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Retro-Innovation, GDI Impuls Nr. 3/2012

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Thema: Die Zukunft der Produktion

AUTOREN

SUMMARIES THEMA

SUMMARIES IDEEN, WORKSHOP

ZUSATZIMPULS

GDI-STUDIEN

GDI-KONFERENZEN

GDI GOTTLIEB DUTTWEILER INSTITUTE

GDI-AGENDA 2012

IMPRESSUM

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> Produktion

Detlef Gürtler

MAKING – THE NEXT GENERATION

Die Maker-Bewegung will die Renaissance von Indivi-

dual- und Eigenproduktion fördern. Aber noch steckt

sie ziemlich in den Bastlerschuhen.

> Medizin

Anja Dilk . Heike Littger

PERSÖNLICHE PILLEN

Weil jeder Mensch anders ist, sollte eigentlich auch jeder

individuell medizinisch behandelt werden. Die Pharma-

Forscher arbeiten daran. Ein Blick in ihre Labore.

> Innovation

Detlef Gürtler

DIE WELTGESCHICHTE DER KOPIE

Die meiste Produktion ist Reproduktion – analog, digi-

tal oder biologisch. Was wann und wie kopierbar wurde.

> Uhren

Alexander Ross

DER FLUCH DER GUTEN WERKE

Die Schweizer Uhrenindustrie steht für exzellente Wert-

arbeit. Auch wenn das zuletzt oft eher für das Marke-

ting als für die Produktion galt. Das muss sich ändern.

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> Philosophie

Michael Böhm

ES WAR EINMAL DER KAPITALISMUS

Die Produktionsmittel kehren in die Hände – und

Köpfe – der Bürger zurück. Läutet das schon das Ende

des Kapitalismus ein? Und wenn nein: Warum nicht?

> Die grosse Grafik

IN- UND OUTDUSTRIE

Acht Anfänge vom Ende der Massenproduktion – von

Hightech bis Handwerk.

> Entwicklungshilfe

Christian Rauch

SELBST IST DIE FABRIK

Die Fab-Lab-Bewegung könnte in weniger entwickelten

Weltregionen Startpunkt für einen Wirtschaftsauf-

schwung der anderen Art sein.

> Lifestyle

Judith Mair . Bitten Stetter

RETRO-INNOVATION

Nostalgie war gestern. Heute nennt sich das Gleiche

«archivbasierte Produktion» und bringt eine Vielzahl

innovativer Kreationen hervor.

> Technik

Christof Baitsch

WIEDERHOLT SICH DIE GESCHICHTE?

«Computer erobern die Arbeitswelt – Was heisst das für

den Menschen?», fragten wir 1982. Eine Zeitreise zu den

Anfängen einer früheren technischen Revolution.

> Foto-Essay

Martin Sulzer

WIE AUS DEM BUILDERBUCH

Was gebaut werden kann, wird auch gebaut.

Was eingesetzt werden kann, wird auch eingesetzt.

Das gilt für Waffen. Und bald auch für 3-D-Drucker?

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Ideen Workshop

> Technologie

Norbert Bolz

EVOLUTIONSDESIGN

«Converging Technologies», das Zusammenwachsen

von Physik, Biologie und Informatik, fordern von uns

einen neuen Bund mit der Technik.

> Politik

Gespräch mit Ulrike Guérot

«EUROPA FEHLT EIN GRÜNDUNGSMYTHOS»

Wie sich die Europäische Union aus ihrer tiefen Krise

zu einer Europäischen Republik weiterentwickeln kann.

Und wo die Schweiz dabei Vorbild sein könnte.

> Human Resources

Heiko Fischer

SEESTERN SCHLÄGT SPINNE

Warum es zwar gut gemeint, aber eben nicht gut ist,

Mitarbeiter als die wichtigste Ressource des Unterneh-

mens zu betrachten.

> Zwischenruf

Barbara Bohr

EINE WELT OHNE BANKEN

Auch wenn sie fast täglich mehr zum Hassobjekt

werden: Ganz ohne Banken gehts doch auch nicht,

oder? Aber «geht nicht» gibts nicht.

