschaft kann es sich nicht leisten, dass alles nur teurer, aber nichts besser wird. Dar-über hinaus sollte der Gesetzgeber auf den gleichzeitig vorgesehenen Inflationsausgleich ab dem Jahr 2018 verzichten. Beides zusammen würde die Beitragsstabilität sichern.
Stefan Grieving, Vorstand Marke-ting und Vertrieb, Dermapharm AG: Bereits zu Beginn des Preisstopps fehlte die finanzielle Notlage der Kassen. Die aktuellen GKV-Über-schüsse (25 Mrd. Euro) bestätigen dies abermals. Ein Pharmadialog mit politischem Bekenntnis zum Phar-mastandort friert Preise bis Ende 2022 weiter ein – das ist unerträglich. unternehmen mit Schwerpunkt der Produktion in Deutschland können die Lasten nicht dauerhaft tragen. Es hemmt deren patientenorientierte Weiterentwicklung bekannter (siche-rer und kostengünstiger) Wirk stoffe. Der Inflationsausgleich wäre ein Ausstieg aus dem Moratorium, aber für die unternehmen völlig unzu-reichend.
Braucht es ein Preismoratorium?
PRo CoNtRA
„Das Preismoratorium dient dazu, dem
langjährigen trend steigender
Arzneimittelausgaben der Krankenkassen
zu begegnen und die finanzielle Stabilität der GKV sicherzustellen.“
Pressemeldung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG)
Quo vadis Kassen?
Die unterschiede in der „Dezentrale Arzneimittelsteuerung 2.0“ zeigten sich beim BPI-Infotag im Herbst: KBV, KVen, MDK Nord und QuintilesIMS präsentierten verschiedenste Konzep-te. Einige sehen Hinweise im Verord-nungsalltag sowie Rückmeldungen mit Hilfe von Farbskalen vor. Schon jetzt steht für die KVen fest, dass das geplante Arzt informationssystem (AIS) die regionale Arzneimittelsteu-erung nicht ablösen wird. Begrün-dung: Das AIS ersetze nicht die regio-nale Prüfung der Wirtschaftlichkeit. KG
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Pharma wirkt aktiv mit
Der Ausschuss für industrielle Ge-sundheitswirtschaft (iGW) im Bundes-verband der Deutschen Industrie (BDI) traf sich im vergangenen November in Berlin, um über sein Strategie-Pro-gramm und die Wahlprüfsteine für die anstehende Bundestagswahl zu diskutieren. Die Sicht der Pharma- unternehmen wird immer wieder über die Beteiligung des Bundesver-bandes der Pharmazeutischen In-dustrie (BPI) an den unterschiedlichen Aktivitäten des Ausschusses (Arbeits-gruppen, Sherpa-Kreise, Positions-papiere) eingebracht. PS
thema: CRISPR-Cas
Die technik der Genomchirurgie, CRISPR-Cas, mit der schnell, einfach, gezielt und kostengünstig Gene in lebenden organismen verändert werden können, war thema bei der November-Sitzung des Biotech-nologie-Beirates im Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in Frankfurt/Main. Der Bundesverband der Pharmazeu-tischen Industrie (BPI) hat bei der Dis-kussion als Mitglied des Gremiums die medizinisch-pharmazeu tische Perspektive – entnommen aus dem im Frühjahr 2016 publizierten BPI-Po-sitionspapier – vertreten. PS
iGW-Ausschuss BiotechnoloGie-BeirAt
Nachrichten 1 | JaN 20176 | nachgefragt
Wohin diese führen soll, welche Aufgabe hier ein think tank übernimmt
und was der G-BA dazu sagt – darüber hat Pharmareport mit Prof. Dr. Boris Augurzky gesprochen.
Was hat die Stiftung münch dazu veranlasst, den g-Ba kritisch zu hinterfragen?Prof. Dr. Boris Augurzky: Der Stif-tung Münch geht es darum, das Gesundheitswesen zukunftsfähig zu machen. Die gewaltigen Effizienz-steigerungen, die nötig sein werden, um eine anstehende Rationierung von Leistungen zu vermeiden, wer-den nicht allein über herkömmliche Betriebsoptimierungen zu schaffen sein. Dies wird nur über eine höhe-re Systemeffizienz gelingen. Dazu gehört die Möglichkeit, der Bevöl-
kerung den Zugang zu innovativen techniken und Produkten zu ermög-lichen. Damit kommt der G-BA ins Spiel. Nachdem wir bei einem Round-table-Gespräch der Stiftung den Ein-druck gewonnen haben, dass hier eine Barriere sein könnte, haben wir die Studie beim DICE Consult beauf-tragt, um zu untersuchen, inwieweit der G-BA in seiner bestehenden Form gemeinwohlorientiert und innovati-onsoffen ist.
