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Juristische Reihe TENEA/ Bd. 113 NINA A. KOWALA Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben 113 Nina A. Kowala Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben Juristische Reihe TENEA/

113 Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

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Page 1: 113 Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

Juristische Reihe TENEA/ Bd. 113

NINA A. KOWALA

Die Haftung des Verkäufersfür unrichtige Werbeangaben

ISBN 3-86504-166-3 30 €

113

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Werbung nimmt heute auf die Kaufentscheidung von Verbrauchernerheblichen Einfluss. Potentielle Käufer stillen ihren Wissensdurst meistdurch Presse, Funk und Fernsehen. Dies war früher anders. Als das Bür-gerliche Gesetzbuch 1900 in Kraft trat, wurde potentiellen Käufern dieWare auf dem Markt angeboten. Diese nahmen die Gegenstände inAugenschein und entschieden sich für oder gegen den Kauf. Das typi-sche Kaufgeschäft, auf dem das bisherige kaufrechtliche Gewähr-leistungsrecht aufbaute, war demnach der Kauf nach Besichtigung undPrüfung der Kaufsache. Mit dem Bedeutungszuwachs von Werbungund massiven Werbekampagnen ist das Risiko der Irreführung von Ver-brauchern enorm gestiegen. Die Käufer müssen nach Übergabe derKaufsache oftmals feststellen, dass die in der Werbung angepriesenenEigenschaften nicht vorhanden sind. Folglich ist ihnen daran gelegen,aus negativen Abweichungen der Ware von den beworbenen Eigen-schaften Sekundärrechte herzuleiten. Durch die europäische Ver-brauchsgüterkaufrichtlinie und der darauf folgenden Schuldrechts-reform in Deutschland, wurde erstmals eine ausdrückliche Regelung fürdie Haftung für unrichtige Werbeangaben in das Bürgerliche Gesetz-buch aufgenommen. Diese Arbeit analysiert die Frage der Haftung desVerkäufers für unrichtige Werbeangaben sowohl nach »alter« und»neuer« Rechtslage des deutschen Gewährleistungsrechts als auch imLichte der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Nina Alexandra Kowala wurde 1978 in Hannovergeboren. Sie studierte Rechtswissenschaften in Göt-tingen, Uppsala und Würzburg und erwarb im An-schluss an ihr Erstes Staatsexamen einen Master inInternational and Comparative Law an der Univer-sität Uppsala. Im Rahmen ihrer Promotion an der FUBerlin verbrachte sie einen mehrmonatigen For-schungsaufenthalt an der Andrássy-Universität inBudapest. Zurzeit absolviert sie ihr Referendariat.

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UmschlagJuraweltKowala 16.03.2006 15:26 Uhr Seite 1

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Juristische Reihe TENEA/ Bd. 113

TENEA

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Tenea (‘η Τενεα), Dorf im Gebiet von Korinthan einem der Wege in die → Argolis, etwas s. desh. Chiliomodi. Sehr geringe Reste. Kult des Apol-lon Teneates. T. galt im Alt. sprichwörtl. als glück-lich, wohl wegen der Kleinheit […]Aus: K. Ziegler, W. Sontheimer u. H. Gärtner(eds.): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike.Bd. 5, Sp. 585. München (Deutscher Taschen-buch Verlag), 1979.

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NINA A. KOWALA

Die Haftung des Verkäufersfür unrichtige Werbeangaben

BRISTOL BERLIN

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Nina A. Kowala

Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

(Juristische Reihe TENEA/www.jurawelt.com; Bd. 113)

Zugleich Freie Universität BerlinDissertation 2005

© TENEA Verlag Ltd., Bristol, Niederlassung DeutschlandBerlin 2006

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.Digitaldruck und Bindung:

docupoint GmbH · 39108 MagdeburgTENEA-Graphik: Walter Raabe, Berlin

Printed in Germany 2006

ISBN 3-86504-166-3

Gedruckt auf holzfreiem, säurefreiem,alterungsbeständigem Papier

D 188

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Meinen Eltern

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I

Vorwort Die folgende Arbeit lag im Sommersemester 2005 dem Fachbereich Rechtswis-senschaft der Freien Universität Berlin als Dissertation vor. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Martin Schwab, der mich bei der Themenwahl beraten und die Arbeit fortwährend en-gagiert unterstützt und gefördert hat. Außerdem danke ich dem Zweitgutachter, Herrn Prof. Dr. Detlef Leenen, für die zügige Korrektur meiner Arbeit. Ferner möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer für die unkon-ventionelle und freundliche Beantwortung meiner Fragen bedanken und bei der Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften der Andrássy-Universität Budapest für die Ermöglichung meines Forschungsaufenthaltes in Ungarn. Nicht zuletzt danke ich auch Herrn Prof. Dr. Klaus Laubenthal von der Universität Würzburg, der mein Interesse an der Wissenschaft geweckt hat und dessen Vorlesungen ich bis heute in bester Erinnerung habe. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Freund Richard Sigel. Ihm möchte ich dafür danken, dass er mir während der Erstellung der Arbeit stets ein wertvoller Diskussionspartner war und große Teile der Arbeit immer wieder kri-tisch gelesen hat. Seine uneingeschränkte Motivation und sein Rückhalt waren für das Gelingen dieser Arbeit unentbehrlich. Mein herzlicher Dank gilt außerdem meiner Freundin Andrea Lindner, die durch ihre Unterstützung- insbesondere durch das Korrekturlesen - einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit geleistet hat. Mein großer Dank gebührt schließlich meinen Eltern. Ohne ihre umfassende und uneingeschränkte Unterstützung während des Studiums und der Promotion wäre diese Arbeit nie zustande gekommen. Flensburg, im März 2006 Nina A. Kowala

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III

Inhaltsübersicht Vorwort .................................................................................................................I

Inhaltsverzeichnis............................................................................................... V

Abkürzungsverzeichnis..................................................................................... IX

Einleitung ............................................................................................................. 1

§ 1 Problemstellung .......................................................................................... 1

Teil 1: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

vor der Schuldrechtsreform - ein Rückblick........................................ 6

§ 2 Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben vor der Schuldrechtsreform....................................................................... 6

§ 3 Fazit......................................................................................................... 51

Teil 2: Darstellung und Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG zu

bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht ............. 53

§ 4 Darstellung der Richtlinie 1999/44/EG .................................................. 53

§ 5 Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht, unter besonderer Betrachtung der Sachmängelhaftung ................................... 83

§ 6 Fazit......................................................................................................... 87

Teil 3: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

nach neuem Schuldrecht ...................................................................... 89

§ 7 Die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 als Haftungsgrund des Verkäufers......................................................................................... 89

§ 8 Fazit....................................................................................................... 143

Schlusszusammenfassung und Bewertung.................................................... 145

Literaturverzeichnis........................................................................................ 150

Anhang ............................................................................................................. 163

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V

Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................I

Inhaltsübersicht ................................................................................................. III

Inhaltsverzeichnis............................................................................................... V

Abkürzungsverzeichnis..................................................................................... IX

Einleitung ............................................................................................................. 1

§ 1 Problemstellung......................................................................................... 1

A. Gegenstand der Arbeit .................................................................................. 1

B. Untersuchungsmethode und Gang der Darstellung ..................................... 4

Teil 1: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

vor der Schuldrechtsreform - ein Rückblick........................................ 6

§ 2 Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben vor der Schuldrechtsreform ................................................................... 6

A. Die Sachmängelhaftung allgemein, §§ 459 ff. a.F. ...................................... 6

I. Der Fehler der Kaufsache ........................................................................... 7 1. Objektive Theorie ................................................................................... 7 2. Subjektive Theorie .................................................................................. 8 3. Beschaffenheitskriterium nach § 459 Abs.1 a.F................................... 12

II. Zusicherung einer Eigenschaft ................................................................ 15 1. Die Zusicherung des Verkäufers........................................................... 15 2. Eigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 a.F. ......................................... 16

III. Beschaffenheit und Eigenschaft ............................................................. 17 1. Das Kriterium der Unmittelbarkeit im Rahmen des engen

Beschaffenheitsbegriffs........................................................................ 18 2. Die grundsätzlich restriktive Auslegung eines Sachmangels

durch den BGH .................................................................................... 22 a). Beispiel: Entscheidung „Wäschetrockner“ ...................................... 24 b). Beispiel: Unternehmenskauf ............................................................ 24

IV. Gattungskauf und Stückkauf.................................................................. 26

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VI

V. Die Einordnung der Haftung für Werbeangaben nach alter Rechtslage................................................................................................32

1. Unrichtige Werbeangaben als Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 a. F.?................................................................................33

2. Unrichtige Werbeangaben als Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F.? ..........................................................38

a). Ansicht in der Rechtsprechung.........................................................39 b). Ansicht im Schrifttum ......................................................................43

3. Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben des Herstellers.............................................................................................45

§ 3 Fazit ........................................................................................................51

Teil 2: Darstellung und Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG zu

bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht .............53

§ 4 Darstellung der Richtlinie 1999/44/EG ...............................................53

A. Hintergrund und Ziele der Richtlinie ..........................................................53

I. Hintergrund ...............................................................................................53

II. Ziele .........................................................................................................55 B. Anwendungsbereich der Richtlinie .............................................................57

I. Personeller Anwendungsbereich...............................................................57 1. Verbraucher...........................................................................................57 2. Verkäufer...............................................................................................58

II. Sachlicher Anwendungsbereich...............................................................59 C. Regelungen der Richtlinie über die gesetzliche Sachmängelhaftung

des Verkäufers.............................................................................................60

I. Vertragsmäßigkeit als zentraler Begriff der Richtlinie, Art. 2 Abs. 1 .....61

II. Die Vermutungsregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie.....................64 1. Vermutungsmerkmale lit.a- lit.c ...........................................................65 2. Informationsverantwortung des Verkäufers, lit. d der Richtlinie .........65

a). Die Üblichkeit der Qualität und Leistung (Var. 1) und die vernünftigen Erwartungen des Käufers (Var. 2) ..............................69

b). Öffentliche Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder dessen Vertreters in der Werbung (Var. 3).......................................73

c). Ausnahmetatbestände (Art. 2 Abs. 4) ..............................................79 D. Zusammenfassung.....................................................................................82

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VII

§ 5 Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht, unter besonderer Betrachtung der Sachmängelhaftung ............................. 83

A. Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht im Rahmen der Modernisierung des Schuldrechts ............................................................... 83

I. Historischer Vorgang der Umsetzung....................................................... 83

II. Allgemeine Umsetzung der Richtlinie ins Schuldrecht .......................... 85

§ 6 Fazit ........................................................................................................ 87

Teil 3: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben

nach neuem Schuldrecht ...................................................................... 89

§ 7 Die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 als Haftungsgrund des Verkäufers ....................................................................................... 89

A. Der Sachmangelbegriff nach neuem Recht, § 434 ..................................... 89

I. § 434 Abs. 1 S. 1 ....................................................................................... 91 1. Der Beschaffenheitsbegriff nach neuer Rechtslage.............................. 92

a). Enger oder weiter Beschaffenheitsbegriff........................................ 92 b). Auswirkungen auf den Unternehmenskauf...................................... 99

II. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 .......................................................................... 101

III. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ......................................................................... 103 B. Unrichtige Werbeangaben als Sachmangel, § 434 Abs. 1 S.3................. 104

I. Hintergrund des § 434 Abs. 1 S. 3 .......................................................... 105

II. Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 S. 3................................................. 106 1. Eigenschaftsbegriff nach neuer Rechtslage ........................................ 106 2. Öffentlichkeit der Äußerung .............................................................. 110 3. Person des Äußernden ........................................................................ 113

a). Hersteller ........................................................................................ 114 aa). Widerspruch zwischen Vereinbarungen des Verkäufers

und Aussagen des Herstellers ................................................... 116 b). Gehilfe............................................................................................ 117

aa). Auslegung durch Heranziehung der Richtlinie......................... 117 bb). Auslegung durch Betrachtung des UWG ................................. 118 cc). Werden bloß Gehilfen des Herstellers oder auch Gehilfen

des Verkäufers umfasst? ........................................................... 120 c). Stellt § 434 Abs. 1 S. 3 eine abschließende Sonderregelung

für Äußerungen Dritter dar? ........................................................... 122

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VIII

4. Werbung .............................................................................................126 a). Herleitung und Begriffsdefinition ..................................................126 b). Werbung durch Unterlassen, mit Parallelen zum

Wettbewerbsrecht ...........................................................................129 5. Berechtigte Erwartungen des Käufers................................................133 6. Ausnahmetatbestände.........................................................................135

a). Nichtkennen und Nichtkennenmüssen der unrichtigen Angaben .136 b). Gleichwertige Berichtigung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses..137 c). Keine Beeinflussung der Kaufentscheidung ..................................141

§ 8 Fazit ......................................................................................................143

Schlusszusammenfassung und Bewertung....................................................145

Literaturverzeichnis ........................................................................................150

Anhang..............................................................................................................163

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IX

Abkürzungsverzeichnis a.E. am Ende ABlEG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Ge-

schäftsbedingungen vom 9.12. 1976 Alt. Alternative AnwBl. Anwaltsblatt Art. Artikel BB Betriebsberater Bd. Band Begr. RegE Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 14/6040 BGB a.F. Bürgerliches Gesetzbuch in der vor dem 1.1.2002 gel-

tenden Fassung BGB Bürgerliches Gesetzbuch in der nach dem 1.1.2002 gel-

tenden Fassung BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BR-Drs. Bundesrat-Drucksachen BT Besonderer Teil BT-Drs. Bundestag-Drucksachen c.i.c. culpa in contrahendo DB Der Betrieb Ders. derselbe d.h. das heißt Dies. dieselbe Diss. Dissertation DStR Deutsches Steuerrecht DZWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EG Europäische Gemeinschaft EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft endg. endgültig EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

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X

EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht f. folgend ff. fortfolgende Fn. Fußnote FS Festschrift GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Int. Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internatio-

naler Teil Hrsg. Herausgeber i.S.d. im Sinne des i.V.m. in Verbindung mit JR Juristische Rundschau JURA Juristische Ausbildung JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel KOM Dokumente der Kommission der Europäischen Gemein-

schaften komm. kommentiert LG Landgericht lit. littera MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MK Münchener Kommentar NJ Neue Justiz NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nr. Nummer OLG Oberlandesgericht Rdn. Randnummer/n RGZ Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsge-

richts in Zivilsachen RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Rs. Rechtssache S. Seite; Satz SFS Svensk författningssamling (schwedische Gesetzes-

sammlung) u.a. und andere UN-Kaufrecht Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den in-

ternationalen Warenkauf vom 11.4.1980

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XI

UWG a.F. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der vor dem 8.7.2004 geltenden Fassung

UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der nach dem 8.7.2004 geltenden Fassung

VersR Versicherungsrecht vgl. vergleiche VuR Verbraucher und Recht WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht; Wertpapier-

mitteilungen WRP Wettbewerb in Recht und Praxis z.B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZGR ZGS

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht

ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschafts-recht

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht

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1

Einleitung

§ 1 Problemstellung

A. Gegenstand der Arbeit Werbung beeinflusst mehr denn je das Entscheidungsverhalten von Käufern, insbesondere von Verbrauchern. Ein Kauf, der nicht auf vorangegangener Wer-bung beruht, stellt bei den heute vorherrschenden Massengeschäften eher die Ausnahme dar. Potentielle Käufer stillen ihren Wissensdurst meist durch Presse, Funk und Fernsehen. Sie informieren sich in den Medien über die für sie in Fra-ge kommenden Waren. Ein Werbespot weckt oftmals erst den Wunsch, ein ge-wisses Produkt zu erwerben. Zu einem individuellen Verkaufsgespräch zwi-schen Käufer und Verkäufer kommt es häufig nicht mehr1. Dies war früher an-ders. Als das Bürgerliche Gesetzbuch 1900 in Kraft trat, herrschte ein gänzlich anderes Kaufverhalten. Wenige Anbieter von Waren und Dienstleistungen prä-sentierten ihre Produkte auf dem Markt den Passanten. Diese nahmen die Ge-genstände in Augenschein und entschieden sich für oder gegen den Kauf. Der Typus eines Kaufgeschäfts, auf dem das bisherige kaufrechtliche Gewährleis-tungsrecht aufbaute, war demnach der Kauf nach Besichtigung und Prüfung der Kaufsache. Dadurch, dass der Käufer die Ware vor Ort besichtigen und untersu-chen konnte, wurde dem Käufer die Möglichkeit eröffnet, seine Interessen zu wahren und sich mit dem Verkäufer auszutauschen, gegebenenfalls Vereinba-rungen zu treffen. Es kam somit nahezu immer zu einem Verkaufsgespräch zwi-schen Käufer und Verkäufer. Das Kaufverhalten der Verbraucher hat sich jedoch grundlegend geändert. Da-mit einher geht das Wachstum von so genannten Lebensmittel- und Unterhal-tungselektronik- Discountern, bei denen eine geringe Anzahl von Verkaufsper-sonal zum Erfolgskonzept gehört. Eine adäquate Beratung des Kunden ist auf-grund zusätzlicher Personalkürzungen in vielen Bereichen des Einzelhandels oftmals nicht mehr möglich. Gerade diese Discounter sind es aber, die zuneh-mend den Handel prägen. Kleine Einzel- und Fachhändler, bei denen Beratung zum Verkaufsgeschäft gehört, werden dadurch verdrängt. Auch der Vertrieb von

1 So auch SCHUMACHER, Der Lieferantenregress gemäß §§ 478, 479 BGB, 1. Aufl. 2004,

S. 25; LORENZ, Warenabsatz und Vertrauensschutz, in: Karlsruher Forum 1963, Zur Haftung des Warenherstellers, Beilage VersR, S. 8.

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2

Waren durch Vertreter, die von Haustür zu Haustür gehen, gehört weitgehend der Vergangenheit an. Diese Entwicklung, weg von den Verkaufsgesprächen zwischen Käufer und Verkäufer, wird darüber hinaus von massiver Werbung der großen Lebensmit-tel- und Unterhaltungselektronik-Discounter begünstigt. Die großen Einzelhänd-ler und Herstellerfirmen investieren immer mehr in Werbung. Es ist oftmals nicht der Verkäufer, sondern der Hersteller selbst, der für sein Produkt wirbt. Massive Werbung ist wesentlicher Bestandteil des Verkaufsgeschäfts geworden. Das liegt unter anderem auch daran, dass Werbung über Massenmedien dem Werbenden die überzeugende Möglichkeit bietet, eine hohe Anzahl von poten-tiellen Nachfragern anzusprechen, selbst über die Grenzen Deutschlands hinaus. Meist werden spezielle Werbestrategien angewendet, um den Käufer gezielt zu erreichen. Aggressive Werbekampagnen versprechen steigende Umsätze. Das Geld fließt daher heutzutage bevorzugt in die Werbung der Firmen anstatt in ge-schultes Fachpersonal2. Für ein beratendes Verkaufsgespräch bleibt daher oft-mals kein Spielraum mehr. Diese strukturellen Veränderungen im Einzelhandel hat der Richtliniengeber erkannt. Der Bedeutungszuwachs der Medien und neu-en Kommunikationstechnologien war daher mit ausschlaggebend für die sog. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie3. Bei allen Vorteilen, die Werbung mit sich bringt, birgt sie auch erhebliche Nachteile für den Käufer. Mit der zunehmenden Bedeutung von massiven Wer-bekampagnen ist das Risiko der Irreführung des Verbrauchers enorm gestiegen. Das heute übliche Kaufgeschäft stelle man sich so vor: Der durchschnittliche Käufer, meist ein Verbraucher, wird beispielsweise in einem Werbespot im Fernsehen auf ein Produkt aufmerksam gemacht, in dem die besonderen Eigen-schaften der Kaufsache hervorgehoben werden. Aufgrund dieses Werbespots 2 Die Bruttowerbeinvestitionen sind auch im ersten Quartal 2005 um insgesamt vier Pro-

zent im Vergleich zum Vorjahr auf 4,32 Milliarden Euro gewachsen. Ausführlich dazu in: Die Welt, "Der Werbemarkt wächst weiter" vom 13.4. 2005, abrufbar auf der Inter-netseite: http://www.welt.de/data/2005/04/13/689975.html (letzter Zugriff am 10.2.2006). Der kontinuierliche Anstieg von Werbeausgaben läßt sich anhand der Aus-gaben im Bereich des Spirituosenhandels verdeutlichen. Die Werbung für alkoholische Getränke stieg nämlich von 1987 (256 Mio. Euro) bis 2004 um 105 % auf 526 Mio. Eu-ro, vgl. Informationen des Spirituosen Verbandes, abrufbar auf der Internetseite: http://www.spirituosen-verband.de/bsi_alkoholpolitik.html (letzter Zugriff am 10.2.2006).

3 Vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (im Folgenden nur: Richtlinie); siehe auch Anhang.

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3

geht der Käufer in einen Discounter, greift sich das erwünschte Produkt aus dem Regal und bezahlt es an der Kasse. Zu einem Verkaufsgespräch kommt es dabei nicht. Eine Überprüfung der Kaufsache fällt in vielen Fällen schon deswegen aus, weil viele technische Produkte so kompliziert sind, dass sie von einem Lai-en nicht ohne weiteres erfasst werden können. Der Käufer vertraut daher auf die Werbeangaben des Verkäufers oder Herstellers. Dieses Vertrauen wird vielfach ausgenutzt, um beim Käufer durch die Werbeangaben irrige Vorstellungen her-vorzurufen. Die Käufer müssen nach Übergabe oftmals feststellen, dass die an-gepriesenen Eigenschaften der Kaufsache nicht vorhanden sind. Der Nachteil einer solchen Situation bestand aufgrund der alten Rechtslage für den Käufer vor allem darin, dass es keine Regelung gab, die ihn vor unrichtigen Ankündi-gungen in der Werbung schützte. Das Bürgerliche Gesetzbuch beinhaltete keine ausdrückliche Regelung für die Haftung für unrichtige Werbeangaben des Ver-käufers oder Herstellers. Der deutsche Gesetzgeber hatte es versäumt, auf die Entwicklungen im Einzelhandel zu reagieren. Die Vorschriften des Kaufrechts waren schon seit Jahrzehnten nicht mehr geeignet, das tägliche Kaufgeschehen widerzuspiegeln. Sie ermöglichten dem Käufer keine sachgerechten Lösungen, da sie nach wie vor das Kaufgeschehen auf dem Markt zugrunde legten. Der stets gewachsene, heute immens hohe Stellenwert von Werbung fand im Gesetz keinerlei Berücksichtigung. Da die rechtliche Situation für den Käufer aussichts-los erschien, gab er sich meist resigniert und ging nicht gegen die unrichtigen Werbeangaben vor. Eine europäische Studie der Kommission4 aus dem Jahre 1977 belegte bereits damals, dass 33% der „enttäuschten“ Käufer gar nicht ge-gen die aufgrund der unrichtigen Werbeangaben hervorgerufenen enttäuschten Erwartungen vorgingen, 44% sich nur beim Verkäufer beschwerten und bloß 1% der Käufer gerichtliche Hilfe in Anspruch nahmen. Die vorliegende Arbeit widmet sich daher zunächst der folgenden Frage: Wie wurde dem Problem der unrichtigen Werbeangaben des Verkäufers und des Herstellers aufgrund der bis-herigen Rechtslage begegnet? Wie wurden unrichtige Ankündigungen des Ver-käufers oder eines Dritten rechtlich gewürdigt? Hat die Richtlinie vom 25. Mai 1999, die eine ausdrückliche Regelung zur Haf-tung unrichtiger Werbeangaben des Verkäufers oder eines Dritten enthält und die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung ins deutsche Kaufrecht in

4 Kolloquium über Verbraucherinformation, Kommission der EG, Brüssel, 23.-

25.11.1977, Kommission I, Verbraucherinformation durch die Unternehmen, Vor dem Einkauf, S. 11, 13, zitiert in: LEHMANN, Die bürgerlichrechtliche Haftung für Werbean-gaben, NJW 1981, 1233, 1234.

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4

§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB5 umgesetzt wurde, die bestehenden Probleme beseitigt? Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein. Fraglich ist jedoch, inwieweit diese Vorschriften den Käufer tatsächlich gegen irreführende Werbeangaben schützen können. Die Beantwortung dieser Frage verlangt eine umfassende Auseinandersetzung mit den Vorgaben der gegenständlichen Regelungen. Zu-dem ist auf Probleme einzugehen, die sich im Zusammenhang mit der Ausle-gung der Vorschriften ergeben. Da durch die Schuldrechtsmodernisierung das Schuldrecht, das Herzstück des Privatrechts6, auf den Kopf gestellt wurde, liegt es auf der Hand, dass nicht bloß Differenzen der alten Rechtslage bereinigt wur-den, sondern auch neue hinzugekommen sind. Diese gilt es zu beleuchten.

B. Untersuchungsmethode und Gang der Darstellung

Die Untersuchung des neuen § 434 Abs. 1 S. 3 und sein Vergleich zur alten Rechtslage bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit. Es wird zunächst auf die Prob-leme und Kriterien der alten Rechtslage der Sachmängelgewährleistung einge-gangen, um zu veranschaulichen, welch erheblicher Bedarf bestand, das Ge-währleistungsrecht, insbesondere im Hinblick auf die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben, zum Schutze des Verbrauchers zu reformieren. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, werden die einschlägigen Voraussetzun-gen der Richtlinie und schließlich § 434 Abs. 1 S. 3 erörtert. In Teil 1 wird grundsätzlich auf die Rechtslage des Sachmängelrechts vor der Schuldrechtsreform eingegangen. Im Rahmen dessen wird zunächst aufgezeigt, welche allgemeinen Probleme es innerhalb des Sachmängelrechts gab und ins-besondere, wie der Mangelbegriff in § 459 Abs. 1 und Abs. 2 ausgestaltet war. Es wird schwerpunktmäßig herausgearbeitet, welche Abgrenzungsschwierigkei-ten sich zwischen dem Begriff der Beschaffenheit und der Eigenschaft ergaben und welche Auswirkungen dies auf die Problematik der unrichtigen Werbeanga-ben hatte. Im Rahmen der Problematik des Gattungs- und Stückkaufs soll veran-schaulicht werden, inwiefern die Einteilung in die eine oder andere Kategorie unterschiedliche Rechtsfolgen für den Käufer zur Konsequenz hatten. Abschlie-ßend wird auf die rechtliche Einordnung von unrichtigen Werbeangaben des Verkäufers oder Herstellers nach alter Rechtslage eingegangen.

5 §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB. 6 DAUNER-LIEB, Auf dem Weg zu einem europäischen Schuldrecht?, NJW 2004, 1431.

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5

Teil 2 widmet sich der Darstellung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und ihren Vorgaben. Zunächst wird allgemein der Hintergrund und der Anwendungsbe-reich der Richtlinie untersucht. Das Hauptaugenmerk dieses Teils liegt auf Art. 2 der Richtlinie, insbesondere auf der Regelung für unrichtige Werbeangaben, Art. 2 Abs. 2 lit. d, und seinen Voraussetzungen. Am Ende des zweiten Teils ist darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die Richtlinie in das deutsche Rechtssystem implementiert wurde und welche Probleme sich aufgrund dessen ergaben. Teil 3 beschäftigt sich sodann ausschließlich mit der Frage nach der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben nach neuer Rechtslage. Es wird zu-nächst allgemein hinterfragt, welche Änderungen durch die Umsetzung der Richtlinie im Sachmängelrecht bewirkt wurden, insbesondere für die Ausgestal-tung des Sachmangelbegriffs. Sodann wird ausführlich auf die entscheidende Norm des § 434 Abs. 1 S. 3 eingegangen, welche eine Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben statuiert und damit den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet. Im Rahmen dessen wird aufgezeigt, welche Probleme der alten Rechtsla-ge durch die neue Regelung entfallen und welche neu hinzugekommen sind. Gleichzeitig wird ein Blick in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb7 geworfen, um zu hinterfragen, inwiefern dieses ebenfalls einen Anknüpfungs-punkt für eine Haftung für unrichtige Werbeangaben bietet.

7 Im Folgenden nur: UWG.

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6

Teil 1: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben vor der

Schuldrechtsreform - ein Rückblick

§ 2 Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben vor der Schuldrechtsreform

A. Die Sachmängelhaftung allgemein, §§ 459 ff. a.F. Ein seit Jahren diskutiertes Thema ist, ob unrichtige Werbeangaben des Verkäu-fers haftungsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben können8. Mit der Umset-zung der Richtlinie in das deutsche Recht sind neue Aspekte der Verkäuferhaf-tung für Werbeangaben hervorgebracht worden, denn es wurde eine konkrete Regelung zur Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben geschaffen, der neue § 434 Abs. 1 S. 3. Eine vergleichbare Regelung hat bis dato im Bürger-lichen Gesetzbuch gefehlt9. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit soll zunächst untersucht werden, wie eine sol-che Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben vor der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie behandelt wurde, bzw. ob es eine solche ü-berhaupt gab. Für die Beantwortung dieser Fragen ist daher vorab auf die allge-meine Sachmängelhaftung im früheren Schuldrecht einzugehen. Das Augen-merk wird insbesondere auf die speziellen Voraussetzungen der Mängelhaftung nach früherer Rechtslage gelegt. Darüber hinaus wird die kaufrechtliche Sach-mängelhaftung zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht abgegrenzt. Die Regelung der Haftung für Mängel an beweglichen Sachen beim Kauf fand sich im früheren Recht in den §§ 459 ff. a.F. Den Grundtatbestand der Sach-mängelhaftung umschrieb das Bürgerliche Gesetzbuch in § 459 a.F. Diese Be-stimmung unterschied zwischen Fehlern und dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Nach § 459 Abs. 1 a.F. haftete der Verkäufer dafür, „dass die Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern

8 KÖNDGEN, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 284ff.; LEHMANN, Vertragsanbahnung

durch Werbung, 1981, S. 171ff.; REICH/TONNER, Werbung, zugesicherte Eigenschaften und Verbraucherschutz, JuS 1976, 576ff.; TRINKNER, Schutz des Verbrauchers, BB 1975, 1493ff.

9 Siehe bereits in der Einleitung.

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behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern“. Nach Abs. 2 des § 459 a.F. haftete der Verkäufer auch dafür „dass die Sache zur Zeit des Übergangs der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat“. Was unter einem Fehler und einer zugesicherten Eigenschaft zu verstehen war, bildete jahrelang den Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen10. Im Rahmen dieser Dissertation soll jedoch der Streitstand zur alten Rechtslage nicht in allen Facetten dargestellt werden. Es sollen lediglich die Probleme im Überblick veranschaulicht werden, die auch für eine Haftung des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 S.3 wichtig erscheinen.

I. Der Fehler der Kaufsache Ob nach der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform ein Fehler vorlag oder nicht, konnte man nur beurteilen, wenn man einen Maßstab hatte. Welcher Maßstab bei dieser Beurteilung anzulegen war, war strittig. Darüber, ob ein Fehler im Sinne von § 459 Abs.1 a.F. objektiv oder subjektiv zu bestimmen war, gab das Gesetz keine Auskunft. Infolgedessen hatten sich in Rechtsprechung und Litera-tur verschiedene Theorien zur Fehlerbestimmung herausgebildet, wovon die wichtigsten nachfolgend dargestellt werden.

1. Objektive Theorie Eine Theorie zur Definition eines Fehlers war die so genannte objektive Theorie, welche früher von einem erheblichen Teil des Schrifttums11 vertreten wurde und der sich auch die Rechtsprechung12 zunächst anschloss. Dieser objektive Fehler-begriff beruhte auf der Einteilung der Sachen in Gattungen und Arten und prüfte anschließend, ob die verkaufte Sache die Eigenschaften aufwies, die sie der Gat-tung entsprechend besitzen sollte. Die Vertreter dieser Ansicht argumentierten, dass § 459 Abs. 1 dafür spreche, dass der Fehlerbegriff an objektiven, von der Parteivereinbarung unabhängigen Kriterien gemessen werden solle, da die Vor- 10 Ausführliche Darstellungen des Streitstandes vgl. etwa MK-WESTERMANN, BGB, 3.

Aufl. 1995, § 459 Rdn. 8 ff.; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Vor § 459 Rdn. 20ff.; Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 18ff.; KNÖPFLE, Der Beg-riff des Fehlers im Sinne des § 459 I BGB bei beweglichen Sachen und seine prakti-schen Auswirkungen, AcP 1980, 463ff.; DERS., Zur Problematik des subjektiven Feh-lerbegriffs, JZ 1978, 121ff.; SCHACK, Die Zusicherung beim Kauf, AcP 1985, 333ff.

11 FABRICIUS, Schlechtlieferung und Falschlieferung beim Kauf, JuS 1964, 1f.; KNÖPFLE, Der Begriff des Fehlers im Sinne des § 459 I BGB bei beweglichen Sachen und seine praktischen Auswirkungen, AcP 1980, 462, 501f..

12 RGZ 97, 351f.

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schrift von dem „gewöhnlichen Gebrauch“ einer Sache spreche. Sie stellten da-her auf die Abweichung von der Normalbeschaffenheit der Gattung einer Kauf-sache ab13. Für die Definition der „normalen Beschaffenheit“ einer Kaufsache war dann die allgemeine Verkehrsauffassung maßgeblich. Der erhebliche Nachteil dieser Theorie lag jedoch darin, dass dann, wenn eine Sache beispielsweise nicht von der durch die spezielle Gattung vorgegebenen Normalbeschaffenheit abwich und folglich kein Fehler im Sinne des § 459 I a.F. gegeben war, der Kaufgegenstand für den Käufer gleichwohl unerwünscht sein konnte, da er nicht dem Zweck des Kaufs entsprach und der Käufer in seinen Vorstellungen getäuscht wurde. In dem Fall interessierte es den Käufer über-haupt nicht, dass die Sache die der Gattung entsprechende Normalbeschaffenheit besaß. Parteivereinbarungen, die über die Normalbeschaffenheit hinausgehende Zwecke des Kaufs hätten festlegen können, sollten nach dieser Ansicht im Rah-men des § 459 Abs. 1 a.F. gänzlich unberücksichtigt bleiben. Das Prinzip vom Vorrang der Privatautonomie14, welches unter anderem beinhaltet, dass die Par-teien den Inhalt eines Vertrages frei wählen können sollen, blieb somit unbeach-tet. Es war nach der objektiven Fehlertheorie vielmehr notwendig, die maßgebli-chen Kaufgegenstände in objektiv feststellbare, gegeneinander abgrenzbare Gat-tungen zu unterteilen. Da sich jedoch nicht jede Sache in eine bestimmte Gat-tung einreihen lässt, war eine solche Abgrenzung in der Praxis oftmals proble-matisch. Selbst bei Vornahme einer Einteilung, war es in vielen Fällen offen-sichtlich, dass eine solch vorgenommene Einteilung der Willkür ausgesetzt war. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die objektive Fehlertheorie gravierende Schwächen aufwies, aufgrund derer sich die Rechtsprechung und maßgebliche Teile der Literatur schon früh von ihr abwandten.

2. Subjektive Theorie Einen anderen Ansatz vertraten hingegen die Anhänger des so genannten sub-jektiven Fehlerbegriffs15. Sie waren der Ansicht, dass sich aus dem Wortlaut „nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch“ in § 459 Absatz 1 a.F. schließen ließ, dass nicht nur objektive Kriterien für die Bestimmung des Fehlerbegriffs maßgeblich sein konnten, sondern dass auch eine subjektive Komponente, näm-lich die der Parteivereinbarung, herangezogen werden musste.

13 RGZ 67, 86f.; RGZ 97, 351f. 14 BROX, Allgemeiner Teil des BGB, 28. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 24. 15 Flume hat 1948 mit seiner Veröffentlichung den Grundstein der Rechtsprechung gelegt,

siehe FLUME, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948.

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Nach Abkehr vom objektiven Fehlerbegriff folgte das Schrifttum16 und später auch die Rechtsprechung17 dem subjektiven Fehlerbegriff. An dieser Stelle ist auf eine für die Entwicklung des subjektiven Fehlerbegriffs bedeutsame Ent-scheidung des Reichsgerichts einzugehen, die so genannte Ruisdael Entschei-dung18. In diesem Fall ging es um den Verkauf eines Ölgemäldes, welches von dem berühmten Maler Jakob van Ruisdael stammen sollte. Tatsächlich war das Gemälde von dem weitaus weniger bekannten Vetter Ruisdaels gemalt worden, was sich wenig später herausstellte. Da sich der Käufer in seinen Interessen ge-täuscht sah, erhob er Klage und verlangte den Kaufpreis zurück. Das Reichsge-richt hatte bis dato, wie bereits oben ausgeführt, den objektiven Fehlerbegriff vertreten und bei der Überprüfung des Vorliegens eines Fehlers auf die Normal-beschaffenheit einer Kaufsache abgestellt. In der vorliegenden Entscheidung legte die Rechtsprechung jedoch erstmalig den subjektiven Fehlerbegriff zu Grunde. Es war deutlich geworden, dass eine Verneinung eines Fehlers durch Heranziehung des objektiven Fehlerbegriffs nicht gerechtfertigt erschien. Viel-mehr stellte das Reichsgericht im Ergebnis fest: „Rührt dann das Werk nicht von dem Künstler her, als dessen Werk es nach beiderseitiger Anschauung gekauft ist, so liegt stets ein Fehler der Kaufsache vor“19. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts brachte somit zum Ausdruck, dass es nicht mehr nur darauf an-kommen sollte, ob die Sache von der normalen Beschaffenheit einer bestimmten Gattung abwich, sondern es sollte vielmehr von Bedeutung sein, was die Partei-en vereinbart hatten bzw. welchen Zweck der Käufer mit dem Kaufgeschäft ver-folgte. Diese Entscheidung des Reichsgerichts brachte folglich den Umschwung in der Rechtsprechung zum subjektiven Fehlerbegriff20.

16 FLUME, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948, S. 109ff.; ESSER/WEYERS, Schuldrecht BT,

Bd. II/1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 1 S. 33ff.; REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, S. 111ff.; MEDICUS, Schuldrecht BT, Bd. II, 8. Aufl. 1997, § 74 II 2 S. 44ff.; SCHLECHTRIEM, Schuldrecht BT, 5. Aufl. 1998, S. 78ff.; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Vor § 459 Rdn. 35ff. Zum subjektiv-objektiven Fehlerbegriff vgl. dagegen Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 18.

17 RGZ 99, 147; RGZ 161, 193; RGZ 161, 330, 332ff.; BGHZ 16, 54, 55f.; BGHZ 54, 51, 53f.; BGHZ 98, 100, 104; Überblick über die Rechtsprechung bei TIEDTKE, Zur Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs auf dem Gebiet des Kaufrechts seit dem 1. Januar 1987, JZ 1990, 75, 79ff.

18 RGZ 135, 339ff. 19 RGZ 135, 339, 342. 20 Dieser ist auch heute, nach Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Rechtssystem, für

das Verständnis des Mangelbegriffs maßgeblich, vgl. die Begründung zum Regierungs-entwurf, BT-Drs. 14/6040 (im Folgenden: Begr. RegE) S. 211; BOERNER, Kaufrechtli-che Sachmängelhaftung und Schuldrechtsreform, ZIP 2001, 2264, 2266.

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Innerhalb der Rechtsprechung gab es zwar unterschiedliche Formulierungen für eine Definition des subjektiven Fehlerbegriffs, dennoch waren sie inhaltlich dem Wesen nach gleich. Das Reichsgericht bejahte beispielsweise im Ruisdael Fall einen Fehler „schon bei ungünstiger Abweichung von derjenigen Beschaffen-heit, die für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch erwartet werden muss“21. Nach Ansicht des BGH lag ein Fehler auch dann vor, wenn die Be-schaffenheit der Kaufsache von derjenigen abwich, welche die Parteien nach dem Vertrage gemeinsam vorausgesetzt hatten und diese Abweichung den Wert oder die Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch der Kaufsache her-absetzte oder aufhob. In diesem Urteil stellte der BGH fest, dass es entscheidend darauf ankomme, als was die Sache verkauft worden sei22. In einem weiteren Urteil definierte der BGH einen Fehler als einen Umstand, in welchem die Sache „von dem im Kaufvertrag Vereinbarten abweicht und diese Abweichung den Wert der Sache oder ihre Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert“23. Alle Urteile besagen im Kern das Gleiche. Die Antwort auf die Frage, ob ein Fehler vorlag, sollte sich nach dem konkret vereinbarten Inhalt des Kaufvertrags und nicht nach der allgemeinen Verkehrsanschauung richten. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung definierte das Schrifttum letztlich einen Fehler im Sinne der subjektiven Fehlertheorie als jede negative, nicht un-erhebliche Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit der Sache von der im Vertrag vereinbarten Beschaffenheit24. Nur wenn Beschaffenheitsvereinbarun-gen nicht feststellbar waren, sollte die gewöhnliche Beschaffenheit in Anleh-nung an den objektiven Fehlerbegriff maßgeblich sein. Da die subjektive Fehler-theorie auf die Vereinbarungen der Parteien abstellte, ergab sich allerdings das Problem der Abgrenzung zwischen einer Beschaffenheitsvereinbarung und einer Zusicherung. Gleichwohl war diese Theorie geeigneter, den Interessen der Par-teien gerecht zu werden und fand ebenfalls im Gesetz durch die Formulierung „nach dem Vertrag vorausgesetztem Gebrauch“ eine hinreichende Stütze. Die unterschiedlichen Fehlerbegriffe spielten jedoch nicht nur in der theoreti-schen Diskussion eine Rolle, sondern hatten auch praktische Konsequenzen. Wenn beispielsweise eine Sache verkauft wurde, die einer speziellen Gattung zuzuordnen war, z.B. Birkenholz, und stattdessen eine Sache einer anderen Gat- 21 RGZ 135, 339, 342. 22 BGH NJW 1983, 2242, 2242. 23 BGHZ 90, 198, 202. 24 FLUME, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948, S. 109ff.; ESSER/WEYERS, Schuldrecht BT,

Bd. II/1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 1 S. 33ff.; REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, S. 111ff.

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tung geliefert wurde, z.B. Eichenholz, so hing es vom Fehlerbegriff ab, welche Rechte dem Käufer zustanden25. Legte man den objektiven Fehlerbegriff zugrunde, hatte der Verkäufer eine Sache einer anderen Gattung geliefert, ein so genanntes „aliud“ und nicht eine mangelhafte Sache. Damit kam das Gewähr-leistungsrecht nicht zum Tragen, da die Voraussetzungen nicht vorlagen. Der Käufer behielt somit weiterhin den Erfüllungsanspruch gegen den Verkäufer, welcher der normalen Verjährung von dreißig Jahren gemäß § 195 a.F. unterlag. Folgte man hingegen dem subjektiven Fehlerbegriff, lag ein Fehler vor, da die Sache eine andere Beschaffenheit aufwies als die im Vertrag vereinbarte. Somit war die Grundvoraussetzung des Gewährleistungsrechts gegeben und dem Käu-fer standen die Mängelrechte zu, Wandelung oder Minderung, welche in §§ 459 Abs. 1, 462 a.F. verankert waren. Darüber hinaus galt infolgedessen nicht mehr die allgemeine Verjährungsfrist gemäß § 195 a.F., sondern die spezielle für das Gewährleistungsrecht geltende Verjährungsfrist nach § 477 Abs.1 a.F. Danach betrug die Verjährungsfrist sechs Monate ab Übergabe der Kaufsache. Diese kurze Verjährungsfrist stellte für den Käufer eine erhebliche Unzulänglichkeit dar, da der Mangel an der Kaufsache oftmals erst nach Ablauf der Frist zutage trat und der Käufer danach keine Mängelrechte mehr geltend machen konnte. Diese Tatsache veranschaulicht, dass die Auseinandersetzung um die Fehlerde-finition sich nicht bloß auf den Bereich der Dogmatik beschränkte, sondern auch erhebliche Auswirkungen in der Praxis hatte. Bei den Vertretern der subjektiven Fehlertheorie war darüber hinaus vor allem in der Literatur umstritten, ob die Formulierung in § 459 Abs. 1 a.F. „nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch“ bedeuten sollte, dass der Gebrauch vertrag-lich vereinbart sein musste oder ob es genügte, wenn dieser die Geschäftsgrund-lage des Vertrags bildete26. Unter der Geschäftsgrundlage eines Vertrags ver-steht und verstand auch damals die Rechtsprechung die bei Abschluss des Ver-trags zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vor-stellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt

25 Dieses Beispiel nennen Brox und Walker in: BROX/WALKER, Besonderes Schuldrecht,

26. Aufl. 2001, § 5 Rdn. 61, S. 40. Auf die Problematik des Stück- und Gattungskaufs wird an späterer Stelle näher eingegangen.

26 Vgl. für letzteres: RGZ 131, 343, 352; BGH BB 1961, 305; ähnlich Larenz, der meint, daß die Beschaffenheitsangaben des Verkäufers nicht Bestandteil des Vertrags seien, sondern sie lägen im „Vorfeld des Vertrages“, LARENZ, Schuldrecht, Bd. II/1, 13. Aufl. 1986, § 41 Ib S. 44; dagegen: Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 69f.; Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 57; auch gute Darstellung des Streitstandes bei LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 193ff.

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bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vor-stellungen aufbaute27. Gemeinsam mit anderen Autoren brachte Knöpfle28 mit seiner Frage, ob es wirklich berechtigt sei, im Falle des Fehlens der Geschäfts-grundlage die Mängelhaftung eintreten zu lassen, die Problematik auf den Punkt. Diese Frage wurde jedoch im Rahmen der alten Rechtslage zu Recht von ihm verneint, denn es erscheint sachfremd, die Sachmängelhaftung des Verkäufers an eine bloße innere Vorstellung der Parteien zu knüpfen. Zwar sei das Ausrei-chen von inneren Vorstellungen der Parteien dem Käufer zugute gekommen, da für das Eingreifen der Gewährleistungsvorschriften geringere Anforderungen maßgeblich gewesen seien. Doch ist Knöpfle insoweit zuzustimmen, dass es sachgerechter und beiden Interessen dienlich erschien, die Sachmängelhaftung an ein nach außen tretendes Handeln zu knüpfen und erst dann die Mängelhaf-tung eintreten zu lassen. Eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Problema-tik kann dahingestellt bleiben, da der Unterschied beider Ansichten unter Gel-tung der alten Rechtslage ohnehin praktisch nur bei formgebundenen Verträgen, wie zum Beispiel beim Grundstückskauf, zum Ausdruck kam. Denn verlangte man die Aufnahme in den Vertrag, so war die Vereinbarung einer besonderen Gebrauchstauglichkeit grundsätzlich formgebunden; ließ man die Geschäfts-grundlage ausreichen, so entzog man die Vereinbarung dem Formerfordernis29. Ob das Abweichen von einer Geschäftsgrundlage für das Eintreten der Verkäu-ferhaftung ausreichen soll, wurde sogar bis heute nicht eindeutig geklärt. Auch die neue Rechtslage hat die Frage bewusst offen gelassen; in der Begründung des Regierungsentwurfs kommt dies wie folgt zum Ausdruck: „...ob es sich um eine vertragliche Vereinbarung handelt oder ob es um Vorstellungen der Partei-en im Vorfeld des Vertrags geht, will der Entwurf nicht entscheiden“30.

3. Beschaffenheitskriterium nach § 459 Abs.1 a.F. Der Fehler nach dem Verständnis des subjektiven Fehlerbegriffs bestand also aus einem Zusammenspiel von Beschaffenheit und Vereinbarung. Weder das ei-ne noch das andere wurden als Voraussetzung eines Fehlers explizit in der Norm § 459 Absatz 1 a.F. genannt; doch durch jahrelange Entwicklung in Rechtspre- 27 RGZ 103, 328, 332; BGHZ 25, 390, 392; BGHZ 133, 281, 293; Das Schuldrechtsmoder-

nisierungsgesetz verankert das von der Rechtsprechung und Lehre entwickelte „unge-schriebene“ Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage nun in § 313. Näheres dazu bei Jauernig-STADLER, BGB, 11. Aufl. 2004, § 313 Rdn. 1ff.

28 KNÖPFLE, Zur Problematik des subjektiven Fehlerbegriffs im Kaufrecht, JZ 1978, 121, 124.

29 Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 70. 30 Begr. RegE S. 213. Zu dieser Frage wird im Rahmen der neuen Rechtslage noch Stel-

lung bezogen, Vgl. Teil 3 § 7A II.

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chung und Schrifttum hatten das Beschaffenheitskriterium und die Parteiverein-barung einen festen Platz innerhalb des Fehlerbegriffs erhalten31. Rechtspre-chung32 und Literatur33 sprachen bei der Definition eines Fehlers in Überein-stimmung von dem Abweichen der tatsächlichen Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit. Diese vorgenannte Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit beinhaltete die Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer. Das „Soll“ repräsentierte das der Vereinbarung zugrunde Liegende34. Neben der Vereinbarung ist das Augenmerk auf das andere Merkmal des Feh-lerbegriffs, die Beschaffenheit zu richten. Die Frage, was unter einer Beschaf-fenheit im Sinne des § 459 Abs. 1 a.F. zu verstehen war, war äußerst diffizil zu beantworten. Eindeutig und unbestritten war allein die Tatsache, dass darunter jedenfalls die körperlichen Eigenschaften einer Sache zu verstehen waren, die dieser als solche anhafteten35. Fraglich war hingegen, ob Sachmängel auch in der Beziehung einer Sache zur Umwelt gesehen werden konnten36. Als Beispiel für derartige Beziehungen einer Sache zur Umwelt wurden etwa das Alter, die Herkunft (von einem bestimmten Maler, aus einem bestimmten Land) oder die Lage (neben einem See) einer Sache angeführt37. Der BGH hatte in ständiger Rechtsprechung lediglich solche Beziehungen der Sache zur Umwelt mit in den Beschaffenheitsbegriff einbezogen, die in der Beschaffenheit der Sache selbst ihren Grund hatten, gegenwärtig waren, von ihr ausgingen, ihr für gewisse Dau-er anhafteten und nicht lediglich durch außerhalb der Sache liegende Umstände in Erscheinung traten. Die Umweltbeziehungen konnten tatsächlicher, wirt-schaftlicher oder rechtlicher Art sein, mussten aber nach der Verkehrsanschau-ung für die Brauchbarkeit und die Wertschätzung der Sache von Bedeutung sein38. Als Beispiel solcher Umweltbeziehungen wurden oft die öffentlich- 31 LARENZ, Schuldrecht, Bd. II/1, 13. Aufl. 1986, § 41 I a S.38; MEDICUS, Bürgerliches

Recht, 18. Aufl. 1999, Rdn. 324, 332; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Vor § 459 Rdn. 22.

32 Grundlegend RGZ 135, 340, 342; RGZ 161, 330, 334; BGHZ 16, 54, 55; BGH NJW 1983, 2242.

33 REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, Rdn. 268; LARENZ, Schuldrecht, Bd. II/1, 13. Aufl. 1986, § 41 I a S. 39; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 20.

34 KUNKEL, Zu bestimmten Aspekten des Sachmangels, der Haltbarkeitsgarantie und der Nacherfüllung, Diss. Würzburg, 2004, S. 11, im Erscheinen.

35 ESSER/WEYERS, Schuldrecht BT, Bd. II/1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 1 S. 35f; Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 17.

36 Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 33ff; ablehnend hierzu vgl. KOLLER, Umweltfehler und zugesicherte Sacheigenschaften, NJW 1981, 1768f.

37 Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 26. 38 BGH NJW 1985, 2472f; BGH NJW 1992, 2564; vgl. auch GRIGOLEIT/HERRESTHAL,

Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003, 118, 122.

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rechtlichen Baubeschränkungen eines Grundstückes genannt, welche an dessen Lage anknüpften39 oder das baupolizeiliche Verbot, ein Gebäude als Wohnhaus zu verwenden40. Ein Beispiel, das nicht für das Vorliegen einer Beschaffenheit herangezogen werden konnte, da es sich um einen außerhalb der Sache liegen-den Umstand handelte, war der schlechte Ruf einer Raststätte aufgrund der Verwendung als Stundenhotel41. Denn das Merkmal des „schlechten Rufs“ haf-tete der Sache, hier dem Hotel, nicht unmittelbar an und fiel somit nicht unter die relevanten Umweltbeziehungen. Der Ruf der Raststätte war folglich kein der Sache immanentes Merkmal42. Diese Beispiele veranschaulichen prägnant, auf was es dem BGH in seiner Rechtsprechung bezüglich des Beschaffenheitskrite-riums ankam: Es mussten solche Umstände gegeben sein, die der Sache ohne weiteres unmittelbar anhafteten oder sich aus der Sache selbst ergaben43. Abschließend lässt sich damit festhalten, dass die herrschende Auffassung unter einem Fehler der Kaufsache im Sinne des § 459 Abs. 1 a.F. jedes negative, nicht unerhebliche Abweichen der tatsächlichen Beschaffenheit der Sache von der im Vertrag vereinbarten Beschaffenheit verstand44. Als Beschaffenheit einer Kauf-sache wurden nicht nur die körperlichen Eigenschaften einer Sache anerkannt, sondern darüber hinaus ihre Beziehung zur Umwelt, welche nicht außerhalb der Kaufsache lag45. Ob Werbeangaben des Verkäufers auch dazu dienten, die Be-schaffenheit einer Sache im Sinne von § 459 Absatz 1 a.F. zu bestimmen, war eine bedeutende und nicht einfach zu beantwortende Frage. Darauf wird in ei-nem der folgenden Abschnitte näher eingegangen46.

39 RGZ 131, 343, 348f; BGH MDR 1979, 1007, 1008. 40 BGH NJW 1987, 2511f. 41 Dieses Beispiel nennen GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung

im Kaufrecht, JZ 2003, 118, 122. Dieses Beispiel geht zurück auf eine Entscheidung des BGH, siehe BGH NJW 1992, 2564, 2565.

42 BGH NJW 1992, 2564, 2565. 43 BGH NJW 1970, 653, 655; BGH NJW 1980, 1456, 1458; BGH NJW 1992, 2564, 2565.

Auf die Frage, weshalb die Rechtsprechung eine solch restriktive Definition des Be-schaffenheitsbegriffs vornahm, wird an späterer Stelle ausführlicher eingegangen.

44 FLUME, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948, S. 109ff.; ESSER/WEYERS, Schuldrecht BT, Bd. II/1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 1 S. 33ff.; REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, S. 111ff.

45 EMMERICH, BGB-Schuldrecht BT, 9. Aufl. 1999, § 4 Rdn. 18; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 14; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 25ff.

46 Hierzu Teil 1 § 2 A V.

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II. Zusicherung einer Eigenschaft Die Sachmängelhaftung nach früherem Recht kennzeichnete sich durch den Du-alismus von Fehler im Sinne von § 459 Absatz 1 a.F. einerseits und zugesicher-ter Eigenschaft im Sinne von § 459 Absatz 2 a.F. andererseits. Die Mängelhaf-tung griff ein, wenn entweder ein Fehler oder das Fehlen einer zugesicherten Ei-genschaft vorlag. Nachdem im vorangegangenen Abschnitt der Fehlerbegriff im Mittelpunkt der Diskussion stand, soll im Folgenden das Hauptaugenmerk auf die Voraussetzung der zugesicherten Eigenschaft gerichtet werden.

1. Die Zusicherung des Verkäufers Bevor auf die Voraussetzungen einer Eigenschaft eingegangen wird, ist zunächst zu erörtern, was unter dem Begriff einer Zusicherung zu verstehen war. Nach § 459 Abs. 2 a.F. „haftete der Verkäufer auch dafür, dass die Sache zur Zeit des Übergangs der Gefahr die zugesicherte Eigenschaft hat“. Da fehlende Eigen-schaften eines Kaufgegenstandes also nur im Falle ihrer Zusicherung zur Haf-tung des Verkäufers führten, stellt sich die Frage, was hierunter zu verstehen war. Der Käufer konnte nach § 462 a.F. wandeln oder mindern und im Falle des § 463 Satz 1 a.F., wenn also eine zugesicherte Eigenschaft zur Zeit des Kaufs fehlte, statt der Wandelung oder Minderung Schadensersatz wegen Nichterfül-lung verlangen. Aus diesen Unterschieden im Rahmen der Rechtsfolgen folgt die nicht nur dogmatische Erheblichkeit der Diskussion. Der Zusicherungsbegriff im Rahmen von § 459 Abs. 2 a.F. war bis zu seiner Aufhebung durch die Schuldrechtsreform47 von einer restriktiven Rechtspre-chung des Reichsgerichts maßgeblich geprägt. Danach war unter einer Zusiche-rung die Übernahme der Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft und das Versprechen zu verstehen, für alle Folgen einstehen zu wollen, wenn diese Eigenschaft fehlte48. Dabei stand die Zusicherung, dass ein bestimmter Fehler nicht bestehe, der Zusicherung einer Eigenschaft gleich49. Dies gab zu erkennen, dass sich ein Käufer insbesondere dann den Anspruch auf Wandelung, Minde-rung oder sogar Schadensersatz sichern konnte, wenn er sich eine gewisse Ei-genschaft der Sache zusichern ließ. Problematisch war allerdings, dass es oft an einer ausdrücklichen Zusicherung fehlte, da die Parteien beim Kauf nicht über eine für den Käufer wesentliche Eigenschaft gesprochen hatten, es aber den Um- 47 Auf die Veränderungen hinsichtlich des Zusicherungsbegriffes im Zuge der Schuld-

rechtsmodernisierung wird später eingegangen, vgl. Teil 3 § 7 A. 48 RGZ 161, 330; vgl. auch IMMENGA, Fehler oder zugesicherte Eigenschaft? AcP 1971, 1,

2; BGH NJW 1991, 912. 49 BROX/WALKER, Besonderes Schuldrecht, 26. Aufl. 2001, § 5 Rdn. 67.

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ständen zu entnehmen war, dass der Käufer ein außerordentliches Interesse an einer bestimmten Eigenschaft hatte. Grundsätzlich verlangte die Rechtspre-chung, dass eine Zusicherung vom Käufer ausdrücklich gefordert werden und vom Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise abgegeben sein musste, da das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft gegebenenfalls den für den Verkäu-fer strengeren Schadensersatzanspruch aus § 463 a.F. nach sich ziehen konnte; und zwar strenger in dem Sinne, dass der Verkäufer im Falle einer Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung verschuldensunabhängig haftete, es also auf ein Verschulden des Verkäufers nicht ankam. Eine Zusicherung konnte so-mit nicht nur von einseitigen inneren Motiven abhängen50. Gerade die Voraus-setzung der Übereinkunft konnte sich aber schwierig gestalten, wenn eine aus-drückliche Zusicherung fehlte. Für den Aspekt der Anerkennung auch still-schweigender Zusicherungen war das Braunfäulerurteil51 maßgeblich. In dem genannten Urteil ging es um den Kauf eines Fensterlacks durch einen Käufer, der als Hersteller von Holzfenstern diese zukünftig auch selbst lackieren wollte. Er wandte sich an eine Lackfirma, welche nach Überprüfung der Holzfenster ei-nen bestimmten Lack für die Lackierung empfahl. Die Lackfabrik überwachte zudem sogar die Lackierungsarbeiten bei dem Fensterhersteller. Nach einiger Zeit traten an zahlreichen Fenstern Fäulnisschäden (so genannte Braunfäule) auf. Der BGH entschied, dass in der Empfehlung eines bestimmten Lackes eine stillschweigende Zusicherung der Gebrauchstauglichkeit durch die Lackfabrik zu sehen sei. Mit diesem Urteil wurde folglich klargestellt, dass Eigenschaften im Sinne des § 459 Abs. 2 a.F. auch stillschweigend oder durch schlüssiges Verhalten zugesichert werden konnten. Entscheidend war lediglich, dass der Verkäufer die Gewähr für das Vorhandensein dieser Eigenschaften übernahm und damit seine Bereitschaft zu erkennen gab, für alle Folgen einstehen zu wol-len. In solchen Fällen war es meist eine Auslegungsfrage, ob es sich um eine zu-gesicherte Eigenschaft handelte. Indizien für die Annahme einer stillschweigen-den Zusicherung konnten beispielsweise die Sachkunde des Verkäufers, auf die der Käufer als Laie vertraute, und die Schutzbedürftigkeit des Käufers sein52.

2. Eigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 a.F. Eine Zusicherung im Rahmen des § 459 Absatz 2 a.F. musste sich dem Wortlaut nach auf Eigenschaften beziehen. Wie bereits vorangestellt, war eine Unter-scheidung zwischen dem Begriff der Beschaffenheit und der Eigenschaft schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen, Wandelung und Minderung

50 Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 155. 51 BGHZ 59, 158, 160. 52 EMMERICH, BGB-Schuldrecht BT, 9. Aufl. 1999, § 4 Rdn. 34.

