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1 Definieren oder Definieren ? 1.1 Informelle und formale Definitionen Der Begriff Definition ist aus dem MU der SI weitestgehend verbannt worden (Erleichterungspädgogik). Trotzdem ist es natürlich notwendig, die Dinge beim Namen zu nennen und festzulegen, was man unter einem bestimmten Begriff im weiteren verstehen will. Je nach Begriff und Klassensituation wird man mit unterschiedlichen Exaktheits- bzw. Abstraktionsgraden arbeiten: 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur 1.1.1.1 Orientierung an der Umwelt Brillenträger wissen: Sammellinse sind konvex Zerstreuungslinsen sind konkav (nicht konvex) für Weitsichtige für Kurzsichtige

1 DDeeffiinniieerreenn iooddeerr „„DDeeffiinnieerreenn““??geometrie.zum.de/images/b/b0/Definieren.pdf · 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und

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11 DDeeff iinn iieerreenn oo ddeerr „„DD eeff iinnii eerreenn““ ??

1.1 Informelle und formale Definitionen

Der Begriff Definition ist aus dem MU der SI weitestgehend verbannt worden (Erleichterungspädgogik). Trotzdem ist es natürlich notwendig, die

Dinge beim Namen zu nennen und festzulegen, was man unter einem bestimmten Begriff im weiteren verstehen will.

Je nach Begriff und Klassensituation wird man mit unterschiedlichen Exaktheits- bzw. Abstraktionsgraden arbeiten:

1.1.1 Beispie l: Begrif f der konvexen F igur

1.1.1.1 Orientierung an der Umwelt

Brillenträger wissen:

Sammellinse sind konvex Zerstreuungslinsen sind konkav (nicht konvex)

für Weitsichtige

für Kurzsichtige

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur,

1.1.1.2 Intui t ives Begri f fsverständnis

eingeschränkt auf Vierecke, Verdeutlichung des Begriffs durch Beispiele und Gegenbeispiele

Figur 1 Figur 2 Figur 3 Figur 4

Figur 5 Figur 6 Figur 7 Figur 8

A B

CD

A

B

CD

A

B

C

D

A

B

C

D

A

B

C

D

A

BC

D

A

B

C

D

A

B

C

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur,

konvex nicht konvex

Figur 3

Figur 4

Begriffsdefinition Fachlich-didaktischer Kommentar

Vierecke, die nicht so aussehen, wie die in der rechten Spalte sind konvexe

Vierecke.

Keine wirkliche Definition es werden Repräsentanten und

Nichtrepräsentanten des Begriffs intuitiv voneinander unterschieden.

A

B

C

D

A

B

C

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur,

1.1.1.3 informelle Def ini t ion

Einfache sprachliche Fassung des Begriffs, der Anschauung entnommen.

Begriffsdefinition Fachlich-didaktischer Kommentar

Ein Viereck ist konvex, wenn es keine einspringende Ecke hat.

Informelle, intuitive „Definition“: hält einer sauberen mathematischen

Betrachtungsweise nicht stand. (Was ist eine einspringende Ecke?)

einspringendeEckeA

B

C

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur,

1.1.1.4 formale Def ini tion, e ingeschränkt in der Exaktheit

Begriffsdefinition Fachlich-didaktischer Kommentar

Ein Viereck, das keinen überstumpfen Innenwinkel hat, ist ein konvexes

Viereck.

formale Definition, mathematisch fast sauber,

Problem: überschlagenes Viereck

1.1.1.4.1 Aus didaktischer Sicht in der SI vernachlässigbar!

A

B

C

D

A

B

C

D

A

B

C

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.1 Beispiel: Begriff der konvexen Figur,

1.1.1.5 Extremfälle hel fen

bei der Findung eines erweiterten Verständnisses des Begriffs „konvexe Figur“; neue formale Definition „konvexes Viereck“

nicht konvex nicht konvex konvex

Begriffsdefinition Fachlich-didaktischer Kommentar

Ein Viereck, dessen beide Diagonalen vollständig in seinem Inneren liegen,

ist ein konvexes Viereck.

Formale, korrekte Definition, neue intuitive Idee des Begriffs kommt

zum Tragen.

1.1.1.6 Erweiterung auf noch al lgemeineren Fal l

Begriffsdefinition Fachlich-didaktischer Kommentar

Allgemein kann der Begriff konvex für beliebige Punktmengen definiert

werden

Definition: (konvex)

Es sei F eine geometrische Figur bzw. ein geometrischer Körper.