Worin sehen Sie den grund-legenden Konstruktionsfehler im g-Ba?Erstens können durch die Art der Besetzung des G-BA die nicht vertre-tenen Interessensgruppen grundsätz-lich benachteiligt werden. Zweitens ist die Art der Entscheidungsfindung problematisch. Durch das Mehr-heitsprinzip kann es zu sachfremden, aber für einzelne Gruppen sinnvollen Konstellationen kommen. Drittens gibt es nicht in dem Maße Gover-nance-Regelungen, wie sie z.B. in der Wirtschaft üblich sind. Das kann die Einflussnahme auf die Mitglieder etwa durch externe Interessensver-treter ermöglichen. Schließlich liegt ein weiteres Problem darin, dass Ge-sundheitsleistungen ein „Vertrauens-gut“ sind. Wenn Leistungserbringer mit einem wirtschaftlichen Interesse an der Bereitstellung des Vertrauens-
„Konkrete Vorschläge, wie der G-BA besser werden kann, wird die
Reformkommission erarbeiten.“
guts gleichzeitig auch Einfluss auf die Regulierung des Vertrauensgut-markts nehmen, können daraus In-teressenkonflikte entstehen.Der zweite themenkomplex ist die Innovationsoffenheit des G-BA. Auch hier ist die Besetzung des G-BA pro-blematisch, weil etwa potenzielle Verlierer von Innovationen selbst teil der Regulierungsbehörde sind und damit Innovationen ausbremsen kön-nen. Außerdem ist für viele Innova-tionen die reine Fokussierung auf den Evidenznachweis problematisch. Meist ist ein Pilotprojekt erforderlich, um die erforderliche Datenmenge für den Evidenznachweis zu erreichen. Dies ist bei manchen Innovationen nicht ohne weiteres leistbar. Eine Al-ternative wäre zumindest eine „Aus-probierphase“ in Form eines tem-porären oder regional beschränkten Marktzutritts.
Was hat das für folgen?Das hat erstens zur Folge, dass bei den Entscheidungen nicht immer die Gemeinwohlorientierung im Vor-dergrund stehen könnte. Zweitens haben es Innovationen und insbeson-dere Sprunginnovationen schwer, in den Markt zu gelangen.
Würden Sie so weit gehen, dem g-Ba die demokratische legitimation bei der ausgestal-
Strukturkonservativ, mögliche Interessenkonflikte: Das sind die
Ergebnisse einer Studie über die Funktionsweise des G-BA. Die
Stiftung Münch hat diese Bestandsaufnahme in Auftrag gegeben
und will damit eine Reformdiskussion anstoßen.
Bremst der G-BA Innovationen aus?
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zing
er
zur PersonProf. dr. Boris augurzky
(44) ist seit 2014
Wissenschaftlicher
geschäftsführer der
Stiftung münch. der
promovierte Volks-
wirt arbeitete als
Berater bei der Boston
consulting group und
wechselte 2003 an das
rheinisch-Westfälische
institut für Wirtschafts-
forschung (rWi), wo er
den Bereich gesund-
heit aufbaute. er ist
autor mehrerer Bücher,
Buchbeiträge und
fachartikel, insbeson-
dere des Krankenhaus
rating reports.
Nachrichten 1 | JaN 2017
zogen zu werden?Bei der Auswahl der Experten, die hinzugezogen werden sollen, achtet das Kernteam darauf, dass sie für das thema qualifiziert und nicht durch Interessensgruppen beeinflusst sind.