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einerseits und Schadensersatz wegen Nichterfüllung andererseits, eine Frage von besonders praktischer Relevanz. Nach ständiger Rechtsprechung53 wurden von dem Begriff der (zusicherungsfä-higen) Eigenschaft alle physischen Merkmale einer Sache, sowie alle tatsächli-chen und rechtlichen Verhältnisse erfasst, welche die Beziehung der Sache zur Umwelt betrafen. Darüber hinaus mussten die Umstände wegen ihrer Art und Dauer die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen. In einer präg-nanten Entscheidung54 stellte der BGH fest, dass sich eine zusicherungsfähige Eigenschaft auf die Kaufsache beziehen müsse; sie brauche ihr aber nicht unmit-telbar innewohnen und von ihr ausgehen. Für eine Eigenschaft reiche im Gegen-satz zur Beschaffenheit eine lockerere Verbindung zur Sache aus55. Da die Grenzen zwischen dem Vorliegen einer Beschaffenheit und einer Eigenschaft fließend waren, ist es Aufgabe des nächsten Abschnitts zu beleuchten, mit wel-chen Kriterien eine Grenzziehung vorgenommen werden konnte.

III. Beschaffenheit und Eigenschaft Eine Quelle für Missverständnisse stellen häufig unterschiedlich verstandene Begriffe dar. Werden in einer Diskussion Begriffe mit ungleichen Bedeutungen verwendet, wie vorliegend die Begriffe Beschaffenheit und Eigenschaft, ist es nicht verwunderlich, dass Unklarheiten im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung entstehen. Daher ist es wichtig, das Prinzip der Klarheit ernst zu nehmen und beide Begriffe deutlich voneinander abzugrenzen. Da für den subjektiven Fehlerbegriff eine Beschaffenheitsvereinbarung aus-schlaggebend war56, stellte sich nun die Frage, inwiefern sich eine Beschaffen-heitsvereinbarung gemäß § 459 Abs. 1 a.F. von der Zusicherung einer Eigen-schaft im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. unterscheiden ließ. Diese Abgrenzung war bedeutsam, da die Unterschiede in den Rechtsfolgen gravierend zum Ausdruck kamen. Eine Beschaffenheit im Sinne des subjektiven Fehlerbegriffs des § 459 Absatz 1 a.F. lag vor, wenn Umstände gegeben waren, die der Sache ohne weiteres anhaf-

53 BGHZ 79, 183, 185; BGH JZ 1981, 276; BGHZ 87, 302, 307. 54 BGH NJW 1992, 2564, 2565. 55 BGH NJW 1992, 2564, 2565; vgl. auch Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459

Rdn. 39. 56 Siehe oben, Teil 1 § 2 A I 2.

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teten, sich aus der Sache selbst ergaben oder ihr unmittelbar innewohnten57. Ei-ne Eigenschaft im Sinne von § 459 Absatz 2 a.F. war gegeben, wenn Umstände vorlagen, welche die Beziehung der Sache zur Umwelt betrafen und wegen ihrer Art und Dauer die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussten58. Um-stände, die der Sache nicht unmittelbar anhafteten, konnten also keine Beschaf-fenheit im Sinne von Absatz 1 begründen, wohl aber eine Eigenschaft im Sinne von Absatz 2. Was beiden Begriffen jedoch gemein war, war die Tatsache, dass Umstände, die außerhalb der Sache lagen, weder eine Beschaffenheit noch eine Eigenschaft der Sache begründen konnten. Dies war eindeutig von der Recht-sprechung entschieden worden59. Eine Abgrenzung musste somit in zwei Rich-tungen vorgenommen werden. Zunächst musste die Beschaffenheit von einer Eigenschaft abgegrenzt werden und diese wiederum von solchen Umständen, die gänzlich außerhalb der Sache lagen. Allerdings soll in der vorliegenden Dis-kussion das Augenmerk ausschließlich auf das Verhältnis Beschaffenheit und Eigenschaft gerichtet werden. Eine Äußerung von Grigoleit und Herresthal veranschaulicht die problemati-sche Unterscheidung der Rechtsprechung seht prägnant: „Ebenso wenig ist es nachvollziehbar, dass die Ertragsfähigkeit zwar Eigenschaft des Unternehmens ist,...dem Unternehmen aber nicht unmittelbar anhaftet und damit keine Be-schaffenheit sein soll“60. Dieser Aspekt konnte somit als einziger Unterschied der beiden Begriffe ausgemacht werden: das Kriterium der Unmittelbarkeit. Was jedoch mit der Formulierung „unmittelbar anhaften“ im Rahmen der Beschaf-fenheitsdefinition von § 459 Abs. 1 a.F. bezweckt werden sollte, blieb unklar. Darauf soll im nachfolgenden Abschnitt näher eingegangen werden.

1. Das Kriterium der Unmittelbarkeit im Rahmen des en-gen Beschaffenheitsbegriffs

Es stellt sich somit folgende Frage: Was ist Hintergrund des Kriteriums der Un-mittelbarkeit? Weshalb wurde dieser Begriff zu einem festen Bestandteil der Be-schaffenheitsdefinition der Rechtsprechung? Der Begriff des „unmittelbaren 57 BGH NJW 1970, 653, 655; BGH NJW 1980, 1456, 1458; BGH NJW 1992, 2564, 2565;

BGHZ 132, 320, 324. 58 Siehe BGHZ 87, 302, 307. Lediglich in seltenen Ausnahmefällen verwendete die Recht-

sprechung in Teilen ihrer Urteile die beiden Begriff synonym, da eine Abgrenzung im konkreten Fall nicht möglich erschien, dazu z.B. RGZ 161, 330, 334; BGHZ 88, 130, 137; BGH WM 1985, 463, 466; BGH ZIP 1991, 321, 323.

59 BGH NJW 1991, 1673, 1675; BGH NJW 1992, 2564, 2565; BGHZ 111, 75, 78. 60 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003,

118, 122.

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Anhaftens“ ist ein wenig präzises Kriterium und bedarf daher einer genaueren Untersuchung. Die Rechtsprechung hat seit jeher bei der Definition der Beschaffenheit im Rahmen des Fehlerbegriffs im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F. davon gesprochen, dass auch Beziehungen der Sache zur Umwelt in den Beschaffenheitsbegriff mit einbezogen werden können61. Allerdings war unabdingbare Voraussetzung, dass diese Beziehungen der Kaufsache unmittelbar anhaften mussten. Weshalb eine solche Formulierung ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts war und spä-ter auch vom BGH übernommen wurde, ist schwerlich auszumachen. Betrachtet man die langjährige Rechtsprechung, welche sich mit dem Beschaffenheits- und Eigenschaftsbegriff auseinandersetzte, so lässt sich keine eindeutige Antwort auf diese Frage finden. Tatsache ist, dass die grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem Beschaffen-heitsbegriff aus § 459 Absatz 1 a.F. und dem Eigenschaftsbegriff nach § 459 Absatz 2 a.F. schon früh in der Literatur kritisiert wurde 62. In Teilen der Litera-tur wurde argumentiert, dass die engen Grenzen des Beschaffenheitsbegriffs, al-so das Kriterium des unmittelbaren Anhaftens, ein Relikt aus der Zeit waren, in welcher der objektive Fehlerbegriff vorherrschte63. Darauf ist näher einzugehen. Als noch das objektive Fehlerverständnis maßgeblich war, wurden alle Eigen-schaften des Kaufgegenstandes, die nach der Verkehrsauffassung gewöhnlich vorhanden sein mussten, dem Fehlerbegriff nach § 459 Abs. 1 a.F. zugeordnet64. Fehlten andere Eigenschaften der Kaufsache, konnte die Sachmängelhaftung nur eingreifen, indem die Eigenschaften bei Vertragsschluss zugesichert wurden. Mit anderen Worten, für die Frage, ob ein Fehler vorlag, wurde auf die Normal-beschaffenheit der Gattung des Kaufgegenstandes abgestellt. Für die zugesicher-te Eigenschaft war hingegen lediglich die Parteivereinbarung maßgeblich. Die Vorstellungen der Parteien wurden folglich nur, mit Zugrundelegung des objek-tiven Fehlerbegriffs, bei der Zusicherung relevant65. Da die Haftung des Verkäu-

61 Siehe schon RGZ 161, 330, 334. 62 Vgl. MK-WESTERMANN, BGB, 3. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 18; Staudinger-HONSELL,

BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 33ff.; ESSER/WEYERS, Schuldrecht BT, Bd. II/1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 2. Rdn. 35ff.; REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, Rdn. 286ff.

63 Vgl. REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, Rdn. 287; Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 33.

64 Vgl. ausführlich zum objektiven Fehlerbegriff Teil 1 § 2 A I 1. 65 So auch WILLEMSEN, Zum Verhältnis von Sachmängelhaftung und culpa in contrahendo

beim Unternehmenskauf, AcP 1982, 515, 541.

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fers für einen Fehler also unabhängig von Parteivereinbarungen eintrat, musste gewährleistet sein, dass der Verkäufer nur für solche Abweichungen von der normalen Beschaffenheit der Sache haften musste, die dieser auch unmittelbar anhafteten. Ansonsten wäre die Haftung des Verkäufers unsachgerecht erweitert worden66. Abgesehen davon konnten im Regelfall nur Merkmale, die einer Sa-che unmittelbar anhafteten, überhaupt ihrer normalen Beschaffenheit zugerech-net werden67. Durch Zugrundelegung des subjektiven Fehlerbegriffs änderte sich die Situation jedoch weitgehend. Nach dem subjektiven Fehlerverständnis wurde die Partei-vereinbarung schon im Rahmen von § 459 Abs. 1 a.F. relevant und nicht erst bei der Zusicherung nach § 459 Abs. 2 a. F, wie im Sinne des objektiven Fehlerver-ständnisses68. Damit entfiel auch die Notwendigkeit, die Verkäuferhaftung zu begrenzen, denn die Verantwortungsgrenzen für die Sachmängelhaftung waren nun dem privatautonomen Handeln der Vertragspartner, somit auch dem Ver-käufer, überlassen. Die ursprüngliche Sicherungsfunktion des engen Beschaf-fenheitsbegriffs wurde bedeutungslos. Der Verkäufer hatte es somit selbst in der Hand, seine Haftung im Rahmen der Parteivereinbarung zu begrenzen. Die Schutzfunktion des engen Beschaffenheitsbegriffs war damit obsolet geworden. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass der enge Beschaffenheitsbegriff nur ein Relikt aus vergangener Zeit ist, in welcher der objektive Fehlerbegriff noch als Maßstab zur Bestimmung eines Fehlers herangezogen wurde. Für eine Unter-scheidung zwischen dem Tatbestandsmerkmal der Beschaffenheit und der Ei-genschaft hatte das Kriterium der Unmittelbarkeit mit Einführung des subjekti-ven Fehlerbegriffs an Bedeutung verloren69. An mancher Stelle kam sogar der Gedanke auf, eine Abgrenzung nur noch aufgrund des Vorliegens einer Zusiche-rung vorzunehmen70. Doch fand dieser Gedanke bedauerlicherweise nie den Weg in die Rechtsprechung des BGH.

66 MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht,

2002, § 434 Rdn. 13. 67 So LEONHARD, Das Schuldrecht des BGB, Bd. II, 1931, S. 45. 68 Siehe ausführlich zum subjektiven Fehlerbegriff Teil 1 § 2 A I 2. 69 Vgl. WILLEMSEN, Zum Verhältnis von Sachmängelhaftung und culpa in contrahendo

beim Unternehmenskauf, AcP 1982, 515, 541. Seiner Ansicht nach appelliere das Un-mittelbarkeitskriterium lediglich an das Rechtsgefühl des mit dem im Einzelfall befaßten Richters, darauf abzustellen, inwieweit die jeweiligen Beziehungen mit der Kaufsache verknüpft sind. Ein inhaltlich nachvollziehbares Abgrenzungskriterium sei es jedoch nicht, S. 544.

70 So auch Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 37.

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Die soeben angeführten Überlegungen sind auch in Teilen des Schrifttums zu finden. Immenga stellte beispielsweise hinsichtlich der gegenständlichen Prob-lematik sehr treffend fest: „Der besondere objektive Beschaffenheitsbegriff stellt sich als begriffliches Nachhutsgefecht zur Verteidigung in der Praxis entwickel-ter Gesichtspunkte dar, die allein von anderen Voraussetzungen her ihren Sinn erhielten“71. Damit spielte Immenga wohl auf die Begrenzung der Verkäuferhaf-tung im Rahmen des objektiven Fehlerbegriffs an. Auch Honsell schließt sich dieser Meinung an: „Die Rechtsprechung zur anhaftenden Eigenschaft übersieht, dass unter der Herrschaft der subjektiven Theorie die Beschränkung auf solche Eigenschaften, die der Sache selbst anhaften, keine Berechtigung mehr hat. Die zur Abgrenzung zwischen Beschaffenheit und Eigenschaft von der Rechtspre-chung verwendete Formulierung ist kaum brauchbar. Die Unterscheidung beider Begriffe ist zu spitzfindig“72. Auch Singer ist der Ansicht, dass „die unverkenn-bare Reminiszenz an einen objektiven Fehlerbegriff nicht gerechtfertigt ist“73. Obwohl die den engen Beschaffenheitsbegriff ablehnenden Argumente überzeu-gen, waren im Rahmen der alten Rechtslage keine Ansätze des BGH zu erken-nen, diese in ihren Entscheidungen bezüglich § 459 Abs. 1 und Abs. 2 a.F. zu berücksichtigen oder vielmehr die restriktive Definition gänzlich aufzugeben74. Auch in der Literatur hielten zahlreiche Autoren an der Aufrechterhaltung der Differenzierung zwischen Beschaffenheit und Eigenschaft fest75. Dies ist ver-wunderlich, doch kann der Beweggrund an dieser Stelle nicht endgültig geklärt werden. Tatsache ist jedoch, dass ein über Jahrzehnte entwickelter Begriff zu unumstößlichem Recht geworden ist. Mit anderen Worten, die enge Definition der Beschaffenheit war Bestandteil des Rechts geworden und wurde somit nicht mehr hinterfragt. Erst die Schuldrechtsreform in Deutschland hat eine solche 71 IMMENGA, Fehler oder zugesicherte Eigenschaft?, AcP 1971, 1, 16. 72 Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 33. 73 SINGER, Fehler beim Kauf- Zum Verhältnis von Mängelgewährleistung, Irrtumsanfech-

tung und culpa in contrahendo, in: CANARIS/HELDRICH (Hrsg.), 50 Jahre Bundesge-richtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band I, 2000, S. 381, 389.

74 Der BGH hat zwar in einem neueren Urteil die Standardformel, daß die wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen in der Sache selbst ihren Grund haben müßten, also dieser unmittelbar anhaften, auch auf zusicherungsfähige Eigenschaften ausgeweitet, dazu sie-he BGHZ 114, 263; allerdings führt dies nur zu einer weiteren Restriktion des § 459 a.F. Eine Beibehaltung dieser Linie ist jedoch nicht erkennbar, da bereits in einem späteren Urteil die restriktive Auslegung des Eigenschaftsbegriffs wieder aufgegeben wurde, vgl. BGH NJW 1992, 2556. Für die Beibehaltung des engen Beschaffenheitsbegriffs siehe noch BGH NJW 1995, 1547f.

75 Siehe dazu mit weiteren Nachweisen bei FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, 2003, § 434 Rdn. 16.

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Hinterfragung dieser Begriffsdefinition notwendig gemacht und bewirkt, dass durch die Umsetzung der Richtlinie der Dualismus zwischen Beschaffenheit und Eigenschaft endgültig aufgehoben wurde. Der einheitliche Sachmangelbegriff gemäß § 434 Absatz 1 beseitigt jene Unterscheidung zwischen einer Beschaf-fenheit im Sinne des § 459 Absatz 1 a.F. und einer Eigenschaft im Sinne von § 459 Absatz 1 a.F.; somit ergeben sich auf der Rechtsfolgenseite keine Diffe-renzierungen mehr. Dies war auch der ausdrückliche Wunsch des Gesetzge-bers76. Zwar stellen Grigoleit und Herresthal in ihrem Aufsatz zu Recht fest, dass sich das Wort „Eigenschaft“ auch im neuen § 434 Absatz 1 Satz 3 wieder finde, jedoch lehne sich diese Formulierung nur an Art. 2 II lit. d. der Richtlinie an, so dass daraus keine inhaltliche Differenzierung abzuleiten sei77. Wie der Beschaffenheitsbegriff nun im Rahmen der neuen Rechtslage interpretiert wird und ob der BGH seine restriktive Judikatur beibehalten wird, soll Inhalt eines späteren Abschnitts sein.

2. Die grundsätzlich restriktive Auslegung eines Sachmangels durch den BGH

Nicht nur der Beschaffenheitsbegriff wurde von der Rechtsprechung restriktiv ausgelegt, sondern auch der Eigenschaftsbegriff wurde beschränkt78. Mit ande-ren Worten, die Voraussetzungen der Sachmängelhaftung der alten Rechtslage wurden grundsätzlich eng ausgelegt. Man kann bei genauerer Betrachtung der Entscheidungen des BGH bezüglich der Frage, ob ein Sachmangel im Einzelfall vorlag, feststellen, dass ein Anspruch des Käufers aus den §§ 459ff. a.F. oftmals generell verneint wurde. Stattdessen wurde der Käufer auf einen Anspruch aus culpa in contrahendo79 oder aus positiver Vertragsverletzung verwiesen. Frag-lich ist, von welchem Motiv solche Entscheidungen des BGH getragen waren. Tatsache ist, dass nach alter Rechtslage die Gewährleistungsrechte, also die §§ 459ff. a.F., verkäuferfreundlich ausgerichtet waren, denn ein Anspruch des Käufers aus §§ 459ff. a.F. verjährte beispielsweise gemäß § 477 a.F. bereits in sechs Monaten80. Diese kurze Verjährungsfrist ließ die Interessen des Käufers in erheblichem Maße außer Betracht81. Es war dem Käufer meist verwehrt, einen 76 Begr. RegE S. 210f. 77 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003,

118, 122. 78 Eine Eigenschaft lag nach einhelliger Rechtsprechung auch nicht vor, wenn Umstände

gänzlich außerhalb der Sache lagen, vgl. BGH NJW 1991, 1673, 1675; BGH NJW 1992, 2564, 2565; BGHZ 111, 75, 78. Siehe bereits Teil 1 § 2 A III.

79 Im Folgenden nur noch: c.i.c. 80 Siehe oben, Teil 1 § 2 A I 2. 81 So auch MEDICUS, Leistungsmängel und Schadensersatz, JuS 1998, 289, 295.

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Mangel der Kaufsache in Form der Wandelung, Minderung oder des Schadens-ersatzes geltend zu machen, da in vielen Fällen der Anspruch bei Entdeckung des Mangels schon verjährt war82. Diese Situation war für den Käufer höchst unbefriedigend und es scheint, als ob diese Ungerechtigkeit den BGH dazu be-wegt haben könnte, dem Käufer zuliebe einen anderen Rechtsprechungsweg einzuschlagen83. Wenn eine Haftung des Verkäufers aus §§ 459ff. a.F. ausgeschlossen war, konn-te gegebenenfalls noch ein Anspruch aus c.i.c in Frage kommen. Ursprünglich war c.i.c. für Fälle entwickelt worden, in denen es zu keinem wirksamen Vertragsabschluß kam oder es sich um den Verstoß einer Verkehrssicherungs-pflicht im vorvertraglichen Bereich handelte84. Mit der Zeit wurde die Haftung aus c.i.c. jedoch auf Fälle ausgedehnt, in denen es bereits zum Vertragsabschluß gekommen war, eine Vertragspartei jedoch bei den Vertragsverhandlungen fahr-lässig oder vorsätzlich falsche Angaben gemacht hatte85. Ansprüche aus c.i.c. konnte der Käufer jedoch nach herrschender Auffassung nur geltend machen, wenn kein Fall eines Sachmangels vorlag oder der Verkäufer arglistig gehandelt hatte86.

82 Wenn der Käufer beispielsweise im Sommer ein Paar Ski erworben hatte und erst wäh-

rend des Winterurlaubes bemerkte, daß diese einen Mangel hatten, war sein Anspruch meist schon verjährt.

83 Allgemein wurde die Frist des § 477 a.F. als zu kurz empfunden, siehe mit weiteren Nachweisen bei MK-WESTERMANN, BGB, 3. Aufl. 1995, § 477 Rdn. 1ff.

84 Die Lehre vom Verschulden bei Vertragsverhandlungen, c.i.c., ist 1861 durch Rudolph von Ihering entwickelt worden, wobei er sich auf verschiedene Texte des römischen Rechts stützte. Mit näheren Ausführungen zu Tatbestand und Rechtfolgen bei MEDICUS, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 15. Aufl. 2004, Rdn. 103ff. Insbesondere auch für die Regelung c.i.c. nach neuer Rechtslage siehe SCHWAB, in: SCHWAB/WITT (Hrsg.), Exa-menswissen zum neuen Schuldrecht, 2. Aufl. 2003, S. 121ff.

85 MERTENS, Culpa in contrahendo beim zustande gekommenen Kaufvertrag nach der Schuldrechtsreform, AcP 2003, 818, 819.

86 Siehe hierzu die grundlegende Entscheidung BGHZ 60, 319. Bezüglich der Arglist vgl. NJW-RR 1990, 970, 971. An dieser Stelle soll jedoch darauf verzichtet werden, näher auf die langjährig andauernde, kontroverse Debatte über das Konkurrenzverhältnis von Gewährleistungsregeln und der c.i.c. einzugehen, da es für die vorliegende Diskussion ohne Bedeutung ist.

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a). Beispiel: Entscheidung „Wäschetrockner“ An dieser Stelle soll die so genannte „Wäschetrockner-Entscheidung“ angeführt werden, um zu veranschaulichen, dass der BGH oftmals einen Anspruch aus §§ 459 a.F. verneinte, um im Interesse des Käufers einen Anspruch aus c.i.c. herbeizuführen87. In der gegenständlichen Entscheidung ging es um den Verkauf eines Wäschetrockners. Der Verkäufer hatte dem Käufer aufgrund baulicher Gegebenheiten einen bestimmten Wäschetrockner für seine Wäscherei empfoh-len, welcher aber entgegen der Vereinbarung tatsächlich nicht in den dafür vor-hergesehenen Platz passte. Da der Trockner auch an keinem anderen Platz auf-gestellt werden konnte, war er für den Käufer nutzlos. Der BGH stellte im Rah-men des Urteils fest, dass es sich bei dem Erfordernis eines ausreichend dimen-sionierten Aufstellplatzes weder um ein Beschaffenheitsmerkmal noch um eine Eigenschaft des Trockners handele. Ein Anspruch aus §§ 459ff. a.F. sei somit ausgeschlossen88. Anzumerken ist allerdings die Tatsache, dass zu diesem Zeit-punkt ein Anspruch aus §§ 459 ff. a.F. ohnehin aufgrund der kurzen Frist gemäß § 477 Abs. 1 a.F. verjährt gewesen wäre. Dem Käufer stand nun der Weg frei, sich auf einen Anspruch aus c.i.c., verbunden mit der langen Verjährung, zu be-rufen. Diese Entscheidung verdeutlicht signifikant, dass der Aspekt der langen Verjäh-rung nach § 195 a.F. eine erhebliche Rolle für die Linie der Rechtsprechung des BGH spielte.

b). Beispiel: Unternehmenskauf Des Weiteren ist als Beispiel der Bereich des Unternehmenskaufs zu nennen. Insbesondere in diesem Bereich fand die vorab genannte Problematik ihren Nie-derschlag. Schon nach alter Rechtslage wurden die kaufrechtlichen Gewährleis-tungsvorschriften, §§ 459 ff. a.F., nach fast unbestrittener Auffassung analog auf den Unternehmenskauf angewendet89. Somit kam beispielsweise die Frage auf, ob unrichtige Ertrags- oder Umsatzangaben des Unternehmens als Mangel im Sinne von § 459 angesehen werden konnte. Dies wurde jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BGH verneint90. Begründet wurde die Entscheidung vor-rangig damit, dass Angaben über den Ertrag oder den Umsatz eines Unterneh-

87 BGH NJW 1985, 2472ff. 88 BGH NJW 1985, 2473. 89 RGZ 63, 57ff.; RGZ 67, 86ff.; BGH ZIP 1998, 908, 911; WILLEMSEN, Zum Verhältnis

von Sachmängelhaftung und culpa in contrahendo beim Unternehmenskauf, AcP 1982, 515, 517; HIDDEMANN, Leistungsstörungen beim Unternehmenskauf aus der Sicht der Rechtsprechung, ZGR 1982, 435, 437.

90 RGZ 134, 83, 86; BGH NJW 1970, 653, 655; BGH NJW 1992, 2564, 2565.

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mens die Gebrauchstauglichkeit nur mittelbar beeinträchtigten, für das Vorlie-gen eines Fehlers aber ein der Sache auf Dauer und unmittelbar anhaftender Umstand gefordert sei91. Hintergründig kann jedoch eine andere Begründung zur Verneinung des Gewährleistungsrechts angeführt werden. Auch die Entschei-dungen der Rechtsprechung im Bereich des Unternehmenskaufs waren primär von Käuferschutzinteressen getragen. Die Anwendung des Sachmängelrechts hätte für den Käufer zunächst bedeutet, dass ihm grundsätzlich kein Schadenser-satzanspruch, sondern nur ein Wandelungsrecht gemäß §§ 462, 465ff. a.F. zuge-standen hätte, welches nicht dazu geeignet gewesen wäre, das Problem einer un-zureichenden Ertragskraft angemessen zu bewältigen92. Des Weiteren kam wie-der die für den Käufer aus den oben genannten Gründen als zu kurz empfundene Verjährung gemäß § 477 a.F. zum Tragen93. Infolgedessen wird an dieser Stelle die These vertreten, dass der BGH insbesondere im Bereich des Unternehmens-kaufs eine restriktive Auslegung des Sachmängelrechts verfolgte, um die Inte-ressen des Käufers hinreichend zu schützen. Die enge Auslegung der kaufrecht-lichen Gewährleistung durch die Rechtsprechung war letztlich bloß vom Motiv der Verjährung getragen. Auch das Schrifttum stützt diese These. Lorenz und Riehm geben beispielsweise zu erkennen: „Die wohl gravierendste Folge des früheren Verjährungsrechts war, dass die vielen verschiedenen Fristen, von denen insbesondere diejenige des § 477 a.F. als unangemessen kurz empfunden wurde, bewirkten, dass die Rechtsprechung auf andere Anspruchsgrundlagen „auswich“, um ein angemes-senes Verjährungsregime herbeizuführen“94. Ähnlich formuliert dies Schlechtriem: „Das Verjährungsrecht soll der Rechtsprechung nicht länger An-lass geben, im Gefüge des materiellen Rechts Verbiegungen vorzunehmen, die ausschließlich dem Zweck dienen, passende Verjährungsergebnisse zu erzie-len“95. Schließlich bringt auch Häublein diese Intention der Rechtsprechung auf den Punkt: „Es ist nachgewiesen worden, dass diese Judikatur in erster Linie da-

91 BGH NJW 1990, 1659, 1660. Eine zugesicherte Eigenschaft war grundsätzlich schon

deshalb nicht anzunehmen, weil sich die Angaben zum Ertrag oder Umsatz über einen längeren, mehrjährigen Zeitraum hätten erstrecken müssen, um somit einen verläßli-chen, zusicherungsfähigen Anhaltspunkt für die Bewertung der Ertragsfähigkeit bieten zu können. Dies war meist in der Praxis unmöglich.

92 OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 65. 93 Teil 1 § 2 A I 2. 94 LORENZ/RIEHM, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdn. 34. 95 SCHLECHTRIEM, Entwicklung des deutschen Schuldrechts und europäische Rechtsan-

gleichung, in: HELMS U.A. (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Jahrbuch Junger Zivilrechts-wissenschaftler 2001, S. 9, 12.

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zu diente, die oft als unbillig empfundene Anwendung des § 477 a.F. zu umge-hen“96. Der aufgezeigte Gedankengang erscheint auch logisch, denn die „Flucht“ in die Haftung aus c.i.c. ermöglichte schlichtweg eine verschärfte Verkäuferhaf-tung. Der Verkäufer haftete nach den Grundsätzen der c.i.c. unabhängig von ei-ner Zusicherung, auch schon bei bloßer Fahrlässigkeit, auf Schadensersatz und gab dem Käufer darüber hinaus einen wesentlich besseren Verjährungsrahmen97. Durch die Annäherung der Verjährungsfristen der Sachmängelhaftung und aus c.i.c. kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Problematik nach neu-er Rechtslage erheblich entschärft wird98.

IV. Gattungskauf und Stückkauf Schon in vorangegangenen Abschnitten wurden die Begriffe des Gattungs- und des Stückkaufs verwendet. Die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stück-kauf war in der Praxis häufig von zufälligen Faktoren abhängig, konnte aber ganz erhebliche rechtlich unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen. Da beide Begriffe das frühere Gewährleistungsrecht charakterisierten und die Diffe-renzierung beider Begrifflichkeiten auch im Rahmen der weiteren Diskussion relevant sein wird, ist an dieser Stelle genauer auf sie einzugehen. Gleichwohl wird nur ein Überblick in dem Umfang gegeben, der für die Auseinandersetzung wichtig erscheint. Beim Gattungskauf ist die Sache nach allgemeinen Merkmalen bestimmt. Dies bedeutet, dass vom Verkäufer eine Sache mittlerer Art und Güte geschuldet ist, § 243 Abs. 1. Demgegenüber ist beim Stückkauf der Leistungsgegenstand im Voraus von den Parteien so bestimmt, dass feststeht, auf welchen Gegenstand sich die Leistungspflicht des Schuldners beziehen soll99. Infolgedessen kann mit einem anderen Kaufgegenstand als mit dem von den Vertragsparteien bestimm-ten nicht mehr erfüllt werden100. Es ist also nicht eine Sache nur mittlerer Art und Güte zu leisten, sondern eine konkret bestimmte Sache. In § 480 Abs. 1 a.F. wurde dem Käufer, anstatt der Wandelung oder Minderung, für den Fall des Gattungskaufs die Möglichkeit der Nachlieferung einer mangelfreien Sache ein-geräumt. Diese Regelung des § 480 Abs. 1 a.F. bringt unverkennbar zum Aus- 96 HÄUBLEIN, Der Beschaffenheitsbegriff und seine Bedeutung für die Haftung aus c.i.c.

und Kaufrecht, NJW 2003, 388, 389. 97 MERTENS, Culpa in contrahendo beim zustande gekommenen Kaufvertrag, AcP 2003,

818, 834. 98 Hierzu Teil 3 § 7 A I 1b). 99 BROX/WALKER, Besonderes Schuldrecht, 30. Aufl. 2005, § 1 Rdn. 4. 100 RGZ 70, 423, 426; MK-KRÜGER, BGB, 4. Aufl. 2003, § 243 Rdn. 11.

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druck, dass der Gattungskauf im Bürgerlichen Gesetzbuch die Ausnahme und der Stückkauf den Regelfall des Kaufgeschäfts darstellte101. Diese Struktur im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde meist damit begründet, dass zur Zeit der Ent-stehung des Gesetzes davon ausgegangen wurde, dass sich ein Gattungskauf spätestens im Zeitpunkt der Lieferung durch Konkretisierung in einen Stückkauf umwandele und sich somit in das gewohnte Regelungsschema einfüge102. Damit wurde jedoch verkannt, dass eine Konkretisierung der Gattungsschuld zur Stückschuld gemäß § 243 Abs. 2 nur erfolgen konnte, wenn eine mangelfreie Sache, nämlich eine solche „mittlerer Art und Güte“, geliefert wurde, der Ver-käufer also alles Erforderliche getan hatte, um die Leistungsverpflichtung zu er-füllen103. Bei der Lieferung einer mangelhaften Sache hatte der Verkäufer je-doch gerade nicht alles Erforderliche getan und die Erfüllung des Kaufgeschäfts konnte nicht eintreten. Dann blieb es beim Gattungskauf. Somit lag in den an dieser Stelle relevanten Fällen, nämlich bei Vorliegen eines Sachmangels, kein Stück-, sondern ein Gattungskauf vor. Des Weiteren erscheint die Verankerung des Stückkaufs als Regelfall im Bürgerlichen Gesetzbuch vor folgendem Hin-tergrund als nachvollziehbar: die Industrialisierung und die damit verbundene Produktion von Massenwaren stand 1900 am Anfang. Der Gesetzgeber unter-schätzte zum Zeitpunkt der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs das rasche Fortschreiten der Industrialisierung und sah sich daher nicht veranlasst, den Gat-tungskauf als Regelfall festzuschreiben104. Trotz der sich im Zuge der Industria-lisierung abzeichnenden Veränderungen der Verkaufsstrukturen, erachtete er den Verkauf von individuell produzierten Waren immer noch als Regelfall. Dem Gesetzgeber erschien es somit sachgerecht und praxisnah, den Stückkauf, wie auch schon im römischen Recht, als Regelfall des Kaufrechts zu betrachten. Im Hinblick auf den Gattungs- und den Stückkauf gab es unter Geltung der alten Rechtslage eine Besonderheit bezüglich der Leistungspflicht des Verkäufers. Die Leistungspflicht des Verkäufers hinsichtlich der Sachmängelfreiheit der Kaufsache war abhängig davon, ob es sich im konkreten Fall um einen Gat-tungs- oder einen Stückkauf handelte. Wenn ein Gattungskauf vorlag, also eine Sache mittlerer Art und Güte einer bestimmten Gattung geschuldet war, und die Sache einen Mangel aufwies, nämlich von der vereinbarten Gattung abwich, blieb dem Verkäufer die Erfüllung des Vertrags mit eben dieser Sache ver- 101 CHIUSI, Zum Kauf nach BGB und römischem Recht, JURA 2003, 218. 102 PECHER, Eigenschaftserwartungen und Erwerbszwecke des Käufers, Habilitation Mün-

chen, 1977, S.99, zitiert in LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 177 (Fußnote 29).

103 GROTHE, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, 2003, § 243 Rdn. 19. 104 GÖTZ, Sachmängelbeseitigung beim Kauf, 1960, S. 19f.

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wehrt105. Lediglich mit einer mangelfreien Ersatzlieferung konnte der Verkäufer seiner Leistungspflicht noch nachkommen. Im Hinblick auf den Gattungskauf bestand schon nach altem Recht Übereinstimmung darin, dass der Verkäufer zur Lieferung einer mangelfreien Ware verpflichtet war. Sonst war ihm die Erfül-lung des Vertrags nicht möglich106. Diese Ansicht wurde durch die Regelung des § 480 Abs. 1 a.F. gestützt, der dem Käufer statt der Wandelung oder der Minde-rung einen Anspruch auf Leistung einer anderen, mangelfreien Sache zuteil werden ließ. Voraussetzung dafür war jedoch, dass es sich bei dem Kaufgeschäft um eine Gattungsschuld handelte und ein Sachmangel gegeben war. Dies brach-te unverkennbar zum Ausdruck, dass der Verkäufer mit der mangelhaften Sache noch nicht erfüllt hatte und dem Verkäufer noch der ursprüngliche Erfüllungsan-spruch zustand107. Demgegenüber war dies beim Stückkauf umstritten. Die so genannte Gewährleistungstheorie beschränkte den Inhalt der Leistungspflicht des Verkäufers bloß auf die identitätskonforme Lieferung, während die Erfül-lungstheorie auch beim Stückkauf von einer Pflicht zur mangelfreien Lieferung ausging108. Es kam also zu ungleichen Ergebnissen abhängig davon, ob ein Gat-tungskauf oder ein Stückkauf gegeben war. Die Frage, ob ein Gattungskauf oder ein Stückkauf im konkreten Fall vorlag, hing von zufälligen Gegebenheiten und Marginalien der Anbahnung und Abwicklung eines Kaufgeschäfts ab109. Insbe-sondere deshalb schien die systematische Zweiteilung der Haftung für Sach-mängel nicht sachgemäß. Wie schwer eine Differenzierung zwischen Gattungs-kauf und Stückkauf sein kann, veranschaulicht ein Beispiel bei Fikentscher110 „...ein Gattungskauf liegt nach allgemeiner Meinung vor, wenn ein Kunde, durch Angaben in der Werbung angelockt, ein Einzelhandelsgeschäft betritt und das Produkt x einer bestimmten Marke, Typ Y, verlangt, und der Händler ihm dieses Gerät aus seinem Lager verkauft; ein Stückkauf ist hingegen gegeben, wenn der Händler dem Kunden ein in seinem Geschäft ausgestelltes Stück ver-kauft, auf das der Kunde zeigt und zum Ausdruck bringt, dass er dieses erwer-ben möchte. In beiden Konstellationen möchte der Kunde das Produkt X einer bestimmten Marke des Typs Y erwerben.“ Lehmann111 formulierte seine Auffas-sung daher sehr treffend: „...die mehr oder weniger zufällig unterschiedlichen Gegebenheiten der Anbahnung, beispielsweise durch Werbung, und des Ab- 105 Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Vor § 459 Rdn. 63. 106 EMMERICH, BGB Schuldrecht BT, 9. Aufl. 1999, § 4 Rdn. 5. 107 GROTHE, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, 2003, § 243 Rdn. 19. 108 Vgl. zum ausführlichen Streitstand insbesondere Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991,

Vor § 459 Rdn. 145 ff.; MK-WESTERMANN, BGB, 3. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 1ff. 109 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 180. 110 FIKENTSCHER, Schuldrecht, 7. Aufl. 1985, § 70 I 2 S. 430. 111 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 181.

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schlusses von Kaufverträgen sollten nicht entscheidungserheblich sein, will man nicht Gefahr laufen, dass der Eintritt der unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 462 und § 480 letztlich als willkürlich erscheint“. Dieser Aussage ist zweifel-los zuzustimmen. Aufgrund der vorab genannten Problematik entschloss man sich, bei der Umset-zung der Richtlinie die Leistungsverpflichtung des Verkäufers beim Gattungs- und Stückkauf zu harmonisieren, also den Verkäufer beim Gattungs- und Stück-kauf zu verpflichten, dem Käufer die Ware frei von Sachmängeln zu verschaf-fen112. Durch das Einfügen des neuen § 433 Abs. 1 S. 2, „der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen“, wird klar-gestellt, dass für beide Arten des Kaufvertrags die Sachmängelfreiheit zur Leis-tungspflicht des Verkäufers gehört. Indem das neue Kaufrecht auch den Verkäu-fer einer Speziessache zur mangelfreien Erfüllung verpflichtet, stellt sich der Gesetzgeber eindeutig auf die Seite der Erfüllungstheorie. In den neuen Vorschriften des Kaufrechts spielt die Unterscheidung von Stück-kauf und Gattungskauf eine nicht mehr so herausragende Rolle wie in der frühe-ren Rechtslage113. Gleichwohl ist sie auch für die neue Rechtslage nicht gänzlich ohne Bedeutung. So kommt die Unterscheidung beispielsweise im Rahmen der zur Stückschuld konkretisierten Gattungsschuld gemäß § 243 zum Tragen114. Des Weiteren ist bei der Frage der Nacherfüllung gemäß § 439 danach zu unter-scheiden, ob es sich um einen Stück- oder einen Gattungskauf handelt. Denn nur bei einem Gattungskauf kommen beide Nacherfüllungsvarianten gemäß 439 Abs. 1, Mängelbeseitigung oder Nachlieferung, in Betracht. Bei einem Stück-kauf kann hingegen grundsätzlich nur Mängelbeseitigung gefordert werden115. Ein Anspruch des Käufers auf Nachlieferung ist in solchen Fällen deshalb aus-geschlossen, weil mit einer anderen Sache bei einem Stückkauf nicht erfüllt werden kann116. Dies sehen jedoch manche Autoren im Schrifttum anders.

112 Begr. RegE S. 209; Faust, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, 2003, § 433 Rdn. 2. 113 Begr. RegE S. 230. 114 HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht,

2002, Kap. 5 Rdn. 83. 115 Vgl. ACKERMANN, Die Nacherfüllungspflicht des Stückverkäufers, JZ 2002, 378, 379;

Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdn. 505; PFEIFFER, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.), Schuldrecht, 2002, Art. 3 der Kaufrechts-richtlinie Rdn. 8; HUBER, in: DERS./FAUST, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Rdn. 13/20f.

116 SCHWAB, Das neue Schuldrecht im Überblick, JuS 2002, 1, 6.

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Schubel117 ist beispielsweise der Ansicht, dass eine Nachlieferung auch in den Fällen des Stückkaufs möglich sein sollte, denn die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückkauf sei nicht dafür geeignet, eine angemessene Eingren-zung der Verkäuferverpflichtung zur Nacherfüllung abzugeben. Die Beschrän-kung auf Nachbesserung der Sache könne einerseits das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung immer in den Fällen unterlaufen, in denen die Reparatur der Kaufsache unmöglich oder viel zu teuer wäre. Andererseits gehe diese Be-schränkung der Nacherfüllungsvariante zu Lasten der Käufer, wenn diese eine Ersatzlieferung wünschten. Auch Canaris118 ist der Ansicht, dass die von vorne-herein angenommene Versagung der Nachlieferung bei einem Stückkauf nicht sachgerecht sei, denn eine solche bringe Nachteile für den Käufer, der eine Nachlieferung wünsche und Nachteile für den Verkäufer, der eine Ersatzliefe-rung nicht erbringen dürfe. Darüber hinaus seien für eine solche Versagung auch keine Anhaltspunkte in Art. 3 der Richtlinie und nun in § 439 erkennbar. Diese Ansichten beinhalten sicher richtige Ansätze. Gleichwohl lassen sie das schon oben genannte bedeutsamste Grundprinzip außer Betracht: Bei einem Stückkauf ist eine Erfüllung mit einer anderen Sache nicht möglich. Bei einer Ersatzliefe-rung handelt es sich jedoch um eine andere Sache. Daher bleibt festzuhalten, dass nach der hier vertretenen Auffassung bei einem Stückkauf nur eine Nach-besserung und keine Nachlieferung möglich ist. Die Unterscheidung zwischen einem Gattungs- und einem Stückkauf findet also auch im Rahmen der Nacher-füllung gemäß § 439 ihren Ausdruck. Für die Pflicht des Verkäufers zur mangel-freien Leistung ist sie jedoch mit Einführung des § 433 Abs. 1 S. 2 nicht mehr von Bedeutung119. Mit der vorangegangenen Diskussion über die Leistungspflicht des Verkäufers hing ein weiterer Aspekt eng zusammen. Dieser Aspekt betraf die Abgrenzung des allgemeinen zum besonderen Leistungsstörungsrecht. Mit besonderem Leis-tungsstörungsrecht ist vorliegend das Kaufrecht gemeint. Die frühere Rechtsla-ge, wie bereits erwähnt, erkannte die Sachmängelfreiheit der Kaufsache nicht ausdrücklich als Teil der Leistungspflicht des Verkäufers an. Dies führte zu der weiteren Konsequenz, dass das kaufrechtliche Sachmängelrecht ein unabhängi-ges Haftungssystem darstellte; unabhängig vom allgemeinen Leistungsstörungs-

117 Vgl. SCHUBEL, in: SCHWAB/WITT (Hrsg.), Examenswissen zum neuen Schuldrecht,

2.Aufl. 2003, S.177f.; siehe auch SCHUBEL, Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002-Das neue Kaufrecht, JuS 2002, 313, 316.

118 Vgl. mit ausführlichen Hinweisen CANARIS, Die Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache beim Stückkauf, JZ 2003, 831ff.

119 Begr. RegE S. 230.

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recht. Beide Haftungssysteme standen völlig unverbunden nebeneinander120. Lediglich in § 440 Abs. 1 a.F. wurde für das Vorliegen von Rechtsmängeln auf die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts gemäß §§ 320 ff. a F. verwiesen. Durch das Nebeneinander beider Haftungssysteme ergaben sich Ab-grenzungsschwierigkeiten hinsichtlich des allgemeinen und des besonderen Schuldrechts. Ein Problem, welches bereits an früherer Stelle aufgezeigt wurde, war die Abgrenzung der Lieferung einer mangelhaften Sache von der einer ali-ud-Lieferung121, da nur im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache die Sachmängelvorschriften der §§ 459 ff. a.F., die kurze Verjährungsfrist inbegrif-fen, einschlägig waren. In den meisten Fällen war es jedoch wenig nachvoll-ziehbar, wann eine Sache als aliud und wann als mangelhafte Lieferung einge-stuft wurde. Demzufolge entstanden Fragen wie beispielsweise, ob Winterwei-zen fehlerhafter Sommerweizen122 und ob mit Glykol gemischter Wein eine feh-lerhafte Auslese sei123. Solche Fälle bedeuteten Rechtsunsicherheit für den Käu-fer, denn es war für diesen im Einzelfall nicht abschätzbar, welches Haftungs-system für ihn zutreffen würde. Diese Ausführungen zeigen, dass das aus der rechtshistorischen Großtat der ädi-lizischen Rechtsbehelfe heraus entwickelte Sachmängelrecht stets ein Fremd-körper im allgemeinen Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs geblieben war, dessen Konkurrenzprobleme immer unbeherrschbarer und eine Quelle widersprechender und unvorhersehbarer Rechtsprechung wurden124. Im Rahmen des ersten Entwurfs zum Bürgerlichen Gesetzbuch war zwar geplant gewesen, das Sachmängelrecht innerhalb des allgemeinen Leistungsstörungs-rechts unterzubringen125. Dieser Gedanke wurde jedoch ohne weitere Begrün-dung wieder verworfen, so dass die Mängelhaftung ohne weitere Modifizierung im besonderen Teil des Schuldrechts, dem Kaufrecht, verankert wurde126. Diese Tatsache wurde oft als Erklärung für die Unstimmigkeiten zwischen dem allge-meinen und dem besonderen Schuldrecht herangezogen, da ein ursprünglich für den allgemeinen Teil des Leistungsstörungsrechts konzipiertes Institut nicht in den besonderen Teil des Schuldrechts passte127. Dieses Argument zur Erklärung der Inkongruenz der beiden Haftungssysteme in der früheren Rechtslage ist ein- 120 Begr. RegE S. 208. 121 Siehe hierzu bereits Teil 1 § 2 A I 2. 122 BGH NJW 1968, 640ff. 123 BGH NJW 1989, 218ff. 124 EHMANN/RUST, Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, JZ 1999, 853. 125 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, 2. Aufl. 1896, Bd. II S. 224ff. 126 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 172. 127 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 172.

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leuchtend. Allerdings vermag es keine Entschuldigung dafür zu bieten, dass der Käufer unter Geltung der alten Rechtslage erheblicher Rechtsunsicherheit aus-gesetzt war. Lehmann formulierte seinen Standpunkt dazu sehr treffend: „Das deutsche Gewährleistungsrecht ist, vor allem im Hinblick auf seine Abstimmung mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht des BGB, eine so gründliche, beg-riffstechnische und rechtspolitische Fehlleistung, dass bislang der Einsatz legi-timer Mittel zur Rechtsfortbildung versagte“128. Durch die Umsetzung der Richtlinie wurde also die Sachmängelfreiheit der Kaufsache schließlich zur Leistungspflicht des Käufers erhoben. Durch diesen Schritt wird die Lieferung einer mangelhaften Sache zu einer Verletzung einer vertraglichen Pflicht, § 433 Abs. 1 S. 2, an die sich - nicht anders als im allge-meinen Leistungsstörungsrecht - die Rechtsfolgen Rücktritt und Schadensersatz anschließen und als kaufrechtliche Besonderheit die Minderung129.

V. Die Einordnung der Haftung für Werbeangaben nach alter Rechtslage

Nachdem ein kurzer Überblick über die Sachmängelhaftung im Allgemeinen und über die Voraussetzungen des § 459 a.F. im Besonderen gegeben wurde, ist Aufgabe dieses Abschnitts, näher auf die dogmatische Einordnung der Haftung für Werbeangaben vor der Schuldrechtsreform einzugehen. Es stellt sich somit die Frage: Konnten Werbeangaben als Fehler im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F. oder als zugesicherte Eigenschaft gemäß § 459 Abs. 2 a.F. eingeordnet werden? Eine ausdrückliche Haftung für unrichtige Werbeangaben gab es in der früheren Rechtslage nicht130. Wie schon vorangestellt, ist erst mit Umsetzung der Richtli-nie durch die Schaffung des neuen § 434 Abs. 1 S. 3 eine Regelung zur Haftung für Werbeangaben im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert worden. Obwohl es keine Regelung im Rahmen der früheren Rechtslage gab, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass im Bereich der Werbung keine Probleme hin-sichtlich der Mängelhaftung existierten, ganz im Gegenteil. Dies hängt letztlich insbesondere damit zusammen, dass der Stellenwert der Werbung im letzten Jahrhundert immens gestiegen ist. Vor der industriellen Revolution und der

128 LEHMANN, Die bürgerlichrechtliche Haftung für Werbeangaben, NJW 1981, 1233, 1237. 129 Begr. RegE S. 209. 130 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 287.

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Verbreitung moderner Kommunikationsmittel existierte in Städten und Markt-flecken eine geographisch begrenzte Marktöffentlichkeit. Anbieter von Waren hängten ihr Schild aus, legten ihre Ware in den Blickfang und machten dadurch Passanten auf sich aufmerksam. Es handelte sich jedoch nur um eine begrenzte Anzahl von Kunden und Vertragsabschlüsse wurden grundsätzlich im „face-to-face“ Kontakt getätigt131. Die industrielle Produktionsweise und die Entwick-lung der modernen Medien gaben der Werbung des Verkäufers oder des Waren-herstellers eine neue Dimension132. Der „face-to-face“ Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer nahm immer mehr ab und im Gegenzug dazu gewann die Wer-bung durch Medien wie Presse, Funk und Fernsehen einen immer größer wer-denden Stellenwert für den Vertragsabschluß eines Kaufgeschäfts. Der Vorteil der Werbung für den Verkäufer und den Käufer lag klar auf der Hand. Dem Verkäufer wurde durch die Werbung die Möglichkeit gegeben, einen maximalen Kundenkreis anzusprechen und im Rahmen dessen für sein Produkt zu werben. Dem Käufer war es hingegen möglich, sich schon vor Betreten eines Geschäftes umfassend über ein bestimmtes Produkt zu informieren, um dann gezielt das ausgesuchte Produkt zu erwerben. Wirtschaftswissenschaftlich wird es als erwiesen betrachtet, dass Werbeangaben in der heutigen Zeit durch ihre zugleich informatorische und akquisitive Wir-kung die Kaufentscheidung der Werbeadressaten und ihre Erwartungen an den Sollzustand der Kaufsache maßgeblich beeinflussen133. Gleichwohl brachte die Entwicklung der Werbung auch Probleme mit sich. Welche Schwierigkeiten mit der Verbreitung der Informationen durch Massenmedien einhergingen, soll im Folgenden untersucht werden.

1. Unrichtige Werbeangaben als Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 a. F.?

Die unter diesem Abschnitt zu behandelnde Frage stellt sich folgendermaßen: Inwiefern konnte der Verkäufer nach den bisherigen Regelungen des Bürgerli-chen Gesetzbuchs, insbesondere aufgrund der Gewährleistungsvorschriften, für eigene unrichtige Werbeangaben haftbar gemacht werden? Und inwiefern hatte der Verkäufer für Werbeangaben des Herstellers einzustehen?

131 KÖNDGEN, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 287. 132 Vgl. Einleitung § 1 A. 133 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 287; TIETZ, Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, 1974, S. 2241ff.

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Das klassische Instrumentarium des Bürgerlichen Gesetzbuches bot nur sehr be-grenzt Ansatzpunkte für eine Einbeziehung vorvertraglicher Informationen in den Vertrag, die anlässlich des eigentlichen Kaufvertragsschlusses nicht mehr besprochen oder vertieft wurden134. Problematisch waren insbesondere die Fälle, in denen der Käufer, aufgrund der in der Werbung dargestellten Vorzüge der Sache angelockt, zum Beispiel durch einen Fernsehwerbespot, ein Geschäft betrat und die Sache kaufte, ohne mit dem Verkäufer in ein individuelles Kauf-gespräch eingetreten zu sein135. Welche Rechte standen dem Käufer zu, wenn die Beschaffenheit der Sache dann nicht mit der in der Werbung herausgestell-ten Beschaffenheit übereinstimmte? Als Beispiel für unrichtige Werbeangaben kann ein Fall136 angeführt werden, in dem in einer Werbeanzeige für ein Ultra-schallgerät geworben wurde, das als Heilmittel mit bestimmten medizinischen Verwendungsmöglichkeiten ausgestattet sein sollte. Als ein Arzt dieses Gerät kaufte, stellte sich aber heraus, dass das Gerät diese angekündigten Funktionen, die so genannte Indikationsbreite, nicht besaß. Der BGH lehnte das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne des § 459 a.F. ab, da die in der Werbeschrift ver-mittelte Auffassung nicht als nach dem Vertrage vorausgesetzt angesehen wer-den könne137. Diese Entscheidung verdeutlicht beispielhaft, dass das Nichtvorliegen von in der Werbung angepriesenen Eigenschaften für den Käufer oftmals sehr problema-tisch war, da sich keine Haftungsregelungen für falsche Werbeangaben im Bür-gerlichen Gesetzbuch finden ließen. Eine Haftung des Verkäufers wäre aufgrund der Vorschriften § 459 ff. a.F. nur in Betracht gekommen, wenn unrichtige Wer-beangaben einen Sachmangel dargestellt hätten. Es kam einerseits ein Sachman-gel in Form eines Fehlers im Sinne von § 459 Abs.1 a.F. oder andererseits in Form des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft gemäß § 459 Abs. 2 a.F. in Betracht. Es soll daher zunächst untersucht werden, ob das Ausbleiben von bestimmten in der Werbung angekündigten Eigenschaften eines Kaufgegenstandes als Fehler

134 PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für Werbeangaben, JR 2001, 265. 135 Siehe Einleitung § 1 A. Hier kann ein klassisches Beispiel angeführt werden. Der Käu-

fer sieht im Fernsehen die Werbung eines Kraftfahrzeugherstellers, daß sein Auto die Umwelt schone und nur drei Liter Superbenzin im Stadtverkehr verbrauche. Der Kunde ist dadurch angelockt, geht zum Händler und schließt einen Kaufvertrag über ein solches Auto ab. Über den Kraftfahrzeugverbrauch wird nicht mehr gesprochen. Vgl. dieses Beispiel bei LEHMANN, Die Haftung für Werbeangaben nach neuem Schuldrecht, DB 2002, 1090, 1091.

136 BGHZ 16, 54. 137 BGHZ 16, 54, 56f.

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im Sinne des § 459 Abs. 1 a.F. aufgefasst werden konnte. Wäre dies der Fall gewesen, hätten dem Käufer die Sachmängelrechte nach §§ 459 ff. a.F. zuge-standen. Vorab bleibt jedoch festzuhalten, dass sich die vorliegende Diskussion auf jene Situation beschränkt, in der es zu keinem individuellen Verkaufsge-spräch zwischen Käufer und Verkäufer kam. Denn die Problematik von Werbe-aussagen des Verkäufers trat meist nur im Rahmen von öffentlichen Äußerungen außerhalb eines Verkaufsgesprächs auf. Traten Verkäufer und Käufer hingegen in ein persönliches Verkaufsgespräch ein, konnte schon nicht mehr von Werbe-aussagen im eigentlichen Sinne gesprochen werden138. Dies hatte zur Folge, dass resultierend aus dem Gespräch der Parteien meist unproblematisch von einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen werden konnte139. Offensichtlich ist jedoch auch, dass die heutige Funktion der Werbung die Verkaufsberatung wei-testgehend ersetzt hat140. Wie oben schon näher erläutert, gab es verschiedene Auffassungen vom Fehler-begriff. Einerseits die objektive Fehlertheorie141, die einen Fehler darin sah, dass die Beschaffenheit der Kaufsache von der Normalbeschaffenheit der Gattung abwich. Andererseits die subjektive Fehlertheorie142, die vom Abweichen der Beschaffenheit ausging, welche die Parteien vereinbart hatten. Ging man von der subjektiven Fehlertheorie aus, so mussten die Parteien ungeachtet der vo-rausgegangenen Werbung noch miteinander beim Kaufvertragsschluss kommu-nizieren. Es musste vereinbart werden, welche Beschaffenheit die zu verkaufen-de Sache haben sollte oder die Werbeangaben mussten zumindest zum Inhalt des Vertrags werden. Zum Inhalt des Vertrags wurden die Werbeaussagen dann, wenn die Parteien bei Vertragsschluss ausdrücklich oder konkludent auf die vo- 138 Für die Definition und dogmatische Einordnung des Begriffs der Werbung siehe zur

neuen Rechtslage Teil 3 § 7 B II 4. 139 MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht,

2002, § 434 Rdn. 66. Malzer stellt dort richtig fest, daß für den Fall, daß der Verkäufer dem Käufer gegenüber „Anpreisungen“ im Verkaufsgespräch mache, in aller Regel schon eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliege. So auch ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, E I Rn. 30.

140 REICH/TONNER/WEGENER, Verbraucher und Recht, 1976, S. 138. 141 FABRICIUS, Schlechtlieferung und Falschlieferung beim Kauf, JuS 1964, 1f.; KNÖPFLE,

Der Begriff des Fehlers im Sinne des § 459 I BGB bei beweglichen Sachen und seine praktischen Auswirkungen, AcP 1980, 462, 501f.

142 RGZ 99, 147; 161, 193; 161, 330, 332ff.; BGHZ 16, 54, 55f.; BGHZ 54, 51, 53f.; BGHZ 98, 100,104; Überblick über die Rechtsprechung bei TIEDTKE, Zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf dem Gebiet des Kaufrechts seit dem 1. Januar 1987, JZ 1990, 75, 79ff.

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rangegangenen Werbeangaben Bezug nahmen143. Ob eine solche Bezugnahme bei Vertragsschluss stattgefunden hatte, musste durch Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 ermittelt werden. Sicher gab es den einen oder anderen Fall, in dem die Werbeangaben Vertragsinhalt wurden144. Doch stellte eine solche Bezug-nahme auf vorvertragliche Äußerungen im Rahmen von Verkaufsverhandlun-gen, wie bereits oben ausgeführt, bei Massenkäufen in der Praxis eher die Aus-nahme als die Regel dar145. Selbst wenn eine Bezugnahme stattgefunden hatte, fiel es den Parteien im Pro-zess wohl meist schwer, eine solche beweisen zu können. Wenn hingegen ein derartiges Gespräch zwischen Käufer und Verkäufer gänzlich fehlte, konnte un-zweifelhaft nicht von einer Parteivereinbarung ausgegangen werden, welche die Anhänger der subjektiven Fehlertheorie wiederum forderten. Dies sieht auch Peifer: „Fehlt es an einem solchen Gespräch, dann fehlt auch ein Ansatzpunkt für eine zumindest konkludente Beschaffenheitsvereinbarung“146. Ein ähnliches Verständnis lag wohl auch den jeweiligen Entscheidungen des BGH zur Prob-lematik von unrichtigen Werbeangaben zu Grunde, in denen die Rechtsprechung meist gleich das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft problematisierte, ei-ne Prüfung einer Beschaffenheitsvereinbarung hingegen nicht vornahm. Ebenso lag der Fall, wenn der Hersteller des Produkts in der Werbung seine Ware „an-pries“, denn auch dann lag eben keine Verkäufererklärung bzw. eine Vereinba-rung zwischen Verkäufer und Käufer vor147. Es war also eindeutig, dass auf-grund der subjektiven Fehlertheorie kein Mangel im Sinne des § 459 Abs. 1 a.F.

143 Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 156. So auch LEHMANN, Informati-

onsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 286.

144 Vgl. BGHZ 87, 302, 305. In diesem Fall kam es jedoch zu einer Kommunikation zwi-schen Käufer und Verkäufer, so daß von einem individuellen Verkaufsgespräch ausge-gangen werden konnte. Doch grundsätzlich waren Rechtsprechung und Schrifttum zu-rückhaltend mit der Annahme, daß Werbeangaben zum Vertragsinhalt wurden, siehe mit weiteren Nachweisen bei HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 109.

145 Dies lag wohl unter anderem auch daran, daß der Käufer auf die Werbeangaben des Verkäufers vertraute und es als nicht erforderlich ansah, des Weiteren in ein Gespräch mit dem Verkäufer zu treten.

146 PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben, JR 2001, 265, 266. 147 PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben, JR 2001, 265, 266.

Auf die grundsätzliche Einordnung von unrichtigen Herstellerangaben wird an späterer Stelle eingegangen, vgl. Teil 1 § 2 A V 3.

