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Zeit, Raum, Figuren, Blick
Hermeneutische und methodische Grundlagen der Analyse biblischer Erzähltexte
Arge Ass Prof. Dr. Ilse Müllner (Kassel)
Salzburg September 05 www.ilsemuellner.at
1___ Leben in Geschichten2___ Erzählforschung von strukturalistisch
bis postklassisch3___ Elemente des Erzählens4___ Grenzen und ihre Überschreitung
_Inhalt
1___ Leben
in Geschichten
_Leben 1__
Zwei Männer waren in einer Stadt (): Einer reich und einer arm. Der Reiche hatte Schafe und Rinder – eine ganze Menge. Der Arme
hatte: nichts. Außer ein kleines Lamm (), das er gekauft hatte. Er erhielt es am Leben, und es wurde bei ihm und bei seinen Kindern groß. Von seinem Bissen aß es, und aus seinem Becher trank es, und in seinem Schoß schlief es. Und es wurde ihm wie eine Tochter. Und es kam ein Besucher zum reichen Mann. Diesem war es leid darum, eines von seinen Schafen oder seinen Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Lamm des armen Mannes und bereitete es für den Mann, der zu ihm gekommen war, zu.
in Geschichten
_Leben 1__
• 2 Sam 11,1-4• „Narratives from the Crib“
Erzählen stellt Kohärenz her:• durch chronologische Ordnung• durch Reflexion
in Geschichten
2___ Erzählforschung
von strukturalistisch bis postklassisch
von strukturalistisch bis postklasisch
_Erzählforschung2__
Konfliktpotential
zwei Männer eine Stadt
reich arm
Explikation des Konflikts
viele Rinder und Schafe ein Lamm
haben erwerben
Ausagieren des Konflikts
nehmenmachen
lebengroß werdenessen, trinken, schlafen
von strukturalistisch bis postklasisch
_Erzählforschung2__
Die strukturalistische Erzählforschung „zielt auf systematische Modellbildung und Beschreibung von Textstrukturen mittels eines eindeutigen metasprachlichen Bezugsrahmens“.(Ansgar und Vera Nünning)
Kritik:
• Klassifizieren ist noch nicht Auslegen.
• Das Postulat universaler Textstrukturen universalisiert hegemoniales Denken.
• Das Verhältnis von Text und außertextlicher Wirklichkeit ist zu klären.
• Narratologie beschränkt sich nicht mehr auf Erzähltexte.
3___ Elemente
des Erzählens
des Erzählens
_Elemente3__
• die Erzählung als Diskurs• die erzählte Geschichte• die Narration
Gérard Genette
des Erzählens
_Elemente3__
3.1 Zeit
Die Erzählung verausgabt sich nicht. (Walter Benjamin)
• Ordnung• Dauer• Frequenz
des Erzählens
_Elemente3__
3.2 Raum
• Konkrete Orte und ihre Konnotationen• Abstrakte Raumkategorien (oben-unten, innen-außen …)
des Erzählens
_Elemente3__
3.3 Figuren
• „AktantInnen“ und Handlungsrollen (V. Propp)• Sparsame Charakterisierung in bibl. Erzählungen
• 2 Sam 12,1-4: reich und arm• ;d×o):m hÙe):ram tÛabO+ hêf<i)Øfhºw (2 Sam 11,2)
• Sprachliches und nichtsprachliches Handeln• Soziale Rollen als paradigmatische Figurensemantiken• Rollen nicht als narrative Archetypen• Erzählinstanzen als narrative Rollen
des Erzählens
_Elemente3__
3.4 Blick
• homodiegetische/r heterodiegetischer/r ErzählerIn• externe, interne und doppelte Fokalisierung
des Erzählens
_Elemente3__
3.5 LeserInnenlenkung
• Empathiefaktoren:• Benennung• Quantität von Handlungen• struktureller Ort des Auftretens• Introspektion• Werte
• Diskrepanz zwischen Empathie und Moral• Identifikation mit dem Schuft
4___ Grenzen
und ihre Überschreitung
und ihre Überschreitung
_Grenzen4__
4.1 Ausweitung des Gegenstandsbereichs
• Omnipräsenz des Narrativen• Psalmen:
• Plotstrukturen• Zeit• Raum und Bewegung• Figuren
• Metaphern• Theologumena
und ihre Überschreitung
_Grenzen4__
4.2 Story und History, Text und Kontext
Narratologie Historische Kritik
Synchron: Spannungen und Brüche werden als Bedeutungsträger gelesen.
Diachron: Spannungen und Brüche werden als Hinweis auf die Entstehungsgeschichte eines Texts gelesen.
Text als Text Text als historische Quelle
Historische Erzählung als literarisches Kunstwerk
Historische Erzählung als Geschichtsschreibung
ProtagonistInnen als literarische Figuren ProtagonistInnen als historische Persönlichkeiten
textimmanente Interpretation Interpretation des Texts im historischen Ursprungskontext
Sinn in den Strukturen des Texts Sinn hinter dem Text
Interpretation von Zeit, Raum, Figuren und Plotmustern als funktionale Elemente einer Erzählung
Interpretation von Zeit, Raum, Figuren und Plotmustern hinsichtlich ihrer Historizität
Analyse der Erzählinstanzen als textuelle Konstrukte
Rekonstruktion der historischen Trägergruppen
und ihre Überschreitung
_Grenzen4__
4.2 Story und History, Text und Kontext
• New Historicism • Historiographie als Narration• Textualität von Geschichte, Historizität von Texten• Bibel unter dem Generalverdacht des unzuverlässigen Erzählens• Wahrheitsanspruch
und ihre Überschreitung
_Grenzen4__
4.2 Story und History, Text und Kontext
Brückenschläge• „nur“ als Text, „nur“ als Quelle• historische Rekonstruktion des Erzählens• Synchronie und Diachronie• funktionale Narratologie• textuelle Zuverlässigkeitssignale• keine Reduktion auf fact or fiction
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