Wie sieht der Zeitplan der er-arbeitung aus und mit welchen Themenschwerpunkten befasst sich die expertengruppe?Die themenschwerpunkte für die Kommission ergeben sich aus der Studie. In puncto Gemeinwohlorien-tierung, also Repräsentativität, Art der Entscheidungsfindung, Gover-nance und Vertrauensgutproblematik. Bezüglich Innovationsoffenheit wird ein Punkt die Fokussierung auf die Evidenzbasierung sein.
gibt es schon erste ergebnisse?Die Reformkommission hat ihre Arbeit aufgenommen. Die Ergebnisse werden am Ende gesammelt veröffentlicht.
Sie hatten den g-Ba eingeladen, an reformüberlegungen mitzu-arbeiten, hatten aber zunächst keine antwort erhalten. Welche reaktion gab es seit der Studien-präsentation auf ihre einladung seitens des g-Ba?Die Stiftung und die Reformkommissi-on sind an einer konstruktiven Zusam-menarbeit mit dem G-BA im besten Sinne des Patientenwohls interessiert. Inzwischen sind wir im Austausch.
JR
eine Reformkommission ins Leben gerufen. Zum Kernteam gehören die Professoren Dr. Justus Haucap, Dr. Ferdinand Wollenschläger und Dr. Stephan Hartmann. Damit haben wir einen renommierten Ökonomen und einen juristischen Experten. Prof. Dr. Hartmann ist mathematischer Philosoph und einer der führenden Wissenschaftler in der formalen
Erkenntnistheorie und der Wissen-schaftstheorie. Sie legen gemeinsam fest, welche zusätzlichen Experten für welches thema eingebunden werden. Im Vorfeld des ersten tref-fens haben viele verschiedene Grup-pen und Personen, die sich mit dem G-BA und dessen Entscheidungsfin-dung auseinandersetzen, uns ihre Arbeiten, Positionen und Veröffentli-chungen geschickt und ihre Zusam-menarbeit angeboten. An der großen Resonanz sehen wir, dass das thema sehr aktuell ist und ein großer Hand-lungsdruck von vielen Seiten besteht.
Welche „Kriterien“ muss ein experte erfüllen, um hinzuge-
„… legen einige unterlagen […] nahe, dass mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken die gleich-
mäßige Versorgung mit Arzneimitteln dadurch fördern würde, dass Anreize zur Niederlassung in Gegenden gesetzt würden, in denen wegen der geringen Zahl an Apotheken höhere Preise ver-
langt werden könnten.“
nachgefragt | 7
Pharma|report: Konkurrenz belebt das Geschäft. Dies darf aber bei Apo-theken nicht dazu führen, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis bei verschreibungspflichtigen Arznei-mitteln für alle Patienten gefährdet wird. Arzneimittel sind Waren beson-derer Art. Wenn in diesem sensiblen Bereich nur das Gesetz von Angebot und Nachfrage herrscht, könnten Pa-tienten das Nachsehen haben. Man stelle sich zum Beispiel vor, dass bei Verknappung derjenige das Medika-ment bekommt, der bereit und in der Lage ist, einen höheren Preis zu zah-len. Damit wäre eine flächendecken-de Versorgung nicht mehr gesichert.
Aum/Mq
urteilsbegründung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Aufhebung des RX-Versandverbots
„Entscheidungen des G-BA müssten sich künftig stärker am Gemeinwohl
orientieren.“
tung der leistungsansprüche der Versicherten abzusprechen?Das haben wir in der Studie nicht geprüft. Diese Beurteilung liegt nicht bei uns.
Welche genauen Vorgaben und welche Kontrollen muss ihrer ansicht nach der gesetzgeber selbst durchführen?Wir haben in der Studie lediglich eine Bestandsaufnahme durchführen las-sen. Konkrete Vorschläge, wie der G-BA besser werden kann, wird die Reformkommission erarbeiten.
Wie sehen die lösungen aus, damit das Konstrukt langfristig juristisch tragbar sein kann: mit welchen rechten und Pflich-ten müsste der g-Ba zukünftig ausgestattet sein, nach welchem eindeutigen maßstab müssten die entscheidungen für die Ver-sorgung getroffen werden, und wie sollte das gremium arbeiten?Auch mit dieser Frage wird sich die Reformkommission beschäftigen.