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angenommen werden konnte, wenn die gekaufte Sache nicht der in der Werbung angekündigten Beschaffenheit entsprach148. Auch auf dem Boden der objektiven Fehlertheorie kam man zu keinem anderen Ergebnis. Das der Theorie immanente Merkmal war das Abweichen von der Normalbeschaffenheit; es wurde also nicht, wie bereits erwähnt, auf die Verein-barung der Parteien abgestellt. Es galt vielmehr die allgemeine Verkehrsan-schauung für die Bestimmung der normalen Beschaffenheit der Kaufsache. Al-lerdings ist unverkennbar, dass Sinn und Zweck der Werbung das Hervorheben von besonderen Eigenschaften ist und nicht das Bestätigen einer normalen Be-schaffenheit. Der Werbende hat gerade ein Interesse daran, in der Werbung her-vorzuheben, aufgrund welch besonderer Eigenschaften der Käufer sich für sein Produkt entscheiden sollte. Sicherlich lässt sich trefflich darüber diskutieren, was normal und was besonders ist. Es erscheint jedoch einleuchtend, dass sol-che Eigenschaften, die für die Gattung nicht typisch sind und in der Werbung zu Zwecken der Produktdifferenzierung besonders herausgestellt werden, nicht von der Normalbeschaffenheit erfasst sind. Daher half die gewöhnliche Erwartung, welche von der objektiven Theorie gefordert wurde, hier nicht weiter149. Zu be-denken ist schließlich auch, dass die objektive Fehlertheorie ohnehin keine Be-deutung mehr für die Bestimmung eines Fehlers im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F. hatte. Ein weiteres Argument, weshalb unrichtige Werbeangaben keinen Fehler so-wohl nach der objektiven als auch nach der subjektiven Theorie darstellen konn-ten, war, dass es sich in vielen Fällen bei kaufentscheidenden Funktionen, ferner liegenden Umweltbeziehungen oder kommerziellen Verwendungsmöglichkeiten der Kaufsache gar nicht um eine Beschaffenheit der Kaufsache handelte150. Doch nur die Beschaffenheit der Sache konnte im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F.

148 Selbst wenn Werbeangaben unter den subjektiven Fehlerbegriff hätten subsumiert wer-

den können, also tatsächlich eine Vereinbarung vorgelegen hätte, hätten grundsätzliche Käuferschutzerwägungen für die Verneinung einer Werbeangabe sprechen können. Denn wie bereits dargelegt, konnte der Käufer gemäß § 459 Abs. 1 a.F. „nur“ wandeln oder mindern. Schadensersatz blieb ihm jedoch verwehrt. Lag die Zusicherung einer Ei-genschaft vor, konnte der Käufer gegebenenfalls auch den für ihn wesentlich umfassen-deren Rechtsbehelf des Schadensersatzes gemäß § 463 S. 1 a.F. geltend machen.

149 PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben, JR 2001, 265, 266. 150 An dieser Stelle ist ein gelungenes Beispiel von Oechsler aufzugreifen: Der Verkäufer

wirbt bei dem Verkauf eines Taschentuches damit, daß mit diesem die Tränen von Lady Diana Spencer getrocknet wurden. Gerade diese Eigenschaft kann für den Käufer kauf-entscheidend sein, vgl. OECHSLER, Schuldrecht BT, 2003, Kap. 2 Rdn. 83.

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überhaupt fehlerhaft sein151. Diese Problematik zeigte sich auch schon in der be-reits erörterten Rechtsprechung des BGH, in der es um den Aufstellplatz eines Wäschetrockners ging152. Der Käufer hatte insoweit ein spezielles Interesse an dem Trockner, als dieser den Angaben des Verkäufers zufolge den baulichen Gegebenheiten des Aufstellungsortes entsprechen sollte. Der BGH hatte dort je-doch festgestellt, dass es sich bei dem Aufstellungsort nicht um eine der Sache anhaftende Beschaffenheit handelte und somit ein Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer aus §§ 459 ff. a.F. ausgeschlossen war153. Anhand dieses Bei-spiels wird deutlich, dass im Rahmen der alten Rechtslage kaufentscheidende Funktionen fehlen konnten, dieses von der Rechtsprechung aber nicht als Fehler im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F. eingestuft wurde. Abschließend lässt sich somit festhalten, dass es vor der Schuldrechtsreform nicht möglich war, den Verkäufer gemäß § 459 Abs. 1 a.F. für die Folgen von unrichtigen Werbeangaben haften zu lassen.

2. Unrichtige Werbeangaben als Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F.?

Die zweite praktisch wichtige Frage richtet sich darauf, ob und unter welchen Umständen die Werbeangaben des Verkäufers als eine ausdrückliche oder eine stillschweigende Zusicherung gemäß § 459 Abs. 2 a.F. aufgefasst werden konn-te. Unter einer Zusicherung verstand man, bezugnehmend auf die oben gemachten Ausführungen, die Übernahme einer Gewähr für das Vorhandensein einer Ei-genschaft und das Versprechen, für alle Folgen einstehen zu wollen, wenn diese Eigenschaft fehlte154. Wichtigstes Merkmal dieser Definition war, hinsichtlich der gegenständlichen Diskussion, der Garantiewille des Verkäufers. Es erscheint fraglich, ob in den Werbeangaben der Wille des Verkäufers dafür gesehen wer-den konnte, für das Nichtvorhandensein der Eigenschaft einstehen zu wollen. Übereinstimmend wurde lediglich jahrelang in Rechtsprechung und ebenso in der Literatur festgehalten, dass bloße Tatsachenangaben oder werbliche Anprei- 151 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S.202; siehe auch die Diskussion

um den Beschaffenheits- und Eigenschaftsbegriff, Teil 1 § 2 A III. Auch in den Fällen, in denen es um Umstände ging, die der Sache nicht unmittelbar anhafteten, fand das längst obsolet gewordene Kriterium der Unmittelbarkeit wieder seinen Ausdruck.

152 BGH NJW 1985, 2472f. 153 BGH NJW 1985, 2473. In diesem Sinne hatte der BGH bereits in einem Urteil aus dem

Jahre 1962 entschieden, vgl. BGH NJW 1962, 1196. 154 RGZ 161, 330; IMMENGA, Fehler oder zugesicherte Eigenschaft? AcP 1971, 1, 2; BGH

NJW 1991, 912. Näher dazu Teil 1 § 2 A II.

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sungen in keinem Fall dem hochgesteckten Erfordernis einer Risikoübernahme im Sinne eines zum Kaufvertrag abgegebenen Garantieversprechens genügen155. So auch Fikentscher: „Bloße Werbeanpreisungen oder übertriebene Beschrei-bungen der Wareneigenschaften genügen nicht. Entscheidend ist der Garantie- und Einstandswille, der grundsätzlich nur in engen Grenzen anzunehmen ist, weil sich daran die Schadensersatzpflicht aus § 463 knüpft“ 156. Wann hingegen Werbeangaben, die nicht nur bloße Anpreisungen enthielten, den Status der zu-gesicherten Eigenschaft erreichten, war in der Rechtsprechung äußerst umstrit-ten157.

a). Ansicht in der Rechtsprechung Eine erhebliche Anzahl von Urteilen des BGH befasste sich mit der vorange-gangenen Fragestellung. In dem wohl prägnantesten Urteil zum Aspekt der Zu-sicherung durch Werbeangaben, dem Trevira Urteil158, entschied der BGH, dass Werbung generell keine zugesicherte Eigenschaft begründe. In dem gegenständ-lichen Fall wurde der Klägerin, einem Konfektionsbetrieb für Damenmoden, Stücke von Trevira-Stoff geliefert. Wenig später stellte sich heraus, dass Brüche im Stoff auftraten. Die Käuferin forderte Schadensersatz und stützte ihre Klage darauf, dass die Beklagte ihr den Trevira-Stoff verkauft habe, einen Stoff, bei dem ihr nach der Werbung der Farbwerke Hoechst „Bügel- und Faltenbestän-digkeit bei ausgeprägter Knitterarmut“ zugesichert worden sei159. Der BGH brachte im Rahmen dieser Entscheidung grundsätzlich zum Ausdruck, dass für die Annahme einer zugesicherten Eigenschaft allgemeine Anpreisungen in der Werbung nicht ausreichend seien. Vielmehr müsse, wenn in der Erklärung des Verkäufers die Zusicherung einer Eigenschaft liegen solle, diese nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte dahin aufzufassen sein, dass der Verkäufer für die betreffenden Eigenschaften die vertragsgemäße Gewähr übernehmen wolle160.

155 BGHZ 48, 118, 122; BGHZ 51, 90, 100; BGHZ 59, 158, 160; LG Dortmund, DAR 1978,

165; LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 206; PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Angaben, JR 2001, 265.

156 FIKENTSCHER, Schuldrecht, 9. Aufl. 1997, § 69 II 6 S. 441. 157 Für die Annahme einer Zusicherung: BGHZ 48, 118; BGH NJW 1973, 843; BGH NJW

1975, 1693; OLG Köln, NJW 1972, 162; OLG Hamm, DAR 1983, 357; OLG Köln MDR 1990, 548; dagegen: BGH NJW 1968, 2238; BGH NJW 1996, 1962; BGHZ 136, 94; OLG Oldenburg MDR 1984, 1024.

158 BGHZ 48, 118ff. 159 BGHZ 48, 118f. 160 BGHZ 48, 118, 122.

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Das Urteil spielt in der gegenwärtigen Diskussion insofern eine herausragende Rolle, als dass der BGH im konkreten Fall doch eine Zusicherung annahm. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass der Käufer in diesem Fall dar-auf vertraue, dass bei der Verarbeitung des Stoffes die Richtlinien eingehalten würden, denn gerade die Verarbeitungsweise stelle das Besondere des Stoffes dar. Der Verkäufer sichere somit durch Lieferung des Stoffes zu, dass die Stoffe die in der Werbung hervorgehobene Eigenschaft, in diesem Fall Knitterarmut, besitzen161. Der BGH sah in diesem Fall die Verwendung des Trevira-Zeichens als Anknüpfungspunkt für eine Haftung für unrichtige Werbeangaben und stellte gleichzeitig zum Schutze des Käufers auf das zum Verkäufer entstandene Ver-trauensverhältnis ab. Auch wenn die Rechtsprechung mit dieser Entscheidung grundsätzlich klarstellte, dass nicht jegliche Werbeangabe in den Status einer Zusicherung emporgehoben werden konnte, brachte sie dennoch das erste Mal unmissverständlich zum Ausdruck, dass eine Möglichkeit bestand, in Werbean-gaben eine zugesicherte Eigenschaft zu sehen und somit im Falle ihres Fehlens Gewährleistungsansprüche greifen zu lassen. Insbesondere der Gebrauchtwagenhandel ist ein Bereich, in dem die Rechtspre-chung schon seit jeher großzügiger mit der Annahme von zugesicherten Eigen-schaften war, wenn es um Werbeangaben ging. Als Hintergrund wird einerseits oft die Intensität der Werbeaussage vermutet162. Andererseits könnte die Recht-sprechung im Bereich des Gebrauchtwagenkaufs von einer weiteren Intention getragen worden sein, nämlich von der Tatsache, dass sich der Gebrauchtwa-genhändler formularmäßig wirksam freizeichnen konnte. Dies bedeutet, dass er die Haftung für gewöhnliche Beschaffenheitsangaben in den Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen163 ausschließen konnte. Allerdings galt dies nur für Beschaf-fenheitsangaben und nicht für Zusicherungen im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F., §§ 11 Nr. 11 AGBG. Dem Käufer konnte aufgrund dessen rechtlich nur gehol-fen werden, wenn die Erklärungen des Verkäufers von ihm zugesichert waren164. Darum ging es auch in einem aussagekräftigen Urteil des BGH im Bereich des

161 BGHZ 48, 118, 123f. 162 REICH/TONNER, Werbung, zugesicherte Eigenschaften und Verbraucherschutz, JuS

1976, 576, 577. 163 Im Folgenden nur: AGB. 164 Siehe dazu REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 6. Aufl. 1997, Rdn. 314; TRINKNER, Schutz

des Verbrauchers vor irreführender Werbung, BB 1975, 1493. Dies galt jedoch nur für den Kauf von gebrauchten Sachen. Bei dem Kauf eines Neuwagens war eine solche Be-schränkung ausgeschlossen, § 11 Nr. 10 AGBG.

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Gebrauchtwagenhandels165. In dem zu diskutierenden Fall hatte ein Gebraucht-wagenhändler einen gebrauchten VW zum Verkauf angeboten. An dem Pkw war ein Schild befestigt, welches den Vermerk „58 000 km“ enthielt. Der Kunde erwarb den Pkw und später stellte sich heraus, dass der Motor nicht 58 000 km, sondern bereits 108 000 km gelaufen war und, dass es sich bei dem vorliegenden Motor um einen Austauschmotor handelte. Der BGH kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass der Verkäufer mit seiner Angabe auf dem Verkehrsschild eine Gesamtfahrleistung von 58000 km zugesichert habe166. Bei derartigen Angaben handele es sich auch nicht lediglich um unverbindliche Orientierungshilfen, vielmehr werde die Kilometerangabe auf dem Schild Inhalt des Kaufvertrags. Dies begründete der BGH damit, dass der Käufer des Pkw auf die besondere Sachkunde des Verkäufers vertraue. Gebe der Verkäufer solche Angaben über die Kilometerleistung in Kenntnis dieses Umstandes ab, bzw. hänge er ein sol-ches Schild aus, so könne dies als eindeutiges Indiz für eine stillschweigende Eigenschaftszusicherung sprechen; so sei es auch typischerweise beim Ge-brauchtwagenkauf167. Ein ähnlich liegender Fall war neun Jahre später vom OLG Oldenburg gegenteilig beurteilt worden. „Wird ein Mercedes in einer Zei-tungsanzeige mit den Worten angeboten, „Gelegenheit: 200 DM, nur 83 000 km“, so liegt darin nicht die Zusicherung, der Wagen sei erst 83 000 km gelau-fen“168. Schon die Diskrepanz zwischen der Rechtsprechung des BGH und des OLG veranschaulicht die rechtlich unterschiedliche Beurteilung von Werbean-gaben im Rahmen der früheren Rechtslage. Außerhalb des Gebrauchtwagenhandels war in der früheren Rechtsprechung die Verkündung eines Anleitungsbuches für das Abfassen von Nottestamenten als eine zugesicherte Eigenschaft angesehen worden169. Eine Nottestamentsmappe wurde herausgegeben, die Anleitungen für Bürgermeister enthielt, wie im Not-fall Testamente zu errichten seien. Die Anleitungshilfen in der Mappe waren je- 165 BGH NJW 1975, 1693, 1694; vgl. hierzu den zusammenfassenden Überblick über das

Urteil bei REICH/TONNER, Werbung, zugesicherte Eigenschaften und Verbraucher-schutz, JuS 1976, 576ff.

166 BGH NJW 1975, 1693, 1694. 167 BGH NJW 1975, 1693, 1695. Der BGH berücksichtigte in der vorliegenden Entschei-

dung die beiderseitige Interessenlage in großem Maße und kam daher zum Schluß, daß der Käufer aufgrund der „Laienstellung” bei Angaben über die Gesamtfahrleistung schutzwürdig sei. So hat der BGH auch in späteren vergleichbaren Urteilen entschieden, allerdings ging es dort einerseits um ein Schild mit der Aufschrift „werkstattgeprüft“, vgl. BGHZ 87, 302, 305 und andererseits um die Angabe der Gesamtfahrleistung in ei-ner Zeitungsannonce. vgl. BGH NJW-RR, 1990, 758, 759.

168 OLG Oldenburg MDR 1984, 1024ff. 169 BGH NJW 1973, 843ff.

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doch in Teilen falsch. Der Herausgeber hatte unter anderem damit geworben, „die Nottestamentsmappe nehme dem Bürgermeister jede Sorge von Irrtümern und unabsehbaren Haftungskosten...“. Hier nahm der BGH eine zugesicherte Ei-genschaft an. Er war der Auffassung, dass diese Werbung angesichts der beson-deren Zweckbestimmung der Mappe nicht lediglich als unverbindliche Anprei-sung angesehen werden könne, sondern die Mappe eine ausdrückliche Zusiche-rung der inhaltlichen Richtigkeit enthalte 170. In vielen weiteren Urteilen lehnte die Rechtsprechung jedoch das Vorliegen ei-ner zugesicherten Eigenschaft in Bezug auf Werbeaussagen ab171. Im Dieselöl-fall entschied der BGH beispielsweise, dass die Bezugnahme auf eine DIN-Vorschrift keine Zusicherung begründe, es sich vielmehr um eine bloße Waren-bestimmung handle172. Auch seien die Angaben zu einem Prüfungsgerät in ei-nem Werbeprospekt keineswegs als Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. zu werten, denn auch hierbei handle es sich um bloße Warenbeschreibungen173. Diese Entscheidung war jedoch insofern bedeutungsvoll, als der BGH hervor-hob, dass „bei der Annahme einer stillschweigenden Zusicherung Zurückhaltung geboten ist, dies vor allem dann, wenn die Erklärung des Verkäufers, aus der ei-ne Zusicherung hergeleitet werden soll, zugleich der Bezeichnung der Kaufsa-che dient. Insbesondere beim Verkauf neuhergestellter beweglicher Sachen ist die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung grundsätzlich die Ausnah-me...“174. Damit wurde klargestellt, dass insbesondere die Annahme einer still-schweigenden Zusicherung bei Käufen, in denen es um Werbeangaben ging, die Ausnahme darstellen sollte. Dies war auch der Grund, weshalb Werbeangaben in Prospekten oftmals nicht den Status einer zugesicherten Eigenschaft erhielten. Auch die Angaben zum Kraftstoffverbrauch eines Neufahrzeugs in einem Wer-beprospekt rechtfertigte nicht die Wertung als Zusicherung175. Abschließend kann aus den gewonnenen Erkenntnissen der divergierenden Ur-teile der Rechtsprechung das Fazit gezogen werden, dass es keine verlässliche Rechtsprechung hinsichtlich der Frage gab, ob es sich bei Werbeangaben um ei-ne zugesicherte Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. handelte. Zwar

170 BGH NJW 1973, 843, 845. 171 BGH NJW 1968, 2238; BGH NJW 1996, 1962; BGHZ 136, 94, 102; LG Köln NJW

1972, 1580. 172 BGH NJW 1968, 2238. 173 BGH NJW 1996, 1962. 174 BGH NJW 1996, 1962, 1963. 175 BGHZ 136, 94, 102. In diesem Fall ging es jedoch um den Prospekt eines KFZ-

Herstellers. Auf die Problematik von unrichtigen Herstellerangaben wird jedoch an spä-terer Stelle eingegangen, vgl. Teil 1 § 2 A V 3.

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wurde in einzelnen Urteilen eine Zusicherung bejaht. Dies insbesondere im Rahmen des Gebrauchtwagenkaufs, da der Käufer in diesen Fällen in besonde-rem Maße auf die Sachkunde des Verkäufers vertraute und daher vom BGH als schutzbedürftig angesehen wurde. Die Problematik resultierte jedoch aus der Tatsache, dass der Käufer bei Käufen, die auf Werbeangaben zurückzuführen waren, nicht davon ausgehen konnte, dass es sich bei diesen um eine zugesicher-te Eigenschaft handelte und ihm im Falle des Fehlens ein Schadensersatzan-spruch aus §§ 459 Abs. 2, 463 a.F. zustehen würde. Der Verbraucher war somit schutzlos den Werbeangaben des Verkäufers ausgesetzt.

b). Ansicht im Schrifttum Auch innerhalb des Schrifttums war die Thematik Gegenstand von unzähligen Diskussionen. Auf der einen Seite gab es mehrere Autoren, die sich für die Be-deutung von Werbeangaben im Rahmen der Gewährleistungsvorschriften aus-sprachen. Nach Schack176 waren im Rahmen der alten Rechtslage Tatsachenbe-hauptungen durch an die Öffentlichkeit gerichtete Werbung jedenfalls nicht schon deshalb irrelevant, weil sie dem Vertragsabschluß vorgelagert waren. Gleichwohl begründeten seiner Ansicht nach bloße Erklärungen an die Öffent-lichkeit nicht schon grundsätzlich eine Haftung gemäß § 459 Abs. 2 a.F. Auch Christoffel war der Ansicht, dass ein Verkäufer, der durch Werbung Qualitäts-erwartungen beim Käufer setze und dadurch Kaufentscheidungen beeinflusse, sich daran, auch ohne dass die Werbeaussage später wiederholt werde, festhalten lassen müsse177. Hiermit lehnte er sich offensichtlich an ein Urteil des OLG Köln178an, in dem entschieden wurde, dass die Erklärung eines KFZ- Händlers in einer Werbeaussage, die von ihm angebotenen Fahrzeuge seien durch Meis-terhand geprüft und TÜV-abgenommen, auch Relevanz im Rahmen des § 459 Abs. 2 a.F. haben könne, wenn sie nicht während der Vertragsverhandlungen widerrufen werde179. So spreche allein die Tatsache, dass diese Informations-vermittlung durch ein Werbemittel, wie Prospekt, Inserat oder auch Fernseh- und Rundfunkwerbung erfolge, nicht dagegen, diese Aussage als zugesicherte Eigenschaft einzustufen. Wie Christoffel richtig feststellte, ist die Bedeutung der 176 SCHACK, Die Zusicherung beim Kauf, AcP 1985, 333, 347. 177 CHRISTOFFEL, Die Garantie im Rahmen kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung,

1984, S. 33. 178 OLG Köln NJW 1972, 172. So auch in einem späteren Urteil, OLG Köln, NJW-RR

1990, 758f. 179 CHRISTOFFEL, Die Garantie im Rahmen kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung,

1984, S. 32. Es bleibt anzumerken, daß für die Einordnung einer Werbeangabe nach § 459 Abs. 2 a.F. zunächst auch die Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere das Merkmal einer Eigenschaft und der Zusicherung, einschlägig sein mussten.

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Werbung im kommerziellen Leben in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen und verlangt deshalb nach einer adäquaten Lösung, wenn es um die Haftung von Werbeangaben geht. Mertens vertrat als weiterer Autor in seiner Abhandlung die Meinung, dass jeder Werbende für Verbrauchererwartungen, die er im Rahmen seiner Absatzstrate-gie erwecke, auch einstehen müsse180. Auch Mezger bekannte sich bereits 1974 zu der Überzeugung, dass der BGH in seiner Rechtsprechung zum Trevira Urteil zu Recht den Verkäufer an seinen Werbeangaben festgehalten habe181. Er un-termauerte seine Ansicht mit der Tatsache, „dass schon de lege lata zumindest im Zusammenhang mit anderen Umständen Werbeangaben als Anknüpfungs-punkt für eine Zusicherung von Eigenschaften gemäß § 459 Abs. 2 a.F. heran-gezogen werden können“182. Lehmann183, der sich in seinem Buch aus dem Jahre 1981 ausführlich mit dem gegenwärtig diskutierten Thema auseinandersetzte, vertrat zwar die Meinung, dass nicht jede Werbeangabe mit Rücksicht auf Inhalt und Umstände als eine zum Schadensersatz verpflichtende „Zusicherung“ zu qualifizieren sei. Gleichwohl solle auch nicht der Grundsatz vertreten werden, dass Werbeangaben keinerlei Bedeutung im Rahmen der Sachmängelvorschrif-ten hätten, denn dies werde dem Stellenwert von Werbung in der Praxis nicht gerecht. Schließlich formulierten Reich, Tonner und Wegener als einige der we-nigen Autoren präzise ihre Zustimmung zur Bindungswirkung von Werbeanga-ben: „Sofern Werbung vom Vertragspartner des Verbrauchers ausgeht, handelt es sich bei (Werbe-) Unterlagen, die den Verbraucher erkennbar zum Vertragsschluss motivieren, um eine zugesicherte Eigenschaft i.S.d. §§ 459 Abs. 2, 463“184. Diese angeführten Ansichten veranschaulichen, dass sich schon vor Jahrzehnten erhebliche Teile des Schrifttums der Problematik von unrichtigen Werbeanga-ben für Verbraucher bewusst waren und manche Autoren ihr eine adäquate Re-levanz zuerkannten. Dies war jedoch meist unabhängig von der Frage, ob Wer-beangaben des Verkäufers als eine Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. eingeordnet werden konnten. Eine eindeutige und präzise Antwort auf diese Fragestellung wurde selten deutlich. Dies mag auch daran liegen, dass sich die Rechtsprechung des BGH nicht auf eine gewisse Linie festlegen ließ und dies das Schrifttum in gewisser Weise beeinflusste. 180 MERTENS, Kollektivrechtlicher Schadensersatz als Mittel des Verbraucherschutzes,

ZHR 1975, 438ff. 181 RGRK, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1974, § 459 Rdn. 21. 182 RGRK, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1974, § 459 Rdn. 21. 183 LEHMANN, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S. 210. 184 REICH/TONNER/WEGENER, Verbraucher und Recht, 1976, S. 170f.

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Im Ergebnis lässt sich also festhalten, dass im Schrifttum, wie auch schon in der Rechtsprechung, unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Haftung des Ver-käufers für unrichtige Werbeangaben deutlich wurden. Es ist weder erkennbar, dass sich weite Teile des Schrifttums geschlossen hinter die Bejahung der Zusi-cherung bei Werbeangaben stellten, noch, dass schon im Grundsatz das Vorlie-gen einer Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. verneint wurde. Somit hatten die Positionen der Rechtsprechung und des Schrifttums eine gemeinsame Konsequenz: die divergierende und vom Einzelfall abhängende rechtliche Beur-teilung von Werbeangaben barg das Risiko der Rechtsunsicherheit für den Verbraucher in sich. Nach der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform hatte der Käufer keine Gewissheit darüber, ob es sich bei der herausgestellten Werbeaus-sage um eine Zusicherung handelte und der Verkäufer für das Nichtvorhanden-sein der angepriesenen Eigenschaft die Gewähr übernehmen wollte oder ob es sich lediglich um eine bloße Warenbeschreibung handelte. Dies hatte auch schon Trinkner185 treffend festgestellt: „...die Gewährleistungsvorschriften ge-ben dem Verbraucher keinen ausreichenden Schutz gegen irreführende Beschaf-fenheitsangaben, da nie mit Sicherheit abzusehen ist, wann eine Werbeangabe als Zusicherung gewertet wird. Wo die Werbeangabe nicht den Status einer Zu-sicherung erreichte, konnte sich der Erwerber im wahrsten Sinne des Wortes nichts dafür kaufen“186. Dass eine solche Regelung im Gesetz fehlte, trug nicht dazu bei, der Rechtsunsicherheit, welcher der Verbraucher sich ausgesetzt sah, entgegenzuwirken. Diese Rechtsunsicherheit ist erst mit der Einführung des neuen § 434 Abs. 1 S. 3 entfallen.

3. Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben des Herstellers

Im vorangegangenen Abschnitt wurde die Frage erörtert, inwiefern der Verkäu-fer im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere aufgrund der Ge-währleistungsvorschriften, für eigene unrichtig geäußerte Werbeangaben haftbar gemacht werden konnte. Bei der Frage lag somit der Schwerpunkt auf dem As-pekt der Haftung für eigene Angaben in der Werbung. Nun ist als Konsequenz eine weitere Frage zu stellen, nämlich, inwiefern der Verkäufer einer bewegli-

185 TRINKNER, Schutz des Verbrauchers vor irreführender Werbung, BB 1975, 1493. 186 Auch Schricker erkannte bereits 1979, daß Werbung als Bezugspunkt im Bürgerlichen

Gesetzbuch praktisch nicht vorkomme und es mehr oder weniger Glückssache sei, ob die dort vorgesehenen Rechtsinstitute adäquat sind oder nicht, in: SCHRICKER, Zur Re-form des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, Schadensersatzansprüche der Ab-nehmer und Rücktritt vom Vertrag bei irreführender und unlauterer Werbung, GRUR 1979, 1, 3.

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chen Sache auch für die Werbeangaben des Herstellers oder eines Dritten nach der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform einzustehen hatte. Diese Thematik war äußerst heikel, denn auch für diesen Fall gab es keine ausdrückliche Rege-lung im Gesetz. Werbemaßnahmen gehen in der arbeitsteilig geformten Wirtschaft oftmals nicht von dem späteren Vertragspartner des Werbeadressaten aus, sondern besonders häufig vom Hersteller oder von anderen am Absatz beteiligten Personen, wie beispielsweise dem Herstellervertreter. Gerade dann, wenn der Hersteller oder Dritte in öffentlichen Äußerungen konkrete Eigenschaften einer Sache bewer-ben, ersetzt dies mehrfach die individuelle Beratung durch den Verkäufer187. Es ist Aufgabe dieses Abschnitts, einen Überblick über die Ansichten hinsichtlich der oben genannten Fragestellung in der früheren Rechtsprechung und Literatur zu geben. Im Trevira Fall sah der BGH die Verwendung des Trevira-Zeichens ausnahms-weise als Bezugnahme auf den vollen Inhalt der Werbeaussage des Herstellers auch hinsichtlich der Produkteigenschaften an188. Schon in seiner Grundsatzent-scheidung zur Produzentenhaftung, dem Hühnerpestfall189, hatte es der BGH je-doch verneint, der Werbung des Herstellers eine haftungsbegründende Kraft im Verhältnis vom Verkäufer zum Käufer beizumessen. Es stimme zwar, dass Werbeaussagen immer bedeutungsvoller würden. Doch dies ändere nichts an der Tatsache, dass ein verständiger Verbraucher in Werbeaussagen des Herstellers grundsätzlich keine Haftungszusage sehen dürfe190. In einem weiteren Urteil entschied der BGH, dass Herstellerangaben, in diesem Fall die Angaben des Herstellers in einer Gebrauchsanweisung, ein bestimmtes Klebeband solle sich leicht entfernen lassen, nicht dem Verkäufer zurechenbar seien191. In dem Fall ging es um ein Klebeband, welches vom Hersteller mit ei-ner Gebrauchsanweisung versehen war, in der Informationen abgedruckt waren, die sich im Nachhinein als falsch herausstellten. Der Händler, der die Kleberol-len verkauft hatte, war nicht der Hersteller der Rollen. Der Käufer richtete sein Schadensersatzbegehren an den Verkäufer, welches ihm jedoch vom BGH ver-wehrt wurde. Der BGH formulierte seine Begründung folgendermaßen: „...dem Händler können Angaben in einer vom Hersteller herrührenden Gebrauchsan-weisung allenfalls dann als stillschweigende Zusicherung zugerechnet werden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass er sich diese Angaben zu eigen 187 So auch REICH/TONNER/WEGENER, Verbraucher und Recht, 1976, S. 138. 188 BGHZ 48, 118. 189 BGHZ 51, 91. 190 BGHZ 51, 91, 100. 191 BGH NJW 1981, 1269.

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macht“. Solche Umstände waren seiner Ansicht nach in dem gegenwärtigen Fall jedoch nicht gegeben192. In diesem Zusammenhang definierte er erstmals, wann sich ein Verkäufer die Aussagen seines Herstellers zu Eigen mache. In Form ei-ner negativen Abgrenzung sei dies nicht der Fall, wenn der Verkäufer die Sache, auf die sich die Werbung des Herstellers beziehe, nur weitergebe. Ein Vergleich mit dem Trevira Urteil sei hier jedoch nicht gegeben, so dass eine Zurechnung der Herstelleraussage im vorliegenden Urteil abzulehnen sei. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass sich der Händler im Trevira Fall auf die Werbung des Herstellers bezogen habe, indem er das spezielle Zeichen des Trevira Stoffes verwendete. Eine solche Bezugnahme war in dem vorliegenden Fall nicht gege-ben. Im Jahre 1998 wurde eine Zurechnung von Herstellerangaben durch den Ver-käufer durch ein weiteres Urteil193 des BGH verworfen. Hintergrund des Falles waren die unrichtigen Werbeangaben eines Herstellerprospekts, in dem mit ei-nem geringen Kraftstoffverbrauch geworben wurde. Der Verbrauch des Pkw war tatsächlich deutlich höher. In diesem Kontext erklärte der BGH, dass gerade dann, wenn sich der Verkäufer als Beleg für seine Angaben auf einen Herstel-lerprospekt oder eine Betriebsanleitung beziehe, dem Käufer klar sein müsse, dass der Verkäufer keine Garantie für die Beschaffenheit eines erst noch zu lie-fernden konkreten Fahrzeugs übernehmen wolle194. Die Rechtsprechung lehnte somit eine Anrechnung der Herstellerangaben zu Ungunsten des Käufers ab, obwohl sich der Händler im Rahmen des Abschlusses des Kaufgeschäfts auf die Angaben des Herstellers bezogen hatte. Der Händler konnte sich dementspre-chend mit der Werbung des Herstellers rühmen und sie zu seinen Gunsten aus-nutzen, wenn die Angaben des Herstellers der Wirklichkeit entsprachen. Stimm-ten die tatsächlichen Beschaffenheiten der Sache nicht mit den in der Werbung angekündigten Gegebenheiten überein, erwuchs dem Händler hingegen kein Nachteil. Diese Rechtsprechung erschien unsachgerecht und ließ die Interessen des Käufers gänzlich außer Betracht. Grundsätzlich kann als Fazit festgestellt werden, dass auch hinsichtlich der Frage, ob dem Verkäufer die unrichtigen

192 BGH NJW 1981, 1269, 1270. In einem früheren Urteil, BGHZ 132, 55, hatte sich der

BGH ebenfalls dahingehend ausgesprochen, daß ein Verkäufer grundsätzlich für Werbe-aussagen des Herstellers zu haften habe, soweit er sich die Aussagen des Herstellers zu eigen mache, beispielsweise dadurch, daß er die Verkaufsverhandlungen aufgrund eines Herstellerprospekts durchführe. Der BGH hatte im Ergebnis, ohne weitere Begründung, ausnahmsweise eine Beschaffenheitsvereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer an-genommen.

193 BGHZ 136, 94, 102. 194 BGHZ 136, 94, 102.

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Werbeangaben des Herstellers aufgrund der alten Rechtslage zurechenbar wa-ren, dem Käufer keine einheitliche und präzise Rechtsprechungslinie vorgege-ben wurde. Fraglich ist, ob es in der Literatur Bestrebungen dafür gab, Händler für die un-richtigen Werbeangaben der Hersteller haften zu lassen. Köndgen195, der sich mit der Haftung für Werbeaussagen detailliert auseinandersetzte, vertrat die An-sicht, dass eine verschuldenslose Haftung für einzelne Werbeaussagen des Her-stellers nicht angemessen sei, wenn der Verkäufer als Werbender sich diese nur zu Eigen mache. Eine solche Haftung für fremde Aussagen sei nicht gerechtfer-tigt, da der Verkäufer die Aussagen unter dem Aspekt der Wahrheit nur bedingt nachprüfen könne. Der Autor begründete die Ablehnung der Zurechnung von Herstellerangaben mit der häufigen Unmöglichkeit des Verkäufers, das Vorhan-densein der in der Werbung angekündigten Merkmale überprüfen zu können. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Verkäufer meist nicht die Kapazitäten besitze, um eine Überprüfung vornehmen zu können, da ihm beispielsweise im Rahmen des Pkw- Kaufs eine Werkstatt fehle bzw. die fachliche Qualifikation. Christoffel schloss sich dieser Ansicht an196. Der Händler müsse sich nicht gene-rell an der Herstellerwerbung festhalten lassen. Es würde ihm sonst faktisch eine Produktbeobachtungspflicht auferlegt, die im Grundsatz nicht bestehe197. Auch Lehmann war der Ansicht, dass Werbeangaben Dritter bzw. eines Herstellers nicht ohne weiteres als eine mit dem Verkäufer getroffene Vereinbarung im Sinne des § 459 Abs. 2 a.F. eingestuft werden könnte198. Denn diese Werbean-gaben seien in vielen Fällen überhaupt nicht Gegenstand der konkreten vertrag-lichen Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer. Daher sei es prinzipiell verfehlt, werbliche Erklärungen der Hersteller den Händlern zurechnen zu wol-len, die diese Produkte an die Letztverbraucher anbieten und absetzen199. Damit stellte sich Lehmann auf die Seite der Händler und brachte zum Ausdruck, dass diese gegenüber den Herstellern schutzwürdig seien. Das alleinige Anbieten und Absetzen der Ware berechtige nicht dazu, dem Verkäufer das Risiko der Haf-tung für unrichtige Werbeangaben aufzubürden. Zwar lassen die Aussagen von Lehmann durch die Verwendung der Wörter „prinzipiell“ und „nicht ohne weite- 195 KÖNDGEN, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 304. 196 CHRISTOFFEL, Die Garantie im Rahmen kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung,

1984, S. 75. 197 CHRISTOFFEL, Die Garantie im Rahmen kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung,

1984, S. 75. Damit bezog er sich auf eine Entscheidung des BGH, vgl. BGH WM 1981, 765, 767.

198 LEHMANN, Vertragsangebot durch Werbung, 1981, S. 188. 199 LEHMANN, Vertragsangebot durch Werbung, 1981, S. 188.

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res“ erkennen, dass er es bereits damals für nicht gänzlich ausgeschlossen hielt, den Verkäufer in einem konkreten Fall für Herstellerangaben haften zu lassen. Doch dies sollte wohl eher die Ausnahme darstellen. Die eben angeführten Ansichten von Köndgen, Christoffel und Lehmann sind nachvollziehbar, da sie es für nicht sachgerecht erachteten, den Verkäufer für jegliche unrichtige Äußerung, auch eines Dritten, haften zu lassen. Wo Autoren das Vorliegen einer Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. durch Äuße-rungen in der Werbung noch mit Einschränkungen im Grundsatz für möglich gehalten haben, ist eine klare Tendenz erkennbar, dass sie eine Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeaussagen des Herstellers ablehnen. Das Argu-ment Christoffels, den Verkäufer aus dem Grunde nicht für Herstellerangaben einstehen zu lassen, weil ihm sonst eine Produktbeobachtungspflicht auferlegt werden würde, die er mangels eigener Kapazitäten häufig nicht erbringen könne, geht jedoch fehl. Denn in der vorliegenden Diskussion geht es nicht um die Ein-führung einer Verschuldenshaftung des Verkäufers und dementsprechende Sorg-faltsstandards, sondern lediglich um das Äquivalenzinteresse des Käufers. Der Käufer sollte aufgrund seiner enttäuschten Erwartungen zumindest sein Geld zu-rückbekommen; und zwar mit den Rechtsbehelfen der Wandelung oder Minde-rung, welche beide vom Verschulden des Verkäufers unabhängig waren. Jene Autoren ließen jedoch in ihren Überlegungen einen immens wichtigen As-pekt außer Betracht. Im Idealfall, nämlich dann, wenn der Käufer, von der Her-stellerwerbung angelockt, einen Kaufvertrag beim Händler abschloss, profitierte der Verkäufer von der Werbung des Herstellers aufgrund des Absatzes des Pro-duktes. Gleichwohl berührte ihn eine falsche Herstellerwerbung nicht, da er sich keiner gesetzlichen Haftung ausgesetzt sehen musste. Dies hatte primär Auswir-kungen auf die Stellung des Käufers, denn ihm war es nur möglich, sich mit sei-nem Vertragspartner auseinanderzusetzen200. Dies war meist der Händler und nicht der Hersteller selbst. Das Bürgerliche Gesetzbuch kannte und kennt noch immer keinen vertraglichen Anspruch des Käufers gegen eine in der Vertrags-kette hinter dem Verkäufer stehenden Person oder gar den Hersteller201. Da in solchen Fällen, der Ansicht der oben genannten Autoren folgend, dem Verkäufer die falschen Angaben des Herstellers nicht zurechenbar waren, konnte sich der Käufer nicht an seinen Vertragspartner halten, um seinen möglichen Schaden zu kompensieren. Der Käufer blieb auf dem Schaden sitzen. Dieses Ergebnis er-schien äußerst ungerecht, da dem Käufer keine rechtlichen Mittel zur Verfügung standen, um sich zur Wehr zu setzen.

200 LEHMANN, Vertragsangebot durch Werbung, 1981, S. 191. 201 EHMANN/RUST, Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, JZ 1999, 853, 862.

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Diese für den Käufer ungerechte Situation brachte auch Schack202 zum Aus-druck: „Unerheblich ist, ob die Werbeerklärungen vom Verkäufer selbst oder aber vom Hersteller stammen. Immer macht sie sich der Verkäufer, der sie nicht widerruft, zu Eigen; er profitiert von ihnen durch gesteigerten Umsatz. Auch wenn der Verkäufer weder Einfluss auf die Erklärung des Herstellers hat noch die Ware untersuchen muss, so werden die Erklärungen doch erst durch den Verkäufer aktiviert, indem er die Ware mit ihren durch Werbung und Verpa-ckung beschriebenen Eigenschaften - womöglich seinerseits wortlos - verkauft“. Nach seiner Auffassung habe der Verkäufer für Aussagen des Herstellers un-zweifelhaft einzustehen, denn im Interesse der Klarheit und Lauterkeit des Ge-schäftsverkehrs ginge es darum, dem Verkäufer nicht zu erlauben, sich in teuren Prozessen dem Käufer gegenüber auf fehlendes Verschulden zu berufen. Auch Lehmann203 scheint Jahre später seine frühere Meinung bezüglich der Verkäu-ferhaftung für Angaben Dritter ins Gegenteil gekehrt zu haben. Er äußert sich nun in ähnlicher Weise wie Schack, wobei er jedoch noch eine Einschränkung hinsichtlich des Status des Verkäufers vornimmt. Seiner Ansicht nach sei zwi-schen einem privaten und einem gewerblichen Verkäufer zu differenzieren. Handle es sich um einen gewerblichen Verkäufer, seien ihm alle öffentlichen Äußerungen des Herstellers, jedes Vertreters des Herstellers und jedes Zwi-schenhändlers der konkreten Absatzkette zuzurechnen, denn der Käufer sei schutzwürdig und müsse auf die öffentlichen Äußerungen aller dieser am Absatz beteiligten Personen vertrauen können204. Diesem Ansatz von Lehman ist zuzu-stimmen, da dem gewerblichen Verkäufer noch ein anderes Netzwerk zur Ver-fügung steht als einer Privatperson. Dieser Meinungsumschwung von Lehmann kann einerseits als Anzeichen dafür gewertet werden, dass in der Literatur schon vor Umsetzung der Richtlinie zu-mindest vage Bestrebungen erkennbar waren, eine Haftung des Verkäufers für Werbeangaben Dritter, insbesondere der Hersteller, zuzulassen. Andererseits waren diese Anzeichen noch nicht sehr ausgeprägt, so dass abschließend festge-stellt werden muss, dass die frühere Rechtsprechung und die überwiegende Lite-raturmeinung eine Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben eines Dritten bzw. eines Herstellers nur zögerlich, bzw. mit erheblichen Einschrän-kungen, bejahten, in weiten Teilen sogar grundsätzlich ablehnten. Das galt im Grundsatz auch für die Haftung des Verkäufers für eigene unrichtige Werbeaus- 202 SCHACK, Die Zusicherung beim Kauf, AcP 1985, 333, 348. 203 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 288. 204 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 288.

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sagen, auch wenn sich das Schrifttum an dieser Stelle noch etwas offener zeigte. Die angeführten Schwierigkeiten, die sich aus dieser Haltung als Konsequenz für den Käufer ergaben, waren jedoch gravierend. Erkannt wurde dies spätestens mit der Einführung des neuen § 434 Abs. 1 S. 3, in dem der Verkäufer nun so-wohl für eigene Aussagen in der Werbung als auch für solche des Herstellers oder seines Gehilfe einstehen muss205.

§ 3 Fazit Teil 1 hatte den Überblick über die allgemeine Sachmängelhaftung im Sinne der §§ 459ff. a.F. zum Gegenstand. Nach einer Untersuchung aller Voraussetzungen des § 459 a.F. und der dogmatischen Einordnung von unrichtigen Werbeanga-ben in das System der Sachmängelhaftung bleibt festzuhalten, dass die frühere Haftung für Sachmängel und auch das Kaufrecht im Allgemeinen unter erhebli-chen Defiziten litt. Die Nichtabstimmung von allgemeinem und besonderem Leistungsstörungsrecht gab häufig Anlass für nicht nachvollziehbare und dem Schein nach willkürliche Lösungsansätze. Damit einher ging auch die Frage, wann ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegen sollte. Die Antwort auf diese Frage hatte immenses Ge-wicht, insbesondere auf der Rechtsfolgenseite, schien sich jedoch nicht an kon-kreten Regeln messen zu lassen. Rechtsunsicherheit des Käufers war die Folge. Außerordentlich schwierig und vage war die Einordnung von unrichtigen Wer-beangaben in das bürgerlichrechtliche Haftungssystem. Grundsätzlich ist anzu-merken, dass Werbeangaben im Rahmen der alten Rechtslage theoretisch den Status des Vertragsinhalts erreichen konnten, doch war dies aufgrund mangeln-der Bezugnahme auf die Werbeangaben in der Praxis meist nicht der Fall. Um einen Anspruch des Käufers aus der Mängelhaftung begründen zu können, hät-ten des Weiteren auch die Voraussetzungen der §§ 459ff. a.F. vorliegen müssen. Doch auch zu diesem Aspekt muss angeführt werden, dass Werbeangaben meist weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch die Zusicherung einer Eigen-schaft darstellten. Auch wenn in seltenen Fällen eine falsche Werbeangabe des Verkäufers oder des Herstellers haftungsrechtliche Konsequenzen auszulösen vermochte, war es doch genau diese Unklarheit, die für den Käufer unerträglich schien. Der Käufer konnte sich in vielen Fällen seiner Rechte nicht sicher sein,

205 Vgl. ausführlich Teil 3 § 7 B.

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und zwar gerade dann nicht, wenn es um das Vertrauen hinsichtlich Werbever-sprechen ging. Da jedoch Werbeangaben in der heutigen Zeit die Beratung durch den Verkäufer oftmals abgelöst haben, wurde der Käufer damit vor schwerwiegende Probleme gestellt und ließ sein Vertrauen in den Rechtsschutz schwinden. Zur Schaffung von Rechtssicherheit erschien es somit unumgäng-lich, eine konkrete Regelung für die Haftung von Werbeangaben im Bürgerli-chen Gesetzbuch zu schaffen. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Hauptmangel der früher geltenden Rechtslage in Bezug auf die Sachmängelhaftung darin lag, dass letztlich nur begrenzt In-formationen in die vertragliche Haftung mit einbezogen wurden. Als Grundsatz galt immer noch „caveat emptor“. Der Käufer musste also von sich aus nach der Sachbeschaffenheit fragen, um eine Zusicherung durchzusetzen. Dass dies aber nicht mehr der Interessenlage bei Massengeschäften des Verbraucheralltags Rechnung trug, zeigen die in diesem Teil veranschaulichten Schwierigkeiten. Es kann daher der Schluss gezogen werden, dass die frühere Rechtslage der Ver-käuferhaftung überarbeitungsbedürftig war, zumal die Produktionstechniken, Vertriebsformen und Absatzmodalitäten sich seit dem Inkrafttreten des Bürger-lichen Gesetzbuchs wesentlich verändert hatten.

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Teil 2: Darstellung und Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimm-

ten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht

§ 4 Darstellung der Richtlinie 1999/44/EG Nachdem im ersten Teil die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeanga-ben und die Sachmängelhaftung im allgemeinen unter Geltung der früheren Rechtslage im Vordergrund stand, beschäftigt sich dieser Abschnitt mit der Dar-stellung und Untersuchung der Richtlinie. Die Richtlinie stellt unter anderem ei-nen Meilenstein für die vorliegende Problematik der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben dar. Das Augenmerk richtet sich daher insbesondere auf Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie. Darüber hinaus soll kurz veran-schaulicht werden, wie die Richtlinie im Zuge der umfassenden Reform des Schuldrechts in das deutsche Recht umgesetzt wurde. Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse in einem Fazit zusammengefasst.

A. Hintergrund und Ziele der Richtlinie Mit den Vorgaben zur Sachmängelhaftung greift die Richtlinie in einen der Kernbereiche des nationalen Zivilrechts ein. Damit hebt sie sich aus dem Kreise der existierenden, das Zivilrecht betreffenden Verbraucherschutzrichtlinien her-aus, die bisher nur eine eher lückenhafte Harmonisierung betrieben haben206. Die Richtlinie ist daher auch von zentraler Bedeutung und trägt wesentlich zur Er-höhung des Verbraucherschutzes bei, welcher nach der Auffassung von Hommelhoff neben dem Gesellschaftsrecht und dem Arbeitsrecht als dritte Säule der Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angesehen wer-den kann207.

I. Hintergrund Die Richtlinie ist das Ergebnis eines umfangreichen Entscheidungsfindungspro-zesses und Gesetzgebungsverfahrens der Europäischen Union. Wesentliche 206 STAUDENMAYER, EG-Richtlinie 1999/44/EG zur Vereinheitlichung des Kaufgewährleis-

tungsrechts, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewähr-leistungsrecht, Reform und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 3 S. 27.

207 HOMMELHOFF, Verbraucherschutz im System des deutschen und europäischen Privat-rechts, 1996, S. 2.

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Vorbereitungsarbeit zur Entwicklung der Richtlinie in ihrer endgültigen Fassung hat die Kommission mit ihrem Vorschlag einer Richtlinie über den Verbrauchs-güterkauf und Verbrauchsgarantien208 geleistet, welchem die Erstellung eines Grünbuchs über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst vom 15. Novem-ber 1993 vorangegangen war209. In diesem Grünbuch werden der damalige Stand der Gewährleistungsrechte der Verbraucher bei Käufen innerhalb der Eu-ropäischen Gemeinschaft untersucht, die nationalen Regelungen einander ge-genübergestellt und Vorschläge zur Lösung problematischer Konstellationen entwickelt. Die Vorschläge der Kommission bezüglich der Sachmängelhaftung sind zum großen Teil in die endgültige Fassung der Richtlinie übernommen worden210. Da jedoch das Schrifttum die Entstehung der Richtlinie bereits aus-führlich dargestellt hat211, ist auf eine detaillierte Auseinandersetzung zur Ent-wicklung der Richtlinie an dieser Stelle zu verzichten. Nach Ausarbeitung der Richtlinie ist sie vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union am 25.5.1999 verabschiedet worden und trat am 7.7.1999 durch die Ver-kündung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft in Kraft212. Sie war von den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bis zum 1.1. 2002 in natio-nales Recht umzusetzen.213

208 Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., ZIP 1996, 1845ff. 209 Grünbuch KOM (93) 509 endg. Das Grünbuch entstand, nachdem der Versuch fehlge-

schlagen war, das Gewährleistungsrecht mit der Richtlinie 93/13/EWG einer harmoni-sierenden Regelung zuzuführen, vgl. MICKLITZ, Ein einheitliches Kaufrecht für Verbraucher in der EG?, EuZW 1997, 229.

210 Eine detaillierte Untersuchung der endgültigen Fassung der Richtlinie erfolgt an späterer Stelle, siehe Teil 2 § 4 C.

211 HONDIUS, Kaufen ohne Risiko: Der europäische Richtlinienentwurf zum Verbraucher-kauf und zur Verbrauchergarantie, ZEuP 1997, 131f.; JUNKER, Vom Bürgerlichen zum kleinbürgerlichen Gesetzbuch- Der Richtlinienvorschlag über den Verbrauchsgüterkauf, DZWir 1997, 271ff.; HÄNLEIN, Die Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchs-güterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, DB 1999, 1641; BRÜGGEMEIER, Zur Reform des deutschen Kaufrechts-Herausforderungen durch die EG-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, JZ 2000, 529; MICKLITZ, Ein einheitliches Kaufrecht für Verbraucher in der EG?, EuZW, 1997, 229ff.; STAUDENMAYER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393.

212 Vgl. ABlEG L 171/12. 213 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 281; nach Art. 249 Abs. 3 EGV sind Richtlinien für jeden Mitgliedstaat hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich. Überlassen sind den innerstaatlichen Stellen lediglich die Wahl der Form und Mittel.

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Anzumerken bleibt nur noch die erstaunlich große Ähnlichkeit der Richtlinie mit dem UN-Kaufrecht (Convention on the International Sale of Goods)214. Wie der Gemeinschaftsgesetzgeber auch mehrfach betonte, war das UN-Kaufrecht das Hauptmodell für die Richtlinie215. Für den Erlass der Richtlinie spielte es eine wesentliche Rolle, dass das internationale Recht, hier das UN-Kaufrecht, auf den Konsumentenkauf nicht anwendbar ist, Art. 2 lit. a UN-Kaufrecht, da es den Gesetzgebern der nationalen Rechtsordnungen überlassen bleiben sollte, Verbraucherschutzvorschriften nach ihrem Ermessen zu erlassen216. Durch die Richtlinie sollten die einzelstaatlichen Gewährleistungsregelungen bezüglich des Verbrauchsgüterkaufs dem UN-Kaufrecht angeglichen werden217. Aufgrund die-ser Tatsache ist es also nicht verwunderlich, dass viele Übereinstimmungen zwi-schen der Richtlinie und dem UN-Kaufrecht zu finden sind. Erwähnenswert ist allerdings das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung zur Relevanz von Werbung und Etikettierung218, welches veranschaulicht, dass auch das UN-Kaufrecht in diesem Punkt ergänzungsbedürftig ist. Da aber die Richtlinie in der gegenwärti-gen Diskussion im Vordergrund stehen soll, ist nicht näher auf das UN-Kaufrecht und seine einzelnen Bestimmungen einzugehen.

II. Ziele Mit der Richtlinie wurden verschiedene Ziele verfolgt. Primärer Zweck war je-doch einerseits die Verbesserung des Binnenmarktes durch Schaffung eines ein-heitlichen Mindestsockels von Verbraucherrechten in der Union, um so das Ver-trauen des Verbrauchers in den freien grenzüberschreitenden Warenverkehr zu stärken, und andererseits die Harmonisierung von nationalen Regelungen auf ei-nem hohen Verbraucherschutzniveau. Die national unterschiedlichen Gewähr-leistungsvorschriften verursachten nach Ansicht der Richtlinienverfasser unein- 214 Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom

11.4.1980, BGBl. 1989 II, 588ff., im Folgenden nur: UN-Kaufrecht. 215 Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., ZIP 1996, 1845, 1847. 216 Staudinger-MAGNUS, Wiener UN-Kaufrecht (CISG), Buch 2, 1999, Art. 2 CISG Rdn. 1,

2; FERRARI, in: SCHLECHTRIEM (Hrsg.), Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl. 2004, Art. 2 Rdn. 7.

217 WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG-Richtlinie- ein Vorteil für die Wirtschaft?, RIW 1997, 899.

218 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn. 34; MEDICUS, Ein neues Kaufrecht für Verbraucher? ZIP 1996, 1925, 1926. Allerdings können Werbeangaben des Verkäufers oder Herstellers zur Auslegung der Parteiverein-barungen auch im UN-Kaufrecht zur Konkretisierung der Vertragsmäßigkeit der Kauf-sache herangezogen werden, vgl. SCHLECHTRIEM, Internationales UN-Kaufrecht, 2. Aufl. 2003, S. 96 Rdn. 134.

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heitliche Absatzmärkte und damit Wettbewerbsverzerrungen219. Die verschiede-nen nationalen Regelungen erzeugten Rechtsunsicherheit für diejenigen, die grenzüberschreitende Kaufgeschäfte tätigen wollten. Einerseits war oftmals un-klar, welches Recht zur Anwendung kam, andererseits stand die Unkenntnis ü-ber das anzuwendende Recht dem Kaufgeschäft im Weg. Das betraf sowohl den Verkäufer als auch den Käufer. Dies führte dazu, dass der Verbraucher womög-lich von dem Kauf einer Ware im EU-Ausland absah, und der Verkäufer hinge-gen darin beeinträchtigt wurde, seine Ware auch in anderen Mitgliedstaaten an-zubieten. Dies war insofern von Bedeutung, als die Möglichkeiten des Verbrau-chers, sich einen Zugang zu Vertriebssystemen in anderen Mitgliedstaaten zu verschaffen, durch die neuen Kommunikationstechnologien erheblich gestiegen waren. Die unterschiedlichen nationalen Regelungen standen jedoch einer Aus-nutzung dieser Möglichkeiten im Wege. Der freie Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und damit die Verwirklichung des Binnenmarktes, Art. 14 Abs. 2 EG, war gefährdet. Mit Rücksicht auf das Subsidiaritätsprinzip einigten sich daher schon die Entwurfsverfasser auf eine auf den Verbraucherschutz aus-gerichtete, partielle Mindestharmonisierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Sachmängelhaftung beim Kauf220. Gemäß Art. 7 der Richtlinie sollte der von der Richtlinie zu gewährende Mindestschutz des Verbrauchers kumula-tiv neben die nationale Gewährleistungsregelung treten. Allerdings war man sich schon bei Entwurf der Richtlinie sicher, dass die Bestimmungen der Richtlinie EU-weit in bestehende Kodifikationen inkorporiert werden sollten, um so eine Rechtszersplitterung zu vermeiden221. Der Mindestschutz des Verbrauchers soll-te derart gesichert werden, dass die Richtlinie ein Mindestmaß an Schutz vor-schrieb, welches nicht unterschritten werden durfte. Es wurde jedoch jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit belassen, auch strengere Vorschriften hinsichtlich des Verbraucherschutzes zu erlassen, wie aus Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie er-sichtlich ist. Außer zur Verwirklichung des Binnenmarktes sollte die Richtlinie der Moderni-sierung der nationalen Schuldrechte dienen und ein Vorbild für die Internationa-lisierung der nationalen Vertragsrechte darstellen222. Diese bezweckte Moderni-

219 Vgl. die Erwägungsgründe zur Richtlinie, ABlEG L 171/12. 220 Richtlinienvorschlag, KOM (95) 520 endg., ZIP 1996, 1845, 1847f. Siehe auch Art. 1

der Richtlinie. 221 KIRCHER, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und -

garantien, ZRP 1997, 290, 291. 222 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einleitung

Rdn. 19.

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sierung des Schuldrechts ist in Deutschland, wie auch in anderen EU Mitglied-staaten, durch eine umfassende Schuldrechtsreform223 erreicht worden.

B. Anwendungsbereich der Richtlinie Wie schon angedeutet, hat die Richtlinie mit Rücksicht auf das gemeinschafts-rechtliche Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 EGV, keinesfalls die Harmonisierung des gesamten kaufrechtlichen Sachmängelrechts zum Gegenstand224. Der Anwen-dungsbereich ist daher in zwei Richtungen, in personeller und sachlicher Hin-sicht, auf bestimmte Aspekte begrenzt. Auf diese Anwendungsbereiche wird im Folgenden näher eingegangen.

I. Personeller Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie beschränkt sich auf Kaufver-träge zwischen Verbrauchern und gewerblichen Verkäufern. Diese Begriffe er-lauben es, sowohl die Verträge zwischen Privaten als auch Verträge zwischen Gewerbetreibenden aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen.

1. Verbraucher Art. 1 Abs. 2 lit. a der Richtlinie fasst unter den Begriff des „Verbrauchers“ jede natürliche Person, die im Rahmen der unter diese Richtlinie fallenden Verträge zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Wichtigstes Merkmal ist also die private Zweckge-bundenheit225. Interessant ist an dieser Stelle die Erkenntnis, dass die Verbrau-cherdefinition im Vorschlag der Kommission226 zunächst anders lautete. Dort wurde ein Verbraucher in dem Sinne definiert, dass er zu einem Zweck handeln müsse, der nicht unmittelbar seiner beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden könne. Dies hieß jedoch nichts anderes, als dass der Käufer die Sache nicht nur

223 Wie zum Beispiel in Großbritannien. Auch dort nahm man die Richtlinie zum Anlaß,

eine umfassende Änderung bestehender Rechtsnormen vorzunehmen. In Schweden be-wirkte die Richtlinie hingegen keine umfassenden Änderungen, da die schwedische Rechtsordnung bereits vor Umsetzung der Richtlinie dem UN-Kaufrecht sehr glich, hierzu näher Teil 2 § 4 C II 2.

224 MATHIESSEN/LINDNER, EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf- Anlaß für eine Reform des deutschen Schuldrechts, NJ 1999, 617, 618.

225 HONSELL, Die EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und ihre Umsetzung ins BGB, JZ 2001, 278.

226 Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., Art. 1 Abs. 2 a), ZIP 1996, 1845, 1849.

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für private, sondern in Einzelfällen auch für gewerbliche Zwecke verwenden konnte. Ein solcher Verbraucherbegriff hätte eine nicht unerhebliche Ausdeh-nung des Anwendungsbereiches der Richtlinie zur Folge gehabt227. Allerdings wurde diese Definition nicht übernommen, da es dem Europäischen Parlament und dem Rat wichtig erschien, die Kohärenz mit den bisherigen in den Verbrau-cherrichtlinien genannten Verbraucherdefinitionen beizubehalten228. Die letzt-endlich in der Richtlinie aufgenommene Definition des Verbrauchers entspricht der klassischen Definition, die schon in vielen Gemeinschaftsakten, wie bei-spielsweise der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln229, der Richtlinie zum Verbraucherkredit230 und in der Haustürgeschäfterichtlinie231 verwendet wur-de232.

