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Zur Profession der Heilpädagogik: Ansprüche und Widersprüche in Zeiten der Inklusion
Prof. Dr. Heinrich Greving
Was erwartet Sie? – Überblick
Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen und systemtheoretischen Verständnisses von Inklusion
Ansprüche
Widersprüche
Mögliche (Aus-)Wege
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Grundlegend:
„Als Synonym für ‚gekonnte Beruflichkeit’ stellt Professionalität die nur schwer bestimmbare Schnittmenge aus Wissen und Können dar; sie markiert die widersprüchliche Einheit jener Kompetenzen und Wissensformen, die ihrerseits den Umgang mit beruflichen Widersprüchen, Paradoxien und Dilemmata erlaubt.“ (Nittel, 2002, 256)
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Drei Dimensionsebenen, welche
Professionalität in der Heil- und Behindertenpädagogik bedingen, bzw. durch diese bedingt werden:
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
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Bedingungsdimensionen
Fach
lich
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Die Professionalität in der Heil- und Behindertenpädagogik ist aktuell eingebunden in ein dreifaches Spannungsfeld:
Ein gesellschaftliches Spannungsfeld
Ein Spannungsfeld in den Theorien
Spannungsfelder in der Profession
Hierzu konkret:
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Relevant: Die Postmoderne
Gesellschaft wird auf diesem Hintergrund zu einer „Multioptionsgesellschaft“,
deren wichtigstes Kenn-Zeichen die „Kontingenz“ ist:
Diese lässt sich bestimmen als „...das Nichtnotwendige: das, was auch hätte nicht...oder auch hätte anders sein können.“ (Graevenitz/Marquard, 1998, XI)
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Zur Grundlegung einer Heil- und Behindertenpädagogik in der Postmoderne gehört somit „auch jenes Wissen, dass das Wissen seines eigenen Andersseinkönnens
impliziert.“ (Graevenitz/Marquard, 1998, XIV)
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Nach Ralf Dahrendorf stellt sich der Wandel in der Moderne/Postmoderne dar als
...ein Wandel des Verhältnisses von Optionen (Wahlmöglichkeiten) und Ligaturen (Verpflichtungen/Abhängigkeiten/Bindungen)
(vgl.: Dahrendorf, 1979).
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Zu den Optionen gehören sowohl eine Angebotsseite der Sicherung von Auswahlmöglichkeiten – wozu Freiheitsrechte ebenso zählen wie vor allem durch den Markt eröffnete Konsumchancen – als auch eine
Nachfrageseite der Gewährung von Anrechten und Zugangschancen, vor allem durch Staatsbürgerrechte (vgl.: Alber, 2009, 48).
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Mögliche Konsequenzen:
Wichtig ist hierbei ein Verständnis von Behinderung/Beeinträchtigung als sozial ungleiche Zugangschance zu Bildung, Einkommen, Beschäftigung, Bürgerrechten (also: Soziale Exklusions- und Deintegrationsrisiken wie: soziale Ungleichheit, soziale Abhängigkeit, Armut…)
auf der gesellschaftlichen Ebene und
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
als erhöhte Abhängigkeit von Hilfen und Dienstleistungen, als Einschränkung von Optionen, freien Wahlmöglichkeiten für die eigene Lebensführung,
aber auch als Erfahrung von sozialer Distanz und Ausgrenzung,
als mangelnde Einbindung in enge, stützende und vertrauensvolle Beziehungen auf der individuellen Ebene.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Diese Ausgrenzung wird durch weitere Spannungsmomente noch verschärft:
Auf der einen Seite: eine (auch juristisch grundgelegte: UN-BRK, BTG, WTG…) Forderung und Realisierung von Toleranz für alles, was fremd erscheint…
auf der anderen Seite: eine permanente Orientierung an den (auch werbewirksam veröffentlichten) Werten der Gesundheit und Schönheit.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Situation des Zwiespaltes,
…in welcher die Heilpädagogik auf der einen Seite als erziehungswissenschaftliche Profession Inklusion voranbringt und voranbringen muss…
…auf der anderen Seite aber ein Verständnis von Inklusion vorherrscht/vorfindet, welches als „sozialromantisch“ gekennzeichnet werden kann.