Welche experten werden zu den Beratungen der expertenkommis-sion hinzugezogen?Wir haben im ersten Schritt in der Studie festgestellt, dass die Ent-scheidungen des G-BA in puncto Gemeinwohlorientierung und In-novationsoffenheit problematisch sein können. Wir wollen aber nicht Probleme aufzeigen, ohne Lösun-gen anzubieten. Deshalb haben wir
Risiken & Nebenwirkungen
Millionen … … Patienten wurden laut Welt-gesundheitsorga-nisation (WHo) seit der Einfüh-rung der neuen Arzneimittel gegen Hepatitis C bereits geheilt.
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Nachrichten 1 | JaN 2017
Der gute Draht des Brüsseler BPI-Büros in die Eu-Politik hat sich bewährt: Bei
der Herbst-Konferenz sprach der Gesundheitskommissar Dr. Vytenis Andriukaitis.
Für die pharmazeutischen unter-nehmen wird es immer aufwändi-ger, Innovationen zu entwickeln,
diese auf den Markt zu bringen und die daraus resultierenden Zulassun-gen aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund richtete der BPI bei der „Con-ference on Regulatory Requirements in the Eu Context“ seinen Appell an Politik und Verwaltung: „Simplificati-on instead of complication“. Der Ruf nach Entbürokratisierung der regula-torischen Anforderungen stieß beim ranghöchsten Eu-Gesundheitspoliti-ker auf offene ohren. Der aus Litauen stammende Eu-Kommissar Dr. Vyte-
nis Andriukaitis, seit gut zwei Jahren in Europa zuständig für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, lud den BPI ausdrücklich dazu ein, sich auch im persönlichen Gespräch mit ihm in die Entwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die phar-mazeutische Industrie einzubringen. Die gemeinsamen Ziele von Politik, Verwaltung und pharmazeutischen unternehmen können am besten durch einen offen geführten, konst-ruktiven Dialog erreicht werden – da waren sich alle Diskutanten, darunter
der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Eu-Parlament Dr. Peter Liese, der Vizepräsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) Prof. Dr. Stefan Vieths und der BPI-Vorstands-vorsitzender Dr. Martin Zentgraf einig. Dieser Dialog habe in vielen Bereichen bereits begonnen, etwa in Bezug auf die Bewertung des
BPI Brüssel empfängt Eu-Kommissar
„Simplification instead of complication.“
Gesundheitskommissar Dr. Vytenis Andriukaitis zu Gast beim BPI.
Zusatz nutzens: „Hier kann Europa einen echten Mehrwert leisten“, so Zentgraf. Ein Anliegen des BPI sei es, bei allen Überlegungen das Hauptaugenmerk auf die Innova-tionskraft der überwiegend mittel-ständisch geführten pharmazeu-tischen unternehmen zu legen.
Bt, LB
8 | Forum
Kennzeichen für Arzneimittel-InfosDie „Blaue Hand“ markiert behörd-lich beauflagtes und genehmigtes Schulungsmaterial zur Risikominimie-rung von Arzneimitteln und signa-lisiert Medizinern, Apothekern und Patienten, dass es sich um behördli-che unterlagen handelt. Darauf ver-ständigten sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die Verbände BPI, BAH und vfa.
BlAue hAnd
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KomPaKT
Fortsetzung folgt Der Pharma-Dialog wird fortge-setzt. Bei einem Gespräch im Bun-desgesundheitsministerium wurden themen festgelegt, die bearbeitet werden sollen: „Antibiotika – For-schung, Entwicklung, Versorgung“, „Globalisierung und Arzneimittel-versorgung“, „Digitalisierung“ sowie „Bürokratieabbau“. Der BPI betonte die Relevanz des ressortübergreifen-den Charakters des Dialogs. MW
BMWi spricht über StandortSeit knapp zwei Jahren führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Chemie-Dialog. Jetzt lud das Ministerium auch Pharmaverbände zum Gespräch ein. Diskutiert werden die Berück-sichtigung des Innovationsprinzips in der Gesetzesfolgeabschätzung, Mittelstandsförderung, Wagniska-pital und der Produktionsstandort Deutschland. PS
PhArmA-diAloG chemie-diAloG
neue Mitglieder konnte der BPI
im vergangenen Jahr im Verband
begrüßen.