2. Verkäufer Unter einem „Verkäufer“ versteht man nach Art. 1 Abs. 2 lit. c der Richtlinie je-de natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Vertrags im Rahmen ih-rer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft. Die Richtlinie regelt somit nur den einseitigen Verbraucherkauf und Handelskauf, nicht aber den beiderseitigen Handelskauf oder den zweiseitigen Verbraucher-kauf233. Dieser Aspekt erklärt sich vor dem Hintergrund, dass Sinn und Zweck der Richtlinie der Schutz des privat handelnden Verbrauchers ist, da dieser meist als der schwächere Vertragspartner einem beruflichen oder gewerblichen Ver-

227 Wolf ist der Ansicht, der Verbraucherbegriff der Richtlinie sei zu vage und allgemein

gehalten. Es sei schwierig, in einzelnen Fällen die Grenze zur beruflichen Tätigkeit zu ziehen; dies würde Rechtsunsicherheit schaffen. Hier bringt die Autorin das Beispiel ei-nes Rechtsanwalts, welcher seine Kaffeemaschine aus der Kanzlei reklamieren möchte. Verbraucher oder Unternehmer? Erst dann, wenn das Verbraucherrecht in einer einheit-lichen Kodifikation aufgehe, sei es angebracht, einen einheitlichen Verbraucherbegriff einzuführen, der sich aus allen bisherigen Verbraucherdefinitionen zusammensetze, in: WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG Richtlinie-Vorteil für die Wirtschaft?, RIW 1997, 899, 900. So auch MEDICUS, Ein neues Kaufrecht für Verbraucher, ZIP 1996, 1925, 1926.

228 STAUDENMAYER, EG-Richtlinie 1999/44/EG zur Vereinheitlichung des Kaufgewährleis-tungsrechts, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewähr-leistungsrecht, Reform und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 3 S. 31.

229 Richtlinie 93/13/EWG, ABlEG L 95/29. 230 Richtlinie 87/102/EWG, ABlEG L 42/48. 231 Richtlinie 85/577/EWG, ABlEG L 372/31. 232 WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG- Richtlinie-ein Vorteil für die Wirtschaft?,

RIW 1997, 899. 233 MATHIESSEN/LINDNER, EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf-Anlaß für eine Re-

form des deutschen Schuldrechts, NJ 1999, 617, 618.

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käufer gegenübersteht. Dieser Aspekt wurde in der Literatur bemängelt234, soll aber an dieser Stelle dahingestellt bleiben.

II. Sachlicher Anwendungsbereich Auch in sachlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich der Richtlinie begrenzt. Die Richtlinie beschränkt sich nur auf Kaufgeschäfte über Verbrauchsgüter. Verbrauchsgüter sind gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. b der Richtlinie bewegliche und körperliche Gegenstände. Die dem § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ähnelnde Definition lässt Wasser, Gas, Strom und Güter, die im Rahmen von Zwangsvoll-streckungsverfahren oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft worden sind, nicht darunter fallen. Auch Immobilien fallen nicht unter die Richtliniende-finition, da es sich dabei naturgemäß nicht um bewegliche Sachen handelt235. In Anbetracht der genannten Voraussetzungen ist erkennbar, dass die Definition der „Verbrauchsgüter“ im Rahmen der Richtlinie der Terminologie einer „be-weglichen Sache“ im deutschen Recht entspricht. Es erscheint fraglich, ob in den Anwendungsbereich der Richtlinie nur „reine“ Kaufverträge oder auch Werkverträge fallen. Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie regelt: „als Kaufverträge im Sinne dieser Richtlinie gelten auch Verträge über die Lie-ferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter“. Dies zeigt, dass nicht nur Kaufverträge im eigentlichen Sinne, sondern auch so genannte Werk-lieferungsverträge von dem Regelungsbereich der Richtlinie erfasst werden. Dies bedeutet, dass im Rahmen der Richtlinie Werklieferungsverträge als Kauf-verträge behandelt werden. Hier ist die schon eingangs angesprochene Tendenz erkennbar, nämlich die Parallelität zum UN-Kaufrecht, da Art. 3 Abs. 1 des UN-Kaufrechts Werklieferungsverträge ebenso in den Anwendungsbereich des in-ternationalen Vertrags einbezieht wie die Richtlinie236.

234 KIRCHER, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und -

garantien, ZRP 1997, 290, 291. 235 Vgl. Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie. 236 HÄNLEIN, Die Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der

Garantien für Verbrauchsgüter, DB 1999, 1641, 1642.

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C. Regelungen der Richtlinie über die gesetzliche Sachmängelhaftung des Verkäufers

Wie schon oben angeführt, regelt die Richtlinie die Sachmängelhaftung nicht umfassend, sondern enthält nur, wie der Titel der Richtlinie schon vermuten lässt, Bestimmungen bezüglich einzelner Aspekte des Verbrauchsgüterkaufs. Geregelt sind in erster Linie die Rechte des Verbrauchers beim Kauf mangelhaf-ter Verbrauchsgüter, allerdings nur insoweit, als die vom Verbraucher an das Produkt geknüpften Erwartungen enttäuscht werden237. Dies sieht Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie ausdrücklich vor. So ist es auch zu erklären, dass Schadensersatz-ansprüche für Mangel- oder Mangelfolgeschäden in der Richtlinie nicht geregelt werden. Insgesamt umfasst die Richtlinie vierzehn Artikel. In Art. 1 sind Geltungsbe-reich und Begriffsbestimmungen der Richtlinie niedergelegt. Art. 2 befasst sich mit dem zentralen Grundsatz der Vertragsmäßigkeit, auf den im nächsten Ab-schnitt näher eingegangen wird. Art. 3 der Richtlinie regelt die Rechte des Käu-fers bei Mängeln. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass sich die Richtlinie am Gattungskauf und nicht mehr am Stückkauf orientiert, was unter anderem daraus geschlossen werden kann, dass die Richtlinie in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Nach-besserung und Ersatzlieferung als Primärsanktion festlegt238. Dieses Recht der Nacherfüllung ist neu. Überdies enthält die Richtlinie eine Regelung über vom Verkäufer oder Hersteller übernommene Garantien in Art. 6 sowie ein Rück-griffskonzept des Letztverkäufers in Art. 4. Schließlich beschäftigt sich die Richtlinie mit der Verjährung von Ansprüchen in Art. 5. Die Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten auf, eine Mindestverjährungsfrist von zwei Jahren einzuführen. Art. 5 Abs. 2 sieht jedoch die Möglichkeit vor, Gewährleistungsrechte des Käu-fers für den Fall auszuschließen, dass er seine Rechte nicht innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis des Mangels bei dem Verkäufer geltend macht. Auffällig ist außerdem, dass die Richtlinie eine Differenzierung zwischen Rechts- und Sachmangel hinsichtlich der Rechtsfolgen, welche nach alter Rechtslage gege-ben war, nicht kennt, so dass für beide Arten des Mangels die Käuferrechte nach Art. 3 der Richtlinie ausgelöst werden239. Neu ist auch, und insbesondere im

237 HÄNLEIN, Die Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der

Garantien für Verbrauchsgüter, DB 1999, 1641. 238 HONSELL, Die EU Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und ihre Umsetzung ins

BGB, JZ 2001, 278, 279. 239 RIEGER, Die Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs, VuR 1999,

287.

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Kontext dieser Arbeit zu betonen, dass die verkaufte Ware mit den in der Wer-bung gemachten Angaben des Verkäufers oder Herstellers übereinstimmen muss, da sie sonst nicht als vertragsgemäß angesehen werden kann. Der Gedan-ke, der hinter der Regelung des Art. 2 Abs. 2 lit.d Var. 3 steht, ist nach der In-terpretation von Grundmann240, dass sich der Kunde de facto bei der Wahrneh-mung der Werbung für den Abschluss eines konkreten Kaufgeschäfts entschei-det. Die Sanktionsnotwendigkeit für die Richtigkeit der Aussagen im Rahmen entgeltlicher Geschäfte schon auf diesen Zeitpunkt zu beziehen, sei daher rich-tig241. Dieser Gedanke von Grundmann ist durchaus nachvollziehbar, da Wer-bung in der heutigen Zeit eine immer größere, ja fast ausschließliche, vertrags-anbahnende Funktion besitzt. Da die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet, erscheint es angebracht, sich auf die Bestimmung der Richtlinie zu konzentrieren, welche die Vorausset-zungen der Verkäuferhaftung für Äußerungen in der Werbung zum Gegenstand hat. Dies ist vorliegend Art. 2 der Richtlinie. Im Hinblick auf die anderen Rege-lungen der Richtlinie ist daher auf die Erörterungen im Schrifttum zu verwei-sen242.

I. Vertragsmäßigkeit als zentraler Begriff der Richtlinie, Art. 2 Abs. 1

Der Begriff der Vertragsmäßigkeit ist einer der zentralen Begriffe der Richtlinie und ein herausragendes Beispiel für die schon erwähnte Tendenz, eine Paralleli-tät mit dem UN-Kaufrecht herzustellen. Wie schon das UN-Kaufrecht, verzich-tet auch die Richtlinie auf den Begriff eines Sachmangels und ebenso auf die Unterscheidung zwischen Fehler und zugesicherter Eigenschaft. Stattdessen wird der Begriff der Vertragsmäßigkeit verwendet, wie Art. 2 der Richtlinie zu entnehmen ist. Nach Art. 2 Abs. 1 ist der Verkäufer verpflichtet, dem Verbrau-cher kaufvertragsgemäße Güter zu liefern. Dies gilt für Gattungs- und Stückkauf

240 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

34. 241 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

34. 242 Eine ausführliche Darstellung der Richtlinie u.a. bei BRÜGGEMEIER, Zur Reform des

deutschen Kaufrechts-Herausforderungen durch die EG-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, JZ 2000, 529ff.; MICKLITZ, Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, EuZW 1999, 485ff.; MEDICUS, Ein neues Kaufrecht für Verbraucher?, ZIP 1996, 1925ff.; WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG-Richtlinie-Ein Vorteil für die Wirtschaft?, RIW 1997, 899ff.; EHMANN/RUST, Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, JZ 1999, 853ff.; STAUDENMAYER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393ff.

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gleichermaßen243. Der Grundsatz der Vertragsmäßigkeit entspricht zugleich dem Fehlerbegriff in Art. 35 des UN-Kaufrechts244. Im Rahmen der Richtlinie ist die Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 einerseits von solch zentraler Bedeutung, weil sie den Anknüpfungspunkt für die Haftung des Verkäufers aus Art. 3 der Richtlinie darstellt. Andererseits ist sie von außerordentlicher Relevanz, weil „der Grund-satz der Vertragsmäßigkeit als gemeinsame Basis der unterschiedlichen einzel-staatlichen Rechtstraditionen betrachtet werden kann“, wie es die Kommission schon in ihrer Begründung zum Richtlinienvorschlag formulierte245. Man könnte sich allerdings fragen, was der Richtlinienverfasser konkret, unab-hängig vom UN-Kaufrecht, mit dem Begriff der „Vertragsmäßigkeit“ gemeint hat? Handelt es sich hierbei nicht um eine sehr allgemeine Formulierung ohne „Ausfüllung“ mit konkretem Inhalt? Es ist offensichtlich, dass bei einem Ver-trag die Vertragsmäßigkeit einer Sache geschuldet wird. Dies besagt schon der Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“, welches das Prinzip jeder auf Güteraus-tausch gerichteten Wirtschaft ist. Auffällig ist auch, dass keine Ansätze in der Literatur erkennbar sind, die abstrakte Formulierung der Vertragsmäßigkeit mit Inhalten zu füllen. Es werden lediglich die Parallelen zum UN-Kaufrecht aufge-zeigt. Aus der allgemein gehaltenen Begrifflichkeit kann aber auch abgeleitet werden, dass der Richtlinienverfasser es bewusst vorgezogen hat, eine abstrakte Formulierung zu wählen. Denn so war es bei der Umsetzung der Richtlinie in den jeweiligen Ländern weniger problematisch, diese neue Begrifflichkeit in das nationale, bereits bestehende Recht zu integrieren. Wie Kunkel richtig feststellt, kann sich unter dem abstrakten Begriff der „Vertragsmäßigkeit“ jeder Mitglied-staat wieder finden246. Es ist jedoch auch nicht außer Acht zu lassen, dass die Verfasser im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie statuieren, dass zum Schut-ze des Verbrauchers neben dem Grundsatz der Vertragsmäßigkeit zusätzliche innerstaatliche Bestimmungen möglich und auch nötig seien. Dies kann wieder-um dafür angeführt werden, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in keiner Weise an die Begrifflichkeit der „Vertragsmäßigkeit“ ge-bunden sein sollten, sondern sich ihrer hergebrachten Vertragsbegriffe und er-gänzenden Vorschriften bedienen konnten. Dies kann daher als weiterer Grund 243 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn. 1. 244 KAINER, Die Verbrauchsgütergewährleistungsrichtlinie und ihre Umsetzung in das deut-

sche Recht, AnwBl 2001, 380, 383; Art. 35 UN-Kaufrecht ist allerdings etwas präziser im Wortlaut: „...Ware...die...den Anforderungen des Vertrages entspricht“.

245 Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., Art. 2 Abs. 1, ZIP 1996, 1845, 1850. Diese Argumentation findet sich auch im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie wieder.

246 KUNKEL, Zu bestimmten Aspekten des Sachmangels, der Haltbarkeitsgarantie und der Nacherfüllung, Diss. Würzburg 2004, S. 23, im Erscheinen.

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dafür angesehen werden, dass eine solch vage Begrifflichkeit der „Vertragsmä-ßigkeit“ gewählt wurde. Es scheint, als habe der europäische Gesetzgeber vo-rausgesehen, dass bei der Umsetzung in die nationalen Rechtsordnungen ohne-hin andere Begrifflichkeiten gewählt bzw. alte beibehalten werden würden247. Letztlich bleibt die konkrete inhaltliche Auslegung des Begriffes jedoch dem EuGH vorbehalten. Natürlich entzieht sich der Richtliniengeber dadurch eines Großteils seiner Verantwortung. Allerdings ist die Rechtsfortbildung auch Teil der Rechtsprechung, weshalb die vage Formulierung gerechtfertigt werden kann248. Mit dem Begriff der Vertragsmäßigkeit wird bestimmt, welche Qualität die Kaufsache haben muss. Dafür sind vorrangig die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien entscheidend249. Dies geht aus dem Wortlaut „dem Kaufvertrag ge-mäße Güter“ hervor und entspricht dem heute vorherrschenden subjektiven Feh-lerbegriff250. Der Begriff der Vertragsmäßigkeit wird für den Fall, dass keine Vereinbarung der Parteien gegeben ist, durch Absatz 2 des Art. 2 der Richtlinie näher konkretisiert. Art. 2 Abs. 2 zählt zu diesem Zweck Fälle auf, in denen die Vertragsmäßigkeit der Kaufsache vermutet wird. Durch die nähere Konkretisie-rung bekommt der subjektive Charakter der Vertragsmäßigkeit auch eine objek-tive Komponente, wie zum Beispiel durch die Haftung für Werbeaussagen oder die Eignung des Verbrauchsguts für gewöhnliche Zwecke251. Denn wie Wolf und Kircher treffend feststellen, setzen diese Merkmale keine entsprechende Verein-barung der Parteien voraus252.

247 Wie zum Beispiel bei der Umsetzung in Deutschland. Die Vorschriften der §§ 433ff.,

sprechen weiterhin vom Sachmangelbegriff und nicht von „Vertragsmäßigkeit“. 248 KUNKEL, Zu bestimmten Aspekten des Sachmangels, der Haltbarkeitsgarantie und der

Nacherfüllung, Diss. Würzburg, 2004, S. 23, im Erscheinen. 249 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 282. 250 Siehe Teil 1 § 2 A I 2. 251 SCHLECHTRIEM, Die Anpassung des deutschen Rechts an die Klausel Richtlinie und den

Richtlinienvorschlag zum Verbraucherkaufrecht, ZSR 1999, 335, 347. Auf die Haftung für Werbeangaben des Verkäufers oder Herstellers wird an späterer Stelle ausführlich eingegangen, vgl. Teil 2 § 4 C II 2 b).

252 WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG-Richtlinie-Vorteil für die Wirtschaft?, RIW 1997, 899, 900. KIRCHER, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über den Verbrauchsgüter-kauf und -garantien, ZRP 1997, 290, 292.

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II. Die Vermutungsregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie

Sind keine besonderen Eigenschaften der Kaufsache zwischen den Parteien ver-einbart worden, so greift, wie schon oben angeführt, die Vermutungsregelung nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie ein. Es ist wichtig anzumerken, dass es sich bei den Merkmalen des Absatzes 2 nicht, jedenfalls nicht grundsätzlich, um Bedin-gungen der Vertragsmäßigkeit, sondern eben nur um Vermutungen der Ver-tragsmäßigkeit handelt. Wird im Gegensatz dazu die Vertragswidrigkeit der Kaufsache vermutet, wenn die Ware nicht den in den lit. a-d niedergelegten Anforderungen entspricht? Da-zu haben die Richtlinienverfasser nicht ausdrücklich Stellung bezogen. Aller-dings ist nicht von der Hand zu weisen, auch unter Betrachtung des Erwägungs-grundes acht der Richtlinie, dass die Vermutungen formuliert worden sind, um eine Bestimmung der Vertragswidrigkeit der Kaufsache zu erleichtern253. Dar-über hinaus ist in Absatz 3 des Art. 2 formuliert: „Es liegt keine Vertragswidrigkeit im Sinne dieses Artikels vor, wenn...“. Diese Formulierung gibt ebenfalls zu erkennen, dass es sich bei dem vorangegangenen Absatz gleichwohl um Kriterien zur Bestimmung der Vertragswidrigkeit han-delt. Da die Formulierungen der Merkmale des Absatzes 2 sich zum großen Teil an Art. 35 Abs. 2 des UN-Kaufrecht anlehnen, kann bei der Auslegung der Vermu-tungsmerkmale auch auf die Grundsätze des UN-Kaufrechts verwiesen wer-den254.

253 STAUDENMAYER, EG-Richtlinie 1999/44/EG zur Vereinheitlichung des Kaufgewährleis-

tungsrechts, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewähr-leistungsrecht, Reform und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 3 S. 34; Honsell geht in nicht überzeugender Weise davon aus, daß Art. 2 eine weitschweifige und relativ beliebige Vermutung der Vertragsmäßigkeit beschreibe. Obwohl es das Ziel der Regelung sei festzulegen, daß die Ware bei Nichtvorliegen dieser Tatbestände ver-tragswidrig sei, entfalle nach der gewählten Formulierung nur die Vermutung der Ver-tragsmäßigkeit, was jedoch nicht zwangsläufig Vertragswidrigkeit bedeute, in: HONSELL, Die EU Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und ihre Umsetzung ins BGB, JZ 2001, 278, 289. Honsell läßt dabei jedoch Erwägungsgrund acht der Richtlinie außer Betracht, in dem es u.a. heißt „...können die in dieser Vermutung genannten Ele-mente verwendet werden, um die Vertragswidrigkeit der Waren zu bestimmen“.

254 LEHR/WENDEL, EU Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf und -garantien, EWS 1999, 321, 322.

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1. Vermutungsmerkmale lit.a- lit.c Im Einzelnen wird die Vertragsmäßigkeit nach Art. 2 vermutet, wenn die Ware der mitgelieferten Beschreibung oder Proben des Verkäufers entspricht (lit. a), sich zu einem vom Verbraucher angestrebten und vertraglich konsentierten Zweck eignet (lit. b) oder aber sich für die gewöhnlichen Zwecke eignet (lit. c). Die Vermutungen, welche in lit. a und lit. c festgehalten sind, sind dabei Vor-schriften, die bereits aus den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen bekannt sind255. Da diese Bestimmungen keine Neuerungen darstellen, ist hier auf eine Untersuchung einzelner Merkmale der jeweiligen Vorschrift zu verzichten.

2. Informationsverantwortung des Verkäufers, lit. d der Richtlinie

Neu ist allerdings, wie auch vorwiegend in den anderen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen, die Regelung des Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie256. Dieser Buchstabe besagt, dass die Vertragsmäßigkeit bei Kaufsachen vermutet wird, welche „eine Qualität und Leistungen aufweisen, die bei Gütern der gleichen Art üblich sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn die Beschaffenheit des Gutes und gegebenenfalls die insbesondere in der Werbung oder bei der Etikettierung gemachten öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder dessen Vertreters über die konkreten Eigenschaften des Gu-tes in Betracht gezogen werden“257. Allerdings ist an dieser Stelle hervorzuhe-ben, dass eine solche Regelung der Haftung des Verkäufers für unrichtige Wer-beangaben in mancher Rechtsordnung bereits vor Umsetzung der Richtlinie ver-ankert war. Als erwähnenswertes Beispiel ist hier Schweden zu nennen. Dort hat der Gesetzgeber bereits im Jahre 1990 im Zuge einer Reform eine solche Rege-lung in § 18 des schwedischen Kaufrechts, so genanntes „köplag“, und darüber hinaus in § 19 des speziellen Verbrauchergesetzes, das so genannte „konsu-

255 STAUDENMAYER, EG-Richtlinie 1999/44/EG zur Vereinheitlichung des Kaufgewährleis-

tungsrechts, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewähr-leistungsrecht, Reform und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 3 S. 34; Siehe auch Erwägungsgrund sieben der Richtlinie: „Der Grundsatz der Vertragsmäßig-keit kann als gemeinsames Element der verschiedenen einzelstaatlichen Rechtstraditio-nen betrachtet werden“.

256 STAUDENMAYER, Die EG Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393, 2394.

257 Die Kommission verzichtete in Art. 2 Abs. 2 lit. d des Richtlinienvorschlags, KOM (95) 520 endg., auf eine konkrete Formulierung der „Werbung“; doch scheint auch nach dem Vorschlag bereits die Werbung der maßgebliche Anwendungsfall der „betreffenden öf-fentlichen Äußerungen“ gewesen zu sein.

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mentköplag“, zum Schutze des Verbrauchers niedergelegt258. Da das schwedi-sche Kaufrecht und im besonderen das schwedische Verbraucherkaufrecht be-reits vor Umsetzung der Richtlinie eine Regelung für die Haftung des Verkäu-fers für eigene unrichtige Werbeangaben und solche eines Dritten kannte, brach-te die Implementierung unter dem Aspekt der Haftung für Werbeangaben, ganz im Gegensatz zur deutschen Rechtslage, keine nennenswerten Neuerungen259. Wie bereits an früherer Stelle angemerkt, galt das UN-Kaufrecht als Vorbild für die Richtlinienverfasser. Da jedoch dieses Rechtssystem, wie auch die frühere deutsche Rechtsordnung, keine ausdrückliche Regelung für die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben enthält, kann nicht davon ausgegangen 258 Das schwedische Kaufrecht entstand im Zuge des Entwurfs eines gemeinsamen nordi-

schen Kaufgesetzes zwischen Dänemark, Island, Norwegen und Schweden im Jahre 1905. Wie bereits in der vorliegenden Arbeit angemerkt, traten über Jahre hinweg Ver-änderungen des Käuferverhaltens auf, welche auf die veränderten Verhältnisse der in-dustriellen Produktionsart und der Organisation des Warenvertriebs zurückzuführen wa-ren. Auch das schwedische Gesetz von 1905 entsprach immer weniger dem eigentlichen Verhalten von Käufer und Verkäufer beim Kauf. Auf diese Diskrepanz zwischen Gesetz und Praxis reagierte der schwedische Gesetzgeber im Gegensatz zum deutschen Gesetz-geber bereits 1990 mit der Reform des Kaufgesetzes und, darüber hinaus zum Schutze des Verbrauchers, des Verbrauchergesetzes, welches 1973 verabschiedet worden war. Vgl. mit weiterführenden und ausführlichen Hinweisen zum schwedischen Kaufrecht, LAMBERTZ, in: STRÖMHOLM (Hrsg.), Svensk rätt-en översikt, 2001, S. 227ff.; MALMSTRÖM/AGELL (Hrsg.), Civilrätt, 19. Aufl. 2005, S. 130ff.; HERRE, Den nya kon-sumentköplagen, 2. Aufl. 1991, S. 45ff.; ALMÈN/NEUBECKER, Das skandinavische Kauf-recht, Bd. II, 1922, Vor § 42, S. 1 ff.

259 Umgesetzt wurde die Richtlinie unter anderem mit Reform des Verbraucherkaufgesetzes „lag om ändring i konsumentköplagen“ (SFS 2002: 587) vom 1.7. 2002, vgl. SCHERMAIER (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa, 2003, S. 501. Die Änderungen hin-sichtlich der Regelung der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben be-schränkten sich jedoch primär auf die Ausschlußgründe des Verkäufers, auf die an spä-terer Stelle ausführlich eingegangen wird, vgl. Teil 2 § 4 C II 2 c). Auch im Wortlaut ähnliche Ausschlußgründe waren im Rahmen der früheren schwedischen Rechtslage in Abs. 1, 2 und 3 des § 19 des Verbraucherkaufgesetzes zu finden. Im Zuge der Umset-zung der Richtlinie wurden die drei Ausschlußgründe im Wortlaut lediglich geringfügig geändert und insgesamt in Abs. 3 niedergelegt. Ansonsten waren die Neuerungen der Vorschriften durch die Umsetzung der Richtlinie im schwedischen Kauf- und Verbrau-cherkaufrecht wohl eher von geringer Bedeutung, vgl. die Gesetzesbegründung (Propo-sition) zum neuen Verbraucherkaufgesetz, Prop. 2001/02: 134, abrufbar auf der Inter-netseite des schwedischen Reichstages:

www.rixlex.riksdagen.se/htbin/thw?${HTML}=PROP_LST&${OOHTML}=PROP_DOK&${SNHTML}=PROP_ERR&${MAXPAGE}=26&${CCL}=define+reverse&${TRIPSHOW}=format=THW&${BASE}=PROPARKIV0102&${FREETEXT}=&PRUB=&DOK=&PNR=134&ORG= (letzter Zugriff am 10.2.2006).

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werden, dass sich die Richtlinienverfasser für die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie ebenfalls am UN-Kaufrecht orientierten. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass § 18 des Kaufgesetzes bzw. § 19 des Verbrau-cherkaufgesetzes von 1990, unter anderen Rechtsordnungen, als Vorbild für die Richtlinienbestimmung herangezogen wurde. Die Ansichten im Schrifttum über die Bewertung des Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie sind geteilt. Nach Micklitz ist die Vorschrift insbesondere deswegen innovativ, weil sie auch Werbeäußerungen Dritter genügen lässt, um die Ver-tragsmäßigkeit bzw. Vertragswidrigkeit einer Sache zu konkretisieren260. Kir-cher261 beispielsweise lehnt die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie gänzlich ab. Seiner Ansicht nach werde durch diese Bestimmung die Unterscheidung zwischen einer allgemeinen Anpreisung und einer Willenserklä-rung aufgegeben. Es sei widersprüchlich, dass ein solches objektives Kriterium dafür sorge, die Vertragsmäßigkeit einer Sache zu bestimmen. Darüber hinaus bestehe kein schutzwürdiges Interesse für einen naiven Verbraucher, der glaube, dass ein Händler durch den Abschluss eines Kaufvertrags die volle Haftung für alle Werbe- und sonstigen Angaben des Herstellers übernehmen wolle. Diese Ansicht ist jedoch nicht nachvollziehbar. Kircher verkennt, dass unter lit d. Var. 3 nur solche Äußerungen subsumiert werden sollen, die auf eine konkrete Ei-genschaft schließen lassen, sich also nicht in Anpreisungen ohne Tatsachenge-halt erschöpfen, und daher eine Aufhebung zwischen einer allgemeinen Anprei-sung und einer Willenserklärung nicht stattfindet262. Zu diesem Schluss kommt auch Schmidt-Räntsch: „Vielfach wird ernsthaft angenommen, es werde nach der Richtlinie jede Abweichung von noch so blumigen Werbeaussagen zu einem Sachmangel. Das ist nicht der Fall. Zu einem Sachmangel führt nur die Abwei-chung von Herstelleraussagen, die sich zu konkreten Eigenschaften des Produkts äußern“ 263. Schmidt-Räntsch widerspricht jedoch Micklitz in dem Punkt, dass die Haftung für Werbeangaben ein innovatives Element darstelle. Denn auch nach alter Rechtslage seien solche Angaben bereits Gegenstand umfassender

260 Dies unterstreicht Micklitz in: MICKLITZ, Die Verbrauchsgüterkauf- Richtlinie, EuZW

1999, 485, 486. 261 KIRCHER, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und -

garantien, ZRP 1997, 290, 292. 262 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

37. 263 SCHMIDT-RÄNTSCH, Zum Stand der Kaufrechtsrichtlinie, ZIP 1998, 849, 851; DERS.,

Gedanken zur Umsetzung der kommenden Kaufrechtsrichtlinie, ZEuP 1999, 294, 295; so auch LEHR/WENDEL, Die EU-Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf und -garantien, EWS 1999, 321, 323.

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Rechtsprechung gewesen. Dies ist nicht von der Hand zu weisen, denn, wie in Teil 1 ausführlich dargestellt, wurde schon unter Geltung der früheren Rechtsla-ge darüber diskutiert, ob die Abweichung des Kraftstoffverbrauchs von weniger als 10% von den Herstellerangaben als Sachmangel zu behandeln sei264. Der BGH bejahte sogar einen Sachmangel für den Fall, dass der tatsächliche Kraft-stoffverbrauch erheblich über dem angegebenen Verbrauch lag265. Gleichwohl muss der Ansicht in dem Sinne widersprochen werden, dass die Rechtsprechung bereits im Rahmen der früheren Rechtslage grundsätzlich einen Sachmangel an-nahm, wenn es sich um unrichtige Werbeangaben handelte. Dies war, wie be-reits ausgeführt, nicht der Fall. Darüber hinaus ist zu trennen einerseits zwischen einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz bzw. vorliegend der Bestimmung ei-ner Richtlinie und andererseits der Rechtsprechung. Tatsache ist, dass sich keine ausdrückliche Regelung zur Haftung für Werbeangaben, ob nur für eigene Aus-sagen des Verkäufers oder sogar für Aussagen des Herstellers, im Gesetz finden ließ. Insofern ist Micklitz zuzustimmen, dass die Haftung für Werbeangaben in Form einer ausdrücklichen Regelung als innovativ anzusehen ist. Schubel266 hingegen sieht die grundsätzliche Einbeziehung von unrichtigen Werbeangaben in den Vertragsmäßigkeitsbegriff des Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie kritisch. Dabei beruft er sich auf einen oft genannten Werbespot, in dem ein Opel Astra frontal auf eine Mauer prallt und aus dem Wagen eine lächelnde Claudia Schif-fer aussteigt. Dieses Beispiel sei nach früherer Rechtslage immer für den Fall von Werbung ohne Aussagecharakter herangezogen worden. Zwar werde mit der Richtlinie nach wie vor zwischen einer allgemeinen Anpreisung und einer ernsthaften, konkreten Werbeaussage unterschieden. Das Beispiel beweise letzt-lich aber auch, wie schwierig die Abgrenzung von Werbung ohne Aussagecha-rakter und konkreten Angaben sei. Jedem Käufer sei klar, dass aus einem ge-kauften Opel Astra keine Claudia Schiffer aussteige. Aber hinsichtlich der Si-cherheit des Wagens könnten Fehleinschätzungen des Käufers die Folge sein, d.h. die Erwartungen des Käufers könnten aufgrund des Werbespots dahin ge-hen, dass der Fahrer des Opels unversehrt bleibe, selbst wenn er mit relativ ho-her Geschwindigkeit frontal gegen eine Mauer pralle. Schubel267 ist der Ansicht,

264 Hierzu ausführlich Teil 1 § 2 A V 3. 265 BGHZ 132, 55ff. 266 SCHUBEL im Rahmen des Diskussionsberichtes von SCHWARTZE, in:

GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, Re-form und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 18 S. 350.

267 SCHUBEL im Rahmen des Diskussionsberichtes von SCHWARTZE, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, Re-form und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 18 S. 350.

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dass solche Erwartungshaltungen der Käufer aufgrund der neuen Richtlinienre-gelung zu weiteren Problemen führen könnten. Wolf268 formuliert, wenn auch vorsichtig, ihre Zustimmung zur Regelung des Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie. Ihrer Ansicht nach sei es durchaus ge-rechtfertigt, den werbenden Verkäufer im Rahmen des Gewährleistungsrechts an die öffentlichen Äußerungen über die Beschaffenheit der Kaufsache zu binden. Die Kommission trage mit dieser Vorschrift lediglich dem Umstand in der Pra-xis Rechnung, dass sich die Käufer in den meisten Fällen ihre Informationen hinsichtlich eines Produktes ohnehin aus der Präsentation der Ware durch den Anbieter, sprich aus der Werbung, beschaffen. Insbesondere beim Erwerb kurz-lebiger Gebrauchsgüter habe die Medienwerbung einen hohen Stellenwert. Die-se Ansicht überzeugt. Schon die Ausführungen im ersten Teil dieser Arbeit ha-ben gezeigt, welche Probleme mit unrichtigen Werbeangaben verbunden waren. Der Käufer war nie davor gefeit, dass die Rechtsprechung den jeweiligen Ein-zelfall unterschiedlich beurteilen würde. Dies barg für den Käufer ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Gerade dieser Rechtsunsicherheit konnte mit der Regelung des Art. 2 Abs.2 lit. d Var. 3 der Richtlinie begegnet werden.

a). Die Üblichkeit der Qualität und Leistung (Var. 1) und die vernünftigen Erwartungen des Käufers (Var. 2)

Wie die vorhergehenden Vermutungsmerkmale, stellt auch lit. d Kriterien zur vertragsgemäßen Beschaffenheitsbestimmung der Kaufsache auf. Die Formulie-rung von Art. 2 Abs. 2 lit. d wird mit der Vermutung eingeleitet, dass Verbrauchsgüter vertragsgemäß sind, wenn sie „eine Qualität und Leistungen aufweisen, die bei Gütern der gleichen Art üblich sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann...“. Dieser Anfang von lit. d kann als Auffang-tatbestand zu lit. c aufgefasst werden, da lit. d alle sonstigen Fälle, neben der gewöhnlichen Zwecktauglichkeit, erfasst269. Lit. c legt wiederum fest, dass eine Sache dann vertragsgemäß ist, „wenn sie sich für Zwecke eignet, für die Güter der gleichen Art gewöhnlich gebraucht werden“270. Diese Bestimmung statuiert also die Eignung zum üblichen Zweck, wohingegen lit. d Var. 1 auf die sonsti-gen üblicherweise als relevant angesehenen Qualitäten und Leistungen abstellt. Darunter fallen auch die Angaben in der Werbung, welche zur näheren Konkre- 268 WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG-Richtlinie - Vorteil für die Wirtschaft?, RIW

1997, 899, 900. 269 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

28. 270 Auch in lit. c ist eine Parallele zum UN-Kaufrecht zu sehen, da Art. 35 Abs. 2 lit. a UN-

Kaufrecht eine ähnliche Formulierung enthält.

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tisierung der Qualität des Verbrauchsgutes herangezogen werden sollen, lit. d Var. 3. Sowohl bei der Eignung zum üblichen Zweck als auch beim Vorliegen weiterer üblicher Qualitäten handelt es sich um Kriterien der objektiven Stan-dardbestimmung der Beschaffenheit271, wohingegen lit. a und b auf subjektive Aspekte abstellen. Was unter dem Begriff „üblich“ zu verstehen ist, geht weder aus lit. c noch aus lit. d Var. 1 hervor. Nach Grundmann kommt es bei der Üblichkeit auf die An-sicht des Verkehrskreises im betreffenden Markt an, also je nachdem, was in den jeweiligen nationalen Verkehrskreisen als üblich angesehen wird272. Dies er-scheint nachvollziehbar. Da es in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche Wertbe-stimmungen dafür gibt, was üblich ist, gibt es keinen EU-einheitlichen Maßstab. Auch der Preis ist als Indiz für die Üblichkeit der Qualität eines Gutes diskutiert worden273. Letztlich ist dies aber nicht in die Richtlinie aufgenommen worden, da der Preis innerhalb einer Marktwirtschaft mit Preisfreiheit keine objektive Standardbestimmung mehr darstellen kann274. Als weiteres Kriterium zur Bestimmung der Vertragsmäßigkeit stellt lit. d auf die vernünftigen Erwartungen des Verbrauchers ab. Was ist unter „vernünftigen Erwartungen“ zu verstehen? Schon im Grünbuch hatte die Kommission den Vorschlag unterbreitet, den Sachmangel275 als „Nichtübereinstimmung des Verbrauchsguts mit den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers“ zu definie-ren. Die Kommission wollte mit diesem Vorschlag erreichen, dass eine Parallele zum Fehlerbegriff der Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte276 gezogen wird, welcher die subjektiven Erwartungen des Verbrauchers dahinge-hend überprüft, ob diese Erwartungen auch objektiv berechtigt sind277. Aller-dings wurde das Kriterium der „berechtigten Erwartungen“ zunächst nicht in 271 SCHLECHTRIEM, Die Anpassung des deutschen Rechts an die Klausel Richtlinie und den

Richtlinienvorschlag zum Verbraucherkaufrecht, ZSR 1999, 335, 347. 272 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

26. 273 Im Richtlinienvorschlag, KOM (95) 520 endg., war in Art. 2 Abs. 2 lit. d der Preis als

Kriterium der Qualität noch verankert, siehe ZIP 1996, 1845, 1850. 274 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

27. 275 Im Grünbuch wurde noch der Terminus „Sachmangel“ favorisiert, wohingegen bereits

im Richtlinienvorschlag der Begriff „Vertragsmäßigkeit“ festgelegt wurde, siehe dazu Grünbuch KOM (93) 509 endg., S. 109 und Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., ZIP 1996, 1845, 1850.

276 Richtlinie 85/374/EWG, ABlEG L 210/29. 277 SCHNYDER/STRAUB, Das EG-Grünbuch über Verbrauchsgarantien und Kundendienst-

Erster Schritt zu einem einheitlichen EG-Kaufrecht?, ZEuP 1996, 8, 16.

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den Richtlinienvorschlag278 übernommen. Zur Begründung wurde angeführt, dass das allgemeine Prinzip der „Vertragsgemäßheit“ eine Vielzahl von Verhal-tensweisen abdecke, was den Aspekt der berechtigten Erwartungen des Verbrau-chers entbehrlich mache. Darüber hinaus sei eine solche Formulierung auf Seite der Gewerbetreibenden auf Ablehnung gestoßen279, so dass man sich letztlich gegen die „berechtigten Erwartungen“ und für die „Vertragsmäßigkeit des Verbrauchsguts“ entschied. Das Grundsatzprinzip der Vertragsmäßigkeit wurde wiederum in die endgültige Fassung der Richtlinie übernommen, und auch die „Erwartungen“ des Verbrauchers haben ihren Platz in Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 2 gefunden. Allerdings wurde der Vorschlag der Kommission nicht vollständig übernom-men, denn statt der „berechtigten“ wurde die Formulierung der „vernünftigen“ Erwartungen in der Richtlinie niedergelegt280. Verwunderlich ist dennoch, dass auch an dieser Stelle keine Begründung dafür angeführt wurde, was unter dem Begriff der „vernünftigen“ Erwartungen eines Verbrauchers zu verstehen ist, denn dieser Terminus ist ohne Zweifel auslegungsbedürftig. Im Rahmen dieser Diskussion ist es sicherlich von Bedeutung, mit welchem Maßstab der Erwar-tungshorizont des Verbrauchers gemessen wird. Denn dies wirkt sich wiederum darauf aus, unter welchen Umständen der Verbraucher die Ware noch als ver-tragsgemäß ansehen kann. Da es sich jedoch um eine europäische Richtlinie handelt, liegt der Schluss nahe, diesen Begriff im Lichte des Gemeinschafts-rechts auszulegen. Auch Lehmann ist der Ansicht, dass an dieser Stelle das Verbraucherleitbild des Gemeinschaftsrechts wegweisend ist281. Dieses gemein-schaftsrechtlich geprägte Verbraucherleitbild stellt auf den Verständnishorizont

278 KOM (95) 520 endg. 279 Siehe Begründung zu Art. 2 des Richtlinienvorschlages, ZIP 1996, 1845, 1850. Die Ge-

werbetreibenden argumentierten, daß der Begriff „Verbraucher“ zu generell sei und es stattdessen der „konkrete Käufer“ heißen müsse. Außerdem sei der Begriff der „berech-tigten Erwartungen “ ihrer Ansicht nach zu vage. Siehe auch MEDICUS, Ein neues Kauf-recht für Verbraucher?, ZIP 1996, 1925, 1926, der sich dieser kritischen Ansicht an-schließt.

280 Die Adjektivänderung beruht auf einem Entgegenkommen des Rates gegenüber dem Europäischen Parlament, welches diese Klausel ganz streichen wollte, siehe dazu STAUDENMAYER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393, 2395. Honsell sieht hingegen in dem Begriff „vernünftigerweise“ ein gänzlich überflüs-siges Adjektiv, vgl. HONSELL, Die EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und ih-re Umsetzung ins BGB, JZ 2001, 278, 279.

281 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 284.

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eines Durchschnittsverbrauchers ab282. Nach diesem Leitbild kommt es nicht darauf an, welche Erwartungen der individuelle Käufer an die Beschaffenheit des Verbrauchsguts stellt, sondern vielmehr auf die Vorstellungen eines ver-nünftigen und kritischen Verbrauchers. Der Grundgedanke ist ersichtlich. Aus-sagen über konkrete Produkteigenschaften und Aussagen, welche den Erklä-rungsempfänger nur auf emotionaler Ebene treffen sollen, um den Käufer zum Vertragsabschluß zu „verführen“, gehen oft ineinander über. Um dieser Schwie-rigkeit zu begegnen, muss auf den vernünftigen Verbraucher abgestellt werden, welcher in der Lage ist, diese Aussagen voneinander abzugrenzen und sie für sich zu beurteilen. Diese kritische Erwartungshaltung des Verbrauchers sollte der Situation vorbeugen, dass sich der Erwartungshorizont eines Verbrauchers an leeren Worthülsen in Form von Anpreisungen misst und dies wiederum ein Kriterium der Vertragsmäßigkeit darstellen könnte. Abschließend lässt sich zu lit. d Var. 1 und Var. 2 noch anbringen, dass aus dem „und“ zwischen „der Üblichkeit der Qualität“ und den „vernünftigen Erwartun-gen des Verbrauchers“ unmissverständlich gefolgert werden kann, dass beide Merkmale kumulativ vorliegen sollen283.

282 Das Verbraucherleitbild des BGH im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Rechtspre-

chung war zunächst das des „unterdurchschnittlich begabten, flüchtigen, unkritischen Verbrauchers“, BGH GRUR 1966, 515, 516; BGH GRUR 1990, 604, 605; BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, Einl. UWG Rdn. 647; SACK, Das Verbraucherleitbild und das Unternehmerleitbild im europäischen und deut-schen Wettbewerbsrecht, WRP 98, 264. Allerdings ist in dieser Hinsicht ein Wandel des BGH zu beobachten. Beispielsweise in der Orient-Teppichmuster Entscheidung urteilte der BGH, daß „jedenfalls dann nicht auf den flüchtigen Verbraucher abzustellen ist, wenn es sich um Waren von nicht ganz unerheblichem Wert und einer nicht nur kurzen Lebensdauer handelt“, BGH JZ 2000, 1011. Ebenso in BGH WRP 2000, 510, 512 und BGH WRP 2000, 1129, 1130. Mit weiteren Ausführungen bei AUGENHOFER, Gewähr-leistung und Werbung, 2002, S. 40.

283 MORGENROTH, Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Spanien und Deutsch-land, 2003, S. 63; anderer Ansicht HONSELL, Die EU-Richtlinie über den Verbrauchsgü-terkauf und ihre Umsetzung ins BGB, 278, 279; vgl. auch Jorden und Lehmann, die der Überzeugung sind, daß lit. d drei gleichberechtigte und voneinander unabhängige Vor-aussetzungen für die Mangelfreiheit bzw. Vertragsmäßigkeit der Kaufsache umfaßt, JORDEN/LEHMANN, Verbrauchsgüterkauf und Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001, 952, 956.

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b). Öffentliche Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder des-sen Vertreters in der Werbung (Var. 3)

Wie schon vorstehend ausgeführt, ist der Gedanke in Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie neu, sowohl für die deutsche als auch für andere mitgliedstaatliche Rechtsordnungen. Danach haftet der Verkäufer gegenüber dem Verbraucher für eigene öffentliche Äußerungen und für öffentliche Äußerungen des Herstellers oder dessen Vertreters. Das innovative Element dieses Merkmals besteht insbe-sondere darin, dass der Verkäufer nun auch für Äußerungen des Herstellers bzw. seines Vertreters haftbar gemacht werden kann. An der Einbeziehung von Wer-beangaben des Verkäufers, und insbesondere derer des Herstellers und seines Vertreters, für die Beurteilung der Vertragsmäßigkeit des Verbrauchsguts hat es schon beim Entwurf der Richtlinie Kritik gegeben. Der Rechtsausschuss des Bundesrats zweifelte an der Durchführbarkeit des „weiten Fehlerbegriffs“ und zwar insbesondere aufgrund der Einbeziehung von Herstelleraussagen als Krite-rium der Vertragsmäßigkeit284. Auch Medicus285 merkt in seinem Aufsatz von 1996 zu der vorliegenden Regelung an, dass sie sehr weit gehe286. Er führt in diesem Zusammenhang die durch die Reform des Gesetzes entfallene287 Vor-schrift des § 13 a. UWG a.F. an, welche sich im deutschen Recht als einzige Vorschrift mit der Irreführung von Werbeangaben auseinandersetze, die aller-dings wesentlich zurückhaltender verfahre. Sie sei zurückhaltender, da sie dem Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen ein Rücktrittsrecht einräume, nicht aber, wie die vorliegende Regelung der Richtlinie, ihm jegliche Rechtsbe-helfe zur Verfügung stelle. Darüber hinaus gibt er zu bedenken, dass das als Vorbild fungierende UN-Kaufrecht eine solche ausdrückliche Regelung in dem sonst entsprechenden Art. 35 Abs. 2 UN-Kaufrecht nicht enthalte288. Letzteres Argument von Medicus entspricht zwar einer zutreffenden Normexegese, trifft aber nicht den Kern des Problems. Das UN-Kaufrecht als „Ziehvater“ der Richt-linie hat zwar einen wesentlichen Stellenwert für die Interpretation der Richtli-nie. Es kann jedoch nicht als alleiniges Argument dafür herangezogen werden, dass eine Regelung der Richtlinie deshalb keinen Bestand haben kann, weil eine 284 Empfehlungsvorschlag des Rechtsausschusses des Bundesrats, Beilage ZIP-Aktuell

1996, Heft 43, S. 259, 2a. 285 MEDICUS, Ein neues Kaufrecht für Verbraucher?, ZIP 1996, 1925, 1926. 286 Mittlerweile vertritt Medicus in dieser Frage, im Rahmen des neuen § 434 Abs. 1 S. 3,

die Ansicht, daß eine Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben des Herstel-lers nicht zu weit gehe. Er ist sogar der Ansicht, daß auch ein privater Verkäufer für die unrichtigen Herstellerangaben einstehen müsse, auch wenn dieser direkt nichts mit der Herstellerwerbung zu tun habe, siehe Medicus, Schuldrecht BT, Bd. II, 12. Aufl. 2004, Rdn. 47.

287 Vgl. eingehender zu dieser Vorschrift Teil 3 § 7 B II 3 c). 288 MEDICUS, Ein neues Kaufrecht für Verbraucher?, ZIP 1996, 1925, 1926.

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dass eine Regelung der Richtlinie deshalb keinen Bestand haben kann, weil eine vergleichbare Regelung im internationalen Vertrag fehlt. Eine solche Ansicht ist verfehlt. Auch die zurückhaltende Regelung des bisherigen § 13 a UWG a.F. kann gerade nicht als Argument dafür dienen, dass die Haftung des Verkäufers für unrichtige Angaben Dritter nicht ihren Niederschlag in der endgültigen Fas-sung der Richtlinie hätte finden dürfen, denn die neue Vorschrift der Richtlinie bedeutet einen immensen Fortschritt für den Schutz des Käufers. In der heutigen Zeit sind in den meisten Fällen der Praxis die Hersteller diejeni-gen, die konkrete Produktwerbung betreiben, in den seltensten Fällen ist es der Verkäufer selbst. Daher erscheint es nur sachgerecht, die Herstellerangaben in die Beurteilung der Vertragsmäßigkeit zum Schutze des Verbrauchers mit ein-fließen zu lassen. Hinzu kommt die Tatsache, dass Profite aus der Werbung auch dem Verkäufer zu Gute kommen. Nicht nur, dass die Herstellerwerbung meist das Kaufinteresse der potentiellen Käufer stimuliert, sondern der Verkäufer auch erhebliche Personalressourcen einsparen kann, indem die individuelle Beratung des Kunden durch Werbung ersetzt wird. Gerade deshalb erscheint es berechtigt, ihm das Risiko für Werbeangaben Dritter aufzuerlegen289. Des Weiteren sollte auch der Aspekt des Rückgriffs des Verkäufers hervorgehoben werden. Art. 4 der Richtlinie gibt dem Letztverkäufer die Möglichkeit, Regress bei seinem Lie-feranten oder bei der ihm in der Vertragskette vorgeschalteten Person zu neh-men. Dieser kann sich dann wiederum an seinen Vertragspartner wenden. Hat der Verkäufer also aufgrund der Vertragswidrigkeit der Ware dem Verbraucher gegenüber zu haften, kann er gemäß Art. 4 der Richtlinie Regressansprüche gel-tend machen, wenn die Vertragswidrigkeit die Folge eines Handelns oder Unter-lassens des Herstellers innerhalb der Lieferkette ist290. Ein Anspruch des Ver-käufers gegen einen außerhalb der Lieferkette stehenden Hersteller fällt jedoch nicht darunter, da ein gesetzlicher Anspruch außerhalb der Vertragsbeziehungen der Lieferkette eine vertragliche Regelung unmöglich machen würde291. Da die Richtlinie dem Verkäufer eine solche Möglichkeit des Rückgriffsanspruchs ein-

289 Wie schon der Grundsatz „cuius est commodum, eius est incommodum“ (Wer den Vor-

teil hat, trägt auch die Last) besagt. 290 Die Modalitäten des Regreßanspruchs sollen laut Art. 4 der Richtlinie nach nationalem

Recht bestimmt werden. Zu beachten ist, daß im UN-Kaufrecht jegliches Äquivalent zu Art. 4 der Richtlinie fehlt. Ein Regreßanspruch des Letztverkäufers aus dem UN-Kaufrecht kann somit nur auf die allgemeinen Regeln gestützt werden.

291 So die vorgebrachten Bedenken bei ERNST/GSELL, Kritisches zum Stand der Schuld-rechtsmodernisierung, ZIP 2001, 1389, 1394 und SCHUBEL, Schuldrechtsreform: Per-spektivenwechsel im Bürgerlichen Recht und AGB-Kontrolle für den Handelskauf, JZ 2001, 1113, 1118. Siehe auch Begr. RegE S. 247.

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räumt, erscheint es insbesondere nachvollziehbar, den Verkäufer für unzutref-fende Aussagen des Herstellers dem Verbraucher gegenüber haften zu lassen. Sicherlich ist, wie Huber anführt, zuzugeben, dass der Verkäufer dem Risiko ausgesetzt wird, dass sich der Rückgriffsanspruch gegenüber seinem Vertrags-partner nicht realisieren lässt292. Doch dieses Risiko scheint dem Verkäufer auf-grund der Tatsache zumutbar, dass er im Idealfall von der Herstellerwebung pro-fitiert. Es kann jedoch zu Recht die Frage aufgeworfen werden, ob eine solche Haftung des Verkäufers für Herstellerangaben die einzig mögliche Lösung zum Schutze des Verbrauchers vor unrichtigen Werbeangaben war, die sich den Richtlinien-verfassern anbot. Einen anderen Lösungsansatz hatte nämlich bereits die Kom-mission in ihrem Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien und Kunden-dienst293 propagiert, der dahin ging, die Verantwortlichkeit für Mängel der Kaufsache dem Verbraucher gegenüber auf den Hersteller auszuweiten. Die Kommission war der Ansicht, dass es nicht gerechtfertigt sei, den Verkäufer als Einzigen für Fehler des Verbrauchsguts verantwortlich zu machen. Darüber hin-aus sei es widersprüchlich, dass der Hersteller zwar für Schäden an der Person und an anderen Sachen nach dem Produkthaftungsgesetz294 zur Verantwortung gezogen werden könne, aber nicht für unmittelbare Mängel an der Sache. Der direkte Anspruch des Käufers gegen den Hersteller für Mängel des Kaufgegens-tandes, namentlich auch unrichtige Werbeangaben, bedeute auch keine Schlechterstellung des Herstellers295. Der Hersteller verfüge meist über größere Ressourcen als der Einzelhändler; insofern seien die Erfolgsaussichten des Verbrauchers seine Ansprüche durchzusetzen, durch diese Lösung verbessert. Dieser Vorschlag beinhalte die Möglichkeit denjenigen in Anspruch zu nehmen, auf dessen Handeln oder Unterlassen der Mangel zurückzuführen sei. Die Haf-tung des Herstellers für unrichtige Äußerungen in der Werbung sei allerdings „quasi-subsidiär“ und würde nur eingreifen, wenn ein Vorgehen des Käufers ge- 292 HUBER, Die Haftung des Vertragshändlers gegenüber seinem Abnehmer nach neuem

Kaufrecht, in: HABERSACK/HOMMELHOFF/SCHMIDT/HÜFFER (Hrsg.), FS für Peter Ul-mer, 2003, S. 1165, 1196.

293 Grünbuch KOM (93) 509 endg., S. 110ff. 294 Siehe § 1 Abs. 1 des Produkthaftungsgesetzes. 295 Eine solche direkte Haftung des Herstellers gegenüber dem Verbraucher würde der „ac-

tion directe“ im französischen Recht entsprechen. Danach kann der Käufer sowohl ge-gen den Hersteller als auch gegen jede Person in der nachfolgenden Absatzkette vorge-hen, soweit er nachweist, daß der Mangel zum Zeitpunkt des Verkaufs durch diese Per-son bereits vorhanden war, SCHNYDER/STRAUB, Das EG-Grünbuch über Verbraucherga-rantien und Kundendienst-Erster Schritt zu einem einheitlichen EG-Kaufrecht?, ZEuP 1996, 8, 48, Fußnote 34.

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quasi-subsidiär“ und würde nur eingreifen, wenn ein Vorgehen des Käufers ge-gen den Verkäufer aus Gründen der Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit als ausgeschlossen angesehen werden könne296. Schnyder und Straub297 griffen die-sen Lösungsansatz in ihrer Besprechung des Grünbuchs auf und begrüßten grundsätzlich den Vorschlag der Kommission. Auch Lehmann298sprach zwar seine Zustimmung zu der Empfehlung der Kommission aus; gleichwohl vertrat er bezüglich eines Punktes eine andere Ansicht: „Der Käufer sollte den Herstel-ler direkt in Anspruch nehmen können, wenn die Kaufsache aufgrund von Her-stellungsfehlern vom gewöhnlichen Standard abweicht oder nicht die Eigen-schaften aufweist, die der Käufer in Anbetracht der öffentlichen Äußerungen des Herstellers vernünftigerweise erwarten durfte. Die Haftung des Herstellers ge-genüber dem Käufer für bestimmte Sachmängel sollte gleichberechtigt neben die in diesen Fällen ebenfalls bestehende Sachmängelhaftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer treten“299. Der Autor ging also noch einen Schritt weiter als die Kommission, indem er forderte, dass ein Anspruch des Verbrauchers ge-gen den Hersteller neben den Anspruch des Verkäufers treten solle. Es solle da-mit dem Verbraucher überlassen bleiben, wen er in Anspruch nehmen wolle. Dieser Vorschlag war durchaus ein guter Ansatzpunkt, um zu verdeutlichen, dass Verkäufer und Hersteller zu gleichen Teilen dafür verantwortlich waren, keine unrichtigen Angaben in der Werbung zu äußern. Doch weder der Vor-schlag im Grünbuch noch der Vorschlag Lehmanns haben sich durchsetzen kön-nen. Schon im nächsten Kommissionsentwurf hat ein Direktanspruch des Verbrauchers gegen den Hersteller keinen Niederschlag mehr gefunden. Als Be-gründung wurde angeführt, dass eine Rückgriffsmöglichkeit innerhalb der Ab-satzkette genügend Schutz für den Verbraucher biete. Ein direkter Anspruch des Käufers gegen den Hersteller sei daher nicht erforderlich300. Gleiches gilt für die vorliegende endgültige Fassung der Richtlinie. Wie bereits angemerkt, erlaubt die Richtlinie dem Verbraucher „nur“ einen Zugriff auf den Letztverkäufer, der bei Inanspruchnahme durch den Käufer selbst wiederum Regress gegen frühere

296 Siehe Grünbuch KOM (93) 509 endg., S. 110ff. 297 SCHNYDER/STRAUB, Das EG-Grünbuch über Verbrauchergarantien und Kundendienst -

Erster Schritt zu einem einheitlichen EG-Kaufrecht?, ZEuP 1996, 8, 48. 298 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 291. 299 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 291. 300 KOM (95) 520 endg., Art. 3 Abs. 5 des Richtlinienvorschlages. Beachte auch die Be-

gründung, ZIP 1996, 1845, 1851.

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Glieder in der Vertragskette nehmen kann, Art. 4 der Richtlinie301. Nach And-res302 stellt dieser Rückgriffsanspruch jedoch nur einen schwacher Trost dar im Vergleich zu einem Direktanspruch des Verbrauchers gegenüber dem Hersteller. Allerdings ist das letzte Wort in dieser Problematik noch nicht gesprochen wor-den, denn Art. 12 der Richtlinie besagt, dass die Kommission bis zum 7.7.2006 die Anwendung dieser Richtlinie überprüfen müsse und im Rahmen dessen zu untersuchen habe, ob die Veranlassung bestehe, eine unmittelbare Haftung des Herstellers einzuführen. Eine Möglichkeit der Einführung eines Direktanspru-ches ist somit noch nicht ausgeschlossen. Um die im Rahmen der Schuldrechtsreform vorgenommene Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht an späterer Stelle erörtern zu können, ist als nächstes das Augenmerk auf den konkreten Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie zu richten. Erst wenn die Begrifflichkeiten der Richtlinie ausrei-chend geklärt sind, kann vor diesem Hintergrund eine Analyse des § 434 Abs. 1 S. 3 vorgenommen werden. Zunächst ist fraglich, was unter dem Begriff der „öffentlichen Äußerung“ zu verstehen ist. Eine Definition durch die Richtlinie selbst erfolgt nicht. Es kann an einen Vergleich mit dem deutschen Recht und im Rahmen dessen an den Begriff der „öffentlichen Bekanntmachung“ nach § 16 Abs. 1 UWG303 gedacht werden. Unter einer „öffentlichen Bekanntmachung“ versteht man Veröffentli-chungen, die sich an einen grundsätzlich unbegrenzten Personenkreis, also an jedermann wenden304. Zwar dürfen nationale Begriffsbestimmungen nach all-gemeiner Auffassung nicht auf die gemeinschaftsrechtliche Ebene übertragen werden305. Es erscheint aber nicht verfehlt, sie als Anhaltspunkt zur Interpretati-on einer gemeinschaftsrechtlichen Begrifflichkeit heranzuziehen306.

301 Diese Regressmöglichkeit des Verkäufers gebe dem Hersteller zumindest den Anreiz,

seine Werbung überprüfbar, „auf Qualität abklopfbar“ und sachlich auszugestalten, so SCHÄFER/PFEIFFER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, ZIP 99, 1829, 1836.

302 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-recht, 2002, E I Rdn. 35.

303 Diese Vorschrift entspricht § 4 Abs. 1 UWG a.F. 304 BAUMBACH/HEFERMEHL-BORNKAMM, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 16 UWG

Rdn. 13. 305 BLECKMANN, Europarecht- Das Recht der Europäischen Gemeinschaft, 6. Aufl. 1997,

Rdn. 1200ff. 306 So sieht es auch LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbe-

angaben beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 283.