Also: Problem der fachlichen und politischen (Grund-)Orientierung und Positionierung der Heilpädagogik.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Dieses wird verstärkt durch eine fortwährende gesellschaftliche Tendenz zur
Individualisierung, als „egologische“ Struktur des Denkens und Handels (also die konstitutive Bezogenheit auf das „Ich“). Mögliche Konsequenz ist das Ende der Solidarität.
Zudem:
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Ausprägungen des Neoliberalismus: als Chiffre, die Tendenz des Marktes, sich von politischer Steuerung zu befreien, zu kennzeichnen.
Somit:
der Markt wird zum organisierenden und regulierenden Prinzip des Staates.
Alles was ist, ist Markt, was nicht (mehr) Markt ist existiert folglich nicht (oder hat kein Existenzrecht)!
Und:
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Die Globalisierung: diese fasst (recht schemenhaft und häufig mythisch verklausoliert) die Prozesse der Flexibilisierung und Deregulierung zusammen, zudem
nivelliert sie kulturelle Unterschiedlichkeit und bringt Verschiedenheit (durch Medien, Kultur etc.) zum Verschwinden.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Auf der anderen Seite fordert Verschiedenheit die Gesellschaft heraus (Heterogenität, Rassismusdebatte, Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern, die sog. Flüchtlingskrise etc.).
Behinderung/Beeinträchtigung ist hierbei eine Differenzkategorie unter vielen.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Zum Spannungsfeld in den Theorien:
Heil- und Behindertenpädagogik (mindestens) zwischen Handlungstheorie und Systemtheorie
Konkret:
Struktur (Handlungstheorie) und System (Systemtheorie) stellen zwei Ordnungsprinzipien von sog. „Wirklichkeit“ dar (vgl.: Gröschke, 1997, 62) .
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Des weiteren ist zwischen „System“ (Luhmann u.a.) und „Lebenswelt“ (Habermas) zu unterscheiden, sowie
zwischen Beobachtungstheorien (z.B. der Wissenssoziologie, der Diskursanalyse sowie der systemtheoretischen Analyse von Semantiken) und Reflexionstheorien und Alltagstheorien (vgl.: Scherr, 2012, 11f.).
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Zu den Spannungsfeldern in der Profession:
Fragen an die Heil- und Behindertenpädagogik sind drängender geworden (PISA, IGLU, Gender, Migration...),
Forderungen an die Profession als wissenschaftlich verortete Praxis nehmen zu,
Unübersichtlichkeiten intensivieren sich (in Bezug auf Leitbilder, Verständnisse, Ausbildungsformen, Methoden etc.),
Und: Heilpädagogik muss sich im aktuellen politischen Feld deutlich positionieren.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Fazit:
Die Heilpädagogik existiert „…nicht (mehr) als
kompakte Lehre, sondern in einem Patch-
work-Gebilde, das die Identität weniger in
den Inhalten als in der Struktur bewahrt
hat.“ (Kobi, 2007, 354)
Somit: Orientierung schaffen!
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
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Konstruktivistische Dimension – Betrachtungsweise
Semiotisch-sprachliche Dimension – Bezeichnungsweise
Organisatorische Dimension – Beziehungsweise
Anthropologisch-ethische Dimension – Daseinsweise
Historische Dimension – Begründungsweise
Ausbildungsdimension – Arbeitsweise
Methodologische Dimension – Handlungsweise
Dis-
ziplin
Pro-
fession
Professio-
nalität
Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität
Hierzu kann die Heil- und Behindertenpädagogik in einem dreifachen Schritt als Handelndes, also als Agens beschrieben werden:
Als ein theoretisches (gesellschafts-politisches) Agens, welches sich auf ein immer wieder neu und historisch ausgerichtetes Feld zu beziehen hat,
als ein konzeptionell-methodisches Agens, welches die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Systemen und Teilsystemen zu bedenken hat,
sowie als ein reflektorisches Agens, welches die Konstruktionsprozesse dieser wechselseitigen Bezugnahmen immer wieder neu in den Blick nehmen muss.
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Grundannahmen zu einer heilpädagogischen Professionalität – Fazit
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Handlungsdimensionen: theoretisches, konzeptionell-methodisches,
reflektorisches Agens
Bedingungsdimensionen
• In den 1970er Jahren wurde primär Begriff
der „Exklusion“ realisiert.