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> Shopping

Martina Kühne

VERFÜHRUNG FÜR FORTGESCHRITTENE

GDI-Studie zur Zukunft des Shopping: Was Kunden

von Händlern erwarten werden.

> 30 Jahre GDI Impuls

Karin Frick, Detlef Gürtler, Max Gurtner, Stefan Kaiser

FRÜHER WAR MEHR ZUKUNFT?

Ein Gespräch aller bisherigen GDI-Impuls-Chefredak-

toren über die Zwischenbilanz der ersten dreissig Jahre.

> Kolumne

Peter Felixberger

ÜBERFORDERUNG ALLERORTEN

Gute neue Bücher von Tim Harford, Reinhard Sprenger,

Carl Naughton – und Peter Felixberger.

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Judith Mair, Bitten Stetter und Team

Retro-Innovation

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Wer heute durch die Zentren der Metropolen schlendert,

kann schnell vergessen, dass wir uns im Jahre 2012 befinden,

so bevölkert sind die Gehwege von Relikten, Kopien, Zitaten

und Revivals des Vergangenen: An der Kreuzung steht der

Hipster als Verweis auf den Popper der Achtzigerjahre. Da-

neben warten Frauen im detailgetreuen Gatsby -Look der

Zwanziger, und in den Schaufenstern begegnen uns DAB-

Radios, Tellerröcke und Cat-Eye- Brillen aus den Fünfzigern.

Trendbewusste Männer tragen tannengrüne Canvas-Leder-

Rucksäcke, die an die einstige Wanderlust unserer Urgross-

eltern erinnern. Sie telefonieren mit iPhones, die in Tonband-

kassetten-Hüllen stecken, und spielen Mobilgames wie Pong,

Pac Man oder musizieren mit ihrer Synthesizer-App.

WILLKOMMEN IN RETROMANIA «Alles sieht nach Erinnerungen

aus. Nur sind Preisschilder daran», witzelt Katrin Kruse in

ihrem Artikel «Ich shoppe mir ein Ich zusammen», und Si-

mon Reynolds ergänzt in seinem Bestseller «Retromania»:

«Where mass culture and personal memory meet is where

retro is spawn.» Statt des originären Neuen regiert heute das

Zitat des Zitates des Zitates. In der Mode, der im Gegensatz

zu anderen Disziplinen der Rückgriff auf Vergangenes schon

seit je innewohnt, ist das nichts Neues. Schon Walter Benja-

min beschrieb die Mode «als ewige Wiederkehr des Neuen».

Aber gilt das nun auch für alle Designbereiche? Und wie viel

Neues braucht das Alte, um neu zu sein oder um zumindest

neu zu erscheinen? Antworten auf diese Frage geben Studie-

rende des Masterstudiengangs «Trends» der Zürcher Hoch-

Vielen gilt der Rückgriff auf die Stile, Objekte und Verhaltenscodes der Vergangenheit als

pure Nostalgie. Sie verkennen, dass diese archivbasierte Produktionsstrategie eine Vielzahl

eigenständiger kreativer Formen hervorgebracht hat. Wie aus gestern Zukunft wird.

schule der Künste in ihrer Studie «Zu neu, um alt zu sein», in

der sie Ursprünge, Motive und Techniken des allgegenwär-

tigen Retrotrends beleuchten. Sie zeigt auf, dass Retro mehr

ist als der rückständige Blick auf die Vergangenheit, die Angst

vor dem Neuen und die Sehnsucht nach Erinnerungen.

ARCHÄOLOGIE DER ZUKUNFT Im Mittelpunkt dieser Praxis

steht der Zugriff auf das Archiv, das man sich als eine in ihrem

Umfang kaum zu überblickende, sich ständig erweiternde

Sammlung von Gegenständen, Stilen und Phänomenen, aber

auch Erfahrungen, Einstellungen, Informationen, Assozia-

tionen, Motiven und Qualitäten vorstellen kann. Im Archiv

finden wir sie alle: die Originale und Kopien, die Unikate und

Fälschungen, die Klassiker und One-Hit-Wonder, die Zitate

und Evergreens. Aber auch neue Kreationen in Form von

Remakes, Mashups und Remixen.

