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www.klassikakzente.de • C 43177 • 2 • 2010 Bryn Teufel BRYN TERFEL ALS BöSEWICHT Anna Netrebko RUSSISCH IN SALZBURG Hilary Hahn ALEXANDER LIEBREICH üBER DAS BACH-PROJEKT Dietrich Fischer-Dieskau EXKLUSIV: DAS INTERVIEW ZUM 85. GEBURTSTAG Cecilia Bartoli „SACRIFICIUM“ AUF DVD

• C 43177 • 2 • 2010

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www.klassikakzente.de • C 43177 • 2 • 2010

Bryn TeufelBryn Terfel als BösewichT

Anna Netrebko russisch

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Hilary Hahn alexander lieBreich

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Bach-ProjekT

Dietrich Fischer-Dieskau exklusiv: das inTerview

zum 85. geBurTsTag

Cecilia Bartoli „sacrificium“ auf dvd

THE ART OF CHOPINARGERICH. LANG LANG. POLLINI U.V. A.

DG 2 CD 480 3405

Die Hommage zum 200. Geburtstag

ARGERICH SPIELT CHOPINDIE RUNDFUNKAUFNAHMEN

DG CD 477 7557

Die Entdeckung des Jahres

FRIEDRICH GULDA: CHOPINMIT BISHER UNVERÖFFENTLICHTEN AUFNAHMEN

DG 2 CD 477 8724

INFORMATIONEN ZUM 200-JÄHRIGEN CHOPIN-JUBILÄUM UNTER WWW.CHOPIN-200.DE

Die Uberraschung des Jahres

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KA_Chopin_210x297_ISOweb.indd 1 02.03.2010 11:57:16 Uhr

Intro

4 CarmeninMünchen•SpielendschreibenRenéeFleminginderWaldbühne

GlückwünschezumGrammy

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6 BrynTerfel:„AClassbyHimself“

IntervIew

10 DietrichFischer-Dieskau: „MiteinemWort:Rhythmus“

MagazIn

12 AnnaNetrebko:Durchunddurchrussisch14 FauréQuartett:DasWunderkindund derDichterfürst15 YujaWang:AusderNeuenWelt16 Anne-SophieMutter:LiebesbriefinDurundMoll17 DasVeröffentlichungsregister zumRausnehmen20 Live:AktuelleTourdaten21 CeciliaBartoli:Bartolisehen,hören undsterben!22 GustavMahler:Recomposedby MatthewHerbert23 DerklassischeFragebogen, beantwortetvonAliceSaraOtt24 DasandereJubiläum:FriedrichGuldazum80.25 RiccardoChailly:Bach-Monument26 HilaryHahn:BachsBrenn-undTiefenschärfe27 DVDsderMetropolitanOpera:Mehralsnur indererstenReihe

reIngehört

28 AlleneuenVeröffentlichungen ausführlichvorgestellt

ServIce

34 KulturSPIEGEL-Klassik-CD-Bestsellerliste Vorschau

Klassikakzente wird herausgegeben von

liebe Musikfreundin, lieber Musikfreund,

das Chopin-Jahr ist eingeläutet und neben so gestandenen Inter-pretinnen und Interpreten wie Martha Argerich und Nelson Freire ist es vor allem die junge Pianisten-Generation, die ihren ganz per-sönlichen Anspruch auf das Œuvre eines der populärsten Kompo-nisten der Musikgeschichte erhebt. Unter dem Motto „Next gene-ration Chopin“ waren und sind es vor allem der polnische Chopin-Wettbewerb-Preisträger Rafał Blechacz mit seiner Einspielung der beiden Klavierkonzerte und die deutsch-japanische Pianistin Alice Sara Ott mit ihrer hochgelobten Gesamteinspielung der Walzer, welche das neue Bild der jungen Chopin-Interpreten prägen.In diesem Zusammenhang nun ist Alice Sara Ott, gerade 21 Jahre jung, mit einer genau auf die medialen Gewohnheiten ihrer Gene-ration zugeschnittenen Idee an die Öffentlichkeit getreten. In Zeiten, in denen „social networks“ wie Twitter, MySpace und Face-book zum kommunikativen Alltag junger Menschen zählen wie einst der obligatorische wöchentliche Anruf bei den besorgten Familien, hat sich Alice Sara Ott mit einem persönlichen Aufruf zu einem Chopin-Wettbewerb für interessierte Laien zu Wort gemel-det. Um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können, müssen die Teilnehmer bei Facebook registriert sein und können dann ihr Video eines klar erkennbaren, selbst gespielten Chopin-Stücks ihrer persönlichen Wahl auf der Fanpage von Alice Sara Ott bei Facebook hochladen. Alle Facebook-Nutzer und Fans der Seite können die eingereichten Videos anschließend kommentieren. Teilnahmeschluss ist der 30. April 2010 um 16:00 Uhr. Alice Sara Ott wird aus allen eingereichten Videos eine Gewinnerin oder einen Gewinner persönlich auswählen und ihre Wahl begründen. Die Adresse: www.facebook.com/alicesaraottZu gewinnen gibt es zwei Karten für ihr Konzert am 3. Juni 2010 in Dresden, inklusive Kosten für Reise und Übernachtung sowie ein Treffen mit der Künstlerin im Anschluss an das Konzert, um die Künstlerin persönlich kennen zu lernen. Und somit ist auch der gute alte Frédéric Chopin im digitalen Zeitalter angekommen: Will-kommen im 21. Jahrhundert, Pan Chopin!

In diesem Sinne wünscht Ihnen schon einmal frohe Ostern

Ihr andreas Kluge

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Editorial

AndreasKluge

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CarmeninMünchenSeit rund 30 Jahren führen Häuser in aller Welt Jean-Pierre Ponnelles legendäre Carmen-Inszenierung auf, darunter die Opern in San Francisco, Chicago, Zürich und München. Schon in den 70er Jahren betonte der franzö-sische Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner das Baro-cke an dem Stoff – im Gegensatz zu seinen Zeitgenos-sen. Wo Ponnelle auf psychologische Führung der Sänger und Stofftreue setzte, versuchten andere Inszenierungen oft allzu bemüht, modern zu sein. Anfang Juni bekommt die Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper in Mün-chen noch einmal neuen Glanz durch die Traumbesetzung Elīna Garanča/Jonas Kaufmann/Ildebrando D’Arcangelo. Zwei von ihnen sind ohnehin schon ein eingespieltes Team: Elīna Garanča und Ildebrando D’Arcangelo hatten bereits im Herbst 2009 in London für Furore gesorgt.

Intro

EugeneDrucker(2.v.l.),EmersonStringQuartet

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SpielendschreibenEugeneDrucker,MitbegründerdesEmersonStringQuartets,tauschtdieGeigegegendieComputertastaturundreüssiertauchaufdemGebietderLiteratur.InseinemRomandebüt„Wintersonate“schreibterberührendüberdieMachtunddasWesenderMusikundöffnetEinblickeindasInnenlebeneinesMusikers.EsisteinMusikromanderbesonderenArt,dennderaufwühlendeRahmenderGeschichtebasiertaufErlebnissenseinesVatersim„DrittenReich“undaufDruckerseigenenErfahrungenbeiAuftritten inKrankenanstalten.Der1952geboreneAutorstudierteanderJuilliardSchoolbeiOscarShumskyundanderColumbiaUniversityEnglischundLitera-turwissenschaftundlebtheuteinNewYork.AlsMitglieddesEmersonStringQuartetshaterunteranderemachtGrammysunddreiGramophoneAwardsgewonnen.

EugeneDruckerWintersonateOsburgVerlagISBN:978-3-940731-35-7

EugeneDrucker,ViolineundAutor

RenéeFleming

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GlückwünschezumGrammySchonzum52.Malfieberteam31.JanuardieinternationaleMusikszenedemUrteilderGrammy-Juryentgegen,dieausdenschonimSeptemberbekanntgegebenenNominiertendiebestenKünstlerdesJahresherauspickten. DeutscheGrammophonundDeccakönnengleichzweiGewinnerngratulieren:InderKategorieBesteKammermusik-DarbietungwurdedasEmersonStringQuartetfür„IntimateLetters“geehrt.Nach25JahrenLive-ErfahrungmitdenKom-positionenvonJanáčekundMartinůwarensieletztesJahrendlichdamitinsStudiogegangen–mitErfolg.DieandereTrophäeginginderKategorieBesteklassischeGesangsdar-bietunganRenéeFlemingfür„Verismo“,ihrAlbummitArienausderZeitrundumdieletzteJahrhundertwende.Wirschlie-ßenunsdenGlückwünschenan.Nominiertwarenaußerdem:

Beste Soloinstrument-Darbietung mit orchesterBélaBartók:Concertos • Berliner Philharmoniker • London Symphony Orchestra • Dirigent: PierreBoulezBeste Soloinstrument-Darbietung ohne orchesterSonatas&Etudes• YujaWang, KlavierBeste Darbietung eines KleinensemblesVivaldi:Concertos • DanielHope, Violine • AnneSofievonOtter, Mezzosopran • Chamber Orchestra of Europe Beste klassische gesangsdarbietungBelCantoSpectacular • JuanDiegoFlórez, Tenor

RenéeFleminginderWaldbühneDastraditionelleSommerkonzertderBerlinerPhilharmoni-kerfindetauchdiesesJahrwiederinderWaldbühnestatt.Am27.JunispielendiePhilharmonikerunterDirigentIonMarin.DergeboreneRumänemitösterreichischemPassundWohnsitzinderSchweizfreutsichaufdieeinmaligeAtmosphäremittenimGrunewald:„FüreinenklassischenMusikergibteswohlkeineaufregendereErfahrung,alsseineGefühlemiteinemsogroßenPublikumzuteilen.“UndmitdemgroßenPublikumwirdgroßesProgrammgeteilt:Solistin istandiesem lauenSommerabendab20:15UhrdiefrischgekürteGrammy-PreisträgerinRenéeFleming.DieSopranistinwirdnichtnurStrausssingen,esstehenauchihrepreisgekröntenVerismo-ArienaufdemProgramm.

Titel

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Gut als Böser:Bryn Terfel

In der Welt der Oper gibt es viele goldene Regeln. Eine lautet, dass der strahlende Held immer ein Tenor sein muss. Für einen Bass oder einen Bariton bleiben in der Regel „nur“ die Bösewichter übrig. Der walisische Opernstar Bryn Terfel (Jahrgang 1965) hat aus der vermeintlichen Not eine grandiose Tugend gemacht und den finsteren Gestalten der Musikgeschichte eine ganze CD gewidmet, die bezeichnenderweise den Titel „Bad Boys“ trägt. Ein Grund für diese CD sei gewesen, so Terfel, dass er nach seiner hochgelobten CD „Opera Arias“, die 1996 zusammen mit dem Orchester der Metropolitan Opera unter James Levine entstand, endlich wieder eine Arien-CD aufnehmen wollte. Anderer- seits sollte diese neue CD aber auch seinen weit gefassten musikalischen Horizont doku-mentieren, denn mit dem mörderischen Barbier Sweenie Todd aus Stephen Sondheims Erfolgsmusical, dem Drogendealer Sportin’ Life aus Leonard Bernsteins Musical- Evergreen „Porgy & Bess“ oder dem Mackie Messer aus Brechts und Weills „Drei- groschenoper“ sind auch bekannte Stücke aus der Welt des Musicals vertreten. Immer- hin sang Terfel den dämonischen Sweenie Todd bereits 2002 in Chicago und arbeitete seinerzeit direkt mit Stephen Sondheim zusammen, was der Waliser bis heute als eines der Highlights seiner Karriere bezeichnet. „Sweenie Todd gehört auch definitiv zu meinen Top Drei auf dieser CD“, bekräftigte Terfel in einem Interview für den Londoner „Telegraph“. Einer, der sich mit dem „Bösen“ bestens auskennt, ist die Schauspieler-Legende Sir Christopher Lee. Vom blutsaugenden Vampir Dracula bis zu Francisco Scaramanga, dem sinistren Gegenspieler von Sir Roger Moore in dem James-Bond-Streifen „Der Mann mit dem goldenen Colt“, vom machtgierigen Dr. Fu Manchu bis zum brutalen Count Dooku in George Lucas’ „Star Wars“-Epos und, nicht zu vergessen, dem verschlagenen Zauberer Saruman in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie – der mittlerweile 87-jährige Lee be-herrscht die Gestaltung der Finsterlinge wie kein Zweiter in der Filmgeschichte. „Anthony Hopkins hat es einmal auf den Punkt gebracht. Er sagte: Ich spiele keine Bösewichter, sondern ich spiele Menschen. Das entspricht genau meiner Auffassung.“

„A Class by Himself“

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Film-Bösewicht und Opernliebhaber Sir Christopher Lee über den walisischen Bassbariton .

Bryn Terfel und dessen neue CD „Bad Boys“.

Die fortwährende Faszination des Bösen erklärt Lee damit, dass die Finsterlinge einfach mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben. „Ein Held muss immer ein Held sein, er darf keine Fehler machen. Ein Bösewicht darf charmant, ironisch, verschlagen, ei-fersüchtig oder süffisant sein. Er darf seine Bosheit verschleiern, bis sie irgendwann doch zum Vorschein kommt. Dadurch werden diese Figuren zu schillernden Charakteren, die uns trotz ihrer Bos-heit irgendwie faszinieren.“ „Unabhängig davon, wie dramatisch oder böse eine Partie ist, und egal, wie oft man auf der Bühne stirbt, man muss sie doch un-terhaltend gestalten“, äußerte sich Bryn Terfel über seinen gene-rellen Anspruch – nicht nur bei der neuen CD. „Das habe ich in meiner Karriere als Schauspieler natürlich oft erfahren“, stimmt Sir Christopher Lee Terfel zu. „In meiner Autobiographie habe ich vor ein paar Jahren geschrieben, dass die meisten Leute nicht begrei-fen, wie schwierig es ist, überzeugend zu sterben. Um ein guter und überzeugender Schauspieler zu sein, muss man eine Rolle wirklich leben und man muss sein eigenes Wissen, seine eigenen Erfahrungen einbringen. Das Gleiche gilt für Sänger. Es reicht nicht, eine Rolle einfach nur zu singen, man muss sie eben auch gestal-ten. Diese hohe Kunst findet man nicht allzu häufig in der Oper“, analysiert der Opernfan Lee.