I sei das Innere von F.

F heißt konvex IRPQRIQP :,:

Formale, korrekte Definition, gültig für beliebige Figuren bzw. Körper

d2

d1A

B

C

D

d2

d1

A

B

CD

d2

d1

A B

C

D

P

Q

P

Q

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.1 Informelle und formale Definitionen, 1.1.2 Beispiel: Quadrat,

1.1.2 Beispie l: Quadrat

intuitiv Die Seitenflächen eines Würfels sind z.B. Quadrate

informell Ein Viereck mit 4 gleichlangen Seiten und vier rechten Innenwinkeln ist ein Quadrat.

formal Ein Rechteck, dessen Diagonalen senkrecht aufeinander stehen, heißt Quadrat.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition, 1.2.1 „Eine Definition ist wie ein Opernführer“,

1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition

1.2.1 „Eine Definit ion ist wie ein Opernführer“

1.2.1.1 Beispiel : Der Babier von Sevil la

1.2.1.1.1.1 Es spielen mit 1.2.1.1.1.1.1 Eigenschaft 1.2.1.1.1.1.2 Weitere Eigenschaft 1.2.1.1.1.1.3 Inhalt:

Almaviva der Graf Tenor Ort: Sevilla. Zeit: Ende 18. Jh.

Graf Almaviva nähert sich seiner

Angebetenen Rosina inkognito,

einmal als betrunkener Soldat und

ein anderes Mal als Musiklehrer.

Die Maskerade hat zwei Gründe:

zum einen will er ausschließen, daß

sich Rosina nur wegen seines Titels

in ihn verliebt, zum anderen um

den geldgierigen Dr. Bartolo zu

täuschen, der selbst überlegt, die

reiche Rosina, sein Mündel, zu

heiraten. Im ersten Akt (als Soldat

verkleidet) gelingt es dem Grafen

tatsächlich Rosina einen

Liebesbrief zuzustecken, im zweiten

Akt (als Musiklehrer getarnt)

kommt er ihr beim

Gesangsunterricht näher und beide

gestehen sich ihre Liebe. ...

Fiorillo Diener des Grafen Almaviva Tenor / Bariton / Bass

Bartolo der Doktor Bass

Ambrogio Diener von Bartolo Bass

Berta Haushälterin bei Bartolos Sopran

Marzelline Haushälterin bei Bartolo Alt

Basilio der Musikmeister Bass

Figaro der Barbier Bariton; Buffo

Rosina Mezzosopran / Sopran

Offizier Bass

Notar stumme Rolle

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition, 1.2.1 „Eine Definition ist wie ein Opernführer“,

1.2.1.2 Beispiel : Dreieck

1.2.1.2.1.1 Es spielen mit 1.2.1.2.1.2 Eigenschaft 1.2.1.2.1.3 Weitere Eigenschaft

A, B und C Punkte Nicht kollinear

AB Verbindungstrecke, auch c genannt verbindet A mit B

BC Verbindungstrecke, auch a genannt verbindet B mit C

CA Verbindungstrecke, auch b genannt verbindet C mit A

Inhalt:

Die drei Strecken AB , BC und CA bilden das Dreieck ABC.

Wir definieren:

Gegeben seien drei nichtkollineare Punkte A, B und C. Unter dem

Dreieck ABC versteht man die Vereinigungsmenge der drei Strecken

AB , BC und CA .

c

a

b

A

B

C

Einer für

alle, alle

für einen!

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition, 1.2.1 „Eine Definition ist wie ein Opernführer“,

1.2.1.3 Beispiel : Sehnenviereck

1.2.1.3.1.1 Es spielen mit 1.2.1.3.1.2 Eigenschaft 1.2.1.3.1.3 Weitere Eigenschaft

A, B, C und D Eckpunkte eines Vierecks liegen auf ein und demselben Kreis

Inhalt:

ABCD ist ein Sehnenviereck

Definition 1:

Es seien A, B, C, D vier Punkte, die auf ein und demselben Kreis liegen. Das Viereck ABCD ist ein Sehenenviereck.

Definition 2:

Es ABCD ein Viereck. Wenn ABCD einen Umkreis hat, so ist es ein Sehnenviereck.

Definition 3: ...................

Formulieren Sie zwei weitere mögliche Definitionen des Begriffs Sehnenviereck!

