179
Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 1 Unterrichtung Niedersächsischer Landesrechnungshof Hildesheim, den 2. Mai 2001 - 1.1 - 04061.99 - An den Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages Hannover Ergebnis der Rechnungsprüfung für das Hj. 1999 Anlage: 1 Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit legen wir gemäß § 97 LHO den Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrech- nungshofs 2001 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung - Bemerkungen und Denkschrift zur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Hj. 1999 - vor. Mit vorzüglicher Hochachtung Meyerding

14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

1

Unterrichtung

Niedersächsischer Landesrechnungshof Hildesheim, den 2. Mai 2001

- 1.1 - 04061.99 -

An denHerrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages

Hannover

Ergebnis der Rechnungsprüfung für das Hj. 1999

Anlage: 1

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit legen wir gemäß § 97 LHO den Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrech-nungshofs 2001 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung - Bemerkungen und Denkschriftzur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Hj. 1999 - vor.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Meyerd ing

Page 2: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

2

Jahresberichtdes Niedersächsischen Landesrechnungshofs

2001zur Haushalts- und Wirtschaftsführung

- Bemerkungen und Denkschriftzur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen

für das Haushaltsjahr 1999 -

Page 3: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

3

I n h a l t s ü b e r s i c h t

Seite

I. Allgemeines............................................................................................................ 7

II. Bemerkungen zur Haushaltsrechnung gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

1. Abschluss der Landeshaushaltsrechnung für das Hj. 1999............................. 7

2. Belege ............................................................................................................. 8

3. Über- und außerplanmäßige Ausgaben einschließlich der Haushaltsvorgriffe 8

4. Darstellungen in der Haushaltsrechnung ........................................................ 8

5. Bildung eines zu hohen Ausgaberestes........................................................... 9

III. Vermögen und Schulden, Verpflichtungen

Vermögensnachweisung gemäß Artikel 69 Satz 2(2. Alternative) Niedersächsische Verfassung, § 73 LHO...................................... 9

IV. Notwendige Konsolidierung der Landesfinanzen

1. „Raus aus der Schuldenfalle“: Anmerkungen zur beabsichtigtenSenkung der Neuverschuldung ....................................................................... 10

2. Entwicklung der Personalausgaben und des Personalbestands imLande Niedersachsen ...................................................................................... 14

V. Bemerkungen gemäß § 97 Abs. 2 Nrn. 2 bis 4 LHO

1. Kontrollprüfung bei mehreren Finanzämtern.................................................. 27

2. Vertragliche Förderung der nach dem Niedersächsischen Erwachsenen-bildungsgesetz finanzhilfeberechtigten Landeseinrichtungen ........................ 29

3. Unzulässige Förderung einer von Professoren in Nebentätigkeitbetriebenen und am Markt erfolgreichen Gesellschaft ................................... 32

4. Förderung einer überregionalen Jugendbildungseinrichtung - Ministeriumverzögert jahrelang Entscheidungen ............................................................... 35

5. Mangelhafte Umsetzung eines Förderkonzepts .............................................. 36

6. Verarmung einer mittelbaren Landesgesellschaft ........................................... 39

7. Förderung einer nicht förderfähigen Maßnahme ............................................ 41

8. Verheimlichung einer subventionsrechtlichen Tatsache................................. 43

9. Bau einer Mehrzweckumschlagsanlage in Cuxhaven - schwere Mängeldurch vermeintlichen Zeitdruck...................................................................... 44

10. Die Marokkoreise, Teil II ............................................................................... 49

Page 4: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

4

VI. Denkschrift gemäß § 97 Abs. 6 LHO

1. Einleitung................................................................................................................ 51

Innenministerium

2. Mangelhafte IT-Ausstattung sowie unzureichende Planung undOrganisation von IT-Projekten bei der Polizei................................................ 51

3. Unwirtschaftliche Betriebsführung bei den Assistenzdienstender Polizei ....................................................................................................... 55

4. Umfang der Erstattungen des Landes an die Kommunen nach demAufnahmegesetz.............................................................................................. 59

5. Ungeeignete Abrechnungsgrundlage für die Erstattung des Landesnach dem Aufnahmegesetz.............................................................................. 62

6. Mangelhafte Geschäftsprüfungen im Bereich des Aufnahmegesetzes............ 66

Finanzministerium

7. Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Steuer-verwaltung - Teil I: Veranlagungsfinanzämter................................................ 68

8. Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Steuer-verwaltung - Teil II: Oberfinanzdirektion ....................................................... 73

9. Stundungen...................................................................................................... 77

Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales

10. Anreize für die Refinanzierung von Unterhaltsvorschussleistungen............... 79

11. Fehlender Rahmen für Vereinbarungen mit Einrichtungen in derSozialhilfe und die Folgen............................................................................... 83

12. Großzügige Landesförderung entlastet Sozialhilfeträger andererBundesländer................................................................................................... 89

13. Qualifizierung von Nichtsesshaften mit Mitteln des Landes und desEuropäischen Sozialfonds ............................................................................... 92

14. Landesblindengeld .......................................................................................... 95

Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales/ab 01.01.2001 Innenministerium

15. Verzögerung des notwendigen Abschlusses städtebaulicherSanierungsmaßnahmen ................................................................................... 97

16. Hohe Abrechnungsrückstände in der Städtebauförderung .............................. 105

17. Unwirtschaftliches Verwaltungsverfahren in der Städtebauförderung............ 107

Ministerium für Wissenschaft und Kultur

18. Überhöhte Personalbemessung im Bereich Ausbildungsförderung ................ 110

Page 5: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

5

19. Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen durch das Land- Finanzierungsart - ......................................................................................... 112

20. Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen durch das Land- Verwendungsnachweis -............................................................................... 114

21. Optimierung der Steuerung und der Aufsicht über die Verbundzentraledes Gemeinsamen Bibliotheksverbundes........................................................ 116

22. Interne und externe Hochschulsteuerung durch Globalzuschussnach § 26 LHO................................................................................................ 119

23. Ausstattung der Hochschulen mit Informationstechnik im Rahmendes Projekts „Uni 2001“ ................................................................................. 122

24. Hochschulaktivität in der lehrveranstaltungsfreien Zeit ................................. 125

25. Materialprüfung in und an Fachhochschulen.................................................. 129

Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

26. Verteilung von GA-Infrastrukturmitteln auf die Regierungsbezirke .............. 132

27. Unzulässige Aufteilung einheitlicher Bauvorhaben in Teilmaßnahmen......... 134

28. Fehlerquote bei der Abwicklung von Wirtschaftsförderfällen(GA - gewerblicher Bereich -) ........................................................................ 135

29. Leistungsabhängige Lohnanteile in der Straßenbauverwaltung...................... 138

30. Grünes Licht für „Dunkelampeln“ - Einsparungen bei Fußgänger-lichtsignalanlagen ........................................................................................... 140

Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten- Landesforstverwaltung -

31. Förderung Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse...................................... 144

32. Jagdausübung in den Landesforsten ............................................................... 146

33. Wisentgehege der Forstverwaltung in Springe ............................................... 148

Justizministerium

34. Vermeidung gerichtlicher Erzwingungshaftverfahren nach§ 96 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.................................... 151

Justizministerium/ab 01.01.2001 Staatskanzlei

35. Kleinstförderungen durch ein Ministerium..................................................... 153

Umweltministerium

36. Mangelhafte Konzeption und Durchführung eines Landesprogrammszur Beseitigung von Bombenblindgängern..................................................... 158

37. Fehlendes Konzept für die Führung des Wasserbuchs.................................... 162

38. Förderung von Leckerkennungsanlagen ......................................................... 165

Page 6: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

6

Hochbauten

39. Mängel bei der Vergabe betriebstechnischer Gewerke ................................... 166

Verschiedene Geschäftsbereiche

40. Einführung der Personalkostenbudgetierung in der niedersächsischenLandesverwaltung ........................................................................................... 170

41. Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit des Reisekostenrechts.......................... 173

Sonstige Prüfungen

42. Verwendung der zweckgebundenen Rundfunkgebührenanteiledurch den Norddeutschen Rundfunk............................................................... 175

Page 7: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

7

Nach § 97 Abs. 1 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) fasst der Lan-desrechnungshof (LRH) das Ergebnis seiner Prüfung, soweit es für die Haushalts- undWirtschaftsführung der Landesregierung und für ihre Entlastung wegen der Haushalts-rechnung und der Vermögensnachweisung von Bedeutung sein kann, jährlich für denLandtag in Bemerkungen zusammen, die er dem Landtag und der Landesregierung zu-leitet. Den Bemerkungen ist eine Denkschrift mit weiteren Prüfungsergebnissen beigefügt(§ 97 Abs. 6 LHO).

Auf Inhalt und Umfang des Berichts wirkt sich zwangsläufig aus, dass die Prüfung sichauf Schwerpunkte beschränken muss und selbst dort nur stichprobenweise möglich ist.Die Häufigkeit, mit der einzelne Ressorts in den Bemerkungen und in der Denkschrifterwähnt sind, rechtfertigt somit keine generellen Rückschlüsse auf die Haushalts- undWirtschaftsführung in deren Verwaltungszweigen.

In vielen Fällen sind die Erörterungen mit der Verwaltung noch nicht abgeschlossen.

Die Bemerkungen enthalten neben Feststellungen zum Hj. 1999 auch solche über frühereoder spätere Haushaltsjahre (§ 97 Abs. 3 LHO).

I. Allgemeines

1. Die auf der Grundlage des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für dieHj. 1999 und 2000 vom 18.03.1999 (Nds. GVBl. S. 82) aufgestellte Haushaltsrech-nung für das Hj. 1999 hat das Finanzministerium dem Landtag und dem LRH mitSchreiben vom 14.12.2000 (Drs. 14/2095) übersandt.

2. Die Haushaltsrechnung für das Hj. 1999 enthält in Abschnitt I die Einnahmen undAusgaben und in Abschnitt II das Vermögen und die Schulden sowie die eingegange-nen Verpflichtungen. Sie enthält somit alle Angaben, die nach dem Gesetz für dieEntlastung der Landesregierung erforderlich sind.

II. Bemerkungen zur Haushaltsrechnunggemäß § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

1. Abschluss der Landeshaushaltsrechnung für das Hj. 1999

Einnahmen

DM

Ausgaben

DM

a) Nach dem Landeshaushaltsplan 1999beträgt das Haushaltssoll 40.106.210.100,00 40.106.210.100,00

b) Hinzu treten die aus dem Hj. 1998übernommenen Haushaltsreste 424.270.226,13 1.104.890.754,24

c) Summe der Sollbeträge und der ausdem Hj. 1998 übernommenenHaushaltsreste 40.530.480.326,13 41.211.100.854,24

d) Nach der Landeshaushaltsrechnung1999 betragen

aa) die Ist-Einnahmen 40.267.088.534,53

bb) die Ist-Ausgaben 40.267.088.534,53

Page 8: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

8

e) Zu den Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben treten die am Schluss desHj. 1999 verbliebenen Haushalts-reste, die auf das Hj. 2000 übertragenwurden 717.149.654,89 1.397.770.183,00

f) Summe der Ist-Beträge und der amSchluss des Hj. 1999 verbliebenenHaushaltsreste 40.984.238.189,42 41.664.858.717,53

g) Gegenüber der Summe der Sollbeträgeund der aus dem Hj. 1998 über-nommenen Haushaltsreste (c) beträgt

aa) die Mehreinnahme 453.757.863,29

bb) die Mehrausgabe 453.757.863,29

h) Mithin rechnungsmäßiges Jahres-ergebnis 1999(§ 83 Nr. 2 Buchstabe d LHO) -,-

2. Belege

Bei der Rechnungsprüfung wurden keine Zahlungen festgestellt, die nicht ordnungs-gemäß belegt waren.

3. Über- und außerplanmäßige Ausgaben einschließlich der Haushaltsvorgriffe

a) An überplanmäßigen Ausgaben einschließlich der Haushaltsvorgriffe und an au-ßerplanmäßigen Ausgaben sind in der Anlage I zur Landeshaushaltsrechnung ins-gesamt 304 254 746,23 DM nachgewiesen (S. 34 der Anlagen). Zu über- und au-ßerplanmäßigen Ausgaben über 500 DM fehlte bei 16 Überschreitungen und sie-ben Vorgriffen die Einwilligung des Finanzministeriums nach § 37 Abs. 1 LHO.

b) Weitere überplanmäßige Ausgaben in Höhe von 1 795 703,24 DM enthält dieAnlage II („Nachweisung über die Inanspruchnahme der für das Hj. 1999 bei demKapitel 13 02 veranschlagten Verstärkungsmittel“).

4. Darstellungen in der Haushaltsrechnung

In seinem Jahresbericht 2000 (Drs. 14/1590, Abschnitt II, Nrn. 4 a und 4 b, S. 7) hatteder LRH Folgendes beanstandet:

a) Das Kultusministerium bewirtschaftet aus Kapitel 05 03 Titel 657 01 Mittel desEuropäischen Sozialfonds (ESF). Aus der Haushaltsrechnung ist nicht zu ersehen,in welcher Höhe die ESF-Mittel in die Fachaufgaben und damit auch in den Ar-beitsbereich des Kultusministeriums geflossen sind. Dies gilt für andere Einzel-pläne mit Maßnahmen, die aus dem ESF mitfinanziert werden, entsprechend.

b) Nach den verbindlichen Haushaltserläuterungen zu Kapitel 07 72 Titelgruppen 90,93 und 94 sind für im Einzelnen aufgeführte Maßnahmen bestimmte Beträge vor-gesehen. Wie die Mittel letztlich eingesetzt worden sind, ist der Haushaltsrech-nung nicht zu entnehmen. Der LRH hält eine der Veranschlagung entsprechendeÜbersicht des tatsächlichen Mitteleinsatzes in der Haushaltsrechnung für ange-bracht.

Page 9: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

9

c) Der Einnahmeansatz für die Erstattung anteiliger Gastschulbeiträge von Gemein-den bei Kapitel 07 07 Titel 243 01 wurde für das Hj. 1999 gegenüber dem Vorjah-resansatz von 1,05 Millionen DM auf 2,1 Millionen DM erhöht. Da das Kultusmi-nisterium die zur Heranziehung der Schulträger nach § 113 Abs. 5 Nieder-sächsisches Schulgesetz erforderliche Verordnung nach wie vor nicht erlassen hat,sind neben dem Einnahmeausfall des Hj. 1998 in Höhe von 803 872,82 DM imHj. 1999 weitere Einnahmen in Höhe von 1 909 619,83 DM nicht realisiert wor-den.

Da die Landesregierung den Anregungen noch nicht gefolgt ist, wiederholt der LRHhiermit sein Petitum.

5. Bildung eines zu hohen Ausgaberestes

Im Rahmen des Jahresberichts 1997 (Drs. 13/2900) hatte der LRH im Abschnitt V,Nr. 15, den entbehrlichen zusätzlichen Einsatz von Landesmitteln zur Wohnungsbau-förderung dargestellt. Hierbei handelte es sich u. a. um die im Kapitel 05 06 Ti-tel 099 01 und 893 02 (ab Hj. 2001 Kapitel 05 05 Titel 099 01 und 893 03) veran-schlagten Landesmittel zur Förderung des Mietwohnungsbaues für Landesbedienste-te. Nachdem der Landtag die Landesregierung gebeten hatte, den Bedarf für dieseFördermaßnahme zu überprüfen, teilte die Landesregierung mit Antwort vom16.04.1998 mit, dass eine solche Förderung weder im Wohnungsbauprogramm 1997enthalten noch für das Programm 1998 vorgesehen sei (Drs. 14/14, S. 35). Auch inden nachfolgenden Wohnungsbauprogrammen 1999 und 2000 ist die Fördermaßnah-me wegen des fehlenden Bedarfs nicht berücksichtigt worden.

Ungeachtet dieser Entwicklung veranschlagte das Ministerium für Frauen, Arbeit undSoziales regelmäßig entsprechende Mittel. Darüber hinaus bildete das Ministeriummit Einwilligung des Finanzministeriums für die Hj. 1998 und 1999 Ausgabereste, dieüber die noch zu erfüllenden Rechtsverpflichtungen erheblich hinausgingen.

Nach der Haushaltsrechnung für das Hj. 1999 ist ein Ausgaberest in Höhe von3 971 243,90 DM gebildet worden. Diesem Ausgaberest standen nach den von derBewilligungsstelle (Niedersächsische Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen)vorgelegten Unterlagen noch Auszahlungsverpflichtungen in Höhe von 980 000 DMgegenüber. Nach Verwaltungsvorschrift Nr. 4.4 zu § 45 LHO ist von der Bildung vonAusgaberesten abzusehen, wenn übertragbare Ausgaben im folgenden Haushaltsjahrnicht mehr benötigt werden. Danach hätte lediglich ein Ausgaberest in dieser Höhe(980 000 DM) gebildet werden dürfen. Nach einem Schreiben vom 23.05.2000 ver-tritt offensichtlich auch das Finanzministerium diese Rechtsauffassung. Die notwen-dige Konsequenz hat es allerdings nicht gezogen.

III. Vermögen und Schulden, Verpflichtungen

Vermögensnachweisung gemäß Artikel 69 Satz 2 (2. Alternative) Niedersächsische Ver-fassung, § 73 LHO

Der in der Nachweisung der Forderungen des Landes Niedersachsen aus Darlehen undähnlichen Rechtsgeschäften einschließlich des Sondervermögens am Ende des Hj. 1999aufgeführte Bestand stimmt mit demjenigen überein, den die über das Vermögen desLandes geführten Bücher für das Hj. 1999 ausweisen.

Page 10: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

10

Das Finanzministerium hat - veranlasst durch Prüfungshinweise des LRH und die Einfüh-rung eines automatisierten Darlehensverwaltungssystems - die in seinen Büchern erfass-ten Forderungen mit den Beständen der jeweiligen Dienststellen abgestimmt. Die dabeifestgestellte unzutreffende Darstellung von Darlehensvorgängen in der Vermögensnach-weisung wurde im Hj. 1999 mit Vermögenszugängen von 146 Millionen DM und Ver-mögensabgängen von 286 Millionen DM teilweise korrigiert. Die Überprüfung ist nochnicht abgeschlossen.

1998 ist die teilweise Rückführung eines Darlehens nicht in die Vermögensnachweisungaufgenommen worden. Die entsprechende Absetzung in Höhe von 70 Millionen DM istin der Vermögensnachweisung 2000 nachzuholen.

IV. Notwendige Konsolidierung der Landesfinanzen

1. „Raus aus der Schuldenfalle“: Anmerkungen zur beabsichtigten Senkung derNeuverschuldung

Die Entscheidung der Landesregierung, die Neuverschuldung ab 2002 umjährlich 100 Millionen DM zu verringern, stellt einen ersten Schritt in dierichtige Richtung dar. Diese Anstrengung reicht aber zur nachhaltigenKonsolidierung des Landeshaushalts nicht aus.

Beschluss der Landesregierung

Die jetzt noch gültige Mittelfristige Finanzplanung des Landes (Mipla) 2001 bis2004 sieht eine Reduzierung der jährlichen Neuverschuldung nicht vor. Vielmehrsoll der Zuwachs des Schuldenstands durch Verstetigen der jährlichen Nettokredit-aufnahme auf 2,65 Milliarden DM begrenzt werden1.

Nach einer Presseinformation der Staatskanzlei vom 30.01.2001 hat die Landesre-gierung beschlossen, in der Mipla 2001 bis 2005 eine schrittweise Senkung derNeuverschuldung von jährlich 100 Millionen DM festzuschreiben. Dieser Konsoli-dierungskurs soll auch über das Jahr 2005 hinaus eingehalten werden. Es sei daslangfristige Ziel der Landesregierung, die Neuverschuldung konsequent auf Null zu-rückzuführen. Nur so könne die politische Handlungsfähigkeit auch für kommendeGenerationen gewährleistet werden. Es sei nicht zu vertreten, „dass die politischenPrioritäten der Zukunft von den Zins- und Tilgungslasten der Vergangenheit aufge-fressen“ würden.

Künftige Entwicklung der Staatsverschuldung sowie der Zinsausgaben

Mit ihrem Beschluss zur schrittweisen Senkung der Neuverschuldung im Mipla-Zeitraum 2001 bis 2005 trägt die Landesregierung der Tatsache Rechnung, dass dienegativen Folgen einer ausufernden Staatsverschuldung nicht durch Verstetigungdes Schuldenzuwachses, sondern nur durch Verzicht auf Neuverschuldung beseitigtwerden können.

Setzte das Land die Verringerung der jährlichen Neuverschuldung um nur100 Millionen DM über den Mipla-Zeitraum 2001 bis 2005 hinaus fort, hätte es die-se erst in 27 Jahren, mithin im Jahr 2028 auf Null reduziert. Bis zu diesem Zeitpunkt

1 Mipla 2000 bis 2004, S. 127. Die überplanmäßige Erhöhung der Neuverschuldung im Jahr 2001 aufgrund des

EXPO-Defizits wird in diesem Beitrag nicht berücksichtigt. Bei der Finanzierung des EXPO-Verlusts handeltes sich um ein „einmaliges“ Sonderproblem.

Page 11: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

11

würde sich der Schuldenstand von rd. 70 Milliarden DM zum Ende des Jahres 2001auf etwa 103 Milliarden DM im Jahr 2028 erhöhen. Eine Senkung der Neuverschul-dung in kleinen Schritten löst das Problem der übermäßigen Staatsverschuldungsomit nicht nachhaltig.

Die Belastung des Landeshaushalts mit zusätzlichen Zinsausgaben wird insbesonde-re in den nächsten Jahren finanzielle - und damit auch politische - Gestaltungsspiel-räume erheblich einschränken. Wegen der in diesen Zeitraum fallenden Neuver-schuldung auf nach wie vor hohem Jahresniveau (z. B. Neuverschuldung nach derangekündigten Reduzierung in 2002 = 2,55 Milliarden DM, in 2006 = 2,15 Milliar-den DM, in 2010 = 1,75 Milliarden DM) wird eine (relative) Verstetigung der Zins-ausgaben nicht zu erreichen sein.

Die Maßnahme ist deshalb nicht geeignet, den dauerhaft hohen Anstieg der Zins-ausgaben zu begrenzen. Diese werden voraussichtlich wie folgt steigen:

Jahr Milliarden DM

20012 4,47

20053 5,11

2010 5,79

Kumulation wachsender Zins- und Versorgungsausgaben

Der fortschreitende Anstieg der Zinsausgaben fällt zusammen mit dem ebenfallssteigenden Zuwachs der Zahl der Versorgungsempfänger mit Pensionsansprüchennach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die Zahl der Versorgungsempfänger wirdsich bis zum Jahr 2010 wie folgt erhöhen:

Jahr Versorgungsempfänger

20014 57 000

2005 66 000

2010 76 000

Geht man im Rahmen einer äußerst optimistischen Prognose davon aus, dass diesteuerinduzierten Einnahmen des Landes bis zum Jahr 2010 - wie in der Zeit zwi-schen 1990 und 1999 - um insgesamt 33,3 v. H.5 und die sonstigen Einnahmen um

2 Zinsausgaben gemäß Gruppierungsübersicht (Obergruppe 57) im Haushaltsplan 2001.3 Es wird ein Zinssatz von 6,67 v. H. zugrunde gelegt. Nach Auskunft des Finanzministeriums liegt die Haus-

haltsbelastung für Kreditkosten im Zehn-Jahres-Durchschnitt sogar bei 6,85 v. H.4 Niedersächsisches Landesamt für Bezüge und Versorgung, Prognose der Versorgungsempfängerzahlen des

Landes Niedersachsen (Stand: 1.1.2001).5 Quelle: Finanzministerium, Bilanz einer Dekade: Niedersächsische Haushalts- und Finanzpolitik, Nr. 5.:

Einnahmeentwicklung sowie Chart 11. Bei der Modellrechnung wurde zu Gunsten des Landes unterstellt,dass die Steuereinnahmen einschließlich Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisung um33,3 v. H. steigen werden (steuerinduzierte Einnahmen).

Page 12: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

12

10 v. H.6 steigen und unterstellt man weiterhin, dass es - wie in der abgelaufenenDekade - gelingen wird, den Ausgabenzuwachs bis 2010 im Personalbereich auf28,9 v. H.7 und bei den übrigen Ausgaben auf 20,9 v. H.8 zu begrenzen, so ergebensich für den Landeshaushalt im Jahr 2010 folgende Eckdaten:

Milliarden DMSteuerinduzierte Einnahmen 40,83Sonstige Einnahmen9 8,46Nettokreditaufnahme 1,75Gesamteinnahmen 51,04Personalausgaben (Hauptgruppe 4)10 ./. 20,86Zusätzliche Versorgungsausgaben11 ./. 1,13Sonstige Ausgaben (ohne Zinsen)12 ./. 26,09Zinsausgaben ./. 5,79Deckungslücke im Haushalt 2,83

Die Modellrechnung zeigt, dass trotz optimistischer Annahmen in Bezug auf Zu-wachs der Einnahmen und Begrenzung des Ausgabenanstiegs allein wegen der Ku-mulation sich erhöhender Zins- und Versorgungsausgaben im Jahr 2010 mit einerDeckungslücke im Haushalt von rd. 2,8 Milliarden DM gerechnet werden muss.Rechnet man die voraussichtliche Nettokreditaufnahme im Jahr 2010 hinzu, so er-höht sich die Deckungslücke auf rd. 4,58 Milliarden DM. Sofern die steuerindu-zierten Einnahmen künftig nur in Höhe der „sonstigen“ Ausgaben wachsen sollten,wäre sogar von einer Deckungslücke in Höhe von ca. 5,9 Milliarden DM13 auszuge-hen.

6 Sonstige Einnahmen = Bundesmittel, Verwaltungseinnahmen sowie Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit

und aus Vermögen; vgl. hierzu Mipla 2000 bis 2004, S. 123 f. (Tabelle 6 Nrn. 5 und 6). Nach der Mipla lie-gen die Steigerungsraten für die sonstigen Einnahmen in den Planungsjahren 2002 bis 2004 bei weniger als1 v. H.

7 Quelle: Finanzministerium, Bilanz einer Dekade: Niedersächsische Haushalts- und Finanzpolitik, Nr. 3:Steigerung der Personalausgaben sowie Chart 5.

8 Nach Auskunft des Finanzministeriums sind die übrigen Ausgaben (= sächliche Verwaltungsausgaben, Zu-weisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke, Investitionen sowie Bauausgaben) in den Jahren 1990 bis1999 um 20,9 v. H. gestiegen.

9 Bei den sonstigen Einnahmen im Hj. 2010 wurden keine Einnahmen durch Entnahme aus der (allgemeinen)Rücklage angesetzt. Im Jahr 2001 liegt die Entnahme aus der Rücklage (Obergruppe 35) bei 1,04 MilliardenDM. Nicht angesetzt wurden ferner die haushaltstechnischen Verrechnungen (Obergruppe 38). Die Einnah-men aus haushaltstechnischen Verrechnungen betragen im Jahr 2001 rd. 561 Millionen DM.

10 Die Personalausgaben der Landesbetriebe sind in den sonstigen Ausgaben enthalten.11 Berechnet nach den Prognosedaten des Niedersächsischen Landesamts für Bezüge und Versorgung: Zahl der

Versorgungsempfänger in 2010 (76 000) ./. Zahl der Versorgungsempfänger in 2001 (57 000) = 19 000 Ver-sorgungsempfänger. Der prognostizierte Anstieg der Personalausgaben bei Hauptgruppe 4 erfasst bereits ei-nen Zuwachs der Zahl der Versorgungsempfänger um ca. 5 000 Pensionsberechtigte. Deshalb ist bei der Be-rechnung der zusätzlichen Versorgungsausgaben lediglich von 14 000 Versorgungsempfängern auszugehen.Versorgungskosten für 14 000 Versorgungsempfänger lt. Niedersächsischem Landesamt für Bezüge und Ver-sorgung: 0,88 Milliarden DM x 128,9 v. H. = 1,13 Milliarden DM.

12 Ohne Hauptgruppe 9 (= haushaltstechnische Verrechnungen).13 Unter Einbeziehung der Nettokreditaufnahme.

Page 13: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

13

Weitere haushaltswirtschaftliche Risiken

Für die künftigen Haushaltsjahre bestehen weitere Finanzierungsrisiken:

– Mögliche Verpflichtung zur Rückzahlung von Förderzinsabgaben in Höhe von2,4 Milliarden DM ohne volle Verrechnungsmöglichkeit im Rahmen des bun-desstaatlichen Finanzausgleichs.

– Die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgegebene Neu-ordnung des Finanzausgleichs führt zu Finanzierungsrisiken auf der Einnahme-seite, weil zurzeit nicht absehbar ist, ob Niedersachsen als Nehmerland auf Dau-er noch Ausgleichszahlungen in der gegenwärtigen Höhe erhalten wird.

– Die Zusatzversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die Ange-stellten und Arbeitern des Landes ein Nettoversorgungsniveau von knapp92 v. H. garantiert, wird vom Land zurzeit mit jährlichen Zahlungen an die Ver-sorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) in Höhe vonca. 300 Millionen DM finanziert. Da die VBL ohne Änderung der Versor-gungstarifverträge bis Ende 2003 ein Defizit von etwa 15 Milliarden DM aus-weisen müsste, ist nicht auszuschließen, dass sich die nach diesem Zeitpunktvom Land zu zahlende Umlage erheblich erhöhen wird.