„Bryn Terfel beherrscht diese Aufgabe. Sie müssen wissen, dass Bryn ein Waliser ist. Das allein erklärt schon vieles, denn die Waliser sind bekannt dafür, dass sie die Musik lieben und gern sin-gen. Es gibt tausende Waliser, die in ihrer Freizeit in den vielen Chören des Landes singen. Bryn Terfel ist jedoch, wie wir im Eng-lischen sagen, ‚a class by himself‘! Er ist in physischer Hinsicht eine imposante Erscheinung, er ist groß und stark. Und seine Stimme entspricht seiner körperlichen Statur, sie verfügt über eine enorme Kraft und besitzt eine große Ausstrahlung. Aber er ist ebenso in der Lage, piano und pianissimo zu singen und auch dies sehr überzeugend zu gestalten“, stimmt Sir Christopher Lee ein Loblied auf seinen langjährigen Freund an. Dass bei der Entscheidung für Terfels neue CD „Bad Boys“ – möglicherweise unbewusst – auch die Freundschaft mit Sir Chri-stopher Lee eine Rolle spielte, verneint der. „Da überschätzen Sie meinen Einfluss“, erklärt die Schauspieler-Ikone lächelnd. „Aber ich kenne ihn schon viele Jahre und wir sind inzwischen freundschaft-lich verbunden. Das erste Mal habe ich ihn als Masetto in Mozarts ‚Don Giovanni‘ erlebt. Das ist schon viele Jahre her, aber ich erin-nere mich noch immer daran, dass er in dieser eher kleinen Rolle das gesamte Publikum begeisterte. Danach habe ich ihn auch als Verdis Falstaff gesehen und er war wieder überwältigend“, erzählt

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„Bryn Terfel ist deshalb so überzeugend, weil er seine Figuren wirklich lebt.“ Sir Christopher Lee

Titel

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Spaß in Schweden:Bryn Terfel

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Sir Christopher. „Bryn Terfel ist in komödiantischen Rollen ebenso gut wie in dramatischen. Er ist deshalb so überzeugend, weil er seine Figuren wirklich lebt. Nehmen Sie zum Beispiel seinen Swee-nie Todd von der neuen CD. Ganz abgesehen davon, dass er in Anne Sofie von Otter eine grandiose Duettpartnerin an seiner Seite hat, so singt er diese Partie mit einer diabolischen Intensität, die einem einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken treibt. Ich bin von dieser CD sehr angetan. Besonders beeindru-ckend finde ich, dass er seine Stimme stark verändert hat, je nach den Erfordernissen der jeweiligen Partie. Es ist gar nicht so leicht, zu sagen, ob hier ein Bass, ein Bassbariton oder ein Bariton singt. Der Punkt ist: Er ist alles drei.“ Wenn man Sir Christopher Lee nach seinen Favoriten befragt, muss er nicht lange überlegen. „In stimmlicher Hinsicht ist meiner Meinung nach der Scarpia seine beste Leistung. Es ist zwar keine sehr lange Arie, aber er gestaltet sie zauberhaft teuflisch. Er zeigt Scarpia als durch und durch bösen Menschen, der im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht, um seine Ziele zu erreichen“, urteilt der Opernfan Lee. „Ich mag auch seinen Sportin’ Life, den er im Slang eines Gangsters singt. Ich habe diese Partie, wie auch Sweenie Todd oder Mackie Messer, auf verschiedenen Platten selbst gesungen“, erzählt der 87-Jährige. „Ich weiß also recht ge-

nau, wo die Schwierigkeiten der jeweiligen Partien liegen. Bryn Terfel gelingt es, jeder Rolle einen ganz eigenen Charakter zu ver-leihen. In meiner Jugend habe ich davon geträumt, Opernsänger zu werden. Ich stamme ja aus einer Familie mit einer langen Opern-tradition. Aber andererseits könnte ich heute nicht mehr als Sänger arbeiten. Ich hätte meine Karriere schon vor zwanzig Jahren be- enden müssen“, sinniert Christopher Lee über seine große Liebe zur Oper. „Aber ich hoffe, dass ich Bryn Terfel noch viele, viele Jahre auf der Bühne erleben darf.“ Mit diesem Wunsch steht Sir Christopher Lee sicher nicht allein da.Holger erdmann

www.bryn-terfel.de

Bryn Terfel, BassbaritonSwedish radio ChoirSwedish radio Symphony OrchestraDirigent: Paul Daniel

Bad BoysDeutsche Grammophon

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KlassikAkzente: Herr Fischer-Dieskau, umfangreiche Editionen waren Ende der 1960er Jahre noch nicht so en vogue wie in späteren Zeiten. Was hat Sie damals gereizt, sämtliche Lieder, die Schubert für Männer-stimme komponiert hat, für die Schallplatte einzuspielen? Dietrich Fischer-Dieskau: Zunächst war es die Tatsache, dass bei dem üblichen Ka-non von Schubert-Liedern, der zu jener Zeit in Liederabenden dargeboten wurde, doch viele wertvolle Stücke unter den Tisch ge-fallen sind. Jedenfalls bin ich immer wieder auf Lieder gestoßen, bei denen ich dachte: Die müsste man eigentlich vorstellen. Was mich bei Schubert immer wieder faszinierte, war die Kongruenz von Text und Musik. Ich denke, dass es unter seinen rund 600 Lie-dern kaum eines gibt, bei dem ihm nicht eine adäquate musikalische Umsetzung des textlichen Inhalts gelungen ist. Schon des-halb lag mir eine Schubert-Edition sehr am Herzen. Dass sich die Deutsche Grammo-phon damals auf dieses Riesenunterneh-men einließ, zeugt ebenso von Vertrauen wie von Wagemut. Denn man konnte zu die-sem Zeitpunkt sicher nicht davon ausgehen, dass es auch wirtschaftlich ein Erfolg wer-den würde.

KlassikAkzente: Ihr Partner am Klavier war ein Mann, mit dem sie seit Jahren ein einge-spieltes Team darstellten, der Grandseig-neur der Liedbegleiter, über den das geflü-gelte Wort kursierte: „Liederabend Gerald Moore. An der Stimme: N.N.“ Fischer-Dieskau: Gerald Moore galt in der Musikwelt als „König der Liedpianisten“; er

war einer der Ersten, wenn nicht der Erste, der aus der Rolle des „Begleiters“ heraustrat und ein wirklicher Partner des Sängers war. Und er war ein Meister des Legatospiels. Als wir unsere erste gemeinsame Aufnahme machten, 1951 in London, gehörte er längst zu den großen Namen im Plattenkatalog. Er war 52, ich 26. Und trotz Altersunterschied und trotz der Tatsache, dass er mit den Größ ten der Musikszene konzertiert und Aufnahmen gemacht hatte, behandelte er mich, den Neuling, auf gleicher Augenhöhe. Er ging auf alles ein, was ich vorschlug, und setzte es im Handumdrehen um. Mit ihm Aufnahmen zu machen, war inspirierend und entspannend zugleich. Mit seiner ruhi-gen, humorvollen Art schuf er sogleich die Basis für gutes Gelingen. Auf unseren Tour-neen sind wir uns auch menschlich näher-gekommen. Mit seiner Frau Enid, die eben-solchen Mutterwitz hatte wie er, waren wir oft privat zusammen, und wir haben auf un-seren ausgedehnten Reisen manches Skur-rile erlebt, worüber wir noch Jahre später gelacht haben.

KlassikAkzente: Beim Start der Schubert-Edition war er schon im Ruhestand: 1967 hatte sich Moore mit einem spektakulären Farewell-Konzert in London verabschiedet. Fischer-Dieskau: Auf meine Bitte, mit mir die Schubert-Edition einzuspielen, antwor-tete er: „Dieter, es ist besser dann zu gehen, wenn noch nach einem verlangt wird, als zu warten, bis es einem nahegelegt wird.“ Er war damals schon krank. Um so dankbarer bin ich, dass er mich nach seinem offiziellen Abschied noch bei diesem Projekt begleitet

hat. Wir verstanden uns ohne viele Worte und Zeichen, und so kamen wir in den Auf-nahmesitzungen schnell voran. Wir hatten auch das Glück, mit Rainer Brock einen Produzenten zu haben, der über unglaub-lich gute Ohren verfügte. Er betreute etwa drei Viertel der Edition, die restlichen Sit-zungen übernahm Cord Garben.

KlassikAkzente: Gerald Moore hat über Sie geschrieben: „Wenn ich eine Schlussfor-mel für Fischer-Dieskaus Überlegenheit, die ihn vor jedem anderen Sänger auszeichnet, finden müsste, würde ich mit einem Wort sagen: Rhythmus. Dieser ist der Lebenssaft der Musik, und Fischer-Dieskau ist ein Meis-ter des Rhythmus.“Fischer-Dieskau: Und darauf habe ich später geantwortet: „Gerade der Rhythmus, den er so besonders an mir hervorhob, war eine seiner Haupttugenden, ein Mitgehen mit dem Partner, bei dem das Rückgrat des Metrums und Atmens nicht eingebüßt wur-de, das sich nicht im Detail verlor, sondern die große, vom Komponisten eingeschla-gene Bahn bis ans Ende verfolgte.“ Neben dieser Übereinkunft war es vor allem eines, was unsere Partnerschaft charakterisierte: gegenseitiges Vertrauen in die musikalische Integrität des anderen. So konnten wir die Herausforderung, 463 Schubert-Lieder ein-zuspielen, ruhigen Gewissens annehmen. Und es macht mich noch heute glücklich, dass wir diesen Marathon gemeinsam ge-schafft haben.Das Gespräch führte Thomas Voigt

www.dietrich-fischer-dieskau.de

Interview„Mit einem Wort: Rhythmus“

Ein Meilenstein der Schubert-Interpretation: Zum 85. Geburtstag von Dietrich Fischer-Dieskau erscheint seine legendäre Schubert-Edition mit Gerald Moore in einer limitierten, preiswerten Ausgabe auf 21 CDs.

10 www.KlassikAkzente.de

Dietrich Fischer-Dieskau, BaritonGerald Moore, KlavierVeröffentlichung: 21. Mai

Cover lag bei Drucklegung

noch nicht vor.Franz SchubertSämtliche Lieder

Deutsche Grammophon21 CDs 477 8989

Moore durfte ihn Dieter nennen:DieTriCh FiSCher-DieSKau

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Keine seichten Tändeleien:AnnA netrebko und DAniel bArenboim

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Im Juli 2009 pilgerten unzählige Klassikfans nach Mannheim, um einem Konzertereignis der ganz besonderen Art beizuwohnen. Es fiel einem nicht leicht, sich den Weg durch die zahlreichen, mit einem Schild „Suche Karte!“ bewehrten Musikliebhaber ins Foyer des Konzertsaals im Ro-sengarten zu bahnen, wo man die glücklicheren, weil bereits im Besitz einer Eintrittskarte befind-lichen Musikliebhaber in an- und aufgeregte Gespräche vertieft antraf. Alles drehte sich um An-na Netrebko und den ersten Lie-derabend ihrer glanzvollen Karri-ere, für den sie sich ausgerech-net das beschauliche Mannheim ausgesucht hatte. Die Babypau-se und erste Opernauftritte nach der Geburt ihres Sohnes lagen hinter ihr und man war gespannt darauf, wie sich die neue Anna Netrebko ihrem Publikum prä-sentierten würde. Und der russische Superstar hatte es sich und seinem Publi-kum nicht leicht gemacht. Keine Preziosen à la „Souvenirs“, son-dern russische Lieder von Niko-lai Rimsky-Korssakoff und Peter Iljitsch Tschaikowsky. Wer diese Lieder kennt, weiß: Das ist Hard-

core-Klassik. Keine seichten Tändeleien, verspielt-amourösen Miniaturen zum einfach mal so Nebenbeihören. Vielmehr sind es weitgehend schwermütige, von Verzicht, Trauer, unerfüllter Liebe und abgrundtiefer Sehn-sucht getragene Stücke, die ei-gentlich so gar nicht zu einem heiteren, sommerlichen Abend wie diesem passen wollen. Derlei ketzerische Gedanken aber verflogen im Nu, als Anna Netrebko mit ihrer Begleiterin am Flügel, Elena Baschkirowa, die Bühne betrat und das Publi-kum schon von der ersten Mi-nute an in ihren Bann zog. Da-bei galt es, ein nicht unwesent-liches Handicap zu überspielen: Die Programmhefte zum Lieder-abend mit sämtlichen Texten des Abends waren nicht recht-zeitig zum Beginn des Konzertes eingetroffen und Anna Netrebko hatte kurzerhand darauf bestan-den, dass der Text jeden einzel-nen Liedes vor ihrer Interpretati-on vorgelesen werden sollte, da-mit das Publikum – zu 90% der russischen Sprache alles andere als mächtig – auch tatsächlich verstünde, wovon sie mit ihrer dunklen, voller und schwerer ge-

wordenen Stimme sang. (Nach der Pause konnte man die Texte anhand der mittlerweile einge-troffenen Programmhefte dann individuell verfolgen.) Der Qualität und dem be-sonderen Reiz dieses Abends aber schadete diese kleine Epi-sode am Rande nicht. Mit exzel-lenter Diktion, nuancenreichem, ausdrucksreichem Singen dürf-te die Russin dem Œuvre ihrer spät romantischen Landsleute an diesem Abend viele weitere Fans gewonnen haben. Mit gro-ßer Intensität und kluger Textge-staltung im stets zwischen ver-halten und aufblühend changie-renden Gesang bezauberte die Netrebko, wie sie es wenige Wo-chen später dann, diesmal mit Daniel Barenboim am Flügel, auch auf der Bühne des Großen Salzburger Festspielhauses tat. War die „Generalprobe“ in Mann-heim so etwas wie die Probe aufs Exempel coram publico, ge-riet der Salzburger Lieder abend zu einer triumphalen Rückkehr jener Sängerin, deren kometen-gleicher Aufstieg einst in Salz-burg begonnen hatte, bevor sie zu einem jährlichen Aushänge-schild des berühmtesten Klas-

sik-Festivals der Welt avancierte. Oder anders ausgedrückt in den Worten des Rezensenten der „Süddeutschen Zeitung“: „Am Ende stand das gesamte Publi-kum im Großen Festspielhaus auf, um der Sängerin Ovationen darzubringen … Was für ein großartiges Konzert! … Netreb-ko und Barenboim verzaubern. Mit entzückendem Charme und einer leisen, fröhlichen Schüch-ternheit schafft Anna Netrebko von Beginn an eine wunderbar intime Atmosphäre.“ Dem ist nichts hinzuzuset-zen, außer vielleicht, dass, wer’s nicht glaubt und nur seinen ei-genen Ohren traut, dieses nun auf dem Livemitschnitt aus Salz-burg nachholen kann – einem Livemitschnitt, der nicht nur das Dokument eines intensiv berüh-renden Liederabends ist, son-dern auch Zeugnis ablegt von der neuen, der gereiften Künst-lerin Anna Netrebko.Andreas Kluge

www.netrebko-anna.de

TV-Tipp:18.04. um 19:15 Uhr, arte

DURCH UND DURCH RUSSISCHAnna Netrebko machte es bei ihrem Liederabend im Rosengarten sich und den Zuhörern nicht leicht – das Programm war alles andere als seicht und steckte voller Schwermut und Verzicht. Zumal auch die Programm-hefte nicht rechtzeitig fertig waren.