• In soziologischer Hinsicht entwickelte sich
ein Verständnis vom Ausgeschlossensein
bestimmter Gruppen bzw. (im damaligen
Sprachgebrauch) „Schichten“.
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Um ein soziologisches Gegenstück zu
diesen Exklusionstendenzen zu
beschreiben, wurde der Begriff der
Inklusion benutzt
• – und dieser konkretisierte sich parallel
zur Entwicklung und Ausdifferenzierung
eines Integrationsbegriffes.
Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
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• Auf die Widersprüche/Verunschärfungen (und
Rhetorik) hierbei verweisen Sina Farzin (2011) und
aktuell Georg Feuser (u.a.) (2017).
• Inklusion kann zumindest im Kontext eines
unreflektierten Verständnisses als…
• …„Phrase“ (Lanwer, 2017, 13)
• …„Paradiesmetapher“, und als „Glaubenskrieg“ (Jantzen,
2017, 51)
• …„leeres Versprechen“ (Feuser, 2017)
• …benannt und kritisiert werden.
Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
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• Aber:
• Die soziologische Begründung von Inklusion/Exklusion nimmt grundsätzliche Themen der Sozialtheorie auf (vgl.: Stichweh, 2009, 29ff.), z.B.:
• Mitgliedschaft (= die kommunikative Berücksichtigung von Personen im Sozialsystem, also: „Citizenship“ oder Organisationszugehörigkeit)
• Solidarität (= Exklusion als Bruch der Solidarität)
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Disziplinierung/Sozialdisziplinierung (=
Spezifikum der Moderne, welches mit
Ordnungen, Regeln, Gesittung, aber auch mit
Organisationsformen und Erziehung (!!)
zusammenhängt)
• Wichtig: Disziplinierung übergreift die
Unterscheidung von Inklusion und Exklusion
und produziert diese – auch im Hinblick auf
heil-pädagogische Organisationen! (weitere
Themen: Macht, Ohnmacht, Abhängigkeit etc.).
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Also: Inklusion und Exklusion betreffen die Sozialdimension der Kommunikation:
• „Es geht immer um die Frage, wer…die Anderen sind, die für kommunikative Adressierung in Frage kommen, und von welchen Bedingungen Andersheit und die Adressierung von Andersheit abhängig ist…Die elementarste Form der Relevanz von Inklusion und Exklusion bezieht sich auf einzelne Situationen der Kommunikation.“ (Stichweh, 2009, 30)
• Und das hat Konsequenzen für professionelles heilpädagogisches Handeln:
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
KONZEPT
Kognitionen(Fachwissen)
Stellungnah-men(Gewis-
sen)
Motiven(Absichten)
Interak-tionen
PERSON
Passungsverhältnis Stimmigkeit
Ziel
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Frage:
• Ist Inklusion auf diesem Hintergrund ein
Leit- und/oder Konzeptbegriff einer
professionellen Heilpädagogik, bzw. kann
er als solcher (für Diagnostik, Methodik,
konkretes Handeln…) genutzt werden?
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
Grundsätzlich: „Die Unterscheidung Inklusion/Exklusion
beschreibt, wie in funktional
differenzierten Gesellschaften Menschen als
Personen an den Leistungskreisläufen der
Funktionssysteme mittels symbolisch
generalisierten Kommunikationsmedien
(z.B. Geld, Macht, Recht...) teilnehmen
können.“ (Kleve, 1997) 34
Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Definitionen somit:
• Inklusion als Innenseite der Unterscheidung
meint die Teilnahme an der
funktionssystemischen Kommunikation.
• Exklusion als Außenseite der Unterscheidung
bezeichnet die personelle Nichtteilnahme an
dieser Kommunikation.
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Und:
• Inklusion und Professionalität ereignen sich in
(heilpädagogischen) Organisationen,
• demzufolge ist die Kenntnis von
organisationstheoretischen und
organisationskulturellen Grundlagen und Konzepten
für ein professionelles heilpädagogisches Handeln
unentbehrlich.
• Also: Ansprüche und Widersprüche!