– Die Pro-Kopf-Beihilfen für Beamtinnen und Beamte (einschließlich Versor-gungsempfänger) betrugen im Jahr 1996 3 600 DM; für das Jahr 2001 sind Bei-hilfen von durchschnittlich 4 250 DM zugrunde zu legen. Ein weiterer Anstiegder Beihilfen ist wahrscheinlich, weil durch die zunehmende Zahl der Versor-gungsempfänger sich auch der altersbedingte Bedarf an zusätzlichen medizini-schen Leistungen erhöhen wird. Daneben erhöht auch die steigende Zahl vonTeilzeit-Beschäftigungsverhältnissen die Beihilfen, da unabhängig vom Umfangder Arbeitszeit jeweils die volle Beihilfe zu zahlen ist.

Abbau der Neuverschuldung in einem überschaubaren Zeitraum

Die nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushalts setzt finanzpolitisch - nebenMaßnahmen zur Begrenzung der Personalausgaben (s. Abschnitt IV, Nr. 2 „Entwick-lung der Personalausgaben und des Personalbestands im Lande Niedersachsen“) - einKonzept voraus, wonach die Neuverschuldung nicht langfristig, sondern in einemdeutlich kürzeren Zeitraum auf Null zurückgeführt wird. Auch der Bund und andereLänder planen den Ausstieg aus der Neuverschuldung in einem überschaubaren Zeit-raum. Der übermäßige Anstieg der Zins- und Versorgungsausgaben sowie die sonsti-gen Haushaltsrisiken erfordern es, dass das Land insbesondere durch eine restriktivePersonalpolitik, Aufgabenabbau und Steuerung von Verwaltungshandeln nach be-triebswirtschaftlichen Grundsätzen sämtliche Einsparmöglichkeiten konsequent aus-schöpft.

Page 14: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

14

2. Entwicklung der Personalausgaben und des Personalbestands im LandeNiedersachsen

Die Personalausgaben des Landes sind seit Jahrzehnten kontinuierlichangewachsen. Auch ihr Anteil an den Gesamtausgaben hat sich tendenziellnach oben entwickelt; im Hj. 2000 betrug die Personalausgabenquote - unterEinbeziehung der Landesbetriebe - 44,6 v. H. der bereinigten Gesamt-ausgaben. Der Anstieg der Personalausgaben ist nicht nur auf Bezüge-steigerungen zurückzuführen, die im Übrigen unter der Gehaltsentwicklung inder Wirtschaft geblieben sind, sondern auch auf die Erhöhung desPersonalbestands inbesondere von Mitte der 70er- bis etwa Mitte der 80er-Jahre und auf die Veränderungen in der Stellenstruktur. Diese Entwicklungwirkt sich auf die Höhe der Versorgungsausgaben aus.

Niedersachsen kann den Landeshaushalt nur dann konsolidieren und dieVerschuldung abbauen, wenn es gelingt, die Personalausgaben als dengrößten Ausgabeblock nachhaltig zu verringern.

Personalausgaben und Personalausgabenquote

Die Personalausgaben bilden seit Jahren im Landeshaushalt den größten Ausgaben-block. Dies ist keine Besonderheit des Landes Niedersachsen, sondern vielmehr dieFolge der besonders personalintensiven Aufgabenstruktur der Länder.

Die Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Personalausgaben des Landes seit 1970 undderen Anteil an den um die besonderen Finanzierungsvorgänge bereinigten Gesamt-ausgaben (Personalausgabenquote):

Tabelle 1

Personalausgaben und Personalausgabenquote des Landes Niedersachsen

HaushaltsjahrBereinigte Ge-samtausgaben(Ist) Mio. DM

davon Personal-ausgaben* Mio.

DM

Personalaus-gabenquote

v. H.

Einwohner(Tausend)

Personalausgaben proEinwohner DM

1970 7.985,2 3.448,6 43,2 7.082 487

1975 16.283,5 6.945,2 42,7 7.239 959

1980 22.775,2 9.622,3 42,2 7.246 1.328

1985 27.021,5 11.530,4 42,7 7.205 1.600

1990 32.241,7 13.836,7 42,9 7.340 1.885

1998** 41.117,0 18.203,1 44,4 7.853 2.323

1999 41.748,3 18.722,8 44,8 7.866 2.380

2000*** 42.450,0 18.919,0 44,6 7.899 2.395

* Erstattungen von Versorgungsanteilen durch die Landesbetriebe wurden nicht abgesetzt.** Statt des Hj. 1995 ist das Hj. 1998 gewählt worden, da hier erstmalig Ist-Daten über die Landesbetriebe zu-

sammengestellt worden sind.*** Vorläufiges Ist.

Quelle: Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen, Haushaltsplan des Landes Niedersachsen (für Aufwen-dungen der Landesbetriebe), Berechnungen des Finanzministeriums; Statistisches Jahrbuch

Page 15: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

15

Höhe der Personalausgaben des Landes

Im Jahre 1970 betrugen die Personalausgaben 3,5 Milliarden DM, zwanzig Jahrespäter waren sie mit 13,8 Milliarden DM bereits auf das nahezu 4-fache gestiegen.Im Haushaltsjahr 2000 musste das Land für Personalausgaben 18,9 Milliarden DM(Vorläufiges Ist) aufwenden, das ist mehr als das 5-fache.

Diese Werte weichen von den Zahlen in der Mittelfristigen Planung (Mipla) ab;denn der LRH hat die Personalaufwendungen und die Gesamtaufwendungen derLandesbetriebe abzüglich der Zuführungen aus dem Landeshaushalt in die Berech-nung einbezogen.14 Die Landesbetriebe sind rechtlich unselbständige Teile der un-mittelbaren Landesverwaltung, ihre Aufwendungen und Erträge sind daher demLande zuzurechnen. Ferner hat der LRH die in der Obergruppe 98 ausgewiesenenPersonalausgaben der staatlichen Bauleitung berücksichtigt.

Im Jahre 1970 hat das Land für sein Personal pro Einwohner 487 DM ausgegeben,im Jahre 2000 sind es 2 395 DM, also das 4,9-fache. Wären das Verhältnis von Per-sonalbestand zur Einwohnerzahl seit 1970 konstant und die Stellenstruktur unverän-dert geblieben, hätte das Land im Jahre 2000 nur 1 616 DM pro Einwohner aufbrin-gen müssen.

Das Anwachsen der Personalausgaben ist auf die Tariferhöhungen sowie auf diefrühere Ausweitung des Personalbestands und auf Verbesserungen in der Stellen-struktur zurückzuführen.

Wie die Tabelle 2 zeigt, sind die tariflichen Monatsgehälter bei den Gebietskörper-schaften im Jahre 1999 auf das 3,32-fache des Werts von 1970 (= 100) gestiegen.Sie lagen damit unter der Erhöhung in vergleichbaren Zweigen der Privatwirtschaft.

Tabelle 2

Index der tariflichen Monatsgehälter in der gewerblichen Wirtschaft und bei Gebietskörperschaften

Jahr ProduzierendesGewerbe

VerarbeitendesGewerbe

Energie- undWasserversor-

gungBaugewerbe

Verkehr undNachrichten-übermittlung

Gebietskör-perschaften

1970 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

1975 160,6 160,0 159,1 159,0 158,7 154,0

1980 211,9 210,7 203,8 210,7 205,1 191,9

1985 255,4 254,4 241,6 252,5 243,7 223,0

1990 300,0 298,9 279,7 302,7 284,3 256,5

1995 371,7 370,4 343,6 383,1 341,3 310,6

1996 383,3 385,6 350,9 392,3 348,1 315,5

1997 388,1 390,7 356,0 397,7 352,6 319,6

1998 396,3 398,9 361,5 403,8 357,7 324,2

1999 405,2 410,0 369,4 408,8 364,2 332,0

Quelle: Statistisches Bundesamt

14 Auf die abweichende Berechnung des LRH wurde erstmals in der Mipla 2000 bis 2004 (S. 38, 39) hingewie-

sen.

Page 16: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

16

Legt man die bis 1999 eingetretene 3,32-fache Steigerung der tariflichen Monatsge-hälter der Gebietskörperschaften von 1970 zugrunde, würden die Personalausgabenbis zum Jahre 2000 nur um 11,4 Milliarden DM und nicht um 15,5 Milliarden DMangestiegen sein, wenn der Personalbestand und die Stellenstruktur in diesem Zeit-raum nicht geändert worden wären.

Personalausgabenquote

Die Personalausgabenquote zeigt an, welcher Anteil der Ausgaben des Landes aufsein Personal entfällt und deshalb von vornherein gebunden ist. Der LRH verkenntnicht, dass die Personalausgabenquote durch die Entwicklung der übrigen Ausgabenwesentlich beeinflusst wird. Gleichwohl bietet diese Quote wertvolle Aussagen fürdie Belastung des Haushalts durch Personalausgaben.

Wie sich aus Tabelle 1 und der vorstehenden Graphik ergibt, betrug die Personal-ausgabenquote im Jahre 1970 43,2 v. H., danach ist sie bis 1980 auf 42,2 v. H. ge-sunken und steigt seither tendenziell an; im Jahre 2000 beträgt sie nach Berechnun-gen des LRH 44,6 v. H. Diese Werte weichen von den Zahlen in der Mipla ab, weilder LRH die Personalaufwendungen und die Gesamtaufwendungen der Landesbe-triebe in die Berechnung einbezogen sowie die in der Obergruppe 98 ausgewiesenenPersonalausgaben der staatlichen Bauleitung berücksichtigt hat. Ohne deren Be-rücksichtigung erscheinen die Personalausgaben und die Personalausgabenquotewegen der zunehmenden Zahl der Landesbetriebe als rückläufig. So weist die Miplafür 1998 eine Quote von 42 v. H. statt 44,4 v. H. und für 2000 von 41,7 v. H. statt44,6 v. H. aus; das Finanzministerium nennt in Nr. 3 seiner „Bilanz einer Dekade,Niedersächsische Haushalts- und Finanzpolitik“ für 1999 eine Quote von 41,9 v. H.statt 44,4 v. H.

Durch die Einbeziehung der Daten der Landesbetriebe in die Berechnung der Perso-nalausgabenquote ist der Vergleich von Periode zu Periode für das Land wiederhergestellt. Ein Vergleich zwischen den Personalausgabenquoten der Flächenländergestaltet sich im Zeitablauf aber immer schwieriger, weil die einzelnen Länder insehr unterschiedlichem Umfang und in verschiedenen Rechtsformen Aufgaben ausden Kernhaushalten auslagern. Es wäre dringend geboten, in Abstimmung zwischenBund und Ländern ein System zu erarbeiten, das einen Vergleich nicht nur der Per-sonalausgaben einschließlich der Personalausgabenquote, sondern aller relevantenHaushaltsdaten zuließe.

P e rs o n a la u s g a b e n q u o te v . H .

4 1 ,0

4 1 ,5

4 2 ,0

4 2 ,5

4 3 ,0

4 3 ,5

4 4 ,0

4 4 ,5

4 5 ,0

1 9 7 0 1 9 7 5 1 9 8 0 1 9 8 5 1 9 9 0 1 9 9 8 2 0 0 0

Page 17: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

17

Entwicklung der Versorgungsausgaben

Die Tabelle 3 zeigt die Entwicklung der Ausgaben für die Versorgung der Landes-beamten und deren Anteil an den Personalausgaben.

Tabelle 3

Entwicklung der Versorgungsbezüge (einschl. Beihilfen)

Jahr Personalausgaben insge-samt*(Mio. DM)

Personalausgaben ohne Beamten-versorgung (Mio. DM)

Personalausgaben für dieBeamtenversorgung (Mio.

DM)

1970 3.448,6 2.777,3 671,3

1975 6.945,2 5.746,8 1.198,4

1980 9.622,3 8.018,7 1.603,6

1985 11.530,4 9.688,0 1.842,4

1990 13.836,7 11.666,3 2.170,4

1998 18.203,1 15.108,1 3.095,0

1999 18.722,8 15.463,7 3.259,1

2000 18.919,0 15.472,8 3.446,2

2001 19.936,1 16.451,5 3.484,6

2002 20.574,1 16.799,2 3.774,9

2003 21.170,7 17.235,9 3.934,8

2004 21.488,3 17.396,2 4.092,1

* Erstattungen von Versorgungsanteilen durch die Landesbetriebe wurden nicht abgesetzt.

Quelle: 1970 bis 1998: Haushaltsrechnung (Ist); 2000: Vorläufiges Ist; 2001: Haushaltsplan (Soll);2002 bis 2004: Mipla/ Prognose NLBV (Planung/Hochrechnung). Da in den Angaben der Mipla über die Hö-he der Personalausgaben die Personalaufwendungen der Landesbetriebe nicht enthalten sind, hat der LRHstatt der dort angegebenen Planungszahlen für die Jahre 2002 bis 2004 die auf der Basis des Haushaltsplan-Entwurfs 2001 ermittelten Beträge mit dem Steigerungssatz der Mipla hochgerechnet.

����

�����

�����

�����

�����

���� ���� ���� ���� ���� ���� ����

Personalausgabeninsgesamt

PersonalausgabenohneBeamtenversorgungPersonalausgabenBeamtenversorgung

Page 18: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

18

Innerhalb der Personalausgaben sind die Ausgaben für die Versorgung der Beamtenvon besonderer Bedeutung, da sie

– auf langfristigen Rechtsverpflichtungen beruhen,

– durch bundesrechtliche Kompetenz einer Neugestaltung der Rechtsgrundlagenauf Landesebene entzogen sind und

– bereits aufgrund des heute vorhandenen Personals künftig stärker ansteigen wer-den.

Obwohl der Anteil der Versorgungsausgaben an den gesamten Personalausgabenzeitweise eine sinkende Tendenz zeigte, steigen die Ist-Ausgaben hierfür kontinu-ierlich an.

Das Absinken oder Steigen des Versorgungsanteils wird auch von den Stellenver-änderungen im aktiven Personalbereich beeinflusst. Die Schaffung neuer Stellen, fürdie Versorgungsleistungen erst sehr viel später (Beamte) oder in anderer Weise (Zu-satzversorgung, Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung) anfallen, lässt dieQuote zunächst absinken. Insoweit liegt der wesentliche Grund für den jetzigen An-stieg der Ausgaben für die Versorgung der Beamten in der quantitativen - undstrukturellen - Verstärkung der Stellen für Beamte, insbesondere im Bereich derSchulen, in den 70er-Jahren und später.

Aufgrund einer Prognoseberechnung des Niedersächsischen Landesamtes für Bezü-ge und Versorgung ist mit folgender Entwicklung der Ausgaben für die Beamten-versorgung zu rechnen, wenn die Bezüge des Jahres 2000 zugrunde gelegt werden:

Ante il de r Aus gabe n für die Be am te nve rs orgung an de n Ge s am tpe rs onalaus gabe n in v. H.

15

15,5

16

16 ,5

17

17,5

18

18 ,5

19

19 ,5

2 0

19 70 19 75 1980 198 5 19 90 199 8 20 04

Page 19: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

19

Der Anstieg der Versorgungsausgaben dürfte aber tatsächlich noch wesentlich stär-ker ausfallen, weil die zu erwartenden künftigen Bezügeerhöhungen nicht berück-sichtigt sind. Die inzwischen eingeführte Versorgungsrücklage könnte ohnehin nurkünftige Versorgungserhöhungen mildern.

Über die zu erwartenden Steigerungen der Versorgungsleistungen für die Beamtenhinaus ist mit einer ähnlichen Entwicklung bei der Zusatzversorgung für die Ange-stellten zu rechnen.

Das Land wird sich auf die zu erwartenden Ausgabeverpflichtungen für die Versor-gung des Personals rechtzeitig einstellen müssen. Die notwendigen Sparmaßnahmenkönnen wirkungsvoll zunächst nur im Bereich des aktiven Personals umgesetztwerden.

Da rd. 60 v. H. der Vollbeschäftigten des Landes und etwa 75 v. H. der Teilzeitbe-schäftigten (vgl. Tabellen 4 und 5) auf die Aufgabenbereiche Schulen, Hochschu-len/Kliniken und Polizei entfallen, wird deutlich, dass deren künftige Versorgungeinen Umfang erreichen wird, der durch Personaleinsparungen in den übrigen Ver-waltungsbereichen nicht abgedeckt werden kann.

Personalbestand und Stellenstruktur

Vollzeitbeschäftigte

Die Gesamtzahl der vollbeschäftigten Landesbediensteten (Tabelle 4) ist von126 488 im Jahre 1970 um 18 474 (14,6 v. H.) im Jahre 1999 gestiegen. Denhöchsten Personalbestand hatte das Land Ende der 70er-/Anfang der 80er-Jahre;z. B. waren es 1980 insgesamt 169 037 Bedienstete, das entsprach einer Steigerunggegenüber 1970 um 33,6 v. H. Seitdem ist die Anzahl der vollbeschäftigten Landes-bediensteten rückläufig. Insbesondere in den Jahren seit 1995 ist diese Tendenzausgeprägt. Die zwischenzeitliche Beschäftigungsspitze setzt sich im Übrigen inden Versorgungslasten fort.

Polizei

Sonstige

Lehrkräfte

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

Mill

ion

en D

M

2000

2002

2004

2006

2008

2010

2012

2014

2016

2018

2020

2022

2024

2026

2028

2030

Jahr

Prognose der Versorgungslast (einschl. Beihilfen)für Beamte und Hinterbliebene - Basis 2000, ohne Dynamisierung

Page 20: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

20

Tabelle 4

Entwicklung des Personalbestandes des Landes Niedersachsen nach Aufgabenbereichen:

Vollbeschäftigte

1970 1975 1980 1985Aufgabenbereiche

Anzahl Anteilv.H. Index Anzahl Anteil

v.H. Index Anzahl Anteilv.H. Index Anzahl Anteil

v.H. Index

Vollbeschäftigte insge-samt

126488 100,0 100,0 152919 100,0 120,9 169037 100,0 133,6 166578 100,0 131,7

Ministerien 1805 1,4 100,0 2250 1,5 124,7 2513 1,5 139,2 2752 0,0 152,5

Innere Verwaltung 5113 4,0 100,0 5162 3,4 101,0 4336 2,6 84,8 4277 0,0 83,6

Polizei 14544 11,5 100,0 17024 11,1 117,1 19481 11,5 133,9 21138 0,0 145,3

Justiz 10708 8,5 100,0 11942 7,8 111,5 13261 7,8 123,8 14818 0,0 138,4

Schulen 43800 34,6 100,0 56382 36,9 128,7 65398 38,7 149,3 57762 0,0 131,9

Hochschulen,Kliniken

12150 9,6 100,0 18561 12,1 152,8 22573 13,4 185,8 23141 0,0 190,5

Finanzverwaltung 10483 8,3 100,0 11936 7,8 113,9 12265 7,3 117,0 12274 0,0 117,1

Sonstige 27885 22,0 100,0 29662 19,4 106,4 29210 17,3 104,8 30416 0,0 109,1

1990 1995 1999

AufgabenbereicheAnzahl Anteil

v.H.Index Anzahl Anteil

v.H.Index Anzahl Anteil

v.H.Index

Vollbeschäftigte insge-samt

159844 100 126,4 159824 100,0 126,4 144962 100,0 114,6

Ministerien 2995 1,9 165,9 2649 1,7 146,8 2303 1,6 127,6

Innere Verwaltung 3977 2,5 77,8 4101 2,6 80,2 3141 2,2 61,4

Polizei 21102 13,2 145,1 21548 13,5 148,2 20959 14,5 144,1

Justiz 14357 9,0 134,1 14792 9,3 138,1 13905 9,6 129,9

Schulen 52687 33,0 120,3 53022 33,2 121,1 46030 31,8 105,1

Hochschulen, Kliniken 24606 15,4 202,5 22087 13,8 181,8 19323 13,3 159,0

Finanzverwaltung 11084 6,9 105,7 11004 6,9 105,0 10053 6,9 95,9

Sonstige 29036 18,2 104,1 30621 19,2 109,8 29248 20,2 104,9

Quelle: Zusammengestellt aus der Personalstandsstatistik (Niedersächsisches Landesamt für Statistik).

Vollbeschäftig te des Landes

0

20000

40000

60000

80000

100000

120000

140000

160000

180000

1970 1975 1980 1985 1990 1995 1999

Hochsch.,Kliniken

Schulen

Polize i

Innere Verwaltg.

Vollbeschä ft.insg.

Page 21: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

21

Teilzeitbeschäftigte

Als gegenläufige Tendenz zur Abnahme der Vollzeitbeschäftigten ist allerdings diekonstante Zunahme der Teilzeitbeschäftigung zu berücksichtigen. Der Bestand anTeilzeitbeschäftigten mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 50 v. H. (Tabel-le 5) - nur diese sollen in die Betrachtung einbezogen werden - hat sich seit 1970verfünffacht, nämlich von etwa 7 800 auf 54 000 im Jahre 1999. Die Datenlage er-laubt es nicht, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten nach Maßgabe der regelmäßigenArbeitszeit fiktiv in Vollzeitbeschäftigte umzurechnen, sodass die gegenläufigenTendenzen derzeit nicht zu einer Aussage über den Gesamtbestand an Beschäftigtenauf der Basis gleicher Arbeitszeit zusammengeführt werden können. Allerdings fin-det das Bestreben der Landesregierung, die Beschäftigtenzahl im öffentlichenDienst zurückzuführen, seinen Ausdruck darin, dass der Abnahme der Vollzeitbe-schäftigten um knapp 14 900 Personen in den Jahren von 1995 bis 1999 eine Zu-nahme der Teilzeitbeschäftigten um nur ca. 8 400 Personen gegenübersteht.

Tabelle 5

Entwicklung des Personalbestandes des Landes Niedersachsen nach Aufgabenbereichen:Teilzeitbeschäftigte T1 (Wochenarbeitszeit mind. 50 v. H.)

1970 1975 1980 1985Aufgabenbereiche

Anzahl Anteilv.H.

Index Anzahl Anteilv.H.

Index Anzahl Anteilv.H.

Index Anzahl Anteilv.H.

Index

Teilzeitbeschäftigteinsgesamt

10794 100,0 100,0 14812 100,0 120,9 21349 100,0 197,8 33041 100,0 306,1

Ministerien 81 0,8 100,0 128 0,9 124,7 128 0,6 158,0 191 0,6 235,8

Innere Verwaltung. 180 1,7 100,0 349 2,4 101,0 273 1,3 151,7 362 1,1 201,1

Polizei 171 1,6 100,0 181 1,2 117,1 185 0,9 108,2 310 0,9 181,3

Justiz 851 7,9 100,0 1246 8,4 111,5 1460 6,8 171,6 1803 5,5 211,9

Schulen 4891 45,3 100,0 7389 49,9 128,7 12711 59,5 259,9 19772 59,8 404,3

Hochschulen,Kliniken

2048 19,0 100,0 2101 14,2 152,8 3593 16,8 175,4 6409 19,4 312,9

Finanzverwaltung 501 4,6 100,0 1008 6,8 113,9 1271 6,0 253,7 1729 5,2 345,1

Sonstige 2071 19,2 100,0 2410 16,3 106,4 1728 8,1 83,4 2465 7,5 119,0

1990 1995 1999Aufgabenbereiche

Anzahl Anteilv.H.

Index Anzahl Anteilv.H.

Index Anzahl Anteilv.H.

Index

Teilzeitbeschäftigteinsgesamt

38902 100,0 360,4 45570 100,0 422,2 53993 100,0 500,2

Ministerien 235 0,6 290,1 337 0,7 416,0 411 0,8 507,4

Innere Verwaltung 537 1,4 298,3 653 1,4 362,8 857 1,6 476,1

Polizei 733 1,9 428,7 1129 2,5 660,2 1388 2,6 811,7

Justiz 2223 5,7 261,2 2476 5,4 291,0 2755 5,1 323,7

Schulen 22782 58,6 465,8 25332 55,6 517,9 30933 57,3 632,4

Hochschulen,Kliniken

6649 17,1 324,7 7814 17,1 381,5 7974 14,8 389,4

Finanzverwaltung 2434 6,3 485,8 2961 6,5 591,0 3430 6,4 684,6

Sonstige 3309 8,5 159,8 4868 10,7 235,1 6245 11,6 301,5

Quelle: Zusammengestellt aus der Personalstandsstatistik (Niedersächsisches .Landesamt für Statistik).

Page 22: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

22

Eine nähere Betrachtung der Tabellen 4 und 5 zeigt, dass die Entwicklung des Per-sonalbestands in den einzelnen Aufgabenbereichen sehr unterschiedlich verlaufen ist.

Bemerkenswert ist die rückläufige Tendenz des Personalbestands in der inneren Ver-waltung. Sie verfügt - bezogen auf 1970 - nur noch über rd. 61 v. H. des Bestands anVollzeitbeschäftigten, wobei die (gegenläufige) Zunahme im Bereich der Teilzeitbe-schäftigung um etwa das 3-fache ebenfalls unterdurchschnittlich ausfällt. Der Anteilam gesamten Personalbestand liegt bei nur noch 2,2 v. H. (Teilzeitbeschäftigung1,6 v. H.), sodass sich etwaige weitere Personaleinsparungen in diesem Bereich hin-sichtlich der Gesamtzahl der Beschäftigten nur geringfügig auswirken können.

Das Personal des Landes ist demnach vor allem in folgenden Bereichen ausgeweitetworden: Der Hochschulbereich einschließlich der Hochschulkliniken weist eine Stei-gerung der Vollzeitbeschäftigten seit 1970 um 59 v. H. auf, gefolgt von der Polizeimit 44,1 v. H., der Justiz mit 29,9 v. H., den Ministerien mit 27,6 v. H. und denSchulen mit 5,1 v. H. (jedoch bei den Teilzeitbeschäftigten von 4 891 auf 30 933).

Diese Zahlen spiegeln auch gesellschaftliche Entwicklungen und politische Entschei-dungen wider. Sie müssen vor diesem Hintergrund gewürdigt werden und lassen fürsich gesehen keine Aussage über die Erforderlichkeit des Personaleinsatzes zu. Sosind im Hochschulbereich die staatlichen Leistungen weit überdurchschnittlich aus-gebaut worden. Dem Anstieg der Vollzeitbeschäftigten um 59 v. H. im Zeitraum 1970bis 1999 steht eine ständige Steigerung der Zahl der Studierenden um insgesamt376 v. H. von rd. 33 800 auf 159 000 im Jahre 1995 gegenüber, die seitdem allerdingsrückläufig ist (141 600 Studierende im Jahr 2000). Strukturell ist auch die Errichtungvon Fachhochschulen insbesondere durch die Umwandlung der früheren Ingenieur-akademien im Jahr 1971 zu berücksichtigen.

Im Schulbereich ist die Ausweitung des Personalbestands in den 70er-Jahren auffäl-lig, der aufgrund der absoluten Zahlen den Anstieg der Versorgungslasten in besonde-rer Weise beeinflusst. In dem Anstieg der Vollzeitbeschäftigten von 5,1 v. H. in derZeit von 1970 (rd. 43 800 bei 1 105 000 Schülern) bis 1999 (rd. 46.000 bei968 500 Schülern) wurde der Höhepunkt im Jahre 1980 erreicht: Hier standen65 400 Vollzeitbeschäftigten (Steigerung gegenüber 1970: 49,3 v. H.) 1 165 000Schüler (Steigerung 5,4 v. H.) gegenüber.

Für die allgemein bildenden Schulen lässt sich aufgrund entsprechender Schulstatisti-ken seit 1970 im Übrigen der Einfluss der in diesem Bereich stark ausgeprägten Teil-zeitarbeit nachweisen: Rechnet man die Teilzeitbeschäftigten mit ihren tatsächlichenArbeitszeiten den Vollzeitbeschäftigten hinzu, so ergibt sich eine Steigerung, gerech-net in Vollzeitlehrereinheiten, von 42 300 im Jahre 1970 auf 57 000 im Jahre 1999,also eine Steigerung um 34,8 v. H.

Stellenstruktur

Der Anstieg der Personalausgaben beruht nicht nur auf der Vermehrung der Anzahlder Beschäftigten sowie auf linearen Anhebungen der Einkommen im öffentlichenDienst, sondern auch auf der Veränderung der Stellenstruktur. Das veranschaulichtTabelle 6; sie zeigt für den Zeitraum von 1970 bis 1999 die Verteilung der veran-schlagten Stellen auf die Laufbahngruppen und die Bezügegruppen.