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Rimsky-Korssakoff • TschaikowskyIn the Still of NightDeutsche Grammophon CD 477 8589Hardcover Edition 477 8867

Anna Netrebko, SopranDaniel Barenboim, Klavier

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Felix mendelssohnWunderkind – Klavierkonzerte Nr. 2 & 3Deutsche GrammophonCD 476 3806

Fauré Quartett

Ich habe dich heute noch gar nicht gehört, mache mir ein wenig Lärm vor.Goethe zu Mendelssohn,Weimar 1821

Weimar, November 1821. Felix Mendelssohn, damals ein zwölf-jähriges Wunderkind aus bestem Berliner Hause, ist mit seinem Lehrer Carl Friedrich Zelter auf Reisen. Sie besuchen Goethe, den greisen Dichterfürsten, den Zelter schon seit vielen Jahren zu seinen Duzfreunden zählt. Zum Höhepunkt dieser Reise sollten mehrere umjubelte Pri-vatsoireen im Hause Goethe werden. „Was dieser kleine Mann im Fantasieren, Vom-Blatt-Spielen und Komponieren vermag, das grenzt ans Wunderbare, und ich habe es bei so jungen Jahren nicht für möglich gehalten.“ Mit

solch beredten Worten ist Goe-thes Reaktion auf die Auftritte des adoleszenten Mendelssohn in seinem Haus überliefert. Goe-the, der immerhin auch schon den jungen Mozart gehört hatte, ging Zelter gegenüber sogar so weit, Mendelssohn den Vorzug zu geben, überliefert ist sein Aus-spruch „Was aber dein Schüler jetzt schon leistet, mag sich zum damaligen Mozart verhalten wie die ausgebildete Sprache eines Erwachsenen zu dem Lallen eines Kindes“. Mendelssohn und Zelter weil-ten über mehrere Wochen bei Goethe, es entwickelte sich ein über die Maßen herzliches Ver-hältnis, der geniale Teenager musizierte fast täglich mehrere Stunden zu Goethes Privatver-gnügen. Bis 1825 besuchte Men delssohn seinen illustren Mentor insgesamt dreimal, bei

jedem Besuch führte er Skizzen oder vollendete Versionen seiner Klavierquartette auf, deren vier-tes und letztes Johann Wolf-gang von Goethe gewidmet ist. Die neue CD des Fauré Quartetts präsentiert Felix Men-delssohns Klavierquartette Nr. 2 und Nr. 3, die der Komponist in den Jahren 1823 bzw. 1825 vollendete. Erika Geldsetzer, Dirk Mommertz, Sascha Frömbling und Konstantin Heidrich haben diese Werke 2009 ins Zentrum ihrer Konzertaktivitäten gesteckt, die Aufnahme setzt also einen gültigen Schlusspunkt unter das Mendelssohn-Jahr des Quar-tetts. Dabei gingen die Aktivi-

tä ten der ECHO-prämierten For-mation weit über das Erarbei-ten der Musik hinaus: Auch der biographische Hintergrund des jungen Mendelssohn sowie die Entstehungsgeschichte der Kla-vierquartette wurden intensiv er-forscht und bildeten die Basis für einen literarischen Essay zu die-sen Themen, den das Quartett in Konzerten gemeinsam mit der Musik präsentiert hat. Eine Ver-bindung aus Wort und Musik al-so, die, über das CD-Beiheft, jetzt jedem Klassikliebhaber zu-gänglich gemacht worden ist.Harald reiter

www.faure-quartett.de

Das Wunderkind und der DichterfürstJohann Wolfgang von Goethe war sein Fan und Mentor und für den großen deutschen Dichter spielte der junge Mendelssohn und komponierte Versionen seiner unerreichten Klavierquartette.

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ECHO-Preisträger:FAuré QuArtett

Strawinsky • Scarlatti • brahms • ravelTransformation

Deutsche GrammophonCD 477 8795

Yuja Wang, klavierVeröffentlichung: 14. mai

Auf ihrem zweiten Album wagt sich die in New York lebende Chinesin Yuja Wang an einige der größten Werke der Klavierliteratur: Brahms’ Paganini-Variationen, Ravels „La Valse“, Scarlattis Sonaten in e- und h-Moll. Die besondere Herausforderung: Strawinskys „Petruschka“ hatte sie noch nie zuvor gehört.

Aus der Neuen Welt

Ein Ausnahmetalent ist sie, die-se Yuja Wang. Fragen Sie nur Claudio Abbado. An diesem Nachmittag hat der Dirigent we-nig auszusetzen an dem kraft-vollen Anschlag der jungen Pia-nistin. Konzentriert probt sie mit dem Orchestra Mozart für ein Konzert im Teatro Manzoni in Bologna. Ihre winzigen Hände scheinen über die Tastatur zu fliegen, dabei entfachen sie ei-nen musikalischen Wirbelsturm. Natürlich kann die Chinesin sehr schnell spielen, oft will sie das nur gar nicht: „Immer diese halsbrecherischen Virtuosenstü-cke, das reicht mir nicht.“ Längst hat sie sich an jene Werke ge-wagt, die gefühlvoll-bedeutungs-schwer sind. Für ihre Debüt-CD intonierte sie mit Chopin, Scria-bin und Liszt nicht eben leichte Kost. Einzig Ligeti tanzte aus der Reihe: „Seine Etüden sollten die recht dramatischen Klänge ein bisschen auflockern.“ Dabei ver-langen gerade sie einem Inter-preten technische Brillanz ab. Yuja Wang, 23, bewies sie – und wurde mit einer Grammy-Nomi-nierung für ihr Album belohnt. Sie ist der vorläufige Höhepunkt ihrer Erfolgsgeschichte. Sieben Jahre war sie alt, als sie ihre Klavierausbildung am Pekinger Zentral-Konservatori-um begann. Mit 14 zog die Toch-ter einer Tänzerin und eines Schlagzeugers ganz allein nach Calgary, sie studierte am Mount Royal College. Ein Jahr später-wechselte sie ans Curtis Insti-

tute in Philadelphia. Sie nahm Unterricht bei Gary Graffman. Er hatte schon immer ein bemer-kenswertes Gespür für Hochbe-gabte und betreute auch Lang Lang. Vor allem aber führte er Yuja Wang an Kammermusik he-ran. Oder an zeitgenössische Kompositionen. Als sie die hörte, war sie sofort Feuer und Flam-me: „Diese Partituren gab es in China gar nicht. Dort spielten wir meistens Beethoven oder Mo-zart. Und zwar exakt so, wie es unsere Lehrer für richtig hielten.“ Die Ausbildung in ihrer Hei-mat war ziemlich schmalspurig. Weder eigene Ideen noch künst-lerische Freiheit entsprachen den Vorstellungen der Obrigkeit. Folgerichtig entdeckte sie erst in Amerika Prokofieff und andere Russen: „Ihre Werke sind dyna-misch, so vital. Das liegt mir.“ Darum nahm sie sich vor, für ih-re zweite CD „Transformation“ neben Brahms, Ravel und Scar-latti auch Strawinsky einzuspie-len. Dass sie sich vorab keine anderen Aufnahmen anhörte, hat die Sache für sie enorm er-leichtert: „Mein Interesse ist, mich nicht beeinflussen zu las-sen. Ich will wirklich eine ganz eigene Interpretation finden.“Dagmar leischowwww.yuja-wang.de

Yuja Wang im TV:26.05. um 19:15 Uhr, arte (mit Martha Argerich) Livetermine siehe Seite 20

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Europa als Neue Welt:YujA WAnG

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Der Mann war ein Schwärmer, durch und durch. Und weil er zudem ein begnadeter Barde aus dem Geiste der roman-tischen Anschauung war, nimmt es kaum Wunder, dass ihm das wohl sängerischste unter den Streichinstrumenten für so manch genialische komposito-rische Tat diente. Und so schrieb Johannes Brahms nicht nur das vielleicht schönste (und schwie-rigste) Violinkonzert des gesam-ten 19. Jahrhunderts, er warf auch, gleichsam im Vorbei-schwelgen (und glänzend bera-ten durch den famosen Joseph Joachim), drei Sonaten für Kla-vier und Violine zu Papier, von denen jede beanspruchen darf, die zauberhafteste zu sein. Drei Schwestern also, de-nen Anne-Sophie Mutter schon sehr früh begegnete. Gerade sechs war sie, mithin ein kleines Mädchen, das noch ganz am

Anfang einer (dann über die Ma-ßen erfolgreichen) Karriere stand, als sie die Sonaten im Konzert hörte – mit dem legendären Da-vid Oistrach und Frieda Bauer am Klavier. Es dauerte nur we-nige Augenblicke, bis sie völlig gebannt war. Und das nicht nur, wie sie sagt, wegen Oistrachs samtig-sanftem, frühlingshaftem Ton, sondern vor allem wegen der Werke selbst, die ja wirklich in der Gattung auf beinahe ein-samer Höhe stehen, und das trotz der (ebenfalls phantasti-schen) drei Sonaten eines Ro-bert Schumann. Während ihrer gesamten Laufbahn haben diese exquisi-ten Brahms’schen Kompositi-

onen Mutter begleitet. Im Kon-zert hat sie eine von ihnen immer wieder mal gespielt. Auf eine Gesamtaufnahme musste man indes ziemlich lange warten. Der Grund liegt in der Überzeugung dieser phänomenalen Geigerin, dass man – zumindest was die CD-Aktivitäten angeht – gleich-sam projektweise interpretieren müsse, sprich: sich auf „nur“ ei-nen bedeutenden Komponisten einlassen. Und wo ein Mozart- oder ein Beethoven-Zyklus den ganzen Künstler einnimmt, ist es eben schier undenkbar, sich en passant auch noch mit einem anderen der Großen zu beschäf-tigen. Nun hat das Warten aber

endlich ein Ende. Die Sonaten sind im Kasten. Und man verrät kaum zu viel, wenn man diese Aufnahme als ein Kleinod be-zeichnet. Die technische Meis-terschaft Anne-Sophie Mutters ist bewundernswert – und die habituelle Übereinstimmung, die sie im Zusammenspiel mit ihrem langjährigen Klavierpartner Lam-bert Orkis erzielt, eine perfekte. Was aber vor allem besticht, ist der private Tonfall dieser Auf-nahme, die Innigkeit, mit der hier musiziert wird. Wie Liebesbriefe, von zarter Hand geschrieben, klingen die drei Sonaten für Kla-vier und Violine von Johannes Brahms in dieser Interpretation. Was wiederum nur denjenigen erstaunen wird, der nicht weiß, was für ein schwärmerischer Mensch Anne-Sophie Mutter sein kann.Paul Hackswww.anne-sophiemutter.de

Liebesbrief in Dur und Moll Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis spielen Johannes Brahms’ Sonaten für Klavier und Violine.

Im Vorbeischwelgen:Anne-SoPHie mutter

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Magazin

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johannes brahmsDie ViolinsonatenDeutsche GrammophonCD 477 8767

Anne-Sophie Mutter, ViolineLambert Orkis, klavier

Alle Neuerscheinungen von März bis Juni 2010

EinzelveröffentlichungenGustav mahler Sämtliche Werke

Deutsche Grammophon 18 CDs 477 8825 (limited edition)

berliner Philharmoniker • boston Symphony orchestra u.a.

Dirigenten: Abbado • Bernstein • Boulez • Karajan • Mehta u.a.

robert Schumann Schumann Gold

Deutsche Grammophon 2 CDs 477 8817

berliner Philharmoniker u.a. • Dirigenten: Bernstein • Gardiner

Kubelik • Karajan • Solti u.a. Veröffentlichung: mai

Georges bizet Carmen

Decca CD 475 7646

Andrea Bocelli, tenor • orchestre Philharmonique de radio France

Dirigent: Myung-Whun Chung

umberto Giordano Andrea Chénier

Decca CD 478 2382

Andrea Bocelli, tenor • orchestra e Coro Sinfonica di milano Giuseppe

Verdi • Dirigent: Marco Armiliato

robert Schumann Schumann – The Masterworks

Deutsche Grammophon 35 CDs 477 8816 (limited edition)