21
Nachrichten 1 | JaN 2017
Es gab aber auch ernste töne an dem so geselligen Abend. So berichtete Liese über den erfolgreich einge-schlagenen Weg, um Arzneimittelfäl-schungen zu bekämpfen, und mahn-te größere Anstrengungen auf dem Gebiet der Antibiotikaforschung an. Auch Gastgeber Dr. Martin Zentgraf nutzte in seiner kurzen Ansprache die Gelegenheit, um auf den im Eu-Parlament diskutierten Initiativ-bericht zum Zugang zu Arzneimitteln einzugehen. Der BPI-Vorstandsvor-sitzende forderte eine sachliche Diskussion, die sich nicht nur auf den Preisaspekt beschränkt.
Zum traditionell im oktober stattfindenden Parlamentarischen Abend in Brüssel
hatte Gesundheitspolitiker Dr. Peter Liese ein besonderes Gastgeschenk mitgebracht.
Der BPI lud bereits zum neun-ten Mal nach Brüssel zum Parlamentarischen Abend ein.
Beschwingt von der Keynote des Eh-rengastes Dr. Peter Liese genossen die 160 Gäste aus Politik, Verwaltung und Industrie den Abend im Con-cert Noble. Liese hatte zu Beginn der Festlichkeit aus seiner besonderen Wertschätzung für den Verband kein Geheimnis gemacht. „Mein Lieb-lingsverband“, nannte der Arzt und gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Eu-Parlament den BPI und lobte die gute Zusammenar-beit mit dem Brüsseler Büro.
Liese lobt BPI-Verbandsarbeit
Der guten Stimmung im Concert Noble konnte dies aber keinen Abbruch tun. Vielmehr nutzten die Gäste die angesprochenen themen an diesem Abend für angeregte Gespräche. LB/KR
Dr. ulrich Grau, Daniel Caspary (MdEP)
und Dr. Katharina Caspary (v. l. n. r.)
Forum | 9
Audits bei Zulieferern für Excipients und Key Starting Materials
Wann? 14.03.2017 | 10:00–17:00 Wo? BPI e. V.Friedrichstraße 148, 10117 Berlinwww.coll-pharm.de
Anmeldungen: Janine Pudacktelefon: +49 30 279 09-148E-Mail: collpharm@bpi-service.de
186 tage bis zur Wahl – Antworten der Parteien
Wann? 22.03.2017 | 18:30–23:00 Wo? Axica Pariser Platz 3, 10117 Berlinwww.bpi.de
Anmeldungen: unter dem Stichwort „BPI-Parlamentarischer Abend 2017“ E-Mail: veranstaltungen@bpi.de
GDP – umsetzung, Implementierung & Überwachung
Wann? 26.04.2017 | 10:00–17:00 Wo? BPI e. V.Friedrichstraße 148, 10117 Berlinwww.coll-pharm.de
Anmeldungen: Janine Pudacktelefon: +49 30 279 09-148E-Mail: collpharm@bpi-service.de
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Dr. Peter Liese, Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP)Gute Gespräche im Concert Nobles.
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Weitere Infos zuterminen
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Nachrichten 1 | JaN 2017
starken Nutzen für das Gemeinwohl. So votierten diese Zentgrafs Ausfüh-rungen in die obere Hälfte aller For-derungen für die gesundheitspoliti-sche Agenda. In der anschließenden Diskussion zeigten sich die Vertreter der Politik faktisch jedoch wenig be-reit, sich des themas anzunehmen. Entsprechend niedrig fiel das Ergeb-nis der zweiten Abstimmung über die Durchsetzungswahrscheinlich-
keit aus. Am Ende machte Christian Schneider das Rennen. Seine Forde-rungen nach mehr Investitionen ge-gen Kinderarmut bekam am meisten Stimmen. Am wenigsten Zustim-mung fanden übrigens die Forderun-gen der Ärzte. Montgomery lehnte eine Bürgerversicherung ab. Nur eine private Krankenversicherung, so der Bundesärztekammer-Chef, könne In-novationen garantieren. AR
Vertreter aus Politik, Verbänden und Wissenschaft stellen jedes Jahr auf der Agenda-
Konferenz ihre politischen Forderungen vor. Auch der BPI stieg in den Ring .