Page 23: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

23

Tabelle 6

Entwicklung der veranschlagten Stellen des Landes Niedersachsen (einschl. Landesbetriebe)

1970 1975 1980 1985

Stellen LaufbahngruppeBes.-/VergGruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-

gruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-gruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-gruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-gruppe

Stellen insgesamt 124919 100,0 152106 100,0 176750 100,0 175924 100,0

Höherer Dienst insg. 21725 17,4 100,0 30890 20,3 100,0 36882 20,9 100,0 37702 21,4 100,0

B2-9, H4, C4, R3-10 858 0,7 3,9 1475 1,0 4,8 1589 0,9 4,3 1584 0,9 4,2

A16, H3, C3, R2, I 713 0,6 3,3 1400 0,9 4,5 2638 1,5 7,2 2708 1,5 7,2

A15, C2, R1, Ia 846 0,7 3,9 4676 3,1 15,1 6913 3,9 18,7 7050 4,0 18,7

A13-14,H1-2,C1,IIb-Ib 19290 15,4 88,8 23339 15,3 75,6 25742 14,6 69,8 26360 15,0 69,9

Gehob. Dienst insg. 48651 38,9 100,0 56986 37,5 100,0 64198 36,3 100,0 64464 36,6 100,0

A13gD 347 0,3 0,7 8712 5,7 15,3 14364 8,1 22,4 15179 8,6 23,5

A12, III 10076 8,1 20,7 28072 18,5 49,3 27783 15,7 43,3 26520 15,1 41,1

A11-11a, IVa 25483 20,4 52,4 5305 3,5 9,3 6755 3,8 10,5 6706 3,8 10,4

A9-10b, Vb-IVb 12745 10,2 26,2 14897 9,8 26,1 15296 8,7 23,8 16056 9,1 24,9

Mittlerer Dienst insg. 38505 30,8 100,0 44920 29,5 100,0 52229 29,5 100,0 50888 28,9 100,0

A9mD 2312 1,9 6,0 4621 3,0 10,3 6218 3,5 11,9 5875 3,3 11,5

A8-8a, Vc 6296 5,0 16,4 8844 5,8 19,7 11693 6,6 22,4 12282 7,0 24,1

A5-7, VIII-VIa 29897 23,9 77,6 31455 20,7 70,0 34318 19,4 65,7 32731 18,6 64,3

Einfach. Dienst insg. 1484 1,2 1206 0,8 1170 0,7 1191 0,7

Sonstige Stellen* 14554 11,7 18104 11,9 22271 12,6 21769 12,4

1990 1996 1999

StellenLaufbahngruppe

Bes.-/VergGruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-

gruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-

gruppe

Anzahl v.H.aller

Stellen

v.H. derLauf-bahn-

gruppeStellen insgesamt 173738 100,0 183331 100,0 178807 100,0

Höherer Dienst insg. 38440 22,1 100,0 40583 22,1 100,0 39551 22,1 100,0

B2-9, H4, C4, R3-10 1656 1,0 4,3 1730 0,9 4,3 1625 0,9 4,1

A16, H3, C3, R2, I 2860 1,6 7,4 3278 1,8 8,1 3302 1,8 8,3

A15, C2, R1, Ia 6879 4,0 17,9 7318 4,0 18,0 7118 4,0 18,0

A13-14,H1-2,C1,IIb-Ib 27045 15,6 70,4 28257 15,4 69,6 27506 15,4 69,5

Gehob. Dienst insg. 63774 36,7 100,0 68925 37,6 100,0 71991 40,3 100,0

A13gD 15371 8,8 24,1 16581 9,0 24,1 16000 8,9 22,2

A12, III 25174 14,5 39,5 27154 14,8 39,4 26455 14,8 36,7

A11-11a, IVa 6841 3,9 10,7 7999 4,4 11,6 8053 4,5 11,2

A9-10b, Vb-IVb 16388 9,4 25,7 17191 9,4 24,9 21483 12,0 29,8

Mittlerer Dienst insg. 50093 28,8 100,0 49893 27,2 100,0 42005 23,5 100,0

A9mD 7309 4,2 14,6 7828 4,3 15,7 5177 2,9 12,3

A8-8a, Vc 13464 7,7 26,9 15432 8,4 30,9 13645 7,6 32,5

A5-7, VIII-VIa 29320 16,9 58,5 26633 14,5 53,4 23183 13,0 55,2

Einfach. Dienst insg. 1155 0,7 421 0,2 1104 0,6

Sonstige Stellen* 20276 11,7 23509 12,8 24156 13,5

*Außertarifliche Angestellte, Angestellte im Krankenpflegedienst, Beamte im Vorbereitungsdienst, Auszubildende, Arbeiter

Quelle: Haushaltspläne der Landes Niedersachsen (Anmerkung: Die Besoldungsgruppen der Hochschullehrer undRichter sind entsprechend den Endgrundgehältern den Besoldungsordnungen A und B zugeordnet worden).

Page 24: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

24

Die Entwicklung der Personalstruktur seit 1970 weist deutlich einen Trend zu höhe-ren Laufbahngruppen und innerhalb dieser Gruppen wiederum zu höheren Besol-dungs- und Vergütungsgruppen auf.

Im Jahre 1970 waren 21 725 Dienstkräfte (17,4 v. H. aller Stellen) dem höherenDienst zugeordnet. 1999 betrug der Anteil des höheren Dienstes jedoch mit 39 551Dienstkräften 22,1 v. H. der Gesamtstellenzahl. Der prozentuale Anteil des gehobe-nen Dienstes war mit 40,3 v. H. gegenüber 1970 (= 38,9 v. H.) gestiegen, allerdingswar er von Mitte der 70er- bis Mitte der 90er-Jahre auf 36 v. H. bis 37 v. H. gesun-ken. Die Anteile des mittleren und des einfachen Dienstes waren rückläufig, insbe-sondere seit 1995 im mittleren Dienst.

Die Ursache für den überproportionalen Zuwachs im höheren Dienst liegt überwie-gend in der Personalvermehrung in den Bereichen Hochschulen und Schulen (insbe-sondere Gymnasien und berufsbildende Schulen), in denen diese Laufbahngruppestark vertreten ist, ohne dass diese Beschäftigten stets Leitungsfunktionen ausüben.Aber auch in anderen Bereichen wurde der Anteil des höheren Dienstes wegen neu-er anspruchsvoller Aufgaben zum Teil erweitert. Die in den letzten Jahren zu ver-zeichnende Verschiebung von Anteilen des mittleren Dienstes in den gehobenenDienst dürfte insbesondere auf die so genannte zweigeteilte Laufbahn bei der Poli-zei zurückzuführen sein. Darüber hinaus sind im Zuge des allgemeinen Produktivi-tätsfortschritts in den Verwaltungen niedriger bewertete Tätigkeiten abgebaut wor-den.

Der Anteil der Beförderungsstellen innerhalb der einzelnen Laufbahngruppen hatsich ähnlich entwickelt. So gehörten im Jahre 1970 im höheren Dienst 88,8 v. H.aller Stellen zu den Bezügegruppen des Eingangs- und des ersten Beförderung-samts, im Jahre 1999 jedoch nur noch 69,5 v. H. Zurückzuführen ist dies im We-sentlichen auf die strukturellen Änderungen im Betrachtungszeitraum wie z. B. dieNeuordnung der Richter- und der Hochschullehrerbesoldung mit jeweils eigenenBesoldungsordnungen R und C. Entsprechendes gilt für die anderen Laufbahngrup-pen, z. B. aufgrund der verbesserten gesetzlichen Einstufung der Lehrer, des günsti-geren Stellenkegels und der zweigeteilten Laufbahn bei der Polizei, des ausgedehn-ten Bewährungsaufstiegs bei Angestellten und der verbesserten tariflichen Einstu-fung der Angestellten des technischen Dienstes.

Entwicklung der veranschlagten Stellen

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

70000

80000

1970 1975 1980 1985 1990 1996 1999

Höherer Dienst insg.

Gehob.Dienst insg.

Mittlerer Dienst insg.

Page 25: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

25

Die zunehmende Ausübung qualifizierterer oder höher bewerteter Tätigkeiten ist je-doch nicht nur im öffentlichen Dienst festzustellen. Die Tabelle 7 zeigt die Anzahlder auf die einzelnen Leistungsgruppen entfallenden Angestellten im produzieren-den Gewerbe, im Handel sowie im Bank- und Versicherungsgewerbe in den Jahren1966 und 1990.

Tabelle 7

Angestellte im produzierenden Gewerbe, Handel, Bank- und Versicherungsgewerbe nach Leistungs-gruppen

1966 1990Leistungsgruppe

Anzahl v. H. Anzahl v. H.

I 100.510 3,1 233.492 5,7

II 536.340 16,3 918.004 22,4

III 1.438.660 43,8 1.915.453 46,7

IV 1.040.300 31,7 917.635 22,4

V 169.170 5,1 115.401 2,8

Summe 3.284.980 100,0 4.099.984 100,0

Quelle: Gehalts- und Lohnstrukturerhebungen 1966 und 1990 (Statistische Jahrbücher 1969 und 1994)

Danach hat sich der Anteil der leitenden Angestellten mit voller Aufsichts- und Dis-positionsbefugnis (Leistungsgruppe I) von 3,1 v. H. im Jahre 1966 auf 5,7 v. H. imJahre 1990 erhöht. Der etwa vergleichbare Anteil des höheren Dienstes (Besoldungs-gruppen A 15, A 16, B 2 bis B 9, C 2 bis C 4, R 1 bis R 10, Vergütungsgruppen I, I a)in Niedersachsen belief sich 1970 auf 2,0 v. H. und 1990 auf 6,6 v. H.

Künftige Entwicklung der Personalausgaben und des Personalbestands

In seinem Beschluss über die Entlastung der Landesregierung für das Hj. 199615 hatder Landtag gefordert, dass das Land alle Anstrengungen unternimmt, um die Ver-schuldung abzubauen, mindestens aber die Nettoneuverschuldung Jahr für Jahr deut-lich reduziert. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn das Land auch seine Perso-nalausgaben als mit 44,6 v. H. dem größten Ausgabenblock erheblich verringert. DieLandesregierung hat zwar nach ihren Angaben16 durch Einsparbeschlüsse in den Jah-ren 1995 bis 1998 insgesamt 7 072 Stellen eingespart und will bis 2003 weitere5 527 Stellen abbauen. Sie will ferner durch die weitgehend eingeführte Personal-kostenbudgetierung das Ausgabevolumen besser steuern. Diese Bemühungen sind si-cher ein Schritt in die richtige Richtung; sie reichen aber zu einer nachhaltigen Kon-solidierung des Haushalts nicht aus. Zur künftigen Entwicklung der Personalausgabenund des Personalbestands sollten daher folgende Gesichtspunkte beachtet werden:

1. Die Bezüge des aktiven Personals und die Versorgungslasten lassen sich seitensdes Landes schon deshalb kaum beeinflussen, weil hierfür die Gesetzgebungs-kompetenz weitgehend beim Bund liegt. Dem Land können daher nur eine maß-volle Lohn- und Besoldungspolitik auf Bundesebene und Änderungen in den Re-gelungen der Versorgungsbezüge zugute kommen. Insbesondere dürften die inAussicht genommenen Änderungen in der Altersversorgung der gesetzlichen

15 Drs. 14/301, Nr. 6.16 Mipla 2000 bis 2004, S. 21.

Page 26: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

26

Rentenversicherung Folgerungen für die Versorgung der Beamten und die Alters-sicherung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst nach sich ziehen.

2. Eine Senkung der Personalausgaben ist deshalb wirksam und nachhaltig nur übereine Verringerung des aktiven Personals und durch Änderungen in der Stellen-und Vergütungsstruktur möglich. Hierfür muss das Einsparpotential konsequentermittelt und ausgeschöpft werden. Einmalige Aktionen und Einzelmaßnahmengenügen nicht, um die Personalausgaben nachhaltig und auch langfristig zu redu-zieren. Notwendig ist eine Konzeption sowohl für die einzelnen Aufgabenbereicheals auch für die gesamte Landesverwaltung, durch die die Maßnahmen jeweilssowohl sachlich als auch zeitlich aufeinander abgestimmt werden.

3. Bis zu einer gewissen Grenze können allgemeine Sparauflagen helfen, die alleRessorts gleichermaßen treffen. Hierin liegt zwar keine in der Sache wirklich ü-berzeugende Lösung; es sollte auch die Gefahr von Ungerechtigkeiten nicht unter-schätzt werden. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass eine allgemeine Sparauflageleichter durchzusetzen ist. Sie zwingt die betroffenen Ressorts auch stärker, eigen-verantwortlich in ihrem Bereich den Aufgabenbestand kritisch zu sichten und ggf.Schwerpunkte neu zu setzen.

4. Das Land wird darauf zu achten haben, dass auch in Zukunft das Rationalisie-rungspotential ausgeschöpft wird, welches sich aus der sich ständig verbesserndenLeistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnik und auch ausdem Einsatz der Neuen Steuerungsinstrumente in der öffentlichen Verwaltung er-geben. Die Rationalisierung der Verwaltung führt nur zu nennenswerten Einspa-rungen, wenn sie intensiv in allen Verwaltungszweigen und auf allen Ebenen be-trieben wird. Dieser Aufgabe sollten sich die Organisationsreferate/-dezernate derMinisterien und Mittelbehörden wieder verstärkt annehmen.

So wichtig in diesem Zusammenhang Leistungsanreize zur ökonomischen Steue-rung der Verwaltung sein werden, so darf dies andererseits nicht bedeuten, dassEffizienzgewinne allein genutzt werden, um das Leistungsangebot der öffentli-chen Verwaltung auszuweiten.

Soll über die Ausschöpfung der Rationalisierungsreserven hinaus Personal einge-spart werden, so ist dies nur möglich durch die Einschränkung staatlicher Leistun-gen, die dieses Personal gegenwärtig erbringt. Das gilt auch für die Leistungsbe-reiche, in denen der Personalbestand - wie sich aus den Tabellen 4 und 5 ergibt -überdurchschnittlich ausgeweitet worden ist, wie z. B. Schulen, Hochschulen undPolizei.

5. Die Einschränkung staatlicher Leistungen erfordert es, den Bestand der vom Landwahrgenommenen Aufgaben laufend auf den Prüfstand zu stellen. Ohne einegrundsätzliche Aufgabenkritik wird es nicht möglich sein, die Leistungen desLandes in Einklang mit seinen finanziellen Möglichkeiten zu halten. Das Landwird sich auf die Erfüllung seiner Kernaufgaben konzentrieren und prüfen müs-sen, ob einzelne Aufgaben ganz entfallen und dem Markt überlassen werden kön-nen oder ob es ausreicht, die Gewährleistung dafür zu übernehmen, dass be-stimmte Aufgaben im Rahmen vorgegebener Standards von Dritten erfüllt werden.Deshalb könnte und dürfte sich das Land seiner Verantwortung für die politischeGestaltung des öffentlichen Lebens aber nicht entziehen. Es kommt vielmehr dar-auf an, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Selbstverantwortung derBürgerinnen und Bürger des Landes, aber auch der Kommunen gestärkt wird.Wenn z. B. diskutiert wird, die Betreuung der Kinder und Jugendlichen auch imHinblick darauf auszuweiten, dass die Eltern ihre Lebens- und Berufsplanungverlässlich gestalten können, so wird das Land berücksichtigen dürfen, dass einesolche Betreuung auch in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Elternund Kommunen fällt. Ebenso sollte beispielsweise bedacht werden, dass eine

Page 27: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

27

Stärkung der Selbstverantwortung und Effizienz der Hochschulen bei gegebenemMitteleinsatz des Landes nur zu erreichen sein wird, wenn das Land Strukturent-scheidungen trifft und im Übrigen den Hochschulen auch die Freiheit eingeräumtwird, bisher erbrachte Leistungen unter Umständen einzustellen. So kann etwa ge-fragt werden, ob es sinnvoll ist, mehr als 630 Studiengänge vorzuhalten oder bei-spielsweise Architektur an sechs Hochschulen mit sieben Standorten und Bauin-genieurwesen an sechs Hochschulen mit acht Standorten zu lehren.

6. Ferner sind die Verwaltungsbereiche zu identifizieren, in denen Änderungen imAufgabenbestand oder die nachlassende Nachfrage an Dienstleistungen Einspa-rungen im Personalbereich nahe legen. Es kommt vor allem darauf an zu vermei-den, dass aktuelle Entwicklungen zu nicht mehr umkehrbaren Strukturentschei-dungen führen. Beispielhaft sei hier der Schulbereich angesprochen. Zwar werdendie Schülerzahlen noch bis zum Jahre 2004 auf etwa 993 000 Schüler ansteigenund deshalb zu Diskussionen über den Stand der Unterrichtsversorgung führen.Danach fallen die Schülerzahlen jedoch stetig bis auf etwa 772 000 Schüler imJahr 2023 ab. Wird die gegenwärtige Relation von 17 Schülern auf eine Vollzeit-lehrereinheit beibehalten, so kann das Lehrpersonal etwa ab dem Jahr 2010 ver-ringert werden. Bis zum Jahre 2025 ließen sich nach ersten Berechnungen desLRH fast 9 000 Lehrkräfte, das sind 15 v. H. der gegenwärtigen Vollzeitlehrerein-heiten, einsparen. Würde auf die noch steigenden Schülerzahlen nicht mit zusätz-lichen Einstellungen reagiert, so würde sich die Schüler-Lehrer-Relation bis zumJahre 2004 geringfügig auf 17,4 verschlechtern. Unter dieser Voraussetzung lie-ßen sich dann bereits ab dem Jahre 2007 insgesamt 12 000 Lehrkräfte einsparen.Hingegen würde eine Verbesserung dieser Relation auf 14,4 nach dem imJahr 1990 erreichten günstigsten Stand demgegenüber einen Mehrbedarf von10 000 Lehrkräften begründen, was den Landeshaushalt mit 1,5 Milliarden DMjährlich zusätzlich belasten und eine Einsparung wegen der sinkenden Schüler-zahlen erst ab dem Jahr 2018 und dies auch nur in einem Umfang von3 000 Stellen ermöglichen würde. Dieses Beispiel zeigt die Notwendigkeit, Ein-sparungspotentiale zu identifizieren und Fachpolitik im Rahmen der finanziellenLeistungsfähigkeit des Landes zu steuern.

V. Bemerkungen gemäß § 97 Abs. 2 Nrn. 2 bis 4 LHO

1. Einzelplan 04 - Finanzministerium

Kapitel 04 06 - Finanzämter

Kontrollprüfung bei mehreren Finanzämtern

Einige Finanzämter haben aus Prüfungsbeanstandungen des LRH nicht immerdie erforderlichen Folgerungen gezogen.

In den vergangenen Jahren stellte der LRH bei der Prüfung von Finanzämtern immerwieder Mängel fest, die er schon bei der jeweils vorangegangenen Prüfung dieserÄmter beanstandet hatte. Er kontrollierte deshalb im letzten Jahr bei drei von ihmzwischen 1995 und 1996 geprüften Finanzämtern, ob diese aus den Prüfungsfeststel-lungen die erforderlichen Folgerungen gezogen hatten.

Page 28: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

28

Feststellungen

Bei den vorangegangenen Prüfungen hatte der LRH die geprüften Finanzämter in un-terschiedlichem Umfang auf Mängel hingewiesen und gebeten, diese durch personelleund organisatorische sowie dienstaufsichtliche Maßnahmen zu beseitigen. Zu diesenMängeln gehörten u. a.

– Verzögerungen bei Steuerfestsetzungen, insbesondere in Fällen mit hohen Ab-schlusszahlungen,

– unzureichende Arbeitsleistungen im Betriebsprüfungsdienst und die dadurch mitverursachten hohen Prüfungsrückstände,

– die bei Außenprüfungen zu seltene Fertigung von Kontrollmitteilungen und diemangelnde Auswertung von Kontrollmaterial,

– hohe Prüfungsrückstände bei der Lohnsteueraußenprüfung,

– die nicht zeit- und sachgerechte Einziehung von Steuerrückständen.

Dadurch wurden Steuern nicht oder verspätet erhoben und womöglich auch Steuer-verkürzungen nicht aufgedeckt.

Die Kontrollprüfung des LRH ergab, dass die aufgezeigten Mängel auch nach mehre-ren Jahren noch nicht abgestellt waren. So wurden bei zwei Finanzämtern wiederumverzögerte Steuerfestsetzungen und bei einem dieser Finanzämter auch Mängel beider Einziehung von Steuerrückständen festgestellt. Zwei Finanzämter setzten im Be-triebsprüfungsdienst erneut mehrere Prüfer mit unzureichenden Arbeitsleistungen ein.Darüber hinaus bestanden bei einem dieser Finanzämter wiederum hohe Prüfungs-rückstände bei der Lohnsteueraußenprüfung sowie Mängel bei der Fertigung undAuswertung von Kontrollmaterial.

Der LRH hat nachdrücklich gefordert, aus seinen Prüfungsfeststellungen nunmehr dienotwendigen Folgerungen zu ziehen. Die Verwaltung hat inzwischen verschiedenepersonelle und organisatorische sowie dienstaufsichtliche Maßnahmen veranlasst,wodurch bereits ein erheblicher Teil der Mängel abgestellt werden konnte. Sie willkünftig bei eigenen Prüfungen verstärkt kontrollieren, ob die Prüfungsfeststellungendes LRH beachtet werden.

Würdigung

Die bei der Kontrollprüfung festgestellte fehlende Beachtung von Prüfungsfeststel-lungen des LRH ist nicht hinnehmbar. Besonders kritikwürdig ist, dass die Führungs-kräfte der geprüften Finanzämter im Rahmen ihrer Dienst- und Fachaufsicht nicht ge-nügend auf eine Beseitigung der beanstandeten Mängel hingewirkt haben. Der LRHerwartet, dass durch die von der Verwaltung inzwischen eingeleiteten Maßnahmen,insbesondere auch durch eigene Kontrollprüfungen, die Beachtung seiner Prüfungs-feststellungen sichergestellt und der Wahrnehmung von Führungsaufgaben angemes-sene Bedeutung eingeräumt wird.

Page 29: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

29

2. Einzelplan 06 - Ministerium für Wissenschaft und Kultur

Kapitel 06 08 - Förderung der Wissenschaft allgemein

Vertragliche Förderung der nach dem Niedersächsischen Erwachsenenbildungs-gesetz finanzhilfeberechtigten Landeseinrichtungen

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat mit den Landeseinrichtungender Erwachsenenbildung eine Vereinbarung über die Gewährung von Finanz-hilfen getroffen, die zum Teil den Intentionen des Niedersächsischen Erwach-senenbildungsgesetzes zuwiderläuft und den künftigen Entscheidungsspiel-raum des Haushaltsgesetzgebers unnötig einengt.

Allgemeines

Gemäß §§ 2, 4 und 5 des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes (NEBG)vom 17.12.1999 (Nds. GVBl. S. 430) erhalten die so genannten Landeseinrichtungender Erwachsenenbildung Finanzhilfen des Landes nach Maßgabe der jährlichen Fest-setzungen im Haushaltsplan. Die Landeseinrichtungen haben diese Mittel für ihreBildungsarbeit zu verwenden. Eine weitergehende Zweckbindung hat der Gesetzgeberbewusst vermieden und den Einrichtungen damit die Möglichkeit eröffnet, in eigenerKompetenz über den Einsatz der Mittel für Personal- oder Sachaufwand zu verfügen.Die Finanzhilfen sind ausschließlich auf der Grundlage des Arbeitsumfangs der Lan-deseinrichtungen zu ermitteln. Die noch nach §§ 5 und 6 des bis zum 31.12.1999 gel-tenden Gesetzes zur Förderung der Erwachsenenbildung (EBG) vorgesehene Förde-rung der Landeseinrichtungen durch Personalkostenzuschüsse sowie durch allgemeineFinanzhilfen, die personalbezogene Pauschbeträge und maßnahmebezogene Förder-beträge umfassten, hat der Gesetzgeber mit dem am 01.01.2000 in Kraft getretenenNEBG aufgegeben. Zwischen 1996 und 1999 lag die Finanzhilfe insgesamt konstantbei etwa 100 Millionen DM. Die Kostensteigerungen im Personalbereich wurdendurch Erhöhung der Personalkostenzuschüsse zu Lasten der allgemeinen Finanzhilfeaufgefangen.

Finanzhilfevereinbarung

Gemäß § 5 Abs. 2 NEBG soll das Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit allenfinanzhilfeberechtigten Einrichtungen eine Finanzhilfe in festen Anteilen des Ge-samtansatzes für die Förderung der Landeseinrichtungen für bis zu fünf Jahre verein-baren, wenn in dieser Vereinbarung für jede Landeseinrichtung der Mindestarbeits-umfang

a) der gesamten berücksichtigungsfähigen Bildungsmaßnahmen,

b) der gemeinwohlorientierten Bildungsmaßnahmen,

c) der Bildungsmaßnahmen von längerer Dauer und

d) der Bildungsmaßnahmen, die durch das besondere Profil der Einrichtung bestimmtsind,

für denselben Zeitraum festgelegt wird.

Eine solche Vereinbarung hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit allenfinanzhilfeberechtigten Landeseinrichtungen am 07.06.2000 geschlossen. In § 1Abs. 1 dieser Vereinbarung ist für jede Landeseinrichtung der Mindestarbeitsumfangder genannten Bildungsmaßnahmen festgelegt worden. § 3 Abs. 1 der Vereinbarung

Page 30: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

30

enthält den unter Haushaltsvorbehalt stehenden Gesamtbetrag, den das Land den Lan-deseinrichtungen jährlich als Finanzhilfe gewährt. Er beträgt 32 676 100 DM. DieVereinbarung ist bis zum 31.12.2004 befristet. Sie ist nicht kündbar.

§ 1 Abs. 3 der Vereinbarung enthält folgende Regelung:

„Der Mindestarbeitsumfang nach Abs. 1 wird neu geregelt, wenn eine notwen-dige jährliche Erhöhung (Personalkosten der Landeseinrichtungen) des Betragsnach § 3 Abs. 1 nicht gewährt wird.“

Kritik des LRH

Der LRH hält die „Nachverhandlungsklausel“ des § 1 Abs. 3 der Vereinbarung fürnicht vereinbar mit Grundintentionen, die den Gesetzgeber zu der Regelung des § 5Abs. 2 NEBG bewogen haben. Er hatte die ersatzlose Streichung dieser Abrede ge-fordert.

Zweck des § 5 Abs. 2 NEBG ist es nämlich, von der jährlichen Ermittlung und Zu-weisung der Finanzhilfen aufgrund sich ändernder tatsächlicher Umstände abzusehen.Vielmehr sollen den Landeseinrichtungen die Finanzhilfen für einen bestimmten,längstens fünf Jahre dauernden Zeitraum in festen Anteilen zufließen und so den Fi-nanzhilfeempfängern mittelfristig Planungssicherheit gegeben werden. Die „Gegen-leistung“ der Landeseinrichtungen soll in der Zusicherung eines Mindestarbeitsum-fangs hinsichtlich bestimmter Bildungsmaßnahmen für die Geltungsdauer der Verein-barung bestehen.

Ein solches Finanzhilfesystem setzt voraus, dass die Landeseinrichtungen ihre Min-destarbeitsumfänge in Kenntnis der im Haushaltsplan des Landes für das Basis-jahr 2000 veranschlagten Mittel, der Ansätze der Mittelfristigen Planung für die fol-genden Jahre und der sonst für ihren Arbeitsumfang maßgebenden Faktoren (z. B.Personal- und Sachkosten- sowie Teilnahmegebührenentwicklung) kalkulieren, undzwar auch unter Berücksichtigung eventueller allgemeiner und tariflicher Kostenstei-gerungen. Die Landeseinrichtungen konnten danach die als Gegenleistung zu erbrin-genden Mindestarbeitsumfänge entsprechend gestalten und vorhersehbare Verände-rungen, wie sie z. B. Personalkostensteigerungen aufgrund von Tarifveränderungenüblicherweise darstellen, in ihre Kalkulation einstellen.

Für die „Nachverhandlungsklausel“ des § 1 Abs. 3 der Vereinbarung, die den Lan-deseinrichtungen im Hinblick auf deren künftige Personalkostenentwicklung entwe-der eine jährliche Erhöhung der Finanzhilfe oder aber - bei deren Ausbleiben - eineVerringerung der Mindestarbeitsumfänge signalisiert, bestand hingegen kein Anlass.Nach den gleichbleibenden Ansätzen der Mittelfristigen Planung für die Jahre 1999bis 2003 (jeweils 97,8 Millionen DM) wird eine „notwendige jährliche Erhöhung“ derFinanzhilfe in den Planungsjahren voraussichtlich auch nicht zu realisieren sein. Dadies bereits beim Abschluss der Vereinbarung am 07.06.2000 bekannt war, musstendie Vertragsparteien diese Vorgaben von vornherein bei der Kalkulation der Mindest-arbeitsumfänge berücksichtigen.

Ungeklärt ist im Übrigen, nach welchen Kriterien sich die „Notwendigkeit“ einer andie Personalkostenentwicklung der Landeseinrichtungen anknüpfenden jährlichen Er-höhung der Finanzhilfe bestimmt. Völlig offen ist auch, in welcher Weise künftigePersonalkostenveränderungen die Mindestarbeitsumfänge beeinflussen sollen, da dieFinanzhilfe gerade nicht mehr auf Personalkosten abstellt.

Page 31: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

31

Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium ist den Bedenken des LRH nicht gefolgt und hat die Vereinbarunginsoweit unverändert geschlossen. Es hat darauf hingewiesen, dass die von den Lan-deseinrichtungen zu erbringenden Mindestarbeitsumfänge im Gegensatz zu der Fi-nanzhilfe des Landes nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen, und darauf verwiesen,dass in der Vergangenheit die Notwendigkeit einer jährlichen Tarifanpassung der ent-sprechenden Haushaltsansätze im Bereich der Erwachsenenbildung nicht bestrittenworden sei. Da die Finanzhilfen des Landes in den geförderten Einrichtungen auchkünftig vornehmlich zur Finanzierung des hauptberuflichen Personals verwendetwürden, sei die Annahme nicht unbegründet, dass der Haushaltsgesetzgeber bei sei-nen künftigen Entscheidungen diesen Aspekt zur Gewährleistung von Planungssi-cherheit in der Erwachsenenbildung berücksichtigen werde. Andernfalls sei es im In-teresse eines fairen Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien naheliegend,die Mindestarbeitsumfänge für den Fall neu zu bestimmen, dass sich die Kosten, ins-besondere durch Umstände, die von den Parteien nicht steuerbar und nicht zu vertre-ten seien (z. B. Tarifsteigerungen), erhöhten. Der Umfang der jährlich „notwendigen“Anpassung der Finanzhilfe sei zwischen den Vertragsparteien auszuhandeln.

Würdigung

Das Ministerium verkennt, dass mit der Neuregelung der Finanzhilfe und dem damitverbundenen Verzicht des Gesetzgebers auf Personalkostenzuschüsse und personal-bezogene Pauschbeträge sowie maßnahmebezogene Förderbeträge gerade auf solcheRegelungen verzichtet wurde, die den Haushaltsgesetzgeber zwingen, Finanzhilfe-mittel jährlich und in Anlehnung an die Personalkostenentwicklung der Landesein-richtungen zu steigern. Dies schließt solche haushaltsgesetzgeberischen Entscheidun-gen zwar nicht aus. Es rechtfertigt jedoch nicht die vom Ministerium vereinbarteNachverhandlungsklausel, die eine Fortgeltung der personalkostenbezogenen Förde-rung der Landeseinrichtungen und eine grundsätzliche Bereitschaft des Haushaltsge-setzgebers suggeriert, im Gegensatz zur Praxis der letzten Jahre künftigen Personal-kostensteigerungen durch eine fortwährende Aufstockung der Finanzhilfe zu entspre-chen. Die vom Gesetzgeber angestrebte Planungssicherheit sowohl für die Landesein-richtungen als auch für das Land würde damit gerade nicht erreicht.