berliner Philharmoniker u.a. • Dirigenten: Britten • Gardiner

Kubelik • Masur • Solti u.a. Veröffentlichung: mai

johann Sebastian bach

Die 6 Brandenburgischen Konzerte

Decca 2 CDs 478 2191

Gewandhausorchester leipzig • Dirigent: Riccardo Chailly

johann Sebastian bach

Matthäuspassion

Decca CD 478 2194

Gewandhausorchester leipzig • Dirigent: Riccardo Chailly

johann Sebastian bach Weihnachtsoratorium

Decca CD 478 2271

Gewandhausorchester leipzig

Dirigent: Riccardo Chailly Veröffentlichung: november

joseph Haydn Concertos for Harpsichord & Violin

l’oiseau-lyre CD 478 2243

Accademia bizantina

Dirigent & Cembalo: Ottavio Dantone Veröffentlichung: mai

ruggero leoncavallo La nuit de mai

Deutsche Grammophon CD 477 6633

Plácido Domingo, tenor • Lang Lang, klavier • orchestra del teatro

Comunale di bologna • Dirigent: Alberto Veronesi

ruggero leoncavallo I Medici

Deutsche Grammophon CD 477 7456

Plácido Domingo, tenor • orchestra e Coro del maggio musicale

Fiorentino • Dirigent: Alberto Veronesi Veröffentlichung: mai

Strawinsky • revueltas Le sacre du printemps • La noche de los Mayas

Deutsche Grammophon CD 477 8775

Simón bolívar Youth orchestra of Venezuela

Dirigent: Gustavo Dudamel Veröffentlichung: 28. mai

Antonín Dvořák

Old World – New World

Deutsche Grammophon CD 477 8765

emerson String Quartet Veröffentlichung: mai

Felix mendelssohn

Wunderkind – Klavierkonzerte Nr. 2 & 3

Deutsche Grammophon CD 476 3806

Fauré Quartett

Franz Schubert Lieder

Deutsche Grammophon 21 CDs 477 8989

Dietrich Fischer-Dieskau, bariton

Gerald Moore, klavier Veröffentlichung: 21. mai

Dietrich Fischer-Dieskau Meine schönsten Schubert-Lieder

Deutsche Grammophon CD

Dietrich Fischer-Dieskau, bariton

Gerald Moore, klavier Veröffentlichung: 21. mai

Christoph Willibald Gluck Orphée et Eurydice

Decca CD 478 2197

Juan Diego Flórez, tenor • Coro y orquesta titular del teatro real

Dirigent: Jesús López-Cobos Veröffentlichung: April

Frédéric Chopin

Nocturnes

Decca 2 CDs 478 2182

Nelson Freire, klavier

johann Sebastian bach Passionen, Weihnachtsoratorium & Kantaten

Archiv Produktion 22 CDs 477 8735

monteverdi Choir • english baroque Soloists

Dirigent: Sir John Eliot Gardiner

osvaldo Golijov La pasíon según San Marcos

Deutsche Grammophon 2 CDs + DVD 477 7461

members of the Simón bolívar Youth orchestra of Venezuela

Dirigent: María Guinand

richard Strauss Friedrich Gulda spielt Richard Strauss

Deutsche Grammophon CD 480 0931

Friedrich Gulda, klavier • Wiener Philharmoniker

Dirigent: Lorin Maazel Veröffentlichung: 30. April

johann Sebastian bach Violin and Voice

Deutsche Grammophon CD 477 8092

Hilary Hahn, Violine • Christine Schäfer, Sopran • Matthias Goerne

Dirigent: Alexander Liebreich Veröffentlichung: 28. mai

Gustav mahler Symphony X – Recomposed by Matthew Herbert

Deutsche Grammophon CD 273 4438 • 2 lPs 273 4451

Matthew Herbert • Philharmonia orchestra

Dirigent: Giuseppe Sinopoli Veröffentlichung: 28. mai

beethoven • brahms • Schubert • Schumann

Radu Lupu – Sämtliche Decca Solo-Aufnahmen

Decca 10 CDs 478 2340

Radu Lupu, klavier

johannes brahms

Die Violinsonaten

Deutsche Grammophon CD 477 8767

Anne-Sophie Mutter, Violine • Lambert Orkis, klavier

rimsky-korssakoff • tschaikowsky

In the Still of Night

Deutsche Grammophon CD 477 8589 • Hardcover edition 477 8867

Anna Netrebko, Sopran • Daniel Barenboim, klavier

Rosso – Italian Baroque Arias

Deutsche Grammophon CD 477 8763

Patricia Petibon, Sopran

Venice baroque orchestra • Dirigent: Andrea Marcon

Ravi Shankar – The Master

Sämtliche Deutsche-Grammophon-Aufnahmen

Deutsche Grammophon 3 CDs 477 8798

Ravi Shankar, Sitar • Alla Rakha, tabla u.a.

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Bad Boys

Deutsche Grammophon CD 477 8091

Bryn Terfel, bassbariton • Swedish radio Choir • Swedish radio

Symphony orchestra • Dirigent: Paul Daniel

George Gershwin Gershwin

Decca CD 478 2189

Jean-Yves Thibaudet, klavier

baltimore Symphony orchestra • Dirigent: Marin Alsop

Strawinsky • Scarlatti • brahms • ravel

Transformation

Deutsche Grammophon CD 477 8795

Yuja Wang, klavier Veröffentlichung: 14. mai

Gustav mahler Das Lied von der Erde

Deutsche Grammophon CD 477 8988

Fritz Wunderlich, tenor • Dietrich Fischer-Dieskau, bariton

bamberger Symphoniker • Dirigent: Joseph Keilberth

Gráyna bacewicz Klaviersonate Nr. 2 • Klavierquintette Nr. 1 & 2

Deutsche Grammophon CD 477 8332

Krystian Zimerman, klavier • Kaja Danczowska • Agata Szymczewska,

Violine • Ryszard Groblewski, Viola • Rafal Kwiatkowski, Cello

Eloquence JuniorWolfgang Amadeus mozart

Ein Kind reist durch Europa – Hörspiel von Wolfgang rogge

Deutsche Grammophon CD 476 3824

Dirigenten: Karajan • Böhm u.a.

Eine kleine Tiermusik

ein heiteres konzert von Fröschen, elefanten & Schildkröten

Decca CD 480 3577

Dirigenten: Karajan • Levine u.a.

EloquenceDie erfolgreiche Klassikserie reflektiert

die ganze Welt der Klassik in überragenden Aufnahmen

von Deutsche Grammophon und Decca.

Best of Schumann

Deutsche Grammophon CD 480 3561

Verschiedene Solisten • berliner Philharmoniker

Dirigenten: Abbado • Karajan • Levine u.a.

Frédéric Chopin Klaviersonaten Nr. 1 c-Moll op. 4

Nr. 2 b-Moll op. 35 • Nr. 3 h-Moll op. 58

Decca CD 480 2904

Vladimir Ashkenazy, klavier

johannes brahms Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83

Balladen op. 10 Nr. 1–4

Decca CD 480 3516

Alfred Brendel, klavier • berliner Philharmoniker • Dirigent: Claudio Abbado

robert Schumann

Kinderszenen op. 15 • Kreisleriana op. 16 • Fantasiestücke op. 12

Decca CD 480 3472

Alfred Brendel, klavier

j. S. bach • Toccata c-Moll BWV 911 • Englische Suite Nr. 6 d-Moll

BWV 811 • Italienisches Konzert F-Dur BWV 971

Deutsche Grammophon CD 480 3515

Angela Hewitt, klavier

Wolfgang Amadeus mozart Violinkonzerte Nr. 1 B-Dur KV 207

Nr. 3 G-Dur KV 216 & Nr. 4 D-Dur KV 218

Decca CD 480 3530

Viktoria Mullova, Violine & leitung • orchestra of the Age of enlightenment

johann Sebastian bach Die Passionen, Messe in h-Moll, Osterkantaten

Deutsche Grammophon 10 CDs 480 3532

münchener bach-Chor • münchener bach-orchester

Dirigent: Karl Richter

Chopin • brahms • Schumann Cellosonate g-Moll op. 65 • Cellosonate

Nr.1 e-Moll op. 38 • Adagio und Allegro As-Dur op. 70

Deutsche Grammophon CD 480 3471

Mstislaw Rostropowitsch, Cello • Martha Argerich • Rudolf Serkin, klavier

Gustav mahler Sämtliche Symphonien

Deutsche Grammophon 12 CDs

Philharmonia orchestra

Dirigent: Giuseppe Sinopoli Veröffentlichung: mai

Franz liszt

Opern-Paraphrasen und Transkriptionen

Decca CD 480 3113

Jean-Yves Thibaudet, klavier

COLLECTORS EDITIONWolfgang Amadeus mozart

Sämtliche Streichquartette

Deutsche Grammophon 6 CDs 477 8680

Amadeus Quartet

Frédéric Chopin

Sämtliche Solo-Klavierwerke

Decca 13 CDs 478 2282

Vladimir Ashkenazy, klavier

Gustav mahler Sämtliche Symphonien

Deutsche Grammophon 11 CDs 477 8668

royal Concertgebouw orchestra • new York Philharmonic orchestra

Wiener Philharmoniker • Dirigent: Leonard Bernstein

Zoltán kodály Háry-János-Suite • Tänze aus Galánta u.a.

Decca 4 CDs 478 2303

london Symphony orchestra • Philharmonia Hungarica

Dirigenten: Antal Doráti • István Kertész

Hugo Wolf Lieder (Auswahl)

Deutsche Grammophon 6 CDs 477 8707

Dietrich Fischer-Dieskau, bariton

Daniel Barenboim, klavier

ludwig van beethoven Sämtliche Symphonien

Deutsche Grammophon 5 CDs 477 8643

monteverdi Chor • orchestre révolutionnaire et romantique

Dirigent: Sir John Eliot Gardiner

Sergej Prokofieff 6 Opern

Decca 14 CDs 478 2315

Diverse Solisten • kirov-orchester

Dirigent: Valery Gergiev

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Franz liszt

Sämtliche Symphonische Dichtungen

Decca 4 CDs 478 2309

london Philharmonic orchestra • Dirigent: Bernard Haitink

johann Sebastian bach

Die Orgelwerke (Auswahl)

Deutsche Grammophon 14 CDs 477 8628

Simon Preston, orgel

Antonín Dvořák

Sämtliche Symphonien • Ouvertüren

Decca 6 CDs 478 2296

london Symphony orchestra • Dirigent: Witold Rowicki

ECM New SeriesHenri Dutilleux

D’ombre et de silence

eCm new Series CD 476 3653

Robert Levin, klavier

ludwig van beethoven Piano Concertos Nos. 4 & 5

eCm new Series CD 476 3315

Till Fellner, klavier • orchestre Symphonique de montréal

Dirigent: Kent Nagano

thomas larcher Madhares

eCm new Series CD 476 3651

Till Fellner, klavier • Kim Kashkashian, bratsche • Diotima Quartett

münchener kammerorchester • Dirigent: Dennis Russel Davies

Peter-Anthony togni

Lamentation

eCm new Series CD 476 3629

Jeff Reilly, klarinette • elmer iseler Singers • Dirigentin: Lydia Adams

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AudiorGroße Werke vom Mittelalter bis zur Romantik in zeit-

gemäßen Interpretationen und höchster Klangqualität.

johann Sebastian bach Johannespassion BWV 245 (Gesamtaufnahme)

Decca 2 CDs 480 3578

verschiedene Solisten • orchestra of the 18th Century

Dirigent: Frans Brüggen

Wilhelm Friedemann bach Konzerte für Traversflöte und Cembali

Archiv Produktion CD 480 3581

Verena Fischer, traversflöte • Andreas Staier • Robert Hill • Gustav

Leonhardt, Cembalo • musica Antiqua köln • leitung: Reinhard Goebel

Antonio Vivaldi Flötenkonzerte

l’oiseau-lyre CD 480 3582

Nicholas McGegan, Flöte u.a. • the Academy of Ancient music

Dirigent: Christopher Hogwood

Pilgerfahrt nach Santiago

l’oiseau-lyre CD 480 3583

new london Consort

Dirigent: Philip Pickett

Dowland • Holborne u.a.

Lautenmusik der Renaissance

Archiv Produktion CD 480 3584

Konrad Ragossnig, renaissance-laute

DVDolivier Simonnet Sacrificium: The Art of the Castrati

Decca DVD 074 3396

Cecilia Bartoli, mezzosopran • il Giardino Armonico

Dirigent: Giovanni Antonini • regie: Olivier Simonnet

bejamin britten • Peter Pears

The Britten-Pears Collection

Decca 6 DVDs 074 3366

verschiedene Solisten, orchester und Dirigenten

jules massenet Thaïs

Decca DVD 074 3355

Renée Fleming, Sopran

metropolitan opera orchestra and Chorus • Dirigent: Jesús López-Cobos

Vincenzo bellini La sonnambula

Decca DVD 074 3357

Juan Diego Flórez, tenor • Natalie Dessay, Sopran

metropolitan opera orchestra and Chorus • Dirigent: Evelino Pidò

Gioacchino rossini La Cenerentola

Deutsche Grammophon DVD 073 4577

Elīna Garanča, mezzosopran

metropolitan opera orchestra and Chorus • Dirigent: Maurizio Benini

rufus Wainwright

Prima Donna: The Story of an Opera

Decca DVD 074 3397

regie: George Scott

Live Eine Auswahl. Aktuelle Tourdaten wie immer auf www.klassikakzente.de/termine

20 www.KlassikAkzente.de

Claudio Abbado 14.–16.05. Berlin, Philharmonie 12./15.08. Luzern (CH), FestivalPierre-Laurent Aimard

22.–24.04. Berlin, PhilharmonieCecilia Bartoli

05.06. Berlin, Philharmonie 07./09.06. Bad Kissingen, Regentenbau 12.06. Halle/Saale, Händel-Halle 14.06. Hamburg, Laeiszhalle 19./29.06. Dortmund, Konzerthaus 01.07. Dortmund, KonzerthausRafał Blechacz

12.06. Dortmund, Konzerthaus 27.06. Bad Kissingen, Regentenbau 05./06.08. Schleswig-Holstein Musik FestivalPierre Boulez

03.04. Berlin, Philharmonie 04.04. Berlin, Staatsoper 16.06. Wien (A), KonzerthausMeasha Brueggergosman

03.08. Kiedrich, Rheingau Musik FestivalJoseph Calleja

01./08./10./13./16.05. Frankfurt/M., Oper Giuliano Carmignola

22.05. Salzburg (A), MozarteumRiccardo Chailly

20./21.05. Leipzig, Gewandhaus 10./11./12./16./18./19.06. Leipzig, Gewandhaus 08./10.08. Salzburg (A), Gr. FestspielhausIldebrando D’Arcangelo

03./06./09./12./15.05. Wien (A), Staatsoper 30.05. München, Bayer. Staatsoper 03./06./09./12.06. München, Bayer. Staatsoper 26.06. Wien (A), Staatsoper 14./17.07. München, Bayer. StaatsoperPlácido Domingo

30.03. Berlin, Staatsoper 26.06. Wien (A), StaatsoperFauré Quartett

16.04. Bremen, Die Glocke 22.04. Bamberg 23.04. Herdorf 25.04. Baden-Baden, Festspielhaus 28.04. Mannheim 15./16.05. Brühl 17.05. Berlin 20.06. Garmehl, Festspiele Mecklenburg-VorpommernTill Fellner

02.05. Köln 20.05. Stuttgart, Freies MusikzentrumJulia Fischer

14./15./17./18.04. Wien (A), Musikverein 30.04. Frankfurt/M., Alte Oper 01./02.05. Frankfurt/M., Alte Oper 02.–04.06. Zürich (CH), Tonhalle 19./20.06. Dresden, Kulturpalast 04.07. WeilburgRenée Fleming

15./17.05. Wien (A), Staatsoper 24.06. Zürich (CH), Opernhaus 27.06. Berlin, Waldbühne 30.06. Zürich (CH), Opernhaus 04./07./09.07. Zürich (CH), Opernhaus Juan Diego Flórez

04./07.04. Berlin, Deutsche Oper 14./17./20.04. Wien (A), StaatsoperNelson Freire

14.05. Schwetzingen, Schloss

Elīna Garanča 03./06./09./12./15.05. Wien (A), Staatsoper 30.05. München, Bayer. Staatsoper 03./06./09./12.06. München, Bayer. Staatsoper 26.06. Wien (A), Staatsoper 07.07. Göttweig (A), Stift 26./27.07. Salzburg (A), Gr. FestspielhausHélène Grimaud

30.03. Heidelberg, Stadthalle 28.04. Hamburg, Laeiszhalle 29.04. Düsseldorf, Tonhalle 30.04. Essen, Philharmonie 01.05. München, Philh. im Gasteig 05./10.05. Essen, Klavier Festival Ruhr 13.05. Wien (A), Musikverein 24.05. Braunschweig, Stadthalle 25.05. Dresden 30.05. Frankfurt/M. 01.06. Dortmund, Konzerthaus 12.06. Zwickau 15.06. Leipzig, Gewandhaus 14.08. Berlin, Waldbühne 15.08. Salzburg (A), Gr. FestspielhausHilary Hahn