Über 20 top-Vertreter aus Politik, darunter Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bun-
deskanzleramts-Chef Peter Altmaiers, sowie Interessengruppen stellten vor Beginn des Wahlkampfjahres ihre Vorschläge für die politische Agenda 2017 vor. Dafür hatten die Redner sage und schreibe fünf Minuten Zeit. Nur wenige Minuten, um sich dann
dem Votum von Vertretern von Regie-rung, opposition und Wissenschaft zu unterwerfen. Per tED stimmen die nämlich ab, wie sehr die jeweilige Position dem Gemeinwohl dient, und wie realistisch die Durchsetzung dieser Forderung ist.Für die Pharmaindustrie stieg BPI-Vorstandsvorsitzender Dr. Martin Zentgraf in den Ring. Seine Gegner: Bundesärztekammer-Präsident Prof.
Dr. Frank ulrich Montgomery, Dr. Achim Dercks, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Han-delskammertages (DIHK), ABDA-Prä-sident Friedemann Schmidt und Christian Schneider, Geschäftsführer von unicef. Zentgrafs Forderungen, Gesundheitspolitik nicht unter rei-nen Kostenaspekten zu betreiben, sondern dafür Sorge zu tragen, die Versorgung für die Patienten zu si-chern, attestierte das Publikum einen
Forderungen im Fünf-Minuten-takt
„Die Menschen zählen darauf, dass Arzneimittel-Innovationen „made in Germany“
auch in „Germany“ ankommen.“
10 Prozent Kostenanteil für die ambulante Arzneimittelversorgung
Dr. Martin Zentgraf positionierte
die Forderungen der Industrie.
10 | Podium
Der Ausgabenanteil für Arzneimittel an den Gesamtausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen lag wie schon im Vorjahr
bei rund zehn Prozent. Insgesamt gaben die GKVen fast 214 Milliarden Euro für die Versorgung ihrer Versicherten aus, so das Ergebnis der
„BPI-Pharma-Daten“. Quelle: BPI e. V. / Eigene Darstellung BPI basierend auf KJ1 2016 für das Jahr 2015; Arzneiverordnungsreport 2016.
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aktuellen ausgabe der
„BPi-Pharma- daten“
entnommen. das
Branchen-Standard-
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dem Qr-code abrufen.
Nachrichten 1 | JaN 2017
Gute Nachrichten vom Wiesbadener Gesundheitsforum: Hessens Gesundheits-
minister Stefan Grüttner will Fehlentwicklungen im AMVSG verhindern.
Zum zweiten Mal haben der BPI, sein Landesverband Hessen und der vfa das „Wiesbadener
Gesundheitsforum“ am Vorabend der Eröffnung der Hessischen Ge-sundheitstage ausgerichtet. Über das thema „Preis und Wert von Arzneimitteln“ kamen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gewerk-schaften ins Gespräch. Wie dieses Spannungsfeld aufzulösen sei, dar-über gingen die Meinungen freilich auseinander. „Forschung an neuen Arzneimitteln ist finanziell hoch ris-kant. Insofern hängt ihr Wert auch
von wirtschaftlichen Zwängen ab“, so der BPI-Vorstandsvorsitzende Dr. Martin Zentgraf. Ein wertvolles Gut also. Zentgraf wies auf widrige poli-tische Rahmenbedingungen hin, die gerade standortorientierten mittel-ständischen unternehmen zusetzen: „Das bremst den Elan, Forschung in Deutschland überhaupt zu beginnen und schadet dem Pharma-Stand-ort.“ Welche großen Werte die Pharmaindustrie schafft, verdeutlich-te vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer am medizinischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte: „Die Fünf-
Vernetzt, verzahnt, verbunden
Jahres-Überlebensrate bei Krebspa-tienten liegt heute bei zwei Drittel – dank Arzneimitteln.“Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner verdeutlichte, dass er der richtige Ansprechpartner für die In-dustrie ist. Er setze darauf, die Rah-menbedingungen so zu verändern, dass sie politischen Erfordernissen und den Industrieinteressen gerecht werden. Hessen spielt hier eine Vor-reiterrolle, auch weil die mit der von Wissenschaft, Gewerkschaft, In-dustrie und Landesregierung getra-genen Initiative Gesundheitsindustrie
Hessen (IGH) und dem House of Pharma an der universität Frankfurt pragmatische Lösungen vorberei-te und in den Bundesrat einbringe. „Gerade bei dem diskutierten Arznei-mittel-Versorgungsstärkungsgesetz gilt es, einige Fehlentwicklungen zu verhindern und das gemeinsame Mit-einander zu stärken.“ AB / Aum
Podium | 11
Datenerhebungen scheinen Dinge in ordnung zu bringen. Aber sind nackte
Analysezahlen der richtige Maßstab, um zu erfassen, was nutzt?