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Grundlagen eines sozialwissenschaftlichen Verständnisses von Inklusion
• Inklusion ist z.Z. eher das Konzept einer gesellschaftsdifferenzierenden Diagnostik (und das auch nur im Sinne einer soziologischen/systemischen Betrachtung), bzw. das Modell der Wahrnehmung unterschiedlicher gesellschafts- und organisationskultureller Mechanismen (wie Bezugsformen, Abhängigkeiten, Macht etc.) –
• gerade auch im Hinblick auf Diversitäten (in) der Gesellschaft: „Diversität muss sich in der Heterogenität der…(heilpädagogischen Organisationen; HG) spiegeln.“ (Reich, 2012, 50)
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Inklusion ist zudem immer dargelegt durch eine kommunikative Kontingenz, da diese immer auch Exklusion meint (s.o.). – Und diese kann nicht sozialromantisch negiert werden!
• Inklusion ist somit vor allem das Modell einer kontingenten Kommunikation, da sie an Schnittstellen operiert, diese jedoch nicht auflöst und somit die Beteiligten in einer gesellschaftlichen Zone der Unsicherheit belässt. – Und diese ist heilpädagogisch auszuloten und zu bearbeiten!
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Inklusion als „Diagnoseverfahren“ schafft somit
im Kontext heilpädagogischen Handelns Macht,
da gesellschaftliche Prozesse besser durchschaut
und gegebenenfalls verändert und optimiert
werden können.
• Inklusion kann hierdurch zur Aufklärung
gesellschaftlicher Konstruktionsmechanismen
beitragen. – Und Heilpädagogik muss hierbei ihre
eigene Konstruktion (und Geschichte und aktuelle
Wirklichkeiten) offen legen!
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Inklusion ist somit im Kontext heilpädagogischer
Konzepte als Prozess der Ver-Mittlung zu
kennzeichnen – ohne hierbei
gesellschaftssystemische Spannungen auch nur im
Geringsten auflösen zu können. – Im Gegenteil:
diese müssen von der Heilpädagogik als politische
Themen benannt und bearbeitet werden!
• Zudem müssten Standards für die Umsetzung von
Inklusion in der Heilpädagogik entwickelt, bzw.
vorgehalten werden (vgl.: Reich, 2012, 54-90):
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Ethnokulturelle Gerechtigkeit muss realisiert und
Antirassismus gestärkt werden – Inklusion ist mehr
als professionelle Arbeit mit Menschen mit
Behinderungen (gerade heute!).
• Gerechtigkeit aller Menschen(gruppen) muss
hergestellt, Ungerechtigkeit muss ausgeschlossen
werden.
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Diversität in allen Lebensformen muss
zugelassen und Diskriminierung verhindert werden.
• Sozio-ökonomische Chancengerechtigkeit muss
erweitert werden.
• Last but not least: all dieses muss natürlich auch
für Menschen mit Beeinträchtigungen gelten und
organisatorisch umgesetzt werden!
• Also: 42
Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Auf einer reflektierten ethischen und politischen
Grundlage zur Inklusion…
• …muss Organisationswissen zum Grundlagenwissen
in der Heilpädagogik gehören,
• …hierzu gehört auch das Wissen um Projekt- und
Sozialmanagement,
• …sowie die Kenntnis und (heil-)pädagogische
Interpretation und Gestaltung betriebswirtschaftlicher
Themen.
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Ansprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Bis heute nicht gelungene und konsequente
Aufarbeitung der nicht-inklusiven Geschichte der
Heilpädagogik.
• Hierbei: häufig unreflektierte Wirksamkeiten der
machtorientierten und Individualität-
negierenden Strukturen heilpädagogischer
Organisationen.
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Widersprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• Eine lebenslauforientierte Heilpädagogik bezieht
sich viel zu einseitig auf die Phasen der Kindheit
und Jugend (mehr als 65% aller Heilpädagoginnen und Heilpädagogen
sind in diesen Handlungsfeldern tätig).
• Eine lebenslauforientierte Heilpädagogik hätte auch
die Phase der „Arbeit“ konsequent inklusiv zu
realisieren – dieses geschieht zurzeit jedoch extrem
inkonsequent (in nahezu allen Bundesländern liegt die Quote der
Menschen, welche aus einer WfbM in den ersten Arbeitsmarkt wechseln,
inzwischen weit unter 1%).
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Widersprüche in Bezug auf Inklusion und Heilpädagogik
• „Willst du inklusiv handeln,
lerne…konstruktivistisch zu erkennen.“
• und:
• „Willst du…konstruktivistisch erkennen,
lerne inklusiv zu handeln.“ (Lars Anken, 2010, 165/166)
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Mögliche (Aus-)Wege
• Zudem:
• Heilpädagogik ist schon lange nicht mehr nur
Pädagogik – und nichts anderes.