Der Zugriff auf das Archiv zeigt sich als grundlegende

Kulturtechnik unserer Referenzkultur. Wobei es paradoxer-

weise genau dieser Zugriff auf das Alte und Archivierte ist,

der das Neue entstehen lässt. Retro ist, verkürzt gesagt, wenn

Neues durch neue Kombinationsmöglichkeiten und Kontex-

te des Alten kreiert wird. Exemplarisch hierfür ist die Tech-

nik des Remixens, die in den letzten beiden Jahrzehnten

massiv an Popularität und kultureller Bedeutung gewonnen

hat. Trennlinien zwischen Original und Kopie verschwinden

durch das Remixen immer mehr und führen zugleich das

Original aus der Krise, so Dirk von Gehlen in «Mashup – Lob

der Kopie».

GDI Impuls . Nummer 3 . 2012

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Ganz gleich also, ob remixt, zitiert oder kopiert wird, jeder

von uns nutzt bewusst oder unbewusst den uneingeschränk-

ten Zugriff auf das Archiv, nimmt heraus und fügt hinzu, was

für ihn persönlich relevant und interessant erscheint – ganz

gleich, ob Marke, Mensch oder Medien. Entscheidend für die

Auswahl sind dabei die individuellen, persönlichen Motive,

Erfahrungen und Bedürfnisse. Der Zugriff erfolgt auf voll-

kommen unterschiedliche Genres wie Technik, Film, Mode,

Design, Kunst, Literatur und Musik, aber auch Dinge aus

Werbung und Packaging oder Verhaltensweisen einzelner

Per sönlichkeiten werden aufgegriffen. Und so füllt sich das

Archiv stetig weiter, wobei die Remixe, Zitate und Kopien

längst in der Überzahl sind und die ursprünglichen Unikate

und Originale in die hinteren Reihen verdrängen.

NACHAHMEN ODER NEUES SCHAFFEN? Auch wenn der einzelne

Zugriff individuell motiviert ist, so kann doch zwischen zwei

Formen des Zugriffs und damit auch zwei unterschiedlichen

Formen von Retro unterschieden werden:

1. Das restaurative Retro beschreibt den eher unspezifi-

schen und veräusserlichten Zugriff auf das Archiv. Hier geht

es um Nachbildung, bei der Oberflächen, Formen, Hüllen,

Materialien oder andere ästhetische Aspekte im Vorder-

grund stehen und weniger spezifisches Wissen oder Hinter-

gründe. Die Hülle bleibt erhalten, wird aufwendig bewahrt,

kulturelle Inhalte gehen jedoch zum Teil verloren. Wer heute

beispielsweise den Bildbearbeitungsfilter Hipstamatic für die

mit seinem Smartphone aufgenommenen Fotos nutzt, tut

dies oft ohne zu wissen, dass sich dessen Bildsprache stark an

der Ästhetik der Bilder der in den Siebzigerjahren populären

Sofortbildkamera Polaroid orientiert.

2. Das reflexive Retro zeigt sich als wesentlich vielschich-

tiger und zukunftsweisender. Hier kann beim Schöpfer und

Nutzer immer auch ein Bewusstsein für die damalige Epoche

sowie ein Interesse an dem damaligen Verwendungskontext

vorausgesetzt werden. Die aus dem Archiv entnommenen

Dinge werden bewusst ausgewählt und verwendet und sind

oft durch ein spezifisches Wissen über sie motiviert. Selbst

wenn die Wahl beim reflexiven Retro auch auf die Hipstama-

tic-Software fallen sollte, so wird diese Auswahl so gut wie

immer mit einem Wissen um das Polaroid-Original verbun-

den sein. Reflexives Retro, das als bewusstes Zitieren und

Rekombinieren von Versatzstücken aus der Vergangenheit

verstanden werden kann, zeigt, dass Retro heute wesentlich

mehr ist beziehungsweise sein kann als das schlichte Auf-

kochen vergangener Stile, Epochen, Looks und Trends. Beim

reflexiven Retro wird das Archiv zur inspirativen Innova-

tionsquelle, zur Ideenküche, in der Dinge mit viel Liebe,

Geduld und Know-how adaptiert, kombiniert und in die

Gegenwart übersetzt werden.