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Ebenfalls nicht erkennbar aus der Richtlinie hervorgehend ist die Tatsache, wie eine Äußerung inhaltlich ausgestaltet sein muss, um den Anforderungen des Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 3 der Richtlinie gerecht zu werden307. Da sogar Äußerungen Dritter, des Herstellers oder seines Vertreters, ausreichen, um Sachmängelan-sprüche des Verbrauchers auszulösen, erscheint es sachgerecht, das Merkmal der „Äußerung“ einem inhaltlich restriktiven Maßstab zu unterwerfen. Dieser restriktive Maßstab beinhaltet, wie schon erwähnt, nur konkrete Eigenschaftsan-gaben und nicht schon vage Anpreisungen. Es ist daher davon auszugehen, dass mit dem Begriff der „Äußerung“, welcher in der Richtlinie verankert wurde, nicht jegliche Angaben „ins Blaue“ gemeint sind308, sondern vielmehr nur sol-che, die sich auf konkrete Tatsachen und Eigenschaftsangaben beziehen309. Auch der Begriff des Vertreters ist nicht in der Richtlinie definiert. Nach Leh-mann kann jedoch zutreffend auf Art. 1 Abs. 2 lit. f des geänderten Richtlinien-vorschlags310 zurückgegriffen werden. Danach ist „Vertreter des Herstellers jede natürliche Person, die als autorisierter Fachhändler des Herstellers auftritt und jedes autorisierte Kundendienstzentrum mit Ausnahme der unabhängigen Ver-käufer, die ausschließlich als Einzelhändler tätig sind“. Der Begriff ist nach dem Autor kein streng juristischer, also etwa nach dem Maßstäben der §§ 164ff. BGB, sondern ein wirtschaftlicher311. „Hersteller“ des vom Verbraucher gekauften Verbrauchsguts ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. d Var. 3 außer dem tatsächlichen Hersteller, ebenso dessen Importeur für das Gebiet der Gemeinschaft sowie jede andere Person, die sich dadurch, dass sie ihren Namen, ihre Marke oder ein anderes Kennzeichen an dem Verbrauchsgut anbringt, als Hersteller bezeichnet312. Da dieser Begriff jedoch in der Richtlinie selbst, Art. 1 Abs. 2 lit. d, definiert wird, bedarf es an dieser Stelle

307 So auch WOLF, Reform des Kaufrechts durch EG-Richtlinie-Vorteil für die Wirtschaft?,

RIW 1997, 899, 900. 308 STAUDENMAYER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393,

2394. 309 So auch Lehr und Wendel: „ ...allerdings können hierfür nur konkrete Aussagen in der

Werbung herangezogen werden, die in irgendeiner Weise meßbar und quantifizierbar sind, z.B. „Höchstgeschwindigkeit 180 km/h“ und „zuckerfrei“, siehe LEHR/WENDEL, Die EU-Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf und -garantien, EWS 1999, 321, 323.

310 KOM (98) 217 endg., ABlEG C 148/12 vom 31.8.1998. 311 Vgl. LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben

beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 280, 285. 312 Eine ähnliche Definition des Herstellerbegriffs enthielt Art. 3 der Richtlinie

85/374/EWG, ABlEG L 210/29. Dieser wurde im Zuge der Umsetzung der Richtlinie in das Produkthaftungsgesetz übernommen, siehe § 4 Ab. 1 und 2 Produkthaftungsgesetz.

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keiner weitergehenden Ausführungen. Gleiches gilt für den Begriff des Verkäu-fers, welcher bereits an vorangegangener Stelle definiert wurde313.

c). Ausnahmetatbestände (Art. 2 Abs. 4) Die Haftung des Verkäufers für eigene und fremde Äußerungen aus Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie ist jedoch von den Richtliniengebern durch Einfügen von Abs. 4 eingeschränkt worden314. Entspricht die Ware nicht den Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers, ist sie zwar grundsätzlich nicht vertragsgemäß. Daraus kann jedoch nicht automatisch der Schluss gezogen werden, dass der Verkäufer zur Verantwortung gezogen werden kann. Denn Abs. 4 regelt drei Ausnahmetatbestände von der Zurechnung öffentlicher Äußerungen. Danach ist der Verkäufer an die genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er die Angaben in der Werbung nicht kannte und vernünftigerweise nicht davon Kenntnis haben konnte, wenn die Äußerung zum Zeitpunkt des Vertragsschlus-ses berichtigt war (oder) die Kaufentscheidung nicht durch die betreffende Äu-ßerung beeinflusst sein konnte. Alle drei Ausnahmetatbestände sind mit Spiegel-strichen in der Richtlinie festgelegt worden, was die Frage aufwirft, ob die Vor-aussetzungen kumulativ oder alternativ gelten sollen. Es ist jedoch in logischer Konsequenz davon auszugehen, dass die Haftung des Verkäufers schon entfällt, wenn eine der Voraussetzungen zutrifft. Jede der drei Ausnahmen führt für sich schon die Entlastung des Verkäufers herbei. Eine kumulative Auslegung würde zu einer nicht angebrachten Haftungserweiterung des Verkäufers führen, da das gleichzeitige Vorliegen aller Voraussetzungen in der Praxis mehr als unwahr-scheinlich erscheint. Außerdem könnte das Anführen der Voraussetzungen der Haftungsbefreiung in Form von Spiegelstrichen gerade ein Zeichen dafür sein, dass die Alternativität der Merkmale betont werden soll. Aus dem Wortlaut der Spiegelstriche des Abs. 4 kann hingegen eindeutig abge-leitet werden, dass den Verkäufer die Beweislast für das Vorliegen der Merkma-le trifft, da am Anfang des jeweiligen Spiegelstriches die Formulierung „...wenn er nachweist“ festgeschrieben wurde315.

313 Vgl. Teil 2 § 4 B I 2. 314 Nach dem Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., waren die Haftungseinschränkun-

gen des Verkäufers, allerdings inhaltlich übereinstimmend, in Art. 3 Nr. 2 zu finden, siehe ZIP 1996, 1845, 1850. Im Wortlaut sind lediglich minimale Unterschiede zur end-gültigen Richtlinienfassung erkennbar.

315 So auch TONNER, Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie und Europäisierung des Zivilrechts, BB 1999, 1769, 1771. Es ist jedoch ein mitwirkendes Verschulden des Käufers nicht gänzlich außer Acht zu lassen, eine Schranke, die der EuGH als allgemeinen Rechts-grundsatz anerkannt hat, EuGH Urteil Grifoni I, vom 27.3.1990, C 308/87, Slg. 1990, I-1203, 1227. Siehe mit weiteren Nachweisen GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.),

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Wie bereits angemerkt, war es schon lange an der Zeit, zum Schutz des Verbrauchers eine ausdrückliche Bestimmung für die Haftung des Verkäufers und des Herstellers für unrichtige Werbeangaben zu schaffen. Um eine solche Haftung des Verkäufers jedoch nicht unsachgerecht auszudehnen, erscheint die Entlastungsregelung in Abs. 4 notwendig und gerechtfertigt. Dem Verkäufer wird somit die Möglichkeit eröffnet, sich zu entlasten, wenn der Mangel des Kaufgegenstandes tatsächlich nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Gleichwohl bleibt anzuführen, dass die Beweisbarkeit entlastender Umstän-de für den Verkäufer in der Praxis meist nicht unproblematisch ist316. Für diesen Aspekt kann insbesondere Spiegelstrich 3 als Beispiel angeführt werden. Doch mehr noch als ein Beweisproblem kann sich aus diesem Entlastungsmerkmal ein Wertungsproblem ergeben. Wie an vorangegangener Stelle angeführt, zielt jede Art von Werbung grundsätzlich darauf ab, die Kaufentscheidung eines Käufers zu beeinflussen. Doch kann der Käufer vernünftigerweise erwarten, dass jede angepriesene Eigenschaft tatsächlich besteht? Es sind durchaus Fälle in der Pra-xis denkbar, in denen dies nicht der Fall sein wird, wie z.B. bei der Werbeaussa-ge: "Red Bull verleiht Flügel". Eine solche Werbung kann also nicht die Kauf-entscheidung eines Käufers beeinflussen, da er eine solch angepriesene Eigen-schaft nicht ernsthaft erwarten kann. Die Beweisführung bei Spiegelstrich 1 zweite Alternative fällt ein wenig leich-ter317. Die Tatsache, dass der Verkäufer vernünftigerweise keine Kenntnis von den Werbeangaben Dritter gehabt haben konnte, wird der Verkäufer in der Pra-xis einfacher beweisen können. Gleichwohl sind diese Anforderungen an den Verkäufer nur relativ gesehen leichter zu bewältigen, denn auch an dieser Stelle ist eine Beweisführung des Verkäufers nicht unproblematisch. Darüber hinaus ist zu diesem Ausnahmetatbestand die Frage zu klären, welcher Maßstab für die „Kenntnis“ des Verkäufers anzulegen ist. Micklitz geht bei der Bestimmung des

EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn. 40. Die Beweislast des Verkäufers stellte auch im schwedischen Verbraucherkaufrecht eine weitere Änderung dar, denn bis zur Umsetzung der Richtlinie trug auch dort der Käufer die Beweislast, vgl. § 19 Abs. 3 des neuen schwedischen Verbraucherkaufgesetzes.

316 Schmidt-Räntsch äußert ebenfalls Bedenken, daß die Entlastungsregelung in der Praxis für den Verkäufer keine große Rolle spiele, da er mit so einem Verhalten meist gegen Verhaltenspflichten aus den Vertragshändlerverträgen mit den Herstellern verstoße und von derartigen Möglichkeiten deshalb sowieso keinen Gebrauch mache, vgl. SCHMIDT-RÄNTSCH, Gedanken zur Umsetzung der kommenden Kaufrechtsrichtlinie, ZEuP 1999, 294, 296.

317 Die Beweisführung bei Spiegelstrich 1 erste Alternative erscheint ebenfalls problema-tisch, da es in der Praxis wohl kaum nachweisbar ist, ob der Verkäufer die betreffende Äußerung tatsächlich nicht kannte.

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Standards des „Kennenmüssens“ treffend davon aus, dass den Verkäufer eine Pflicht trifft, sich über die Werbung der Hersteller und Vertreter zu informieren, deren Artikel er vertreibt318. Für eine Entlastung des Verkäufers erscheint es da-her nicht ausreichend, dass dieser vorbringt, er habe sich die Werbeangaben des Herstellers nicht zu eigen gemacht, beispielsweise dadurch, dass er sich vor Ü-bergabe eines Herstellerprospektes diesen nicht angeschaut habe319. Könnte sich der Verkäufer durch eine solche Art der Argumentation von der Haftung befrei-en, wäre die Regelung sinnentleert. Da es dem Verkäufer schon erspart bleibt, Personal für die individuelle Kundenberatung zur Verfügung zu stellen, er-scheint es auch nicht unbillig ihm aufzuerlegen, sich ausreichend über die vo-rangegangene Werbung eines Dritten zu erkundigen. Außerdem wird die Be-weisführung des Verkäufers zu Spiegelstrich 1 zweite Alternative simplifiziert, wenn grundsätzlich unterstellt werden kann, dass der Verkäufer sich im Vorfeld über die Werbemaßnahmen des Dritten erkundigt hat. Dies sollte insbesondere dann immer der Fall sein, wenn es um Angaben geht, welche über den Rahmen des Normalen hinausgehen. Auch wenn der Verkäufer den Entlastungsbeweis nach Spiegelstrich 1 zweite Alternative nicht oft wird führen können, ist dies dennoch dadurch gerechtfertigt, dass er von der Werbung des Dritten profitiert und damit auch die einhergehenden Nachteile tragen muss. Die Beweisführung hinsichtlich des zweiten Ausschlussgrundes, also dass die betreffende Äußerung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berichtigt war, ist für den Verkäufer grundsätzlich unproblematisch, da es sich um eine Tatsache handelt, die leicht des Beweises zugänglich ist. Wie sieht nun eine Bewertung der Haftungsregelung des Art. 2 Abs. 2 lit. d i.V.m. Abs. 4 der Richtlinie aus? Es ist grundsätzlich anzumerken, dass Absatz 4 dem Verkäufer die Möglichkeit bietet, von seiner Mängelhaftung entlastet zu werden. Einerseits bedeutet Art. 2 Abs. 2 lit. d für den Verkäufer eine drastische Haftungserweiterung, da nach früherer Rechtslage die Haftung für Werbeanga-ben eine Ausnahme darstellte und seit Inkrafttreten der Richtlinie das Gegenteil der Fall ist. Die Haftung des Verkäufers ist nun der Regelfall. Andererseits hat der Richtliniengeber dem Verkäufer zumindest die Möglichkeit eingeräumt, sich unter gewissen Voraussetzungen von der Haftung zu befreien. Wie bereits oben angemerkt, wird es dem Verkäufer nicht sehr oft gelingen sich von der Mängel-haftung zu entlasten. Darüber hinaus tritt die Haftung des Verkäufers nicht erst dann ein, wenn er erkennt, dass die beworbene Ware mit den Ankündigungen

318 MICKLITZ, Die Verbrauchsgüterkauf- Richtlinie, EuZW 1999, 485, 487. 319 TONNER, Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie und Europäisierung des Zivilrechts, BB 1999,

1769, 1771.

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des Herstellers in der Werbung nicht übereinstimmt. Vielmehr reicht es für den Eintritt der Haftung bereits aus, dass er die Werbeangabe an sich inhaltlich kannte oder Kenntnis davon haben konnte. Dies lässt sich im Umkehrschluss aus Absatz 4 Spiegelstrich 1 der Richtlinie ableiten. Gleichwohl erscheint die relativ enge Regelung des Art. 2 Abs. 2 lit. d i.V.m. Abs. 4 gerechtfertigt, da eine Er-weiterung des Anwendungsbereichs von Abs. 4 wiederum die Regelung der Haftung für Werbeangaben unterlaufen würde. Diese ist jedoch, wie die Mängel der alten Rechtslage gezeigt haben, mehr als nötig, um den Interessen der Verbraucher beim Kauf einer Sache in der heutigen Zeit gerecht zu werden. Auch wenn Art. 2 Abs. 2 lit. d i.V.m. Abs. 4 der Richtlinie eine Haftungserwei-terung für den Verkäufer bedeutet, regelt die Richtlinie dennoch in Absatz 4 für den Verkäufer zumindest eine Möglichkeit, sich auf konkrete Kriterien zu beru-fen. Dies schafft zweifellos Rechtssicherheit für beide Seiten. Nicht zuletzt ist nochmals auf das Hauptziel der Richtlinie hinzuweisen: die Erhöhung des Verbraucherschutzniveaus. Dieses Ziel findet eindeutig seinen Ausdruck in Art. 2 Abs. 2 lit. d und Abs. 4 der Richtlinie.

D. Zusammenfassung In den vorangegangenen Abschnitten des zweiten Teils stand die Darstellung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie im Zentrum der Diskussion. Die vorliegende Richtlinie hat der Problematik der Haftung von Verkäufern für unrichtige Wer-beangaben endlich eine Regelung zugeführt. Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie bestimmt nun ausdrücklich die Verkäuferhaftung für eigene falsche Ankündi-gungen in der Werbung und für diejenigen eines Dritten. Um die Haftung jedoch nicht unsachgerecht zu erweitern, gibt Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie dem Verkäu-fer die Möglichkeit, sich von der Haftung zu befreien. Allerdings liegt es im Verantwortungsbereich des Verkäufers, die entlastenden Umstände nachzuwei-sen. Auch wenn gerade im Bereich der Verkäuferhaftung viele parallele Struktu-ren mit dem UN-Kaufrecht erkennbar sind, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass eine solche Regelung der Verkäuferhaftung für Werbeangaben im UN-Kaufrecht gänzlich fehlt. Unter diesem Aspekt kann das UN-Kaufrecht somit nicht als Vorbild zur Interpretation herangezogen werden. Nahezu unbestritten ist die Tatsache, dass eine solche Verkäuferhaftung eine wesentliche Novellie-rung im deutschen Schuldrecht wie auch in anderen Rechtsordnungen darstellt. Allgemein lässt sich zur Richtlinie anführen, dass das beabsichtigte Ziel der Harmonisierung des Binnenmarkts und der Erhöhung des Verbraucherschutzni-veaus deutlichen Ausdruck in der Richtlinie gefunden hat. Allerdings ist keine umfassende Harmonisierung des gesamten kaufrechtlichen Sachmängelrechts

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vom Richtlinienverfasser beabsichtigt gewesen320; daher wird der Anwendungs-bereich der Richtlinie in personeller und sachlicher Hinsicht beschränkt. Die Richtlinie stellt somit einen Meilenstein für die Regelung der Haftung des Ver-käufers für unrichtige Werbeangaben dar. § 5 Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht,

unter besonderer Betrachtung der Sachmängelhaftung

A. Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht im Rahmen der Modernisierung des Schuld-rechts

I. Historischer Vorgang der Umsetzung Wie schon an früherer Stelle angeführt, war es Aufgabe der Mitgliedstaaten der EU, die Richtlinie bis zum 1.1. 2002 in nationales Recht umzusetzen. Die von 1998-2002 amtierende Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin sah die Umset-zung der Richtlinie in das deutsche Rechtssystem als Anknüpfungspunkt für ei-ne Reform des deutschen Schuldrechts321. Sie war der Meinung, man müsse die Umsetzung der Richtlinie zum Anlass nehmen, die schon seit langem geplante Schuldrechtsreform zu verwirklichen, um „geheiligte Kühe“, die seit hundert Jahren auf der juristischen Weide herumgetrieben werden, aus dem Verkehr zu ziehen322. Denn die Reform des Schuldrechts im Besonderen war jahrelang Ge-genstand von wissenschaftlichen Auseinandersetzungen gewesen323. 1984 wurde 320 SCHMIDT-RÄNTSCH, Gedanken zur Umsetzung der kommenden Kaufrechtsrichtlinie,

ZEuP 1999, 294. 321 ROLLAND, in: HAAS/MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht,

2002, Kap. 1 Rdn. 1. 322 So DÄUBLER-GMELIN in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 20.9.2000,

S. 1. 323 Schon im Jahre 1978 wagte der damalige Bundesjustizminister, Hans-Jochen Vogel,

erstmals einen Vorstoß, indem er das Projekt der Reform des Schuldrechts im Deut-schen Bundestag und auf dem 52. Deutschen Juristentag vorstellte. Doch das Vorhaben wurde zunächst nicht weiter verfolgt, vgl. LORENZ/RIEHM, Lehrbuch zum neuen Schuld-recht, 2002, Kap. 1 Rdn. 3.

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die „Kommission für die Überarbeitung des Schuldrechts“ vom damaligen Bun-desminister der Justiz, Hans A. Engelhard, ins Leben gerufen, die 1991 ihren Abschlußbericht vorlegte und umfassende Vorschläge zum Leistungsstörungs-recht, zum Kauf- und Werkvertragsrecht sowie zum Verjährungsrecht erarbeite-te. In den Jahren danach kam die Diskussion über die Reform des Schuldrechts wieder nahezu zum Stillstand. Diese wurde erst im Jahre 2000 wieder aufgegrif-fen, als deutlich wurde, dass die europäische Richtlinie 1999/44/EG in deutsches Recht umzusetzen war. Im Zuge dessen stellte sich die kontrovers diskutierte Frage, in welcher Form die Richtlinie umgesetzt werden sollte. Es gab einerseits die Möglichkeit der sog. „kleinen Lösung“, die vorsah, den Inhalt der Richtlinie an sich, beispielsweise in Form eines Spezialgesetzes, umzusetzen324. Anderer-seits wurde die sog. „große Lösung“ genannt, die beinhaltete, dass die Richtlinie zum Anlass genommen würde, das gesamte Schuldrecht, einschließlich des all-gemeinen Leistungsstörungsrechts, zu reformieren325. Diese „große Lösung“326 wurde vom Bundesgesetzgeber letztlich auch zur Umsetzung der Richtlinie ge-wählt. Als feststand in welcher Form die Richtlinie umgesetzt werden sollte, wurde zu-nächst ein Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ge-schaffen. Dieser Diskussionsentwurf erfuhr durch die „Konsolidierte Fassung“ vom 6.3.2001 eine Überarbeitung. Mit Datum vom 9.5. 2001 wurde schließlich

324 Die "kleine Lösung" bejahend: Siehe dazu ausführlich ALTMEPPEN, Schadensersatz we-

gen Pflichtverletzung- Ein Beispiel für die Überhastung der Schuldrechtsreform, DB 2001, 1131, 1399 und 1821; DAUNER-LIEB, Die geplante Schuldrechtsmodernisierung - Durchbruch oder Schnellschuß?, JZ 2001, 8ff.; insbesondere ERNST/GSELL, Kritisches zum Stand der Schuldrechtsmodernisierung, ZIP 2001, 1389; DIES., Kaufrechtsrichtlinie und BGB, ZIP 2000, 1410; ERNST, EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf –Optionen für die Umsetzung, in: GRUNDMANN/MEDICUS/ROLLAND (Hrsg.), Europäisches Kauf-gewährleistungsrecht, Reform und Internationalisierung des Schuldrechts, 2000, Kap. 17 S. 325ff.; DERS., Die Schuldrechtsreform 2001/2001, ZRP 2001, 1ff.; WILHELM, Schuld-rechtsreform 2001, JZ 2001, 861, 862ff.

325 Neben Dauner-Lieb setzte sich auch Westermann ausführlich mit der „großen Lösung“ auseinander, vgl. WESTERMANN, Das neue Kaufrecht einschließlich des Verbrauchsgü-terkaufs, JZ 2001, 530ff; für die „große Lösung“ auch CANARIS, Schadensersatz wegen Pflichtverletzung, anfängliche Unmöglichkeit und Aufwendungsersatz im Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, DB 2001, 1815, 1821 und HELDRICH, Ein zeitge-mäßes Gesicht für unser Schuldrecht, NJW 2001, 2521, 2523.

326 Tatsächlich wurden neben der gegenwärtig diskutierten Richtlinie zwei weitere EU Richtlinien im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung umgesetzt: die Zahlungsverzugs-richtlinie 2000/35/EG, ABlEG L200/35 und die E-Commerce-Richtlinie, 2000/31/EG, ABlEG L178/1.

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ein Regierungsentwurf, auf der Basis des Diskussionsentwurfs, in den Bundes-tag eingebracht. Schließlich wurde das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet und trat sodann am 1.1.2002 in Kraft327.

II. Allgemeine Umsetzung der Richtlinie ins Schuldrecht Bevor sich der dritte Teil mit der für diese Arbeit wesentlichen Norm § 434 Abs. 1 S. 3 beschäftigt, soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die allge-meine Umsetzung der Richtlinie ins Schuldrecht gegeben werden328. Hauptnorm der Richtlinie für die Implementierung derselben in nationales Recht war Art. 7, welcher den Mitgliedstaaten aufgab, die Mindestvorgaben der Richt-linie ohne Abstriche im nationalen Recht zu verwirklichen329. Die Art und Wei-se der Durchführung der Implementierung war ihnen jedoch freigestellt. Sie wa-ren an einen gewissen Mindeststandard nach Art. 7 Abs. 1 Unterabsatz 2 gebun-den, konnten aber das Mindestniveau zu Gunsten des Käufers überschreiten. Der an früherer Stelle hervorgehobene Begriff der Vertragsmäßigkeit aus Art. 2 der Richtlinie ist vom deutschen Gesetzgeber in § 433 Abs. 1 S. 2 mit „frei von Sach- und Rechtsmängeln“ „übersetzt“ worden und wird in § 434 für den Sach-mangel näher konkretisiert330. Eine direkte Übernahme des Begriffs der Ver-tragsmäßigkeit hat somit nicht stattgefunden. Darüber hinaus hat der Gesetzge-ber dem Sachmangel endgültig den subjektiven Fehlerbegriff zu Grunde ge-legt331. Rechtsmängel, das so genannte „aliud“ und die Zuweniglieferung sind zwar nicht ausdrücklich, aber nach einhelliger Meinung einem Sachmangel in

327 CANARIS, Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2002, Einführung, IX, X. 328 Neben der Umsetzung im eigentlichen Sinne brachte das Schuldrechtsmodernisierungs-

gesetz weitere Neuerungen im Schuldrecht mit sich. Neu eingefügt wurde durch die Schuldrechtsreform im Rahmen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts unter anderem die Pflichtverletzung als zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts, die Fristsetzung zur Sicherung des Erfüllungsanspruchs, eine umfassende Schadensersatzregelung in den §§ 280 ff. und ein vom Vertretenmüssen unabhängiges Rücktrittrecht mit neuen Rechts-folgen. Die bisher nur gewohnheitsrechtlich anerkannten Institute wie c.i.c., Wegfall der Geschäftsgrundlage und Kündigung aus wichtigem Grund werden nunmehr im Gesetz geregelt (§ 241 Abs. 2, § 313 und § 314).

329 SCHMIDT-RÄNTSCH, Gedanken zur Umsetzung der kommenden Kaufrechtsrichtlinie, ZEuP 1999, 294, 297.

330 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, Kommentar, 2002, Einleitung Rdn. 132.

331 Begr. RegE S. 212.

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der Richtlinie gleichgestellt332. Dieser Aspekt hat bei der Implementierung der Richtlinie in § 434 Abs. 3, zumindest für das „aliud“ und die Zuweniglieferung, seinen Niederschlag gefunden. Die Gleichstellung von Sach- und Rechtsmangel ergibt sich unter anderem daraus, dass § 433 Abs. 1 S. 2 den Verkäufer sowohl zur sachmängelfreien als auch zur rechtsmängelfreien Verschaffung der Kaufsa-che verpflichtet. Die in Art. 3 der Richtlinie festgelegten Rechte des Käufers finden ihren Ausdruck weitestgehend identisch in § 437. Die weiteren Ausges-taltungen der Mängelrechte sind in den §§ 439-441 wieder zu finden. Art. 4 der Richtlinie, welcher den Verkäuferregress zum Gegenstand hat, wird durch die §§ 478, 479 umgesetzt, im Rahmen des Untertitels 3 „Verbrauchsgüterkauf“333. Der 2-jährigen Verjährungsfrist, die Art. 5 Abs. 1 fordert, wurde mit der Umset-zung in § 438 Abs. 1 Nr. 3 entsprochen. Die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten gemäß § 477 a.F., welche von vielen als zu kurz empfunden wurde334, wurde demgegenüber abgeschafft. Da auch die allgemeine Verjährungsfrist ge-mäß § 195 von dreißig auf drei Jahre verkürzt wurde, haben sich die kaufrechtli-che und die allgemeine Verjährungsfrist einander angenähert. Wo sich früher Fristen von 30 Jahren und sechs Monaten gegenüberstanden, stehen sich nach neuer Rechtslage nun Fristen von zwei und drei Jahren gegenüber. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass es sich gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m Abs. 2 um eine Frist von zwei Jahren ab Ablieferung handelt, ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Käufers oder um eine Frist von drei Jahren gemäß § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 ab dem Schluss des Jahres, in dem Sekundärrechte des Käufers entstanden sind und er hiervon Kenntnis hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit haben müsste. Das subjektive Erfordernis kann im Einzelfall den Verjährungsbeginn erheblich hi-nausschieben. Wie im ersten Teil dieser Arbeit dargestellt, hatte die immense Diskrepanz der allgemeinen und der kaufrechtlichen Verjährung nach alter Rechtslage erhebliche Auswirkung auf die Rechtsprechung im Bereich des

332 Vgl. dazu KREBS, Die große Schuldrechtsreform, DB Beilage 14/2000, 17f.;

WESTERMANN, Das neue Kaufrecht einschließlich des Verbrauchsgüterkaufs, JZ 2001, 530, 534.; andere Ansicht GSELL, Kaufrechtsrichtlinie und Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001, 65, 67; insbesondere für die Gleichstellung des Rechtsmangels siehe RIEGER, Die Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter vor dem Hintergrund des geltenden Rechts, VuR 1999, 287; SCHÄFER/PFEIFFER, Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, ZIP 1999, 1829, 1832; SCHMIDT-RÄNTSCH, Gedanken zur Umsetzung der kommenden Kaufrechtsrichtli-nie, ZEuP 1999, 295, 298.

333 PFEIFFER, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.), Schuldrecht, 2002, Art. 4 der Kaufrechtsrichtlinie Rdn. 11.

334 Dazu siehe ausführlicher in Teil 1 § 2 A III 2.

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Sachmängelrechts. Um dem Käufer zu seinem Recht zu verhelfen, wurde oft ein Anspruch aus c.i.c. angenommen, um die kurze Verjährungsfrist von sechs Mo-naten zu umgehen335. Wie sich die neuen Verjährungsregelungen in der Recht-sprechung auswirken werden, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch davon auszuge-hen, dass die Rechtsprechung mit einer weniger restriktiven Auslegung des Sachmangels reagieren wird336. Des Weiteren hat die in hohem Maße die Position des Verbrauchers stärkende Regelung der Beweislastumkehr aus Art. 5 Abs. 3 ihren Niederschlag in § 476 gefunden. Schließlich wurden die Vorgaben der Richtlinie zur Garantie aus Art. 6 inhaltlich identisch in §§ 443, 477 umgesetzt337. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Regelungen der Richtlinie vom deut-schen Gesetzgeber im Großen und Ganzen inhaltsgleich ins neue Schuldrecht transferiert wurden. Daher erscheint es richtig, von einem unter gemeinschafts-rechtlichen Aspekten vorzeigbaren Ergebnis zu sprechen.

§ 6 Fazit Der deutsche Gesetzgeber hat mit der „großen Lösung“, der Umsetzung der Richtlinie im Zuge der umfassenden Schuldrechtsreform, einen elementaren Schritt gewagt. In der Vergangenheit waren EG-Richtlinien weitestgehend in Spezialgesetzen implementiert worden, eine Integration in das Bürgerliche Ge-setzbuch wurde dagegen aus verschiedenen Gründen338 vermieden. Somit erlebt das Bürgerliche Gesetzbuch nach über hundertjährigem Bestehen eine „Renais-sance“ der besonderen Art. Durch Rechtsprechung etablierte und gefestigte Vor-schriften werden durch die Integration der Richtlinie nunmehr mit europarecht-lich vorgegebenen Vorschriften „vermischt“. Das Bürgerliche Gesetzbuch wird daher von Dauner-Lieb als „Umsetzungsgesetz europäischer Richtlinienvorga-ben“ betitelt339. Das auf die Praxis bezogene äußerst bedeutsame Schuldrecht,

335 Vgl. zu dieser Problematik bereits Teil 1 § 2 A III 2. 336 So sehen es auch GRONSTEDT/JÖRGENS, Die Gewährleistung bei Unternehmensverkäu-

fen nach dem neuen Schuldrecht, ZIP 2002, 52, 53. 337 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einleitung

Rdn. 139. 338 Siehe erläuternd bei DÖRNER, Die Integration des Verbraucherrechts in das BGB, in:

SCHULZE/SCHULTE-NÖLKE (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 2001, S. 177, 178.

339 DAUNER-LIEB, Ein Jahr Schuldrechtsreform- Eine Zwischenbilanz, ZGS 2003, 10, 12.

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und innerhalb dessen der Bereich des Kaufrechts, ist durch die Implementierung der Richtlinie Gegenstand europäischer Rechtsvereinheitlichung geworden. Dies war auch das Ziel der Richtlinie - eine Mindestharmonisierung im Bereich der europäischen Schuldrechte-, welches nun als erreicht angesehen werden kann. Sicherlich hat die Richtlinie an sich und auch ihre Umsetzung in das deutsche Recht einige Mängel. Es war jedoch nicht zu erwarten, dass ein solch ambitio-niertes Projekt auf Anhieb ohne Fehler und Missverständlichkeiten gelingen wird340. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass viele Widersprüche und Prob-leme aus der Vergangenheit mit der Schuldrechtsreform behoben wurden. Es er-scheint nur richtig, sich an einem bestimmten Punkt einen Schritt vorwärts zu wagen, auch wenn dieser Schritt bisweilen nicht ausschließlich mit Vorteilen einhergeht. Dieser Punkt war mit der Richtlinie erreicht. Nur auf diese Art kann es zu einer Rechtsfortentwicklung kommen, die sich nun in Form der längst ü-berfälligen Schuldrechtsreform realisiert hat. Schließlich ist nicht zu vergessen, dass mit der Schuldrechtsreform § 434 Abs. 1 S. 3 in das Bürgerliche Gesetz-buch Einzug gehalten hat und dem Käufer somit eine Vorschrift an die Hand gegeben wird, um sich in Zukunft gegen unrichtige Werbeangaben des Verkäu-fers oder Herstellers zur Wehr zu setzen.

340 DÖRNER, Die Integration des Verbraucherrechts in das BGB, in: SCHULZE/SCHULTE-

NÖLKE (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 2001, S. 177, 186.

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Teil 3: Die Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben nach

neuem Schuldrecht

§ 7 Die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 als Haf-tungsgrund des Verkäufers

Die ersten beiden Teile der Arbeit haben sich mit der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben nach der alten Rechtslage und der Richtlinie und ihrer Implementierung in das deutsche Recht auseinandergesetzt. Es war Ziel der vorangegangenen Teile, einen Überblick über die Rechtslage der Haftung des Verkäufers für Ankündigungen in der Werbung vor der Schuldrechtsreform zu geben. Auf dieser Grundlage kann nun eine tiefergehende Erörterung des neuen Sachmängelrechts vorgenommen werden, wobei § 434 Abs. 1 S. 3 und seine Voraussetzungen im Vordergrund der Diskussion stehen sollen. Im Zuge dieser Untersuchung sollen die neue Rechtslage hinsichtlich der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben mit der alten Rechtslage und den Vor-gaben in der Richtlinie verglichen und eventuelle Widersprüche und Unter-schiede herausgearbeitet werden.

A. Der Sachmangelbegriff nach neuem Recht, § 434 Wie bereits im zweiten Teil dargelegt, wurde der Begriff der Vertragsmäßigkeit aus Art. 2 der Richtlinie vom deutschen Gesetzgeber in § 433 Abs. 1 S. 2 mit „frei von Sach- und Rechtsmängeln“341 transferiert und wird in § 434 für den Sachmangel näher konkretisiert342, ganz im Gegenteil zum alten Sachmangel-begriff in § 459 a.F., welcher wenig konkret ausgestaltet war. Eine Begriffs-übernahme aus der Richtlinie hat nicht stattgefunden; stattdessen ist der Sach-mangelbegriff, der bereits aus der alten Rechtslage herrührt, vom Gesetzgeber beibehalten worden. Mit der Formulierung „Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen“ (§ 433 Abs. 1 S. 2) stellt das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, in Übereinstimmung mit

341 In der Richtlinie lautet der entsprechende Satz: „Der Verkäufer ist verpflichtet, dem

Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern“, Art. 2 Abs. 1. 342 Vgl. Teil 2 § 5 II. § 434 definiert also nicht den Sachmangel, sondern die Vorschrift legt

fest, wann eine Sache mangelfrei ist.

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dem Abschlußbericht der Schuldrechtskommission343 und dem Diskussionsent-wurf344, die sach- und rechtsmangelfreie Lieferung der Kaufsache in den Mittel-punkt der Leistungspflicht des Verkäufers345. Der Sachmangel im Sinne von § 433 Abs. 1 S. 2 stellt nunmehr eine Nichterfüllung des Vertrags dar und be-deutet für den Käufer, dass der ursprüngliche Erfüllungsanspruch bestehen bleibt. Ein weiterer Aspekt, der mit dem neuen § 433 Abs. 1 S. 2 verknüpft ist und eine beachtliche Veränderung darstellt, ist die Einfügung des kaufrechtli-chen Sachmängelrechts in das allgemeine Leistungsstörungsrecht346. Da die neue Rechtslage die Lieferung einer mangelfreien Sache zur Hauptleistungs-pflicht des Verkäufers erklärt, ist damit die dogmatische Voraussetzung für eine Vereinheitlichung des Leistungsstörungsrechts geschaffen worden. Der zentrale Anknüpfungspunkt des Leistungsstörungsrechts ist jetzt einheitlich die Pflicht-verletzung gemäß § 280 Abs. 1347. Wie Triebel und Hölzle gelungen veranschau-lichen: „Die Pflichtverletzung ist die Pforte in das Gewährleistungsrecht. Der Mangel ist der Schlüssel“348. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts wurde also der Sachmän-gelbegriff in § 434 Abs. 1 S. 1 und S. 2 ausgeformt. Der Dualismus des Sach-mängelbegriffs, nämlich die Unterscheidung zwischen einem Fehler und dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, ist mit der neuen Regelung entfallen349. Die diffizilen Abgrenzungsprobleme, ob im jeweiligen Einzelfall ein Fehler oder eine zugesicherte Eigenschaft vorliegt350, sind somit hinfällig351. Gleichwohl ist

343 Vgl. den Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts 1992,

§ 434 BGB-KE, S. 193. 344 § 433 Abs. 1 S. 2 BGB-DiskE. Diese Vorschrift wurde unverändert in den Regierungs-

entwurf übernommen. 345 Dadurch entfällt auch die Problematik des Gattungs- und Stückkaufs hinsichtlich der un-

terschiedlichen Leistungsverpflichtung des Verkäufers, die sich oftmals auch im Bereich der Werbung auswirkte, vgl. zur früheren Problematik des Gattungs- und Stückkaufs Teil 1§ 2 A IV.

346 JORDEN/LEHMANN, Verbrauchsgüterkauf und Schuldrechtmodernisierung, JZ 2001, 952, 953.

347 DAUNER-LIEB/THIESSEN, Das neue Leistungsstörungsrecht- Leistungshemmend und störanfällig?, DStR 2002, 809, 810; ROLLAND, in: DERS./HAAS/MEDICUS/ SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 1 Rdn. 5.

348 TRIEBEL/HÖLZLE, Schuldrechtsreform und Unternehmenskaufverträge, BB 2002, 521, 524.

349 Siehe die Begründung zum Diskussionsentwurf, S. 251. 350 Siehe hierzu Teil 1 § 2 A III. Damit ist auch die Problematik, ob eine Beschaffenheits-

vereinbarung oder eine Zusicherung vorliegt, obsolet geworden. 351 FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 4.

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das Institut der zugesicherten Eigenschaft nicht gänzlich aufgehoben worden352. Auch wenn die zugesicherte Eigenschaft dem Wortlaut nach nicht mehr aus-drücklich im Gesetz erwähnt ist, bedeutet dies nicht, dass sie für die neue Rechtslage nunmehr unerheblich geworden ist. Soweit es um die Mangelhaftig-keit der Kaufsache geht, wird vielmehr davon ausgegangen, dass die Zusiche-rung dem Inhalt nach in der Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 aufgeht353. Darüber hinaus ist eine vom Verkäufer abgegebene Zusicherung durchaus weiterhin relevant, insbesondere im Rahmen von § 444 und § 276354. § 276 Abs. 1 S. 1 regelt allgemein, dass ein Schuldner für die Übernahme einer Garantie haftet. Die Fälle der ehemals benannten zugesicherten Eigenschaft können in der neuen Rechtslage nunmehr eine Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit einer Sache im Sinne der §§ 442 Abs. 1 S. 2, 444 a.E. darstel-len355. Lediglich für den Sachmangelbegriff nach § 434 scheidet eine Zusiche-rung im früheren Sinne als Anknüpfungspunkt aus356.

I. § 434 Abs. 1 S. 1 Der neue Sachmängelbegriff gemäß § 434 knüpft nunmehr einheitlich an den Begriff der Beschaffenheit und den Verwendungszweck an357. Satz 1 des § 434 Abs. 1 lautet: „Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrüber-gang die vereinbarte Beschaffenheit hat.“ Mit dieser Formulierung stellt das neue kaufrechtliche Gewährleistungsrecht primär auf den Inhalt der vertragli-

352 Auf die dogmatische Einordnung des Eigenschaftsbegriffs nach neuem Recht wird an

späterer Stelle eingegangen. 353 HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht,

2002, Kap. 5 Rdn. 92. Dazu gleich näheres. 354 Begr. RegE S. 132; BÜDENBENDER, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.),

Schuldrecht, 2002, § 433 Rdn. 4; WESTERMANN, Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241, 247.

355 Zunächst wurde überlegt, den Begriff der zugesicherten Eigenschaft in § 276 zu veran-kern, um eine Abgrenzung vom Begriff der Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie zu verdeutlichen. Dies wurde aber abgelehnt, da es Anliegen des Regierungsentwurfs war, auf den Begriff der zugesicherten Eigenschaft zu verzichten. Inhaltlich bedeutet die Zusicherung einer Eigenschaft aber genau das, was in § 276 geregelt ist: Die Übernahme einer Garantie für das Vorhandensein einer Eigenschaft verbunden mit dem Verspre-chen, für die Folgen des Fehlens der Eigenschaft einzustehen, vgl. Begr. RegE S. 132.

356 Nach neuer Rechtslage führt jede vom Verkäufer zu vertretende Abweichung der Soll-beschaffenheit zu einer Schadensersatzhaftung nach § 437 Nr. 3, 440, 280 ff.. Die Kon-sequenz ist, daß die zugesicherte Eigenschaft als Auslöser der Schadensersatzhaftung nach altem Recht überflüssig geworden ist.

357 Vgl. Begr. RegE S. 213.

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chen Vereinbarung ab358. Haben die Parteien hingegen keine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache getroffen, sind in Satz 2 und Satz 3 des § 434 weitere Merkmale zur Bestimmung der Sollbeschaffenheit aufgezählt359. Der Vorrang der Beschaffenheitsvereinbarung soll den Parteien die Möglichkeit ein-räumen, auch hinter dem üblichen Standard einer bestimmten Beschaffenheit zu-rückbleiben zu können. Die in Satz 2 und Satz 3 des § 434 Abs. 1 aufgezählten Kriterien können somit für die Bestimmung des objektiven Empfängerhorizonts herangezogen werden, wenn keine anderen Anhaltspunkte zur Auslegung der Beschaffenheit ersichtlich sind360. Mit anderen Worten, die geregelten Vorgaben in § 434 Abs. 1 S. 2 sollen nur nachrangig eingreifen, also dann, wenn keine Vereinbarung einer konkreten Beschaffenheit ersichtlich ist361. Der Vorrang der vertraglichen Vereinbarung nach Satz 1 lässt sich bereits daraus schließen, dass § 434 Abs. 1 Satz 2 vom Gesetzgeber mit „Soweit die Beschaffenheit nicht ver-einbart ist,...“ eingeleitet wird.

1. Der Beschaffenheitsbegriff nach neuer Rechtslage

a). Enger oder weiter Beschaffenheitsbegriff Aufgrund der zentralen Bedeutung des Beschaffenheitsbegriffs in der neuen Rechtslage ist nun zu untersuchen, wie dieser nach der Schuldrechtsreform dogmatisch eingeordnet werden kann. Diese Frage ist insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache interessant, dass der Beschaffenheitsbegriff in der al-ten Rechtslage wohl eines der meist umstrittenen Kriterien im Bereich der

358 Mit diesem Wortlaut hat der Gesetzgeber eindeutig den bereits früher von der herr-

schenden Meinung vertretenen subjektiven Fehlerbegriff zugrunde gelegt. Unerheblich ist nach neuer Regelung jedoch, ob der Fehler derart ist, daß dadurch der Wert der Sache oder ihre Eignung zum vorausgesetzten Gebrauch herabgesetzt oder gemindert wird, vgl. GRAF V. WESTPHALEN, in: HENSSLER /DERS. (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl. 2003, § 434 Rdn. 9.

359 Auf die Voraussetzungen des Satz 2 und Satz 3 wird an späterer Stelle eingegangen. 360 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierungen in

§ 434 I BGB, JZ 2003, 233, 234. In diesem Punkt folgt das neue System dem alten Recht, da vorrangig der subjektive und subsidiär der objektive Fehlerbegriff zur An-wendung kommt, vgl. Begr. RegE S. 211.

361 Hier ist wieder eine Parallele zum UN-Kaufrecht festzustellen, denn in Art. 35 II UN-Kaufrecht wird ebenfalls festlegt, daß auf die objektiven Mindeststandards erst zurück-zugreifen sei, wenn keine Parteivereinbarung vorliegt. Wie bereits an früherer Stelle an-gemerkt, stellte das UN-Kaufrecht bei der Umsetzung der Richtlinie eine große Orien-tierungshilfe dar.

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Sachmängelgewährleistung war362. Unter einer Beschaffenheit im Sinne von § 459 Abs. 1 a.F. verstanden die Rechtsprechung des BGH und Teile der Litera-tur alle physischen Eigenschaften und darüber hinaus solche Umstände, die der Sache ohne weiteres anhafteten, sich aus der Sache selbst ergaben oder ihr un-mittelbar innewohnten363. Wie im ersten Teil dieser Arbeit näher ausgeführt, war Sinn und Zweck des Kriteriums der Unmittelbarkeit die Begrenzung der Ver-käuferhaftung. Diese Einschränkung wurde zu Zeiten des objektiven Fehlerbeg-riffs entwickelt; die Rechtsprechung behielt sie jedoch noch bei Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs zur Abgrenzung zum Begriff der zugesicherten Ei-genschaft bei. Ob diese restriktive Auslegung des Beschaffenheitsbegriffs je-doch auch für die neue Rechtslage im Rahmen des § 434 Geltung beanspruchen kann und soll, ist fraglich, denn bereits nach alter Rechtslage war hinsichtlich dieses Aspekts deutliche Kritik laut geworden364. Betrachtet man den Wortlaut des neuen Gesetzes, ist festzustellen, dass keine Definition für die Beschaffenheit einer Kaufsache verankert wurde. Die Frage, was unter dem Beschaffenheitsbegriff nach neuer Rechtslage zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber laut der Gesetzesbegründung bewusst offengelassen: „Der Begriff „Beschaffenheit“ soll nicht definiert werden. Insbesondere soll nicht ent-schieden werden, ob er nur Eigenschaften umfasst, die der Kaufsache unmittel-bar physisch anhaften oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen“ 365. Damit überträgt der Gesetzgeber weiterhin der Rechtsprechung und dem Schrifttum die Verantwortung dafür, den Beschaffen-heitsbegriff auszuformen. Dass dies keine unbedeutende Aufgabe ist, zeigt sich schon darin, dass allein vom Beschaffenheitsbegriff der Umfang der kaufrechtli-chen Gewährleistung abhängt366. Es wäre daher wünschenswert gewesen, insbe-sondere vor dem Hintergrund der Diskussionen zur alten Rechtslage, wenn der Gesetzgeber im Rahmen der umfassenden Schuldrechtsreform eine klare Defini- 362 Ausführliche Auseinandersetzung mit dem Beschaffenheitsbegriff der alten Rechtslage,

siehe Teil 1 § 2 A I 3. 363 Vgl. BGH NJW 1970, 653, 655; BGH NJW 1980, 1456, 1458; BGH NJW 1992, 2564,

2565; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 34ff. 364 Siehe Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 34; MK-WESTERMANN,

BGB, 3. Aufl. 1992, § 459 Rdn. 18; ESSER/WEYERS, Schuldrecht Bd. II, BT, Teilband 1, 8. Aufl. 1998, § 5 II 2 S.37f.; WILLEMSEN, Zum Verhältnis von Sachmängelhaftung und culpa in contrahendo beim Unternehmenskauf, AcP 1982, 515, 543ff., der einen noch weitergehenden Ansatz vertrat, nämlich, daß alle Angaben, die sich auf die Sache selbst beziehen, vom Beschaffenheitsbegriff erfaßt werden sollten.

365 Begr. RegE S. 213. 366 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003,

118, 123.

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tion des Beschaffenheitsbegriffs im Gesetz niedergelegt hätte. Umso wichtiger ist es, an dieser Stelle zu hinterfragen, wie der Begriff der Beschaffenheit auf-grund der neuen Rechtslage dogmatisch eingeordnet werden kann. Mit Abschaf-fung der Zweiteilung von Fehler und zugesicherter Eigenschaft durch die Schuldrechtreform war die Hoffnung verbunden, eine Vereinfachung der Rechtslage und damit eine Beendigung der „unübersichtlichen Kasuistik“367 herbeizuführen. Dies scheint jedoch bloße Illusion gewesen zu sein, wenn man die bereits laut gewordenen Stimmen in der Literatur betrachtet. Im Rahmen der folgenden Auseinandersetzung mit dem Begriff der Beschaffenheit sollen auch die Meinungen im Schrifttum und bereits ergangene Entscheidungen der Recht-sprechung Berücksichtigung finden. Der Systematik nach wird der Begriff „Beschaffenheit“ gleich im ersten Satz des § 434 genannt: „Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahr-übergang die vereinbarte Beschaffenheit hat“. Daraus kann geschlossen werden, dass dieser Begriff von zentraler Bedeutung für die gesamte Vorschrift sein soll. Im Rahmen der alten Rechtslage war der Begriff der Beschaffenheit hingegen nicht Bestandteil des Wortlauts des § 459 Abs. 1 a.F., sondern nur Teil der Feh-lerdefinition. Wie bereits oben angemerkt, wurde der Beschaffenheitsbegriff der alten Rechtslage von der Rechtsprechung und großen Teilen des Schrifttums sehr eng ausgelegt, da dies aufgrund des zunächst vorherrschenden objektiven Fehlerbegriffs geboten schien, um die Haftung des Verkäufers zu begrenzen368. Da die Parteivereinbarung mit dem Verständnis des objektiven Fehlerbegriffs erst bei der zugesicherten Eigenschaft (Abs. 2) berücksichtigt wurde und nicht schon beim Fehlerbegriff (Abs. 1), schien eine restriktive Auslegung des Beg-riffs angebracht. Doch als dann die herrschende Meinung und ständige Recht-sprechung § 459 Abs. 1 a.F. den subjektiven Fehlerbegriff zugrunde legte, er-schien es bereits widersprüchlich das Unmittelbarkeitsmerkmal der Beschaffen-heitsdefinition aufrechtzuerhalten. Der Widerspruch ergab sich daraus, dass auf der einen Seite die Parteivereinbarung aufgrund des subjektiven Fehlerbegriffs maßgeblich sein sollte, es also von den Parteien abhängen sollte, was durch Ver-einbarung Bestandteil des Vertrags wurde. Auf der anderen Seite wurde den Par-teien die Parteiautonomie wieder genommen, indem nach wie vor der restriktive Maßstab für die Beschaffenheitsbestimmung gelten sollte. Mit § 434 ist nun der subjektive Fehlerbegriff eindeutig zur Grundlage des Mangelbegriffs erklärt worden; eine Differenzierung zwischen zugesicherter Eigenschaft und Fehler-begriff ist entfallen. Der Sachmangel ist nun zweifellos primär von der Parteiau-

367 So FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn.16. 368 Siehe ausführlich zu dieser Problematik Teil 1 § 2 III 1.

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tonomie abhängig. Dies führt zur logischen Konsequenz, dass es im Gegensatz zu früher keiner grundsätzlichen Einschränkung der Haftung des Verkäufers mehr bedarf. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer noch schützenswert sein solle, obwohl das Gesetz ihm die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen des Vertragsabschlusses gewisse Details des Kaufs festzu-legen und zu vereinbaren. Vielmehr erscheint ein Widerspruch zur neuen gesetz-lichen Lage darin zu bestehen, den Parteien durch Einschränkung der Begriff-lichkeiten vorzuschreiben, welche Beschaffenheit der Kaufsache Bestandteil des Vertrags werden darf und welche nicht. Daher besteht die einzig sinnvolle Lö-sung darin, die Unterscheidung zwischen unmittelbar anhaftenden Umständen und nicht unmittelbar anhaftenden Umständen als obsolet und überflüssig anzu-sehen369. Grigoleit weist zu Recht auch auf die richtlinienkonforme Auslegung hin, welche für die diffuse Einschränkung durch das Unmittelbarkeitskriterium keinen Anhaltspunkt biete370. Nach der hier vertretenen Ansicht ist somit der enge Beschaffenheitsbegriff für die neue Rechtslage abzulehnen. Gleichwohl gibt es Ansichten, welche die Beibehaltung des engen Beschaffen-heitsbegriffs befürworten. So beispielsweise Huber: „…Und da der Begriff der Beschaffenheit aus der Rechtsprechung rezipiert ist, ist es geboten, ihn so zu verstehen, wie ihn die bisherige Rechtsprechung verstanden hat. „Beschaffen-heit“ im Sinne des § 434 Abs. 1 sind deshalb nur die körperlichen Eigenschaften der Sache und außerdem sonstige Umstände tatsächlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Art, die der Kaufsache als solcher auf Dauer anhaften“371. Es er-scheint allerdings unbefriedigend, alte Definitionsmuster zu übernehmen, ohne diese für die neue Rechtslage zu überprüfen. In dieselbe Richtung geht eine jüngst ergangene Entscheidung des OLG Hamm372, in der es um die Herkunft eines Fahrzeuges ging, welches ursprünglich ein Re-Import aus Italien war. Der Käufer erfuhr von der Tatsache des Re-Imports jedoch erst nach Abschluss des Kaufvertrags und der Übergabe. Das OLG Hamm stellte im Rahmen dieses Ur-teils fest, dass der Umstand, dass der Wagen ein Re-Import aus Italien sei, keine Beschaffenheit der Kaufsache darstelle. Denn die Eigenschaft bzw. der Umstand

369 So auch schon Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 37; IMMENGA,

Fehler oder zugesicherte Eigenschaft?, AcP 1971, 1, 16. 370 GRIGOLEIT/ HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003,

118, 124. 371 HUBER, Die Praxis des Unternehmenskaufs im System des Kaufrechts, AcP 2002, 179,

228. Dabei verweist er auf Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Rdn. 20ff. Auch Rein-king und Eggert befürworten die Beibehaltung des engen Beschaffenheitsbegriffs, vgl. REINKING/EGGERT, Der Autokauf, 8. Aufl. 2003, Rdn. 179.

372 OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1360ff.

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müsse in der Beschaffenheit der Kaufsache wurzeln und ihr unmittelbar (phy-sisch) auf eine gewisse Dauer anhaften373. Das Gericht bezog sich somit ein wei-teres Mal auf das bereits ausführlich diskutierte Unmittelbarkeitskriterium und behielt deshalb den bisher von der Rechtsprechung des BGH gehaltenen Kurs in diesem Bereich bei374. Welchen Weg die Rechtsprechung, insbesondere der BGH, bezüglich der Definition der Beschaffenheit gehen wird, bleibt abzuwar-ten. Auch wenn der enge Beschaffenheitsbegriff vorliegend abzulehnen ist, bleibt weiter die Frage, wie „Beschaffenheit“ im Sinne der neuen Rechtslage dogma-tisch eingeordnet werden kann. Sollen nur solche Umstände darunterfallen, die nach früherer Rechtslage die „zugesicherte Eigenschaft“ im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. charakterisierten375 oder sogar solche, die darüber hinausgehen? Dies würde bedeuten, dass auch Umstände, die „außerhalb der Sache“ liegen, mit einbezogen würden. Zu denken ist an dieser Stelle an das bereits mehrmalig zur Veranschaulichung genannte Beispiel des Aufstellungsorts eines Wä-schetrockners376. Nach alter Rechtslage wurde von der Rechtsprechung in dem vom Käufer gewünschten Aufstellungsort weder eine Beschaffenheit noch eine Eigenschaft im Sinne von § 459 a.F. gesehen, da es sich bei dem Aufstellungsort um einen außerhalb der Sache liegenden Umstand handelte. Fraglich ist nun, wie ein solcher Fall nach neuer Rechtslage zu beurteilen ist. Graf von Westpha-len377 geht zutreffend davon aus, dass die Rechtsprechung des BGH in diesem Sinne nicht mehr mit der neuen Rechtslage vereinbar und somit als überholt an-zusehen ist. Eine solche Restriktion sei im Rahmen des § 434 nicht mehr ge-rechtfertigt, da sie den Parteiwillen beschränke und missachte. Dieser sei aber einzig ausschlaggebendes Kriterium zur Bestimmung des Sachmangels378. Der Ansicht von Graf von Westphalen ist zuzustimmen, da richtigerweise aufgrund der neuen Rechtslage anzunehmen ist, dass die Abmessungen eines Geräts wie 373 OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1360. Das OLG Hamm ist sich zwar bewußt, daß der Ge-

setzgeber offen gelassen hat, ob die Unmittelbarkeitsbeziehung gegeben sein muss. Das Gericht ist jedoch der Ansicht, daß der Fehlerbegriff im Vergleich zur alten Rechtslage nicht verändert werden solle und somit der Beschaffenheitsbegriff weiterhin restriktiv auszulegen sei.

374 Vgl. hierzu Teil 1§ 2 A I 3. 375 Siehe Teil 1§ 2 A II 2. 376 Vgl. bereits Teil 1 § 2 A III 2a)., vgl. BGH NJW 1985, 2472ff. 377 GRAF V. WESTPHALEN in: HENSSLER/ DERS. (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, 2.

Aufl. 2003, § 434 Rdn. 15. 378 GRAF V. WESTPHALEN in: HENSSLER/ DERS. (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, 2.

Aufl. 2003, § 434 Rdn. 15. So auch HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/ WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 98.

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hier der Wäschetrockner zur Beschaffenheit des Geräts gehören. Nur so kann der Parteiautonomie entsprochen werden. Unabhängig vom Urteil formulieren Dauner-Lieb und Thiessen ihre Zustim-mung zum völlig uneingeschränkten Mangelbegriff: „Ein Mangel liegt vor, wenn der Kaufgegenstand anders ist als vereinbart. Es gibt keinen Typenzwang mehr, der die Haftung an einen Fehler oder an eine zugesicherte Eigenschaft knüpft…jede Beschaffenheitsvereinbarung löst die Rechte des Käufers aus“379. Diese Annahme überzeugt, da mit dem Abstellen auf die Parteivereinbarung be-reits konkrete Kriterien zur Abgrenzung eines Mangels vorgegeben sind. Liegt keine konkrete Parteivereinbarung vor, sieht das Gesetz in S. 2 und S. 3 weitere Merkmale zur Bestimmung der maßgeblichen Beschaffenheit des Kaufgegens-tandes vor. Schulze und Ebers stimmen der Ansicht von Dauner-Lieb und Thies-sen im Grunde zu. Sie rechtfertigen ihre Ansicht allerdings mit dem Aspekt der „Vertragsmäßigkeit“ der Richtlinie380. Auszulegen sei das Gewährleistungsrecht im Sinne der Richtlinie und diese subsumiere unter „Vertragsmäßigkeit“ auch außerhalb der Kaufsache liegende Umstände. Dies müsse dann auch für § 434 gelten, welcher Art. 2 der Richtlinie umsetze381. Auch wenn die vorstehenden Argumente sachgerecht und überzeugend erschei-nen, gibt es Ansichten in der Literatur, die zur Bestimmung der Beschaffenheit im Sinne des § 434 lediglich für eine inhaltliche Übernahme der bisherigen De-finition der „zugesicherten Eigenschaft“ plädieren. Dieser Ansicht ist beispiels-

379 DAUNER-LIEB/THIESSEN, Garantiebeschränkungen in Unternehmenskaufverträgen nach

der Schuldrechtsreform, ZIP 2002, 108, 110. Für den weiten Beschaffenheitsbegriff auch WOLF/KAISER, Die Mängelhaftung beim Unternehmenskauf nach neuem Recht, DB 2002, 411, 411f; HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/ WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rn. 98; LORENZ/RIEHM, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rn. 578; WEILER, Culpa in Contrahendo, Anfechtung und Kaufrecht- alte Konkurrenzfragen im neuen Licht, ZGS 2002, 249, 255f; MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, 2002, § 434 Rdn. 20; SCHUBEL, in: SCHWAB/WITT (Hrsg.), Examenswissen zum neuen Schuldrecht, 2.Aufl. 2003, S.168. Sehr gelungen ist bei Berger die Veranschaulichung der Erheblich-keit von außerhalb der Sache liegenden Umständen für den Kaufentschluß des Käufers anhand des Beispiels des Kunsthandels, vgl. BERGER, Der Beschaffenheitsbegriff des § 434 Abs. 1 BGB, JZ 2004, 276, 277.

380 SCHULZE/EBERS, Streitfragen im neuen Schuldrecht, JuS 2004, 462, 463. 381 SCHULZE/EBERS, Streitfragen im neuen Schuldrecht, JuS 2004, 462, 463. Diesem wider-

sprechen Grigoleit und Herresthal, da sich die „Vertragsmäßigkeit“ ebenso auf das Verbrauchsgut beziehe und somit nicht außerhalb der Sache liegende Umstände erfaßt seien, vgl. GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung, JZ 2003, 118, 123.

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weise Matusche-Beckmann382. Nach ihrer Auffassung sollten keine Umstände, die außerhalb der Kaufsache liegen, unter den Beschaffenheitsbegriff fallen. Faust sieht dies ähnlich, wenngleich er ein wenig differenziert: „Der Beschaf-fenheitsbegriff sollte nach neuem Recht jedenfalls auch all das umfassen, was nach altem Recht eine zusicherungsfähige Eigenschaft darstellte. Darüber hinaus sollten zur Beschaffenheit im Sinne von § 434 alle Umweltbeziehungen zählen, die in irgendeinem Zusammenhang mit der physischen Eigenschaft des Kaufge-genstandes stehen“383. Faust ist daher für die Übernahme der bisherigen Eigen-schaftsdefinition, doch fordert er gleichzeitig das Vorliegen eines Zusammen-hangs zwischen dem kaufentscheidenden Umstand und dem physischen Zustand der Kaufsache384. Die Ansichten in der Literatur veranschaulichen, dass sich bereits eine Vielzahl von Autoren mit der durch die Schuldrechtsreform bedingte Veränderung hin-sichtlich des Beschaffenheitsbegriffs auseinandergesetzt hat. Im Ergebnis ist je-doch festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut des § 434 keine Einschrän-kung durch einen auf den körperlichen Zustand der Sache sich beziehenden Um-stand gerechtfertigt ist. Einzig und allein der „weite“ oder „uneingeschränkte“ Beschaffenheitsbegriff entspricht dem Anspruch des Gesetzgebers, aus dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht ein tragfähiges System für alle Kaufge-genstände zu machen385. Darüber hinaus widerspricht es der Kodifizierung des subjektiven Fehlerbegriffs, die Ausübung der Privatautonomie durch eine ein-schränkende Begrifflichkeit zu hemmen. In Anbetracht der überzeugenderen Argumente, ist für die Beschaffenheitsdefinition nach neuer Rechtslage dem un-eingeschränkten Beschaffenheitsbegriff der Vorzug zu geben386.