Es ist auch keineswegs unfair, auf die Einhaltung eines Vertrags zu bestehen, der inKenntnis der Mittelfristigen Finanzplanung des Landes geschlossen wird.

Das Ministerium hat mit der Vereinbarung der Nachverhandlungsklausel sowohl dieRechtsposition des Landes als auch den politischen Entscheidungsspielraum desHaushaltsgesetzgebers zu Lasten künftiger Haushaltsjahre geschwächt.

Der LRH erwartet, dass seine Erwägungen bei einer Fortschreibung der Vereinbarungüber den 31.12.2004 hinaus berücksichtigt werden.

Page 32: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

32

3. Einzelplan 06 - Ministerium für Wissenschaft und Kultur

Kapitel 06 09 - Zusätzliche Förderung von Wissenschaft undTechnik in Forschung und Lehre

Unzulässige Förderung einer von Professoren in Nebentätigkeit betriebenen undam Markt erfolgreichen Gesellschaft

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur förderte über einen Zeitraumvon fünf Jahren mit Mitteln des so genannten Niedersächsischen Vorab derVolkswagen-Stiftung eine überwiegend Beratungsleistungen erbringendeGesellschaft mit beschränkter Haftung. Dabei konnte die Zuwendung ihrenZweck, die Aufbauphase der Gesellschaft zu unterstützen, von vornherein nichterreichen, weil die GmbH ihre Tätigkeit schon viel früher und unabhängig vonder Förderung aufgenommen hatte. Außerdem ist zumindest zweifelhaft, ob dieFörderung der GmbH mit dem Satzungszweck der Volkswagen-Stiftung zuvereinbaren ist.

Die von der GmbH mit einer Fachhochschule vereinbarte Kooperation verliefeinseitig zu Gunsten der GmbH. Das für die GmbH tätige Personal wurdesogar in den Landesdienst eingestellt. Die Fachhochschule hatte zudem keinenÜberblick, in welchem Ausmaß die GmbH die Ressourcen der Fachhochschulenutzte.

Während des Förderzeitraums zahlte die GmbH ihren Abteilungsleitern, diehauptberuflich an einer Fachhochschule tätig sind und die mit der GmbHzudem teils persönlich, teils über ihre Ehefrauen als Gesellschafter verbundensind, Honorare. Diese Honorare reichten im Zuwendungszeitraum mit über1,3 Millionen DM an die Gesamtzuwendungen des Landes heran.

Allgemeines

Die GmbH ist ein überwiegend in der Beratung von Betrieben tätiges, nicht ge-meinnütziges Unternehmen, das von Mitte 1995 bis Mitte 2000 mit Zuwendungendes Landes institutionell gefördert wurde. Das Unternehmen wurde im Jahr 1990auf Initiative des Professors A der Fachhochschule F mit kommunalen Gesellschaf-tern als GmbH gegründet. Bereits damals gab es zunächst im Wirtschaftsministeri-um Bestrebungen, dieses Unternehmen mit Mitteln der Strukturhilfe zu fördern. Mitdem Rückzug des Bundes aus der Strukturhilfe im Jahre 1992 wurde diese Planungjedoch hinfällig. Nunmehr wandte sich die GmbH an das Ministerium für Wissen-schaft und Kultur, um stattdessen aus den Mitteln gefördert zu werden, die das Landaus dem Niedersächsischen Vorab der Volkswagen-Stiftung (VW-Vorab) für Zwe-cke der Wissenschaftsförderung zuwendet.

Struktur der GmbH

Im operativen Bereich gliedert sich die GmbH in drei Abteilungen. Kern des Unter-nehmens ist die Abteilung „Materialfluss, Logistik und Expertensysteme“, die vonProfessor A, der zugleich Geschäftsführer der GmbH ist, geleitet wird. Außerdemgibt es die beiden Abteilungen „Qualitäts- und Umwelttechnologie“ und „Compu-tersimulation“. Die Abteilungen entsprechen den Arbeitsschwerpunkten der dreiProfessoren A, B und C. Die Arbeit der Abteilungen ist in der Weise organisiert,dass die Professoren A, B und C Projekte für die GmbH einwerben, die jeder in sei-nem Bereich selbständig durchführt. Alle drei Professoren sind hauptamtlich an derFachhochschule F und in Nebentätigkeit für die GmbH tätig.

Page 33: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

33

Das Tätigkeitsfeld „Expertensysteme“ wurde Ende der 80er-Jahre als zukunftswei-send angesehen und war deshalb Schwerpunkt der ursprünglich angestrebten Förde-rung aus den Strukturhilfemitteln. Auch in dem Antrag auf Förderung aus dem VW-Vorab war dieses Gebiet noch enthalten. Tatsächlich wurde in diesem Bereich bisheute keine nennenswerte Aktivität entfaltet. Zwischenzeitliche Bemühungen derGmbH, für den Bereich Expertensysteme eine eigene vierte Abteilung unter der Lei-tung eines Professors zu etablieren, scheiterten nach zweijähriger Dauer im Som-mer 2000. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der GmbH lag deshalb stets imBereich der Beratung zu Fragen des Materialflusses und der Logistik.

Nachdem die beteiligten Kommunen wegen der gescheiterten Förderung aus Struk-turhilfemitteln als Gesellschafter ausgeschieden waren, gingen die Gesellschaftsan-teile zunächst auf eine in kommunaler Trägerschaft befindliche Verwaltungsgesell-schaft und die drei als Abteilungsleiter tätigen Professoren über. Mit dem Ausschei-den der Verwaltungsgesellschaft und der Professoren A und B traten dann deren Ehe-frauen neben dem Professor C als Gesellschafter ein.

Förderung

Nachdem das Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Entscheidung zur Förde-rung der GmbH getroffen und für die angenommene fünfjährige Aufbauphase einenFinanzierungsbedarf von insgesamt 1,5 Millionen DM anerkannt hatte, erhielt dieGmbH in dieser Höhe befristet für die Zeit von Mitte 1995 bis Mitte 2000 jährlicheZuwendungen aus Mitteln des VW-Vorab. Zur Entlastung des VW-Vorab war eineanteilige Förderung aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklunggeplant, die jedoch nur in den Jahren 1995 und 1996 mit einem Finanzierungsanteilvon 202 500 DM realisiert wurde.

Die GmbH hätte jedoch nicht gefördert werden dürfen, weil die Gewährung der Zu-wendungen nicht dem Zuwendungsrecht entsprach.

Zuwendungen dienen dazu, einen bestimmten, im Landesinteresse liegenden Zweckin der Zukunft zu erreichen (§§ 23, 44 LHO). Bei der GmbH konnten die Landeszu-wendungen den angestrebten Zweck, ein im Bereich des Technologietransfersoperierendes Unternehmen aufzubauen, jedoch von vornherein nicht erfüllen. Der ge-schäftsführende Professor A der GmbH hatte nämlich schon seit mindestens Anfangder 90er-Jahre in nennenswertem Umfang im Namen der GmbH in den BereichenMaterialfluss und Logistik Beratungsleistungen für Unternehmen aus der Region er-bracht, die auch nach der im Juli 1995 einsetzenden Landesförderung dem Kunden-stamm der GmbH angehörten. Der Förderantrag widersprach insoweit den tatsächli-chen Gegebenheiten, denn er erweckte den Eindruck, die Gesellschaft beginne- aufbauend auf bereits geleisteten Vorarbeiten - „bei Null“.

Außerdem ist zumindest zweifelhaft, ob die Förderung der GmbH mit den satzungs-mäßigen Vorgaben der Volkswagen-Stiftung für die Verwendung der Mittel des VW-Vorab im Einklang stand, weil der Zweck der Volkswagen-Stiftung nur auf die Förde-rung von Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre gerichtet ist. Die GmbHerbrachte jedoch ganz überwiegend Beratungs-, Informations- und ähnliche Leistun-gen, sodass ihr in weiten Teilen der Charakter einer Forschungseinrichtung fehlte.

Die Kooperation mit der Fachhochschule

Die Fachhochschule F, deren Fachbereich Transport- und Verkehrswesen direkt anden von der GmbH gemieteten Gebäudeteil anschließt, hat der GmbH den Status ei-nes An-Instituts im Sinne des § 112 Niedersächsisches Hochschulgesetz zuerkannt.

Page 34: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

34

Dem LRH ist allerdings nicht ersichtlich, welche Gründe zu der Anerkennung geführthaben.

In einem Kooperationsvertrag, in dem sich beide Einrichtungen gegenseitig die Nut-zung von Räumen und Geräten einräumten, wurde geregelt, dass die GmbH denLeistungsaustausch durch eine jährliche Aufstellung zu dokumentieren hat, die derBestätigung durch die Fachhochschule bedarf. Außerdem legte die Vereinbarung fest,dass sich die Höhe der Nutzungsentgelte für die Inanspruchnahme von Personal, Ge-räten und Räumen nach einem Runderlass des Ministeriums für Wissenschaft undKultur17 richtet.

Tatsächlich erbrachte jedoch, soweit der LRH dies feststellen konnte, allein die Fach-hochschule Leistungen für die GmbH. So bediente sich die GmbH für ihre Personal-bewirtschaftung des Personaldezernats der Fachhochschule, ohne hierfür eine Vergü-tung zu entrichten. Die Fachhochschule stellte das für die GmbH tätige Personal sogarrechtswidrigerweise als so genanntes Drittmittelpersonal der Hochschule in den Lan-desdienst ein. Die GmbH erstattete zwar dem Land - häufig verspätet - diese Perso-nalkosten. Dies ändert aber nichts daran, dass die Hochschule und damit das Land in-soweit das Risiko einer Insolvenz der GmbH und vor allem die arbeitsrechtlichen Ri-siken trug, die in der Begründung etwaiger Dauerarbeitsverhältnisse mit der damitverbundenen Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung dieses Personals liegen.

Wie der LRH aufgrund der zuwendungsrechtlichen Prüfung feststellen konnte, griffdie GmbH auch ansonsten auf Ressourcen der Fachhochschule zurück, ohne hierfürein Nutzungsentgelt zu entrichten. So nutzte die GmbH verschiedenes Mobiliar derFachhochschule und nahm im Rahmen der Internet-Nutzung Leistungen des Rechen-zentrums der Fachhochschule in Anspruch. Außerdem vermietete die GmbH mehr-fach einen im Eigentum der Fachhochschule stehenden Rollenprüfstand an Dritte,leitete das erhaltene Entgelt jedoch nicht an die Fachhochschule weiter. Der in derKooperationsvereinbarung festgelegten Verpflichtung zur Anfertigung einer Aufstel-lung der in Anspruch genommenen Leistungen ist die GmbH nie nachgekommen.

Die Honorarzahlungen der GmbH

Die Abteilungsleiter durften nach ihren Nebentätigkeitsgenehmigungen - sofern dieseüberhaupt vorlagen - meist nur zwei Stunden in der Woche für die GmbH tätig wer-den. Sie hatten mit der GmbH für die Vergütung ihrer Leistungen als Projektleiter ei-ne Rahmenvereinbarung getroffen, kraft derer sie auf der Basis eines Stundensatzessowie einer Pauschale für Anfahrtzeiten, Fahrtkosten, Versicherungen etc. entlohntwurden. In der Praxis zahlte die GmbH den Abteilungsleitern für die Abwicklung ei-nes Projekts jedoch ein bestimmtes - häufig pauschales - Honorar, dessen Kalkulationden Honorarabrechnungen nicht zu entnehmen war und das vom LRH auch sonstnicht nachvollzogen werden konnte. Die von der GmbH an seine Abteilungsleiter ge-leisteten Honorarzahlungen summierten sich während des Zeitraums der institutio-nellen Förderung durch das Land auf einen Betrag von mehr als 1,3 Millionen DMund erreichten damit nahezu die Höhe der insgesamt ausgezahlten Zuwendungen.

Wegen der Honorarzahlungen erzielte die GmbH keine nennenswerten Gewinne.Deshalb kam es nicht zur Rückzahlung von Zuwendungsmitteln. Seitens der an sichauf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaft dürfte schon deshalb kein Interessean einem anderen Geschäftsgebaren bestanden haben, weil die Abteilungsleiter überdiese Funktion hinaus der GmbH eng verbunden waren. Die Ehefrau des Geschäfts-führers und Abteilungsleiters Professor A, die Ehefrau des Abteilungsleiters Profes-sor B sowie der Abteilungsleiter Professor C sind nämlich Gesellschafter der GmbH.Im Grunde dürfte die GmbH jedoch in der Lage gewesen sein, ihren Finanzbedarf aus

17 Runderlass des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 05.10.1987 (Nds. MBl. S. 1041).

Page 35: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

35

eigener Kraft zu bestreiten. Auch deshalb vermag der LRH die Berechtigung der Zu-wendung nicht zu erkennen.

4. Einzelplan 07 - Kultusministerium (seit 01.01.2001 Ministerium fürFrauen, Arbeit und Soziales)

Kapitel 07 72 - Jugendhilfe

Förderung einer überregionalen Jugendbildungseinrichtung - Ministeriumverzögert jahrelang Entscheidungen

Die Landesregierung hat auch acht Jahre nach einer Prüfung der Förderungeiner überregionalen Jugendbildungseinrichtung durch den LRH noch nichtdie dringend gebotenen Konsequenzen daraus gezogen. Sie hat zwar vor fünfJahren dem Landtag zugesagt, die erheblichen Mängel der Förderungabzustellen, diese Absicht aber bisher nicht verwirklicht. Dadurch entstehtdem Land jährlich ein erheblicher finanzieller Nachteil.

Der LRH hatte im Jahre 1992 eine überregionale Jugendbildungseinrichtung geprüft.Sie wurde im Rahmen einer institutionellen Fehlbedarfsfinanzierung vom Land mitrd. 800 000 DM jährlich gefördert. Der LRH hat darüber dem Landtag 1993(Drs. 12/4820, Abschnitt V, Nr. 35, „Zweckwidrige Förderung einer Jugendbildungs-einrichtung“) berichtet. Insbesondere

– waren die Übernachtungs- und Verpflegungskapazitäten nur zur Hälfte ausgelas-tet,

– waren die durchgeführten Seminare nur zu einem Drittel Eigenseminare, an denenzudem relativ wenige junge Menschen aus Niedersachsen teilnahmen; bei vielenSeminaren war auch zweifelhaft, ob es sich um außerschulische Jugendarbeit han-delte,

– entfielen zwei Drittel der Seminare auf Gastseminare, für die lediglich die Infra-struktur der Einrichtung genutzt wurde, die jedoch mit mehreren 100 000 DM ausder Landeszuwendung mitfinanziert wurden,

– kamen 1991 rd. 42 v. H. aller die Einrichtung besuchenden Teilnehmer aus demLand Bremen, das jedoch nicht einen den tatsächlichen Verhältnissen entspre-chenden Finanzierungsanteil von rd. 360 000 DM jährlich, sondern lediglich31 000 DM zahlte.

Der LRH hatte eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Dazu gehörte neben einerhöheren Finanzbeteiligung Bremens auch, dass das Land in Anbetracht des sehr ge-ringen Umfangs der allein förderungswürdigen außerschulischen Jugendarbeit künftignur diese förderungsfähigen Seminare als Projekte mitfinanzieren sollte.

Der Landtag hatte daraufhin am 06.10.1993 aufgrund der Beschlussempfehlung desAusschusses für Haushalt und Finanzen (Drs. 12/5384, Nr. 47) bedauert, „dass dieJugendbildungseinrichtung nicht in einem dem Zuwendungszweck entsprechendenUmfang genutzt wird“. Er erwartete von der Landesregierung, „dass sie entweder füreine angemessene Auslastung durch Seminare der außerschulischen Jugendbildungund eine erheblich höhere Finanzbeteiligung des Landes Bremen sorgt oder die För-derung der Einrichtung auf die aus Landessicht förderungswürdigen Projekte be-schränkt“.

Page 36: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

36

Die Landesregierung wies in ihrer ersten Antwort vom 07.02.1995 (Drs. 13/806,S. 13) u. a. darauf hin, dass das Land Bremen nicht zu höheren Finanzbeiträgen bereitsei. Sie ergänzte am 04.11.1996 „abschließend“ (Drs. 13/2415, S. 14), dass beabsich-tigt sei, vom Hj. 1997 an Landeszuwendungen im Rahmen von Projektförderungen zugewähren. „Dabei soll für Jugendbildungsveranstaltungen im Sinne des Jugendförde-rungsgesetzes ein fester Betrag pro Tag und Teilnehmer zugrunde gelegt werden. DieHöhe der Zuwendung wird künftig abhängig sein von der Anzahl der im Landesinte-resse liegenden Seminare und deren Teilnehmerzahl.“ Daraufhin hat der LRH denJahresberichtsbeitrag für erledigt erklärt. Das Prüfungsverfahren sollte nach Verwirk-lichung der Ankündigung abgeschlossen werden.

Die Verwirklichung steht jedoch acht Jahre nach der Prüfung und fünf Jahre nach derpositiven Antwort der Landesregierung an den Landtag immer noch aus. Zwar ist ein„Projekt“ gebildet worden, dieses umfasst allerdings die gesamten Personalkosten derEinrichtung. Dadurch ist die jährliche Landesförderung inzwischen auf fast1 Million DM angewachsen. Entgegen der Antwort der Landesregierung wird wederein fester Betrag pro Tag und Teilnehmer zugrunde gelegt, noch wird die Förderungauf die im Landesinteresse liegenden Seminare und deren Teilnehmer begrenzt.

Vielmehr hat das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales mitgeteilt, im noch bisEnde des Jahres 2000 zuständigen Kultusministerium sei eine Konzeption zur Förde-rung von „Jugendbildungsakademien“ erarbeitet worden. Sie geht zurück auf das Er-gebnis einer Arbeitsgruppe, an der die Leitung der geförderten Einrichtung beteiligtwar. Danach sollen die bisherigen Zuwendungsmittel für die Einrichtung in der vollenHöhe von 1 Million DM erhalten und auf die fortgesetzte Förderung überverbandli-cher Jugendbildung sowie die neue Förderung einer „Landesjugendakademie“ verteiltwerden. Für letztere sind Projektbeschreibungen und Leistungsvereinbarungen mitjeweils pauschalen Mitteln für Stammkräfte und Veranstaltungen geplant. EndgültigeEntscheidungen über die künftigen Förderungswege stehen noch aus.

Mit der vom LRH geforderten Begrenzung der Landesförderung auf die im Landes-interesse liegende außerschulische Jugendbildung ließen sich jährlich Einsparungenvon mehreren Hunderttausend Mark erzielen. Das beabsichtigte neue Verfahren läuftnach den dem LRH zugeleiteten Unterlagen darauf hinaus, der Einrichtung die Zu-wendungsmittel in der bisherigen Höhe zu sichern. Zumindest dürften die beabsich-tigten Änderungen im Einspareffekt weit hinter der Ankündigung der Landesregie-rung von 1996 zurückbleiben. Das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales solltedaher zunächst umgehend die Ankündigungen von 1996 umsetzen. Wenn danach an-gesichts der Finanzlage des Landes überhaupt an neue Aufgaben gedacht werdenkönnte, müsste deren Bedarf zwingend begründet und ihre Finanzierung auf Dauer si-chergestellt werden. Dabei müssten außerdem andere Anbieter einbezogen werden;die Finanzierungsweise wäre mit dem LRH abzustimmen.

5. Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

Kapitel 08 04 - Bewilligungen für Institutionen im Bereichder wirtschaftsnahen Forschung

Mangelhafte Umsetzung eines Förderkonzepts

Das Land förderte in den Jahren 1990 bis 1999 den Aufbau einerUnternehmensgruppe im Bereich der Mikroelektronik mit rd. 240 Millio-nen DM. Dabei ließ es Strukturen zu, die schwer zu durchschauen und zusteuern waren. Mahnende Hinweise eines Gutachters aus dem Jahr 1994wurden erst beachtet, nachdem 1997 eine zum Unternehmensverbundgehörende Gesellschaft in akute Zahlungsschwierigkeiten geraten war.

Page 37: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

37

Unwirtschaftliches Verhalten, unzureichende Antragsprüfungen undmangelnde Erfolgskontrollen der zuständigen Behörden waren Ursachendafür, dass dem hohen finanziellen Engagement des Landes nach zehn Jahrennur Werte von rd. 12 Millionen DM gegenüberstanden.

Förderkonzept

Zur Förderung der Mikroelektronik sah ein in Abstimmung mit dem Bund entworfe-nes Förderkonzept aus dem Jahr 1990 vor, eine Industrie-Gesellschaft für die Ent-wicklung, den Aufbau und die Vermarktung mikroelektronischer Produkte und eineweitere Gesellschaft für die Beschaffung und Bereitstellung des Anlagevermögens zugründen. Die Beschaffungen sollten aus Strukturhilfemitteln finanziert werden. Fürdie Anlagen-Gesellschaft war eine institutionelle Förderung vorgesehen. AlleinigeGesellschafterin der Anlagen-Gesellschaft sollte ein öffentlich-rechtliches Kreditin-stitut sein. Die anfangs ebenfalls von einem Kreditinstitut gehaltenen Anteile an derIndustrie-Gesellschaft sollten im weiteren Verlauf an Interessenten aus der nieder-sächsischen Wirtschaft veräußert werden. Als Ziel der Gesellschafterwerbung war ei-ne Eigenkapitalausstattung der Industrie-Gesellschaft von 60 Millionen DM bis Endedes Jahres 1990 vorgesehen. Dieser Betrag sollte innerhalb der nächsten vier Jahreverdoppelt werden.

Mangelndes Interesse der Wirtschaft am Projekt - bis Ende 1990 konnten nur Beteili-gungen in Höhe von 1 Million DM eingeworben werden - und Zweifel des Bundes anseiner Realisierbarkeit führten zu einem veränderten Unternehmenskonzept. Auf die-ser Grundlage wurden neben der Industrie-Gesellschaft und der Anlagen-Gesellschaft(s. Abschnitt V, Nr. 6 („Verarmung einer mittelbaren Landesgesellschaft“) noch eineForschungs- und Entwicklungs-Gesellschaft (s. Abschnitt V, Nr. 7 „Förderung einernicht förderfähigen Maßnahme“) sowie eine Beteiligungsgesellschaft gegründet. DieForschungs- und Entwicklungs-Gesellschaft sollte vorwettbewerbliche Forschungs-projekte durchführen. Die Beteiligungsgesellschaft diente der Einwerbung von weite-ren Gesellschaftern für die gesamte Unternehmensgruppe und sollte zudem deren In-teressen gegenüber den anderen Gesellschaften vertreten. Zu einem späteren Zeit-punkt übernahm die Beteiligungsgesellschaft noch die Funktion einer Management-Holding.

In der Folgezeit wurde der Firmengruppe ein Verein zur Seite gestellt, dessen Aufga-be darin bestand, aus den Gesellschaften ausgelagerte berufliche Qualifizierungsmaß-nahmen zu organisieren und zu koordinieren (s. Abschnitt V, Nr. 8 „Verheimlichungeiner subventionsrechtlichen Tatsache“).

Feststellungen des LRH

Der LRH hat ab Ende 1998 drei Einrichtungen der Firmengruppe geprüft, die vomLand Zuwendungen erhielten. Dabei hat er u. a. folgende Feststellungen getroffen, diedas Mikroelektronikprojekt als Ganzes betreffen:

– Weil dem Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr ein von ihm inAuftrag gegebenes und 1994 erstelltes Gutachten „politisch nicht präsentabel“ er-schien, nahm es auf seinen Inhalt massiv Einfluss. Kritikpunkte wie die komplexeUnternehmensstruktur, die vom Gutachter zunächst als „konsensuale Trickstruk-tur“ bezeichnet wurde, und damit einhergehende dem Förderkonzept widerspre-chende umfangreiche Verrechnungen zwischen den Mitgliedern der Firmengrup-pe, die Konzentration der Geschäftsführung aller Gesellschaften auf eine Person,ein unzureichendes Controlling sowie Defizite im Marketingbereich veranlasstendas Ministerium nicht, substanzielle Veränderungen herbeizuführen.

Page 38: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

38

– Der im Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr für das Projekt ver-antwortliche Abteilungsleiter fungierte zugleich als Aufsichtsratsvorsitzender derinnerhalb der Firmengruppe alles beherrschenden Beteiligungsgesellschaft. In die-ser Funktion billigte er die Wirtschaftspläne aller Einrichtungen der Gruppe undunterschrieb die Verträge der Geschäftsführung, wozu ein überaus üppig dotierterVertrag ihres Sprechers gehörte. Auf der anderen Seite veranlasste er förderrecht-lich bedenkliche Entscheidungen, wobei er sich häufig über Einwendungen undBedenken der Fachreferate hinwegsetzte. So sorgte er, um das Gesamtprojekt fort-setzen zu können, dafür, dass Haushaltsmittel in Höhe von 58 Millionen DMdurch Vorabbewilligungen belegt wurden, ohne dass prüffähige Antragsunterlagenvorgelegen hätten.

– Soweit die Landesregierung überhaupt über Stand und Entwicklung des Projektsunterrichtet wurde, erhielt sie nach dem Inhalt der Kabinettsvorlagen nahezu keineInformationen über Risiken und Fehlentwicklungen des Projekts.

– Die Bewilligungsbehörden übten die von ihnen wahrzunehmenden Prüfungs- undKontrollbefugnisse nur rudimentär aus. Der Investitionsbedarf und die Angemes-senheit von Verrechnungen zwischen den geförderten Einrichtungen und den amMarkt tätigen Gesellschaften wurden erst ab dem Jahr 1996 geprüft mit dem Er-gebnis, dass auch in der Vergangenheit erhebliche Mitteleinsparungen hätten er-zielt werden können. Auch die Prüfung der Verwendungsnachweise für die seit1990 laufende Förderung begann erst in diesem Jahr. Wegen einer unzureichendenPrüfung der Jahresabschlüsse wurden Anzeichen für mangelnde Rentabilität sowieaufkommende Liquiditätsschwierigkeiten nicht rechtzeitig erkannt. Erst als diesenicht mehr zu übersehen waren, veranlasste das Ministerium für Wirtschaft, Tech-nologie und Verkehr im Jahre 1997 Maßnahmen zur Reorganisation der Firmen-gruppe. Gleichwohl war ein Jahr später bei verschiedenen Gesellschaften eine er-hebliche Aufzehrung ihres Kapitals festzustellen. So bezifferte ein Gutachter dasVermögen der Anlagen-Gesellschaft Anfang 1999 auf nur noch rd. 12 Millio-nen DM.

Würdigung

Zuwendungen dürfen nach §§ 23 und 44 LHO nur gewährt werden, wenn die Erfül-lung des Zuwendungszwecks im erheblichen Interesse des Landes liegt und ohne dieZuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. DieseVoraussetzungen erfordern es, dass der Zuwendungsgeber das erhebliche Landesinte-resse definiert, ein Förderkonzept erstellt und den Mitteleinsatz mit dem Ziel eineroptimalen Verwirklichung des Förderzwecks steuert. Er hat darauf zu achten, dassentsprechend den Vorgaben des § 7 LHO Landesmittel nur im erforderlichen Umfangeingesetzt werden.

Die Feststellungen zeigen, dass das Ministerium diesen haushaltsrechtlichen Vorga-ben nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hat, die für einen effizienten Mitteleinsatznotwendig gewesen wäre. Dabei kritisiert der LRH nicht den Förderansatz als sol-chen. Er stellt insoweit auch nicht infrage, dass die Förderung in einer Gesamtschaudie Entwicklung der Mikroelektronik in Niedersachsen in vielerlei Hinsicht positivbeeinflusst und vorangebracht hat. Die Kritik setzt vielmehr dort ein, wo es um dieUmsetzung des Förderkonzepts geht. Hier ist festzustellen, dass das Ministerium mitdem von ihm initiierten Projekt auch durch personelle Verflechtungen in einer Weiseverbunden war, die nicht mehr die notwendige Distanz für eine kritische Projektbe-gleitung - insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer permanenten und umfassendenErfolgskontrolle - aufbrachte. Auch hierdurch bedingt kann sich der LRH des Ein-drucks nicht erwehren, dass das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehrbis einschließlich 1996 als Erfolg der Fördermaßnahme die Auskehrung der zur Ver-

Page 39: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

39

fügung stehenden Haushaltsmittel angesehen und wegen dieser Prämisse viel zu spätbegonnen hat, die ordnungsgemäße sowie wirtschaftliche Verwaltung und Verwen-dung der Zuwendungen zu prüfen. Anderenfalls hätte bereits in der Anfangsphase dasfehlende Interesse der niedersächsischen Wirtschaft, sich entsprechend der Konzept-planung zu beteiligen, Anlass sein müssen, das Projekt kritisch zu hinterfragen und esim Hinblick auf einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz grundlegend zu ändern, wennnicht sogar aufzugeben. Denn ein verbindliches Engagement der Wirtschaft und diedamit verbundene Marktnähe waren Eckpfeiler der Projektidee. Anders lässt sichauch nicht erklären, dass das Ministerium eine Unternehmensstruktur zuließ, diekomplex und verschachtelt war, hohe Overhead-Kosten verursachte, zahlreiche inter-ne Verrechnungen zur Folge hatte und weit davon entfernt war, einen transparentenMitteleinsatz im Sinne einer optimalen Verwirklichung des Zuwendungszwecks zugewährleisten. Die Art und Weise, wie das Ministerium 1994 mit den Ergebnissenund der Kritik des von ihm beauftragten Gutachters umging, sind ein weiterer Belegfür die Richtigkeit dieser Einschätzung. Weil das Ministerium auch hier nicht zu sub-stanziellen Veränderungen bereit war, reduzierte sich die Förderung im Wesentlichennur auf das Bemühen, die Firmengruppe finanziell am Leben zu erhalten und denwechselnden Zielsetzungen und Forderungen der Unternehmensführung Rechnung zutragen. Das Ministerium steuerte nicht mehr den Mitteleinsatz im Sinne der haushalts-rechtlichen Vorgaben, sondern reagierte nur noch auf Mittelanforderungen, bis esdann 1997 - nach Auffassung des LRH allerdings viel zu spät und ohne nachhaltigenErfolg - zur Reorganisation der Firmengruppe kam.

6. Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

Kapitel 08 04 - Bewilligungen für Institutionen im Bereichder wirtschaftsnahen Forschung

Verarmung einer mittelbaren Landesgesellschaft

Nicht kostendeckende Entgelte einer innerhalb eines Unternehmensverbundsmit öffentlichen Mitteln geförderten Gesellschaft führten zur wirtschaftlichenAufzehrung des Anlagevermögens.

Allgemeines

Die Gesellschaft war Teil eines vom Land initiierten Projekts zum Aufbau der Mikro-elektronik in Niedersachsen (vgl. Beitrag „Mangelhafte Umsetzung eines Förderkon-zepts“). Unternehmensgegenstand war die Bereitstellung der technischen und admi-nistrativen Infrastruktur für die übrigen am Gesamtprojekt beteiligten Gesellschaften.

Das Land förderte die Anlagen-Gesellschaft in den Jahren 1991 bis 1998 institutionellmit rd. 20 Millionen DM und zusätzlich Investitionen in Gebäude und andere Anlagenim Wege von Projektförderungen mit rd. 100 Millionen DM.

Verzicht auf angemessene Entgelte

Nach dem 1991 erstellten Gesamtkonzept für das Mikroelektronik-Projekt sollte dieAnlagen-Gesellschaft mit den Schwestergesellschaften Nutzungsverträge zu Bedin-gungen schließen, die den Wertverzehr der Sachanlagen angemessen berücksichtigen.Hierdurch hätten die Anschaffungskosten für das Anlagevermögen (teilweise) refi-nanziert bzw. Rücklagen für Ersatzbeschaffungen gebildet werden können.

Page 40: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

40

Nach Feststellungen des LRH berechnete die Anlagen-Gesellschaft für die Überlas-sung von Gebäuden und Räumen keinen Mietzins; die Nutzungsentgelte für sonstigeWirtschaftsgüter berücksichtigten weder Abschreibungen noch kalkulatorische Zin-sen. Die Ausgaben für die administrativen Dienstleistungen verminderte die Anlagen-Gesellschaft um die ihr gewährte institutionelle Förderung für laufende Ausgaben undlegte nur den verbleibenden Teil auf die übrigen Gesellschaften um.

Bei Festsetzung des Nutzungsentgelts für Maschinenleistungen (EDV-Geräte undsonstige technische Anlagen) wurden im Übrigen ausschließlich die „tatsächlichenAufwendungen für die Wartung, Instandsetzung und Betreuung unter Berücksichti-gung des zu erwartenden Auslastungsgrads“ zugrunde gelegt. Der Auslastungsgradder Maschinen wurde allerdings nicht konkret ermittelt oder nach branchenüblichenRichtwerten sachgerecht geschätzt, sondern pauschal mit 70 v. H. angesetzt. Auchdies wirkte sich negativ auf das Ergebnis der Anlagen-Gesellschaft aus.

Der Verzicht auf angemessene Entgelte führte schließlich dazu, dass die Anlagen-Gesellschaft nicht in der Lage war, die durch staatliche Zuwendungen angeschafftenWirtschaftsgüter in ihrer Substanz zu erhalten. Anfang des Jahres 1999 ermittelte einGutachter den Wert der Anlagen-Gesellschaft mit 12 Millionen DM. Nach dem Jah-resabschluss lag der Buchwert des Anlagevermögens bei 38 Millionen DM. Die inden Jahren 1991 bis 1998 mit Landesmitteln finanzierten Gesamtinvestitionen derGesellschaft beliefen sich hingegen auf 100 Millionen DM.

Würdigung

Hätte die Anlagen-Gesellschaft den am Markt tätigen und nicht öffentlich gefördertenSchwestergesellschaften des Unternehmensverbunds angemessene Entgelte berech-net, wäre in den vom LRH ab 1996 geprüften Wirtschaftsjahren eine institutionelleFörderung entbehrlich gewesen; die Gesellschaft hätte darüber hinaus sogar Über-schüsse erwirtschaften können.

Dem Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr und der Bezirksregierungwar ausweislich der ihnen vorgelegten Wirtschaftspläne bekannt, dass die Anlagen-Gesellschaft ihre Leistungen innerhalb des Unternehmensverbunds zu nicht angemes-senen Entgelten anbot. Dies wurde stillschweigend in Kauf genommen, um den wirt-schaftlich tätigen Gesellschaften die Etablierung am Markt über eine mittelbare An-schubfinanzierung zu erleichtern. Trotz Begünstigung der Gesellschaften des Unter-nehmensverbunds gelang es diesen nicht, entsprechende Gegenwerte über die Markt-erlöse zu realisieren: Die Industrie-Gesellschaft wies in ihrem Jahresabschluss zum31.12.1998 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Damit war bi-lanziell das eingezahlte Stammkapital verbraucht und vermutlich auch der Tatbestandder Überschuldung erfüllt.

Page 41: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

41

7. Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

Kapitel 50 81 - Wirtschaftsförderfonds - Gewerblicher Bereich -

Förderung einer nicht förderfähigen Maßnahme

Das Land förderte innerhalb eines Unternehmensverbunds das Projekt einerGesellschaft zur Entwicklung von Geschäftsbeziehungen im Ausland, um aufdiesem Wege die Zahlungsfähigkeit eines nicht als förderungswürdigangesehenen Unternehmens des Verbunds sicherzustellen

Allgemeines

Die Forschungs- und Entwicklungs-Gesellschaft (F&E-Gesellschaft) war Teil einesvom Land initiierten Projekts zum Aufbau der Mikroelektronik in Niedersachsen(s. Abschnitt V, Nr. 5 „Mangelhafte Umsetzung eines Förderkonzepts“). Nach demGesellschaftsvertrag war Zweck des Unternehmens die Durchführung vorwettbe-werblicher Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, Förderung des Wissenstransfersund der Einsatz von mit öffentlichen Mitteln finanzierten Investitionen für das Ge-samtprojekt.

Das Land förderte die Gesellschaft in den Jahren 1990 bis 1994 institutionell mit ins-gesamt rd. 7 Millionen DM und daneben in den Jahren 1993 bis 1999 für verschiede-ne Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus Mitteln des Technologieprogrammsmit rd. 35 Millionen DM. Zusätzlich erhielt die Gesellschaft Bundesmittel für Inves-titionen in Höhe von rd. 28 Millionen DM.

Förderung des Projekts einer Geschäftsentwicklung in Asien und den USA

Die F&E-Gesellschaft beantragte im Dezember 1995 eine Zuwendung vonrd. 3,9 Millionen DM, um damit die Geschäftsentwicklung der Mikroelektronik-Gruppe in Asien und den USA zu finanzieren. Über diese internationalen Aktivitätensollten nach den Ausführungen der Antragstellerin „Umsatz und Wertschöpfung nachNiedersachsen geholt“ werden. Die Koordination des Gesamtvorhabens sollte dieAntragstellerin im Rahmen ihrer vorwettbewerblichen Aufgaben übernehmen. DerAntrag sah Ausgaben der Antragstellerin in Höhe von rd. 1,5 Millionen DM und Aus-gaben für Unteraufträge an zwei nicht geförderte Unternehmen des Mikroelektronik-Verbunds in Höhe von rd. 2,4 Millionen DM vor.

Das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr hielt das Vorhaben zu-nächst nicht für förderungswürdig, weil ein erheblicher Teil der Fördermittel an ande-re nicht geförderte Unternehmen des Verbunds weitergeleitet werden sollte. NachAuffassung der für die Bewilligung zuständigen Bezirksregierung war der Förderan-trag nicht einmal entscheidungsfähig. Dennoch erteilte das Ministerium im März 1996eine Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns, und zwar rückdatiertauf den 22.12.1995.

Im April 1996 befürwortete auch die Bezirksregierung den Antrag, den sie zunächstfür nicht entscheidungsfähig gehalten hatte. Der plötzliche Sinneswandel war aus deneingesehenen Unterlagen nicht nachvollziehbar. Kurze Zeit später unterschrieb der bisdahin zuständige, inzwischen jedoch pensionierte Beamte der Bezirksregierung einenBeratervertrag mit einer zum Unternehmensverbund gehörenden Beteiligungs-Gesellschaft, der ein jährliches Honorar von 20 000 DM vorsah.

Page 42: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

42

Im Juni 1996 übersandte die F&E-Gesellschaft dem Ministerium einen zwischen ihrund einer zum Unternehmensverbund gehörenden Industrie-Gesellschaft Ende De-zember 1995 abgeschlossenen „Geschäftsentwicklungsvertrag“ sowie eine Vereinba-rung zur Erbringung und Abgeltung von Leistungen im Zusammenhang mit der Ge-schäftsentwicklung der Firmengruppe in den USA. Danach sollte die F&E-Gesellschaft für das „Mitbenutzungsrecht“ an dem von der Industrie-Gesellschaftbeim Aufbau des USA-Markts bereits erworbenen Marketing-Know-how0,98 Millionen DM zahlen. Weitere Zahlungen waren entsprechend dem beim Landeingereichten Förderantrag vereinbart.

Die Bezirksregierung relativierte im September 1996 ihre Stellungnahme vom Aprildes Jahres und erklärte, sie halte die nachträgliche indirekte Bezuschussung von Akti-vitäten der Industrie-Gesellschaft förderrechtlich für bedenklich. Mitte April 1997teilte die Unternehmensgruppe dem Ministerium mit, dass die bisher erteilte Zustim-mung zur Erteilung des vorzeitigen Maßnahmebeginns den Abschlussprüfern für dasGj. 1996 nicht mehr ausreiche, um entsprechende Forderungen gegen das Land zubilanzieren. Bereits am folgenden Tag entschied das Ministerium, für das Vorhabeneine Förderempfehlung auszusprechen, und teilte dies eine Woche später schriftlichder Antragstellerin mit.

Die Antragstellerin beauftragte einen Gutachter mit der Bewertung des Know-how.Auf Basis der bei der Industriegesellschaft für die Auslandsbeziehungen in den Jah-ren 1993 bis 1995 entstandenen Kosten ermittelte der Gutachter einen Wert von0,99 Millionen DM. Bei der Prüfung des Gutachtens stellte die Bezirksregierung An-fang Juni 1997 jedoch fest, dass Kosten der Industrie-Gesellschaft angesetzt wordenwaren, für die diese teilweise Förderungen des Landes erhalten hatte. Sie berichtetedem Ministerium, dass die Förderung der Maßnahme eine unzulässige Nachfinanzie-rung der bereits bei der Industrie-Gesellschaft entstandenen Ausgaben darstelle.

Mitte Juni 1997 legte der Unternehmensverbund dem Ministerium dar, dass die In-dustrie-Gesellschaft nur in der Lage sein werde, die Juni-Gehälter auszuzahlen, wenndie Mittel von rd. 2 Millionen DM aus diesem Förderantrag und rd. 1,4 Millionen DMaus bereits bewilligten Förderprojekten anderer zur Unternehmensgruppe gehörenderGesellschaften umgehend ausgezahlt würden. Um die drohende Zahlungsunfähigkeitder Industrie-Gesellschaft abzuwenden, erließ die Bezirksregierung - vom Ministeri-um angewiesen - am 25.06.1997 einen Zuwendungsbescheid über 2,14 Millio-nen DM. Die Bezirksregierung bewertete das Know-how Anfang 1998 schließlich mit0,7 Millionen DM.

Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse der Industrie- und der F&E-Gesellschaft

Durch den Vertrag mit der F&E-Gesellschaft konnte die Industrie-Gesellschaft zumJahresende 1995 einen Erlös aus dem Verkauf des Know-how in Höhe von0,98 Millionen DM erfassen. Dadurch war es ihr möglich, die Ausweisung einesVerlustes in Höhe von 0,96 Millionen DM für dieses Jahr zu vermeiden. Die F&E-Gesellschaft aktivierte das Know-how als Anlagevermögen und wies eine Forderunggegen das Land aus. Die F&E-Gesellschaft realisierte nach ihren Jahresabschlüssen in1996 und 1997 lediglich rd. 0,6 Millionen DM an Erlösen aus Aufträgen amerikani-scher und asiatischer Kunden.

Würdigung

Das Projekt war nicht förderfähig, was auch das Ministerium zunächst einräumte.Durch den Erwerb des Know-how wurden Ausgaben der Industrie-Gesellschaft ge-fördert, die vor dem Projektantrag angefallen waren. Dies stellt eine Umgehung desVerbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns dar (Verwaltungsvorschrift Nr. 1.3 zu§ 44 LHO).

Page 43: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

43

Der Vertrag über den Erwerb des Know-how hält einer Überprüfung nicht Stand. Eshandelte sich um ein Scheingeschäft, das offenkundig nur dem Zweck diente, die bi-lanzielle Überschuldung der Industriegesellschaft zu vermeiden. Der Vertrag wäre ü-berdies in dieser Form zwischen fremden Dritten nicht geschlossen worden. Denn dieIndustrie-Gesellschaft hat dieses Know-how nicht verkauft, sondern lediglich einMitbenutzungsrecht eingeräumt. Damit war die Industrie-Gesellschaft in der Lage, ihrKnow-how ohne Einschränkungen weiter ertragswirksam zu nutzen. Fremde Drittehätten einen Vertrag für tatsächlich vermittelte Aufträge mit entsprechenden Erfolgs-provisionen vereinbart.

Der Liquiditätsengpass einer anderen Gesellschaft kann nicht ausschlaggebend für ei-ne Förderung sein, auch wenn - worauf das Ministerium hinweist - das Projektzieldarin bestanden haben sollte, Technologie- und Markt-Know-how durch eine projekt-bezogene Zusammenarbeit mit Partnern aus den USA und Asien zu erlangen. Weiter-hin dürfen Fördermittel der geförderten Unternehmen nicht für laufende Auszahlun-gen anderer Gesellschaften der Unternehmensgruppe verwendet werden. Das Ministe-rium hat in diesem Zusammenhang eine nicht zweckentsprechende Verwendung derLandesmittel hingenommen.

Die zurückdatierte Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn war rechtswidrig.Der LRH hat das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr aufgefordert,die Haftungsfrage zu prüfen. Soweit dieses hierzu keine Veranlassung sieht, weil einmündlich genehmigter Maßnahmebeginn vorgelegen habe, verweist der LRH auf dieUnterlagen des Ministeriums, nach denen in einem Vermerk von Ende April 1996festgehalten ist, dass eine Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginnsrückdatiert auf den 22.12.1995 erteilt worden sei.

8. Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

Kapitel 08 04 - Bewilligungen für Institutionen im Bereich der wirt-schaftsnahen Forschung

Verheimlichung einer subventionsrechtlichen Tatsache

Ein mit öffentlichen Mitteln geförderter Verein für die Aus- und Weiterbildungvon Nachwuchs im Bereich der Mikroelektronik reduzierte die Anzahl der vonihm zu qualifizierenden Personen im Laufe des Jahres 1998 um fast einDrittel, ohne dies der Bewilligungsbehörde mitzuteilen.

Allgemeines

Der Verein war Teil eines vom Land initiierten Projekts zum Aufbau der Mikroelekt-ronik in Niedersachsen (vgl. Beitrag „Mangelhafte Umsetzung eines Förderkon-zepts“). Zweck des Ende 1992 gegründeten Vereins war die Aus- und Weiterbildungvon Doktoranden, „Post Graduates“, Diplomanden und Praktikanten sowie Techni-kern und Auszubildenden auf dem Gebiet der Mikroelektronik.

Das Land förderte den Verein in den Jahren 1993 bis 1999 institutionell mitrd. 41 Millionen DM.

Institutionelle Förderung im Jahr 1998

Mit seinem Antrag auf institutionelle Förderung für das Jahr 1998 legte der Vereinder Bezirksregierung einen Stellenplan vor. Hiernach beabsichtigte er die Qualifizie-

Page 44: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

44

rung von jahresdurchschnittlich 157 Nachwuchskräften. Mitte Oktober 1998 teilte derVerein der Bezirksregierung mit, dass er wegen eines verlorenen Arbeitsgerichtspro-zesses zusätzliche Personalkosten für einen festangestellten Mitarbeiter zu tragen ha-be. Die deshalb erforderlich werdenden Mehrausgaben werde er durch Abbau vonzehn Praktikantenstellen erwirtschaften. Ende Oktober 1998 bewilligte die Bezirksre-gierung eine Fehlbedarfsfinanzierung in Höhe von 4,3 Millionen DM zur Qualifizie-rung von 144 Nachwuchskräften. Der durchschnittliche Fehlbetrag je Nachwuchskraftlag insoweit bei rd. 30 000 DM.

Der LRH stellte bei seiner Prüfung fest, dass der Verein ausweislich seiner internenÜbersichten (so genannte Personalreports) und der Gehaltslisten im Jahr 1998 nur98 Nachwuchskräfte geschult hatte. Damit stieg der vom Land finanzierte Fehlbedarfvon 30 000 DM auf 44 000 DM je Nachwuchskraft.

Würdigung

Für Geschäftsführung und Vorstand war im Oktober 1998 ohne weiteres erkennbar,dass der Umfang der tatsächlich durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen die Vor-gaben des Stellenplans erheblich unterschreiten würde. Denn zu diesem Zeitpunkt lagdie tatsächliche Stellenbesetzung der Monate Januar bis Dezember 1998 um 25 v. H.unter den Planvorgaben. Außerdem ergab sich aus den internen Übersichten, die alsAnlagen den Protokollen über die Vorstandssitzungen in den Monaten Juni, Juli undSeptember 1998 beigefügt waren, auch das jeweils prognostizierte Jahres-Ist in Bezugauf die Zahl der Nachwuchskräfte.

Der Verein machte gegenüber der Bezirksregierung im Oktober 1998 wissentlich fal-sche Angaben über den tatsächlichen Umfang seiner Qualifizierungsmaßnahmen. DieBewilligungsbehörde war somit nicht in der Lage, die erhebliche Kostensteigerungpro Nachwuchskraft festzustellen und zu prüfen, ob die Höhe der Zuwendung noch ineinem angemessenen Verhältnis zu den von dem Verein erbrachten Leistungen stand.

9. Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr

Kapitel 08 30 - Häfen- und Schifffahrtsverwaltung

Bau einer Mehrzweckumschlagsanlage in Cuxhaven - schwere Mängel durchvermeintlichen Zeitdruck

Beim Bau der Mehrzweckumschlagsanlage in Cuxhaven sind zahlreiche, zumTeil gravierende Mängel in der Durchführungsphase aufgetreten. Dies istnach Auffassung des LRH maßgeblich auf eine unzureichende Planung undAbstimmung des Vorhabens mit der Betreibergesellschaft zurückzuführen.

Einleitung

Um die Leistungsfähigkeit des niedersächsischen Seehafens Cuxhaven zu erhaltenund zu verbessern, beabsichtigte das Land Niedersachsen bereits seit 1987, mit demAusbau der vorhandenen Hafenanlagen die dringend benötigten Expansionsmöglich-keiten zu schaffen. Da im Hafenbereich geeignete Flächen für eine Erweiterung fehl-ten, konzentrierten sich die damaligen Planungen zunächst auf ein Gebiet im BereichCuxhaven-Groden. Die bereits weit vorangeschrittenen Planungen wurden 1990 we-gen ökologischer Bedenken nicht weitergeführt. Erst mit der Übergabe des zuvor imEigentum und in der Verwaltung Hamburgs stehenden „Amerikahafens“ im Jah-re 1991 bot sich die Möglichkeit, die Erweiterungsbemühungen nunmehr auf den öst-

Page 45: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

45

lichen Teil des Amerikahafens zu erstrecken und hier den Bau einer Mehrzweckum-schlagsanlage (MZU) zu betreiben. Durch die Standortverschiebung war ein Großteilder bisherigen Planungen und Untersuchungen hinfällig geworden und musste für denneuen Standort wiederholt werden.

Das Planfeststellungsverfahren wurde im August 1992 eingeleitet; der Planfeststel-lungsbeschluss erging Mitte Oktober 1993. Die Hauptbauarbeiten, wie die Errichtungder Kaibauwerke, der Einbau beweglicher Roll-on-Roll-off-Brücken, die Befestigungder Betriebsflächen sowie der Bau der Gleis- und Straßenanlagen, begannen ab 1994.Zuvor, d. h. schon vor dem Planfeststellungsbeschluss, hatte das NiedersächsischeHafenamt Cuxhaven (NHC) bereits seit 1992 vorbereitende Bauarbeiten durchgeführt.Hierzu gehörten u. a. die Umlagerung von Schlick aus dem Hafenbecken in die Elbeund die Umwandlung eines Teils des Hafenbeckens in eine Landfläche.

Am 01.10.1997 ist die MZU eingeweiht und ihrer Zweckbestimmung übergeben wor-den. Die reine Bauzeit belief sich somit auf rd. vier Jahre. Die geplanten und inzwi-schen abgerechneten Baukosten für die Anlage betrugen rd. 225 Millionen DM.

Im Rahmen seiner Prüfung ist der LRH den Ursachen dafür, dass der Hafen bisher diein ihn gesetzten Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt hat, nicht nachgegangen. Viel-mehr hat er sich auf die eigentliche Baudurchführung beschränkt. Er hat die Maß-nahme im Frühjahr 1999 gemeinsam mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Lü-neburg geprüft und hat dabei zahlreiche - zum Teil gravierende - Mängel festgestellt.Der LRH hat u. a. Folgendes beanstandet:

Unvertretbar hohe Zahl von Nachträgen

Eine Vielzahl von Gestaltungswünschen durch die Betreibergesellschaft, Mängel inden unter Zeitdruck erstellten Planungs- und Ausschreibungsunterlagen und unvor-hergesehene Probleme bei der Durchführung der Baumaßnahmen erforderten immerwieder eine Aktualisierung und Fortschreibung der ursprünglichen Planungen. In derweiteren Konsequenz führte dies mehrfach zu Abänderungen bzw. Ergänzungen derursprünglich erteilten Aufträge. So legte der Auftragnehmer beispielsweise für dasVorhaben „Flächenbefestigung und Gleisbauarbeiten“ im Zuge der Bauausführunginsgesamt 36 Nachtragsangebote vor, die das NHC zu elf Nachtragsaufträgen zusam-menfasste. Ursächlich hierfür war die unter Zeitdruck erstellte, unvollständige undnicht eindeutige Leistungsbeschreibung.

Der LRH beanstandet, dass wegen der unausgereiften Planung und der damit zusam-menhängenden unzulänglichen Leistungsverzeichnisse eine unvertretbar hohe Zahlvon Nachträgen erforderlich wurde.

Mangelhafte Abwicklung der Nachtragsleistungen

Bauleistungen, die nicht im Leistungsverzeichnis des Hauptauftrags vereinbart undderen Ausführung nicht von der in Auftrag gegebenen Leistung trennbar sind, müssenin Form von Nachträgen vergeben werden. Dabei ist der § 2 der Verdingungsordnungfür Bauleistungen Teil B (VOB/B) zu beachten, der vorschreibt, dass die Preise fürgeänderte oder zusätzliche Leistungen möglichst vor Beginn der Bauausführung ver-einbart werden sollen (§ 2 Nrn. 5 und 6 VOB/B).

Dieser Vorgabe entsprach das NHC bei einer großen Anzahl von Nachtragsvereinba-rungen aus unterschiedlichen Gründen nicht. Zum einen legten die Auftragnehmer dieNachtragsangebote verspätet vor, d. h. erst während oder nach der Ausführung derArbeiten. Das Hafenamt hatte es in diesen Fällen versäumt, die Nachtragsangeboterechtzeitig, d. h. vor deren Ausführung anzufordern. In anderen Fällen riefen langeBearbeitungszeiten im Hafenamt die Verzögerungen hervor. So beanspruchte die Prü-

Page 46: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

46

fung einiger Nachtragsangebote neun und mehr Monate und in einem Fall sogar mehrals drei Jahre. Dies hatte zur Folge, dass Nachtragsvereinbarungen erst nach Ab-schluss der Bauarbeiten oder sogar erst nach Vorlage der Schlussrechnung abge-schlossen wurden. Die Abwicklung der Baumaßnahme wurde hierdurch zusätzlich- und wie der LRH meint, unnötigerweise - erschwert, zumal es bei vielen Nachträgenstrittige Auffassungen zwischen Hafenamt und Auftragnehmer gab.

Die nachfolgende Übersicht zeigt am Beispiel einer Maßnahme die Daten und dasVolumen der vom NHC beauftragten Nachträge:

Nachtragsangebot Nachtragsvereinbarung (NV) Umfang Abgerechnet in derSchlussrechnung

Datum Nr. Datum NHC/Firma DM DM

24.9.1997 1 18.12.1997/7.1.1998 246.343,44 246.343,44

28.10.1997 2 15.1.1998/19.1.1998 48.664,49 48.664,49

11.11.1996 3 22.1.1998/26.1.1998 249.423,50 1.420.940,93

16.6.1997 4 23.1.1998/3.2.1998 50.817,94 50.817,94

NV 1 Zusätzliche Aufwendungen für die Bergung von HolzpfählenNV 2 Mehraufwand für die Entsorgung der v. g. PfähleNV 3 Zusätzlicher Geräteeinsatz (2. Stelzenbagger)

NV 4 Reparaturen an den Auftragnehmergeräten

Die Arbeiten, auf die sich die Nachtragsvereinbarungen Nrn. 1, 3 und 4 bezogen,führte der Auftragnehmer in der Zeit von Mitte November 1996 bis Ende Febru-ar 1997, im Übrigen in der Zeit von Februar bis August 1997 aus. Damit waren dieArbeiten in allen Fällen bereits ausgeführt, bevor das NHC den entsprechenden Auf-trag erteilt hatte. In den Fällen der Nachtragsvereinbarungen Nrn. 1, 2 und 4 lag dar-über hinaus bei Abschluss der Arbeiten noch nicht einmal ein Angebot des Auftrag-nehmers vor.

Der LRH hält dieses Vorgehen für nicht hinnehmbar. Dabei geht er zwar davon aus,dass der über die vertraglich vereinbarte Leistung hinausgehenden Ausführung je-weils zumindest ein mündlicher Auftrag des NHC zugrunde lag und die Nachtrags-leistungen zudem zur Erstellung der Gesamtleistung erforderlich waren. Aus Gründender Rechtssicherheit hätten jedoch entsprechende Nachtragsvereinbarungen unver-züglich schriftlich fixiert werden müssen. Ohne diese Grundlage erhielten die Auf-tragnehmer die Möglichkeit, die ihnen entstandenen Kosten ohne Wettbewerb undohne Risiko nachträglich zu kalkulieren. Ob die zusätzliche und/oder geänderte Ver-gütung dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt war, konnte das NHC im Nach-hinein nicht mehr zweifelsfrei klären. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass dieVergütung der erbrachten Nachtragsleistungen zumindest teilweise zu finanziellenNachteilen für das Land geführt hat.

Soweit unvertretbar lange Bearbeitungszeiten im internen Verwaltungsablauf die dar-gestellten massiven Verzögerungen hervorgerufen haben, ist den Vorgesetzten im Üb-rigen der Vorwurf zu machen, dass diese ihren dienstlichen Verpflichtungen in nichtausreichender Weise nachgekommen sind. Sie hätten für eine zeit- und vorschriften-gerechte Erledigung der Aufgaben sorgen müssen.

Page 47: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

47

Beteiligung eines Ingenieurbüros trotz Interessenkollision

Nach dem Ausscheiden einiger Mitarbeiter - die zuvor in der Bauleitung für die MZUeingesetzt waren - war das NHC personell nicht mehr in der Lage, alle Leistungenselbst zu erbringen. Es beauftragte ein weiteres Ingenieurbüro u. a. mit der Prüfungder Schlussrechnung der mit Bau des Hafens beauftragten Arbeitsgemeinschaft. DerInhaber dieses Ingenieurbüros war neben seiner freiberuflichen Tätigkeit gleichzeitigverantwortlicher und zeichnungsberechtigter Mitarbeiter der Fa. A, die neben fünfweiteren namhaften Firmen die Arbeitsgemeinschaft bildeten. Das Büro prüfte somitAbrechnungen, an denen dessen Inhaber selbst - zumindest mittelbar - als Auftrag-nehmer mitgewirkt hatte. Dies war dem Hafenamt bei Abschluss des Ingenieurver-trags bekannt.

Für die Dauer des Vertrags hatten die in dieser Sache tätigen Mitarbeiter des beauf-tragten Ingenieurbüros - bei denen es sich im Übrigen um die zuvor dienstlich mitdem Bau der MZU befassten, ehemaligen Bediensteten des NHC handelte - ihren Ar-beitsplatz in den Räumlichkeiten des NHC.