BEWÄHRTE ZUTATEN, NEUE GERICHTE Eine zentrale Funktion

nimmt in diesem Prozess jedoch die Vielzahl an unterschied-

lichen Zugriffen, kreativen Techniken und Methoden der

Kombination ein, die genau bestimmen, in welcher Art und

Weise die Bestandteile des Alten zu etwas Neuem zusammen-

gesetzt werden. Die restaurativen und reflexiven Kombina-

tionstechniken zu erklären, ist die Aufgabe des von uns ent-

wickelten Models der «Retroküche», das detailliert skizziert,

wie der Prozess des Zugriffs und die unterschiedlichen Tech-

niken der Rekombination funktionieren und welche Produk-

te aus den jeweiligen Techniken entstehen können. Im Fol-

genden werden einige der wichtigsten und populärsten, aber

auch originellsten dieser Techniken und Produktionen vor-

gestellt – denn wie schon Elena Esposito in «Die Verbindlich-

keit des Vorübergehenden – Paradoxien der Mode» anmerkt:

«Die richtige Nachahmung ist eine ständige Erfindung.» Wie

es zu diesen «ständige Erfindungen» kommt, zeigt eine kleine

Auswahl von dreizehn heute gängigen Retrotechniken, die

vergangene Elemente und Aspekte auf vollkommen unter-

schiedliche Art und Weise kombinieren und so Neues ent-

stehen lassen:

Nostalgia-Layering Die Beobachtung einer Vergangenheit aus

einer anderen, aber jüngeren Vergangenheit. So werden die

Retro ist nicht Retro: Es gibt den bloss oberflächlichen Rückgriffund den kreativ-bewussten.

Lifestyle . Retro-Innovation . Judith Mair, Bitten Stetter

Längst sind Zitate und Remixe inder Überzahl und verdrängen dieOriginale in die hinteren Reihen.

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Siebziger- beispielsweise aus dem Blickwinkel der Achtziger-

jahre betrachtet. Die dabei entstehende Überlagerung von

verschiedenen Zeitebenen ähnelt der Erzählstruktur der

Film-Trilogie «Back to the Future».

Cultural Bricolage Zugreifen auf verschiedenste Kulturarchive

sowie das Zusammenbasteln von verschiedenen Kultur-

phänomenen und -techniken. Dadurch werden Bedeutungen

verändert, miteinander vermischt oder gänzlich aufgehoben,

wie beispielsweise bei der Ethno-Crossover-Mode.

Behaviour-Mimikry Rückgriff auf traditionelle Verhaltens- und

Benimmregeln und ihre Übertragung in reale und in virtu-

elle Welten, wo sie aktuellen Bedürfnissen angepasst werden.

Als Beispiele gelten das Bild des Digital Gentleman, die in der

Netiquette versammelten Benimmregeln für die digitale

Welt oder der Jugend-Hype «feel like a sir».

Innovation-Camouflage Technische Innovationen tarnen sich

als vergangene Innovation. Eine Verschleierungstechnik, die

dem rasanten Fortschritt huldigt und zugleich Vertrauen zu

altbewährten Technologien schafft, so wie die Digital-Leica-

Kamera, das DAB-Radio im Retro-Look, Synthesizer-Apps

oder die Foto-Plattform Instagram.

Curated Compendium Kuratierter Zugriff auf das Stil-Archiv

vergangener Dekaden mit dem Anspruch, eine gezielte Aus-

wahl aus einer oder mehreren ganz bestimmten Stil-Epochen

zu liefern. Stile, die Art und Weise, wie etwas getragen wird,

und Artefakte werden zu einem Style-Kompendium zusam-

mengeführt und vermarktet, so beispielsweise bei Urban

Outfitters oder Asos Fashion Finder.

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GDI Impuls . Nummer 3 . 2012

IN DER RETRO-KÜCHE

Werkzeuge und Zutaten für die Produktion des Neuen aus den Vorratskammern des Archivs.