382 Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 35.; so auch ROTH,

Standzeit von Kraftfahrzeugen als Sachmangel, NJW 2004, 330, 330f. 383 FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 21ff. 384 Ähnlich auch GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kauf-

recht, JZ 2003, 118, 124. 385 KUNKEL, Zu bestimmten Aspekten des Sachmangels, der Haltbarkeitsgarantie und der

Nacherfüllung, Diss. Würzburg, 2004, S. 47, im Erscheinen. 386 Auch das Merkmal der Dauerhaftigkeit war nach alter Rechtslage entscheidendes Krite-

rium, ob eine Beschaffenheit vorlag oder nicht, denn ein Fehler konnte nur vorliegen, wenn der mangelbegründende Umstand der Kaufsache dauerhaft anhaftete, vgl. dazu Teil 1 § 2 A I 3. Doch auch dieses Merkmal soll nach der überwiegenden Literaturmei-nung nicht mehr von Bedeutung sein, wenn vorrangig auf den Willen der Parteien abge-stellt wird. Wie richtig betont wird, sei dies mit § 434 nicht in Einklang zu bringen, da im Gesetz nur auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abgestellt werde. So Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 46; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 24; andere Ansicht HUBER, Die Praxis des Unternehmenskaufs im System des Kaufrechts, AcP 2002, 179, 228.

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b). Auswirkungen auf den Unternehmenskauf Nach eingehender Erörterung des Beschaffenheitsbegriffs nach neuer Rechtsla-ge, ist schließlich noch ein kurzer Blick auf einen besonderen Bereich, den Un-ternehmenskauf, zu werfen. Es ist fraglich, inwiefern die durch das Schuld-rechtsmodernisierungsgesetz herbeigeführten Veränderungen des Sachmängel-rechts Auswirkungen auf die dogmatische Einordnung des Unternehmenskaufs haben. Es ist primär die Frage zu klären, ob Angaben des Verkäufers zu Ertrag oder Umsatz eines Unternehmens als eine Beschaffenheit der Sache im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 eingestuft werden können387. Wie bereits im ersten Teil dieser Arbeit ausgeführt, war dies in der früheren Rechtslage nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht der Fall388. Als Begründung wurde meist darauf hingewiesen, dass Angaben zu den Erträgen und dem Umsatz eines Unterneh-mens als kein „unmittelbar anhaftender Umstand“ der Sache eingestuft werden könnten und somit nicht dem engen, von der Rechtsprechung vertretenen, Be-schaffenheitsbegriff unterlägen389. Darüber hinaus war die zu kurze Verjährung gemäß § 477 a.F. und die Tatsache, dass der Käufer „nur“ einen Wandelungsan-spruch hätte geltend machen können (§§ 462, 465ff. a.F.), wohl dafür verant-wortlich, dass der BGH sich in den meisten Urteilen gegen das Gewährleistungs-recht und für einen Anspruch aus c.i.c. entschied390. Diese rechtsfolgenorientier-ten Erwägungen scheinen jetzt überholt zu sein. Zudem ist nun auf den Unternehmenskauf in Bezug auf die Einordnung des Be-schaffenheitsbegriffs einzugehen. Wie vorangegangene Überlegungen zeigen, ist ein enger Beschaffenheitsbegriff aufgrund der neuen Rechtslage nicht mehr tragbar. Die Herrschaft des Parteiwillens gebietet letztlich eine weite Auslegung der Beschaffenheit im Sinne des § 434. Geht man von dieser Grundüberlegung aus, scheint die Antwort klar zu sein: Angaben des Verkäufers über den Ertrag und den Umsatz eines Unternehmens fallen eindeutig unter die Beschaffenheit einer Sache391. Enthält der Kaufvertrag also Angaben über Umsätze und Erträge

387 Unumstritten ist nach wie vor die Tatsache, daß auf den Unternehmenskauf die Vor-

schriften über den Kauf einer Sache und damit auch die §§ 433ff. entsprechend anzu-wenden sind. Denn ein Unternehmen fällt als „sonstiger Gegenstand“ unter § 453 Abs. 1, der besagt, daß die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf sonstige Gegens-tände entsprechend anwendbar seien, vgl. Begr. RegE S. 242.

388 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 § 2 A III 2 b). 389 Siehe als Beispiel BGH NJW 1995, 1547f. 390 Hierzu näher Teil 1 § 2 A III 2 b). 391 So auch TRIEBEL/HÖLZLE, Schuldrechtsreform und Unternehmenskaufverträge, BB

2002, 521, 525; WOLF/KAISER, Die Mängelhaftung beim Unternehmenskauf nach neu-em Recht, DB 2002, 411, 414; HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/ WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 549; BÜDENBENDER, Grundla-

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eines Unternehmens, so stellt dies eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 dar392. Wie Haas richtig anmerkt, gebe es sicherlich An-gaben, die nur einen kürzeren Zeitraum betreffen und somit nicht per se geeignet seien, ein dauerhaft verlässliches Bild von dem Unternehmen abzugeben393. Doch sind solche Angaben immer noch richtungweisender als gar keine Anga-ben394, und darüber hinaus obliegt es den Parteien, ihnen wichtig erscheinende Angaben zu vereinbaren. Es liegt somit im Verantwortungsbereich des Verkäu-fers, das richtige Zahlenmaterial anzugeben und im Bereich des Käufers, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen395. Auch die Motive der Rechtsprechung für ein Verneinen der §§ 459 ff. a.F. und ein Bejahen eines Anspruchs des Käufers aus c.i.c. hinsichtlich der Ertrags- und Umsatzangaben im Unternehmenskauf scheinen nun mit der neuen Rechtslage weitgehend entfallen zu sein. Die kaufrechtliche Verjährung ist gemäß § 438 Abs. 1 Nr.3 von sechs Monaten auf zwei Jahre erhöht worden und Schadenser-satzansprüche (§§ 437 Nr. 3, 440, 280ff.) stehen dem Käufer nun auch im Kauf-recht verschuldensabhängig zu, wie früher nur bei der c.i.c.396. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Rechtsprechung nach der neuen Rechtslage die kauf-rechtlichen Sachmängelvorschriften für den Käufer als unanwendbar erklären sollte; denn diese bieten fortan die Möglichkeit, den Käufer mit der neuen Ver-jährung und ihren Rechtsbehelfen umfangreich zu schützen. Nicht zuletzt er-möglicht das neue Sachmängelrecht, insbesondere auch für den Bereich des Un-

gen der Gewährleistung beim Unternehmenskauf, in: DAUNER-LIEB/HENSSLER (Hrsg.), Unternehmenskauf und Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S. 5, 33; OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 66. Oetker und Maultzsch sind jedoch der Auffassung, daß Angaben zum Umsatz eines Unternehmens nur schwierig als Beschaffenheitsmerkmal eingeordnet werden könnten, da diese über-wiegend von der Person des Unternehmers und somit von subjektiven Kriterien abhin-gen. Nur die Ertragskraft sei der Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 zuzu-ordnen.

392 HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 549. Andere Ansicht GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003, 118, 125.

393 HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 549.

394 So auch Wolf und Kaiser: „Gleichgültig, um welche Art von Angaben es sich handelt bzw. auf welchen Zeitraum sie sich erstrecken, so konkretisieren sie jedenfalls die Be-schaffenheit des Unternehmens“, vgl. WOLF/KAISER, Die Mängelhaftung beim Unter-nehmenskauf nach neuem Recht, DB 2002, 411, 414.

395 TRIEBEL/HÖLZLE, Schuldrechtsreform und Unternehmenskaufverträge, BB 2002, 521, 525.

396 Vorrangig steht dem Verkäufer allerdings das Recht zur Nacherfüllung zu, §§ 437 Nr. 1, 439.

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ternehmenskaufs, eine transparente und vorhersehbare Rechtsprechung, welche wiederum zur Rechtssicherheit beider Parteien beitragen kann397.

II. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Nachdem nun ausführlich auf Satz 1 des § 434 eingegangen worden ist, soll nun Satz 2 näher betrachtet werden. Wie bereits an früherer Stelle angemerkt, sollen die Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 S. 2 und 3 nur herangezogen werden, wenn Satz 1 nicht einschlägig ist. Satz 2 unterscheidet jedoch zwischen der kon-kret-individuellen Bestimmung des Verwendungszwecks nach Nr. 1 und der konkludenten Bezugnahme auf die Normalbeschaffenheit nach Nr. 2398. Nach Nr. 1 ist die Kaufsache dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendungszweck eignet. Aber bedeutet „nach dem Vertrag vorausgesetzt“, dass der Verwendungszweck des Käufers vertraglich vereinbart sein muss oder ist es ausreichend, dass dieser erwünschte Zweck nur Geschäftsgrundlage des Kaufgeschäfts geworden ist? Diese Proble-matik ist nicht neu, sondern stellte sich bereits auf Grund der alten Rechtsla-ge399. Allerdings konnte schon damals keine befriedigende Antwort auf die Fra-ge gefunden werden400. Wünschenswert wäre eine klare Vorgabe des Gesetzge-bers im Zuge der Schuldrechtsreform gewesen. Eine solche blieb jedoch aus, da dieser die Frage bewusst offen lassen wollte401. Das Schrifttum hat sich hinge-gen bereits mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Jorden und Lehmann402 sind beispielsweise der Auffassung, dass eine Geschäftsgrundlage für ein Vor-liegen von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ausreiche. Sie führen zur Begründung an, dass schon die systematische Stellung des Merkmals Erklärung genug sei. Satz 1 sei für Beschaffenheitsmerkmale einschlägig, die im Zuge der Kaufverhandlun-gen zwischen Käufer und Verkäufer vertraglich vereinbart seien. Hingegen er-fasse Satz 2 jene Merkmale, die nicht Gegenstand einer Vereinbarung seien. Die

397 So auch WOLF/KAISER, Die Mängelhaftung beim Unternehmenskauf nach neuem Recht,

DB 2002, 411, 414. 398 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierung, JZ

2003, 233, 234. 399 Im Rahmen der alten Rechtslage wurde zwar von „Gebrauch“ und nicht von „Verwen-

dung“ gesprochen. Dies soll aber keine inhaltliche Veränderung bedingen, siehe Begr. RegE S. 213.

400 Siehe Teil 1 § 2 A I 2. 401 Begr. RegE S. 213. 402 JORDEN/LEHMANN, Verbrauchsgüterkauf und Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001,

952, 956. Ähnlich auch MEDICUS, Schuldrecht BT, 12. Aufl. 2004, § 74 Rdn. 45.

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„nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ sei aber gleichwohl in S. 2 verankert. Dies bringe klar zum Ausdruck, dass eine „nach dem Vertrag voraus-gesetzte Verwendung“ auch dann zu bejahen sei, wenn eine Verwendung nicht vertraglich vereinbart, sondern nunmehr als Geschäftsgrundlage von den Partei-en dem Kaufgeschäft zugrunde gelegt wurde403. Für Oetker und Maultzsch404 ist es hingegen nicht nachvollziehbar, auf jegliche Vereinbarungen des Verwen-dungszwecks zu verzichten und bloß eine innere Gesinnung ausreichen zu las-sen. Dies widerspreche den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und beschwöre gro-ße Rechtsunsicherheit herauf. Faust weist ferner darauf hin, dass auch das Er-fordernis der Zustimmung aus Art. 2 Abs. 2 lit. b der Richtlinie dieser Ansicht nicht widerspreche405. Einerseits erscheint diese Ansicht richtig, insbesondere wenn man bedenkt, dass gerade der Aspekt der „Zustimmung“ zur Verwen-dungsabsicht im Gesetzgebungsverfahren erheblich umstritten war406. Dass die-ses Kriterium letztlich doch in den Wortlaut der Richtlinie aufgenommen wurde, symbolisiert zunächst die Wichtigkeit des Kriteriums. Diese relativiert sich aber wiederum dadurch, dass sich der deutsche Gesetzgeber gegen die Übernahme der Voraussetzung der Zustimmung in die Fassung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr.1 entschieden hat. Zwar scheint es richtig, wenn Jorden und Lehmann auf die Systematik der Vor-schrift hinweisen, so dass eine Geschäftsgrundlage ausreichen möge. Dennoch erscheint es, wie auch schon im Rahmen der früheren Rechtslage, nicht sachge-recht, nur innere Vorstellungen des Käufers als Maßstab für die Bestimmung der Sollbeschaffenheit der Kaufsache heranzuziehen. Dem Verkäufer muss wenigs-tens zugestanden werden, die Erwartungen des Käufers, die er zu erfüllen hat, 403 JORDEN/LEHMANN, Verbrauchsgüterkauf und Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001,

952, 956. 404 OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 41. So auch

GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierung, JZ 2003, 233, 235; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 50.

405 Schinkels vertritt sogar die Ansicht, daß der Verkäufer der Verwendungsabsicht des Käufers trotz des Richtlinienwortlauts überhaupt nicht zustimmen müsse. Es sei viel-mehr ausreichend, daß sich der Verkäufer gegen die angestrebte Verwendung nicht ver-wahre, vgl. SCHINKELS, Der Vorrang der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwen-dung vor damit unvereinbaren Beschaffenheitsangaben, ZGS 2004, 226, 231. Ähnlich auch GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn. 35.

406 In dem Richtlinienvorschlag KOM (95) 520 endg., war in Art. 2 Abs. 2 lit. c keine Rede von einer „Zustimmung“, auch im geänderten Richtlinienvorschlag KOM (98) 217 endg. nicht. Erst in die Endfassung der Richtlinie wurde das Kriterium aufgenommen, siehe Art. 2 Abs. 2 lit. c der Richtlinie.

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auch zu erkennen. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass eine Geschäftsgrund-lage für das Vorliegen von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 nicht ausreichend erscheint.

III. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Die dogmatische Einordnung von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 scheint im Gegensatz zu Nr. 1 unproblematischer zu sein. Die Kaufsache muss sich danach „für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann“407. Grundsätzlich muss sich der Kaufgegenstand somit für die gewöhnliche Verwendung eignen, also zur Benutzung und Nutzbarkeit gleich-wertiger Sachen bei durchschnittlichen und vergleichbaren Lebenssachverhal-ten408. Des Weiteren soll der Verkäufer künftig nicht schon für eine Beschaffen-heit haften, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist409; vielmehr ist erforder-lich, dass der Käufer diese Beschaffenheit des Kaufgegenstandes auch erwarten kann. Für den Beschaffenheitsbegriff im Sinne des Satz 2 Nr. 2 soll nichts ande-res gelten als für den in Satz 1, da dies das Prinzip der Einheit der Rechtsord-nung dies gebietet. Was jedoch unter dem Begriff der „üblichen“ Beschaffenheit zu verstehen ist, ist fraglich. Betrachtet man die Richtlinie, so ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 2 lit. d Var. 1 die Ausdrücke „Qualität“ und „Leistung“ ver-wendet410. Es ist davon auszugehen, dass der Begriff der üblichen Beschaffen-heit diese beiden Kriterien zusammenfasst. Wie auch schon Grundmann zur „Üblichkeit“ im Rahmen der Richtlinie treffend anmerkte, ist für das Bestimmen dieses Kriteriums der jeweilige Verkehrskreis als Maßstab heranzuziehen411. Üblich ist also grundsätzlich die normale Beschaffenheit vergleichbarer Sachen. Daher kann beispielsweise ein Gebrauchtwagen nur mit einem Gebrauchtwagen und nicht mit einem Neuwagen verglichen werden, da nur diese miteinander vergleichbar sind. Welcher Erwartungshorizont des Käufers für S. 2 Nr. 2 maß-geblich ist, wird im Rahmen des S. 3 zu erörtern sein412.

407 Diese Formulierung entspricht ungefähr dem Wortlaut des § 459 Abs. 1 S. 1 1. Alt. a.F. 408 Hier kann an den alten Terminus des § 459 Abs. 1 a.F. angelehnt werden. Vgl. Palandt-

PUTZO, BGB, 60. Aufl. 2001, § 459 Rdn. 10. 409 So wie dies bisher im Rahmen des § 459 Abs. 1 a.F. der Fall war. 410 MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht,

2002, § 434 Rdn. 54. 411 GRUNDMANN, in: DERS./BIANCA (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Art. 2 Rdn.

26. Vgl. Teil 2 § 4 C II 2a). 412 Siehe Teil 3 § 7 B II 5.

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Wird von den Parteien also keine Verwendungsabsicht des Käufers zur Ge-schäftsgrundlage gemacht, richtet sich die Beschaffenheit nach der gewöhnli-chen Verwendung der Kaufsache. Von einem Kraftfahrzeug erwartet man bei-spielsweise für gewöhnlich, dass es fahrtüchtig ist und ohne behördliche Prob-leme zugelassen werden kann. Andere Merkmale kann der Käufer gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 nicht erwarten. Zu Recht fasst Gsell413 daher Satz 2 Nr. 2 le-diglich als Auffangtatbestand auf. Das scheint nach dem Prinzip „lex specialis derogat legi generali“ auch gerechtfertigt zu sein. Dieses bedeutet, dass die be-sonderen Vorschriften den allgemeinen vorgehen, hier also die besondere Rege-lung in Nr. 1 „die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung“, vor der all-gemeinen in Nr. 2 „der gewöhnlichen Verwendung“ Vorrang hat414. Des Weite-ren kann der Vorrang von Nr. 1 vor Nr. 2 mit der Vorherrschaft der Privatauto-nomie begründet werden, da diese in Nr. 1 zum Ausdruck kommt. Die weiteren Tatbestandmerkmale des Satzes 2 Nr. 2 sind nunmehr unproblema-tisch und daher an dieser Stelle nicht weiter zu erörtern. Vielmehr ist auf den für die gegenständliche Diskussion wesentlichen Satz 3 einzugehen. Denn ob die Kaufsache der üblichen, erwarteten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 entspricht, bemisst sich unter anderem auch danach, ob sie die Be-schaffenheit aufweist, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung erwarten kann415.

B. Unrichtige Werbeangaben als Sachmangel, § 434 Abs. 1 S.3

Nachdem ein kurzer Überblick über die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 S. 1 und S. 2 gegeben wurde, ist schließlich der in der Diskussion im Vordergrund stehende § 434 Abs. 1 S. 3 näher zu beleuchten. Das Hinter-grundwissen, welches in den zwei vorangegangenen Teilen erarbeitet wurde, soll nun als Interpretationshilfe für die Untersuchung des § 434 Abs. 1 S.3 he- 413 GSELL, Kaufrechtsrichtlinie und Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001, 65, 66. 414 Das „oder“ zwischen Nr. 1 und Nr. 2 könnte auch für ein alternatives Vorliegen der

Voraussetzungen sprechen. Dem ist aber entgegenzutreten, da ein Subsidiaritätsverhält-nis beider Merkmale eher dem subjektiven Fehlerbegriff, welcher eindeutig der Be-stimmung des § 434 zugrunde gelegt ist, Ausdruck verleiht.

415 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-recht, 2002, E I Rdn. 28.

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rangezogen werden. Der Schwerpunkt des nachfolgenden Abschnitts liegt somit auf der Frage, wie die Haftung des Verkäufers für eigene unrichtige Werbean-gaben und auch für Angaben Dritter nach neuer Rechtslage ausgestaltet wurde. Im Rahmen dessen ist weiter zu klären, inwiefern die früher vorhandenen Prob-leme der alten Rechtslage den Anstoß für die Neuregelung gegeben haben.

I. Hintergrund des § 434 Abs. 1 S. 3 Bevor der konkrete Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 3 durch das Schuldrechtsmo-dernisierungsgesetz festgelegt wurde, hatte es bereits verschiedene Versionen dieser Regelung im Zuge der Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Schuld-recht gegeben. Wie schon an früherer Stelle erwähnt416, gab es umfangreiche Auseinandersetzungen, bis tatsächlich eine Einigung auf die Endfassung erzielt werden konnte. § 434 Abs. 1 S. 3 begründet grundsätzlich keinen eigenständigen Sachmangel, denn er bezieht sich auf § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2417. Nach S. 2 Nr. 2 sind Sachen frei von Sachmängeln, wenn sie eine Beschaffenheit aufweisen, welche bei Sa-chen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache er-warten kann. Die Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers in der Werbung konkretisieren sodann diejenige Beschaffenheit, die der Käufer nach S. 2 Nr. 2 erwarten kann. Dies hat zur Folge, dass durch Werbung geweckte Erwartungen des Käufers in die „gewöhnliche Beschaffenheit“ der Sache einzubeziehen sind418. Gleichwohl kann dennoch von einer gewissen Eigenständigkeit von Satz 3 ausgegangen werden, da ein Sachmangel schon dann begründet ist, wenn eine Kaufsache zwar die Beschaffenheit besitzt, die sie für die übliche Verwendung besitzen müsste, der aber die in der Werbung beworbene Beschaffenheit fehlt. Der hohe Stellenwert der Werbung in der Praxis419 wird nun durch die gesetzli-che Verankerung von Werbeaussagen in § 434 Abs.1 S. 3 widergespiegelt. Wie im Rahmen der alten Rechtslage deutlich zum Ausdruck kam, war das hundert

416 Zu den Auseinandersetzungen hinsichtlich des Schuldrechtsmodernisierungsgesetztes,

vgl. Teil 2 § 5 A. 417 So auch WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784,

1786. 418 Siehe PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für Werbeangaben, JR 2001, 265, 268. Eine

solche Einbeziehung führe nach Peifer zu der Erkenntnis, daß es sich um ein objektives Kriterium handle, vgl. Teil 2 § 4 C I.

419 So bereits schon im Rahmen der alten Rechtslage CHRISTOFFEL, Die Garantie im Rah-men kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung, 1984, S. 32; Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, § 459 Rdn. 170; MK-WESTERMANN, BGB, 3. Aufl. 1995, § 459 Rdn. 60.

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Jahre alte Bürgerliche Gesetzbuch nicht mehr fähig, die Entwicklungen im Be-reich des anonymen Massenkaufs, welcher in der heutigen Zeit hauptsächlich durch Werbung bestimmt wird, gerecht zu werden. Der Leidtragende war meist der Käufer, da er sich durch keine gesetzliche Regelung geschützt sehen konn-te420, wenn die beworbenen Eigenschaften der Sache nicht vorlagen. Die „Grau-zone“ der Werbeaussagen im alltäglichen Kaufgeschäft wird jetzt dem Mangel-begriff und seinen Rechtsfolgen unterstellt. Auf die speziellen Voraussetzungen des § 434 Abs.1 S. 3 wird nun im nachfolgenden Abschnitt eingegangen.

II. Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 S. 3 Erster Ausgangspunkt aller Überlegungen zu § 434 Abs. 1 S. 3 ist die Tatsache, dass diese Bestimmung der Umsetzung des Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie dient421. Die Implementierung der Richtlinie wurde nahezu buchstabengetreu vorgenommen422. Die Berücksichtigung dieses Aspekts ist unerlässlich für die weitere Untersuchung der Voraussetzungen des Satz 3.

1. Eigenschaftsbegriff nach neuer Rechtslage Wie an früherer Stelle bereits angemerkt, ist der Begriff der zugesicherten Ei-genschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht mehr gegenwärtig. Er spielt nun-mehr ausschließlich eine Rolle bei der Frage, ob eine „Garantie“ im Sinne von § 276 vorliegt oder nicht423. Allerdings nimmt § 434 Abs. 1 S. 3 noch Bezug auf den Begriff der Eigenschaft, daher stellt sich die Frage, wie dieser zu verstehen ist. Betrachtet man den konkreten Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 3 „Zu der Be-schaffenheit nach Satz 2 gehören Eigenschaften…“ ist festzustellen, dass der Eigenschaftsbegriff der neuen Vorschrift nur eine untergeordnete und keine ei-genständige Rolle mehr einnimmt wie noch in § 459 Abs. 2 a.F. Die Aufgabe des Eigenschaftsbegriffs besteht somit lediglich darin, eine Beschaffenheit der Sache näher zu konkretisieren. Im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 ist der Eigen-schaftsbegriff also als eine „Unterkategorie“ des Beschaffenheitsbegriffs zu ver- 420 Auch wenn der Verkäufer in manchen Ausnahmefällen von der Rechtsprechung für un-

richtige Werbeangaben haftbar gemacht wurde, konnte sich der Käufer auf keine gesetz-liche Regelung berufen. Eine Haftung hing lediglich vom Zufall des Einzelfalls ab, dazu ausführlich in Teil 1 § 2 A V.

421 BERNREUTHER, Sachmangelhaftung durch Werbung, WRP 2002, 368. 422 TRÖGER, Zum Systemdenken im europäischen Schuldvertragsrecht-Probleme der

Rechtsangleichung durch Richtlinien am Beispiel der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, ZEuP 2003, 525, 532.

423 Begr. RegE S. 132; BÜDENBENDER, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.), Schuldrecht, 2002, § 433 Rdn. 4.

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stehen; der Eigenschaftsbegriff wird, im Gegensatz zur alten Rechtslage, vom Beschaffenheitsbegriff begrenzt. Der deutsche Gesetzgeber hat in seiner Geset-zesbegründung jedoch eine klare und unmissverständliche Definition festgehal-ten424. Danach sollen grundsätzlich nur Aussagen unter den Begriff der Eigen-schaft fallen, die konkret geäußert werden und nicht bloß solche, die als werbli-che Anpreisungen einzustufen sind425. Werbung ist für die Beurteilung der Be-schaffenheit der Sache also nur dann relevant, wenn sie hinreichend konkrete Eigenschaften verspricht426. Dies ist auch logisch, denn lediglich reißerische Anpreisungen in der Werbung beinhalten meist keine Tatsachenaussagen, die nachprüfbar sind. Dies müssen sie aber sein, um eine Haftung des Verkäufers rechtfertigen zu können427. Es erscheint daher sachgerecht alle Werbeaussagen, die einen Tatsachenkern enthalten, also sowohl konkrete Werbeaussagen als auch gegebenenfalls Anpreisungen, zunächst unter den Begriff der Eigenschaft zu subsumieren. Solche Angaben, die der Käufer vernünftigerweise nicht erwar-ten kann, fallen dann durch die Ausnahmeregelung des § 434 Abs. 1 S.3 a.E.428 „dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte“ wieder aus dem An-wendungsbereich der Vorschrift429.

424 Begr. RegE S. 214. 425 Begr. RegE S. 214. So ist einleuchtend, daß die Aussage „Red Bull verleiht Flügel“ eine

reißerische Anpreisung ist und keinen Tatsachengehalt besitzt. Ein weiteres Beispiel stellt mangelhaftes Waschmittel dar, welches entgegen der Werbeaussage nicht die Schmiere von der Fahrradkette aus der Kleidung wäscht. Insofern ist von einer konkre-ten Eigenschaftsangabe zu sprechen. Anders, wenn die Werbeaussage lautet: „Das Waschmittel wäscht jetzt noch weißer!“. Mit weiteren Hinweisen vgl. EHMANN/SUTSCHET, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S. 197f.

426 BUCK, in: WESTERMANN (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S. 105, 112; HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 108. Der Eigenschaftsbegriff ist auch weiter hinten in Satz 3 zu finden, wo es heißt: „…in der Werbung…über bestimmte Eigenschaften erwarten kann“. Auch in Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie wird von „konkreten“ Eigenschaften gesprochen. Nach Haas bedeute dies jedoch nicht, daß die Eigenschaften durch Zahlen und Maßangaben charakterisiert werden.

427 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-recht, 2002, E I Rdn. 32. Dies korrespondiert auch mit der Begründung der Definition der „Äußerung“ in der Richtlinie, denn danach sollen nur solche Aussagen umfaßt sein, die „meßbar und quantifizierbar“ sind, vgl. Teil 2 § 4 C II 2b).

428 Auf die Ausnahmetatbestände wird an einer späteren Stelle näher eingegangen. 429 Siehe in diesem Sinne schon zu Teil 2, § 4 C II 2c).

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Dadurch, dass nur konkrete Eigenschaften die Haftung des Verkäufers nach § 434 Abs. 1. S. 3 auslösen können, bleibt fraglich, ob diese Tatsache nicht ein weiteres Problem aufwerfen wird. Denn hält es der Verkäufer so, dass er nur „nichts sagende“ und „schwammige“ Aussagen in der Werbung macht, kann ihm nicht mit der Haftung für Werbeangaben begegnet werden430. Es könne somit eine „ganze Flucht in nichts sagende Werbeaussagen bewirkt werden“, wie Lehmann431 es ausdrückt. Würde man den Schutz des Käufers als alleinigen Maßstab heranziehen, müssten jegliche Eigenschaften mit einbezogen werden und nicht nur konkret formulierte und nachprüfbare Eigenschaften. Dies wäre aber unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt, da auch dem Käufer ein gerin-ges Restrisiko übertragen werden muss. Denn es soll nur der Käufer geschützt werden, der in der Lage ist, reißerische, inhaltsleere Werbeaussagen von ernst gemeinten Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. Nur gegenüber einem sol-chen Käufer scheint es berechtigt, wenn die in der Werbung angekündigte Be-schaffenheit nicht vorliegt, die Sanktionsmöglichkeiten eingreifen zu lassen. Wenn also tatsächlich eine „Flucht in nichts sagende Äußerungen“ vorkommen sollte, muss an die Käufer appelliert werden, genau darauf zu achten, in welche Gruppierung sich die jeweiligen Werbeaussagen einordnen lassen: Tatsachenbe-hauptung oder bloße Anpreisung. Im Rahmen des Eigenschaftsbegriffs ist dann eine weitere grundsätzliche Frage zu klären: Wie verhält sich die Haftung des Verkäufers für Werbeangaben, wenn es sich um den Verkauf von gebrauchten Sachen handelt? Fallen auch gebrauch-te Sachen in den Anwendungsbereich von § 434 Abs. 1 S. 3? Grundsätzlich ist anzumerken, dass gebrauchte Sachen genauso in den Anwendungsbereich der §§ 433ff. fallen wie auch neue Sachen, denn die neue Rechtslage unterscheidet genauso wenig wie die alte Rechtslage zwischen neuen und gebrauchten Sachen. Nach der alten Rechtslage war es zwar für den Verkäufer möglich seine Haftung gemäß §11 Nr. 10 AGB abzubedingen und diese Regelung ist in § 309 Nr. 8b) übernommen worden. Allerdings regelt der Verbrauchsgüterkauf in § 475 Abs. 1 S. 1, dass keine Vereinbarung zum Nachteil des Verbrauchers getroffen werden darf, mit Ausnahme für den Schadensersatzanspruch, § 475 Abs.3 und die Ver-kürzung der Verjährung, § 475 Abs. 2. Eine solche wäre aber durchaus gegeben, 430 Dies hat Köndgen bereits im Jahre 1981 erkannt „Die inhaltliche Vagheit von Werbe-

aussagen hat Methode…inhaltlich vage Selbstbindungen erschweren es, den Enttäu-schungsfall abweichenden Verhaltens dingfest zu machen, weil die zu sichernden Er-wartungen selbst nicht genügend spezifiziert sind“, vgl. KÖNDGEN, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 301.

431 LEHMANN, Die Haftung für Werbeangaben nach neuem Schuldrecht, DB 2002, 1090, 1092.

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wenn der Verkäufer grundsätzlich seine Haftung für Werbeangaben hinsichtlich gebrauchter Sachen ausschließen würde. Daraus lässt sich also schließen, dass ein Verkäufer für die in der Werbung getätigten Aussagen generell genauso ein-zustehen hat, wenn es sich um gebrauchte Sachen handelt432. Allerdings ist hier wieder die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 anzuführen, die besagt, dass nur solche Erwartungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Käufers berücksich-tigt werden sollten, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind. Hier wird man wohl einräumen müssen, dass neue und gebrauchte Sachen meist nicht von der gleichen Art sind433. Es leuchtet ein, dass ein Gebrauchtwagen in aller Regel nicht mit einem Neuwagen vergleichbar ist. Dabei kann es auf das Alter, den Verschleiß und insbesondere die Intensität der Nutzung ankommen. Diese indi-viduellen Faktoren werden eine Rolle spielen bei der Frage, ob der Käufer die in der Werbung vom Verkäufer oder Hersteller getätigten Aussagen hinsichtlich der Eigenschaften der gebrauchten Sache noch erwarten kann. Doch eben nicht alle gebrauchte Sachen sind alt oder verschlissen. Es sind durchaus Konstellati-onen denkbar, in denen Äußerungen in der Werbung auch für gebrauchte Sachen noch Aktualität besitzen und auf sie zutreffen müssten434. Es bleibt also festzu-halten, dass hinsichtlich der Haftung von Werbeäußerungen bezüglich gebrauch-ter Sachen keine generalisierende Antwort gegeben werden kann; es ist vielmehr stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Es muss im Einzelfall überprüft werden, ob ein vernünftiger Käufer erkennen musste, dass aufgrund des Alters der Sache die in der Werbung angekündigten Eigenschaften nicht mehr vorlie-gen konnten. Im Rahmen der Problematik, ob eine Haftung des Verkäufers für Werbeangaben auch für gebrauchte Sachen Gültigkeit besitzt, stößt man auf eine weitere Frage. Es ist fraglich, ob eine Haftung des Verkäufers hinsichtlich gebrauchter Sachen auch dann im Einzelfall zu bejahen ist, wenn es sich bei dem Verkäufer um ei-nen Verbraucher im Sinne von § 13 handelt. Ist auch ihm eine solche Haftung zuzumuten? Man denke an den Fall, dass ein Ersterwerber, ein Verbraucher, diese gebraucht weiterveräußert. Hat er dann im Falle eines Auftretens eines Mangels im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3, beispielsweise hervorgerufen durch unrichtige Herstellerwerbung, für diese einzustehen? Manche Stimmen im 432 So auch WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784,

1788. 433 Dies sieht auch BÜDENBENDER so, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.),

Schuldrecht, 2002, § 434 Rdn. 9. 434 Dies wohl insbesondere bei Eigenschaftsangaben in der Werbung, die sich auf die Lang-

lebigkeit des Produkts bezieht, vgl. dazu WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neu-em Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1788.

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Schrifttum sind der Auffassung, dass dies einem Verbraucher nicht zuzumuten sei 435. Es ist zunächst anzumerken, dass die Vorschriften der §§ 433ff. auch für den Fall greifen, in dem der Verkäufer ein Verbraucher ist, denn diese Vor-schriften stehen im allgemeinen Sachmängelrecht und unterliegen nicht dem Verbrauchsgüterkauf, welcher in den §§ 474 ff. geregelt ist. Nur dort ist Voraus-setzung, dass es sich bei dem Verkäufer um einen Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 handeln muss. Somit fällt auch ein Verbraucher, der eine Sache wei-terveräußert in den Anwendungsbereich des § 434 Abs. 1 S. 3. Daher ist eine Haftung eines Verbrauchers, der eine gebrauchte Sache weiterveräußert, nicht von vorneherein ausgeschlossen. Vielmehr ist auch dann eine Einzelfallbetrach-tung angezeigt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit ist hier anzuführen, dass ein Verbraucher, der sich in die Rolle eines Verkäufers begibt, auch auf die Herstellerwerbung des Produktes achten sollte und sich nicht in seiner Position als Verbraucher ausru-hen dürfte. Denn auch ein Verkäufer, der Verbraucher ist, profitiert letztlich von der Werbung, da sie auch dort verkaufsfördernd wirkt. In der Praxis wird es al-lerdings ohnehin meist so sein, dass bei einem Verkäufer, der nicht Unternehmer ist, eher davon ausgegangen wird, dass er die Werbeangabe des Herstellers nicht kennen musste und seine Haftung schon aufgrund des ersten Ausschlussgrundes in § 434 Abs. 1 S. 3 entfallen wird436. Dem Verbraucher in Person des Verkäu-fers steht es darüber hinaus frei, sich im Rahmen einer Vereinbarung mit seinem Käufer von der Herstellerwerbung zu distanzieren437. Als Verbraucher unterliegt er des weiteren nicht den oben genannten Einschränkungen gemäß § 475 Abs. 2 und Abs. 3. Der Schutz des Verkäufers, der gleichzeitig ein Verbraucher ist, ist somit auch in solchen Fällen ausreichend gewährleistet, wenn dieser eine ge-brauchte Sache weiterverkauft. Es bleibt somit im Ergebnis festzuhalten, dass eine Haftung des Verkäufers, auch bei einem, der Verbraucher ist, für Aussagen in der Werbung hinsichtlich der Eigenschaften von gebrauchten Sachen nicht von vorneherein ausgeschlossen oder unzumutbar ist, sondern in der Einzelfall-betrachtung entschieden werden muss.

2. Öffentlichkeit der Äußerung Wohl eines der wichtigsten Merkmale des § 434 Abs. 1 S. 3 ist die Öffentlichkeit einer Äußerung in der Werbung. Denn eine Werbeaussage des Verkäufers oder

435 Vgl. beispielsweise SCHUBEL, in: SCHWAB/WITT (Hrsg.), Examenswissen zum neuen

Schuldrecht, 2. Aufl. 2003, S. 168. 436 Auf die Ausschlußgründe wird an späterer Stelle ausführlich eingegangen. 437 So im Ergebnis auch MEDICUS, Schuldrecht BT, Bd. II, 12.Aufl. 2004 Rdn. 47.

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Herstellers ist nur dann für das Sachmängelrecht von Bedeutung, wenn sie öf-fentlich erfolgt. Wie Andres438 richtig feststellt, werden Äußerungen des Verkäu-fers im Verkaufsgespräch schon in Rahmen von § 434 Abs. 1 S. 1 relevant und führen oftmals zu einer Beschaffenheitsvereinbarung. Daraus ergibt sich die lo-gische Konsequenz, dass für den Fall, dass noch ein selbstständiger Anwen-dungsbereich des § 434 Abs. 1 S. 3 bestehen bleiben soll, unter S. 3 eben nur solche Äußerungen fallen können, die außerhalb eines Verkaufsgesprächs statt-finden oder in der Öffentlichkeit getätigt werden439. Wie bereits im zweiten Teil angeführt440, bedeutet „öffentlich“, dass sich die Äußerung an unbestimmt viele und nicht individuell begrenzte Personen richten muss. Erfasst sind danach grundsätzlich beispielsweise Äußerungen auf Veranstaltungen, zu denen prinzi-piell jeder Zutritt hat. Ebenso von der öffentlichen Äußerung erfasst sind Wer-bebriefe, die an eine erhebliche Anzahl von Personen verschickt werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Adressaten der Werbebriefe nach demogra-phischen Kriterien ausgewählt wurden441. An dieser Stelle kann der so genannte „Otto-Katalog“ als Beispiel angeführt werden. Sicherlich bekommt nicht jeder Haushalt diesen Katalog zugeschickt; somit könnte gefolgert werden, dass es sich folglich um einen individuell abgrenzbaren Personenkreis handelt, welcher nicht von der „Öffentlichkeit“ einer Äußerung umfasst ist. Gleichwohl bekommt eine solch bedeutende Anzahl von Personen den Katalog, dass wiederum davon ausgegangen werden kann, dass dies auch eine öffentliche Äußerung darstellt. Doch muss an dieser Stelle noch ein Schritt weitergegangen werden. Reicht es tatsächlich aus, für eine öffentliche Äußerung einen nicht individuell bestimm-ten Personenkreis zu fordern? Oder muss auch ein abgegrenzter Personenkreis von § 434 Abs. 1 S. 3 erfasst sein? In der Norm heißt es: „...nach den öffentli-chen Äußerungen des Verkäufers...insbesondere in der Werbung“. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber einen deutlichen Bezug der öffentlichen Äußerungen zur 438 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-

recht, 2002, E I Rdn. 30; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 75. Anderer Auffassung KREBS, Die große Schuldrechtsreform, BB 2000, Beilage 14, S.17. Er ist der Ansicht, nichtöffentliche Äußerungen seien wertungsmäßig viel eher der Beschaffenheit als öffentliche Werbeangaben zuzurechnen. Dies schaffe bereits Raum für richterliche Rechtsfortbildung. Dem muss jedoch widersprochen wer-den, da individuelle Äußerungen im Verkaufsgespräch unzweifelhaft unter § 434 Abs. 1 S. 1 als Beschaffenheitsvereinbarung einzuordnen sind.

439 Nicht öffentliche Äußerungen des Verkäufers vor Vertragsschluß werden hingegen nach dem Wortlaut von § 434 Abs. 1 S. 3 nicht erfaßt. Somit kommt in solchen Fällen wei-terhin eine Haftung aus c.i.c. wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht in Betracht.

440 Vgl. auch Teil 2, § 4 C II 2b). 441 FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 81; Staudinger-

MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 81.

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Werbung herstellen wollte. Es kann sogar so weit gegangen werden, dass Wer-bung als Prototyp der öffentlichen Äußerung im Gesetz verankert werden sollte. Fraglich ist nun, ob der enge Begriff der Öffentlichkeit nicht dieser Intention des Gesetzgebers widerspricht. Wie bereits angemerkt, ersetzt Werbung immer mehr die individuelle Kundenberatung. Folglich muss Werbung, welche die Beratung im Einzelfall ersetzt, ebenso dazu führen, dass dem Käufer Sekundäransprüche zustehen, wie sie ihm nach einer Beratung von Angesicht zu Angesicht auch zu-gestanden hätten. Weshalb soll ein Käufer, der z.B. selektiv einen Werbepros-pekt zugeschickt bekommt, keine Sekundäransprüche geltend machen können, nur weil der Prospekt nicht an die Allgemeinheit verschickt wurde? Dies leuch-tet nicht ein. Auch von selektiver Werbung profitiert der Verkäufer und daher erscheint es nur sachgerecht, den Verkäufer auch für die Nachteile in solchen Fällen haften zu lassen. Der Begriff der öffentlichen Äußerung in § 434 Abs. 1 S. 3 sollte daher weiter gefasst werden und auch Werbeaussagen umfassen, die gegenüber einem individuell abgrenzbaren Personenkreis abgegeben wurden442. Fraglich ist, wie der Fall zu behandeln ist, in dem eine Äußerung zwar in der Öf-fentlichkeit getätigt wird, sie sich aber lediglich an einen bestimmten Adressa-tenkreis richtet. Hier kann beispielsweise an eine öffentliche Äußerung gedacht werden, die sich nur an Fachleute richtet443. Wenn nun durch diese Äußerung bei einem Laien Erwartungen geweckt werden, obwohl die Ankündigung in der Werbung nicht an ihn, sondern ausschließlich an Fachleute gerichtet war, muss der Verkäufer auch dann für die sich daraus eventuell ergebenden Enttäuschun-gen des Käufers haften? Dem Gesetzestext ist zunächst nicht zu entnehmen, dass eine solche Haftung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Es lässt sich auf der einen Seite anbringen, dass die Äußerung speziell auf Fachleute abzielte und eine Haf-tung des Verkäufers gegenüber einem Laien nicht gerechtfertigt ist, weil er bei diesem schon gar keine Erwartungen bezüglich der Beschaffenheit der Kaufsa-che hervorrufen wollte. Auf der anderen Seite muss berechtigterweise berück-sichtigt werden, dass auch dem Verkäufer klar sein muss, dass selbst die Fach-werbung für Verbraucher zugänglich sein kann und bei ihnen missverständliche Erwartungshaltungen bewirken kann. Der Verkäufer profitiert somit noch da-von, dass ein weiterer Kundenkreis von seinem Produkt Kenntnis erlangt. Da er weniger Zeit und Arbeitskraft in die Anwerbung von Kunden investieren muss, erscheint es nur billig, ihn auch gegenüber den Laien haften zu lassen. Darüber 442 Vgl. so auch AUGENHOFER, Gewährleistung und Werbung: Das neue Gewährleistungs-

recht für Werbeaussagen, 2002, S. 52. Auch KANDLER, Kauf und Nacherfüllung, 2004, S.369, die fordert, daß „jede Art der Tätigkeit, durch die das Verbrauchsgut in die Be-wußtseinssphäre des Käufers eingeführt wird“, eine öffentliche Äußerung darstellt.

443 Vgl. FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 82.

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hinaus stehen dem Verkäufer grundsätzlich Ausschlussgründe zur Seite, die ihn gegebenenfalls von einer Haftung nach § 434 Abs. 1 S. 3 befreien können444. Dies erscheint ausreichend445. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass im Vordergrund der Richtlinie der Schutz des Verbrauchers steht446. Auch nach Umsetzung der Richtlinie ist dieses Ziel in den jeweiligen Vorschriften des Schuldrechts noch gegenwärtig. Aufgrund der angestellten Überlegungen ist an dieser Stelle der Ansicht zu folgen, die den Verkäufer für die im Rahmen von Fachwerbung gemachten Angaben Verbrauchern oder Laien gegenüber haften lässt. Für das an vorangegangener Stelle angeführte Beispiel der Veranstaltung gilt das Gleiche. Der Käufer muss nicht etwa direkter Teilnehmer einer betref-fenden Veranstaltung sein, um sich an späterer Stelle auf die in der (öffentli-chen) Veranstaltung gemachten Äußerung dem Verkäufer gegenüber berufen zu können. So sieht es auch Matusche-Beckmann447: „Es ist nicht ersichtlich, wes-halb der z.B. nicht an der betreffenden Veranstaltung zugegene Käufer, der zu-fällig von der dort getätigten Äußerung gehört hat, davon ausgehen sollte, die öffentliche Äußerung sei unzutreffend, wenn gerade er und nicht ein Teilnehmer der Versammlung die Ware kaufe“448. Im Übrigen ist noch anzumerken, dass diese Problematik in der Praxis wohl eher eine untergeordnete Rolle spielen wird, da Fachwerbung tendenziell eine seltene Form der öffentlichen Äußerung darstellt.

3. Person des Äußernden Das wesentlich Neue an § 434 Abs. 1 S. 3 ist die Tatsache, dass der Verkäufer nun auch für Werbeaussagen Dritter haftbar gemacht werden kann. So heißt es in der Vorschrift: „Zu der Beschaffenheit…gehören solche Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstel-lers…oder seines Gehilfen…in der Werbung…erwarten kann…“. Diese Situati-on soll an folgendem Beispiel veranschaulicht werden449: Ein Kfz-Händler bietet in seinem Ausstellungsraum ein Modell X mit zwei Airbags zum Verkauf an.

444 Und schließlich hat der Verkäufer noch die Möglichkeit, beim Lieferanten nach §§ 478,

479 Regress zu nehmen. 445 Im Ergebnis auch FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn.

82; Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 81; andere An-sicht WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1786.

446 Vgl. Teil 2 § 4 A II. 447 Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 81. 448 Andere Ansicht WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002,

1784, 1786. 449 Dieses Beispiel bei SCHLECHTRIEM, Schuldrecht BT, 6. Aufl. 2003, Kap. 1 Rdn. 42.

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Der Hersteller startet zur gleichen Zeit eine TV-Werbekampagne für das Modell X, in der unter anderem geäußert wird: Ab sofort sind unsere Modelle mit acht Airbags ausgerüstet! Der Käufer geht am nächsten Tag zum Händler und kauft das bei ihm im Verkaufsraum ausgestellte Fahrzeug. Dieses Fahrzeug ist dann mangelhaft, weil es lediglich mit zwei und nicht mit acht Airbags, wie es jedoch vom Hersteller in der Werbung angekündigt war, ausgestattet ist. Denn diese Werbebotschaft des Herstellers muss sich der Verkäufer nach neuer Rechtslage zurechnen lassen. Von einer Direkthaftung des Herstellers gegenüber dem Käu-fer, wie es im Grünbuch über Verbrauchergarantien vorgeschlagen wurde, hat bereits der Richtliniengesetzgeber bewusst Abstand genommen450. Stattdessen wurde in §§ 478ff. ein Rückgriffsanspruch des Verkäufers gegen den Vormann in der Lieferkette niedergelegt451.

a). Hersteller Fraglich ist nun, wie der Herstellerbegriff im Rahmen des § 434 Abs. 1 S. 3 aus-zulegen ist. Im Rahmen des Diskussionsentwurfs452 wurde für die Definition des Herstellerbegriffs auf Art. 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetztes453 ver-wiesen. Es sollte somit der dort verankerte Herstellerbegriff maßgeblich sein. Dieser entspreche, laut der Begründung zum Diskussionsentwurf, auch der De-finition des Herstellers im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d der Richtlinie454. Durch diesen Verweis werde jedenfalls sichergestellt, dass der Herstellerbegriff im Kaufrecht ein anderer sei als im Werkrecht455. Der Bundesrat äußerte sich in

450 Grünbuch KOM (93) 509 endg., S.110ff. Siehe dazu ausführlich in Teil 2 § 4 C II 2b). 451 Es ist jedoch anzumerken, daß ein Rückgriffsanspruch nur für den Fall geltend gemacht

werden kann, in dem der Verkäufer Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 ist und es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher handelt. Denn die Bestimmungen der §§ 478, 479 unterliegen den Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs, vgl. § 474 Abs. 1.

452 Abgedruckt in: CANARIS, Schuldrechtmodernisierung 2002, 2002, S.3ff. 453 Gemäß § 4 Abs. 1, 2 Produkthaftungsgesetz ist Hersteller, wer das Endprodukt, einen

Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namen, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungs-kräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

454 Die Richtlinie versteht unter dem Begriff des Herstellers den Hersteller von Verbrauchsgütern, deren Importeur für das Gebiet der Gemeinschaft oder jede andere Person, die sich dadurch, daß sie ihren Namen, ihre Marke oder ein anderes Kennzei-chen an den Verbrauchsgütern anbringt, als Hersteller bezeichnet, Art. 1 Abs. 2 lit.d der Richtlinie.

455 Siehe die Begründung zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz, in: CANARIS, Schuldrechtmodernisierung 2002, 2002, S. 258. Dies erscheint allerdings nicht nötig zu sein, da es sich im Werkvertrag dem Wortlaut nach wohl eher um einen „Unternehmer“ als um einen „Hersteller“ handelt.

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seiner Stellungnahme jedoch gegenteilig456. Er sprach sich dafür aus, den Ver-weis auf das Produkthaftungsgesetz zu streichen, da die Definition des Herstel-lers im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d der Richtlinie enger sei als die Definition im Produkthaftungsgesetz. Ein Verweis auf dieses Gesetz erweitere den Anwen-dungsbereich der Richtlinie in unsachgerechter Weise. Des Weiteren sei es nicht ratsam, innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Definitionen von Nebenge-setzen zu verweisen, da dies mit dem „kodifikatorischen Charakter dieses Ge-setzes“ nicht vereinbar sei457. Dieser Ansicht wurde allerdings nicht gefolgt und von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung abgelehnt458. Nach ihrer An-sicht sei es notwendig, einen Herstellerbegriff im Kaufrecht festzulegen, um so Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Mit dem Verweis auf den Herstellerbegriff des Produkthaftungsgesetzes sei auch die Einheitlichkeit des Herstellerbegriffs gewährleistet. Es sei zwar richtig, dass die Definition im Sinne der Richtlinie enger gefasst sei als die des Produkthaftungsgesetzes, diese Erweiterung sei aber nur geringfügig und wirke sich in der Praxis kaum aus. Diese Ansicht ist durch-aus nachvollziehbar, denn es sollte primäres Anliegen des Gesetzgebers sein, klare und verständliche Regelungen zu schaffen. Lässt er jedoch gleich bei Schaffung neuer Regelungen Begrifflichkeiten im Ungewissen, sind Unsicher-heiten hinsichtlich der Auslegung und Abgrenzung der Vorschrift vorhersehbar. Diese sollten jedoch gerade im Zuge von Reformen vermieden werden. Darüber hinaus ist es zwar nicht von der Hand zu weisen, dass die Definition der Richtli-nie enger gefasst ist als die des Produkthaftungsgesetzes. Doch beschränkt sich der Unterschied allein auf die Tatsache, dass nach der Definition des Produkt-haftungsgesetzes auch schon derjenige als Hersteller eingestuft wird, der bloß einen für die Sache verwendeten Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat wie z.B. der Produzent von Airbags, als Teil eines Kraftfahrzeugs, oder der Pro-duzent eines als besonders regenabweisenden Stoffes für Sportbekleidung459. Darüber hinaus kommt der Leitgedanke des Verbraucherschutzes an dieser Stel-le wieder zum Tragen. Eine Erweiterung des Herstellerbegriffs zieht lediglich die Folge nach sich, dass ein umfassenderer Herstellerkreis für die Haftung aus § 434 Abs. 1 S. 3 relevant wird. Dadurch, dass mehr Hersteller in den Anwen-dungsbereich fallen, muss der Verkäufer somit theoretisch für Angaben von mehr Herstellern einstehen. Somit entsteht eine geringfügige Haftungserweite-rung des Verkäufers, doch dies bedingt auch einen weiteren Schutz des 456 Stellungnahme des Bundesrates zu § 434 Abs. 1 S. 3, BR-Drs. 338/01(Beschluß), S. 47. 457 Stellungnahme des Bundesrates zu § 434 Abs. 1 S. 3, BR-Drs. 338/01 (Beschluß), S. 48. 458 Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 434 Abs. 1 S. 3 (zu Nr. 85), BT-Drs. 14/6857,

S. 58f. 459 HAAS, in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht,

2002, Kap. 5 Rdn. 111.

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Verbrauchers. Da die Richtlinie Abweichungen von derselben dann legitimiert, wenn es eine Abweichung zu Gunsten des Käufers ist460, ist die erweiterte Defi-nition des Herstellerbegriffs in Anlehnung an das Produkthaftungsgesetz auch sachgerecht461.

aa). Widerspruch zwischen Vereinbarungen des Verkäufers und Aussagen des Herstellers

Nachdem zunächst der Begriff des Herstellers gemäß §§ 434 Abs. 1 S. 3, 475 untersucht wurde, ist nunmehr auf das Verhältnis von Verkäufer und Hersteller einzugehen. Dabei stellt sich folgende Frage: Wie ist beispielsweise der Fall zu beurteilen, in dem Werbeaussagen des Herstellers den Vertragsbedingungen des Verkäufers widersprechen? Dabei ist an den Fall zu denken, dass der Hersteller Äußerungen in der Werbung tätigt, die einem Haftungsausschluss, der mit dem Verkäufer vereinbart wird, widersprechen462. Welcher Aussage ist dann der Vorrang einzu-räumen? Welche Reichweite kann dem Haftungsausschluss, der mit dem Ver-käufer vereinbart wird, eingeräumt werden? Nach Ansicht von Lehmann463 ist auch in dieser Situation an die Interessen des Käufers zu denken, da dies der Intention der Richtlinie entspreche. Es könne dem Käufer nicht etwas durch Werbung suggeriert und Erwartungen an eine be-stimmte Beschaffenheit der Kaufsache geschürt werden, was ihm auf der ande-ren Seite durch einen allgemeinen Haftungsausschluss464, im Falle eines Man-gels, wieder genommen werde. Sicher ist richtig, dass Verbraucherschutzaspekte in einer solchen Auslegungsfrage eine Rolle spielen sollten. Doch ist hier ein-deutig auf § 444 hinzuweisen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kann sich ein Verkäufer auf einen vereinbarten Haftungsausschluss dann nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaf-fenheit der Sache übernommen hat. Dies bedeutet, dass es sich bei unrichtigen Werbeangaben immer um garantierte Eigenschaften seitens des Verkäufers han-deln müsste (oder er den Mangel arglistig verschwiegen haben müsste), damit sich dieser nicht auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen könnte und

460 Siehe Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie. 461 Vgl. Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 85. 462 LEHMANN, Die Haftung für Werbeangaben nach neuem Schuldrecht, DB 2002, 1090,

1091. 463 LEHMANN, Die Haftung für Werbeangaben nach neuem Schuldrecht, DB 2002, 1090,

1091. 464 Insofern dieser nach gesetzlicher Lage wirksam war.

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die Haftung von Werbeangaben unberührt bliebe. Dies wird jedoch kaum anzu-nehmen sein, denn Werbeangaben sind keinesfalls grundsätzlich garantierten Eigenschaften. Denn hätte ein individuelles Verkaufsgespräch stattgefunden, so wäre im Regelfall auch nur eine einfache Beschaffenheitsvereinbarung ange-nommen worden. Für Werbeangaben kann somit nichts anderes gelten. Es ist im Ergebnis daher festzuhalten, dass sich der Verkäufer gemäß § 444 auf seinen vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann und somit nicht für unrichtige Werbeangaben haften muss, es sei denn er hat den Mangel arglistig verschwie-gen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache abgegeben. Die an-preisenden Äußerungen des Herstellers treten somit in den Hintergrund.

b). Gehilfe Der Verkäufer hat jedoch nicht nur für eigene Äußerungen und für die des Her-stellers einzustehen, sondern auch für Äußerungen des Gehilfen. Wo für die Begriffsbestimmung des Herstellerbegriffes in § 434 Abs. 1 S. 3 noch auf das Produkthaftungsgesetz verwiesen wird, bleibt die Definition des Gehilfen völlig im Dunkeln. Ausgangspunkt der Auslegung ist daher wieder die Richtlinie.

aa). Auslegung durch Heranziehung der Richtlinie

Betrachtet man die Richtlinie, ist festzustellen, dass der Begriff des Gehilfen dort nicht verwendet wird. Stattdessen wird in Art. 2 Abs. 2 der Begriff des Ver-treters465 gebraucht. Fraglich ist, weshalb der Begriff des Vertreters nicht in das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz übernommen wurde. In der Begründung zum Diskussionsentwurf wird darauf hingewiesen, dass bewusst auf eine Über-nahme des Vertreterbegriffs verzichtet wurde, da es sich vorliegend nicht um ei-ne Stellvertretung gemäß §§ 164ff. handle, sondern um Hilfspersonen, die für den Hersteller bei Äußerungen über Tatsachen (Eigenschaften der Sache) einge-schaltet werden466. Der deutsche Gesetzgeber wählte also einen anderen Begriff, da es sich bei der Äußerung eines Gehilfen nicht um eine Stellvertretung bei der Abgabe von Willenserklärungen handeln soll, sondern nur darum, dass eine

465 Auch der Begriff des Vertreters wird in der Richtlinie nicht legaldefiniert. Daher wurde

vorgeschlagen auf die Definition des geänderten Richtlinienvorschlags vom 31.8.1998 zurückzugreifen, vgl. ausführlicher in Teil 2, § 4 C II 2b). So auch JORDEN/LEHMANN, Verbrauchsgüterkauf und Schuldrechtsmodernisierung, 952, 955. Dem ist jedoch zu wi-dersprechen; hätte der deutsche Gesetzgeber dies gewollt, wäre diese Definition im Ge-setz verankert.

466 So auch schon in der Begründung zum Diskussionsentwurf, in: CANARIS, Schuldrecht-modernisierung 2002, 2002, S. 258.

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Hilfsperson für den Verkäufer bzw. Hersteller tätig wird467. Eine Übernahme der Begrifflichkeit hätte somit unausweichlich zu Problemen geführt. Darüber hin-aus ist festzuhalten, dass ein Gehilfe nach einhelliger Meinung auch nicht als Er-füllungsgehilfe im Sinne von § 278 angesehen werden kann, denn dazu müsse zwischen Hersteller bzw. Verkäufer und dem Käufer eine Verbindlichkeit beste-hen468, die bei Äußerungen in der Werbung wohl kaum gegeben sein wird469. Auch eine Einordnung als Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 ist nicht zu-treffend, da aus der Gesetzesbegründung nicht hervorgeht, dass ein Gehilfe ge-mäß § 434 Abs. 1 S. 3 dem Hersteller oder Verkäufer gegenüber weisungsge-bunden sein soll470. Dies ist jedoch wiederum Voraussetzung für § 831471. Nach allgemeiner Auffassung sind Gehilfen zumindest nicht nur Mitarbeiter des Ver-käufers oder Herstellers, sondern auch beauftragte Dritte472. Daher fallen unter den Gehilfenbegriff des Sachmängelrechts beispielsweise Gutachter, Sachver-ständige und auch Werbeagenturen473. Medien und Warentests fallen hingegen nicht darunter474.

bb). Auslegung durch Betrachtung des UWG

Zur weiteren Konkretisierung des Gehilfenbegriffs ist an dieser Stelle ein Blick in die Vorschriften des UWG zu werfen, denn dort gibt es eine Regelung, die § 434 Abs. 1 S. 3 ähnelt. Vorab ist anzumerken, dass es im Bereich des UWG durch die Reform vom 8. Juli 2004 erhebliche Veränderungen gegeben hat, auf 467 Graf V. Westphalen erkennt zwar richtig, daß im Einzelfall einer Äußerung eines Gehil-

fen die Voraussetzungen der Stellvertretung gemäß §§ 164ff vorliegen können, doch geht es hier grundlegend darum, daß es sich bei den Äußerungen eines Gehilfen um ein bloßes Tätigwerden handelt und dies eben nicht mit den Merkmalen der Stellvertretung übereinstimmt, siehe dazu ausführlich GRAF V. WESTPHALEN in: HENSSLER/ DERS. (Hrsg.) , Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl. 2003, § 434 Rdn. 37.