26.07. Bremen, Die Glocke 23.07. Hamburg, Laeiszhalle 24.07. Kiel, SchlossDaniel Harding

15./16.04. München, Philh. im Gasteig 28.04. Hamburg, Laeiszhalle 29.04. Düsseldorf, Tonhalle 30.04. Essen, Philharmonie 01.05. München, Philh. im Gasteig 15./17./19.05. Wien (A), Theater an der WienThe Hilliard Ensemble

29.05. Baden-Baden, Stiftskirche 30.05. Duisburg, MercatorhalleDaniel Hope

20./21.04. Stuttgart, Liederhalle 22.04. Ulm, Congress Centrum 13./14.05. Köln, Philharmonie 15.05. Köln, WDR Sendesaal 30.05. Berlin, Geschichtsforum 31.05. Berlin, Philharmonie 01.06. Berlin, Philharmonie 03.06. Wolfsburg 10.07. Grafenegg (A) 13.07. Augsburg 15.07. Bad Kissingen, Regentenbau 17.07. Redefin, Landgestüt 18.07. Heringsdorf, Hotel Kaiserhof 24.07. Ulrichshusen, Konzertzelt 30.07. Ulrichshusen, Festspielsch. 01.08. Rostock, Neptunwerft Il Giardino Armonico

11./12.06. Würzburg 13.06. Halle/Saale Janine Jansen

18.04. Elmau, Schloss 25.04. Köln, Philharmonie 19.–21.05. Frankfurt/M., Alte Oper 29.05. Hamburg, Laeiszhalle 01.06. Berlin, Philharmonie (Kammermusiksaal) 12.06. Düsseldorf, Tonhalle 13./15.06. Wien (A), Konzerthaus 16.06. Essen, Philharmonie 19./20.06. Würzburg, Residenz 02./03.07. Pernegg (A) 18.07. Festpiele Mecklenburg- Vorpommern 24.07. Grafenegg

Kim Kashkashian 22.04. München, Allerheiligen-Hofkirche

Jonas Kaufmann 30.03. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus 02.04. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus 08.05. Dortmund, Theater 14.–16.05. Berlin, Philharmonie 19.05. Hamburg, Laeiszhalle 25.05. München, Philh. im Gasteig 30.05. München, Bayer. Staatsoper 03./06./09./12./28.06. München, Bayer. Staatsoper 02./07./10./15./19.07. München, Bayer. Staatsoper 25.07. Bayreuth, Festspielhaus 30.07. München 03./06.08. Bayreuth, FestspielhausMagdalena Kožená

03.04. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus 09.–11.04. Berlin, Philharmonie 16./19./23./27./30.05. Berlin, Staatsoper 19.06. Schwarzenberg (A), Angelika-Kauffmann-Saal 21.06. Zürich (CH), Opernhaus 31.07. Grafenegg (A), SchlossMischa Maisky

30.03. Basel (CH), Stadt-Casino 24.04. Frankfurt/M., Alte Oper 26.04. Bad Tölz, Kurhaus 28.04. München, Philh. im Gasteig 24.05. Dresden, Semperoper 27.05. Linz (A), Brucknerhaus 09./10.06. Luzern (CH), KKL 09.07. Ingolstadt 29.07. Salzburg (A), Mozarteum 01.08. Salzburg (A), MozarteumAndrea Marcon

31.03. Frankfurt/M., Oper Albrecht Mayer

06.04. Hamburg, Laeiszhalle 07.05. Markneukirchen, Musikhalle 08.05. Riesa, Kloster 29.07. Wiesbaden, Rheingau Musik-FestivalAnne-Sophie Mutter

15.05. Basel (CH), Stadt-Casino 16.05. Stuttgart, Liederhalle 27.05. Wien (A), Musikverein 07.06. Nürnberg, Meistersingerhalle 08.06. Regensburg, Aula der Uni 09.06. Köln, Philharmonie 11.06. Berlin, Philharmonie 21.06. Bremen, Die Glocke 23.06. Celle, Congress Union Celle 08./09.07. Wiesbaden, Kurhaus 13.07. Ingolstadt, Theater-Festsaal 14.07. Essen, Philharmonie 19.07. Baden-Baden, Festspielhaus 08./10.08. Salzburg (A), Gr. FestspielhausAnna Netrebko

05./08./19./22./25.04. Wien (A), Staatsoper 03./06./09./12./15./18./21.05. Wien (A), Staatsoper 10./13.08. Salzburg (A), FelsenreitschuleAlice Sara Ott

07.04. Hamburg, Laeiszhalle 17./18.04. Hof, Freiheitshalle 23.04. Berlin, Philharmonie 28.04. Wien (A), Konzerthaus 12.05. Essen, Klavier Festival Ruhr 03.06. DresdenRené Pape

31.03. Berlin, Staatsoper 02./05.04. Berlin, Staatsoper 05.06. Berlin, Staatsoper 26./27.07. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus 08./12.08. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus Arvo Pärt

02.04. Weinsberg, Johanniskirche 15.05. Dresden, Frauenkirche 10.06. Dresden, Frauenkirche

Patricia Petibon 15./16.04. München, Philh. im Gasteig 16.05. Schwetzingen, Schloss 05./06.06. Wien (A), Musikverein 01./04./06./11./14.08. Salzburg (A), FelsenreitschuleMaurizio Pollini

01.04. Berlin, Staatsoper 03.06. Wien (A), MusikvereinThomas Quasthoff

03.04. Salzburg (A), Gr. Festspielhaus 09.–11.04. Berlin, Philharmonie 24.05. Berlin, Konzerthaus 30.05. Baden-Baden, Festspielhaus 02.06. Hamburg, Laeiszhalle 06.06. Köln, Philharmonie 15.06. Braunschweig, Dom 19.06. Wien (A), Musikverein 21.07. Salzburg (A), Congress Vadim Repin

17.05. Frankfurt/M., Alte Oper 19.05. Dresden, Semperoper 04.06. Dresden, Semperoper 08.06. Berlin, Philharmonie 26.06. Bad Kissingen, Regentenbau András Schiff

16.–18.04. Berlin, Philharmonie 09.06. Berlin, PhilharmonieAndreas Scholl

24.04. Dresden, Frauenkirche 15.05. Göttingen, Internationale Händel Festspiele 06.06. Halle/Saale 11.06. Nürnberg, St. Sebald 12.06. Passau 17.06. Leipzig, ThomaskircheMitsuko Uchida

16.06. Wien (A), KonzerthausHerman van Veen

09./10.04. Dresden, Kulturpalast 11.04. Cottbus, Stadthalle 13.04. Amstetten (A), Johann-Pölz-Halle 14.04. Wien (A), Konzerthaus 15.04. Graz (A), Stefaniensaal 16.04. Salzburg (A), Congress 18.04. Feldkirch (A), Montforthaus 22.04. Wesel, Städt. Bühnenhaus 24.04. Bielefeld, Stadthalle 28.04. Flensburg, Deutsches Haus 29./30.04. Bremen, Die Glocke 01.05. Dresden, Gläserne Manufaktur 05.05. Siegburg, Rhein-Sieg-Halle 06./07.05. Dortmund, Konzerthaus 08.05. Siegen, Siegerlandhalle 14.05. Halle/Saale, Händel Halle 15.05. Chemnitz, Stadthalle 19.05. Kassel, Stadthalle 20.05. Osnabrück, Osnabr. Halle 21./22.05. Essen, PhilharmonieVenice Baroque Orchestra

16.05. Schwetzingen, SchlossRolando Villazón

31.03. Berlin, Staatsoper 02.04. Berlin, Staatsoper 26.04. Hamburg, Laeiszhalle 29.04. Baden-Baden, Festspielhaus 10.05. München, Philh. im Gasteig 21./24.05. Zürich (CH), Opernhaus 05.06. Berlin, Staatsoper 21./24./27.07. München, Staatsoper 15.08. Salzburg (A), FelsenreitschuleYuja Wang

30.05. Baden-Baden, Festspielhaus 02.06. Dortmund, Konzerthaus 06.06. Schwetzingen, Schloss 03.11. Hamburg, Laeiszhalle 05.11. Frankfurt/M., hr-Sendesaal 07.11. München, Herkulessaal 09.11. Berlin, Konzerthaus

olivier SimonnetSacrificium: The Art of the CastratiDeccaDVD 074 3396

Cecilia Bartoli, mezzosopranil Giardino Armonicoregie: Olivier SimonnetDirigent: Giovanni Antonini

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Mit dem Programm ihrer Kastraten-CD „Sacrificium“ ist Cecilia Bartoli nun auch optisch eine Zeitreise zurück ins 18. Jahrhundert angetreten. Und im barocken Prachtschloss im süditalienischen Caserta machte sie als bebender Koloraturvulkan glatt dem unweit gelegenen Vesuv Konkurrenz.

Bartoli sehen, hören und sterben!

„Eine halbe Stunde vor Neapel hält der römische Eisenbahnzug wenige Minuten bei Caserta. Orangenduft weht dem Reisen-den aus offenen oder versteck-ten Gärten entgegen, während er mit Verwunderung auf die ge-waltige Barockfassade eines Prachtschlosses in unmittelba-rer Nähe der Station blickt.“ So erging es Mitte des 19. Jahrhun-derts dem Gelehrten und Italien-Fan Ferdinand Gregorovius, als er wie ehemals der Geheimrat Goethe nun vor einem spekta-kulären Bauwerk stand. Rund dreißig Kilometer nördlich von Neapel hatte sich im 18. Jahr-hundert hier der Bourbonenkö-nig Karl III. ein nicht gerade be-scheidenes Schmuckkästchen

bauen lassen. Allein 1.200 Zim-mer umfasst dieser architekto-nische Barockkoloss. Und über die von prachtvollen Statuen ge-säumten Wandel- und Hallen-gänge gelangt man auch in ein traumhaft schönes Hoftheater. Schon damals wurden hier rauschende musikalische Feste gefeiert. Aber wohl keine Sän-gerin dürfte die bis zu fünf Meter dicken Mauern jemals derart auf die Belastungsprobe gestellt ha-ben wie jetzt die Bartoli. Kaum ist sie mit ihrem Dreispitz und dem wehenden Umhang die ge-heimnisvollen Schlosstreppen hochgeflogen, wird sie schon tatkräftig auf der Bühne unter-stützt. Von ihren Musiker-Kom-battanten Il Giardino Armonico

unter Giovanni Antonini, um nach ihrer CD „Sacrificium“ nicht ein-fach erneut der Kastratenkunst des 18. Jahrhunderts atembe-raubend zu huldigen. Wie sie in ihrer weißen Rüschenrobe und den Schaftstiefeln regelrecht aus der Haut fährt, bei den donner-blitzenden Arien eines Frances-co Araia oder Nicola Porpora, schlägt subito auch optisch in ein Naturereignis um. Dafür geht sie in Hab-Acht-Stellung, reißt ihre riesigen Au-gen noch mehr auf und schmie-det feurig eine Koloraturkette an die andere. Und plötzlich ist man mittendrin in einem untergegan-gen Zeitalter. Als die Superstars der neapolitanischen Kastraten-schule, all die Farinellis und Caf-

farellis ihr Publikum um den Ver-stand brachten. Im Gegensatz zu ihnen, die ihre Wahnsinnstim-me mit physiologisch nicht gera-de vorteilhaften Zügen bezahlen mussten, macht die Bartoli in al-len Belangen eine Bella Figura. Zumal sie es natürlich spielerisch auch mit den sagenumwoben enormen Lungen ihrer männli-chen Kollegen aufnehmen kann. Nach Olivier Simonets atmosphä-risch malerischer Filmdokumen-tation darf man daher getrost ver muten, dass Bartolis Echo noch in den nächsten Jahrhun-derten in diesem Prachtschloss zu hören sein wird.reinhard lemelle

www.ceciliabartoli.de

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Feurige Koloraturketten:CeCiliA bArtoli

Dass Mahler seine zehnte Sym-phonie nicht vollenden konnte, ist nicht nur eine persönliche Tragödie – ihre Folgen sind heu-te noch zu spüren. Wer die tiefe Dramatik des Neuntonklangs gegen Ende des Adagios hört,

kann nicht anders, als sich zu fragen, was er mit der Harmonie als nächstes vorhatte. Als mich die Deutsche Grammophon bat, etwas aus ih-rem riesigen Katalog für die nächs te Folge der Recomposed-

Serie auszusuchen, fand ich es unwiderstehlich, mich auf ein einzelnes Stück zu konzentrie-ren, möglichst eine Symphonie. Leichtsinnig, wie ich war, ent-schied ich mich für Mahler. Mahler selbst war groß im Überarbeiten. Er war ständig dabei, nicht nur seine eigenen Kompositionen umzuschreiben, zu aktualisieren und neu zu or-chestrieren, sondern auch die anderer Komponisten. Mir selbst stellte ich die Aufgabe, die Auf-führung der Zehnten durch den Filter eines modernen Studios neu zu überdenken. Das ist et-wa so, als würde man ein kom-pliziertes abstraktes System auseinandernehmen und dann versuchen, es neu zusammen-zusetzen, mit neuen Schrauben, neuer Schmiere, neuer Luft, neu-em Leben. Ich will keineswegs behaupten, das Werk bräuchte neues Leben – eher, dass die Vorstellung, wie man ein Werk heute aufnimmt, neues Leben braucht. In der Welt der klassi-schen Musik gilt das Aufnahme-studio als reines Werkzeug. Sei-ne Aufgabe ist es einfach, eine Aufführung so präzise wie mög-lich festzuhalten. Aber ein mo-dernes Studio hat inzwischen

unendlich viele Möglichkeiten, den Ton zu bearbeiten. In Mahlers Kompositionen haben wir es häufig mit dem krassen Nebeneinander des Ba-nalen und des Erhabenen zu tun, Leben und Tod reiben sich hier aneinander. Diesen Gedan-ken habe ich wörtlich genom-men und zum Beispiel ein Auto-radio in einen Sarg eingebaut und die Musik daraus auf Band aufgenommen. Das Adagio ha-be ich über Lautsprecher in ei-nem Krematorium gespielt und hinter dem Vorhang wieder auf-genommen. Wir haben das Brat-schensolo aus der Einleitung an Mahlers Grab in Wien gespielt und das ganze Stück von einem Leichenwagen herunter, der an meinen Mikrofonen vorbeifuhr. Die Spannung zwischen dem In-neren und dem Äußeren wurde so real. Meine Fassung soll keines-wegs nur die Faszination des Todes darstellen, sondern eine Übersteigerung der unbeque-men Balance, die Mahler zwi-schen Licht und Dunkel herstell-te. Es ist die Lust am Konflikt zwischen der Furcht und der Herrlichkeit.www.recomposed.de

Mahler auf Leben und TodMatthew Herberts Beitrag zur Serie Recomposed erforscht die innere Spannung von Mahlers unvollendeter zehnter Symphonie. Für KlassikAkzente beschreibt der britische Produzent seine Intention und seine ungewöhnliche Arbeitsweise.