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Pastiness (engl. für kränkliches Aussehen) Bewusst herbeige-

führte Verschleisserscheinungen bei Objekten durch das Zu-

fügen von kleinen Fehlern, künstlichen Gebrauchsspuren

und Ungenauigkeiten – beispielsweise die Überstrapazierung

des Materials beim Eco-Cotton-Look und beim Used-Look.

Style-Splash («to splash», engl. für matschen) Beschreibt das

willkürliche Zusammenführen von unterschiedlichen Stilen,

Motiven, Formen aus verschiedenen Jahrzehnten und Epo-

chen. Die Ergebnisse sind, wie das T-Shirt mit Che-Guevara-

Motiv und Hello-Kitty-Allover-Print, oftmals unfreiwillig

komisch.

Downgrade (engl. für abwerten und degradieren) Technik, bei der

Hochwertiges und -preisiges imitiert und günstig für eine

breite Masse reproduziert wird. Dies kann auf ironische Weise

– wie bei mit Hermès-Motiven bedruckten Jutetaschen – ge-

schehen, aber auch kriminell motiviert sein. Eine Technik, die

polarisiert, obgleich sie spitz formuliert zur Demokratisie-

rung des Konsums führt wie bei der gefakten Louis-Vuitton-

Tasche für jedermann.

Niche-Digging Nicht mehr populäre, angestaubte Nischenpro-

dukte, Sportarten oder Betätigungen werden (durch grosse

Investitionen) popularisiert: Turmspringen von Stefan Raab,

Crashed Ice (Downhill-Rennen auf Schlittschuhen) und Fly-

ing Bach (Breakdance und klassische Musik)von Red Bull.

Back-up Unmittelbarste aller (digitalen) Retrotechniken. Ori-

ginale werden zu einer mit dem Original identischen Kopie

gespiegelt. Motivationen zur Anwendung: Sicherheitsdenken

(Spiegelung von Daten in kurzen Abständen), Nostalgie

(Wertschätzung von Originalen) und Schnellzugriff (mehr-

fache Duplizierung eines Originals, z. B. The Cloud).

Persiflage Ironischer, teils spöttischer Zugriff auf bekannte

Werke, Personen oder Ereignisse im Archiv mit dem Ziel,

eine gesellschaftskritische Satire oder eine Parodie zu schaf-

fen. Charakteristische Eigenschaften der Originale werden

überzeichnet, nicht zwingend abwertend, denn das Über-

zeichnen bestätigt die Bedeutung des Originals. Beispiele:

iPhone mit Telefonhörer, iPhone-Hülle im Kassetten-Look.

Value-Transfering Der Kernwert einer Marke wird auf Genre-

fremde Produkte angewendet, zum Beispiel M-Stars der

Migros: Seehund, Bär und Affe der Eis-Eigenmarken dienen

als Vorlage zu einer T-Shirt-Kollektion. Auch: Ferrari-Parfüm,

Armani-Handy.

Freeze Durch wiederholtes Hervorholen (Revival) eines

Originals Beständigkeit schaffen. Resultiert im besten Falle

in Evergreen oder Klassiker. Die Chancen, einen Klassiker

durch Repetition zu erschaffen, können durch Marken- oder

Distributionsmacht erhöht werden. Teilweise saisonale An-

wendung («Last Christmas»). Beispiele: Original Fifties-

Möbel, Ray-Ban-Brillen.

So zeigt sich, dass hinter der Vorsilbe «Retro» weit mehr

steckt als die nostalgische Verklärung des Vergangenen. Un-

ter dem Begriff «Retro» versammeln sich heute unterschied-

liche Formen des Zugriffs auf das Archiv der Stile, Objekte

und Verhaltenscodes vergangener Dekaden. Wobei sich zeigt,

dass dieser Zugriff stark von den popkulturellen Techniken

der Rekombination, des Remix, der Reproduktion und der

Referenzkultur geprägt ist.

Es scheint also an der Zeit, die heute allgegenwärtig zu

beobachtende Bezugnahme auf vergangene Zeichen- und

Symbolsysteme unter Anwendung der Vorsilbe «Retro» als

eigenständige kreative Strategie und etablierte Kulturtech-

nik in Konsum, Kreation und Alltagswelt anzuerkennen. <

Autoren:Bitten Stetter, Judith Mair und die Studierenden des Studienganges «Trends», Master of Arts in Design, Zürcher Hochschule der Künste: Patricia Muriale, Bianca Traub, Andrea Hagist, Roman Tschäppeler, Sarah Oeschger, Gerda Gaudenz, Alexander Paar, Martina Kessler, Senem Wicki.