BA

D C

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition, 1.2.2 „Handlungsanleitung“ für das Definieren,

1.2.2 „Handlungsanleitung“ für das Def inieren

1.2.2.1 Schr i ttfolge

Zähle alle „Mitwirkenden“ auf!

Zähle die Eigenschaften der „Mitwirkenden“ auf!

Bezeichne den „neuen Zusammenhang“ der „Mitwirkenden“

1.2.2.2 Beispiel : Kreisdurchmesser

„Mitwirkende“:

Ein Kreis, eine Gerade, eine Strecke auf dieser Geraden

„Eigenschaften“:

Gerade geht durch den Mittelpunkt des Kreises,

Gerade hat somit zwei Schnittpunkte mit dem Kreis.

„noch ein Mitwirkender“:

Strecke durch obige Schnittpunkte bestimmt

„neuer Zusammenhang“:

obige Strecke ist ein Durchmesser des Kreises

Definition:

Es sei k ein Kreis mit dem Mittelpunkt M. Ferner sei g eine Gerade, die durch M geht und somit k in den beiden Punkten A und B schneidet.

Die Strecke AB ist ein Durchmesser des Kreises k.

Aufgaben:

Der Begriff Durchmesser hat zwei verschiedene Bedeutungen. Definieren Sie die zweite Bedeutung, die in obiger Definition nicht zum

Tragen kommt!

Definieren Sie den Begriff „Kreisradius“ in der Weise, dass in Bezug auf den zu definierenden Begriff ein unbestimmter Artikel verwendet

werden muß!

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.2 Real-, Konventional- und genetische Definition, 1.2.3 Realdefinitionen,

1.2.3 Realdef init ionen

1.2.3.1 Beispiel : Trapez

Definition:

Ein Viereck, mit zwei zueinander parallelen Seiten ist ein Trapez.

1.2.4 Konvent ionaldef init ionen

1.2.4.1 Beispiel : Trapez

Definition:

Wenn ein Viereck zwei zueinander parallele Seiten hat, so heißt das Viereck Trapez.

1.2.5 Genetische (operationale) Def init ion

1.2.5.1 Beispiel : Trapez

Definition: (besser: Handlungsanleitung)

Zeichne eine Gerade g und eine zu g parallele Gerade p. Wähle auf g zwei Punkte A und B. Wähle mit demselben Richtungssinn auf der

Geraden p die zwei Punkte D und C. Verbinde A mit C und B mit D. Das Viereck ABCD ist ein Trapez.

gg

p

g

p

B

A g

p

B

A

DC

g

p

B

A

DC

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.3 Zusammenfassung: Definitionen, 1.3.1 Beispiel: Raute,

1.3 Zusammenfassung: Definitionen

1.3.1 Beispie l: Raute

Exaktheit, formale Korrektheit, Logik in der Hirarchie

intuitiv informell formal

Art der

Formulierung

operational

Zeichne die beiden Begrenzungsgeraden eines Streifens

nach. Drehe den Streifen so, dass die gezeichneten Geraden

geschnitten werden. Zeichne noch einmal die

Begrenzungsgeraden des Streifens nach. Als Schnittfigur

erhältst du eine Raute.

konventional Wenn ein Viereck eine Form hat wie

die Vierecke in der Bayrischen Fahne,

so handelt es sich um eine Raute.

real Vierecke der obigen Form heißen

Rauten.

C

A B

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.3 Zusammenfassung: Definitionen, 1.3.1 Beispiel: Raute,

Merke: Die Entscheidung welcher Art von Erklärung/Definition man im

Unterricht verwendet, ist eine pädagogisch/didaktisch/methodische

Entscheidung, die von verschiedenen Parametern abhängt.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 1 Definieren oder „Definieren“?, 1.4 Begriffseigenschaften und ihre Verwendung in Definitionen, 1.4.1 Beispiel Raute,

1.4 Begriffseigenschaften und ihre Verwendung in Definitionen

1.4.1 Beispie l Raute

1.4.1.1 Var iante 1

Definition: Raute

Eine Raute ist ein Viereck, dessen Seiten gleichlang sind.

Satz: (Kriterium)

Ein Viereck ist genau dann eine Raute, wenn seine Diagonalen senkrecht aufeinander stehen und einander halbieren.

Beweis:

()

Sei ABCD eine Raute.

Zu zeigen: Die Diagonalen von ABCD stehen senkrecht aufeinander und halbieren einander.

()

Sei ABCD ein Viereck, dessen Diagonalen senkrecht aufeinander stehen und einander halbieren.

Zu zeigen: ABCD ist eine Raute.