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Balance zwischen Licht und Dunkel:mAttHeW Herbert

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Gustav mahlerSymphony X – Recomposed by Matthew Herbert Deutsche GrammophonCD 273 44382 lPs 273 4451

Matthew Herbert • Philharmonia orchestraDirigent: Giuseppe SinopoliVeröffentlichung: 28. mai

Musik ist eine heilige Kunst, oder …?Musik kann alles sein. Sie ist nackt, macht die Seele des Menschen nackt, kennt keinen Rassismus, keinen Hass. Sie ist eine Kraft, die es seit der Entstehung der Menschen gibt und bis heute überlebt hat und den Men-schen in vielen Situationen Liebe, Trost und Hoffnung geschenkt hat.

Könnten Sie wählen, in welcher Zeit hätten Sie gern gelebt?Ich fühle mich sehr wohl in der Gegenwart …

Welchen Komponisten der Vergangenheit würden Sie bitten, ein Stück für Sie zu kom ponieren?Bach.

Welchem Maler aus der Vergangenheit oder Gegenwart hätten Sie gern einmal Modell gesessen?Gustav Klimt.

Ihr musikalisches Credo?Liebe und Wahrheit.

Welches war Ihre musi­kalisch aufregendste Begegnung?Die erste mit dem Klavier.

Welche Begegnung würden Sie in der Fanta­sie gern herbeiführen?Mit Liszt.

Auf welches nicht­ musikalische Abenteuer würden Sie sich gern einmal einlassen?Fallschirmspringen.

Wie sähe Ihr ideales Publikum aus?Vereint aus allen Nationen.

Welcher Komponist bzw. welches Werk wird Ihrer Meinung nach heutzutage überschätzt bzw. unterschätzt?Unterschätzt werden zum Beispiel oft Mozart und einige Werke von Liszt.

Welches Musikstück treibt Ihnen den Schweiß auf die Stirn?Einen Musiker sollte jedes Stück zum Schwitzen brin-gen.

Welche Aussage über Musik möchten Sie nie wieder hören?„Zur Musik kann ich immer gut einschlafen …“

Welches Buch liegt neben der Stimmgabel und welches auf Ihrem Nachttisch? „Kafka am Strand“ von Haruki Murakami.

Mit welcher Märchen­gestalt würden Sie sich identifizieren?Alice im Wunderland. (Nicht wegen des gemeinsamen Namens :-)

Könnte man Ihnen in einem Sportstadion begegnen?Bisher nicht wirklich, aber wie heißt es so schön: „Sag nie-mals nie!“

Welches der vier Tem­peramente – sanguinisch, melancholisch, chole­risch, phlegmatisch – ent­spricht Ihrem Wesen am ehesten?Aus der Pistole geschossen geantwortet: sanguinisch und cholerisch.

Welches Gericht käme nie auf Ihren Tisch?Leber.

Der einzige Weg, eine Versuchung loszuwerden, ist ihr nachzugeben, sagte Oscar Wilde. Was sagen Sie?Da ich es nicht mag, mich nachher fragen zu müssen: „Was wäre gewesen, wenn?“, gehe ich eher Risiken ein, aber mit der Zeit lernt man natürlich auch, Grenzen zu ziehen.

ALICE SARA OTTwww.alicesaraott.de

DER KLASSISCHE FRAGEBOGENbeantwortet von Alice Sara Ott

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Frédéric ChopinSämtliche WalzerDeutsche GrammophonCD 477 8095

Alice Sara Ott, klavier

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richard Strauss Friedrich Gulda spielt Richard Strauss

Deutsche GrammophonCD 480 0931

Friedrich Gulda, klavierWiener PhilharmonikerDirigent: Lorin MaazelVeröffentlichung: 30. April

Serie: Das andere Jubiläum – Friedrich Gulda zum 80.

Friedrich Gulda war im Münch-ner Konzertbetrieb der 70er und 80er Jahre ein absoluter Para-diesvogel – und trotzdem ein gern gesehener Gast. Dass sich der streitbare Wandler zwischen den musikalischen Welten aus-gerechnet im konservativen Mün-chen zuhause fühlte und der Stadt an der Isar oft seine Auf-wartung machte, erscheint selt-sam. Das gilt aber nur für dieje-nigen, die München nicht ken-nen. Schon immer konnten sich Künstler, die als schwierig und rebellisch galten, hier ein Biotop schaffen. Das gilt für Friedrich Gulda ebenso wie für Richard Strauss, selbst der scheue Car-los Kleiber oder der ultra-streit-bare Sergiu Celibidache fanden an diesem kunstsinnigen Ort ei-ne Art Heimat. Der nicht ganz erklärbare Grund dafür ist wohl in der Widersprüchlichkeit des Münchner Lebensgefühls zu su-chen: In der Stadt von Strauss und Stoiber liegen, ausgerech-net unter dem Maximilianeum, dem Hort der bayrischen Hoch-politik, die „Nackerten“ auf der

Wiese und sonnen sich. Das gibt es nirgendwo sonst. Kaum einen Steinwurf von dieser Freikörperszenerie ent-fernt, in der Muffathalle, fand Gulda, gern im Hawaiihemd oder auch mal ganz „nackert“, ei nen funktionierenden Nähr- boden für seine experimentel-len Konzerte. Wohlgemerkt, wir sprechen von einer Phase, in der er mit der Klassik fast ab-geschlossen hatte. Free Jazz, avantgardistische Hochzeiten sämtlicher Musikrichtungen, frü-her Techno – das war damals seine, mehr von Ibiza als von Wien inspirierte, musikalische Welt. Dennoch hatte er genug Sym pathie für die damals frisch eröffnete, riesengroße Klassik-abteilung im Nobelkaufhaus Ludwig Beck, um sich 1990 zu einer Autogrammstunde mit an-schließendem Spontankonzert

breitschlagen zu lassen. Nie werde ich diesen Auftritt verges-sen: Gulda ganz Wiener Non-chalance, gekleidet wie ein nachlässiger Dandy, parlierend auf einem weißen Klavier, stets umschwirrt von einer Horde sehr emsiger, sehr biegsamer Mäd-chen, seiner persönlichen En-tourage. Viele sagen, Guldas Hin-wendung zum Jazz hätte seinen Klassikstil zerstört. Aber er hat auch sehr gewonnen: an Locker-heit (die der Klassik musikalisch manchmal nicht schadet). Le-gendär sein rarer Auftritt 1978 mit Mozart-Sonaten im Münch-ner Herkulessaal, eine Sonn-tagsmatinee, von den Karten war ein großes Kontingent via Gewerkschaften an Handwerker und Arbeiter gegangen. Was passiert: Die Menge klatscht zwischen den Sätzen – oho, wie unpassend, ein Fauxpas –, hef-

tiges Gezischel vom informierten Teil des Publikums. Und Gulda erhebt die Stimme und sagt in breitestem Wienerisch: „Lossns hoit die Leit klotschn, wann’s eana gfoid.“ Ein goldener Mo-ment. In den 90er Jahren, nach-dem er sich mit seinem Label Paradise Productions der Klas-sik wieder zugewendet hatte, ergab sich zwischen Friedrich Gulda und mir ein reger Kontakt. Vom Attersee im Salzburger Land, wo er sein Domizil hatte, ist es nach München nicht weit, und bald war unser Laden der einzige in Deutschland, der sei-ne selbstgemachten CDs ver-treiben durfte. Am Telefon hat mich Gulda wie selbstverständ-lich von Anfang an geduzt, dar-aufhin ich ihn einfach auch. Das hat ihm wohl gefallen, denn bald haben wir ungefähr einmal die Woche telefoniert. „Sog hoid, wann i spün soi, dann setz i mi in mein Ferrari und kum awa“, hat er immer gesagt. Leider ist es dazu nie mehr gekommen.www.friedrich-gulda.de

Der Paradiesvogel

An den Quertreiber Friedrich Gulda erinnert sich exklusiv Werner Will, bis 2003 Chef der Klassikabteilung bei Ludwig Beck in München.

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Riccardo Chailly und sein Leipziger Gewandhausorchester haben gerade ihren Bach-CD-Zyklus mit den „Brandenburgischen Konzerten“ eröffnet. Nun gibt es die „Matthäuspassion“ aus der Stadt ihrer Uraufführung und in einer wahren All-Star-Besetzung.

BACH-MONUMENT

Am Palmsonntag 1841 herrschte in der Leipziger Thomaskirche für drei Stunden andächtiges Schweigen. Denn nach mehr als einem Jahrhundert war endlich eines der größten Bekenntnis-werke der Musikgeschichte zu-rückgekehrt. Dorthin, wo am 15. April 1729 Johann Sebastian Bach seine „Matthäuspassion“ ur-aufgeführt hatte. Zu verdanken hatte am 4. April 1841 die Leip -zi ger Bach-Gemeinde die ses musikhistorische Ereignis Felix Mendelssohn. Jener Gewand-hauskapellmeister, der bereits 1829 mit einer spektakulären Aufführung in Berlin dieses Ora-torium dem Vergessen entrissen hatte. Und natürlich ist seitdem die Passion über das Martyrium

Jesu nicht mehr aus dem Mu-sikleben der sächsischen Metro-pole wegzudenken. Seit 2005 herrscht nun ein neuer italienischer Wind in Leip-zig. Mit Riccardo Chailly auf Men delssohns Chefsessel. Und nachdem er seinem Vorgänger, im Mendelssohn-Jahr 2009, auch mit Raritäten vielbeachtet zum 200. Geburtstag gratuliert hat, steht 2010 ganz im Zeichen von Bach. Mit gleich drei Ein-spielungen besiegeln Chailly und das Gewandhausorchester ihr schon jetzt beeindruckendes Bach-Bild. Denn bereits die ers-te Aufnahme mit den „Branden-burgischen Konzerten“ verblüff-te in ihrer Balance aus profunder Kenntnis der gut informierten,

historischen Aufführungspraxis und einem ungemein modernen und lebendigen Ton. Bevor Ende des Jahres dann das „Weihnachtsoratorium“ folgt, wird man Ohrenzeuge ei-ner „Matthäuspassion“, die pünkt-lich zum Osterfest Balsam für die Seele ist. Live mitgeschnit-ten wurde die Aufnahme Anfang April 2009 im Gewandhaus. Und nicht nur nach dieser Aufführung gab es professionelle Einschät-zungen, die das Ergebnis be-merkenswert dramatisch emp-fanden. Auch nach einem Gast-spiel in London überbot man sich in den Würdigungen. Ob es nun die kristalline Transparenz im Orchester betraf oder die far-benreichen und stimmschönen

Stimmen des Tölzer Knaben-chors und des Thomanerchors – diese „Matthäuspassion“ beweg-te zugleich in ihrer ergreifenden Ernsthaftigkeit und spieltechni-schen Makellosigkeit. Und wenn dann noch Ausnahmesolisten wie Bassbariton Thomas Quast-hoff für die reine Vokalwon ne sorgen, versteht man, wa rum für Riccardo Chailly die spirituelle Dimension dieser Bach-Würdi-gung kaum größer sein kann. Schließlich spielt „das Gewand-hausorchester, das Bach so eng verbunden ist wie kein anderes auf der Welt, im eigenen Saal die Musik dieses Komponisten.“reinhard lemelle

www.riccardo-chailly.de

Bach-fest:riCCArDo CHAillY

johann Sebastian bachWeihnachtsoratorium

DeccaCD 478 2271

Gewandhausorchester leipzigDirigent: Riccardo Chailly

Veröffentlichung: november

johann Sebastian bachDie 6 Brandenburgischen Konzerte

Decca2 CDs 478 2191

Gewandhausorchester leipzigDirigent: Riccardo Chailly

johann Sebastian bachMatthäuspassion

DeccaCD 478 2194

Gewandhausorchester leipzigDirigent: Riccardo Chailly

KlassikAkzente: Im Zentrum des Bach-Programms stehen drei Solisten, die nicht nur aus zwei Generationen stammen. Auch musikalisch dürften sie sicherlich unter-schiedliche Bach-Bilder besessen haben.Alexander Liebreich: Hilary Hahn kommt ja nicht von der historischen Aufführungs-praxis her. Matthias Goerne und vor allem Christine Schäfer arbeiten dagegen doch mehr mit Barockensembles zusammen. Um diese verschiedenen Zugänge zu Bach qua-si miteinander zu versöhnen, spielen wir da-her auch auf modernen Instrumenten. Zu-gleich haben wir extra eine Continuo-Grup-pe zusammengestellt, die auf diesem Ge-biet auf Weltniveau arbeitet. Unter dem Strich machen die Crux und den Reiz dieser Aufnahme eben die verschiedenen Einfalls-richtungen aus.KlassikAkzente: Hilary Hahn hatte die Idee für dieses Bach-Projekt, bei dem Kantaten-Arien mit obligater Solo-Violine zu hören sind. Welche Rolle spielt da die Violinstim-me?Liebreich: Die Violinstimme hat nicht die Funktion einer Konzertvioline. Manchmal ist sie einfach ornamental, auszierend. Dann wieder ist sie vorbereitend oder sie bildet den Counterpart zur Gesangsstimme. Hilary

Hahn besitzt dabei aber stets eine Präsenz, die einfach durchdringend und erstaunlich ist. Ihr Spiel verfügt über eine klangliche In-tonationsschärfe, die ich so noch nie gehört habe. Das ist schon sensationell.KlassikAkzente: Seit 2006 sind Sie künst-lerischer Leiter und Chefdirigent des Mün-chener Kammerorchesters, mit dem Sie sich auch für die Neue Musik einsetzen. Welche Rolle spielte Bach denn bislang in Ihrem Leben?Liebreich: Ich komme aus Regensburg, aus einer großen Kirchen- und Gesangstra-dition. Mit dem Kammerorchester habe ich natürlich auch immer wieder Barock und Frühklassik gespielt.KlassikAkzente: … aber Bach ist doch stets eine ganz spezielle Heraus-forderung …Liebreich: In der Klangsprache sei-ner Kantaten ergeben sich zwi-schen der Semantik der Texte und der Semantik der Musik einzigar-tige Spannungen und Synergien. Zumal sich da auch der Gedan-ke der Religion mit dem der Musik in einem unglaublich schar fen Nebeneinander trifft. Und allein in der

Solo-Violine hat er die Verzierungen ausge-schrieben und notiert, um auch die Brenn-schärfe des Virtuosentums zu erweitern. Bei Bach gibt es einfach keinen Überfluss, keine Staffage. Stattdessen erlebt man die Essenz der Musik in ihrer konzentriertesten Form. Gleichzeitig offenbaren die Kantaten aber dann eben auch diese unglaubliche Ge-fühlswelt.Das Gespräch führte Guido Fischerwww.hilary-hahn.de