Im Field of Excellence «Trends» des Master of Arts in Design der Zürcher Hoch-schule der Künste beschäftigen sich Studierende mit der Entwicklung von strate-gischen Designkonzepten. Die frühzeitige Antizipation und die designorientierte Artikulation von Trends sind Kernkompetenzen dieses Studienganges. Leitung: Bitten Stetter / http://master.design.zhdk.ch

Der Zugriff auf Bekanntes kannauch ironisch erfolgen – wie beim iPhone mit Telefonhörer.

Wer ein Original immer wiederhervorholt, kann auf diese Weiseeinen Klassiker schaffen.

Lifestyle . Retro-Innovation . Judith Mair, Bitten Stetter

Page 9: Retro-Innovation, GDI Impuls Nr. 3/2012

Neue Trends bewusst machen – welche Chancen bieten sich?

Der Efficiency-Club Basel lädt Sie herzlich ein zur nächsten Veranstaltung im Rahmen desTREND FORUMS BASEL

November 2012 Display-Technologien von morgen – verschmelzen Reales und Virtuelles?

Genaue Daten, Orte und Näheres finden Sie unter www.trendforum-basel.ch

In Zusammenarbeit mit

Sponsoren/Veranstaltungspartner

Neue Trends bewusst machen – welche Chancen bieten sich?

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Genaue Daten, Orte und Näheres finden Sie unter www.trendforum-basel.ch

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GDI ImpulsWissensmagazin für Wirtschaft, Gesellschaft, Handel

IHR ABONNEMENT AUF DAS RELEVANTE NEUESichern Sie sich den Zugriff auf ein einzigartiges Informa­tionsnetz für innovative Ideen. In GDI Impuls präsentieren Ihnen renommierte Autoren alle drei Monate die wichtigsten Trends und Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft, Marke ting, Konsum und Management – unverdünnte Infor­mationen zum Wandel der Märkte. Unser Wissensmagazin richtet sich an Vordenker und Ent­scheider in Unternehmen, an Menschen die sich beruflich mit der Entwicklung der Konsumgesellschaft beschäftigen. Sie erhalten ein kompetentes Update über das relevante Neue sowie Denkanstösse am Puls der Zeit. Das Gottlieb Duttweiler Institute in Rüschlikon / Zurich ist ein unabhängiger, weltweit vernetzter Thinktank und eine wich­tige Plattform für zukunftsorientiertes Denken.

AUTORENLISTE (AUSZUG)Kofi Annan: Die afrikanische Herausforderung . Norbert Bolz: Religion ist der Antitrend zu allen Trends – Und deshalb Trend . Dieter Brandes: Die Kunst des Weglassens . Thomas Davenport und Jeanne Harris: Das Handbuch der Prognose­Techniken . Dagmar Deckstein: Klasse­Bewusstsein für Manager . Daniel Goleman: Emotionales Management . Tim Renner: «Warum Bauen Autobauer keine Fahr räder?» . Phil Rosen zweig: «Manager lassen sich über das Geheimnis des Erfolgs systematisch täuschen» . Douglas Rushkoff: «Der in­teraktive Raum ist heute ebenso verschmutzt wie die Shop­ping­Mall» . Edgar Schein: Vier Gesichter der Führung . Burkhard Spinnen: Kapitalismus, Sozialismus, Fraternismus . Peter Wippermann: Sozialer Reichtum . Klaus Woltron: Wie man Engelskreise konstruiert . Muhammad Yunus: Soziales Business

FAX-ANTWORTSummaries aller Artikel finden Sie unter www.gdi­ impuls.ch. Über das Archiv können einzelne Beiträge online bezogen werden. Unseren Leserservice er reichen Sie unter Tel +41 41 329 22 34 (oder E­Mail: gdi­[email protected]) – oder faxen Sie uns einfach diesen Talon an: Fax +41 41 329 22 04

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