468 GRÜNEBERG, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, 2003, Bd. I, 2003, § 278 Rdn. 11. 469 WESTERMANN, Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241, 245; WEILER, Haftung für Werbe-

angaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1789. 470 Vgl. Begr. RegE S. 214; So auch GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsverein-

barung und ihre Typisierungen, JZ 2003, 233, 237. Unter dem Weisungsrecht versteht die Rechtsprechung die Befugnis, die Tätigkeit des Handelnden jederzeit zu beschrän-ken, zu entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen zu können. Wer über Zeit und Umfang seiner Tätigkeit selbst zu bestimmen vermag, ist nicht Verrichtungsgehilfe, vgl. Palandt-SPRAU, BGB, 65. Aufl. 2006, § 831 Rdn. 6.

471 Jauernig-TEICHMANN, BGB, 11. Aufl. 2004, § 831 Rdn. 5. 472 Palandt-PUTZO, BGB, 65. Aufl. 2006, §434 Rdn. 36. 473 Vgl. unter anderen FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn.

78. 474 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-

recht, 2002, E I Rdn. 31.

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die an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen wird475. Die gegenständliche Regelung, früher in § 13 Abs. 4 UWG a.F. verankert, findet sich nun in § 8 Abs. 2 UWG wieder. Dort heißt es: „Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet“476. Somit hat auch der Betriebsinhaber für ein Handeln bzw. für eine Äußerung eines Dritten einzustehen. Unter einem Mitar-beiter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG ist jede Person zu verstehen, die aufgrund eines (nicht notwendig entgeltlichen oder wirksamen) Vertrags oder Dienstver-hältnisses weisungsabhängige Dienste zu leisten hat477. Beauftragter ist nach ste-tiger Rechtsprechung nach wie vor jeder, der, ohne Mitarbeiter zu sein, im oder für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines vertraglichen oder anderen Verhältnisses tätig ist478. Wesentlich ist mitunter, dass der „Beauftragte“ tatsäch-lich Glied der betrieblichen Organisation ist und sein Wirken dem Betrieb in ir-gendeiner Weise zugute kommt479. Fraglich ist nun, ob für die Definition eines Gehilfen gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 Parallelen zu den Merkmalen des Mitarbeiters und des Beauftragten im Sinne des UWG gezogen werden können. Sicherlich handelt es sich beim UWG und dem Bürgerlichen Gesetzbuch um verschiedene Gesetze, die jeweils unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen480. Dennoch han-delt es sich bei § 8 Abs. 2 UWG und bei § 434 Abs. 1 S. 3 um Regelungen, auf-grund derer jemand (Hersteller oder Verkäufer bzw. Betriebsinhaber) für unrich-tige bzw. irreführende Äußerungen eines Dritten einzustehen hat. Insofern liegt eine vergleichbare Rechtslage vor. Sinn und Zweck der Regelung in § 434 Abs. 1 S. 3 besteht darin, den Käufer davor zu schützen, dass ein Dritter bei ihm unrichtige Erwartungen an die Beschaffenheit einer Sache hervorruft und sich der Verkäufer dann aber seiner Haftung entziehen kann, indem er sich hinter dem jeweiligen Dritten versteckt481. Im Vordergrund stehen somit primär die In- 475 Mit ausführlichen Begründungen zum Gesetzesentwurf, BT-Drs. 15/1487. Einen Über-

blick über die Neuerungen im UWG verschafft unter anderen ZETTEL, Das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, MDR 2004, 1040ff.

476 In § 13 Abs. 4 UWG a.F. wurde noch der Begriff „Angestellte“ statt „Mitarbeiter“ ver-wendet. Ansonsten war der Wortlaut nahezu identisch mit § 8 Abs. 2 UWG.

477 Baumbach/Hefermehl-KÖHLER, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 2.39. 478 Baumbach/Hefermehl-KÖHLER, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 2.41. 479 Baumbach/Hefermehl-KÖHLER, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 2.41. 480 Eine direkte Übernahme von Definitionen aus dem UWG in das Bürgerliche Gesetzbuch

ist daher ausgeschlossen. Zu denken ist an dieser Stelle eher an eine Auslegungsorientie-rung.

481 Diese Begründung steht auch hinter der Regelung in § 8 Abs. 2 UWG, vgl. Baum-bach/Hefermehl-KÖHLER, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 2.39. Wie bereits oben erläutert, ist der Verbraucherschutz zwar auch unter anderem ein Ziel des UWG,

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teressen des Käufers, nicht auf seinen enttäuschten Erwartungen sitzen zu blei-ben. Dies rechtfertigt daher auch die Annahme, dass der Begriff des Gehilfen weit auszulegen ist. Zunächst ist die Definition des „Mitarbeiters“ in § 8 Abs. 2 genauer zu betrachten. Die Quintessenz der Begriffsbestimmung ist, dass ein Vertrag zwischen Betriebsinhaber und Mitarbeiter vorliegt und letzterer sich in einem weisungsabhängigen Verhältnis befindet. Doch wie bereits angeführt, ist beim Gehilfenbegriff des § 434 nicht von einem weisungsabhängigen Verhältnis zwischen beispielsweise Hersteller und Gehilfe auszugehen482. Somit scheint ei-ne Anlehnung an den Begriff des Mitarbeiters verfehlt. Anders ist dies beim „Beauftragten“, denn Beauftragter kann jeder sein, der für einen anderen auf-grund eines Vertrags tätig wird. Alleiniges Kriterium stellt somit die Äußerung eines Dritten dar, die er in der Werbung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses für den Betriebsinhaber vornimmt. Einschränkungen in der Ausführung der Tä-tigkeit oder zum Zeitrahmen sind nicht erkennbar. Doch im Grunde bringt auch der Begriff des Beauftragten keine neuen Erkenntnisse bzw. stellt keine Ausle-gungshilfe für den Begriff des Gehilfen in § 434 Abs. 1 S. 3 dar. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass der Gehilfenbegriff gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 weit auszulegen ist und jede Person darunterfällt, die in irgendeiner Weise für die Äußerung des Herstellers in der Werbung eingeschaltet wird483. Berger verwendet daher den passenden Ausdruck des „Erklärungsgehilfen“484. Es bleibt wohl abzuwarten, wie die Rechtsprechung den Begriff des Gehilfen in der Zu-kunft ausgestalten wird.

cc). Werden bloß Gehilfen des Herstellers oder auch Gehilfen des Verkäufers umfasst?

Für Verwirrung sorgt des Weiteren der Beziehungspunkt des Gehilfen. Der Wortlaut ist bezüglich dieses Aspektes nicht eindeutig. Denn in § 434 Abs. 1 S.3 heißt es: „…nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstel-lers…oder seines Gehilfen…“. Bezieht sich „seines Gehilfen“ ausschließlich auf den Hersteller oder auch auf den Verkäufer? Betrachtet man die im zweiten Teil

jedoch kein vorrangiges Ziel wie in der Sachmängelhaftung des Bürgerlichen Gesetzbu-ches.

482 Siehe Teil 3 § 7 B II 3 b) aa). 483 Bernreuther war schon bezüglich der alten Rechtslage des UWG der Ansicht, daß der

Begriff des Gehilfen in § 434 Abs. 1 S. 3 inhaltlich mit dem Begriff des „Angestellten“ oder „Beauftragten“ gleichzusetzen sei, vgl. BERNREUTHER, Sachmangelhaftung und Werbung, MDR 2003, 63, 66. Jedoch muss zur Erklärung hinzugefügt werden, daß der Begriff des Angestellten keine Weisungsgebundenheit voraussetzte, vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, § 13 Rdn. 65.

484 Jauernig-BERGER, BGB, 11. Aufl. 2004, § 434 Rdn 16.

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zur Richtlinie angeführte Definition des Vertreters485, ist festzustellen, dass diese mit: „Vertreter des Herstellers ist jede natürliche Person...“ beginnt. Daraus könnte gefolgert werden, dass im Rahmen der Richtlinie nur der Vertreter des Herstellers maßgeblich ist und dies ebenfalls für die Umsetzung in § 434 Abs. 1 S. 3 gelte. Diese Annahme würde jedoch nicht im Einklang mit der Tatsache stehen, dass im Wortlaut der Richtlinie bezüglich des Vertreters anstatt des Pos-sessivpronomens „seines“, wie in § 434 Abs. 1 S. 3, „dessen“ gebraucht wird. Daraus kann geschlossen werden, dass keine engere Bindung des Gehilfen zum Hersteller als zum Verkäufer bezweckt werden sollte. Dies sehen auch Grigoleit und Herresthal486 so. Sie sind ebenfalls der Ansicht, dass für die Verkäuferhaf-tung auch auf Äußerungen des Gehilfen des Verkäufers abzustellen sei. Zwar seien die Äußerungen eines Gehilfen des Verkäufers in der Regel bereits von §§ 54ff. HGB sowie von §§ 164ff. und den Rechtsscheinsvollmachten erfasst. Doch setzen diese Vorschriften besondere Zurechnungsmerkmale voraus, die bei § 434 Abs. 1 S. 3 nicht notwendig seien. Da es sich um die Haftung aus ei-nem Kaufvertrag handle, sei es gerechtfertigt, die weite Auslegung mittels des „Gehilfen-Kriteriums“ zu wählen, also die Äußerungen des Gehilfen des Ver-käufers mit einzubeziehen487. Dies erscheint auch sachgerecht, denn es leuchtet nicht ein, weshalb Äußerungen von Hilfspersonen des Verkäufers, welche die-sem noch näher stehen als die Gehilfen des Herstellers, nicht für eine Haftung des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 S. 3 in Betracht kommen sollten. Hier ist auch wieder der Aspekt des Profits anzubringen, denn der Verkäufer profitiert insbe-sondere von den Äußerungen seines Gehilfen, von den Aussagen des Hersteller-gehilfen profitiert genauso die Konkurrenz. Folglich muss der Verkäufer auf der anderen Seite auch die Nachteile für die Äußerungen seiner Gehilfen tragen, zumal er die Äußerungen in seinem Organisationsbereich auch überschauen und im Ergebnis steuern kann. Daher lässt sich folgern, dass Sinn der Vorschrift nur sein kann, sowohl Äußerungen von Gehilfen des Herstellers als auch Äußerun-gen von Gehilfen des Verkäufers unter S. 3 einzubeziehen. Es ist schlichtweg nicht einzusehen, weshalb der Herstellerbegriff weiter als der Verkäuferbegriff sein sollte.

485 Siehe in Teil 2 § 4 C II 2b). 486 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierungen, JZ

2003, 233, 238. 487 GRIGOLEIT/ HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierungen, JZ

2003, 233, 238. Siehe auch Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 86; OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 45.

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c). Stellt § 434 Abs. 1 S. 3 eine abschließende Sonderregelung für Äußerungen Dritter dar?

Schließlich stellt sich hinsichtlich der Äußerungen des Herstellers oder des Ge-hilfen in der Werbung die Frage, ob § 434 Abs. 1 S. 3 für solche Fälle eine ab-schließende Regelung darstellen soll oder ob es noch weitere Anspruchsgrund-lagen gibt, auf die eine Haftung gestützt werden könnte. Zunächst ist anzumer-ken, dass sich hinsichtlich dieses Aspekts in der Gesetzesbegründung kein Hin-weis finden lässt. Daher ist zu untersuchen, ob es im Bürgerlichen Gesetzbuch oder in anderen Gesetzen weitere Anspruchsgrundlagen gibt, die ebenfalls eine Haftung des Verkäufers für Äußerungen des Herstellers oder des Gehilfen sank-tionieren. Zunächst sind Anspruchsgrundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch zu prüfen. In Betracht kommen könnte ein Anspruch aus c.i.c.488 gedacht werden. Primär ist in diesem Kontext jedoch nicht auf die Voraussetzungen der c.i.c. einzugehen, sondern darauf, wie das Verhältnis der kaufrechtlichen Sachmängelvorschriften zur c.i.c. zu beurteilen ist. Wie bereits erwähnt, wurde diese Problematik im Zu-sammenhang mit den Gewährleistungsvorschriften der alten Rechtslage außer-ordentlich kontrovers diskutiert. Die ständige Rechtsprechung des BGH489 und die herrschende Meinung in der Literatur490 vertraten jedoch die Ansicht, dass dann, wenn ein Sachmangel vorlag und die §§ 459ff. a.F. einschlägig waren, ein Anspruch aus c.i.c. von vornherein ausgeschlossen war. Die Bestimmungen der §§ 459ff. a.F. stellten eine abschließende Regelung für die Haftung von Män-geln im Kaufrecht dar. Eine Haftung aus c.i.c. kam lediglich dann in Frage, wenn es sich nicht um einen Mangel der Beschaffenheit handelte. Fraglich ist, ob dies auch auf die neue Rechtslage übertragbar ist. Auch wenn es wünschens-wert gewesen wäre, dass dieser Problematik einer endgültigen Lösung zugeführt worden wäre, muss festgestellt werden, dass der Gesetzgeber das Verhältnis der Haftung wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung zu den §§ 434ff. nicht präjudiziert hat. Doch tendiert wohl die überwiegende Meinung dazu, die Rechtsprechung zur alten Rechtslage beizubehalten, also den §§ 434ff. grund-

488 Auf c.i.c. wurde bereits in Teil 1 näher eingegangen, vgl. § 2 A III 2. Seit der Schuld-

rechtsreform ist das bisher ungeschriebene Rechtsinstitut nun im Gesetz verankert, §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1.

489 Statt vieler vgl. BGHZ 60, 320f. 490 Siehe mit weiteren Ausführungen Staudinger-HONSELL, BGB, 13. Aufl. 1995, Vor

§ 459 Rdn. 64. Differenzierend Soergel-HUBER, BGB, 12. Aufl. 1991, Vor § 459 Rdn. 211ff.

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sätzlich den Vorrang vor c.i.c. einzuräumen491. Als Begründung wird überzeu-gend angeführt, dass die besonderen Verjährungsfristen des § 438 und der grundsätzliche Vorrang der Nacherfüllung ansonsten ausgehöhlt würden492. Zwar ist es richtig, dass sich die Gewährleistungsvorschriften und c.i.c. in der al-ten Rechtslage unter anderem darin unterschieden, dass erstere verschuldensu-nabhängig und letztere verschuldensabhängig waren. Und dieser Unterschied ist nun aufgrund der neuen Rechtslage weggefallen, da beide Institute einen Fahr-lässigkeitsvorwurf genügen lassen (vgl. §§ 280ff. bzw. § 311). Gleichwohl ist dem unzweifelhaft entgegenzuhalten, dass die §§ 434ff. spezielle Voraussetzun-gen enthalten, die durch ein Konkurrenzverhältnis zur c.i.c. unterlaufen würden. Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber, vielleicht bewusst, nicht dazu geäu-ßert, wie er das Verhältnis von c.i.c. und den kaufrechtlichen Sachmängelvor-schriften nach neuer Rechtslage bewertet. Dies kann in dem Sinne interpretiert werden, dass der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsreform keine Änderung des Vorrangverhältnisses bezwecken wollte. Einem Vorrang der §§ 434ff. ist somit eindeutig zuzustimmen493. Für die Haftung des Verkäufers für unrichtige Wer-beangaben des Herstellers oder des Gehilfen ist daher ein Anspruch aus c.i.c zu verneinen494. 491 So OLG Hamm NJW-RR, 2003, 1360ff. In der Literatur vgl. SCHWAB, in: DERS./WITT

(Hrsg.), Examenswissen zum neuen Schuldrecht, 2. Aufl. 2003, S. 121, 126, (Fußnote 24); OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 135ff.; HUBER, Die Praxis des Unternehmenskaufs im System des Kaufrechts, AcP 2002, 179, 228, (Fn. 165); MUTHERS/ULBRICH, Beschaffenheitszusage und Gewährleistung-sausschluß, ZGS 2004, 289, 290; andere Ansicht HÄUBLEIN, Der Beschaffenheitsbegriff und seine Bedeutung für das Verhältnis der Haftung aus culpa in contrahendo zum Kaufrecht, NJW 2003, 388, 391ff.; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 437 Rdn. 181.

492 OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S.135f.; KREBS, in: DAUNER-LIEB/HEIDEL/LEPA/RING (Hrsg.), Schuldrecht, 2002, § 311 Rdn. 33. Zwar wird der Nacherfüllungsanspruch in den Fällen, in denen es um unrichtige Werbeanga-ben geht, meist keine große Relevanz haben (ein Neuwagen, der mit 5 l. Benzin-verbrauch beworben wurde, kann nicht aufgrund von Nacherfüllung mit 3 l. fahren). Dennoch bleibt das Argument der Verjährung bestehen. Der Unterschied der beiden Verjährungstatbestände besteht nicht ausschließlich darin, daß die allgemeine Verjäh-rungsfrist ein Jahr länger ist, sondern auch im Beginn des Laufs der Frist, siehe dazu § 438 Abs. 2 und § 199.

493 Da ein Eingreifen von c.i.c. nach der vorliegenden Ansicht schon grundsätzlich als aus-geschlossen gilt, ist eine konkrete Überprüfung der Voraussetzungen von c.i.c. obsolet geworden.

494 Ein Anspruch des Käufers aus c.i.c. könnte nach Mertens allein in einem Ausnahmefall denkbar sein: Im vorvertraglichen Bereich wird eine Informationspflicht über eine Be-schaffenheit, durch den Hersteller oder einen Gehilfen verletzt, die aber nach Vertrag-

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Des weiteren kann wieder an das UWG gedacht werden. Im Rahmen der alten Rechtslage des UWG gab es eine Vorschrift, die dem Verbraucher ein Rück-trittsrecht bei unwahren und irreführenden Werbeangaben einräumte, § 13 a UWG a. F495. § 13 a Abs. 1 S. 2 a.F. legte darüber hinaus fest, dass dem Verbraucher dann ein Rücktrittsrecht gegen den Verkäufer zustand, wenn die Angabe von einem Dritten stammte. Allerdings musste der andere Vertragsteil die Unwahrheit der Angabe und ihre Eignung zur Irreführung kennen oder sich die Werbung mit dieser Angabe durch eigene Maßnahmen zu eigen gemacht ha-ben“. Unter einem „Dritten“ war beispielsweise der Hersteller zu verstehen, je-doch nicht ein Gehilfe496. Die Regelung ermöglichte dem Käufer allerdings nur, sich unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag zu lösen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wurde dem Käufer hingegen nicht eingeräumt. Aufgrund der viel zu kurzen Frist (6 Monate ab Kenntnis des Mangels) und der weiteren Ver-schärfungen blieb die Norm jedoch bereits im alten UWG praktisch unangewen-det. Schricker erkannte dies schon als die alte Rechtslage noch galt „§ 13 a UWG hat sich praktisch als bedeutungslos erwiesen“497. In der Gesetzesbegrün-dung zum neuen UWG heißt es daher unter anderem, § 13 a UWG a.F. habe in der Praxis keine Bedeutung erlangt und sei daher ersatzlos zu streichen. Zudem sei der Käufer durch § 434 Abs. 1 S. 3 ausreichend geschützt, was einmal mehr § 13 a UWG a.F. überflüssig mache498. Mit Schaffung des neuen UWG wurde diese Norm wie angekündigt ersatzlos gestrichen. Es wurde zwar die Forderung laut, dem Verbraucher im Rahmen der neuen Rechtslage des UWG ein „allge-meines Vertragsauflösungsrecht“ zu geben. Dies wurde jedoch mit der Begrün-dung abgelehnt, das Schuldrecht biete ausreichenden Schutz für den Verbrau-cher. Zwar ist hervorzuheben, dass der deutsche Gesetzgeber als Zielsetzung des UWG unter anderem auch den Schutz des Verbrauchers nennt, vgl. § 1 des neu-en UWG, jedoch wird auch von Teilen des Schrifttums der erhöhte Verbrau-

sabschluß und Gefahrübergang keine Haftung des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 S. 3 bedingt, vgl. MERTENS, Culpa in contrahendo beim zustande gekommenen Kaufvertrag, AcP 2003, 832, 840. Ein solcher Fall scheint jedoch sehr konstruiert und in der Praxis wohl eher unrealistisch.

495 Vgl. hierzu schon Teil 2 § 4 C II 2b). 496 BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, § 13 a Rdn. 15. 497 SCHRICKER, Hundert Jahre Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb- Licht und Schat-

ten, GRUR Int. 1996, 473, 474 (Fn. 13). 498 Vgl. BT-Drs. 15/1487, S.14f.

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cherschutz im UWG als negativ bewertet und gemutmaßt, dass dies für die deut-sche Wirtschaft „zum echten Standortnachteil“ werden könne499. Interessant ist in diesem Zusammenhang noch § 8 Abs. 2 des neuen UWG, wel-cher bereits vorab näher betrachtet wurde. Auf den ersten Blick scheint diese Vorschrift mit § 434 Abs. 1 S. 3 vergleichbar zu sein. Doch schon auf den zwei-ten Blick muss festgestellt werden, dass auch § 8 Abs. 2 UWG keine Lösung für die Frage bietet, ob eine fremde Äußerung dem Verkäufer oder Hersteller zuge-rechnet werden kann. Somit bietet das Wettbewerbsrecht dem Verbraucher bzw. Käufer keine vergleichbare Regelung für die Haftung des Verkäufers für unrich-tige Werbeangaben des Herstellers oder eines Gehilfen. Aufgrund der vorangegangen Überlegungen kann daher der Schluss gezogen werden, dass neben § 434 Abs. 1 S. 3 keine weitere Rechtsgrundlage für die Haftung des Verkäufers für Werbeaussagen des Herstellers oder Gehilfen er-sichtlich ist. Es ist aber auch fraglich, ob sich eine abschließende Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 nicht schon dadurch ergibt, dass die kaufrechtliche Sachmän-gelhaftung generell spezielle Regelungen mit besonderen Verjährungsvorschrif-ten und Rechtsbehelfen enthält, so dass § 434 Abs.1 S.3 schon aus diesem Grunde als abschließend betrachtet werden kann. Berücksichtigt man die vorab angestellten Erörterungen zu § 434 Abs. 1 S. 3, ist festzuhalten, dass diese Vor-schrift hinsichtlich des Käuferschutzes sehr weit ausgelegt wird. Ist ein Sach-mangelanspruch des Käufers gemäß § 434 Abs. 1 S. trotz der weitgehenden Auslegung nicht gegeben, scheint es nicht berechtigt, dem Käufer aufgrund ei-ner anderen Anspruchsgrundlage dennoch zu einem Anspruch zu verhelfen. Dies würde neben einer nicht sachgerechten Haftungserweiterung des Verkäu-fers auch eine Umgehung der speziellen Vorschriften bedeuten. Schulze und E-bers sind daher beispielsweise der Auffassung, dass das Vertrauen des Käufers durch das Kaufgewährleistungsrecht ausreichend geschützt sei, soweit die ge-schuldete Beschaffenheit der Kaufsache in Frage stehe. Ein eigenständiger An-spruch, insbesondere aus c.i.c., sei daher nicht erforderlich500. Diesem kann nur zugestimmt werden. Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass es sich bei § 434 Abs. 1 S. 3 um eine grundsätzlich abschließende Regelung für die Haftung des Verkäufers für unrichtige Äußerungen des Herstellers oder Gehilfen handelt.

499 Vgl. näher ENGELS/SALOMON, Vom Lauterkeitsrecht zum Verbraucherschutz: UWG-

Reform 2003, WRP 2004, 32. Siehe mit weiteren Nachweisen die Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 15/1487.

500 SCHULZE/EBERS, Streitfragen im neuen Schuldrecht, JuS 2004, 462f.

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4. Werbung „Werbung nimmt im wirtschaftlichen Verkehr die Rolle ein, die der Verteidiger als Anwalt des Angeklagten im Strafprozess übernimmt. In der ganzen Welt ist es üblich, dass der Verteidiger die guten Seiten seines Klienten betont“501. Die-ses Zitat umschreibt ziemlich genau den Zweck von Werbung, denn ihre Haupt-aufgabe im Kaufrecht besteht wohl unzweifelhaft darin, die Vorteile der Ware herauszustellen, um die Käufer zum Erwerb des Produktes anzuregen. Es soll nun Aufgabe dieses Abschnitts sein, den Begriff der Werbung gemäß § 434 Abs.1 S. 3 genauer zu untersuchen. Im Rahmen dessen soll ebenfalls herausge-arbeitet werden, wie andere Rechtsgebiete den Begriff der Werbung ausgestaltet haben.

a). Herleitung und Begriffsdefinition Eine Begriffsdefinition der Werbung hat der deutsche Gesetzgeber in § 434 Abs. 1 S. 3 nicht vorgenommen. Dort heißt es lediglich: „Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentli-chen Äußerungen insbesondere in der Werbung erwarten kann“502. Auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und die Regierungsbegründung503 lassen keine Definition erkennen. Vor der Schuldrechtsreform war der Begriff der Werbung im Schuldrecht, ebenso wie auch in anderen Teilen des Bürgerlichen Gesetzes-buchs, nicht vorhanden504. Dies hat zur Folge, dass auf keine Definition der alten Rechtslage zurückgegriffen werden kann. Im Gegensatz dazu war der Begriff der Werbung schon immer fester Bestandteil des UWG505. Nach der Rechtspre-chung des BGH ist unter Werbung ein Verhalten zu verstehen, das darauf ange-legt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen in Anspruch zu neh-men, für den geworben wird506. Nach der Richtlinie 84/450/EWG507 in Form der

501 HUNDHAUSEN, Wirtschaftswerbung, 1971, S. 14. 502 Der Wortlaut läßt durch die Einfügung des Wortes „insbesondere“ eindeutig erkennen,

daß Werbung nur ein Beispiel sein soll, d.h., daß auch andere öffentliche Äußerungen unter § 434 Abs. 1 S. 3 fallen können, vgl. auch MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, 2002, § 434 Rdn. 69. In dieser Ar-beit soll jedoch das Augenmerk ausschließlich auf die „Werbung“ gerichtet werden.

503 Vgl. Begr. RegE S. 214f. 504 Siehe zur fehlenden Regelung der Werbung in der alten Rechtslage grundlegend Teil 1. 505 Dort muss Werbung grob drei Merkmale vereinen: einen Inhalt vorweisen, dieser Inhalt

muss zum Ausdruck gebracht werden und sie muss einen Geschäftsbezug aufweisen, BEATER, Unlauterer Wettbewerb, 2002, § 8 Rdn. 50ff.

506 BGH NJW 2001, 2087, sogenannte „Anwaltswerbung II“. 507 Richtlinie 84/450/EWG, ABlEG L 250/17.

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Änderungen durch die Richtlinie 97/55/EG508 ist hingegen unter Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs zu verstehen mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Ver-pflichtungen, zu fördern509. Diese Definition der Richtlinie ist durchaus weiter als die der Rechtsprechung, denn es reicht schon eine Äußerung aus, die den Absatz von Waren fördert. Darunter kann streng genommen jede Äußerung fal-len. Eine Einschränkung ist nicht ersichtlich. Aber auch die Definition des BGH geht weiter als der Begriff der Werbung in § 434 Abs.1 S. 3, denn im Wettbe-werbsrecht wird nicht unterschieden zwischen öffentlichen Äußerungen und sol-chen, die nur im Einzelfall erfolgen und sich an eine bestimmte Person rich-ten510. Somit bringt ein Blick in das Wettbewerbsrecht zumindest die Erkennt-nis, dass es sich bei dem zivilrechtlichen Begriff der Werbung um einen restrik-tiveren handelt. Da jedoch keine Definition im Bürgerlichen Gesetzbuch zu fin-den ist, bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Frage äußern wird. Gegenwärtig steht somit noch die Option offen, dass sich der BGH hin-sichtlich des Werbungsbegriffs in § 434 Abs. 1 S. 3 an die bisher bewährte Rechtsprechung zur Werbung im Sinne des UWG anlehnen wird. Charakteristisch für Werbung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 ist jedenfalls der Aspekt, dass ihr ein Informationsgehalt zugeschrieben werden muss. Denn nur Eigenschaften, auf die sich die Werbung bezieht, die einen konkreten Inhalt an Informationen aufweisen, fallen unter die Regelung des neuen § 434 Abs. 1 S. 3. Dies war nicht immer so, denn früher wurde Werbung grundsätzlich als „Über-redung“ ohne Informationsgehalt eingeordnet511. Gleichwohl ist es offensicht-lich, weshalb ausschlaggebendes Charakteristika für Eigenschaften, die in der Werbung angepriesen werden, der Informationsgehalt sein muss, denn, wie Lehmann512 richtig feststellt, besteht bei den Käufern in der heutigen Zeit auf-grund der Vielfalt an Produkten ein Bedarf an überaus detaillierten Produktin-formationen. Die Produkte haben schon lange nicht mehr die ausschließliche und simple Funktion, die Grundbedürfnisse der Verbraucher zu befriedigen. Sie müssen meist vielmehr darüber hinaus gehende spezielle Bedürfnisse erfüllen. 508 Richtlinie 97/55/EG, ABlEG L 290/18. 509 Vgl. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 97/55/EG, ABlEG L 290/18. 510 So BAUMBACH/HEFERMEHL-KÖHLER, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 2 UWG

Rdn. 49. 511 Vgl. den Hinweis bei LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für

Werbeangaben beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 284 (Fußnote 39). 512 LEHMANN, Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim

Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280, 284.

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Für die Befriedigung solcher außerordentlichen Wünsche bedarf es meist auch herausragender Information. Gerade für das anonyme Massengeschäft, an dem sich § 434 Abs. 1 S. 3 hauptsächlich orientiert, kommt es vorwiegend darauf an, dass der Käufer konkrete Informationen erhält, so dass er nicht später mögli-cherweise auftretenden Enttäuschungen ausgesetzt ist513. Wie und in welcher Form die Verkäufer oder Hersteller Werbung betreiben, bleibt ihnen überlassen. Nach allgemeiner Meinung können sie sich für die Äu-ßerung in der Werbung jedes beliebigen Mediums bedienen: Fernsehen, Rund-funk, öffentliche Veranstaltungen, Zeitungen, Flugblätter, Prospekte oder Inter-net514. Essentiell ist im Grunde nur, dass es sich um eine Äußerung des Verkäu-fers oder Herstellers (oder des Gehilfen) handelt und nicht lediglich ein redakti-oneller Beitrag des jeweiligen Mediums vorliegt515. Die Äußerung muss dem Vertragsabschluß aber zumindest zeitlich vorgelagert sein516. Im Rahmen der alten Rechtslage bestand auch das Problem, dass unrichtige Werbeangaben deshalb keine Haftung des Verkäufers auslösen konnten, da sie meist weder einen Fehler im Sinne von § 459 Abs. 1 noch eine zugesicherte Ei-genschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 a.F. darstellten. Dies lag einerseits daran, dass Werbeangaben aufgrund des engen Beschaffenheitsbegriffs meist nicht zur Beschaffenheitsbestimmung der Kaufsache herangezogen werden konnten517, andererseits daran, dass in der Situation der Werbung - es findet neben den An-gaben in der Werbung kein individuelles Kaufgespräch zwischen Käufer und Verkäufer mehr statt - eben nicht von einer Vereinbarung die Rede sein konn-te518. Dieses Problem wird nun durch die neue Rechtslage überzeugend gelöst. Im Kontext von Abs.1 S. 3 sind nämlich - unabhängig davon, ob Äußerungen in der Werbung tatsächlich Vertragsbestandteil im Rahmen einer Beschaffenheits-vereinbarung geworden sind - alle Werbeaussagen des Verkäufers, Herstellers oder Gehilfen zur Konkretisierung der gewöhnlichen Beschaffenheit und damit

513 OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 46. 514 REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 7. Aufl. 2004, Rdn. 332; FAUST, in: BAMBERGER/ROTH

(Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 80; Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 82.

515 REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 7. Aufl. 2004, Rdn. 332. 516 Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 83. 517 Siehe zur Problematik des engen Beschaffenheitsbegriffs und der problematischen Ein-

beziehung von Werbeangaben in Teil 1§ 2 A III 1 und V. 518 Kam es zu einer solchen, konnte von einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen

werden. Doch stellt dies nicht die typische Situation in der Werbung dar, vgl. bereits in Teil 1§ 2 AV 1.

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auch des Sachmangels haftungsbegründend heranzuziehen, wenn sie geeignet sind, den Kaufentschluss des Käufers zu beeinflussen519. Da Werbeaussagen grundsätzlich zur näheren Bestimmung eines Sachmangels herangezogen wer-den können, kann die früher ebenfalls oft gestellte Frage, ob Werbeangaben durch Bezugnahme auf dieselben bei Vertragsschluss in den Status des Vertrags-inhalts erhoben werden konnten, dahinstehen520.

b). Werbung durch Unterlassen, mit Parallelen zum Wettbewerbsrecht

Des Weiteren ist die Frage zu klären, ob auch in einer unterlassenen Angabe ei-ne „Werbeangabe“ im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 gesehen werden kann. Man denke an folgenden Beispielsfall: Käufer K kauft bei Verkäufer V einen Compu-ter zu einem sehr günstigen Preis. Bei dem Kauf ist K in dem Glauben, dass es sich bei dem Computer um ein aktuelles Modell der Marke X handelt, das auf dem Markt allgemein erhältlich ist. Der Grund für diese Annahme ist, dass der Verkäufer (oder Hersteller) es unterlassen hat, den günstigen Computer als Aus-laufmodell zu kennzeichnen. Der Computer ist nämlich ausschließlich deshalb so günstig, weil das Modell nicht mehr vom Hersteller produziert wird. Wie ist ein solcher Fall dogmatisch einzuordnen? Fällt ein solches Unterlassen einer werblichen Angabe unter § 434 Abs.1 S. 3? Kann der Käufer auch in einem sol-chen Fall gegen den Verkäufer vorgehen, wenn dieser es versäumt hat, die Ware in seiner Werbung als Auslaufsmodell zu kennzeichnen? Weder die Richtlinie noch das Bürgerliche Gesetzbuch geben in dieser Frage Auskunft. Daher soll an dieser Stelle untersucht werden, ob das Wettbewerbs-recht vergleichbare Fälle regelt, welche als Interpretationshilfe für das Bürgerli-che Gesetzbuch herangezogen werden können. Ein Urteil des BGH aus dem Jah-re 1999 hatte diese Problematik zum Gegenstand, die so genannte „Auslaufmo-delle I“- Entscheidung521. Nachfolgend soll dargelegt werden, wie der BGH, am

519 So auch WEILER, Haftung für Werbeangabe nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784,

1786f. 520 Interessant ist auch die Tatsache, daß die Haftung des Verkäufers für „Werbung“ in Satz

3 und nicht bereits in Satz 1 genannt wird. Dies spricht dafür, daß nach neuer Rechtslage nicht davon ausgegangen wird, daß Werbeangaben automatisch Vertragsinhalt werden, sondern vielmehr, daß sie nur zur Konkretisierung des objektiven Empfängerhorizonts herangezogen werden sollen. Dies kann auch als Rückschluß aus der Aussage von Faust gezogen werden: „Auf Abs.1 S.3 kommt es nur für solche Äußerungen an, die nicht Vertragsinhalt werden, weil sonst Abs. 1 S. 1 einschlägig ist.“, FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), Kommentar zum BGB, Bd. 1, 2003, § 434 Rdn. 75.

521 Siehe BGH WRP 1999, 839, 840.

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Beispiel der Entscheidung, ein solches Unterlassen von werblichen Angaben im Wettbewerbsrecht beurteilt hat. In dem vorliegenden Urteil stellte sich die Fra-ge, ob der Verzicht des Hinweises, dass es sich bei den Geräten um Auslaufmo-delle handelte, eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG a.F. darstell-te522. Der BGH führte an, dass das Verschweigen einer Tatsache dann als irre-führende Angabe im Sinne von § 3 UWG a.F. anzusehen sei, wenn den Wer-benden eine Aufklärungspflicht treffe. Eine solche bestehe, wenn das Publikum bei Unterbleiben eines bestimmten Hinweises, der geeignet sei, den Kau-fentschluss zu beeinflussen, getäuscht werde523. Ein Indiz dafür, dass eine Hin-weispflicht bestehe, sei die Tatsache, dass solche Hinweise im Wettbewerb üb-lich seien. Auf die konkrete Frage, ob eine Hinweispflicht bezüglich der Eigen-schaft „Auslaufmodell“ bestehe, könne jedoch keine generalisierende Antwort gegeben werden. Der BGH ging vielmehr davon aus, dass dies von den jeweili-gen Warengruppen abhänge. In dem zur Diskussion stehenden Fall, in dem es sich nicht um einen Computer, sondern um einen Videorecorder und ein Auto-radio handelte, bejahte er allerdings, dass es sich bei einem Auslaufmodell um eine für den Kaufentschluss relevante Tatsache handle und dies wiederum eine Hinweispflicht begründe524. Schließlich kam der BGH zu dem Ergebnis, dass durch das Unterlassen der Angabe, dass es sich bei beiden Geräten um Aus-laufmodelle handelte, eine irreführende Werbung im Sinne des § 3 UWG a.F. gegeben sei525. Aus der Rechtsprechung des BGH kann deshalb der Schluss gezogen werden, dass nicht schon das Unterlassen der Angabe einer für den Käufer wichtigen Ei-genschaft eine irreführende Angabe im Sinne von § 3 UWG a.F. darstellt526. Vielmehr müssen weitere Voraussetzungen hinzutreten, wie beispielsweise die Verkehrserwartung oder die Relevanz der Angabe für die Kaufentscheidung. 522 Grundsätzlich hatte der BGH festgelegt, daß das Irreführungsverbot gemäß § 3 UWG

a.F. ein Desinformationsverbot, nicht aber ein Informationsgebot darstelle, siehe dazu BGH GRUR 1996, 367.

523 Vgl. BGH WRP 1999, 839, 840 („Auslaufmodelle I“), BGH GRUR 1999, 760, 761 („Auslaufmodelle II“), BGH WRP 2000, 514, 516 („Auslaufmodelle III“).

524 Dies nahm auch das OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung an, in der es um einen Lex-mark-Drucker ging, bei dem es sich ebenfalls um ein Auslaufmodell handelte, vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 250, 253.

525 Die Klage wurde jedoch letztlich vom BGH an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da das vom Berufungsgericht ausgesprochene Unterlassungsgebot in zweierlei Hinsicht über den der Klägerin zustehenden Anspruch hinausging, vgl. BGH WRP 1999, 839, 841.

526 So auch schon in der sogenannte „Fertiglesebrille“-Entscheidung, vgl. BGH WRP 1996, 1027ff.

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Gleichwohl ist die Möglichkeit gegeben, das Fehlen von bedeutsamen Angaben in der Werbung als irreführend im Sinne von § 3 UWG a.F. einzustufen. Dies erscheint auch richtig, da insbesondere die Tatsache, dass es sich nicht um ein Modell der laufenden Produktion handelt, gerade bei hochwertigen Geräten der Unterhaltungselektronik eine erhebliche Rolle für den Käufer spielen kann. Spe-ziell bei Geräten wie Computern ist der technische Fortschritt bei einem neuen gegenüber einem alten meist wesentlich. Infolgedessen hat der Käufer ein be-rechtigtes Interesse daran, ein neues und nicht ein altes Gerät zu erwerben. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch an Kraftfahrzeuge zu denken, denn es ist für den Käufer von erheblicher Bedeutung, ob es sich beispielsweise um den neuesten 5er BMW oder um einen Wagen aus der vorherigen 5er BMW Serie handelt. Sicherlich greifen diese Überlegungen nicht für alle Kaufgegenstände. Bei Gegenständen, bei denen beispielsweise kein wesentlicher technischer Fort-schritt oder sonstige für den Käufer erhebliche Veränderungen der Sache zu er-warten sind, kann ein Hinweis darauf, dass es sich um ein älteres Modell han-delt, für den Käufer ohne Bedeutung sein527. Mit Reform des UWG im Juli 2004 findet sich nun das Verbot der irreführenden Werbung in § 5 Abs. 1 UWG n. F528. In § 5 Abs. 2 Nr. 3 a.E. UWG hat der Ge-setzgeber jetzt auch das Unterlassen einer werblichen Angabe in den Wortlaut aufgenommen. Dort heißt es: „Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die Entschei-dung zum Vertragsschluss nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.“ Damit wurden nunmehr die Rechtsprechungsleitsätze des BGH ins Gesetz aufgenom-men529. Dies bedeutet, dass es von den jeweiligen Umständen eines Einzelfalls abhängen soll, ob beim Fehlen einer bedeutsamen werblichen Angabe eine irre-führende Werbeangabe im Sinne des § 5 UWG vorliegt oder nicht.

527 Dies ist wohl insbesondere der Fall bei Alltagsgegenständen, die zeitlich nicht gebunden

sind wie Bilderrahmen, Dosenöffner, Locher, Gartenschläuche, Mehrfachsteckdosen, Ringordner etc. Auch bei Schmuckstücken kommt es meist primär auf die Materialien und nicht auf den Herstellungszeitpunkt an, so daß auch dort ein Hinweis unterbleiben kann.

528 § 5 Abs.1 UWG erklärt irreführende Angaben für unlauter im Sinne von § 3 UWG. Vgl. mit weiterführenden Hinweisen SACK, Die relevante Irreführung im Wettbewerbsrecht, WRP 2004, 521ff.

529 In der „Tageszulassung II“- Entscheidung hat der BGH beispielsweise angeführt, daß eine irreführende Angabe nur dann wettbewerbswidrig sei, wenn sie geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums zu beeinflussen, vgl. BGH WRP 2000, 1129, 1130.

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Fraglich ist, ob die vorstehenden Ausführungen für das Wettbewerbsrecht auf das Bürgerliche Gesetzbuch und damit auf § 434 Abs. 1 S. 3 übertragbar sind. Zunächst ist nochmals hervorzuheben, dass Erwägungen, die im Rahmen des Wettbewerbs angestellt werden, nicht ohne weiteres für zivilrechtliche Vor-schriften übernommen werden können. Doch wie Bernreuther treffend formu-liert, sind in einigen Teilbereichen des Wettbewerbs- und Zivilrechts Parallelen zu finden, die den Schluss zulassen, dass der Übernahme von Sichtweisen aus dem Wettbewerbrecht in § 434 Abs. 1 S. 3 nichts entgegensteht530. Hierunter könnte somit auch die Frage des Unterlassens von werblichen Anpreisungen fal-len. Wenn man den Wortlaut des neuen § 5 Abs. 2 Nr. 3 a. E. UWG betrachtet, fällt auf, dass es für die Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irre-führend ist, auf die Eignung des Verschweigens für die Beeinflussung der Ent-scheidung ankommt. Das Kaufrecht stellt hingegen in § 434 Abs.1 S. 3 a.E. für die Befreiung des Verkäufers von der Sachmängelhaftung darauf ab, dass die Werbeangabe die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte531. Aus dieser Formulierung kann der Schluss gezogen werden, dass es für eine Haftung des Verkäufers nach § 434 ebenfalls darauf ankommt, dass die Werbeangabe die Kaufentscheidung des Käufers beeinflussen konnte. Diese Voraussetzung ist im Vergleich zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 a. E. UWG lediglich negativ ausgedrückt532. Schon diese Parallelität rechtfertigt die Annahme, dass für Überlegungen im Rahmen des § 434 Abs. 1 S. 3 an das Wettbewerbsrecht angeknüpft werden kann. Berücksichtigt man das vorab gebrachte Beispiel des Computers, ist nicht einzusehen, weshalb das Unterlassen des Hinweises, dass es sich um ein Aus-laufmodell handelt, keine unrichtige Werbeangabe im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 darstellen sollte. Sicher ist es richtig, den Schutzzweck der beiden Gesetze in die Argumentation mit einzubeziehen533. Nach § 1 des UWG stellt das Gesetz primär auf den Schutz der Mitbewerber vor unlauterem Wettbewerb untereinan-der ab534. Das Kaufrecht stellt hingegen aufgrund der neuen Rechtslage auf den Schutz des Verbrauchers ab. Mit diesem Schutzzweck des Kaufrechts kann ins-besondere eine Haftung des Verkäufers für unterlassene werbliche Angaben be-

530 BERNREUTHER, Sachmangelhaftung durch Werbung, WRP 2002, 368, 370f. 531 Auf diesen Ausschlußgrund wird an späterer Stelle ausführlich eingegangen, vgl. Teil 3

§ 7 B II 6 c). 532 Die negative Formulierung drückt lediglich aus, daß dem Verkäufer die Beweislast ob-

liegt. 533 Unter anderem hat der BGH in der „Fertiglesebrille“ -Entscheidung eine irreführende

Werbeangabe mit Blick auf den Schutzzweck des UWG verneint, vgl. BGH WRP 1996, 1027, 1029.

534 Zwar ist der Verbraucher auch vom Schutzzweck des UWG umfaßt, jedoch steht der Schutz der Mitbewerber vor unlauterem Wettbewerb im Vordergrund.

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gründet werden. Denn der Käufer müsste als Verbraucher erst recht nach den kaufrechtlichen Vorschriften geschützt werden, wenn der Verkäufer es unter-lässt, eine für den Käufer für die Kaufentscheidung erhebliche Werbeangabe zu tätigen. Es kann nach Sinn und Zweck des § 434 Abs. 1 S. 3 keinen Unterschied machen, ob der Verkäufer eine unrichtige Werbeangabe hinsichtlich der Eigen-schaft eines Kaufgegenstandes tätigt oder ob er eine werbliche Angabe bezüg-lich einer Eigenschaft unterlässt, wenn diese für den Käufer wesentlich ist. Es erscheint nur sachgerecht, beide Fallkonstellationen unter § 434 Abs. 1 S. 3 zu fassen. Der Verkäufer haftet also sowohl für unrichtige vorgenommene Werbe-angaben als auch für Angaben bezüglich Eigenschaften, die er nicht getätigt hat. Sicherlich ist eine Auslegung des jeweiligen Einzelfalls dahingehend notwendig, ob der Hinweis für die Kaufentscheidung des Käufers mit ausschlaggebend war. Gleichwohl wäre es wünschenswert, dass der BGH die im Wettbewerb etablier-ten Grundsätze für den Bereich des Kaufrechts in Fällen wie dem angeführten Beispiel übernehmen und gegebenenfalls eine Sachmängelhaftung des Verkäu-fers bejahen würde535. Im Ergebnis ist demgemäß festzustellen, dass nach der hier vertretenen Ansicht Werbung auch durch ein Unterlassen erfolgen kann.

5. Berechtigte Erwartungen des Käufers Wie bereits im zweiten Teil dieser Arbeit dargelegt, stellt die Richtlinie in Art. 2 Abs. 2 lit. d für das Eintreten der Haftung für Werbeangaben noch auf die „ver-nünftigen“ Erwartungen des Verbrauchers ab536. Betrachtet man hingegen den Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 3 ist festzustellen, dass das Adjektiv „vernünftig“ nicht übernommen wurde. Stattdessen heißt es nun in § 434 Abs.1 S. 2 Nr. 2 bzw. § 434 Abs. 1 S. 3 „was der Käufer erwarten kann“, d.h., was er berechtig-terweise erwarten kann. Der deutsche Gesetzgeber führte zur Begründung der Nichtübernahme des Begriffs „vernünftig“ in der Regierungsbegründung an, dass die Einfügung desselben nicht erforderlich sei537. Einerseits richte sich die Beschaffenheit der Kaufsache bereits nach dem Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers538, so dass das Merkmal „vernünftig“ überflüssig sei, an- 535 So im Ergebnis auch BERNREUTHER, Sachmangelhaftung durch Werbung, WRP 2002,

368, 371. 536 Siehe bereits in Teil 2 § 4 C II 2a). 537 Wie schon an früherer Stelle angemerkt, hatte Honsell bereits im Rahmen der Diskussi-

on zur Richtlinie die Meinung vertreten, daß der Begriff „vernünftigerweise“ überflüssig sei, siehe HONSELL, Die EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und ihre Umset-zung ins BGB, JZ 2001, 278, 279.

538 Mit dieser Aussage untermauert der Gesetzgeber die Tatsache, daß sich der BGH auf-grund der neuesten Rechtsprechung ebenfalls der Ansicht des EuGH anschließt und so-mit nicht mehr den „flüchtigen, unkritischen Verbraucher“ als Maßstab für den Erwar-

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dererseits erscheine der Begriff untunlich, da er dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd sei539. Diese Argumente des Gesetzgebers erscheinen gerechtfertigt, da zur Auslegung der Begriffe, welche aus der Richtlinie übernommen wurden, die europarechtskonforme Auslegung maßgeblich ist540. Wie bereits an früherer Stelle erwähnt, liegt dem gemeinschaftsrechtlich geprägten Verbraucherleitbild der Verständnishorizont eines Durchschnittsverbrauchers zugrunde, welcher ei-ne gewisse Vernunft, Kritik- und Beurteilungsfähigkeit besitzen muss541. Es soll also bei einer Auslegung darauf ankommen, welche Erwartungen der aufgeklär-te und rational denkende Verbraucher in der fraglichen Situation gehabt hätte. Das Abstellen des Gesetzgebers auf einen „flüchtigen Verbraucher“ wäre dar-über hinaus auch deswegen nicht zu rechtfertigen, weil dies eine erhebliche Ausdehnung der Verkäuferhaftung zur Folge hätte. Ein naiver Verbraucher et-wa, der sich nur flüchtige Gedanken über die Beschaffenheit einer Sache macht, wäre allzu oft in seinen Erwartungen enttäuscht. Die enttäuschten Erwartungen

tungshorizont eines Käufers heranzieht, sondern nunmehr auf einen „durchschnittlichen Verbraucher“ abstellt, vgl. dazu BGH JZ 2000, 1011; BGH WRP 2000, 510, 512 und BGH WRP 2000, 1129, 1130. Allerdings nimmt er noch eine Einschränkung des Maß-stabs vor, indem er anmerkt, daß der Grad der geschuldeten Aufmerksamkeit von der jeweiligen Situation abhänge, siehe BGH WRP 2002, 81, 84. Mit weiteren Ausführun-gen in Teil 2 § 4 C II 2a). Darüber hinaus wird deutlich, daß hiermit eine weitere Paral-lele zwischen Wettbewerbs- und Zivilrecht gezogen wird, da der Erwartungshorizont des Käufers nun identisch mit dem Erwartungshorizont des Verbrauchers bei irreführen-der Werbung im Wettbewerbsrecht sein soll.

539 Siehe Begr. RegE S. 214. 540 Zur grundsätzlichen Auslegung von § 434 vgl. Teil 3 § 7 A. 541 Siehe Teil 2 § 4 C II 2a), S. 69ff. An diese wurde auch in einer neueren Entscheidung

des OLG Braunschweig vom 7.7. 2004 appelliert. In einer VW Werbung für den Toua-reg V10 TDI wurde dafür geworben, daß der Wagen die Euro-Abgasnorm 3 erfülle. Aufgrund dieser Werbung gingen die Käufer davon aus, daß der Touareg die Abgas-norm für Pkws erfüllt. Dies entspricht jedoch nicht der Realität, da wegen des schweren Gewichts des Wagens, 2500 kg, die Abgasnorm für leichte Nutzfahrzeuge anzuwenden ist. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte daraufhin mit der Begründung geklagt, daß dem Käufer durch die Werbung suggeriert werde, auf den Touareg sei e-benfalls die Abgasnorm 3 für Pkws anzuwenden. Die Klage wurde jedoch abgewiesen. Das OLG argumentierte, daß dem Käufer klar sein müsse, daß für einen schweren Ge-ländewagen nicht ähnlich niedrige Abgaswerte wie bei einem Pkw gelten könnten. Das Gericht stellte somit auf die kritische Einschätzungsfähigkeit des Käufers ab. Folglich lagen hier keine berechtigten Erwartungen des Käufers vor und ein Sachmangelanspruch des Käufers aus § 434 Abs. 1 S. 3 war nicht gegeben, siehe „Gericht hält Werbung für den Touareg für statthaft“, in: Süddeutschen Zeitung vom 7.7.2004, abrufbar im Internet unter: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/870/34836/ (letzter Zugriff am 10.2.2006).

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hätten dann die Annahme eines Sachmangels und die dazugehörigen, den Ver-käufer belastenden, Rechtsfolgen zur Konsequenz. Eine solch erhebliche Erwei-terung der Verkäuferhaftung wäre unsachgerecht542. Wie Buck543 treffend fest-stellt, bedeutet das Abstellen auf die objektive Erwartungshaltung eines Durch-schnittsverbrauchers vielmehr eine gerechtfertigte Einschränkung des weiten, vor allem durch die Einbeziehung öffentlicher Äußerungen in der Werbung, subjektiven Fehlerbegriffs. Einen durchaus angemessenen Vorschlag bringt Wei-ler544 an. Nach seiner Auffassung ist eine normative Prüfung im Rahmen der be-rechtigten Erwartungen vorzunehmen. Der anzulegende Maßstab des Erwar-tungshorizonts des Käufers könne sich unter anderem daran bemessen, ob es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher im Sinne von § 13 oder um einen Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 handle545. Dies ist auch richtig, denn ein Käufer, der Unternehmer ist, weiß Eigenschaftsangaben in der Werbung oftmals besser einzuschätzen als ein Verbraucher. Dieser Aspekt sollte bei der Bestim-mung des Erwartungshorizonts des Käufers in der Praxis Berücksichtigung fin-den.

6. Ausnahmetatbestände Der Verkäufer muss für einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 dann nicht haften, wenn ein so genannter Ausschlussgrund eingreift. Zum einen kann der Verkäufer von der Mängelhaftung befreit werden, wenn er die öffentliche Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen konnte, zum anderen dann, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war und schließlich, wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Diese Regelungen sind nahezu inhaltsgleich aus Art. 2 Abs.4 der Richtlinie übernom-men worden. Hinsichtlich der Richtlinie war fraglich, ob diese Ausnahmekrite-rien kumulativ oder alternativ vorliegen mussten, da sie in Form von Spiegel-strichen aufgeführt waren546. Diese Frage bedarf jedoch nach Umsetzung der Richtlinie in das Bürgerliche Gesetzbuch keiner weiteren Klärung, da bereits der Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 3 a.E. in dieser Hinsicht Aufschluss gibt. Die Ausschlusstatbestände sind jeweils durch ein Komma und am Ende durch ein „oder“ voneinander getrennt, was eindeutig dafür spricht, dass die Merkmale nur

542 So auch WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784,

1790. 543 BUCK, in: WESTERMANN (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S. 105, 112. 544 WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1785. 545 WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1785. 546 Vgl. zu den Ausschlußtatbeständen in der Richtlinie ausführlich Teil 2 § 4 C II 2 c).

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alternativ vorliegen müssen547. Darüber hinaus trifft den Verkäufer die Pflicht, die ihn entlastenden Umstände nachzuweisen. Dies hat der Gesetzgeber durch die einleitende Formulierung „es sei denn...“ bewusst zum Ausdruck ge-bracht548. Somit trägt der Verkäufer selbst die Beweislast für die Ausnahmen von der Haftung. Im folgenden Abschnitt soll nun näher auf die einzelnen Aus-nahmekriterien eingegangen werden.

a). Nichtkennen und Nichtkennenmüssen der unrichtigen Angaben

Der Verkäufer muss also trotz des Vorliegens eines Mangels gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 nicht haften, wenn er die Äußerung in der Werbung „nicht kannte und auch nicht kennen musste“549. In der konsolidierten Fassung des Diskussi-onsentwurfs war noch festgelegt worden, dass der Verkäufer nicht haften sollte, wenn der Verkäufer die Äußerung nicht kannte „oder kennen musste“. Im Re-gierungsentwurf wurde dann das „oder“ durch ein „und“ ersetzt und darüber hinaus das Wort „auch“ hinzugefügt. Der Rechtsausschuss begründete diese Änderung damit, dass der Verkäufer sich nur entlasten könne, wenn er die Wer-beaussage wirklich weder gekannt habe noch gekannt haben musste550. Mit die-ser Ausnahmeregelung soll laut Regierungsbegründung bezweckt werden, dass der Verkäufer sich nur dann entlasten kann, wenn seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht. Denn der Verkäufer profitiere schließlich von der Werbung seines Herstellers (oder Gehilfen), da die Werbung die Kaufentschei-dung der Käufer beeinflusse. Es sei aber nicht richtig, dass der Verkäufer von unrichtigen Werbeaussagen Dritter profitiere soweit ihm Fahrlässigkeit hinsicht-lich der Kenntnis zur Last falle. Eine Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit sei aus diesem Grunde nicht angezeigt551. Folglich treffen den Verkäufer sämtliche Formen von Fahrlässigkeit. Schon die Formulierung „kennen musste“ bringt dies zum Ausdruck, da das „Kennenmüssen“ in § 122 Abs. 2 als auf Fahrlässig-keit beruhende Unkenntnis legaldefiniert ist. Jede Fahrlässigkeit genügt552. Ein

547 So auch GRAF V. WESTPHALEN in: HENSSLER/ DERS. (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsre-

form, 2. Aufl. 2003, § 434 Rdn. 40. 548 Vgl. auch Begr. RegE S. 214. 549 In Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie hieß es noch „...er die betreffende Äußerung nicht kannte

und vernünftigerweise nicht davon Kenntnis haben konnte“, vgl. Teil 2 § 4 C II 2 c). 550 Siehe die Begründung des Rechtsausschusses, BT-Drs.-14/7052, S. 196. 551 Vgl. auch Begr. RegE S. 215. Es ist davon auszugehen, daß diese Regelung insbesonde-

re Aussagen Dritter betrifft, denn bei eigenen Aussagen des Verkäufers muss wohl grundsätzlich von einer Kenntnis ausgegangen werden.

552 Diese Legaldefinition gilt für das gesamte Privatrecht, siehe Palandt-HEINRICHS, BGB, 65. Aufl. 2006, § 122 Rdn. 5.

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„Kennenmüssen“ des Verkäufers liegt daher vor, wenn er bei gehöriger Auf-merksamkeit die unrichtigen Werbeangaben des Dritten hätte erkennen können. Dem Verkäufer wird somit durch diese Ausnahmeregelung konsequent die Auf-gabe auferlegt, Produktwerbung in den verschiedensten Medien zu beobachten und sich mit dieser auseinanderzusetzen553. Hinsichtlich der Aufmerksamkeit des Verkäufers scheint jedoch eine weitere Differenzierung angebracht. Es sollte wieder danach unterschieden werden, ob es sich um einen gewerblichen oder um einen privaten Verkäufer handelt. Dem gewerblichen Verkäufer kann durchaus auferlegt werden, nationale wie auch internationale Werbung des Herstellers zu verfolgen. Einem kleinem Unternehmen oder einem Verkäufer, der zu rein pri-vaten Zwecken ein Kaufgeschäft tätigt, scheint eine solche Auflage jedoch nicht zumutbar554. Eine Haftungsbefreiung des Verkäufers aufgrund des ersten Ausnahmetatbe-standes wird in der Praxis jedoch selten vorkommen, da für ein Nichtwissen des Verkäufers nur ein geringer Spielraum bleibt. Denn ist die Äußerung öffentlich, wird der Verkäufer sie oftmals kennen. Kennt er sie nicht, ist meist von einem „Kennenmüssen“ auszugehen. Der Fall, dass dem Verkäufer nicht einmal Fahr-lässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis zur Last fällt, dürfte äußerst selten vor-kommen555. Sollte ein Nichtwissen des Verkäufers hingegen tatsächlich vorlie-gen, besteht die nächste Bürde in der Beweisführung von Nichtwissen im Pro-zess556.

b). Gleichwertige Berichtigung im Zeitpunkt des Vertragsschlus-ses

Nicht weniger unproblematisch ist der zweite Ausschlussgrund in § 434 Abs. 1 S. 3. Danach kann sich der Verkäufer von seiner Haftung befreien, wenn er nachweist, dass die unrichtige Werbeangabe bereits im Zeitpunkt des Vertrags-schlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war. Diese Ausnahmeregelung hat

553 So auch schon zur Richtlinie vgl. MICKLITZ Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, EuZW

1999, 485, 487. 554 Wie Malzer richtig anmerkt, ist in der Regel auch davon auszugehen, daß der Verkäufer

von der Werbung hätte Kenntnis haben müssen, wenn sie einen größeren Kundenkreis erreicht hat oder über öffentliche Kanäle publiziert worden ist, siehe MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdn. 78.

555 Dies kann allenfalls bezüglich Produktwerbung im Ausland der Fall sein, oder dann, wenn der Verkäufer sich ausreichend über die Produktwerbung des Herstellers infor-miert hat.