1.4.1.2 Var iante 2

Definition: Raute

Eine Raute ist ein Viereck, dessen Diagonalen senkrecht aufeinander stehen und einander halbieren.

Satz: (Kriterium)

Ein Viereck ist genau dann eine Raute, wenn alle seine Seiten gleichlang sind.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.1 Grundprinzip,

22 BBeeggrr ii ff ffsseerraa rrbbee ii ttuu nngg

2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg

2.1.1 Grundprinzip

Ein vielseitig zusammengestelltes Ausgangsmaterial wird

analysiert und klassifiziert.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.2 Ein Beispiel,

2.1.2 Ein Beispie l

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.3 Varianten nach Sortierung des Ausgangsmaterials,

2.1.3 Varianten nach Sort ierung des Ausgangsmateria ls

2.1.3.1 Var iante a

2.1.3.1.1.1.1.1 Material liegt ungeordnet vor

a1 a2

Den Schülern ist das Begriffswort bisher

mehr oder weniger völlig unbekannt

Schüler kennen das das Begriffswort bzw. haben

diesbezügliche Vorerfahrungen

abhängig von der Klassenstufe

relativ selten, häufig existieren hinsichtlich der im GU zu

vermittelnden Begriffe Vorerfahrungen verschiedenster Art

Beispiele: Prisma, F1 kongruent zu F2, F1 ähnlich zu F2,

Häufig kennen die Schüler aus dem vorangegangenen

Mathematikunterricht oder ihrer sonstigen Lebenserfahrung das

Begriffswort und haben Vorstellungen vom Begriffsinhalt.

Analysieren der Einzelobjekte

Vergleichen der Einzelobjekte

Feststellen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden

Hervorheben des Definitionsmerkmals (oder mehrerer)

Bilden von zwei Klassen nach dem(n) hervorgehobenen

Merkmal(en) (Repräsentanten – übrig Objekte)

Aufteilen des Materials in zwei Klassen auf Grund der

Vorkenntnisse

Beschreiben und Begründen der Einteilung für die einzelnen

Objekte

Motivieren einer präziseren Begriffsfestlegung durch

Zweifelsfälle bzw. mißglückte allgemeine Beschreibungen.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.3 Varianten nach Sortierung des Ausgangsmaterials,

2.1.3.2 Var iante b

2.1.3.2.1.1.1.1.1 Material ist bereits in zwei Teilmengen aufgeteilt

Analysieren der Einzelobjekte

Vergleichen der Einzelobjekte

innerhalb der beiden Mengen und von Menge zu Menge

Vergleichen der beiden Mengen mit dem Ziel, das/die Merkmal/e zuerkennen, das/die der Bildung der beiden Klassen zugrunde lag/en.

D

A B

C

2

D

A B

C

1

D

A B

C

5

D

A B

C

4

D

A B

C

3

C B

A

D 6 D

B

C

A 7

8

D

B

C

A

9 D

B

C

A

10

D B

C

A

11

D

B

C

A

E 12

D

B

C

A 13

D B

C

A

14

15

D

B

C

A

E 16

A B

C

D E

F 17

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.4 Erstellung des Ausgangsmaterials auf konstruktivem Weg (Konstruktiver Begriffserwerb),

2.1.4 Erstel lung des Ausgangsmateria ls auf konstruktivem Weg (Konstrukt iver Begrif fserwerb)

2.1.4.1 Das Grundpr inz ip

2.1.4.1.1.1.1.1 Schüler generieren das Ausgangsmaterial selbst

Legen,

Bauen,

Drucken,

Falten,

Schneiden, ...

...

Weitere Bezeichnungen:

„operative Begriffsbildung“ (Winter 1981, Zech 1996)

„Lehren von Begriffen durch Handeln“ (Vollrath 1984)

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.4 Erstellung des Ausgangsmaterials auf konstruktivem Weg (Konstruktiver Begriffserwerb),

2.1.4.2 Beispiel 1: Paral le logramm

Vorbereitung:

Schneide Dir aus Pappe Streifen1 der folgenden Breite: 3 cm, 4 cm, 10 cm, ...