Bachs Brenn- und TiefenschärfeBei ihrem Bach-Projekt hat die amerikanische Meistergeigerin Hilary Hahn nicht nur mit Christine Schäfer und Matthias Goerne zwei Ausnahmesänger zur Seite. Tatkräftige Unterstützung erhielt sie auch vom Münchener Kammerorchester unter seinem Chefdirigenten Alexander Liebreich.

johann Sebastian bachViolin and Voice

Deutsche GrammophonCD 477 8092

Hilary Hahn, Violine Christine Schäfer, SopranMatthias Goerne, bariton

münchener kammerorchesterDirigent: Alexander Liebreich

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Spezielle Herausforderung:HilArY HAHn

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jules massenetThaïsDeccaDVD 074 3355

Renée Fleming, Sopranmetropolitan opera orchestra and Chorus Dirigent: Jesús López-Cobos

Gioacchino rossiniLa CenerentolaDeutsche GrammophonDVD 073 4577

Elīna Garanča, mezzosopranmetropolitan opera orchestra and Chorus Dirigent: Maurizio Benini

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„La Cenerentola“:joHn relYeA und

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Den Platz an der Spitze der Opernliga verteidigt die New Yorker Met schon seit vielen Jah-ren – in jüngster Zeit untermau-ert sie den exzellenten Ruf auch im Bereich der neuen Medien. Dabei spielt die 2006 von Peter Gelb ins Leben gerufene Reihe „Metropolitan Opera Live in HD“, bei der Vorstellungen via Satellit in ausgewählte Kinos auf der ganzen Welt übertragen werden, eine wichtige Rolle. Inzwischen verkauft die Oper pro Saison weit über eine Million Kinotickets. Zum Vergleich: Das Haus im Lin-coln Center besuchen pro Sai-son ca. 850.000 Zuschauer. Wobei der große Erfolg der Opernübertragungen nicht nur von den erstklassigen Beset-zungen herrührt, sondern ge-nauso von der filmischen Um-

setzung. Das bezeugen auch die jetzt auf DVD erschienenen Aufnahmen von Jules Masse-nets „Thaïs“ und Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“. Die Perspektiven sind alles andere als statisch, ungewöhnliche Ein-blicke werden ermöglicht, die selbst einem Zuschauer in der ersten Reihe verwehrt bleiben. Wenn beispielsweise das Or-chester in „Thaïs“ im 2. Akt zum Zwischenspiel ansetzt, nimmt ei-nen die HD-Kamera mit hinter den geschlossenen Vorhang, wo Techniker gerade das nächs-te Bühnenbild hereinhieven und die Sopranistin Renée Fleming zur Umkleide eilt. Dazu gibt Plácido Domingo höchstpersön-lich vor jedem Akt eine kurze Einführung und interviewt später die beiden Hauptdarsteller. Da-

bei sagt Fleming, sie habe manchmal das Gefühl, die Rolle der Kurtisane Thaïs sei direkt für sie geschrieben worden. Nun, wer diese Aufnahme gesehen und gehört hat, muss zugeben, dass so ein Statement aus dem Munde Flemings gar nicht mal überheblich ist. Ihr Bühnenpartner in der Rol-le des Athanaël, Bariton Thomas Hampson, führte übrigens am 9. Mai 2009 durch den Met-Abend, als Elīna Garanča in „La Cenerentola“ große Beifalls- stürme entfachte. Die junge Let-tin lässt die Herzen der New Yorker Operngänger seit kurzem hö herschlagen, mit ihrer bezau-bernden Ausstrahlung und dem klaren Mezzo. Aschenputtel ist nach Rosina im „Barbier von Sevilla“ ihre zweite Partie an der

Met gewesen, zuletzt gab sie auch die „Carmen“ in einer ge-feierten Neuproduktion, die im Dezember 2009 Premiere hatte. Beeindruckend ist in „La Cenerentola“ auch die männ-l iche Hauptrol le. Lawrence Brown lee spielt und singt den Fürsten von Salerno mit so viel Energie, dass man hin und wie-der dazu geneigt ist, seine Sze-nen noch einmal von vorne ab-zuspielen. Bislang sind von dem afroamerikanischen Belcanto-Tenor, der kürzlich in Berlin in Katharina Thalbachs Neuinsze-nierung des „Barbiers“ zu sehen war, kaum Tonträger erhältlich. Dass sich dies ändert, scheint allerdings nur eine Frage der Zeit zu sein.jakob buhrewww.klassikakzente-dvd.de

Mehr als nur erste ReiheNeue DVDs der Metropolitan Opera verzücken mit Renée Fleming und Elīna Garanča.

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Patricia Petibon, SopranVenice Baroque OrchestraDirigent: Andrea Marcon

Rosso – Italian Baroque Arias

Deutsche GrammophonCD 477 8763 Robert Levin, Klavier

Henri DutilleuxD’ombre et de silence

ECM New SeriesCD 476 3653

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Barock-FeuerMit ihrer flammroten Mähne sticht die hübsche Französin Patricia Petibon sofort ins Auge. Dass sie aber zudem noch einen silberhellen Sopran besitzt, mit dem sie selbst hochvirtuose Arien des Barocks unter Hochspannung set-zen kann, ist der eigentliche Glücksfall. Kein Wunder, dass Petibon längst unter den Dirigentenstars der gut infor-mierten historischen Aufführungspraxis ihre Fans hat, von William Christie über Marc Minkowski bis zu ihrem Men-tor Nikolaus Harnoncourt. Für ihr erstes rein italienisches Opernbarock-Album „Rosso“ hat Petibon nun mit dem Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon ein gleich-falls zupackendes Original-Sound-Ensemble an der Seite. Und ob bei den ausgewählten Händel-Hits aus „Alcina“ und „Ariodante“ oder bei den absoluten Raritäten eines Antonio Sartorio oder Alessandro Scarlatti – Petibon er-weist sich erneut als nahezu unschlagbar. Angesichts ihrer musiktheatralischen Präsenz, ihres lyrischen Ausdrucks und nicht zuletzt wegen ihrer schnellentflammbaren Stimm-bänder. • GF www.deutschegrammophon.com/petibon-rosso

Schnell entflammbare Stimmbänder:

PatriCia PEtiBON Till Fellner, KlavierKim Kashkashian, BratscheDiotima Quartett Münchener Kammerorchester Dirigent: Dennis Russel Davies

thomas LarcherMadhares

ECM New SeriesCD 476 3651

Le piano moderne „Es gibt wenig aus dem Standardrepertoire, das ich mit drei Wochen Vorwarnzeit nicht spielen könnte“, hat Robert Levin, der langjährige Duopartner der Bratschistin Kim Kashkashian, Spezialist für historische Tasteninstrumente und renommierter Mozart-Experte, einmal gesagt. Das pianistische Œuvre Henri Dutilleux’ gehört ganz sicher nicht zum Standardrepertoire. Umso mehr Zeit hat sich der Amerikaner gelassen: Fast drei Jahrzehnte hat er sich mit den hochvirtuosen, impressionistisch schillernden Klavierwerken des heute 94-jährigen Doyens unter den französischen Meistern der Moderne beschäftigt. 1979 lern-te er Dutilleux in Fontainebleau kennen; daraus entwickelte sich eine intensive Freundschaft. Die „Verwirklichung eines lange ge-hegten Traums“ nennt Levin dieses Projekt, dabei ist es viel mehr: eine Referenzaufnahme. • AC www.ecm-sounds.de

Meisterwerke aus Tirol Ein „musikalisches Talent von grenzenloser Sensibilität und Klas-se“ nannte ihn unlängst die Londoner „Times“ und sagte ihm nicht weniger als „21st-century glory“ voraus. Die Rede war von Thomas Larcher, dem 1963 in Innsbruck geborenen Pianisten und Komponisten, dessen Werke derzeit von den bedeutends-ten Musikern in aller Welt gespielt werden. Auf dem dritten ECM-Album mit Larcher-Novitäten setzen sich der Pianist Till Fellner, die Bratschistin Kim Kashkashian, das Münchener Kammer- orchester unter Dennis Russell Davies und das junge Diotima-Streichquartett für Konzertantes und Kammermusikalisches des Österreichers ein: unmittelbar faszinierende Musik voll sog-hafter Intensität, visionärer Klangwirkungen und dramatisch zu-gespitzter Kontraste. • AC www.ecm-sounds.de

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reingehört

Plácido Domingo, tenor Orchestra e Coro del Maggio Musicale Fiorentino Dirigent: Alberto VeronesiVeröffentlichung: Mai

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Deutsche GrammophonCD 477 7456F

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Emerson String Quartet

Antonín DvořákOld World – New WorldDeutsche Grammophon

CD 477 8765

Immer wieder Dvořák:

EMErSON StriNG QuartEt

Von Böhmen via USADas Streichquartettschaffen von Antonín Dvořák ist einer jener Prüfsteine, an dem sich das Herz-Rhythmus-System sowie die musikantische Spielintelligenz einer Quartett-formation ablesen lassen. Das amerikanische Emerson String Quartet hat bereits zu Beginn seiner Aufnahme- karriere unter Beweis gestellt, dass ihm das see lenvolle Melos und der traditionsbewusste Elan Dvořáks einfach liegen. Seit der 1990er Einspielung des „Amerikanischen Quartetts“ op. 96 stand Dvořák bei den Emersons immer wieder auf dem Live-Programmzettel. Wie zuletzt, als man im Rahmen eines vom Chicago Symphony Orchestra ge-stalteten Dvořák-Zyklus die mittleren und späten Quar-tette gewohnt eindringlich und packend gestaltete. Paral-lel dazu ist eine 3-CD-Studio-Produktion entstanden, die im mal wundersam sehnsüchtigen, mal tänzerisch pul-sierenden Opus 105 gipfelt. Und zwischendurch wird aus den Emersons sogar eine „Fün fer bande“ – mit Bratscher Paul Neubauer im halb böhmi schen, halb „indianischen“ Quintett op. 97. • RL www.emerson-string-quartet.de

Purer GenussSelbstverständlich hat Plácido Domingo schon mal so richtig aus tiefstem Herzen geheult: als betrogener Komödiant Canio im Verismo-Schlager „Pagliacci“ von Ruggero Leoncavallo. Weil Domingo aber auch Repertoire-Raritäten mit der von ihm ge-wohnten Qualitätsgarantie angeht, legt er nun gleich zwei besondere Leoncavallo-Leckerbissen vor. Mit der 1893 uraufge-führten Oper „I Medici“ entreißt Domingo ein Werk dem Verges-sen, das gerade mal von Wilhelm II. geschätzt wurde. Auf dem zweiten Album beweist Domingo mit zum Teil noch nie eingespiel-ten Arien sowie der symphonischen Dichtung „La nuit de mai“, dass Leoncavallo zu Unrecht als One-Hit-Wonder gilt. Für die überfällige Rehabilitierung steht Domingo nicht nur Dirigent Alberto Veronesi bei, mit dem er schon die Puccini-Trouvaille „Edgar“ eingespielt hat. Bei den Klavierliedern ließ sich der Fuß-ball-Fan Domingo von einem anderen Anhänger begleiten, den er bei der Fußball-WM 2006 in München kennengelernt hatte: Es ist der pianistische Dribbelkönig Lang Lang. • RLwww.placido-domingo.de

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Lieben Fußball und Leoncavallo:PLáCiDO DOMiNGO und

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Plácido Domingo, tenor Lang Lang, KlavierOrchestra del teatro Comunale di Bologna Dirigent: Alberto Veronesi

ruggero LeoncavalloLa nuit de mai

Deutsche GrammophonCD 477 6633

Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela

Dirigent:Gustavo DudamelVeröffentlichung: 28. Mai

Cover lag bei Drucklegung

noch nicht vor.

Strawinsky • revueltasLe sacre du printemps

La noche de los MayasDeutsche Grammophon

CD 477 8775

Monteverdi ChoirEnglish Baroque Soloists

Dirigent: Sir John Eliot Gardiner

Johann Sebastian BachPassionen,

Weihnachtsoratorium & Kantaten

archiv Produktion22 CDs 477 8735

reingehört

Impulsive ModerneAls Gustavo Dudamel 2008 mit seinem Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela im Festspielhaus Baden-Baden gastierte, gab es für ihn vorher eine Auszeichnung. Dudamel erhielt den Preis der „Jeunesses Musicales Deutschland“ für sein Engage-ment für das vorbildliche Musikausbildungssystem „Il Sistema“ in Venezuela. Als Dankeschön und Bestätigung ließ Dudamel mit seinem Orchester die Leinen los. In Strawinskys „Le Sacre du printemps“ mit all den stampfenden Rhythmen und der fein-geschliffenen Motorik. Nun ist das mitreißende Musikerteam mit diesem revolutionären Klassiker der Moderne ins Aufnahme-studio gegangen. Und wieder steigt der Adrenalinspiegel beim Zuhören, verwandelt sich „Das Frühlingsopfer“ in einen wahren akustischen Abenteuerspielplatz. Gleiches gilt übrigens auch für das Orchesterwerk „La noche de los Mayas“, das der Mexikaner Silvestre Revueltas 1939 für einen Kinofilm komponierte. Und als Konzertsuite eingerichtet, erweist sich Revueltas da als entfernter Bruder im Geiste Strawinskys. • GF www.gustavo-dudamel.de

Osterzeit ist Bach-ZeitMit Ostern beginnt für die meisten Klassikliebhaber die ideale Zeit im Jahr, um sich mit Johann Sebastian Bachs sakralen Meisterwerken zu beschäftigen. Da kommen zwei Veröffentlichungen gerade recht, deren Inhalt zwar ähnlich ist, die aber dennoch unterschiedlicher kaum sein könnten. Doch zuerst zu den Gemeinsamkeiten: Die hier besprochenen Boxen präsentieren beide die unvergleich-liche Kirchenmusik des großen Thomaskantors – jeweils aus den Händen eines legendären Bach-Interpreten. Und: In beiden Fällen war das Repertoire noch nie zuvor derart preisattraktiv zu haben. Die beiden Dirigenten, Sir John Eliot Gardiner und Karl Richter, stehen exemplarisch für zwei äußerst gegensätzliche interpretatorische Auffas-sungen: Karl Richters hochexpressive, groß besetzte Ge-staltung stellt den Gipfelpunkt des „romantisierenden“ Bach-Stils dar, während John Eliot Gardiner als einer der wegweisenden Köpfe der heute gängigen, historisch infor-mierten Aufführungspraxis auf alten Instrumenten gilt. Zehn bzw. 22 CDs voll beseelter Musik und faszinierender Vergleichsmöglichkeiten. • HR www.bachjahr.de

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Akustischer Abenteuerspielplatz:

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Münchener Bach-Chor Münchener Bach-OrchesterDirigent: Karl Richter

Johann Sebastian BachDie Passionen,

Messe in h-Moll, Osterkantaten

Deutsche Grammophon 10 CDs 480 3532

Große Besetzung:KarL riCHtEr

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Überrascht immer noch:GuStaV MaHLEr

Juan Diego Flórez, tenorCoro y Orquesta titular del teatro realDirigent: Jesús López-CobosVeröffentlichung: april

Christoph Willibald GluckOrphée et Eurydice

DeccaCD 478 2197

150 Jahre Gustav MahlerAm 7. Juli feiert die internationale Klassikszene den 150. Ge-burtstag des vielleicht bedeutendsten Wegbereiters der musika-lischen Moderne: Gustav Mahler. Grund genug für die Deutsche Grammophon, eine Mahler Complete Edition herauszugeben, die in einigen Bereichen Neuartiges wagt: Zum einen werden Mahlers zehn Symphonien (die unvollendete Zehnte ist in einer rekonstruierten Fassung vertreten) von zehn verschiedenen Dirigenten jeweils in ihrer eigenen Lesart präsentiert. Wo es das riesige gemeinsame Archiv von Deutsche Grammophon, Decca und Philips hergab, wurden die gültigen Referenzeinspielungen berücksichtigt, eine Aussage, die sich zumindest für Kubeliks Erste., Haitinks Dritte., Abbados Sechste. und Soltis Achte. tref-fen lässt. Zum anderen wurden, neben den Symphonien und den weiteren bekannten Werken wie den Kindertotenliedern, auch kleinere und fragmentarische Werke Mahlers berücksichtigt, die zum Teil auch Kenner noch überraschen werden. Zudem er-scheint der klassische Mahler-Zyklus unter Giuseppe Sinopoli klanglich aufbereitet und preisattraktiv wie nie zuvor. • Hrwww.mahler150.de

Höchste RasereiEs ist nicht nur eine der schönsten Opernvorlagen der Mu-sikgeschichte, sondern auch eine der am häufigsten ver-tonten: Monteverdi, Haydn, Porpora bedienten sich des Stoffs, und der große Opernreformer Christoph Willibald Gluck hinterließ gleich drei unterschiedliche Fassungen seiner Orpheus-Saga. Der kleine, aber feine Unterschied liegt dabei in der Besetzung der Titelpartie, denn sein Orpheus wurde sowohl für Sopran- und Altkastrat als auch für einen echten Haute-Contre konzipiert. Letzterer für die französische Fassung von 1774, die heutzutage eine be-sondere Rarität darstellt. Ein echter Haute-Contre, also ein Tenor mit sehr hoher Tessitura, ist wie die Nadel im Heu-haufen. Der peruanische Tenor Juan Diego Flórez jedoch verfügt über diese Tessitura, ist also nachgerade prädesti-niert für den Orphée und hat sich nun auch des Gluck’schen Kleinods angenommen in einer Liveaufnahme aus Madrid unter Leitung von Jesús López-Cobos. Gluck zugeschrie-ben, aber nicht weniger aufregend: die Ariette des Orphée aus dem 1. Akt „L’espoir renaît dans mon âme“ – ein Bra-vourstück, das sich schon die große Marilyn Horne unter den „Mezzo-Nagel“ gerissen und damit ihr Publikum in kollektive Raserei versetzt hatte. • AKwww.juan-diego-florez.de

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Philharmonia OrchestraDirigent: Giuseppe SinopoliVeröffentlichung: Mai

Cover lag bei Drucklegung

noch nicht vor.Gustav MahlerSämtliche SymphonienDeutsche Grammophon

12 CDs

Berliner Philharmoniker Boston Symphony Orchestra u.a.Dirigenten: Abbado

Bernstein • Boulez

Karajan • Mehta

Sinopoli u.a.

Gustav MahlerSämtliche Werke

Deutsche Grammophon 18 CDs 477 8825 (Limited Edition)

Prädestiniert für den Orpheus:JuaN DiEGO FLÓrEz

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accademia BizantinaDirigent & Cembalo: Ottavio DantoneVeröffentlichung: Mai

Joseph HaydnConcertos for

Harpsichord & ViolinL’Oisau-LyreCD 478 2243

Members of the Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela Dirigent: María Guinand

Osvaldo GolijovLa pasíon según San

MarcosDeutsche Grammophon2 CDs + DVD 477 7461

reingehört

Passion mit TemperamentEs war einer der aufsehenerregendsten Kompositionsaufträge zu Beginn des neuen Jahrtausends: Als die Bachakademie Stuttgart anlässlich Bachs 250. Todestag vier Komponisten die Passion Christi vertonen ließ, fiel die Wahl neben Sofia Gubaidulina, Tan Dun und Wolfgang Rihm auch auf den bis dahin kaum be kannten Osvaldo Golijov. Eine – wie sich heraus- stellen sollte – äußerst glückliche Entscheidung, denn mit der „Markuspassion“ entstand ein Werk, das musikalisch völlig neue Wege geht, gleichzeitig aber eine große Anziehungskraft auf das Publikum entwickelt. Er habe „die letzten Tage Jesu aus latein-amerikanischer Sicht“ schildern wollen, so der Argentinier, dem mit seiner spannenden Symbiose aus Bibeltext, Oratorium und Musikstilen wie Salsa und Flamenco der internationale Durch-bruch gelang. Die jetzt vorliegende Aufnahme, unter anderem mit der Schola Cantorum de Venezuela und dem Percussion- Ensemble der Uraufführung, verdeutlicht, wie gut diese Verbin-dung von Neuem Testament und südamerikanischem Tempera-ment funktioniert. Wer dies auch visuell erleben will, kommt mit der beigelegten DVD, einer aufwendig produzierten Aufzeichnung der Amsterdamer Aufführung von 2008, voll auf seine Kosten. Hier beeindrucken dann auch die von Golijov ebenfalls erdachten Capoeira-Tänze. • JB www.osvaldo-golijov.de

Moderne HistorieDas Haydnjahr ist schon seit einigen Monaten vorbei, aber der würdige Abschluss kommt erst jetzt in Gestalt einer beeindruckenden Neuinterpretation der Konzerte für Cem-balo und Violine. Die Mailänder Accademia Bizantina hat sich der Werke angenommen. 1983 gegründet mit dem Ziel, zu musizieren „wie ein übergroßes Streichquartett“, gilt die Accademia heute bei Kritikern und Musiklieb- habern gleichermaßen als erste Wahl für historische Auf- führungspraxis. Dabei ist die Führung des Ensembles hochmodern: Die Gruppe wird von ihren Mitgliedern auf Augenhöhe gemein-sam geleitet. Einzig Konzertmeister Stefano Montanari und musikalischem Leiter Ottavio Dantone kommen be-sondere Rollen zu. Auf der vorliegenden CD dirigiert das Multitalent Dantone nicht nur, sondern ist auch am Cem-balo zu hören. Montanari spielt wie üblich die Solovioline. Der britische „Independent“ lobte vor allem die Innigkeit und Lebendigkeit des Ensembles, die die Darbietung der im letzten Jahr auf CD erschienenen Cembalokonzerte Jo-hann Sebastian Bachs prägten. Zwei Eigenschaften, die eigentlich immer modern sind. • MW

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Völlig neue Wege:OSVaLDO GOLiJOV

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Innigkeit und Lebendigkeit:OttaViO DaNtONE

Dirigenten:Karajan • Böhm u.a.

Eine kleine TiermusikEin heiteres Konzert

von Fröschen, Elefanten & Schildkröten

DeccaCD 480 3577

Sucht seinen eigenen Weg:tiLL FELLNEr

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Der MaßstabWas für eine Anschlagkultur! Welch überlegenes Zeitgefühl! Man möchte jubilieren, wenn man Till Fellner hört, wie er sich Ludwig van Beethovens späten Klavierkonzerten zuwendet und aus den tausendmal gespielten Klassikern Nuancen destilliert, die sich bislang im Notentext verborgen hielten. Dieses Feingefühl hat der geborene Wiener und spätestens seit dem Sieg beim Concours Clara Haskil im schweizerischen Vevey 1993 international aner-kannte Pianist von Lehrern wie Alfred Brendel mit auf den Weg bekommen: als Ausgangspunkt, Inspiration, nicht Norm der Dar-stellung. „Ich suche meinen eigenen Weg zu den Stücken“, meint Fellner und er hat das Glück, in Kent Nagano einen komplemen-tären Partner zu finden, der dem Orchestre Symphonique de Montréal zu den passenden Farben und dynamischen Schat- tierungen verhilft, die die Visionen des Pianisten unterstreichen. Ein Traumpaar, das Beethovens Klavierkonzerte Nr. 4 und Nr. 5 nicht neu erfindet, dafür aber sowohl mit der individuellen Umset-zung wie auch dem transparenten und subtil differenzierten Klangbild den aktuellen Maßstab der Interpretation setzt. • rDwww.tillfellner.de

Kein KinderkramKinder werden von Musikproduzenten leider immer noch als Menschen ohne Geschmack, Niveau und Ahnung ab-gespeist. Die Deutsche Grammophon geht seit jeher einen anderen Weg und nimmt auch die Jüngsten als Kulturinter-essierte mit Niveau ernst. Die Serie Eloquence Junior macht diesen Anspruch besonders deutlich, weil sie nicht nur große Werke bedeutender Komponisten kindgerecht aufbereitet, sondern auch bei den Interpreten auf die ers-te Garde setzt. Neu ist „Eine kleine Tiermusik“, eine ganz außergewöhnliche Zusammenstellung von Kompositionen aus dem Tierreich von Rimsky-Korssakoffs „Hummelflug“ bis zu Strawinskys „Zirkuspolka für einen jungen Ele-fanten“. Es spielen unter anderem die Berliner Philharmo-niker unter Herbert von Karajan. Für Freunde des gespro-chenen Worts ist das Hörspiel „Ein Kind reist durch Europa“ eine spannende Entdeckung. Erzählt werden die Erleb-nisse des sechsjährigen Wolfgang Amadeus Mozart, der von Salzburg über Wien und Paris bis nach London reist, um an den Fürstenhöfen Europas sein Talent zu demons-trieren. In vielen Musikbeispielen sind unter anderem die Wiener Philharmoniker unter Karl Böhm zu hören. • ALwww.klassikfuerkinder.de

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Till Fellner, KlavierOrchestre Symphonique de MontréalDirigent: Kent Nagano

Ludwig van BeethovenPiano Concertos

Nos. 4 & 5ECM New Series

CD 476 3315

Dirigenten: Karajan • Böhm u.a.

W. a. MozartEin Kind reist durch

Europa – Hörspiel von Wolfgang rogge

Deutsche GrammophonCD 476 3824

Die nächsten KlassikAkzente erscheinen Ende Julimit folgenden Themen:

ImprEssumKlassikAkzente wird herausgegeben von UNIVERSAL MUSIC Classics & Jazz • Stralauer Allee 1 • 10245 BerlinTelefon: 030/520 07 01 • E-Mail: [email protected] • www.klassikakzente.deÖsterreich: Universal Music GmbH • Schwarzenbergplatz 2 • A-1010 Wien • Telefon +43/1/811 212 07

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Vorschau

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¡Viva mexico!Der mexikanische Startenor Rolando Villazón feiert dieses Jahr gleich zwei Jahrestage: den der Unabhängig-keitserklärung von 1810 und den der Revolution von 1910. Seine Aufnahmen von Liebesliedern seiner Heimat sind furios, anrührend und jenseits von allem folkloristischen Kitsch. Durch und durch mexikanisch, ein echter Villazón!

¡Viva España!Elīna Garanča, die laut englischer Tagespresse „beste Carmen unserer Zeit“ begibt sich auf ihrem neuen Album auf spanischer Spurensuche durch die Musikgeschichte. España auf franzö-sisch, russisch, deutsch … und natürlich spanisch!

Außerdem:Nach Don José, Cavaradossi und Lohengrin auf der Bühne gibt sich der deutsche Tenor Jonas Kaufmann im Studio nun ganz veristisch. Opernarien voller Herz, Schmerz und mit Leiden-schaft pur.Teufelsgeigerin trifft Teufelsgeiger: Paganinis 24 Capricen ver- langen vom Interpreten flinke Finger und höchste Virtuosität. Julia Fischer hat beides.Auf den Jazz folgt der Soul: Der erfolgreiche Bariton Thomas Quasthoff fischt einmal mehr in fremden musikalischen Tei -chen und beweist: anything goes …

Den musikalischen Fragebogen beantwortet Max Raabe.

1_Classic RomanceDeag music CD

David Garrett, Violine

2_Johann strauß

Neujahrskonzert 2010Decca 2 CDs 478 2113

Wiener philharmoniker • Dirigent: Georges Prêtre

3_Anna – The Best of Anna NetrebkoDeutsche Grammophon CD 480 3103

Anna Netrebko, sopran • staatskapelle Dresden • Wiener

philharmoniker u.a. • Dirigenten: Abbado • Noseda • Weigle u.a.

4_Frédéric Chopin

Sämtliche WalzerDeutsche Grammophon CD 477 8095

Alice Sara Ott, Klavier

5_Das legendäre Berliner Konzert 18. Mai 1986

sony Classical 2 CDs 88697573532

Vladimir Horowitz, Klavier

6_Sacrificium Decca Limited Deluxe Edition 478 1521

Cecilia Bartoli, mezzosopran

Il Giardino Armonico • Dirigent: Giovanni Antonini

7_ChopinrCA red seal CD 88697577612

Olga Scheps, Klavier

8_Volodos in Viennasony Classical 2 CDs 88697568872

Arcadi Volodos, Klavier

9_Bach – Werke für Oboe und ChorDecca CD 478 2045

special Edition CD & DVD 478 2043

Albrecht Mayer, Oboe

10_Chant: Music for ParadiseDecca CD 476 6774

mönche des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz

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Mexikanischer Patriot:rOLANDO VILLAZóN

11_papst Benedikt XVI Alma Mater Geffen • 12_philippe Jaroussky Bach – La dolce fiamma Virgin Classics • 13_sol Gabetta Cellokonzerte rCA red seal • 14_Anna Netrebo/rolando Villazón Duets Deutsche Grammophon • 15_Christoph pregardien/Jonas Kaufmann/Angelika Kirch schlager Wiegenlieder Vol. 1 Carus • 16_Daniel Hope Air – A Baroque Journey Deutsche Grammophon • 17_maurizio pollini Bach – Das Wohltemperierte Klavier I Deutsche Grammo-phon • 18_martha Argerich Argerich spielt Chopin Deutsche Grammophon • 19_Alfred Bren del The Farewell Concerts Decca • 20_Hermann prey/Fritz Wunderlich/Elisabeth Grümmer Don Giovanni Deutsche Grammophon

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