Ingenieurbüros üben ihre Tätigkeit üblicherweise in eigenen Räumlichkeiten aus. Da-durch wird vermieden, dass sie Kenntnis von amtsinternen Vorgängen, wie z. B. an-deren Ausschreibungen, erlangen. Dass im vorliegenden Fall das Ingenieurbüro inRäumen des NHC tätig wurde, ist schon deshalb nicht zu vertreten, weil der beauf-tragte Sonderfachmann gleichzeitig Mitarbeiter eines Unternehmens ist, das sich beimNHC häufig um die Durchführung verschiedener Bauarbeiten (erfolgreich) beworbenhatte, wie auch das nachfolgende Vergabebeispiel zeigt. Die Gefahr, Kenntnis voninternen Vorgängen zu erhalten, wurde zwar nach Angaben der Verwaltung dadurchminimiert, dass die Mitarbeiter des Ingenieurbüros einer verstärkten Kontrolle durchdie Beschäftigten des NHC unterlagen. Eine solche Regelung wirft dann allerdingsdie Frage auf, in welchem Umfang noch Entlastungen durch die Einbindung Dritterspürbar waren. Im Übrigen ist nach Auffassung des LRH auch durch Kontrollen eineInteressenkollision nicht gänzlich zu verhindern.

Bevorzugung zweier in einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossenen Firmen

Die Veröffentlichung der Arbeiten für das Vorhaben „Neubau einer Rampenüberda-chung“ im Submissionsanzeiger erfolgte am 19.03.1997. Die wesentlichen Arbeitenbestanden u. a. aus einer Tiefgründung aus Ortbetonrohrpfählen. Bereits am 12.3.1997- und damit zwei Wochen, bevor die übrigen Interessenten die Unterlagen beim NHCabforderten - hatte das NHC „wie ... telefonisch besprochen, Vorabzüge der Aus-schreibungsunterlagen für den Bau der Rampenüberdachung“ an die Fa. B aus Xübersandt.

Ausweislich der Übersicht der Bewerber, die Angebotsunterlagen erhielten, hatte ein-zig die ortsansässige Fa. A diese Unterlagen am 25.03.1997 persönlich abgeholt undgleichzeitig einen dreiseitigen Vermerk mit neun Fragen und Hinweisen auf Unklar-heiten und Fehler in gerade diesen Ausschreibungsunterlagen abgegeben. Der Fa. Amuss somit der Inhalt der Ausschreibungsunterlagen bereits vor deren Abholung be-kannt gewesen sein. Dies legt die Vermutung nahe, dass auch die Fa. A ihre Kennt-nisse vom NHC oder aber aus den der Fa. B noch vor der Veröffentlichung zugelei-teten Unterlagen bezogen hatte. Die Anmerkungen der Fa. A veranlassten das NHCzu verschiedenen Änderungen der Angebotsunterlagen, über die es anschließend diepotenziellen Anbieter unterrichtete.

Zur Submission, die das Amt wegen der vorgenannten Änderungen vom 14.04. aufden 17.04.1997 verlegt hatte, gaben drei Firmen und drei Bietergemeinschaften einAngebot ab, davon vier Bieter mit Nebenangeboten. Billigster Anbieter hinsichtlichdes Hauptangebots waren die als Bietergemeinschaft auftretenden Firmen A und B

Page 48: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

48

mit 1 129 014,31 DM (brutto). Sie waren zudem die einzigen Anbieter, die in einem„Nebenangebot 2“ eine Flachgründung mit zusätzlichem Rammschutz (Anfahrpfähleund Leitplanke) anboten. Für diesen Fall betrug die Angebotssumme 852 162,39 DM.

Die Alternative einer Flachgründung hatte das NHC am Rande von diversen Baube-sprechungen in den vorangegangenen Monaten mit Vertretern der Fa. A - wie es dieBezirksregierung bezeichnet hat - „fachlich kollegial“ erörtert und dabei insbesonderedie Möglichkeit gesehen, die Vorteile der 14 m-mächtigen Sandaufspülung für denBau einer Flachgründung an Stelle der später in der Ausschreibung vorgegebenenTiefgründung mit Ortbetonbohrpfählen nutzen zu können. Weder im Rahmen der ur-sprünglichen Ausschreibung - als Alternative zur Tiefgründung - noch bei der Nach-besserung der Angebotsunterlagen aufgrund der Ergänzungen der Fa. A, noch bei deranschließenden Baustellenbegehung sah sich das NHC veranlasst, auch die übrigenBewerber auf die seinerzeit alternativ erwogene Lösung hinzuweisen.

Da allein die Bietergemeinschaft Fa. A/Fa. B Kenntnis von dieser kostengünstigeren(und zwischenzeitlich vom NHC favorisierten) Variante hatte, war den anderen Be-werbern von vornherein jede Möglichkeit genommen, dem Land insoweit Wettbe-werbspreise und ggf. ein günstigeres Angebot zu unterbreiten. Mit diesem Verhaltenhat das NHC nicht nur den in § 2 Nr. 1 der Verdingungsordnung für BauleistungenTeil A (VOB/A) verankerten Wettbewerbsgrundsatz nicht beachtet, sondern zugleichauch gegen das in § 8 Nr. 1 VOB/A enthaltene Gleichbehandlungsgebot verstoßen.

Würdigung

Die Verwaltung rechtfertigt die aufgetretenen Probleme und Mängel damit, dass diePlanung stark durch das „wirtschaftliche und politische Umfeld“ beeinflusst gewesensei und daher „zeitlich unter starkem Druck“ gestanden habe. Dieser Druck sei zumeinen aus der „berechtigten Erwartung der Öffentlichkeit, dass die vom Land be-schlossene Maßnahme zur Verbesserung der örtlichen Infrastruktur so schnell wiemöglich realisiert wurde“, und zum anderen aus der von der Betreibergesellschaft„immer wieder als unabdingbare Voraussetzung eines erfolgreichen geschäftlichenStarts“ dargestellten „möglichst frühen Geschäftsaufnahme“ entstanden.

Der LRH verkennt zwar nicht, dass das Land aus standort- bzw. wirtschaftspoliti-schen Erwägungen ein hohes Interesse an der schnellstmöglichen Fertigstellung derAnlage haben musste. Dem Land war daran gelegen, in Cuxhaven den Anschluss andie Entwicklung in den Konkurrenzhäfen nicht zu verlieren. Jede unnötige Zeitverzö-gerung in der Umsetzung der planerischen Vorstellungen musste deshalb vermiedenwerden, zumal der Beginn der Mietzahlung der Betreibergesellschaft von der Fertig-stellung der Hafenanlage abhing. Gleichwohl berechtigte diese Ausgangssituationnicht dazu, das Verfahren bzw. einzelne Verfahrensabschnitte nicht ordnungsgemäßzu betreiben, insbesondere Interessenkollisionen hinzunehmen und einzelne Bieter zubevorzugen.

Zwingende zeitliche Vorgaben hat der LRH im Übrigen auch nicht bestätigt gefun-den. So haben die Beteiligten insbesondere darauf verzichtet, in dem mit der Betrei-bergesellschaft geschlossenen Betriebs- und Überlassungsvertrag den in Aussicht ge-nommenen Zeitpunkt für die Inbetriebnahme der Anlage verbindlich festzulegen.Auch sind weder im Rahmen der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen noch inder sich anschließenden öffentlichen Darstellung definitive Zeitvorstellungen geäu-ßert worden.

Die mangelnde Beachtung der Vergabevorschriften birgt stets die Gefahr, dass sie zuunwirtschaftlichen Ergebnissen führt. Der LRH hält es daher für unerlässlich, dassden Vergaben eine ausgereifte Planung vorausgeht, die Bauaufträge einem uneinge-

Page 49: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

49

schränktem Wettbewerb unterworfen werden und jeder Anschein der Bevorzugungeinzelner Bieter vermieden wird.

10. Einzelplan 13 - Allgemeine Finanzverwaltung

Kapitel 13 20 - Vermögensverwaltung

Die Marokkoreise, Teil II

Entgegen dem im Disziplinarrecht geltenden Beschleunigungsgebotbearbeitete das Finanzministerium eine Disziplinarsache nur zögerlich. Dieshatte zur Folge, dass Verjährung eintrat und eine Disziplinarmaßnahme nichtmehr verhängt werden konnte. Den mit dem Sachverhalt befassten Landtagließ das Ministerium hierüber im Unklaren.

Ein beurlaubter Landesbeamter und seine Ehefrau nahmen vom 05. bis 12.03.1998auf Einladung eines Unternehmens, über das der Beamte zuvor im Finanzministeriumdie Staatsaufsicht ausgeübt hatte, an einem Kongress in Marokko teil. Die Kosten derReise für das Ehepaar, ein aufwändiges Rahmenprogramm eingeschlossen, von etwa19 000 DM trug das Unternehmen. Der LRH hat das Verhalten des Beamten bean-standet und disziplinarrechtliche Konsequenzen gefordert (vgl. Jahresbericht 2000,Drs. 14/1590, Abschnitt IV, Nr. 3 „Die Marokkoreise“); daraufhin hat der Landtag dieErwartung ausgesprochen, dass die gebotenen Folgerungen unverzüglich gezogenwerden.

Unterrichtung des Finanzministeriums

Unmittelbar nach Feststellung des Sachverhalts im Rahmen einer Prüfung unterrich-tete der LRH das Finanzministerium unter Hinweis auf das Verbot zur Annahme vonBelohnungen und Geschenken (§ 78 Niedersächsisches Beamtengesetz). Dies geschahnach fernmündlicher Vorabinformation mit Schreiben vom 27.10.1999, das am 1. desFolgemonats beim Ministerium einging. Der dabei ausgesprochenen Bitte, möglichstkurzfristig Stellung zu nehmen, kam das Ministerium nicht nach. Auf den mit Schrei-ben vom 14.01.2000 übersandten Entwurf des in der Angelegenheit vorgesehenenBeitrags an den Landtag im Rahmen des Jahresberichts reagierte das Finanzministeri-um erst am 01.03.2000 mit dem Hinweis, dass die beamtenrechtliche Würdigung desVorgangs zurzeit im dafür zuständigen Referat vorgenommen werde. Ein Ergebnisliege noch nicht vor, weil eine Anhörung des betroffenen Beamten noch ausstehe.

Bearbeitung des Vorgangs durch das Ministerium

Am 07.12.1999, also erst fünf Wochen nach der Unterrichtung durch den LRH, batdas Finanzministerium den beurlaubten Beamten um eine Stellungnahme. Dieser äu-ßerte sich rund eineinhalb Wochen später, woraufhin das Ministerium am 27. desMonats Vorermittlungen nach § 26 Abs. 1 Niedersächsische Disziplinarordnung(NDO) einleitete und einen Ermittlungsführer bestellte, der sich allerdings noch einenganzen Monat lang im Urlaub befand. So erhielt der betroffene Beamte erst mitSchreiben vom 31.01.2000 Gelegenheit zur Stellungnahme im Vorermittlungsverfah-ren. Der Beamte äußerte sich etwa drei Wochen später am 23.02.2000. Danach setztedas Ministerium für den 16.03.2000 einen Anhörungstermin fest. Das wesentliche Er-gebnis der Vorermittlungen teilte es dem Beamten am 05.05.2000 mit und verfügteam 19.06.2000 die Einstellung des Verfahrens unter Hinweis auf § 4 Abs. 2

Page 50: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

50

Satz 1 NDO, weil seit dem Dienstvergehen - die Reise fand vom 05. bis 12.03.1998statt - bereits mehr als zwei Jahre verstrichen seien.

Befassung des Landtages

Am 15.06.2000, vier Tage vor der verfügten Einstellung des Verfahrens, befasste sichder Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ des Ausschusses für Haus-halt und Finanzen in Anwesenheit von Vertretern aus dem Hause des Finanzministe-riums mit dem Beitrag des LRH. Die Beratung mündete in die eingangs wiedergege-bene Beschlussempfehlung, die vom Landtag am 12.09.2000 bestätigt wurde. DieVertreter aus dem Finanzministerium äußerten sich während der Unterausschusssit-zung nicht zu dem Vorgang.

Würdigung

Nach § 4 Abs. 1 NDO sind Disziplinarsachen beschleunigt zu behandeln (vgl. hierzuauch Denkschriftsbeitrag des LRH im Jahresbericht 1994, Drs. 12/6240, Abschnitt V,Nr. 33 „Bearbeitung von Disziplinarsachen“). Das Beschleunigungsgebot ist vom Fi-nanzministerium hier nicht in der gebotenen Weise beachtet worden. Dabei wäre eswegen einer drohenden Verjährung gehalten gewesen, diesem besondere Aufmerk-samkeit zu schenken; denn nach Abs. 2 der genannten Vorschrift darf eine Diszipli-narmaßnahme nicht mehr verhängt werden, wenn seit einem Dienstvergehen, dashöchstens eine Geldbuße gerechtfertigt hätte, mehr als zwei Jahre vergangen sind. DerLRH bemängelt insbesondere, dass das Ministerium nach Kenntnis des Sachverhaltsnahezu zwei Monate verstreichen ließ, ehe es Vorermittlungen nach § 26 NDO ein-leitete. Dabei waren ihm hinreichende Tatsachen bekannt geworden, die einerseitsden Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten und andererseits eine denkbarebaldige Verjährung nahe legten. Da die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 NDO inso-weit vorlagen, hätten die notwendigen Schritte in der von der genannten Vorschriftvorgegebenen Weise sofort durchgeführt werden müssen. Warum dies bei dem relativeinfachen und eindeutigen Sachverhalt nicht geschehen ist und ein Bediensteter desMinisteriums zum Ermittlungsführer bestellt wurde, der sich noch für längere Zeit imUrlaub befand, bleibt unverständlich und könnte den Anschein erwecken, dass sach-fremde Erwägungen eine Rolle gespielt haben.

Was die Behandlung der Disziplinarsache im Unterausschuss „Prüfung der Haushalts-rechnungen“ anbelangt, hätte vom Finanzministerium aus Achtung dem Landtag ge-genüber erwartet werden müssen, sich zum Stand des Verfahrens zu äußern. Dabeihätte es zumindest darauf hinweisen müssen, dass im Streitfall als Disziplinarmaß-nahme möglicherweise nur eine Geldbuße, für die eine zweijährige Verjährungsfristgilt, nicht aber weitergehende Disziplinarmaßnahmen mit längeren Verjährungsfristengerechtfertigt erscheine. Da dies unterblieb, ließ es das Parlament letztendlich mit sei-nem Beschluss ins Leere laufen.

Das Finanzministerium teilt die Auffassung des LRH nicht. Was den Verfahrensab-lauf anbelangt, beruft es sich auf den Urlaub des Ermittlungsführers und im Verant-wortungsbereich des betroffenen Beamten liegende Verzögerungen. Im Landtag habees sich deshalb nicht geäußert, weil weder Sachstand des Disziplinarverfahrens nochArt etwaiger Disziplinarmaßnahmen Gegenstand der Beratung gewesen seien. Im Üb-rigen hätte in der Sache auch noch keine Entscheidung des Staatssekretärs vorgele-gen.

Der LRH sieht keine Notwendigkeit, seine Würdigung zu relativieren. Die Äußerungdes Ministeriums berücksichtigt nicht, dass sich die Kritik des LRH in erster Liniegegen die zögerliche Behandlung der Angelegenheit nach Kenntnis der disziplinarre-

Page 51: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

51

levanten Tatsachen richtet. Soweit es ausdrücklich auf den Urlaub des Ermittlungs-führers hinweist, stützt es diese Kritik noch.

Im Landtag konnte der Sachstand des Disziplinarverfahrens nicht weiter Gegenstandder Beratung sein, weil sich das Ministerium zum Verfahren nicht näher geäußerthatte. Der LRH erhielt lediglich Anfang März 2000 die Information, dass die beam-tenrechtliche Würdigung der Teilnahme des beurlaubten Beamten an der Auslandsrei-se im Ministerium vorgenommen werde. Wäre der LRH gemäß seiner bereits EndeOktober 1999 geäußerten Bitte um Stellungnahme weitergehend unterrichtet worden,hätte er den Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ entsprechend - auchim Hinblick auf den seinerzeit unterbreiteten Beschlussvorschlag - beraten können.

Nach Auffassung des LRH muss das Finanzministerium untersuchen, ob die zögerli-che Behandlung der Disziplinarsache, die schließlich zu ihrer Verjährung und nichtzur Disziplinierung eines Beamten führte, auf organisatorischen Mängeln beruht oderaber die Bearbeitung der Angelegenheit bewusst verzögert wurde. Vor allem abermuss es Vorkehrungen treffen, dass das gesetzliche Gebot, Disziplinarsachen be-schleunigt zu behandeln, künftig in der gebotenen Weise beachtet wird.

VI. Denkschrift gemäß § 97 Abs. 6 LHO

1. Einleitung

Die Denkschrift behandelt vornehmlich Ergebnisse der Rechnungsprüfung für dasHj. 1999, die von allgemeinem Interesse oder wesentlicher Bedeutung sind. Soweit esnotwendig ist, geht der LRH auch auf Angelegenheiten früherer Jahre ein. Zudemstellt er im Interesse einer möglichst zeitnahen Berichterstattung auch Prüfungsergeb-nisse - zum Teil aus jüngster Zeit - dar. Zu diesen Prüfungsergebnissen hat die Ver-waltung noch nicht in allen Fällen Stellung nehmen können.

InnenministeriumEinzelplan 03

2. Mangelhafte IT-Ausstattung sowie unzureichende Planung und Organisationvon IT-Projekten bei der Polizei

Kapitel 03 20

Die Ausstattung der Polizei mit Informationstechnik (IT) weist erheblicheMängel auf und ist unwirtschaftlich. Die Technik ist inhomogen, weitgehendveraltet und hinsichtlich des Ausstattungsgrads und der Anwendungsbreite derSoftwareprogramme wenig bedarfsgerecht. Dies verursacht bei der IT-gestützten polizeilichen Vorgangsbearbeitung, bei der Betreuung undReparatur der Hardware und infolge der vielfältigen Eigenprogrammierungendurch Polizeibeamte in den Dienststellen vor Ort einen unwirtschaftlichenPersonaleinsatz.

Mit dem Projekt MIKADO-neu wird eine umfassende IT-gestützteVorgangsbearbeitung einschließlich eines Anschlusses an das neu entwickelteInformationssystem des Bundes und der Länder (INPOL-neu) angestrebt.Angesichts der Kosten von voraussichtlich 478 Millionen DM und dererheblichen Auswirkungen auf die polizeiliche Arbeit wäre von Anfang an derSteuerung, Koordinierung und Kontrolle des Vorhabens eine hohe Prioritätbeizumessen gewesen. Das war nicht der Fall. Das Innenministerium scheintdies nunmehr jedoch zu berücksichtigen.

Page 52: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

52

Der LRH hat im Jahr 2000 die IT-Ausstattung der Polizei untersucht und die Planungund Realisierung von IT-Projekten der Polizei geprüft. Angesichts der geplanten um-fassenden Optimierung der Informationsverarbeitung im Rahmen des Projekts MI-KADO-neu ist er sodann der Frage nachgegangen, inwieweit bei der Realisierungdieses Großprojekts die festgestellten Mängel voraussichtlich behoben werden kön-nen.

Mängel der IT-Ausstattung

Die Polizei in Niedersachsen arbeitet seit 1989 mit dem automatisierten Vorgangsbe-arbeitungssystem (VBS) „Modulares Informations- und Kommunikationssystem au-tomatisierter dezentraler Online-Anwendung“ (MIKADO). Daten, die für länderüber-greifende oder bundesweite polizeiliche Aufgaben erforderlich sind, werden in PO-LAS (Polizeiliches Auskunftssystem) gespeichert und in das gemeinsame zentrale In-formationssystem der Polizeien des Bundes und der Länder (INPOL) eingespeist.

Die vorhandene Technik ist in weiten Teilen inhomogen und veraltet. So werden diefür das System MIKADO eingesetzten Zentralrechner und Terminals voraussichtlichmit Ablauf des Jahres 2003 nicht mehr funktionsfähig sein; bereits zum jetzigen Zeit-punkt sind hierfür vereinzelt keine Ersatzteile mehr erhältlich. Auch die Nutzung vonPOLAS ist infolge auslaufender Wartungsverträge nur bis zum Jahresende 2003möglich.

Die unzureichende IT-Ausstattung führte beispielsweise zu folgenden Missständen:

– In den Polizeidienststellen sind teilweise bis zu fünf Beamte auf ein Bildschirm-endgerät angewiesen. Das führt zu erheblichen Wartezeiten und ist unwirtschaft-lich. Bei einer bedarfsgerechten Ausstattung wäre nach überschlägiger Schätzungbereits seit Jahren eine Arbeitszeitersparnis von über 10 v. H. realisierbar gewe-sen.

– Häufig werden ausgesonderte PC anderer Behörden, von Staatsanwaltschaften be-schlagnahmte PC und von Industrieunternehmen zur Verfügung gestellte Gerätebenutzt, sowie ausgemusterte Geräte von Polizeidienststellen, bei denen die Bud-getierung eingeführt worden ist, durch Vollzugsbeamte abgeholt, auseinander- undwieder zusammengebaut, um daraus funktionstüchtige Geräte herzustellen. DieKosten für die dabei investierte Arbeitszeit der Beamten übersteigen bei Weitemden Wert der PC.

– Zahlreiche Polizeibeamte nutzen ihre privaten PC im Dienst, ohne dass Fragen derLizenzrechte, des Supports, der Verbrauchsmittel sowie der Datensicherheit zu-friedenstellend geklärt sind.

– Vielfältige aufwändige Eigenprogrammierungen durch Polizeibeamte führen zuständig neuen „Insellösungen“.

– Aufgrund der in weiten Teilen inhomogenen und veralteten Technik ist für dieBetreuung und Reparatur ein wirtschaftlich nicht vertretbarer Personaleinsatz er-forderlich.

– Ein IT-gestützter Datenaustausch konnte zwischen den Justizbehörden und derPolizei trotz entsprechender Anregungen des LRH aus dem Jahr 1987 bislangnicht realisiert werden. Dies war nicht nur unwirtschaftlich, sondern führte auchzu Zeitverzögerungen und damit zu einem nicht immer aktuellen Datenbestand beider Polizei. Hierzu wurde dem LRH mitgeteilt, dass dies in der Vergangenheitbeispielsweise zu fehlerhaften Festnahmen nach Haftentlassungen geführt habe.

Page 53: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

53

– Eine polizeifachliche Auswertung der in MIKADO gespeicherten Daten ist bishernur sehr eingeschränkt möglich.

Unzureichende Organisation von IT-Projekten

Bei den vom LRH geprüften IT-Vorhaben ist das Innenministerium den Anforderun-gen des Runderlasses des Innenministeriums, der Staatskanzlei und der übrigen Mi-nisterien vom 10.12.1997 (Nds. MBl. 1998, Nr. 10, S. 408) „Grundsätze zur Koordi-nierung des Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechnik in der Landes-verwaltung (IuK-Technik-Grundsätze)“ nicht ausreichend nachgekommen.

Entgegen dieser Vorschrift wurden insbesondere die Aufträge des Innenministeriumsan die ausführenden Behörden zur Durchführung von IT-Projekten nicht hinreichendpräzise, häufig sogar nur mündlich, fernmündlich und teilweise trotz Anfrage garnicht oder verspätet erteilt. Das Innenministerium hat die zu erreichenden Ziele, denInhalt und den Umfang der Projekte global formuliert. Vorgaben über die Personal-und Sachmittel fehlten. Die unzureichende Zieldefinition führte bei den geprüftenProjekten zu erheblichen Zeitverzögerungen im Projektverlauf, weil oft fehlerhafteEntwicklungen in den Projekten zu spät erkannt und notwendige Anpassungen nurverzögert umgesetzt wurden.

Bereits im Jahr 1987 hatte der LRH in einer Prüfungsmitteilung die fehlenden Wirt-schaftlichkeitsuntersuchungen für die damals in der Entwicklung befindlichen IT-Verfahren beanstandet und gefordert, künftig die Wirtschaftlichkeit für alle geplantenIT-Projekte nachzuweisen. Gleichwohl wurde bei keinem der jetzt geprüften IT-Projekte eine qualifizierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Sinne des § 7 LHOdurchgeführt. Das Innenministerium hatte überwiegend die voraussichtlichen Kostennur grob geschätzt: Zwar wurden überschlägige Kostenvergleichsrechnungen mit al-ternativen Lösungen erstellt, eine Darstellung der Ausgangssituation sowie eine de-taillierte Analyse der voraussichtlich entstehenden Kosten und der erzielbaren Leis-tungsverbesserungen fehlte jedoch. Systematische Erfolgskontrollen wurden ebenfallsbei keinem der Vorhaben veranlasst.

Der LRH hat die Einhaltung der Vorgaben des § 7 LHO zur Wirtschaftlichkeit undSparsamkeit erneut angemahnt. Er hat darauf hingewiesen, dass zur Sicherstellung ei-nes optimalen Einsatzes der Ressourcen möglichst zeitnah eine IT-Gesamtplanung füralle Anwendungsbereiche der Polizei zu erstellen ist. Eine bessere Steuerung und Ko-ordinierung der polizeieigenen IT-Projekte erfordert zudem zukünftig klar definierteAufträge an die Projektleitung, ein wirksames Projekt- und Risikomanagement unddie Einrichtung geeigneter Controllingmaßnahmen.

Unzureichende Planung und Steuerung des Vorhabens MIKADO-neu

Seit 1992 wird als Kooperationsprojekt des Bundes und der Länder wegen des sys-temtechnischen Alters und der unzureichenden Anwendungsbreite des derzeitigenSystems ein neues Informationssystem „INPOL-neu“ entwickelt, das ab 2001 sukzes-sive implementiert werden soll. Die derzeitigen ohnehin veralteten LandessystemeMIKADO und POLAS verfügen jedoch nicht über die technischen und fachlichenVoraussetzungen für einen Anschluss an INPOL-neu.

1998 hat das Innenministerium nach entsprechenden Vorarbeiten eine Projektgruppebeim Polizeiamt für Technik und Beschaffungen (PATBNI) mit Unterstützung einesexternen Unternehmensberaters eingerichtet und beauftragt, eine Aufwandsschätzungund ein Konzept zur Erstellung eines niedersächsischen Vorgangsbearbeitungssys-tems (MIKADO-neu) mit einem Anschluss an INPOL-neu zu erarbeiten. Seit Anfang

Page 54: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

54

Juni 2000 wurde mit der Umsetzung dieses Projekts MIKADO-neu begonnen, beidem rd. 50 polizeieigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt wurden.

Mit Beschluss vom 29.08.2000 hat das Landeskabinett das Innenministerium beauf-tragt, das Projekt umzusetzen. Allerdings ist festzuhalten, dass erst drei Monate nachProjektbeginn der Auftrag durch das Kabinett herbeigeführt werden konnte und dervom Innenministerium an das PATBNI (Projektleitung) zu erteilende Projektauftragerst sechs Monate nach Vorlage des ersten Entwurfs am 19.01.2001 unterzeichnetworden ist. Für die Kabinettsvorlage wurde im Juli 2000 eine Wirtschaftlichkeitsun-tersuchung erstellt, die den voraussichtlichen Bedarf an Haushaltmitteln mit162 Millionen DM und die Gesamtkosten einschließlich eigenem Personal mit478 Millionen DM ausweist.

Nach den Feststellungen des LRH lässt die Vorbereitungs- und der Beginn der Reali-sierungsphase des Projekts MIKADO-neu eine umfassende konzeptionelle Planungund stringente Vorgehensweise vermissen. Es konnten wiederholt geplante Zwischen-ergebnisse nicht erreicht werden, da die hierfür erforderlichen Ressourcen fehlten.Grundsätzliche Entscheidungen wurden nur mit erheblicher Verzögerung getroffen.

Der Projektauftrag enthielt trotz entsprechender Beanstandung durch den LRH keinepräzise Definition des Projektbudgets. Es waren lediglich die Ausgaben für das aufdrei Jahre veranschlagte Projekt mit rd. 157 Millionen DM festgelegt und vorgesehen,dass zudem durchschnittlich 51 polizeieigene Mitarbeiter eingesetzt werden können.Nach weiteren Erörterungen ist nunmehr sichergestellt, dass zumindest alle Kostendes Projekts festgehalten werden. Es fehlt zurzeit auch noch ein detaillierter Kosten-plan für die weitere Durchführung des Vorhabens.

Angesichts der Komplexität und des besonderen Schwierigkeitsgrads des Projektshätte frühzeitig eine verbindliche Entscheidung über die Inhalte, Ziele und das Budgetherbeigeführt werden müssen. Zur Sicherstellung des erforderlichen Wirkungsgradseines derart umfangreichen Projekts wäre zudem spätestens mit Beginn der Realisie-rungsphase im Juni 2000 die Einrichtung eines Lenkungsausschusses erforderlich ge-wesen. Dies geschah erst am 01.02.2001.

Insgesamt hat der LRH jedoch den Eindruck gewonnen, dass das Innenministeriumnunmehr dem Projekt MIKADO-neu eine stärkere, dem Projekt entsprechende Be-deutung beimisst. Bei der weiteren Realisierung des Projekts sollte jedoch Folgendesbeachtet werden:

– Der Projektlenkungsausschuss ist für die von ihm im Verlauf des Projekts erfor-derlichen Entscheidungen fortlaufend über die Entwicklung und den Fortgang dereinzelnen Arbeitsblöcke/Meilensteine zu informieren, und zwar aus zeitlicher, fi-nanzieller und qualitativer Sicht.

– Die in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung lediglich geschätzten Einsparmöglich-keiten von insgesamt 521 Millionen DM sind zu konkretisieren.

– Als Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung sollte eine über MIKADO-neu hinausweisende IT-Gesamtstrategie konzipiert und dem Projektteam zur Ver-fügung gestellt werden.

– Die vom Projektteam aufzuzeigenden Schulungsanforderungen und erforderlichenorganisatorischen Änderungen müssen zügig umgesetzt werden.