Gibt es ein wissenschaftliches Verfahren, mit dessen Hilfe alle denkbaren therapiealter-
nativen in einem Indikationsgebiet über alle relevanten Endpunkte hin-weg verglichen werden können? Darüber machten sich Wissenschaft-ler und unternehmer beim Works-hop „Patientenpräferenzen, Nutzen-bewertung und Effizienzgrenzen“ Gedanken. Der BPI hat im Rahmen des Frankfurter Expertentreffens „House of Pharma“ eingeladen, um über den neuesten Stand der For-schung und deren Bedeutung für die Industrie zu informieren und dis-kutieren.
Für Prof. Dr. Axel C. Mühlbacher von der Hochschule Neubrandenburg ha-ben die bisherigen Entscheidungen über den Nutzen von therapien dort ihre Grenze erreicht, wo es um die Gewichtung der patientenrelevanten Endpunkte untereinander geht. Des-halb schlägt der Gesundheitsökonom die Einbeziehung von Patientenpräfe-renzen in die Entscheidungsfindungs-prozesse vor: „um über den Nutzen eines Medikaments urteilen zu kön-nen, müssen wir wissen, was dem Patienten bei seiner therapie wich-tig ist. Patientenpräferenzen können in das Effizienzgrenzenmodell des IQWiG integriert werden und somit
Das Maß der Dinge?
wichtige Informationen zur Entschei-dungsfindung liefern.“Für Johannes Kandlbinder, Director Market Access & Reimbursement bei Gilead Sciences, war es span-nend, diese methodischen Aspekte in den deutschen Versorgungsalltag zu übertragen und einen Praxistest durchzuführen. „Wir haben gezeigt, dass die Anwendung des Effizienz-grenzenmodells unter Einbeziehung von Patientenpräferenzen möglich ist. Am Ende stehen zusätzliche In-formationen zur Verfügung, die Ent-scheidungen bei der Bewertung von therapiealternativen auf eine breitere Wissensbasis stellen können.“ VA
„Wert hängt auch von wirtschaftlichen
Zwängen ab.“
Hessens Gesundheitsminister rief beim Gesundheitsforum zu einer Kultur des Miteinanders auf.
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Datenschutzist out
datenschutz ist nur
was für gesunde! eine
provokante These, die
aber verdeutlicht: Wir
stehen am anfang einer
revolution, die neue
Behandlungskonzepte
ermöglicht und die
rolle des Patienten
verändert. Wer wissen
möchte wo genau die
reise hingeht, welche
chancen und risiken
die digitalisierung mit
sich bringt und welche
rolle der datenschutz
spielt, findet hier ant-
worten.
aPP vom arzt:
Bessere gesundheit
durch digitale medizin
Jens Spahn, markus
müschenich,
Jörg f. debatin
Verlag herder
16,99 eur
iSBN: 978-3-451-37508-8
Nachrichten 1 | JaN 201712 | leute
Schreiben Sie uns
redaktion Pharmareport
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industrie e. V. (BPi)friedrichstraße 148
10117 Berlin
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der Bundesverband der Pharmazeutischen
industrie e. V. (BPi) vertritt als einziger Verband
das breite Spektrum der pharmazeutischen
industrie auf nationaler und internationaler
ebene. Über 240 unternehmen mit
zirka 73.000 mitarbeitern haben sich im
BPi zusammengeschlossen.
aus gründen der besseren lesbarkeit wird
auf die gleichzeitige Verwendung männlicher
und weiblicher Sprachformen im fließtext
des Pharmareport verzichtet.