556 Zur Schwierigkeit der Beweisführung der Ausnahmetatbestände vgl. bereits in Teil 2 § 4 C II 2 c).

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im Zuge der Umsetzung der Richtlinie insbesondere für Diskussionsstoff ge-sorgt557. Im Diskussionsentwurf wurde in Anlehnung an die Richtlinie festgehal-ten, dass sich der Verkäufer auch dadurch entlasten könne, wenn die Äußerung im „Zeitpunkt des Vertragsschlusses berichtigt war“. Diese Formulierung wurde jedoch in der konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs wieder gestri-chen. Für die Nichtübernahme von Art. 2 Abs. 4 Spiegelstrich 2 der Richtlinie in § 434 Abs. 1 S. 3 wurde zunächst angeführt, dass dieser Fall bereits unter das Kriterium „dass sie die Kaufentscheidung nicht mehr beeinflussen konnte“ falle. Darin, dass Spiegelstrich 2 nicht übernommen werde, sei nur „eine Klarstellung des von der Richtlinie Gewollten zu sehen“558. In seiner Stellungnahme forderte der Bundesrat jedoch die Wiedereinfügung des Ausnahmekriteriums, da die Haftung des Verkäufers insbesondere dadurch erweitert werde, dass auch Aus-sagen des Herstellers als Anknüpfungspunkt für die Haftung des Verkäufers an-zusehen seien. Um zu einer ausgewogenen Regelung zu kommen, müsse dem Verkäufer die Chance gegeben werden, die Werbeaussagen des Herstellers wie-der korrigieren zu können, um somit den Mangel zu beseitigen559. Die Bundes-regierung schloss sich in ihrer Gegenäußerung560 dem Vorschlag des Bundesra-tes an, forderte darüber hinaus allerdings die Berichtigung der Werbeaussage in „gleichwertiger Weise“. Somit wurde Art. 2 Abs. 4 Spiegelstrich 2 schließlich doch in § 434 Abs. 1 S. 3 umgesetzt, wenn auch in erweiterter Form. Was ist jedoch mit einer Berichtigung in „gleichwertiger Weise“ gemeint? Wel-cher Art muss die Berichtigung einer vorangegangenen unrichtigen öffentlichen Äußerung sein, dass sie als gleichwertig angesehen werden kann? Eine Definiti-on dieses Begriffs ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass der Verkäufer dann von seiner Sachmängelhaftung befreit sein soll, wenn er die Unrichtigkeit einer Angabe zu erkennen gegeben hat, sie berichtigt hat und der Käufer somit unter dem Aspekt der enttäuschten Erwar-tungen nicht mehr schutzbedürftig ist. Dafür muss allerdings sichergestellt sein, dass der Käufer auch von der Unrichtigkeit der Angabe erfährt. Von daher be-zieht sich der Begriff der Gleichwertigkeit auf die Öffentlichkeitswirksamkeit einer Berichtigung. Nach richtiger Auffassung der Bundesregierung561 sind feh- 557 Wie bereits in Teil 2 näher ausgeführt, war die nun in § 434 Abs. 1 S. 3 verankerte Re-

gelung bereits in Art.2 Abs. 4 der Richtlinie niedergelegt, siehe in Teil 2 § 4 C II 2 c). 558 Begr. RegE S. 215. 559 Stellungnahme des Bundesrates zu § 434 Abs. 1 S. 3, BR-Drs. 338/01 (Beschluß), S. 48. 560 Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 434 Abs. 1 S. 3 (zu Nr. 86), BT-Drs. 14/6857,

S. 59. 561 Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 434 Abs. 1 S. 3 (zu Nr. 86) , BT-Drs.

14/6857, S. 59.

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lerhafte Werbeaussagen mit fehlerhaften Pressemeldungen vergleichbar. Auch dort sei es unerlässlich, dass eine fehlerhafte Pressemeldung in der gleichen Art und Weise richtig gestellt werde, wie sie zunächst verbreitet wurde. Nur das füh-re zu einem Ausschluss von Mängelansprüchen. Es erscheine logisch, dass eine groß angelegte Plakatwerbung nicht schon durch eine unauffällige Anzeige in einer Tageszeitung als berichtigt anzusehen sei562. Es ist also davon auszugehen, dass die Berichtigung in einem vergleichbaren öffentlichkeitswirksamen Medi-um mit vergleichbarer Intensität bekannt gegeben wird563. Ein vergleichbares Medium kann jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn eine Werbung zunächst in einem Rundfunk- oder Fernsehwerbespot geschaltet wird, die Be-richtigung der Äußerung jedoch nur in einer regionalen Tageszeitung erfolgt564. Westermann ist sogar der Ansicht, dass lediglich Maßnahmen von größter Pub-lizität der „Gleichwertigkeit“ im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 3 gerecht werden. Eine solche stelle eine öffentliche Rückrufaktion dar565. Richtig ist, dass eine öf-fentliche Rückrufaktion wohl am nachhaltigsten veranschaulicht, dass eine Sacheigenschaft nicht das hält, was in der Werbung angekündigt wurde. Als Beispiel einer Rückrufaktion kann ein defekter Rauchmelder angeführt werden, der von einem der bedeutendsten Discount-Märkte beworben wurde566. Als sich ein erheblicher Defekt des Rauchmelders herausstellte, wurde mit einer groß an-gelegten Plakatwerbung auf die mangelhafte Sacheigenschaft hingewiesen. Eine Rückrufaktion stellt somit ein sehr effizientes Mittel zur Aufklärung eines Man-gels dar. Doch verkennt Westermann, dass dies nicht die einzige Erfolg verspre-chende Möglichkeit ist, um unrichtige Werbeangaben zu berichtigen. Seine An-sicht geht zweifelsohne zu weit, denn oftmals sind Rückrufaktionen zur Erklä-rung dafür, Angaben in der Werbung seien unrichtig, nicht erforderlich. Durch 562 Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 434 Abs. 1 S. 3 (zu Nr. 86) , BT-Drs.

14/6857, S. 59. 563 REINICKE/TIEDTKE, Kaufrecht, 7. Aufl. 2004, Rdn. 336. 564 Siehe das Beispiel bei OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl.

2004, S. 47. 565 WESTERMANN, Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241, 245. 566 Siehe hierzu die Pressemitteilung vom 7.12. 2004, abrufbar im Internet unter:

www.heute.t-online.de/ZDFde/druckansicht/0,1986,2233949,00.html (letzter Zugriff am 10.2.2006). Weitere Beispiele für Rückrufaktionen: „Volkswagen ruft eine Million Au-tos zurück“, da eine Materialschwäche in der Zuleitung zum Bremskraftverstärker ent-deckt wurde, vgl. die Mitteilung im „Spiegel“ vom 3. 6. 2002, abrufbar im Internet un-ter: www.spiegel.de/auto/werkstatt/0,1518,199164,00.html (letzter Zugriff am 10.2.2006) oder „Ikea warnt vor Hängevitrine “Berthy“, da falsche Schrauben die Hän-geschränke abstürzen lassen könnten, vgl. im „Spiegel“ vom 24. 9. 2004, abrufbar im Internet unter: www.spiegel. de/wirtschaft/0,1518,319645,00.html (letzter Zugriff am 10.2. 2006).

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wen die Berichtigung erfolgt, ist hingegen unerheblich. Diese kann sowohl von dem Verkäufer selbst als auch von einem Dritten vorgenommen werden567. Fraglich ist ferner, wie diese Berichtigung inhaltlich ausgestaltet sein muss. Reicht es aus, dass der richtige Sachverhalt in einer neuen Werbeäußerung dar-gestellt wird oder muss vielmehr auf die vorherige unrichtige Angabe Bezug ge-nommen werden? Sicherlich kann argumentiert werden, dass ein Hinweis auf die unrichtige Werbeangabe den Verkäufer (oder Hersteller) zwingt, in der Öf-fentlichkeit kundzutun, bislang mit unrichtigen Eigenschaften geworben zu ha-ben. Dies kann zu einem erheblichen Imageverlust führen568. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass beim Unterlassen eines solchen Hinweises die Unrichtigkeit vom Käufer meist nicht festgestellt werden würde. Denn hat er sich aufgrund der ersten Werbung bereits Vorstellungen bezüglich einer bestimmten Sachei-genschaft gemacht, wird er einer weiteren Werbung bezüglich der gleichen Ei-genschaft oftmals nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenken. Dieser Tatsache kann nur dadurch begegnet werden, dass die berichtigende Werbung auf die Un-richtigkeit der vorherigen Äußerung aufmerksam macht569. Gleichwohl kann es für das Bejahen einer gleichwertigen Berichtigung nicht darauf ankommen, dass der jeweilige Käufer tatsächlich von der berichtigenden Äußerung Kenntnis ge-nommen hat, denn dies könnte nie, auch durch noch so eine intensive und öf-fentlichkeitswirksame Werbemaßnahme, vom Verkäufer (oder Hersteller) si-chergestellt werden. Daher muss dies für das Entfallen der Haftung des Verkäu-fers unerheblich sein570. Für diesen Ausschlussgrund bleibt festzuhalten, dass hohe Anforderungen an die Berichtigung einer unrichtigen Aussage gestellt werden und der Verkäufer die-sen unterworfen ist, wenn er sich von seiner Haftung befreien möchte. Gleich-wohl wird eine Beweisführung hinsichtlich dieses Merkmals für den Verkäufer unproblematisch sein, da die Berichtigung, genauso wie die vorangegangene Werbeangabe, in der Öffentlichkeit getätigt werden muss.

567 Da der Verkäufer allerdings oftmals keinen hinreichenden Einfluß auf den Hersteller in

Bezug darauf hat, daß dieser die unrichtige Werbeangabe tatsächlich in wirksamer Wei-se berichtigt hat, wird er die Berichtigung wohl in den meisten Fällen selbst vornehmen.

568 WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1792. 569 So auch FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 86; HAAS,

in: DERS./MEDICUS/ROLLAND/SCHÄFER/WENDTLAND, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdn. 115.

570 ANDRES, in: SCHIMMEL/BUHLMANN (Hrsg.), Frankfurter Handbuch zum neuen Schuld-recht, 2002, E I Rdn. 37.

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c). Keine Beeinflussung der Kaufentscheidung Schließlich kann der Verkäufer von seiner Haftung entlastet werden, wenn die Äußerung in der Werbung die Kaufentscheidung des Käufers nicht beeinflussen konnte. Dies bedeutet nicht, dass die öffentliche Erklärung des Verkäufers oder Herstellers die Kaufentscheidung tatsächlich nicht beeinflusst hat. Sondern vielmehr ist zu fragen, ob die Äußerung nach abstrakter Betrachtung grundsätz-lich geeignet ist, den Kaufentschluss eines durchschnittlichen Käufers zu beein-flussen571. Es ist also entscheidend, ob die Angabe für den Käufer als potentielle Orientierung geeignet ist. Grigoleit und Herresthal572 vertreten freilich die Posi-tion, dass es nicht auf den durchschnittlichen, sondern auf den jeweiligen kon-kreten Käufer ankomme und darauf, ob die Werbeangabe diesen bei der Kauf-entscheidung beeinflusst habe573. Nach ihrer Ansicht stehe dies auch mit Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie und § 434 Abs. 1 S. 3 im Einklang, wo es jeweils „die Kaufentscheidung“ heiße. Eine konkrete Betrachtung unterlaufe auch nicht den Schutz des Käufers, denn wenn eine unrichtig veröffentlichte Sacheigenschaft für die Kaufentscheidung eines Käufers nachweislich nicht von Bedeutung ge-wesen sei, sei der Käufer auch nicht mehr schutzbedürftig574. Dem ist jedoch zu widersprechen. Zunächst kann dem Argument der Autoren nicht gefolgt werden, es lasse sich bereits aus der Formulierung „die Kaufentscheidung“ ableiten, dass eine konkrete Betrachtung vorgenommen werden müsse. Bloß aus dem be-stimmten Artikel „die“ kann nicht zwangsläufig auf eine konkrete Betrachtung geschlossen werden. Die Formulierung lässt vielmehr den Schluss zu, dass auf die Kaufentscheidung irgendeines Käufers, nämlich eines Durchschnittskäufers, abgestellt werden soll und daher die abstrakte Betrachtung maßgeblich ist. Als Hinweis dafür kann angeführt werden, dass es in der Vorschrift heißt, „dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte“ und nicht „beeinflusst hat“575. Des Weiteren konkretisiert § 434 Abs. 1 S. 3, wie bereits an vorangegangener Stelle angeführt, diejenige Beschaffenheit, die der Käufer im Sinne von § 434

571 GRAF V. WESTPHALEN in: HENSSLER/ DERS. (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, 2.

Aufl. 2003, § 434 Rdn. 40; MALZER, in: HOEREN/MARTINEK (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, 2002, § 434 Rdn. 81; OETKER/MAULTZSCH, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2004, S. 47; Staudinger-MATUSCHE-BECKMANN, BGB, Bd. II, 2004, § 434 Rdn. 91, Palandt-PUTZO, BGB, 65. Aufl. 2006, § 434 Rdn. 39.

572 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierung, JZ 2003, 233, 238.

573 So auch FAUST, in: BAMBERGER/ROTH (Hrsg.), BGB, Bd. I, 2003, § 434 Rdn. 87. 574 GRIGOLEIT/HERRESTHAL, Die Beschaffenheitsvereinbarung und ihre Typisierung, JZ

2003, 233, 238. 575 Die Formulierung „beeinflußt hat“ würde hingegen eindeutig für ein Kausalitätsverhält-

nis sprechen.

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Abs.1 S. 2 Nr. 2 erwarten kann. Es werden jedoch nur solche Erwartungen um-fasst, die der Käufer auch vernünftigerweise erwarten kann. Daraus lässt sich schon die logische Konsequenz ziehen, dass es nur auf den Durchschnittskäufer und nicht auf den konkreten Käufer im Einzelfall ankommen kann. Dies ent-spricht auch dem Gedanken, der bereits im zweiten Teil dieser Arbeit hinsicht-lich der Richtlinie ausgeführt wurde, nämlich, dass der Durchschnittskäufer der Vorschrift des § 434 Abs. 1 S. 3 zugrunde zu legen ist, da nur dieser mit dem gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherleitbild übereinstimmt576. Darüber hinaus wäre eine konkrete Auslegung in der Praxis nahezu undurchführbar. In den we-nigsten Fällen wird es nachvollziehbar sein, ob die Ankündigung in der Wer-bung tatsächlich die Kaufentscheidung beeinflusst hat, die Werbeangabe also kausal war für die Kaufentscheidung des Käufers. Eine innere Tatsache auf Sei-ten des Käufers im Prozess zu beweisen, wird für den Verkäufer fast unmöglich sein577. Daher erscheint es nur gerecht, auf eine abstrakte Betrachtung abzustel-len und folglich den Verkäufer von seiner Haftung zu entlasten, wenn die Kauf-entscheidung eines Durchschnittskäufers von der jeweiligen öffentlichen Äuße-rung nicht beeinflusst worden wäre. So wie es im Rahmen der gleichwertigen Berichtigung nicht darauf ankommen kann, dass der jeweilige Käufer von der berichtigenden Werbeäußerung Kenntnis erlangt hat, so kann es an dieser Stelle nicht darauf ankommen, dass der konkrete Käufer durch die öffentliche Werbe-angabe in seiner Kaufentscheidung beeinflusst worden ist. Die abstrakte Be-trachtungsweise hat zumindest in gewisser Weise eine erleichterte Beweisfüh-rung des Verkäufers zur Folge. Allerdings ist abschließend auch zu diesem Ausnahmekriterium anzumerken, dass die entlastende Nachweispflicht des Verkäufers praktisch leer läuft. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wohl die meisten Äußerungen in der Werbung, unabhängig davon, ob sie vom Verkäufer, Hersteller oder von seinem Gehilfen getätigt werden, darauf abzielen, die Kaufentscheidung eines Durch-schnittskäufers zu beeinflussen. Die Fälle, in denen die Werbeangaben grund-sätzlich nicht geeignet sind, einen Durchschnittskäufer zu beeinflussen, sind wohl eher eine Ausnahme. Wie Weiler es treffend ausdrückt, kann an dieser Stelle von einer wirksamen Einschränkung der Haftung des Verkäufers nicht ge-sprochen werden578. Grundsätzlich haben wohl alle Ausnahmetatbestände eines gemeinsam: der An-wendungsbereich dieser Ausschlussgründe wird in der Praxis ausgesprochen

576 Vgl. zum gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherleitbild bereits in Teil 2 § 4 C II 2a). 577 WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1793. 578 WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM 2002, 1784, 1793.

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klein sein. Einerseits, weil sich der Verkäufer hinsichtlich des ersten und dritten Merkmals Schwierigkeiten bei der Beweisführung ausgesetzt sehen wird und andererseits, weil die Anforderungen des zweiten Ausschlussgrundes relativ hoch sind. Diese hohen Anforderungen wird er oftmals nicht erfüllen können. Doch ist nochmals hervorzuheben, dass der Schutz des Käufers im Mittelpunkt des § 434 Abs. 1 S. 3 steht und die neue Vorschrift gerade bewirken soll, dass der Käufer auf Angaben des Verkäufers (oder Herstellers) in der Werbung ver-trauen kann. Nicht zuletzt gewinnen auch an dieser Stelle die Vorschriften §§ 478, 479 wieder an Bedeutung. Sie stellen unter gewissen Voraussetzungen sicher, dass der Schutz des Käufers gewährleistet wird und der Verkäufer seiner-seits den bei ihm durch den Anspruch des Käufers entstandenen Schaden beim Vormann in der Lieferkette geltend machen kann. Vor diesem Hintergrund er-scheinen auch die hohen Anforderungen an die Voraussetzungen der Ausschlussgründe des § 434 Abs. 1 S.3 gerechtfertigt.

§ 8 Fazit Es war Aufgabe des dritten Teils, das im Zuge der Schuldrechtsreform neu ent-standene Sachmängelrecht näher zu beleuchten. Nachdem ein kurzer Überblick über die allgemeinen Voraussetzungen des Sachmängelrechts gegeben wurde, war das Hauptaugenmerk sodann auf § 434 Abs.1 S.3 und seine Voraussetzun-gen gerichtet. Im Rahmen dessen wurde aufgezeigt, inwieweit sich die rechtli-che Einordnung der Haftung des Verkäufers für unrichtige Werbeangaben im Vergleich zur alten Rechtslage und zur Richtlinie aufgrund der neuen Rechtsla-ge verändert hat. Zunächst wurde hinsichtlich der allgemeinen Merkmale des Sachmängelrechts herausgearbeitet, dass der ehemals vorherrschende Dualismus von Fehler und zugesicherter Eigenschaft in § 459 a.F. durch die Reform des Kaufrechts entfal-len ist. Darüber hinaus wurde veranschaulicht, weshalb der von der Rechtspre-chung bisher vertretene, enge Beschaffenheitsbegriff im Rahmen der neuen Rechtslage keinen Bestand mehr haben kann. Dieser Aspekt wirkt sich ebenfalls auf die dogmatische Einordnung von Fragen im Bereich des Unternehmenskaufs aus. Im Mittelpunkt der Diskussion stand jedoch die Frage, inwieweit der Ver-käufer aufgrund der neuen Rechtslage für Äußerungen in der Werbung einzuste-hen hat. § 434 Abs.1 S. 3 stellt nunmehr die entsprechende Rechtsgrundlage für eine solche Haftung dar. Bedeutsam ist insbesondere die Tatsache, dass der Verkäufer nicht bloß für eigene Äußerungen, sondern darüber hinaus auch für

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Äußerungen Dritter (des Herstellers und des Gehilfen) haftbar gemacht werden kann. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass der Verkäufer oftmals von den Angaben in der Werbung des Herstellers profitiert und es aufgrund dessen nicht einzusehen ist, dass sich der Verkäufer im Falle von unrichtigen Werbeäußerun-gen einer Haftung entziehen kann. Dem Käufer steht nun endlich eine ausdrück-liche Regelung zur Verfügung, mit der er im Falle von enttäuschten Erwartun-gen gegen den Verkäufer vorgehen kann. Die neue Vorschrift lässt jedoch die Frage aufkommen, ob es sich bei § 434 Abs. 1 S. 3 um eine abschließende Rege-lung handelt oder ob noch weitere Anspruchsgrundlagen in Frage kommen, auf die sich der Käufer im Zweifelsfall berufen kann. Im Ergebnis wurde allerdings festgestellt, dass weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch in anderen Gesetzen eine dem § 434 Abs. 1 S. 3 entsprechende Regelung verankert ist. Doch selbst dann, wenn es eine entsprechende Regelung gäbe, würde die schon weitgehende Haftung des Verkäufers gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 unsachgerecht erweitert, wenn der Käufer die Möglichkeit hätte über die Vorschrift hinaus noch weitere An-spruchsgrundlagen für sich in Anspruch zu nehmen. Damit einhergehen würde auch die Möglichkeit, wie dies in der alten Rechtslage oftmals der Fall war, § 434 Abs. 1 S. 3 mit seinen speziellen Voraussetzungen zu umgehen. Somit stellt § 434 Abs. 1 S. 3 eine abschließende Regelung für den Käufer dar, der ge-gen unrichtige Werbeangaben des Verkäufers oder eines Dritten vorgehen möchte.

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Schlusszusammenfassung und Bewertung Das neue Schuldrecht ist dem alten in vieler Hinsicht überlegen. Wie die vorlie-gende Arbeit zeigt, sind im Zuge der Implementierung der Richtlinie in das deutsche Schuldrecht einige Veränderungen vollzogen worden. Das Sachmän-gelrecht steht jetzt nicht mehr unverbunden neben dem Leistungsstörungsrecht, sondern wurde durch die Einführung eines gemeinsamen Grundtatbestands, § 280 I, für Schuldverhältnisse aller Art, in das Leistungsstörungsrecht integ-riert. Diese Befreiung von der „Zweispurigkeit“ bedeutet einen Segen für das System579. Das Sachmängelrecht hat ein gänzlich neues Gesicht erhalten. Viele Probleme, die sich aufgrund der alten Rechtslage ergaben, sind mit dem neuen Sachmängelrecht entfallen. Man denke beispielsweise nur an die komplizierte Abgrenzung zwischen einer aliud-Lieferung und einer mangelhaften Lieferung beim Gattungskauf580 oder die Frage, wann der Verkäufer verpflichtet war, sachmangelfrei zu liefern, um den Vertrag zu erfüllen. Die folgenschwere Ent-scheidung, wann ein Gattungs- und wann ein Stückkauf vorlag, hing von zufäl-ligen Gegebenheiten und Marginalien der Anbahnung des Kaufgeschäfts ab581. Durch die Einbeziehung des aliud in den Sachmangelbegriff und der Relativie-rung der Differenzierung zwischen Gattungs- und Stückkauf hinsichtlich der Leistungsverpflichtung des Verkäufers sind viele „Altlasten“ der alten Rechtsla-ge beseitigt worden. Insbesondere die Aufhebung des zweigliedrigen Sachman-gelbegriffs hat die diffizile Abgrenzung von Beschaffenheit und Eigenschaft, welche Literatur und Rechtsprechung über Jahrzehnte unaufhörlich beschäftigt hat, entbehrlich gemacht. Das Schuldrecht hat somit in vieler Hinsicht an Klar-heit und Transparenz gewonnen. Aufgrund der käuferfreundlichen Regelungen, wie z.B. die Verlängerung der Verjährung, ist zu erwarten, dass die Rechtspre-chung von gezielt ergebnisorientierten Entscheidungen, z.B. zur Umgehung der Sachmängelvorschriften zum Schutz des Käufers, Abstand nehmen wird. Die Richtlinie, auf der große Teile der Veränderungen basieren, schafft erstma-lig eine ausdrückliche Regelung für die Haftung unrichtiger Werbeangaben. Auch wenn mit der Implementierung der Richtlinie in das Bürgerliche Gesetz-buch manche Schwierigkeiten einhergingen, ist hinsichtlich § 434 Abs. 1 S. 3 festzuhalten, dass der entsprechende Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie dort nahe-zu wortgetreu umgesetzt wurde. Durch die Richtlinie geschaffen und durch Imp- 579 LORENZ, Neues Leistungsstörungsrecht und Kaufrecht: Eine Zwischenbilanz (Vortrag

gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 14. Januar 2004), S.8. 580 Siehe dazu Teil 1 § 2 A I 2. 581 Siehe dazu Teil 1 § 2 A IV.

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lementierung ins Bürgerliche Gesetzbuch transferiert, stellt § 434 Abs. 1 S. 3 ei-ne der innovativsten Vorschriften des neuen Schuldrechts dar. Zwar wurden Werbeaussagen des Verkäufers oder Herstellers in der Vergangenheit auch ge-legentlich zur Begründung eines Sachmangels herangezogen, doch stellte dies eine Ausnahme dar. Insbesondere die Rechtsprechung lehnte die Bejahung eines Sachmangels gemäß § 459 meist ab, wenn der Käufer aufgrund von unrichtigen Werbeangaben in seinen Erwartungen an die Beschaffenheit der Kaufsache ent-täuscht wurde582. Auch die Literatur äußerte sich in dieser Hinsicht sehr zurück-haltend. Nur wenige Stimmen befürworteten vorbehaltlos eine Haftung des Ver-käufers aufgrund unrichtiger Aussagen in der Werbung583. Oftmals lag die Ver-neinung eines Sachmangels daran, dass es im Zuge der Abwicklung des Kaufge-schäfts zu keinem Verkaufsgespräch zwischen Verkäufer und Käufer kam. Dies war Ausdruck der Wandelung des Kaufverhaltens vom ursprünglichen individu-ellen Marktkauf zum täglichen Massengeschäft. Ein solches Gespräch war aber nach der Struktur des überholten Bürgerlichen Gesetzbuchs notwendig, um die Voraussetzungen von § 459 Abs. 1 oder Abs. 2 zu erfüllen bzw. um Werbean-gaben in den Status des Vertragsinhalts zu erheben. Demgegenüber haftet der Verkäufer im neuen Kaufrecht für Werbeangaben unabhängig davon, ob sie in irgendeiner Weise in ein Verkaufsgespräch eingeführt worden sind oder nicht. Die Angaben sind regelmäßig dann von Bedeutung, wenn sie vom Verkäufer selbst oder von einem Dritten in der Öffentlichkeit getätigt werden und hinrei-chend konkret sind. Auch nach neuer Rechtslage sind Käufer vor bloßen An-preisungen somit nicht geschützt. Dies erscheint jedoch auch sachgerecht, da nur der kritische Käufer einen Schutz vor irreführenden Äußerungen verdient. Mit der Reform des Schuldrechts sind sicher nicht nur Probleme entfallen, son-dern auch alte erhalten geblieben und neue hinzugekommen. Ein Beispiel für ein weiterhin bestehendes Problem ist die Frage nach der Definition des Beschaf-fenheitsbegriffs im Rahmen des Sachmangelbegriffs gemäß § 434. Auch wenn nicht mehr zwischen einem Fehler und einer zugesicherten Eigenschaft unter-schieden wird, bleibt gleichwohl die Frage bestehen, was unter der Beschaffen-heit einer Sache zu verstehen ist. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, eine Definition in der Vorschrift zu verankern. Nach der hier vertretenen Auf-fassung ist eine Beibehaltung des restriktiven Verständnisses, welchem der BGH in ständiger Rechtsprechung gefolgt ist, allerdings abzulehnen. Für die Beschaf-fenheit der Kaufsache ist vorrangig die Parteiautonomie maßgeblich, eine Ein-

582 Vgl. Teil 1 § 2 A V. 583 Vgl. Teil 1 § 2 A V.

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schränkung durch vorgegebene Kriterien, wie sie der restriktive Beschaffen-heitsbegriff mit sich bringt, scheint verfehlt584. Obwohl die neue Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 für den Schutz des Käufers ei-nen unbestreitbaren Fortschritt darstellt, wird sie von einigen Stimmen im Schrifttum bereits kritisch beäugt. An mancher Stelle wird der Vorwurf laut, § 434 Abs.1 S. 3 stelle eine erhebliche Haftungserweiterung für den Verkäufer dar585. Es ist sicher richtig, dass § 434 Abs. 1 S. 3 die Pflichten des Verkäufers im Gegensatz zur alten Rechtslage erweitert. Gleichwohl ist demgegenüber fest-zuhalten, dass der Verkäufer auf die in § 434 Abs.1 S. 3 verankerten Ausschlussgründe zurückgreifen und gegebenenfalls einen Rückgriffsanspruch beim Vormann in der Lieferkette gemäß §§ 478, 479 geltend machen kann. Dar-über hinaus ist nochmals hervorzuheben, dass Vorinformationen durch Werbung in der heutigen Zeit Verkaufsgespräche meist abgelöst haben586. Der Käufer in-formiert sich vor dem Kauf im jeweiligen Medium, so dass ein informatives Verkaufsgespräch zwischen Käufer und Verkäufer vor Abschluss eines Kaufge-schäfts nicht mehr notwendig ist. Doch diese Tatsache darf den Verkäufer nicht von seiner Pflicht entbinden, den Käufer in der Werbung über die Sacheigen-schaften richtig zu informieren. Diese Lücke zu schließen, ist Aufgabe von § 434 Abs. 1 S. 3. Wie Peifer zutreffend anmerkt, erscheine es nur gerecht, den-jenigen, der Waren bewirbt und somit Risiken für Kommunikationsfehler setzt, für Unrichtigkeiten haften zu lassen587. Der Verkäufer muss also richtigerweise Kommunikationsfehler gegen sich gelten lassen, wenn er oder sein Gehilfe ge-wisse Eigenschaften in der Werbung angepriesen hat. Die Legitimation für die darüber hinausgehende Haftung für Herstellerangaben ergibt sich wiederum aus dem Aspekt, dass der Verkäufer bestenfalls von den Werbeangaben des Herstel-lers profitiert, also weitere Kundschaft angelockt wird. Dem Gedanken der Ko-härenz von Vorteil und Risiko entsprechend muss er dann auch die Nachteile tragen. Ein Direktanspruch des Käufers gegen den Hersteller wurde im Bürger-lichen Gesetzbuch zwar nicht verankert; doch sollen gerade die erwähnten Vor-schriften, §§ 478, 479, dieser Situation, im Verhältnis Verkäufer-Hersteller, ge-recht werden. § 434 Abs.1 S. 3 stellt des Weiteren auch deshalb keine unsachge-rechte Haftungserweiterung des Verkäufers dar, da die vorliegende Vorschrift 584 Vgl. hierzu Teil 3 § 7 A I 1 a). 585 Siehe zum Beispiel WEILER, Haftung für Werbeangaben nach neuem Kaufrecht, WM

2002, 1784, 1794. 586 REICH/TONNER/WEGENER, Verbraucher und Recht, 1976, S. 138; PEIFER, Die Haftung

des Verkäufers für Werbeangaben, JR 2001, 265, 268. Vgl. auch Teil 1 § 2 A V 1. 587 PEIFER, Die Haftung des Verkäufers für Werbeangaben, JR 2001, 265, 268.

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durchaus mit Einschränkungen versehen wurde. Denn wie bereits dargelegt greift § 434 Abs.1 S. 3 nur dann ein, wenn es sich bei den öffentlichen Äuße-rungen in der Werbung um konkrete Tatsachenbehauptungen und nicht lediglich um werbliche Anpreisungen handelt. Darüber hinaus ist es für die Begründung einer Haftung des Verkäufers nicht schon ausreichend, dass der Kaufgegenstand von der Werbung abweicht. Vielmehr muss der Sache eine Beschaffenheit feh-len, welche der Käufer „erwarten konnte“. Dieser Aspekt stellt durchaus eine Einschränkung dar, da vom (Durchschnitts-) Käufer verlangt wird, dass er sich kritisch mit der Werbung auseinandersetzt und nicht jeder Werbung Glauben schenken darf. Nicht zuletzt ist die Tatsache zu begrüßen, dass der Grundsatz „caveat emptor“ durch die Haftungsregelung des § 434 Abs.1 S.3 an Gültigkeit verliert. Denn es ist nun nicht mehr Aufgabe des Käufers, sich nach der in der Werbung um-schriebenen Beschaffenheit zu erkundigen; vielmehr fällt die Beweisführung, wie ausführlich dargestellt, in den Verantwortungsbereich des Verkäufers. Die Verpflichtung des Käufers, von sich aus nach der Sollbeschaffenheit zu fragen, um eine verbindliche Äußerung zu erhalten, war sicher zum Zeitpunkt des In-krafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerechtfertigt, da damals eine gänz-lich andere Weise des Handelns und Wirtschaftens herrschte. Doch schon vor Jahrzehnten erschien dieses Kriterium nicht mehr passend für das Kaufverhalten der immer schneller wachsenden Massenkäufe. Die bisherige Rechtslage, insbe-sondere das Kaufrecht, war nicht mehr in der Lage, den alltäglichen Kaufge-schäften gerecht zu werden. Spätestens das Medium des Internets beweist, wie sehr der Käufer darauf angewiesen ist, auf die Werbung des Verkäufers oder Herstellers vertrauen zu können. Denn dort findet ohne Zweifel kein informati-ves Verkaufsgespräch mehr statt. All diese Erwägungen belegen, dass zunächst den Richtlinienverfassern mit Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie und dann dem deutschen Gesetzgeber mit § 434 Abs. 1 S. 3 ein großer Wurf gelungen ist. Der Käufer genießt nun einen sehr weitgehenden Schutz, wenn es um unrichtige Werbeangaben geht, da er mit den allgemeinen Rechtsbehelfen des Leistungsstörungsrechts, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz gemäß § 437, gegen den Verkäufer vorgehen kann. Sicher ist grundsätzlich die Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 vorrangig; doch

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wird es auf diese in den Fällen, in denen es um einen Mangel aufgrund von un-richtigen Werbeangaben geht, meist nicht ankommen. Die eingangs gestellte Frage, ob § 434 Abs. 1 S. 3 den Käufer ausreichend vor unrichtigen Werbeanga-ben schützt, kann daher bejaht werden. Von großer Bedeutung ist schließlich die Tatsache, dass endlich eine ausdrückliche Regelung von Werbeangaben im Ge-setz verankert ist. Dies verschafft dem Käufer die langersehnte Rechtssicherheit, an welcher es der alten Rechtslage in erheblichem Maße mangelte. Im Bereich der Werbung hat für den Käufer eine neue „Zeitrechnung“ begonnen. Durch die neu eingefügte Vorschrift wird eine Haftung für Werbeangaben verwirklicht, die ihrer aktuellen ökonomischen Bedeutung in einer modernen marktorientierten Wirtschaftsordnung entspricht.

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Anhang

Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999

zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter1

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95, auf Vorschlag der Kommission2, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses3, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungs-ausschuss am 18. März 1999 gebilligten gemeinsamen Entwurfs4, in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 153 Absätze 1 und 3 des Vertrags leistet die Gemeinschaft durch die Maßnahmen, die sie nach Artikel 95 des Vertrags erlässt, einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus.

(2) Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewähr-leistet ist. Der freie Warenverkehr betrifft nicht nur den gewerblichen Handel, sondern auch Privatpersonen. Dies bedeutet, dass es den Verbrauchern aus einem Mitgliedstaat möglich sein muss, auf der Grund-lage angemessener einheitlicher Mindestvorschriften über den Kauf von Verbrauchsgütern im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats frei ein-zukaufen.

1 ABlEG L 171 vom 7.7.1999, S. 12ff. 2 ABlEG C 307 vom 16.10.1996, S. 8 und ABlEG C 148 vom 14.5.1998, S. 12. 3 ABlEG C 66 vom 3.3.1997, S. 5. 4 Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 10. März 1998 (ABlEG C 104 vom

6.4.1998, S. 30), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. September 1998 (ABlEG C 333 vom 30.10.1998, S. 46) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 17. De-zember 1998 (ABlEG C 98 vom 9.4.1999, S. 226). Beschluss des Europäischen Parla-ments vom 5. Mai 1999 und Beschluss des Rates vom 17. Mai 1999.

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(3) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Kauf von Verbrauchsgütern weisen Unterschiede auf; dies hat zur Folge, dass die einzelstaatlichen Absatzmärkte für Verbrauchsgüter uneinheitlich sind und bei den Verkäufern Wettbewerbsverzerrungen eintreten können.

(4) Dem Verbraucher, der die Vorzüge des Binnenmarkts dadurch nutzen möchte, dass er sich Waren in einem anderen Mitgliedstaat als in seinem Wohnsitzland beschafft, fällt eine fundamentale Aufgabe bei der Vollen-dung des Binnenmarkts zu; es muss verhindert werden, dass neue künstli-che Grenzen entstehen und die Märkte abgeschottet werden. Die Mög-lichkeiten der Verbraucher haben durch die neuen Kommunikationstech-nologien, die einen leichten Zugang zu den Vertriebssystemen in anderen Mitgliedstaaten oder in Drittländern bieten, deutlich zugenommen. Ohne eine Mindestharmonisierung der Bestimmungen über den Verbrauchsgü-terkauf könnte die Weiterentwicklung des Warenkaufs mit Hilfe der neu-en Fernkommunikationstechniken behindert werden.

(5) Die Schaffung eines gemeinsamen Mindestsockels von Verbraucherrech-ten, die unabhängig vom Ort des Kaufs der Waren in der Gemeinschaft gelten, stärkt das Vertrauen der Verbraucher und gestattet es ihnen, die durch die Schaffung des Binnenmarkts gebotenen Vorzüge besser zu nut-zen.

(6) Schwierigkeiten der Verbraucher und Konflikte mit den Verkäufern haben ihre Ursache vor allem in der Vertragswidrigkeit von Waren. Infolgedes-sen erweist sich eine Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschrif-ten über den Verbrauchsgüterkauf in dieser Hinsicht als geboten. Eine solche Angleichung darf jedoch nicht die Bestimmungen und Grundsätze des innerstaatlichen Rechts über die Regelung der vertraglichen und aus-servertraglichen Haftung beeinträchtigen.

(7) Waren müssen vor allem vertragsgemäß sein. Der Grundsatz der Ver-tragsmäßigkeit kann als gemeinsames Element der verschiedenen einzel-staatlichen Rechtstraditionen betrachtet werden. Im Rahmen bestimmter einzelstaatlicher Rechtstraditionen ist es möglicherweise nicht möglich, sich allein auf diesen Grundsatz zu stützen, um ein Mindestmass an Verbraucherschutz zu gewährleisten. Insbesondere im Rahmen solcher Rechtstraditionen könnte es nützlich sein, zusätzliche innerstaatliche Be-stimmungen vorzusehen, um den Verbraucherschutz für den Fall zu ge-währleisten, dass die Parteien sich entweder nicht auf spezifische Ver-tragsklauseln geeinigt haben oder aber Vertragsklauseln vorgesehen oder Vereinbarungen getroffen haben, aufgrund deren die Rechte des Verbrau-chers unmittelbar oder mittelbar außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt

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werden. Soweit sich diese Rechte aus dieser Richtlinie ergeben, sind sol-che Vertragsklauseln oder Vereinbarungen für den Verbraucher nicht bin-dend.

(8) Um die Anwendung des Grundsatzes der Vertragsmäßigkeit zu erleich-tern, ist es sinnvoll, eine widerlegbare Vermutung der Vertragsmäßigkeit einzuführen, die die meisten normalen Situationen abdeckt. Diese Vermu-tung stellt keine Einschränkung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit dar. In Ermangelung spezifischer Vertragsklauseln sowie im Fall der Anwen-dung der Mindestschutzklausel können die in dieser Vermutung genann-ten Elemente verwendet werden, um die Vertragswidrigkeit der Waren zu bestimmen. Die Qualität und die Leistung, die der Verbraucher vernünfti-gerweise erwarten kann, hängen unter anderem davon ab, ob die Güter neu oder gebraucht sind. Die in der Vermutung genannten Elemente gel-ten kumulativ. Ist ein bestimmtes Element aufgrund der Umstände des betreffenden Falls offenkundig unanwendbar, so behalten die übrigen E-lemente der Vermutung dennoch ihre Gültigkeit.

(9) Der Verkäufer muss dem Verbraucher gegenüber unmittelbar für die Ver-tragsmäßigkeit der Güter haften. Dieser klassische Grundsatz ist in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verankert. Der Verkäufer muss al-lerdings nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts den Hersteller, einen früheren Verkäufer innerhalb derselben Vertragskette oder eine andere Zwischenperson in Regress nehmen können, es sei denn, dass er auf die-ses Recht verzichtet hat. Diese Richtlinie berührt nicht den Grundsatz der Vertragsfreiheit in den Beziehungen zwischen dem Verkäufer, dem Her-steller, einem früheren Verkäufer oder einer anderen Zwischenperson. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen und wie der Verkäufer Regress nehmen kann.

(10) Bei Vertragswidrigkeit eines Gutes muss der Verbraucher das Recht ha-ben, die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Gutes zu verlangen, wobei er zwischen einer Nachbesserung und einer Er-satzlieferung wählen kann; andernfalls muss er Anspruch auf Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung haben.

(11) Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die Nachbesserung des Gutes oder eine Ersatzlieferung verlangen, es sei denn, dass diese Abhil-fen unmöglich oder unverhältnismäßig wären. Ob eine Abhilfe unverhält-nismäßig ist, müsste objektiv festgestellt werden. Unverhältnismäßig sind Abhilfen, die im Vergleich zu anderen unzumutbare Kosten verursachen; bei der Beantwortung der Frage, ob es sich um unzumutbare Kosten han-

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delt, sollte entscheidend sein, ob die Kosten der Abhilfe deutlich höher sind als die Kosten einer anderen Abhilfe.

(12) In Fällen von Vertragswidrigkeit kann der Verkäufer dem Verbraucher zur Erzielung einer gütlichen Einigung stets jede zur Verfügung stehende Abhilfemöglichkeit anbieten. Die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des betreffenden Vorschlags bleibt dem Verbraucher anheim gestellt.

(13) Um es dem Verbraucher zu ermöglichen, den Binnenmarkt zu nutzen und Verbrauchsgüter in einem anderen Mitgliedstaat zu erwerben, sollte emp-fohlen werden, dass der Hersteller von Verbrauchsgütern, die in mehreren Mitgliedstaaten verkauft werden, im Interesse des Verbrauchers dem Verbrauchsgut eine Liste mit mindestens einer Ansprechadresse in jedem Mitgliedstaat, in dem die Ware vertrieben wird, beifügt.

(14) Die Bezugnahmen auf den Zeitpunkt der Lieferung bedeuten nicht, dass die Mitgliedstaaten ihre Vorschriften über den Gefahrübergang ändern müssen.

(15) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine dem Verbraucher zu leis-tende Erstattung gemindert werden kann, um der Benutzung der Ware Rechnung zu tragen, die durch den Verbraucher seit ihrer Lieferung er-folgt ist. Die Regelungen über die Modalitäten der Durchführung der Ver-tragsauflösung können im innerstaatlichen Recht festgelegt werden.

(16) Gebrauchte Güter können aufgrund ihrer Eigenart im Allgemeinen nicht ersetzt werden. Bei diesen Gütern hat der Verbraucher deshalb in der Re-gel keinen Anspruch auf Ersatzlieferung. Die Mitgliedstaaten können den Parteien gestatten, für solche Güter eine kürzere Haftungsdauer zu verein-baren.

(17) Es ist zweckmäßig, den Zeitraum, innerhalb dessen der Verkäufer für Vertragswidrigkeiten haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestanden, zu begrenzen. Die Mitgliedstaaten können ferner eine Frist vorsehen, innerhalb deren die Verbraucher ihre Ansprüche geltend ma-chen können, sofern diese Frist nicht vor Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung endet. Wird in innerstaatlichen Rechtsvorschrif-ten für den Beginn einer Frist ein anderer Zeitpunkt als die Lieferung des Gutes festgelegt, so darf die Gesamtdauer der in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Frist einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung nicht unterschreiten.

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(18) Für den Fall einer Nachbesserung oder einer Ersatzlieferung sowie für den Fall von Verhandlungen zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher über eine gütliche Regelung können die Mitgliedstaaten gemäß ihren in-nerstaatlichen Rechtsvorschriften gegebenenfalls die Hemmung oder Un-terbrechung des Zeitraums, während dessen Vertragswidrigkeiten offen-bar werden müssen, und der Verjährungsfrist vorsehen.

(19) Den Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Frist festzusetzen, innerhalb deren die Verbraucher den Verkäufer über Ver-tragswidrigkeiten unterrichten müssen. Die Mitgliedstaaten können ein höheres Niveau des Verbraucherschutzes gewährleisten, indem sie keine derartige Verpflichtung einführen. In jedem Fall sollten die Verbraucher für die Unterrichtung des Verkäufers über das Vorliegen einer Vertrags-widrigkeit überall in der Gemeinschaft über einen Zeitraum von mindes-tens zwei Monaten verfügen.

(20) Die Mitgliedstaaten sollten vorbeugende Maßnahmen ergreifen, damit ei-ne solche Unterrichtungsfrist die Verbraucher bei grenzüberschreitenden Käufen nicht benachteiligt. Alle Mitgliedstaaten sollten die Kommission über ihre in Bezug auf diese Bestimmung gewählte Lösung unterrichten. Die Kommission sollte die Auswirkungen der unterschiedlichen Anwen-dung dieser Bestimmung auf die Verbraucher und den Binnenmarkt beo-bachten. Informationen über die von einem Mitgliedstaat gewählte Lö-sung sollten den übrigen Mitgliedstaaten, den Verbrauchern und den Verbraucherorganisationen gemeinschaftsweit zugänglich gemacht wer-den. Daher sollte im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Übersicht über die Lage in allen Mitgliedstaaten veröffentlicht werden.

(21) Bei bestimmten Warengattungen ist es üblich, dass die Verkäufer oder die Hersteller auf ihre Erzeugnisse Garantien gewähren, die die Verbraucher gegen alle Mängel absichern, die innerhalb einer bestimmten Frist offen-bar werden können. Diese Praxis kann zu mehr Wettbewerb am Markt führen. Solche Garantien stellen zwar rechtmäßige Marketinginstrumente dar, sollten jedoch den Verbraucher nicht irreführen. Um sicherzustellen, dass der Verbraucher nicht irregeführt wird, sollten die Garantien be-stimmte Informationen enthalten, unter anderem eine Erklärung, dass die Garantie nicht die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers berührt.

(22) Die Vertragsparteien dürfen die den Verbrauchern eingeräumten Rechte nicht durch Vereinbarung einschränken oder außer Kraft setzen, da dies den gesetzlichen Schutz aushöhlen würde. Dieser Grundsatz hat auch für Klauseln zu gelten, denen zufolge dem Verbraucher jede zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Vertragswidrigkeit des Verbrauchsguts

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bekannt war. Der dem Verbraucher aufgrund dieser Richtlinie gewährte Schutz darf nicht dadurch geschmälert werden, dass das Recht eines Nichtmitgliedstaats als das auf den betreffenden Vertrag anzuwendende Recht gewählt worden ist.

(23) Die diesbezüglichen Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung der Mit-gliedstaaten zeugen von dem zunehmenden Bemühen, den Verbrauchern ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Angesichts dieser Entwicklung und der zu erwartenden Erfahrung mit der Durchführung dieser Richtlinie kann es sich als notwendig erweisen, eine stärkere Harmonisierung in Er-wägung zu ziehen, die insbesondere eine unmittelbare Haftung des Her-stellers für ihm zuzuschreibende Mängel vorsieht.

(24) Die Mitgliedstaaten sollten auf dem unter diese Richtlinie fallenden Ge-biet strengere Bestimmungen zur Gewährleistung eines noch höheren Verbraucherschutzniveaus erlassen oder beibehalten können.

(25) Entsprechend der Empfehlung der Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind5(4), können die Mitgliedstaaten Einrichtungen schaffen, die eine unparteiische und ef-fiziente Beschwerdebehandlung im nationalen und grenzüberschreitenden Rahmen gewährleisten und die von den Verbrauchern als Vermittler in Anspruch genommen werden können.

(26) Zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher ist es angebracht, diese Richtlinie in das im Anhang der Richtlinie 98/27/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungs-klagen zum Schutz der Verbraucherinteressen6(5) enthaltene Richtlinien-verzeichnis aufzunehmen.

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen (1) Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwal-

tungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter zur Ge-

5 ABlEG L 115 vom 17.4.1998, S. 31. 6 ABlEG L 166 vom 11.6.1998, S. 51.

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währleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarkts.

(2) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a.) "Verbraucher" jede natürliche Person, die im Rahmen der unter die-se Richtlinie fallenden Verträge zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;

b.) "Verbrauchsgüter" bewegliche körperliche Gegenstände, mit Aus-

nahme von Gütern, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaß-nahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden, Wasser und Gas, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge abgefüllt sind, - Strom;

c.) "Verkäufer" jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund

eines Vertrags im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tä-tigkeit Verbrauchsgüter verkauft;

d.) "Hersteller" den Hersteller von Verbrauchsgütern, deren Importeur

für das Gebiet der Gemeinschaft oder jede andere Person, die sich dadurch, dass sie ihren Namen, ihre Marke oder ein anderes Kennzeichen an den Verbrauchsgütern anbringt, als Hersteller be-zeichnet;

e.) "Garantie" jede von einem Verkäufer oder Hersteller gegenüber

dem Verbraucher ohne Aufpreis eingegangene Verpflichtung, den Kaufpreis zu erstatten, das Verbrauchsgut zu ersetzen oder nachzu-bessern oder in sonstiger Weise Abhilfe zu schaffen, wenn das Verbrauchsgut nicht den in der Garantieerklärung oder in der ein-schlägigen Werbung genannten Eigenschaften entspricht;

f.) "Nachbesserung" bei Vertragswidrigkeit die Herstellung des ver-

tragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes. (3) Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass unter "Verbrauchsgütern" kei-

ne gebrauchten Güter zu verstehen sind, die in einer öffentlichen Verstei-gerung verkauft werden, bei der die Verbraucher die Möglichkeit haben, dem Verkauf persönlich beizuwohnen.

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(4) Als Kaufverträge im Sinne dieser Richtlinie gelten auch Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter.

Artikel 2 Vertragsmäßigkeit (1) Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße

Güter zu liefern. (2) Es wird vermutet, dass Verbrauchsgüter vertragsgemäß sind, wenn sie

a) mit der vom Verkäufer gegebenen Beschreibung übereinstimmen und die Eigenschaften des Gutes besitzen, das der Verkäufer dem Verbraucher als Probe oder Muster vorgelegt hat;

b) sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck

eignen, den der Verbraucher dem Verkäufer bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht hat und dem der Verkäufer zugestimmt hat;

c) sich für die Zwecke eignen, für die Güter der gleichen Art gewöhn-

lich gebraucht werden;

d) eine Qualität und Leistungen aufweisen, die bei Gütern der gleichen Art üblich sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwar-ten kann, wenn die Beschaffenheit des Gutes und gegebenenfalls die insbesondere in der Werbung oder bei der Etikettierung ge-machten öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder dessen Vertreters über die konkreten Eigenschaften des Gutes in Betracht gezogen werden.

(3) Es liegt keine Vertragswidrigkeit im Sinne dieses Artikels vor, wenn der

Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der Ver-tragswidrigkeit hatte oder vernünftigerweise nicht in Unkenntnis darüber sein konnte oder wenn die Vertragswidrigkeit auf den vom Verbraucher gelieferten Stoff zurückzuführen ist.

(4) Der Verkäufer ist durch die in Absatz 2 Buchstabe d) genannten öffentli-

chen Äußerungen nicht gebunden, wenn er - nachweist, dass er die betreffende Äußerung nicht kannte und ver-

nünftigerweise nicht davon Kenntnis haben konnte, - nachweist, dass die betreffende Äußerung zum Zeitpunkt des Ver-

tragsschlusses berichtigt war, oder

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- nachweist, dass die Kaufentscheidung nicht durch die betreffende Äußerung beeinflusst sein konnte.

(5) Ein Mangel infolge unsachgemäßer Montage des Verbrauchsgutes wird

der Vertragswidrigkeit gleichgestellt, wenn die Montage Bestandteil des Kaufvertrags über das Verbrauchsgut war und vom Verkäufer oder unter dessen Verantwortung vorgenommen wurde. Das gleiche gilt, wenn das zur Montage durch den Verbraucher bestimmte Erzeugnis vom Verbrau-cher montiert worden ist und die unsachgemäße Montage auf einen Man-gel in der Montageanleitung zurückzuführen ist.

Artikel 3 Rechte des Verbrauchers (1) Der Verkäufer haftet dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die

zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht. (2) Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die

unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßga-be des Absatzes 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in Bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6.

(3) Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nach-

besserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist.

Eine Abhilfe gilt als unverhältnismäßig, wenn sie dem Verkäufer Kosten verur-sachen würde, die

- angesichts des Werts, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswid-rigkeit hätte,

- unter Berücksichtigung der Bedeutung der Vertragswidrigkeit und - nach Erwägung der Frage, ob auf die alternative Abhilfemöglichkeit

ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zurück-gegriffen werden könnte,

verglichen mit der alternativen Abhilfemöglichkeit unzumutbar wären. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind.

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(4) Der Begriff "unentgeltlich" in den Absätzen 2 und 3 umfasst die für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes notwen-digen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten.

(5) Der Verbraucher kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder

eine Vertragsauflösung verlangen, - wenn der Verbraucher weder Anspruch auf Nachbesserung noch auf

Ersatzlieferung hat oder - wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Ab-

hilfe geschaffen hat oder - wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für

den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat. (6) Bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher keinen

Anspruch auf Vertragsauflösung. Artikel 4 Rückgriffsrechte Haftet der Letztverkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Ver-käufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson, so kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen. Das innerstaatliche Recht bestimmt den oder die Haftenden, den oder die der Letztverkäufer in Regress nehmen kann, sowie das entspre-chende Vorgehen und die Modalitäten. Artikel 5 Fristen (1) Der Verkäufer haftet nach Artikel 3, wenn die Vertragswidrigkeit binnen

zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird. Gilt nach dem innerstaatlichen Recht für die Ansprüche nach Artikel 3 Absatz 2 eine Verjährungsfrist, so endet sie nicht vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Verbraucher den Verkäu-

fer zur Inanspruchnahme seiner Rechte über die Vertragswidrigkeit bin-nen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er die Vertragswidrigkeit festgestellt hat, unterrichten muss.

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Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über ihre bezüglich die-ses Absatzes gewählte Lösung. Die Kommission überwacht die Auswir-kungen dieser den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit auf die Verbraucher und den Binnenmarkt. Die Kommission erstellt bis zum 7. Januar 2003 einen Bericht über die von den Mitgliedstaaten bezüglich dieses Absatzes gewählte Lösung. Die-ser Bericht wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröf-fentlicht.

(3) Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass Vertragswidrigkeiten,

die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden, es sei denn, diese Vermu-tung ist mit der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit unver-einbar.

Artikel 6 Garantien (1) Die Garantie muss denjenigen, der sie anbietet, zu den in der Garantieer-

klärung und der einschlägigen Werbung angegebenen Bedingungen bin-den.

(2) Die Garantie muss

- darlegen, dass der Verbraucher im Rahmen der geltenden inner-staatlichen Rechtsvorschriften über den Verbrauchsgüterkauf ge-setzliche Rechte hat, und klarstellen, dass diese Rechte von der Ga-rantie nicht berührt werden;

- in einfachen und verständlichen Formulierungen den Inhalt der Ga-rantie und die wesentlichen Angaben enthalten, die für die Inan-spruchnahme der Garantie notwendig sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers.

(3) Auf Wunsch des Verbrauchers muss diesem die Garantie schriftlich zur

Verfügung gestellt werden oder auf einem anderen dauerhaften Datenträ-ger enthalten sein, der dem Verbraucher zur Verfügung steht und ihm zu-gänglich ist.

(4) Die Mitgliedstaaten, in denen das Verbrauchsgut in Verkehr gebracht

wird, können, soweit dies mit den Vorschriften des Vertrags vereinbar ist, für ihr Gebiet vorschreiben, dass die Garantie in einer oder in mehreren

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Sprachen abzufassen ist, die der jeweilige Mitgliedstaat unter den Amts-sprachen der Gemeinschaft auswählt.

(5) Werden für eine Garantie die Anforderungen der Absätze 2, 3 oder 4 nicht

erfüllt, so berührt dies in keinem Fall die Gültigkeit dieser Garantie; der Verbraucher kann sie weiterhin geltend machen und ihre Einhaltung ver-langen.

Artikel 7 Unabdingbarkeit (1) Vertragsklauseln oder mit dem Verkäufer vor dessen Unterrichtung über

die Vertragswidrigkeit getroffene Vereinbarungen, durch welche die mit dieser Richtlinie gewährten Rechte unmittelbar oder mittelbar außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden, sind für den Verbraucher gemäß dem innerstaatlichen Recht nicht bindend. Im Fall gebrauchter Güter können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Verkäufer und der Verbraucher sich auf Vertragsklauseln oder Vereinba-rungen einigen können, denen zufolge der Verkäufer weniger lange haftet als in Artikel 5 Absatz 1 vorgesehen. Diese kürzere Haftungsdauer darf ein Jahr nicht unterschreiten.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit dem

Verbraucher der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht dadurch vorenthalten wird, dass das Recht eines Nichtmitgliedstaats als das auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wird, sofern dieser Vertrag ei-nen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Mitgliedstaaten aufweist.

Artikel 8 Innerstaatliches Recht und Mindestschutz (1) Andere Ansprüche, die der Verbraucher aufgrund innerstaatlicher Rechts-

vorschriften über die vertragliche oder außervertragliche Haftung geltend machen kann, werden durch die aufgrund dieser Richtlinie gewährten Rechte nicht berührt.

(2) Die Mitgliedstaaten können in dem unter diese Richtlinie fallenden Be-

reich mit dem Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen er-lassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen.

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Artikel 9 Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen zur Unterrichtung der Verbraucher über das innerstaatliche Recht, mit dem diese Richtlinie umgesetzt wird, und rufen, falls angebracht, Berufsorganisationen dazu auf, die Verbrau-cher über ihre Rechte zu unterrichten. Artikel 10 Der Anhang der Richtlinie 98/27/EG wird wie folgt ergänzt: "10. Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12)." Artikel 11 Umsetzung (1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in

Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem 1. Ja-nuar 2002 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich da-von in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffent-lichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzel-heiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatli-

chen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallen-den Gebiet erlassen.

Artikel 12 Überprüfung Die Kommission überprüft die Anwendung dieser Richtlinie spätestens zum 7. Juli 2006 und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. In dem Bericht ist unter anderem zu prüfen, ob Veranlassung besteht, eine un-mittelbare Haftung des Herstellers einzuführen; der Bericht ist gegebenenfalls mit Vorschlägen zu versehen.

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Artikel 13 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäi-schen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 14 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 25. Mai 1999. Im Namen des Europäischen Parlaments Der Präsident J. M. GIL-ROBLES Im Namen des Rates Der Präsident H. EICHEL

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Juristische Reihe TENEA/ Bd. 113

NINA A. KOWALA

Die Haftung des Verkäufersfür unrichtige Werbeangaben

ISBN 3-86504-166-3 30 €

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Werbung nimmt heute auf die Kaufentscheidung von Verbrauchernerheblichen Einfluss. Potentielle Käufer stillen ihren Wissensdurst meistdurch Presse, Funk und Fernsehen. Dies war früher anders. Als das Bür-gerliche Gesetzbuch 1900 in Kraft trat, wurde potentiellen Käufern dieWare auf dem Markt angeboten. Diese nahmen die Gegenstände inAugenschein und entschieden sich für oder gegen den Kauf. Das typi-sche Kaufgeschäft, auf dem das bisherige kaufrechtliche Gewähr-leistungsrecht aufbaute, war demnach der Kauf nach Besichtigung undPrüfung der Kaufsache. Mit dem Bedeutungszuwachs von Werbungund massiven Werbekampagnen ist das Risiko der Irreführung von Ver-brauchern enorm gestiegen. Die Käufer müssen nach Übergabe derKaufsache oftmals feststellen, dass die in der Werbung angepriesenenEigenschaften nicht vorhanden sind. Folglich ist ihnen daran gelegen,aus negativen Abweichungen der Ware von den beworbenen Eigen-schaften Sekundärrechte herzuleiten. Durch die europäische Ver-brauchsgüterkaufrichtlinie und der darauf folgenden Schuldrechts-reform in Deutschland, wurde erstmals eine ausdrückliche Regelung fürdie Haftung für unrichtige Werbeangaben in das Bürgerliche Gesetz-buch aufgenommen. Diese Arbeit analysiert die Frage der Haftung desVerkäufers für unrichtige Werbeangaben sowohl nach »alter« und»neuer« Rechtslage des deutschen Gewährleistungsrechts als auch imLichte der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Nina Alexandra Kowala wurde 1978 in Hannovergeboren. Sie studierte Rechtswissenschaften in Göt-tingen, Uppsala und Würzburg und erwarb im An-schluss an ihr Erstes Staatsexamen einen Master inInternational and Comparative Law an der Univer-sität Uppsala. Im Rahmen ihrer Promotion an der FUBerlin verbrachte sie einen mehrmonatigen For-schungsaufenthalt an der Andrássy-Universität inBudapest. Zurzeit absolviert sie ihr Referendariat.

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UmschlagJuraweltKowala 16.03.2006 15:26 Uhr Seite 1