• Heilpädagogik ist eine Profession, in welcher sich
mindestens pädagogische, psychologische,
soziologische und philosophische Themenfelder
kreuzen, gegenseitig bedingen und
handlungsfeldspezifisch (berufs-)politisch
konkretisiert werden (wollen). 47
Mögliche (Aus-)Wege
• Also:
• Heilpädagogik ist – auf dem
Hintergrund der Diskussion einer
professionell realisierten Inklusion –
ethisches Reflektieren, pädagogisches
Handeln und politisches
Intervenieren. 48
Mögliche (Aus-)Wege
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Literatur Alber, J.: Die Ligaturen der Gesellschaft. In memoriam Ralf Dahrendorf – ein persönlicher Rückblick; in: WZB-Mitteilungen
125/2009, 46-49
Anken, L.; Konstruktivismus und Inklusion im Dialog; Heidelberg, 2010
Beck, I./Greving, H.; Lebenswelt, Lebenslage; in: Beck, I./Greving, H. (Hrsg.); Lebenslage und Lebensbewältigung; Stuttgart, 2012, 15-59
Dahrendorf, R.; Lebenschancen. Anläufe zur sozialen und politischen Theorie; Frankfurt a.M., 1979
Dederich, M./ Greving, H./Mürner, Chr./Rödler, P. (Hrsg.); Inklusion statt Integration? – Heilpädagogik als Kulturtechnik; Gießen, 2006
Farzin, S.; Die Rhetorik der Exklusion. Zum Zusammenhang von Exklusionsthematik und Sozialtheorie; Weilerswist, 2011
Feuser, G. (Hrsg.); Inklusion – ein leeres Versprechen. Zum Verkommen eines Gesellschaftsprojekts; Gießen, 2017
Graevenitz, G.v./Marquard, O.; Vorwort; in: Graevenitz, G.v./Marquard, O. (Hrsg.); Kontingenz; München, 1998, XI-XVI
Greving, H. (Hrsg.); Kompendium der Heilpädagogik, Band 1 und 2; Troisdorf, 2007
Greving, H./Ondracek, P.; Heilpädagogisches Denken und Handeln; Stuttgart, 2009
Greving, H.; Heilpädagogische Professionalität. Eine Orientierung; Stuttgart, 2011
Greving, H./Mürner, Chr./Rödler, P. (Hrsg.); Zeichen und Gesten – Heilpädagogik als Kulturthema; Gießen, 2004
Gröschke, D.; Praxiskonzepte der Heilpädagogik; München/Basel, 1997, 2. Aufl.
Gröschke, D.; Heilpädagogisches Handeln. Eine Pragmatik der Heilpädagogik; Bad Heilbrunn, 2008
50
Literatur Kobi, E.E.; Geisteswissenschaftliche Heilpädagogik; in: Greving, H. (Hrsg.), Kompendium der Heilpädagogik, Bd. 1, Troisdorf,
2007, 347–354
Nittel, D.; Die „Veralltäglichung“ pädagogischen Wissens – im Horizont von Professionen, Professionalisierung und Professionalität; in: Zeitschrift für Pädagogik, 3/2004, 342-357
Nittel, D.; Professionalität ohne Profession?, in: Kraul, M./u.a. (Hrsg.); Biographie und Profession; Bad Heilbrunn, 2002, 253-286
Reich, K. (Hrsg.); Inklusion und Bildungsgerechtigkeit; Weinheim/Basel, 2012
Reiser, H.; Professionelle Konzepte und das Handlungsfeld Sonderpädagogik; in: Horster, D./Hoyningen-Suess, U./Liesen, Chr. (Hrsg.); Sonderpädagogische Professionalität. Beiträge zur Entwicklung der Sonderpädagogik als Disziplin und Profession; Wiesbaden, 2005, 133-150
Scherr, A.; Wieviel und welche Normativität benötigt Soziale Arbeit? Oder: Warum eine auf kritische Entlarvung ausgerichtete Theoriebildung in der Sozialen Arbeit zwar unverzichtbar, aber auch unzureichend ist; in: Neue Praxis, Sonderheft 11/2012, 11-23
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