Sämtliche Personenbezeich-
nungen gelten gleichwohl
für beiderlei geschlecht.
mehr unter: www.bpi.de
zur Persondr. fabian Schmidt (43)
ist Kinderarzt. Nach
seinem Studium in
marburg war er viele
Jahre am universitäts-
klinikum heidelberg
tätig. Seit nunmehr
zehn Jahren in der
industrie tätig, ist
er seit drei Jahren
Senior director,
medical affairs, bei
alexion Pharma.
haben Sie den berühmten richtigen riecher?Dr. Fabian Schmidt: Instinkt hat in meinem Job Grenzen. Als Medical Affairs Director in einem unter-nehmen, das sich auf Patienten mit seltenen Krankheiten konzentriert, steht die Vermittlung von Wissen im Mittelpunkt meiner Arbeit. Vielfach haben Ärzte begrenzte Kenntnisse von seltenen Krankheiten und die Diagnose ist nicht immer leicht. Wir klären über die Anzeichen und Sym-ptome von seltenen Krankheiten auf, damit Patienten eine schnelle und ge-naue Diagnose erhalten.
Vom Problem zu einer medizini-schen lösung – wie ist der Weg?Wir haben ein Mantra, um zu einer medizinischen Lösung zu gelangen. Wir fragen uns bei einem medizini-schen Problem, „wie schlecht“ ist die Krankheit? Wir arbeiten nur an wirk-lich verheerenden Krankheiten: Viele seltene Krankheiten sind schwerwie-
nAchGeFrAGt Bei
Dr. Fabian Schmidt
gend, mit hohen Sterblichkeitsraten. Ferner stellen wir uns die Frage, „wie gut“ ist die Behandlung? Wir arbei-ten nur an therapien, die grundle-gende Verbesserungen bewirken. Es bestärkt uns, wenn diese Arbeit für die Patienten Anerkennung findet, wie es mit der Verleihung des Gale-nus-Preises für eine unserer thera-pien geschehen ist.
gibt es noch viele Probleme für Sie zu lösen?Nur für fünf Prozent der seltenen Krankheiten ist eine Behandlung verfügbar. Eine seltene Erkrankung sollte für die betroffenen Patienten aber nicht bedeuten, keine wirksame Behandlung zu verdienen.
also kein Weg zurück in die Praxis?Ich bleibe mit der medizinischen Ge-meinschaft so viel wie möglich in Ver-bindung und bilde mich zu aktuellen Entwicklungen weiter. ob ich in eine Praxis zurückkehren werde, bleibt abzuwarten. Ich freue mich als Arzt das Leben von Patienten in Not zu verbessern, hier wie da umzusetzen.
JR
PersonAlien
+++ Sebastian Schütze (34) über-nahm zum 1. oktober 2016 das Ge-schäftsfeld Gesundheitspolitik beim BPI. Zuvor war der Jurist wissen-schaftlicher Referent für Arzneimit-telpolitik im Deutschen Bundestag.
+++ dr. Birka lehman ist seit Juni 2016 Mitglied im externen Berater-gremium „BPI Senior Experts“. Die Expertin unterstützt den Verband in Fragen zu Drug Regulatory Affairs. +++ grzegorz cessak (41) wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden des Management Boards der Euro-
herausgeber: Bundesverband der Pharmazeutischen industrie e. V. (BPi)friedrichstraße 14810117 BerlinTel.: +49 30 2 79 09-0fax: +49 30 2 79 09-2 61e-mail: pharmareport@bpi.de internet: www.bpi.de
chefredakteurin (verantwortlich):Julia richter (Jr)
redaktion:andreas aumann (aum)adrian röhrig (ar)
mitarbeiter dieser Ausgabe:Veit anton (Va)lorenz Becker (lB)annette Bussmann (aB)dr. Katja gehrke (Kg)Britta marquardt (mq)dr. Pablo Serrano (PS)Sebastian Schütze (Ssch)Boris Thurisch (BT)dr. matthias Wilken (mW)
Kontakt:pharmareport@bpi.de
Verlag und Gestaltung: christina Saroulidoudr. curt haefner-Verlag gmbhVangerowstraße 14/169115 heidelberg
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erscheinungsweise: 4x jährlich
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imPreSSum
päischen Arzneimittelagentur (EMA) gewählt. Er ist seit 2010 Mitglied des Boards. +++ Yvonne möller (39), ehemalige Pressesprecherin des Bun-desverbands der Arzneimittelher-stller (BAH) ist seit Mitte 2016 Head of Communications Germany bei Baxalta-Shire.
„Wir haben ein Mantra, um zu einer medizinischen Lösung zu gelangen.“
Foto
: Ale
xion
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