Aufgabenstellung:

Zeichne mit den Streifen verschiedene Vierecke wie in der folgenden Abbildung.

mögliche, entsprechend der Aufgabenstellung generierte Repräsentanten:

Problematik dieser Aufgabenstellung: es werden keine Gegenbeispiele generiert

1 Der Begriff „Streifen“ als Paar paralleler Geraden, sei bereits bekannt.

A

D

C

B

A

D C

B A

D C

B

A

D C

B

A

D

C

B

A

D

C

B

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.4 Erstellung des Ausgangsmaterials auf konstruktivem Weg (Konstruktiver Begriffserwerb),

2.1.4.3 Beispiel 2: Kreis und Gerade: Passante, Tangente, Sekante

Aufgabenstellung:

o zeichne einen Kreis k mit dem Mittelpunkt M,

o lege auf k einen Punkt P fest,

o zeichne den Strahl MP+ ein.

o lege auf MP+ 10 unterschiedliche Punkte fest,

o zeichne die Senkrechten in diesen Punkten zu dem Strahl MP+,

o ordne diese Senkrechten nach der Anzahl ihrer Schnittpunkte mit k!

Auswertung:

Sekante („Schneidende“) Tangente („Berührende“) Passante („vorbei Gehende“)

„Problematik“ dieser Aufgabenstellung: eingeschränkte Sicht durch Vorgabe des Berührungsradius

Variationen der Aufagebnstellung sind sicher kein Problem.

M

P

S

M

P

S

M

P S

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.4 Erstellung des Ausgangsmaterials auf konstruktivem Weg (Konstruktiver Begriffserwerb),

2.1.4.4 Beispiel 3: Pyramide

Arbeitsmaterial: Knete und Schaschlikstäbchen

Aufgabenstellung: Baue verschiedene Pyramiden!

? ? ? ?

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.4 Erstellung des Ausgangsmaterials auf konstruktivem Weg (Konstruktiver Begriffserwerb),

2.1.4.5 Beispiel 4: Drachen , Rechteck, Paralle logramm (Grundschule)

Arbeitsmaterial: Stäbchen verschiedener Länge, gleiche Längen treten dabei auf

Aufgabenstellung:

Lege mit 4 Stäbchen, von denen jeweils zwei gleichlang sind, ein Viereck!

Lösungen

Rechteck Parallelogramm Drachen

A B

CD

A B

CD

A

B

C

D

A B

CD

A

B

C

D

A

B

C

D

A

B

C

D

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.5 Varianten nach Art des Abstraktionsprozesses,

2.1.5 Varianten nach Art des Abstraktionsprozesses

2.1.5.1 Begr i f fserwerb durch Spez i fikat ion aus einem Oberbegr i ff

Prinzip:

Der Oberbegriff ist bekannt, spezifische für den Oberbegriff nicht zwingend erforderliche Merkmale führen zu dem neuen Begriff.

Quadrat als spezielles Rechteck

Quadrat als spezielle Raute

Konvexes Vieleck:

o Oberbegriff: Vieleck

o Spezifisches Merkmal:

“keine einspringenden Ecken“,

oder: keine überstumpfen Innenwinkel

oder: alle Diagonalen liegen im Inneren.

Punktsymmetrisches Viereck:

o Oberbegriff: Viereck

o Spezifisches Merkmal:

? Ü.A.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.5 Varianten nach Art des Abstraktionsprozesses,

2.1.5.2 Begr i f fserwerb durch intensionale Abstrakt ion

Prinzip

Der Oberbegriff ist nicht bekannt, eine Analyse der spezifischen Eigenschaften von Repräsentanten und Gegenrepräsentanten zu dem neuen Begriff.

Beispiel: Pyramide

Oberbegriff: Polyeder, in Haupt- und Realschule nicht bekannt bzw. nicht explizit behandelt.

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.5 Varianten nach Art des Abstraktionsprozesses,

Objekt 1 Objekt 2 Objekt 3 Objekt 4 Objekt 5

Objekt 6 Objekt 7 Objekt 8 Objekt 9 Objekt 10

Objekt 11 Objekt 12 Objekt 13 Objekt 14 Objekt 15

Pyramiden keine Pyramiden

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Kapitel 0 Begriffsbildung und Definieren 2 Begriffserarbeitung, 2.1 Erarbeiten von Begriffen auf induktivem Weg, 2.1.5 Varianten nach Art des Abstraktionsprozesses,

Ergebnis des Abstraktionsprozesses:

Informelle, operationale Definition:

Gegeben sei ein ebenes n-Eck mit den Eckpunkten P1, P2, ..., Pn. Ferner sei S ein Punkt außerhalb der Ebene, in der das n-Eck liegt.

Verbindet man alle der Eckpunkte P1, P2, ..., Pn mit dem Punkt S, so erhält man eine Pyramide.