Page 55: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

55

3. Unwirtschaftliche Betriebsführung bei den Assistenzdiensten der Polizei

Kapitel 03 20

Die Werkstätten und Serviceeinrichtungen der Polizei arbeiten mit zu hohenKosten; Möglichkeiten der Fremdvergabe sowie andere Maßnahmen zurKostenreduzierung wurden nur unzureichend geprüft und umgesetzt. Nach denErkenntnissen des LRH sind in diesen Bereichen erhebliche Einsparmög-lichkeiten realisierbar.

Das Land unterhält zur Unterstützung der Polizeivollzugstätigkeit insgesamt46 selbstbewirtschaftete Kraftfahrzeug-, Informations- und Kommunikationstechnik-,Waffen- und Einsatzmittelwerkstätten, einen Technischen Betrieb der Wasserschutz-polizei (Werft), einen Wartungsbereich für Polizeihubschrauber, 13 Tischlereien, achtPolizeiküchen, rd. 32 Fotolabore, 16 Tankstellen und vier Bekleidungskammern fürden Vertrieb der Dienstkleidung (so genannte „Assistenzdienste der Polizei“).

Seit Jahrzehnten hat der LRH die Betriebsführung mehrerer Einrichtungen beanstan-det und festgestellt, dass seine Vorschläge zur Kostenreduzierung durch das Innenmi-nisterium entweder nicht beachtet oder nur mit erheblichen Zeitverzögerungen umge-setzt wurden.

Die geprüften Bereiche beschäftigen zumeist zuviel Personal; aktuelle Personalbe-darfsberechnungen lagen nicht vor. Das für eine wirtschaftliche Betriebsführung er-forderliche Fachwissen der Bediensteten war nicht vorhanden; betriebswirtschaftlicheSteuerungsinstrumente, wie eine Kosten- und Leistungsrechnung und ein darauf auf-bauendes Controlling wurden weitgehend nicht eingesetzt. Auch die für eine professi-onelle Betriebsführung vorauszusetzende Erfassung betriebswirtschaftlicher Datenunterblieb häufig.

Aufgrund der fehlenden oder unzureichenden Aufzeichnungen über die entstehendenKosten waren die Leistungen auch nicht mit denen privater Anbieter vergleichbar.Möglichkeiten der Privatisierung oder Teilprivatisierung wurden daher kaum in Be-tracht gezogen. Die häufig vorgebrachten Argumente gegen eine Fremdvergabe, wiedienstliche Belange oder Sicherheitserwägungen, wurden nicht in nachvollziehbarerWeise dargelegt.

Der LRH hat wiederholt Möglichkeiten zur Kostenreduzierung aufgezeigt und nach-drücklich gefordert, vermehrt Leistungen spezialisierter Fremdfirmen in Anspruch zunehmen. Diese Anregungen hat das Innenministerium jedoch kaum realisiert; ledig-lich die Schneider- und Schusterhandwerkerstätten wurden im Jahr 1996 aufgelöst. Inden meisten Bereichen fehlt noch ein Konzept zur Verbesserung der Wirtschaftlich-keit.

Das Innenministerium hat zwar im Rahmen seiner strategischen Aufgabenplanungden Bereich „Optimierung der Servicedienste der Polizei“ besonders ausgewiesen.Dennoch hat der LRH den Eindruck gewonnen, dass trotz landesweiter Maßnahmenzur Haushaltskonsolidierung die betriebswirtschaftliche Optimierung und eine mög-lichst weitgehende kostengünstigere Fremdvergabe der „Assistenzdienste“ noch nichtmit dem gebotenen Nachdruck verfolgt wird.

Dieser Eindruck beruht auf folgenden Prüfungsfeststellungen:

1. Technischer Betrieb der Wasserschutzpolizei in Leer (vgl. Jahresbericht 1999,Drs. 14/750, S. 47)

Der von der Wasserschutzpolizei unterhaltene Technische Betrieb wartet und re-pariert die Wasserfahrzeuge der Polizei. Insgesamt sind 39 Fahrzeuge zu betreuen,die an 23 Standorten stationiert sind. Der Betrieb beschäftigt zurzeit

Page 56: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

56

18 Mitarbeiter; im Jahr 1999 sind Kosten in Höhe von rd. 2 Millionen DM ange-fallen.

Obwohl der LRH wiederholt in seinen Prüfungsmitteilungen aus den Jahren 1973,1987/89 und 1999 grundlegende Mängel der Betriebsführung aufgezeigt hat, wares nicht gelungen, die maßgebenden betriebswirtschaftlichen Daten zu erfassenund den Betrieb nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu steuern.

Der Landtag teilte am 07.10.1999 aufgrund der Beschlussempfehlung des Aus-schusses für Haushalt und Finanzen vom 29.09.1999 (Drs. 14/1048) die Auffas-sung des LRH, die bisher vom Technischen Betrieb ausgeführten Arbeiten künftig- den Kriterien der Verwaltungsreform entsprechend - an private Unternehmen zuvergeben. Wenn dies nicht umfassend vertretbar ist, hielt es der Landtag für un-verzichtbar, den Betrieb in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO umzuwandeln, dereine Kosten- und Leistungsrechnung führt und sich der Konkurrenz privater An-bieter stellt.

Das Innenministerium hat die Fremdvergabe bisher nicht ernsthaft geprüft, son-dern vorrangig versucht, die Betriebsführung der Werft zu optimieren. Zu diesemZweck wurde der Betrieb zum 01.01.2001 mit entsprechender Informationstechnikausgestattet, um eine DV-gestützte kaufmännische Buchführung einrichten zukönnen. Eine abschließende Entscheidung über die Fortführung des Betriebs wur-de dem LRH nunmehr für Anfang 2002 in Aussicht gestellt.

2. Kraftfahrzeugwerkstätten

Zur Wartung und Instandsetzung des polizeieigenen Fuhrparks unterhält das Land14 Kraftfahrzeugwerkstätten mit insgesamt rd. 200 Bediensteten.

Der LRH hatte 1988 anlässlich einer Prüfung der Lagerverwaltung bei den Werk-stätten festgestellt, dass der Stellenausstattung bei den Kraftfahrzeugwerkstättender Polizei keine nachvollziehbare Personalbedarfsbemessung zugrunde lag, unddaher um konkrete Ermittlung des jeweiligen Personalbedarfs in den einzelnenWerkstätten gebeten.

Nach wiederholten Erörterungen mit dem Innenministerium wurde schließlichdurch Erlass vom 24.06.1997 die Einführung einer Kosten- und Leistungsrech-nung und einer Personalbedarfsbemessung veranlasst, wobei auch die verstärkteVergabe der Arbeiten an private Unternehmer vorgesehen wurde. Die Daten wa-ren jedoch nicht aussagekräftig, sodass 1999 ein externer Gutachter mit der Unter-suchung der Wirtschaftlichkeit zweier Werkstätten beauftragt wurde. Aufgrundder Untersuchung wurde eine Werkstatt geschlossen.

Da die Begutachtung der beiden Werkstätten nicht darauf ausgerichtet war, dieErgebnisse auch auf die übrigen Werkstätten zu übertragen, wurde Ende 2000 dieWirtschaftlichkeit der verbleibenden Werkstätten durch einen weiteren externenGutachter untersucht. In dem am 08.02.2001 vorgestellten Bericht wurde eine er-heblich überhöhte Personalausstattung bemängelt und nach Umsetzung der aufge-zeigten Optimierungsmöglichkeiten die Beibehaltung von nur zwei zentralenselbstbewirtschafteten Werkstätten angeraten. Eine Stellungnahme des Innenmi-nisteriums zur weiteren Vorgehensweise liegt dem LRH noch nicht vor.

3. Fotolabore (vgl. Jahresbericht 1991, Drs. 12/1410, S. 26)

Die Fotoarbeiten der Polizei wurden ausschließlich in den rd. 50 eigenen Laborenerledigt. Der LRH hatte in seiner Prüfung in den Jahren 1987 und 1988 festge-stellt, dass zwar die Farbbilder durch ein Zentrallabor des Landeskriminalamts mitvertretbarem Aufwand gefertigt wurden, die Herstellung der Schwarz-Weiß-Bilderin den zahlreichen Laboren jedoch unverhältnismäßig hohe Kosten verursachte.So kostete beispielsweise die Herstellung eines Schwarz-Weiß-Bildes, welches

Page 57: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

57

keinen besonderen Spezifikationen unterlag, bis zu 30 DM. Der LRH hatte daherzur Kostensenkung vorgeschlagen, grundsätzlich wie bei der Farbbildherstellungnur ein Zentrallabor oder ggf. bei den vier Bezirksregierungen je ein Labor vorzu-halten sowie verstärkt die Möglichkeit der Vergabe von Fotoarbeiten zu prüfen.

In den letzten zwei Jahren wurden zwar rd. 15 Kleinstlabore geschlossen. Die Ent-scheidung über die weitere Betriebsführung der Labore sollte jedoch von der tech-nischen Entwicklung im Bereich der Digitalfotografie abhängig gemacht werden.Nunmehr hat das Innenministerium mitgeteilt, dass noch ein Zentrallabor beimLandeskriminalamt vorgesehen sei und weitere Kleinstlabore geschlossen werdensollen. Die darüber hinaus bestehenden 20 dezentralen Labore bei den Polizeiin-spektionen mit Zusatzaufgaben, den beiden Polizeidirektionen und dem Bil-dungsinstitut der Polizei bleiben jedoch bestehen.

4. Informations- und Kommunikationstechnikwerkstätten (vgl. Jahresbericht 1996,Drs. 13/1900, S. 21)

Das Land unterhält 26 selbstbewirtschaftete Informations- und Kommunikations-technikwerkstätten zur Instandhaltung der informations- und kommunikations-technischen Führungs- und Einsatzmittel der Polizei und beschäftigt dort zurzeitrd. 80 Beamte und 78 Angestellte.

Im Jahr 1994 hatte der LRH bei den Informations- und Kommunikationstechnik-werkstätten eine überhöhte Stellenausstattung der Werkstätten festgestellt und be-anstandet, dass überwiegend Polizeivollzugsbeamte statt entsprechend qualifi-zierter Angestellter mit den Reparatur- und Wartungsaufgaben betraut waren unddass keine aussagekräftigen Werkstattaufzeichnungen geführt worden waren.

Die Anregung, den Personalbedarf auf der Grundlage gezielter methodischer Ar-beitsuntersuchungen konkret zu ermitteln und dabei verstärkt auch die Möglich-keit einer Vergabe der Arbeiten an private Unternehmen zu überprüfen, wurde zu-nächst nicht umgesetzt.

In Abstimmung mit dem LRH wurde schließlich Ende 1998 ein externer Gutach-ter beauftragt, in zwei exemplarisch benannten Werkstätten den Personalbedarf zuermitteln. Nach dem Ergebnis des dem LRH Mitte 1999 vorgelegten Gutachtenskönnten die Stellen in den Informations- und Kommunikationstechnikwerkstättenerheblich reduziert werden. Die Auswirkungen und Rahmenbedingungen, die sichdurch verstärkte Vergabe von Reparaturaufträgen an Dritte ergeben, sind bishernicht untersucht worden.

Nach Erörterungen zwischen dem LRH und dem Innenministerium wird nunmehrder Stellenbedarf für alle Informations- und Kommunikationstechnikwerkstättenauf der Grundlage der durch einen externen Gutachter vorgeschlagenen Faktorenneu ermittelt, die dieser 1998 bei zwei Werkstätten für ein Stellenbedarfsbemes-sungsmodell entwickelt hatte. Erste verwertbare Daten sollen Mitte April 2001vorliegen.

Die Anregung des LRH, auch die Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe zuoptimieren und festzulegen, welche der bislang von den Werkstätten verrichtetenTätigkeiten unter Wahrung wirtschaftlicher und sicherheitsrelevanter Aspekte anprivate Unternehmen vergeben werden könnten, ist bisher noch nicht geklärt.

5. Tischlereiwerkstätten (vgl. Jahresbericht 1996, Drs. 13/1900, S. 26)

Die Polizei betreibt zurzeit an 13 Standorten eigene Tischlereiwerkstätten mitrd. 30 Mitarbeitern, wobei allein die Personalkosten sich im Jahr 2000 aufrd. 2,1 Millionen DM beliefen.

Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen des LRH aus dem Jahr 1995 hat dasInnenministerium 1999 die Wirtschaftlichkeit der polizeieigenen Tischlereiwerk-

Page 58: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

58

stätten mit dem Ergebnis überprüft, dass durch eine Privatisierung dieser Tätig-keiten die anfallenden Kosten erheblich reduziert werden könnten. Der LRH hatdemzufolge weiterhin angeregt, die Werkstätten unverzüglich zu privatisieren. DieAuflösung der Werkstätten wird vom Innenministerium zwar befürwortet, ist je-doch bisher nicht umgesetzt worden; allerdings ist ein Einstellungsstopp erlassenworden.

6. Polizeiküchen (vgl. Jahresbericht 2000, Drs. 14/1590, S. 20)

Das Land unterhält bei den Fortbildungsstätten der Polizei sowie den Abteilungender Landesbereitschaftspolizei acht selbstbewirtschaftete Polizeiküchen zur Ver-pflegung der Fortbildungsteilnehmer, Einsatzkräfte und sonstigen Polizeibediens-teten der jeweiligen Liegenschaften. Zum Zeitpunkt der Prüfung im Jahr 1999 wa-ren 95 Mitarbeiter in den Küchen beschäftigt.

Die vom LRH ermittelten Kosten von bis zu 42 DM für ein Mittagessen und135 DM für eine Tagesverpflegung lassen die unwirtschaftliche Betriebsführungdeutlich erkennen. Bei einer Privatisierung der Küchen unter Beibehaltung desQualitätsstandards und einer flexiblen Einsatzverpflegung könnte über ein Drittelder Kosten, mithin mehr als 3 Millionen DM, eingespart werden.

Der Landtag hat am 12.09.2000 aufgrund der Beschlussempfehlung des Aus-schusses für Haushalt und Finanzen vom 06.09.2000 (Drs. 14/1823) den Vor-schlag des LRH aufgegriffen und wegen der erheblichen Einsparmöglichkeiten ei-ne unverzügliche Privatisierung der Polizeiküchen nach den Grundsätzen derVerwaltungsreform für geboten gehalten.

Die Entscheidung über die Privatisierung hat das Innenministerium jedoch zu-nächst zurückgestellt und den Verwaltungsmitarbeitern der Polizeiküchen aufge-geben, ein Konzept zur betriebswirtschaftlichen Optimierung der Küchen vorzule-gen. Eine abschließende Entscheidung über die weitere Vorgehensweise liegt nochnicht vor. Der LRH hat hierzu darauf hingewiesen, dass insoweit ein Gesamtkon-zept unter Einbeziehung der Einsatzverpflegung und Leistungen der mobilen Poli-zeiküchen erforderlich ist.

Schlussfolgerung

Angesichts der bisherigen schleppenden Vorgehensweise sollte zukünftig den haus-haltskonsolidierenden Maßnahmen in dem Bereich der Assistenzdienste in stärkeremMaße die erforderliche Bedeutung durch das Innenministerium und insbesondere imPolizeimanagement beigemessen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich diePolizei stärker auf ihre Vollzugsaufgaben konzentrieren sollte. Im Hinblick daraufsollten nur in besonders begründeten Ausnahmefällen die Einrichtungen, sofern einewirtschaftliche Betriebsführung sichergestellt werden kann, in Eigenregie fortgeführtwerden. Investitionen und umfangreiche Reorganisationsversuche in unwirtschaftli-chen Einrichtungen sollten deshalb unterbleiben.

Page 59: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

59

4. Umfang der Kostenerstattung des Landes an die Kommunen nach demAufnahmegesetz

Kapitel 03 26

Das Land hat die Kostenerstattung an die Kommunen für die Aufnahme vonausländischen Flüchtlingen im Vergleich zu anderen Bundesländern zugroßzügig geregelt.

Die Kostenerstattung für Asylberechtigte sollte eingestellt werden. Für Kon-tingentflüchtlinge sollte sie auf zwei Jahre begrenzt werden; allerdings er-scheint für die Gruppe der jüdischen Emigranten ein zusätzlicher Ausgleichfür die Kommunen erforderlich, die besonders viele dieser Flüchtlinge auf-nehmen. Die gesonderte Erstattung der Krankenkosten ist zu verwaltungsauf-wändig und sollte aufgegeben werden. Die Höhe der Pauschale bedarf drin-gend der Überprüfung.

Einführung

Die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge obliegt im Wesentlichen als Aufgabe desübertragenen Wirkungskreises den Gemeinden (§ 1 Aufnahmegesetz - AufnG -18).Das Land zahlt den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Abgeltung aller denkommunalen Körperschaften durch die Aufnahme entstehenden Kosten vierteljährlicheine Pauschale von 1 900 DM für Asylbewerberinnen und -bewerber, für Asylbe-rechtigte und für Kontingentflüchtlinge (§ 3 Abs. 1 AufnG). Aus dieser Pauschale er-statten die Landkreise sodann den Gemeinden deren Aufwendungen. Daneben werdenden Kommunen die notwendigen Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwanger-schaft und Geburt sowie für Hilfe zur Pflege erstattet, sofern diese Leistungen je Per-son und Kalenderjahr den Betrag von 15 000 DM übersteigen (§ 3 Abs. 4Nr. 2 AufnG).

Der LRH hat 1999/2000 gemeinsam mit vier seiner Rechnungsprüfungsämter dieKostenerstattung nach dem AufnG geprüft und dabei auch untersucht, ob der Umfangder Kostenerstattung an die Kommunen gerechtfertigt ist. Dabei hat er zum Vergleichdie Erstattungsregelungen der anderen Bundesländer herangezogen.

Kostenerstattung für Asylberechtigte

Nur die drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen erstatten ih-ren Kommunen regelmäßig Kosten für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbe-rechtigten. In Niedersachsen sind durch die Zahlung von Pauschalen für Asylberech-tigte für zwei Jahre vom Zeitpunkt ihrer Anerkennung an (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AufnG)allein im Jahre 1999 Ausgaben von ca. 23,3 Millionen DM entstanden.

Asylberechtigte erhalten nach ihrer Anerkennung eine Aufenthaltserlaubnis(§ 15 Ausländergesetz - AuslG -) und verfügen über einen gesicherten Aufenthalts-status; sie können ihre Wohnsitzgemeinde frei wählen und haben Anspruch auf Kin-dergeld und Wohngeld. Sie können eine Arbeitserlaubnis nach § 285 SGB III erhaltenund damit durch Arbeitseinkommen oder Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe ihren ei-genen Lebensunterhalt bestreiten oder zumindest dazu beitragen. Bis zum positivenAbschluss ihres Asylverfahrens haben sie oft bereits mehrere Jahre in Deutschlandgelebt. In dieser Zeit hat das Land den Kommunen über Pauschalen die entstehendenKosten abgegolten. Die Asylberechtigten sind daher zum Zeitpunkt ihrer Asylaner-kennung oft schon eingegliedert, ihre Eingliederung wird durch die Anerkennung

18 Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen (Aufnahmegesetz) vom 12.06.1997 (Nds. GVBl.

S. 264), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.06.2000 (Nds. GVBl. S. 138).

Page 60: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

60

weiter erleichtert. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Niedersachsen im Gegensatzzur großen Mehrheit der übrigen Bundesländer trotz seiner angespannten Finanzsitu-ation so großzügig handelt und auch nach der Anerkennung als Asylberechtigte dieErstattungsleistungen an die Landkreise und kreisfreien Städte für zwei Jahre fort-setzt.

Kostenerstattung für Kontingentflüchtlinge

Als Kontingentflüchtlinge werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AufnG die im Rahmen hu-manitärer Hilfsaktionen der Bundesrepublik Deutschland oder aufgrund von Über-nahmeerklärungen des Bundesministeriums des Innern aufgenommenen Personen be-zeichnet. Zu ihnen zählen derzeit im Wesentlichen die jüdischen Emigranten sowievereinzelt noch vietnamesische Flüchtlinge, die so genannten Boat-People, und nach-ziehende Familienangehörige (§ 17 ff. AuslG). Die Erstattungsregelungen der Bun-desländer für Kontingentflüchtlinge unterscheiden sich u. a. in der Dauer der Erstat-tungsleistungen an die Kommunen. Mit Ausnahme von Niedersachsen leisten aller-dings alle Bundesländer nur dann, wenn den Kommunen für die Kontingentflüchtlin-ge tatsächlich Ausgaben für die Unterbringung oder für sonstige Leistungen nach demBundessozialhilfegesetz (BSHG) entstehen. In Niedersachsen dagegen wird unabhän-gig vom tatsächlichen Leistungsbezug erstattet, entscheidend sind lediglich der Statusals Kontingentflüchtling und der Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik. ImHinblick auf die Dauer der Erstattung ergibt sich bei einem Vergleich der Bundeslän-der untereinander folgendes Bild:

Unbegrenzt: Mecklenburg-Vorpommern

Vier Jahre: Niedersachsen

Drei Jahre: Nordrhein-Westfalen

Zwei Jahre: Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt

18 Monate: Thüringen

Ein Jahr und weniger: Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Saarland

Diese Aufstellung zeigt, dass Niedersachsen den Kommunen auch für die Aufnahmevon Kontingentflüchtlingen großzügige Erstattungsleistungen zukommen lässt. 1999betrugen die Ausgaben für die Pauschalen für Kontingentflüchtlinge ca. 52,5 Millio-nen DM. Schon durch eine Verkürzung des Erstattungszeitraums auf zwei Jahrekönnte der Landeshaushalt jährlich um ca. 25 Millionen DM entlastet werden. Dassdie Kommunen grundsätzlich einen Ausgleich erhalten sollten, wird nicht in Abredegestellt. Jedoch ist eine Dauer von zwei Jahren ab Einreise angemessen und ausrei-chend, da in diesem Zeitraum grundsätzlich eine Eingliederung möglich sein müsste.Eine besondere Situation liegt lediglich bei den jüdischen Emigranten vor:

Jüdische Emigranten

Die jüdischen Emigranten erhalten als Kontingentflüchtlinge gemäß § 1 Abs. 3 desGesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommeneFlüchtlinge eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis mit uneingeschränkter Möglichkeitzur Erwerbstätigkeit. Sie können ihren Wohnsitz innerhalb Niedersachsens frei wäh-len und siedeln sich häufig dort an, wo bereits jüdische Gemeinden bestehen. IhreEingliederung in den Arbeitsmarkt gestaltet sich wegen ihrer großen Anzahl schwie-rig. Jüdische Emigranten haben als Kontingentflüchtlinge Anspruch auf Leistungennach dem BSHG, sofern sie nicht über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügen.Die Kommunen müssen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt die Kosten für dieErsteinrichtung einer Wohnung, eine evtl. Mietkaution und die Erstausstattung mit

Page 61: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

61

Kleidern übernehmen. Zusätzlich fallen häufig wegen des Alters der jüdischen Emig-ranten hohe Ausgaben für Krankenhilfe und Hilfe zur Pflege nach dem BSHG an.

Von einer hohen Zahl dieser Personen im Verhältnis zur Summe der weiteren Kon-tingentflüchtlinge, der Asylbewerber und Asylberechtigten sind einige Landkreiseund kreisfreie Städte besonders betroffen. Nach den Feststellungen im Rahmen derPrüfung kommen diese Kommunen in der Regel nicht mit der Pauschale in Höhe von7 600 DM im Jahr aus. Der LRH hat alternative Formen der Kostenerstattung unter-sucht. Folgende Modelle erscheinen gangbar:

– Den Landkreisen und kreisfreien Städten mit einem großen Anteil an jüdischenEmigranten (z. B. über 40 v. H. aller ausländischen Flüchtlinge) könnte ein zu-sätzlicher Ausgleich gewährt werden. Infrage kämen eine erhöhte Pauschale projüdischen Emigranten oder ein prozentualer Aufschlag auf die Summe der Erstat-tungen an die betreffende Kommune. Die zusätzlichen Erstattungen könnten auchje nach prozentualem Anteil an jüdischen Emigranten variieren.

– Denkbar wäre ebenfalls, zusätzlich zu der „Einheitspauschale“ nach AufnG eineeinmalige Pauschale für die erstmalige Wohnsitznahme von jüdischen Emigrantenin einer Kommune einzuführen. Dies würde sich an eine Regelung in Baden-Württemberg anlehnen. Die Zahlung einer einmaligen Pauschale könnte aufKommunen mit einem besonders hohen Anteil von jüdischen Emigranten be-schränkt werden.

Da auch für die jüdischen Emigranten der Erstattungszeitraum von vier auf zwei Jahregekürzt werden sollte, würde sich trotz einer finanziellen Besserstellung der beson-ders belasteten Kommunen nach einem der Modelle immer noch im Vergleich zuraugenblicklichen Situation eine erhebliche Einsparung ergeben.

Krankenkosten

Das Land erstattet den Kommunen für Asylbewerber, Asylberechtigte und Kontin-gentflüchtlinge die notwendigen Krankenkosten, die 15 000 DM pro Jahr und Personübersteigen. Diese Regelung wurde auf Wunsch der kommunalen Träger nachträglichmit in die Erstattungsregelungen aufgenommen, weil sie fürchteten, durch kostenin-tensive Behandlungen einzelner Flüchtlinge übermäßig belastet zu werden. Allerdingswaren bei der Festlegung der Pauschale auf vierteljährlich 1 900 DM die den Kom-munen entstandenen Krankenkosten bereits in voller Höhe berücksichtigt worden.

Die gesonderte Entlastungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 4 Nr. 2 AufnG spielt nach denFeststellungen des Innenministeriums eine erheblich geringere Rolle als ursprünglichangenommen. Die Ermittlung der Krankenkosten und die Prüfung der zur Erstattungbei den Bezirksregierungen eingereichten Einzelabrechnungen verursachen dagegenin aller Regel einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand sowohl bei den Kom-munen als auch bei den Bezirksregierungen. Auf die gesonderte Erstattung von Kran-kenkosten sollte daher verzichtet werden; mit der Pauschale nach § 3 Abs. 1 AufnGsollten alle den Kommunen entstandenen Kosten abgegolten sein.

Höhe der Pauschale

Im Rahmen der Prüfung wurden bei den Kommunen für 1998 deren Ausgaben sowiedie Erstattungen des Landes je Quartal, getrennt nach den Personengruppen (§ 3Abs. 1 AufnG) abgefragt. Die Ergebnisse der Umfrage sind nur mit Einschränkungenverwendbar, weil auf einen Abgleich der Angaben vor Ort verzichtet wurde. Trotz-dem lassen sich Tendenzen feststellen. Für die Asylbewerber liegen die Erstattungendes Landes danach im Schnitt über den Ausgaben der Kommunen. Allerdings gibt eserhebliche Unterschiede zwischen den Kommunen. Anders stellt sich die Situation bei

Page 62: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

62

den Kontingentflüchtlingen dar. Hier treten insbesondere bei den Kommunen, dieviele jüdische Emigranten aufgenommen haben, häufig erhebliche Unterdeckungenauf. Dies stützt den Vorschlag, für jüdische Emigranten eine besondere Erstattungsre-gelung vorzusehen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Ausgaben der Kommunen nach demAsylbewerberleistungsgesetz in den letzten Jahren insgesamt und pro Person erheb-lich reduziert haben. Die Kostensituation könnte sich weiter verbessern, weil seit die-sem Jahr Asylbewerber, geduldete Ausländer und Flüchtlinge mit Aufenthaltsbefug-nis nach einer Wartefrist von einem Jahr arbeiten dürfen. Eine Überprüfung der Pau-schale ist zudem unumgänglich, wenn den Vorschlägen des LRH gefolgt wird und dieKostenerstattung für Asylberechtigte eingestellt sowie die Kostenerstattung für Kon-tingentflüchtlinge auf zwei Jahre begrenzt wird. Wegen der Aufhebung des Arbeits-verbots zum Beginn 2001 und erhöhter Ausgaben der Kommunen nach dem Asylbe-werberleistungsgesetz seit dem 01.06.2000 sollte die Höhe der Pauschale auf der Ba-sis des Jahres 2001 überprüft werden. Eine Überprüfung der Höhe der Pauschale aufder Grundlage der aktuellen Kostensituation der Kommunen ist bisher jedoch nichtvorgesehen.

Die Landesregierung plant eine Änderung des AufnG. Der vorliegende Entwurf desInnenministeriums entspricht teilweise den Vorschlägen des LRH (Asylberechtigte,Krankenkosten). Bei den Kontingentflüchtlingen ist dagegen eine Ausweitung des Er-stattungszeitraums auf sechs Jahre geplant. Damit soll der weit überdurchschnittlichhohen Belastung einzelner Kommunen mit nach dem BSHG leistungsberechtigten jü-dischen Emigranten Rechnung getragen werden. Der LRH hält es nicht für sachge-recht, dem Problem der ungleichen Verteilung auf einzelne Kommunen mit einerVerlängerung des Erstattungszeitraums für alle Kommunen zu begegnen, d. h. auchfür die weit überwiegende Anzahl, die nur geringfügig oder gar nicht belastet wird.Im Übrigen ist diese Lösung im Hinblick darauf, dass sich die Zusammensetzung derKontingentflüchtlinge ändern kann, auch nicht zukunftsfähig.

5. Ungeeignete Abrechnungsgrundlage für die Erstattungen des Landes nach demAufnahmegesetz

Kapitel 03 26

Das Innenministerium errechnet die pauschale Kostenerstattung, die denLandkreisen und kreisfreien Städten für die Aufnahme von ausländischenFlüchtlingen zusteht, allein auf der Grundlage von Daten desAusländerzentralregisters. Diese Datenbank ist als Abrechnungsgrundlagejedoch ungeeignet, weil das Datenmaterial fehlerhaft ist und die Datenpflegenicht in einer Hand liegt. Zudem können die mit Hilfe desAusländerzentralregisters erstellten Abrechnungen nicht ausreichend geprüftwerden. Mit den Ausländerdateien verfügen die Kommunen dagegen über einegeeignete Abrechnungsgrundlage.

Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen (AufnG)zahlt das Land den Kommunen vierteljährlich eine Pauschale in Höhe von 1 900 DMfür jeden berücksichtigungsfähigen Flüchtling; das sind nach § 3 Abs. 1 in Verbin-dung mit § 1 Abs. 1 AufnG Asylbewerber, Asylberechtigte für zwei Jahre vom Zeit-punkt ihrer Anerkennung als Asylberechtigte an sowie Kontingentflüchtlinge für vierJahre vom Zeitpunkt des Eintreffens in Deutschland an. Die maßgeblichen Personen-zahlen ermittelt das Innenministerium seit Einführung der Pauschalierung zum01.07.1997 mit Hilfe des Ausländerzentralregisters (AZR). Dessen Eignung als Ab-

Page 63: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

63

rechnungsgrundlage für die Erstattungen des Landes nach dem AufnG hat der LRHgemeinsam mit vier seiner Rechnungsprüfungsämter untersucht.

Das AZR ist eine bundesweite Datenbank, die vom Bundesverwaltungsamt (BVA)geführt wird und im Wesentlichen personenbezogene Daten von Ausländern enthält,die sich nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten oder aufgehalten haben.Das Datenprofil im AZR und seine Nutzung werden durch das AZR-Gesetz (AZRG)vom 02.09.1994 (BGBl. I S. 2265) sowie die AZRG-Durchführungsverordnung gere-gelt. Anwendung findet das Register in den Bereichen Melderecht, Ausländerverwal-tung, Einreisepolitik, Asyl, polizeiliche Fahndung, geheimdienstliche Beobachtung,Arbeitsverwaltung und Zollfahndung. Zur Datenübermittlung an das BVA sind u. a.verpflichtet die kommunalen Ausländerbehörden, insbesondere für aufenthaltsrechtli-che Sachverhalte und Entscheidungen, sowie das Bundesamt für die Anerkennungausländischer Flüchtlinge (BAFl) vornehmlich für asylverfahrensrechtliche Daten.

Der LRH hält das AZR als Abrechnungsgrundlage für das AufnG aus mehrerenGründen für ungeeignet, die sich insbesondere beziehen auf

– die Richtigkeit des AZR,

– die Verantwortlichkeit für das AZR und

– die Kontroll- und Prüfungsmöglichkeiten der nach dem Dateninhalt des AZR er-stellten Abrechnungen nach dem AufnG.

Daneben gibt es bei der Abfrage aus dem AZR weitere Probleme, wie z. B. die be-grenzten Auswertungsmöglichkeiten, die sich auf den Umfang der Erstattung nachdem AufnG auswirken können.

Richtigkeit des AZR

Fehler im AZR können z. B. entstehen durch

– falsche Eingaben von Grundpersonalien (Name, Geburtsdatum, Anschrift), wasdazu führen kann, dass zu einem Ausländer mehrere Datensätze existieren, oder

– verzögerte Eingaben von Daten, die für das Asylverfahren relevant sind (z. B.Asylantrag gestellt, Asylantrag abgelehnt, Asylfolgeantrag gestellt, „Fortzug nachUnbekannt“), sodass die Zahl der erstattungsfähigen ausländischen Flüchtlingevorübergehend zu hoch oder zu niedrig sein kann.

Dem Innenministerium war bei der Einführung des AZR als Abrechnungsgrundlagebewusst, dass das Register in einer unbekannten Zahl von Fällen unrichtige oder nichtaktuelle Daten enthielt. Das BVA trat bereits Mitte 1996 an die Ausländerbehördenheran mit der Bitte, bestimmte Datenbestände des AZR mit eigenen Datenbeständenabzugleichen. Es ergaben sich zu den abgefragten Kriterien, z. B. der Anzahl derAsylbewerber oder der Duldungen, zum Teil Differenzen von über 1 000 v. H. Diedaraufhin vom BVA für erforderlich gehaltene Datenbereinigung ist bis heute, insbe-sondere wegen technischer Schwierigkeiten und des immensen Aufwands, immernoch nicht abgeschlossen.

Auch vom Innenministerium selbst wurden im Hinblick auf die für die Kostenerstat-tung nach dem AufnG relevanten Daten aus dem AZR zwei Datenbereinigungsaktio-nen bei den Ausländerbehörden veranlasst. Ihm ist aber nicht bekannt, inwieweit die-se Aktionen abgeschlossen worden sind und ob die Bezirksregierungen, wie gefor-dert, den Vollzug überwacht haben. Eine vom LRH dazu durchgeführte schriftlicheBefragung der kommunalen Ausländerbehörden ergab, dass ca. bei einem Viertel einAbschluss der Datenbereinigung noch aussteht. Die Ausländerbehörden, die die Be-

Page 64: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

64

reinigungen bereits durchgeführt haben, mussten zum Teil erhebliche Korrekturenvornehmen.

Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass das AZR aufgrund der zahlreichenBereinigungsaktionen jetzt insgesamt zuverlässiger ist, eine konkrete Aussage zurRichtigkeit seines Datenmaterials ist aber nicht möglich. Zudem stellten Ausländer-behörden schon kurze Zeit nach den Bereinigungen neue Fehler im Datenmaterialfest.

Verantwortlichkeit für die Datenpflege des AZR

Die Fehleranfälligkeit des AZR ist u. a. auf die unklare Verantwortlichkeit für dieDatenpflege zurückzuführen. Viele der die Kostenerstattung nach dem AufnG betref-fenden Daten sind nicht von den Kommunen in das AZR einzugeben, sondern vomBAFl. Die kommunalen Ausländerbehörden sind nach § 8 AZRG lediglich dazu ver-pflichtet, für die Aktualität und Richtigkeit der von ihnen übermittelten Daten zu sor-gen. Auf die Eingaben im Übrigen haben sie keinen Einfluss, Fehler wirken sich aberauf die Höhe der ihnen zustehenden Kostenerstattung nach dem AufnG aus.

Kontrollmöglichkeiten der Abrechnungen durch die Ausländerbehörden

Die Ausländerbehörden können die zur Quartalsabrechnung nach dem AufnG vomBVA gemeldeten AZR-Zahlen nicht konkret überprüfen, da es sich um anonymisierteDaten handelt. Sie können sie lediglich mit dem Gesamtergebnis eigener Datenbe-stände abgleichen, dabei festgestellte Abweichungen haben aber keinen Einfluss aufdie Höhe der Kostenerstattung, weil allein die Daten des AZR zum Stichtag maßgeb-lich sind.

Wegen der eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten, verbunden mit Zweifeln an derRichtigkeit des den Abrechnungen zugrunde liegenden Datenbestands aus dem AZR,und wegen der unklaren Verantwortlichkeit für dessen Datenpflege hält ca. ein Drittelder Kommunen das AZR als Abrechnungsgrundlage für eher ungeeignet und einweiteres Drittel für nur bedingt geeignet.

Prüfungsmöglichkeiten im Rahmen der externen Finanzkontrolle

Um die Richtigkeit der Abrechnungen nach dem AufnG zu überprüfen, hat der LRHfür einige Ausländerbehörden vom Innenministerium Namenslisten zum Stichtag31.12.1999 angefordert. Die benötigten Listen wurden vom BVA erstellt, es unter-sagte dem Innenministerium unter Verweis auf das AZRG jedoch, sie an den LRHweiterzugeben. Wie der LRH, der Niedersächsische Datenschutzbeauftragte und dasInnenministerium übereinstimmend feststellten, ist die dieser Untersagung zugrundeliegende Rechtsauffassung des BVA zutreffend; im Übrigen hätten die Namenslistenselbst dem Innenministerium oder den Bezirksregierungen nicht übermittelt werdendürfen.

Eine Prüfung, ob die Erstattungsleistungen des Landes nach dem AufnG nicht nursachlich und rechnerisch richtig, sondern auch notwendig sind, umfasst auch dieMöglichkeit, sich der Richtigkeit des zugrunde liegenden Datenmaterials mit einemvertretbaren Aufwand zu vergewissern. Dazu müssen die Namenslisten aus dem AZRzur Verfügung stehen. Eine Alternative, wie die Richtigkeit der Erstattungszahlungendes Landes zu überprüfen wäre, konnten weder das Innenministerium noch andereStellen benennen. Selbst im Falle einer nicht gerade wahrscheinlichen zukünftigenÄnderung des AZRG könnten die erforderlichen Daten jeweils für die Vergangenheit

Page 65: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

65

nicht mehr erhoben werden. Die Erstattungsleistungen des Landes an die Kommunennach dem AufnG sind daher nicht belegt und nicht hinreichend prüfbar.

Prüfungsmöglichkeiten im Rahmen von Geschäftsprüfungen

Die Bezirksregierungen müssen im Rahmen von Geschäftsprüfungen auch der pau-schalen Erstattung (§ 3 AufnG) stichprobenweise nachgehen. Dies ist nur möglichüber einen Abgleich einzelner nach dem AZR erstattungsfähiger Fälle mit den Aus-länderakten der Ausländerbehörden. Voraussetzung hierfür wäre ebenfalls, dass denBezirksregierungen zu einem Erstattungsstichtag Namenslisten aus dem AZR zurVerfügung gestellt würden. Dies ist aber, zumindest zu Geschäftsprüfungszwecken,nach dem AZRG unzulässig. Zudem existierten derartige Namenslisten bis zum Zeit-punkt der örtlichen Erhebungen des LRH nicht und können programmtechnisch fürdie Vergangenheit nicht mehr erstellt werden. Einfach und sachgerecht durchzufüh-rende Geschäftsprüfungen sind damit ebenfalls nicht möglich.

Ausländerdateien als Alternative zum AZR

Aufgrund von § 80 Ausländergesetz hat das Bundesinnenministerium Ende 1990 dieAusländerdateienverordnung erlassen. Danach hat jede Ausländerbehörde eine Dateiüber die Ausländer zu führen, die sich in ihrem Bezirk aufhalten oder aufgehalten ha-ben, die bei ihr einen Antrag gestellt oder Einreise und Aufenthalt angezeigt habenoder für oder gegen die sie eine ausländerrechtliche Maßnahme oder Entscheidunggetroffen hat. Nach dem Ergebnis der Prüfung des LRH führen 52 von55 Ausländerbehörden diese Ausländerdatei mittlerweile technikunterstützt, wobeiverschiedene Programme verwendet werden. Die drei häufigsten Programme wurdenvom LRH näher untersucht. Der LRH hat festgestellt, dass mit ihnen die für die Ab-rechnung nach dem AufnG erforderlichen Daten abgefragt und mit Namenslisten be-legt werden könnten. Die Fehlerquote der Ausländerdateien kann dabei vernachlässigtwerden, da sie, weil nur eine Ausländerbehörde auf die Datei zugreifen kann, geringund die Verantwortlichkeit für den Inhalt klar geregelt ist. Durch zeitnahe Eingabenvon Veränderungen durch die Ausländerbehörden ist zudem eine hohe Aktualität desDatenmaterials sichergestellt; die Eingaben des BAFl in das AZR dauern dagegen er-heblich länger und wurden deshalb von vielen Ausländerbehörden bemängelt.

Zusammenfassende Bewertung

Der LRH fordert daher, die für die Abrechnung nach dem AufnG notwendigen Perso-nenzahlen von den Ausländerbehörden selbst mit Hilfe ihrer Ausländerdateien ermit-teln zu lassen. Die Kommunen wären damit allein verantwortlich für die Richtigkeitder Abrechnungen mit dem Land. Eine Überprüfung dieser Abrechnungen wäre auf-grund der von den Kommunen zu erstellenden Namenslisten sowohl im Rahmen vonGeschäftsprüfungen als auch durch Behörden der externen Finanzkontrolle problem-los möglich. Zudem wäre eine höhere Akzeptanz des Abrechnungsverfahrens bei denKommunen zu erwarten, da ihm „eigene“ Zahlen zugrunde lägen. Nach den Ergebnis-sen einer Umfrage des LRH wenden alle anderen Bundesländer, die mit einem pau-schalen Kostenerstattungssystem arbeiten, entsprechende Verfahren an.

Page 66: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

66

6. Mangelhafte Geschäftsprüfungen im Bereich des Aufnahmegesetzes

Kapitel 03 26

Den Bezirksregierungen obliegt es, im Bereich des AufnahmegesetzesGeschäftsprüfungen durchzuführen. Obwohl ihnen für diese Aufgabezusätzliche Stellen zugewiesen wurden, haben zwei Bezirksregierungen dieseAufgabe nur mangelhaft wahrgenommen. Das Ministerium hat es versäumt,rechtzeitig koordinierend und lenkend einzugreifen und so Fehlentwicklungenentgegen zu wirken.

Die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge ist, soweit sie nicht durch das Land selbsterfolgt, eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises der Gemeinden; deren Auf-wendungen erstattet das Land über die Landkreise (§§ 1 Abs. 1, 3 Aufnahmegesetz).Fachaufsichtsbehörden sind die Bezirksregierungen. Sie sollen ihrer Aufsichtsfunkti-on insbesondere dadurch nachkommen, dass sie in regelmäßigen Abständen Ge-schäftsprüfungen bei den nachgeordneten Behörden durchführen.

Wegen der besonderen finanziellen Bedeutung der Aufnahme ausländischer Flücht-linge hat das seinerzeit zuständige Ministerium für Bundes- und Europaangelegen-heiten seit 1987 die Bezirksregierungen in verschiedenen Erlassen ausdrücklich aufdie Pflicht zur Durchführung von Geschäftsprüfungen hingewiesen. Nachdem derLRH 1993 erhebliche Abrechnungsmängel und eine ungenügende Wahrnehmung derFachaufsicht nachgewiesen hatte (Jahresbericht 1994, Abschnitt V, Nrn. 27 bis 29),stellte das Ministerium im Jahr 1994 den Bezirksregierungen zusätzliche Stellen desgehobenen Dienstes für die Geschäftsprüfungen zur Verfügung. Welche Erwartung esdamals mit der Zuweisung der zusätzlichen Stellen verknüpft hat, kommt deutlich ineinem Schreiben des Staatssekretärs an den Regierungspräsidenten in Hannover zumAusdruck:

„Nach den Feststellungen des Landesrechnungshofes und den Erkenntnissenmeines Hauses ist es dringend notwendig, dass die wirtschaftliche und sparsa-me Verwendung der Haushaltsmittel ständig kontrolliert und überwacht wird.... Um die Bezirksregierungen in die Lage zu versetzen, ihre Überwachungs-und Kontrollaufgaben in diesem Bereich ordnungsgemäß erfüllen zu können,habe ich dafür gesorgt, dass durch Verlagerung von drei Stellen ... dasDez. 107 Ihres Hauses entsprechend verstärkt werden konnte. Es ist mir nun-mehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Stellen auch tatsächlich dafürverwendet werden, dass die Überwachungsaufgaben und die Prüfungstätig-keiten verstärkt wahrgenommen werden.“

Der LRH hat durch seine Rechnungsprüfungsämter bei den einzelnen Bezirksregie-rungen für den Zeitraum von 1994 bis 2000 untersuchen lassen, ob und mit welchenErgebnissen die Bezirksregierungen ihrem Auftrag nachgekommen sind.

Die Forderung auch des nunmehr zuständigen Innenministeriums, einen Prüfungstur-nus von zwei Jahren einzuhalten, konnte keine Bezirksregierung auch nur annähernderfüllen. In den meisten Kommunen hat im Zeitraum von 1984 bis 2000 nur eine Prü-fung stattgefunden. Nahezu alle Prüfungen wurden zudem nach altem Recht durchge-führt, beziehen sich also auf Zeiträume vor 1997, als noch die so genannte Spitzab-rechnung galt. Erhebliche Unterschiede ergeben sich bei der Prüfungskonzeption. DieBezirksregierung Lüneburg arbeitet nach einem detaillierten Ablaufplan, aus dem sichdie Schwerpunkte der Prüfung und die zeitliche Abfolge ergeben. Die Prüfungsinhaltekonzentrieren sich auf die bekannten Hauptfehlerquellen, wie Kostenerstattungszeit-räume, Statusfeststellungen und die Fremdbelegung von Flüchtlingswohnheimen.Ähnlich geht die Bezirksregierung Weser-Ems vor. Die Bezirksregierungen Hannoverund Braunschweig besitzen dagegen kein schlüssiges Prüfungskonzept und verzich-

Page 67: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

67

teten in der Vergangenheit darauf, wichtige Bereiche wie Statusfeststellung undFremdbelegung von Flüchtlingswohnheimen in die Prüfung mit einzubeziehen.

Gravierende Unterschiede ergeben sich auch bei der Sicherung der gefundenen Er-gebnisse und deren Abarbeitung. Während die Bezirksregierungen Lüneburg und We-ser-Ems Prüfberichte anfertigen, aus denen sich auch die Höhe der Rückforderungenergibt, hat die Bezirksregierung Hannover jahrelang (bis 1998) gar keine Prüfberichtegefertigt. Die Bezirksregierung Braunschweig hat zwar Prüfberichte erstellt, aber aufdie konkrete Geltendmachung von Rückforderungen verzichtet.

Während die Bezirksregierungen Weser-Ems und Lüneburg auch für die Phase nachder Prüfung nach einem Ablaufplan arbeiten, die Fristen zur Stellungnahme überwa-chen und sich zeitnah mit den Stellungnahmen auseinandersetzen, hat die Bezirksre-gierung Braunschweig Stellungnahmen zu Prüfberichten teilweise jahrelang nicht be-arbeitet.

Die geschilderte unterschiedliche Vorgehensweise spiegelt sich in den finanziellenErgebnissen der Geschäftsprüfungen wider. Am erfolgreichsten war die Bezirksregie-rung Lüneburg, die für den geprüften Zeitraum ca. 21 Millionen DM Rückforderun-gen geltend gemacht hat. Erfolgreich war ferner die Bezirksregierung Weser-Ems, dieauf eine Rückforderungssumme von ca. 10 Millionen DM kam.

Die Bezirksregierung Braunschweig, die keine Rückforderungen in die Niederschrif-ten aufgenommen hatte, konnte auch ansonsten keine Aufstellungen über geltend ge-machte Rückforderungsbeträge vorlegen. Nach einer Auflistung der Bezirksregierungsollen für fünf Geschäftsprüfungen in den Jahren 1995 bis 1999 ca. 139 000 DM vonden geprüften Stellen erstattet worden sein. Es konnten allerdings keine Unterlagenvorgelegt werden, aus denen sich ergab, dass die Beträge auch tatsächlich durchRückzahlungen oder Verrechnungen erstattet worden sind.

Ähnliches gilt für die Bezirksregierung Hannover. Seit 1998 (seitdem werden Prü-fungsniederschriften angefertigt) wurden bei zwei Landkreisen Rückforderungen voninsgesamt ca. 115 000 DM geltend gemacht. Bei einer weiteren Prüfung ergab sichein Rückforderungsbetrag von 2 Millionen DM. Für diese Prüfung lag zum Zeitpunktder Erhebung im Mai 2000 aber erst der Entwurf einer Niederschrift vor, obwohl dieörtlichen Erhebungen bereits im August 1999 abgeschlossen worden waren. Auch füreine weitere Prüfung, die bereits im Jahr 1998 durchgeführt worden war, lag zum Er-hebungszeitpunkt nur der Entwurf einer Niederschrift vor.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die vier Bezirksregierungen ih-rer Verpflichtung zur Fachaufsicht sehr unterschiedlich nachgekommen sind. Unter-schiede bestehen insbesondere hinsichtlich der Intensität der Prüfungen, der Doku-mentation der gefundenen Ergebnisse und der Geltendmachung von Rückforderun-gen.

Vergleicht man die Ergebnisse der Bezirksregierungen Hannover und Braunschweigmit denen der Bezirksregierungen Lüneburg und Weser-Ems, so wird man feststellenmüssen, dass dem Land durch die mangelhafte Wahrnehmung der Aufgabe bei zweiBezirksregierungen ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein dürfte.

Das Innenministerium war offensichtlich nicht rechtzeitig über die geschilderte Ent-wicklung unterrichtet; denn ansonsten hätte es früher koordinierend und lenkend ein-greifen müssen. Dem Ministerium hätte z. B. auffallen müssen, dass die Bezirksregie-rungen Hannover und Braunschweig jahrelang keine Rückforderungen geltend ge-macht haben und die Bezirksregierung Hannover nicht einmal Prüfungsniederschrif-ten gefertigt hat. Zwar sind die Geschäftsprüfungen auch in Dienstbesprechungen er-örtert worden. Die uns vorliegenden Protokolle weisen jedoch aus, dass in erster Linieder zweijährige Prüfungsturnus angemahnt wurde, die eklatanten Unterschiede in derQualität der Prüfungen dagegen keine Rolle gespielt haben. Die Zurückhaltung des

Page 68: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

68

Ministeriums verwundert gerade wegen des zitierten Schreibens, in dem die Wichtig-keit der Geschäftsprüfungen ausdrücklich betont worden war.

Die Überwachung und Koordinierung hätten keines großen Aufwands bedurft. Insbe-sondere die Bezirksregierung Lüneburg besaß nämlich schon frühzeitig ein überzeu-gendes Konzept und konnte auch entsprechende Erfolge vorweisen. Wären die übri-gen Bezirksregierungen, vor allem die Bezirksregierungen Braunschweig und Hanno-ver, rechtzeitig angehalten worden, nach diesem Konzept zu arbeiten, hätten sichschnell auch bei ihnen entsprechende Erfolge eingestellt. Tatsächlich hat das Ministe-rium aber erst in einer Dienstbesprechung Mitte 1999 den Bezirksregierungen einenAblaufplan für Geschäftsprüfungen übergeben, der im Wesentlichen dem von der Be-zirksregierung Lüneburg entwickelten Plan entspricht.

Mit einer einheitlichen Konzeption, regelmäßigen Treffen der Prüfer auf Landesebenezum Erfahrungsaustausch und zur Verfeinerung der Konzeption und einer Überwa-chung der Ergebnisse hätte verhindert werden können, dass nur zwei von vier Be-zirksregierungen das zusätzlich bereitgestellte Personal tatsächlich effektiv und ge-winnbringend für das Land genutzt haben.

FinanzministeriumEinzelplan 04

7. Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Steuerverwaltung - Teil I:Veranlagungsfinanzämter

Kapitel 04 06

Die Veranlagungsfinanzämter erfüllen ihre Aufgaben nicht in allen Bereichenwirtschaftlich.

Der LRH hat u. a. vorgeschlagen, für die Steuerfestsetzung eineTeamorganisation einzuführen, die Besteuerung von Kraftfahrzeugen beiwenigen Finanzämtern zu konzentrieren, die Einheitsbewertung zukommunalisieren, die Effektivität der Betriebsprüfung und der Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu steigern, Controlling- und Qualitätssicherungsstelleneinzurichten und insbesondere bei den Vollstreckungsaufgaben sowie beiAssistenzfunktionen den Einsatz der IuK-Technik zu verbessern.Veranlagungsfinanzämter mit einem Personalbestand von weniger als150 Vollzeitkräften sollten grundsätzlich aufgelöst und ihre Zuständigkeitenbenachbarten Finanzämtern zugeordnet werden.

Durch die Umsetzung dieser Vorschläge kann die Steuerverwaltung über ihreigenes Einsparungskonzept hinaus weitere Stellen in erheblichem Umfangeinsparen. Dabei sind die mit einer Kommunalisierung der Einheitsbewertungverbundenen Einsparungsmöglichkeiten noch nicht berücksichtigt.

Überblick

Der Oberfinanzdirektion Hannover unterstehen 57 Veranlagungsfinanzämter, davoneines - Hannover Land I - mit einer Außenstelle in Springe. Daneben gibt es siebenFinanzämter für Großbetriebsprüfung und vier Finanzämter für Fahndung und Straf-sachen, die von der Prüfung nicht erfasst waren; bei diesen hat der LRH aber Infor-mationsgespräche geführt.

Für die Durchführung ihrer Aufgaben standen den Finanzämtern (einschließlich deroben genannten Sonderfinanzämter) nach dem Haushaltsplan 1999/2000 im Kapi-

Page 69: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

69

tel 04 06 8 609 Stellen für planmäßige Beamte, 334 Stellen für beamtete Hilfskräfte,2 634 Stellen für Angestellte und 158 Stellen für Arbeiter, also zusammen11 735 Stellen, zur Verfügung. Im Vergleich zu 1980 hat sich die Summe dieserStellen um 308 (rd. 2,5 v. H.) verringert, obwohl die Anzahl der Stellen für planmäßi-ge Beamte um 1 466 gestiegen ist.

Mit Hilfe einer Personalbedarfsberechnung hat die Oberfinanzdirektion für die Erle-digung der Aufgaben der Finanzämter (einschließlich Sonderfinanzämter) im Jahre1999 einen Bedarf von insgesamt 12 795 Vollzeitkräften ermittelt, diesen aber durcheine Personalzuweisung von 11 107 Vollzeitkräften nur zu rd. 87 v. H. befriedigt.

Bis Ende 1999 hatte die Steuerverwaltung in den Finanzämtern insgesamtca. 600 Server und ca. 10 000 PC installiert, die miteinander vernetzt sind. Danebenwaren ca. 2 000 Laptops für die Betriebsprüfung und Lohnsteueraußenprüfung imEinsatz. Damit hat die Steuerverwaltung auf der Ortsebene fast alle Arbeitsplätze mitIuK-Technik ausgestattet. Der LRH rechnet damit, dass die Art der Aufgabenerledi-gung sich in den nächsten Jahren durch den Einsatz der IuK-Technik erheblich verän-dern wird.

Aufbauorganisation

Die Ortsinstanz der Steuerverwaltung hat sich hinsichtlich der aufbauorganisatori-schen Strukturen (z. B. Zahl der Veranlagungsfinanzämter, Gliederung in Sachgebie-te) in den letzten 30 Jahren nur unwesentlich geändert, obwohl das Finanzministeriumsich bereits in den 70er-Jahren mit der Frage der optimalen Größe eines Veranla-gungsfinanzamts befasst hat und seinerzeit zu dem Schluss gekommen ist, dass dieFinanzämter aus Wirtschaftlichkeitsgründen zwischen 150 und 250 Bedienstete habensollten. Gemessen an der Personalzuweisung für 1999 sind danach 22 Finanzämter zuklein. Bei acht Finanzämtern betrug die Personalzuweisung sogar weniger als100 Vollzeitkräfte.

Nach den Ergebnissen seiner Prüfung hinsichtlich einer wirtschaftlichen Aufgaben-erledigung in den Geschäftsstellen der Finanzämter, der Auslastung der dort beschäf-tigten Führungskräfte, der Einführung wirtschaftlicher Aufbau- und Ablaufstrukturenbei steuerfachlichen Aufgaben (z. B. Teamarbeit) und der gebotenen Ausschöpfungaller Einsparmöglichkeiten hält der LRH eine Mindestgröße der Finanzämter von150 Vollzeitkräften für erforderlich. Deshalb hat er vorgeschlagen, zehn der57 Veranlagungsfinanzämter aufzulösen und ihre Zuständigkeiten benachbarten Fi-nanzämtern zuzuordnen. Dabei hält er Außenstellen allenfalls als Übergangslösungenmit genauer zeitlicher Befristung für hinnehmbar.

Das Finanzministerium sollte ein Konzept zur Neuorganisation der Steuerverwaltungerarbeiten mit dem Ziel, die Zahl der Ortsbehörden deutlich zu verringern.

Aufgabenverlagerungen

Die Bewertungsstellen der Veranlagungsfinanzämter haben nach Maßgabe des Be-wertungsgesetzes für rd. 360 000 Betriebe der Land- und Forstwirtschaft undrd. 2 600 000 Grundstücke/Betriebsgrundstücke Einheitswerte festzusetzen, welche(außer im Falle der so genannten Bedarfsbewertung für die Erbschaft- und Schen-kungsteuer) im Wesentlichen nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung sind, diedie Gemeinden erheben. Die Einheitsbewertung verursacht in den Finanzämtern einenerheblichen Arbeitsaufwand. 1999 hatte die Oberfinanzdirektion ihnen dafür519 Vollzeitkräfte zugewiesen.

Der LRH sieht es nicht als sachgerecht an, dass Finanzämter als Landesbehörden miteinem derart hohen Personaleinsatz Besteuerungsgrundlagen für eine kommunale

Page 70: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

70

Steuer ermitteln, und befürwortet nachdrücklich die im gegenwärtigen Verfahren füreine Novellierung des Grundsteuergesetzes erwogene Kommunalisierung. Sollte sichdies nicht durchsetzen lassen, hält der LRH es für geboten, die Möglichkeit einesKostenersatzes durch die Kommunen zu prüfen.

Aufgabenkonzentration

In den Bewertungs- und Grunderwerbsteuerstellen sind die Bewertungsaufgaben or-ganisatorisch zusammengefasst mit den Aufgaben des Grunderwerbsteuerbereichs,für den der Personaleinsatz deutlich geringer ist (Zuweisung von 94 Vollzeitkräften).Wenn die Einheitsbewertung kommunalisiert wird, ist der Umfang der verbleibendenAufgaben so gering, dass es mit Blick auf eine sachgerechte Auslastung der Bediens-teten sowie zweckmäßige Vertretungsregelungen unwirtschaftlich wäre, dafür beson-dere Organisationseinheiten bei allen Finanzämtern bestehen zu lassen. Aber auch,wenn die Bewertungsaufgaben bei den Finanzämtern bleiben, sind die Bewertungs-und Grunderwerbsteuerstellen bei vielen Finanzämtern so klein, dass eine Neuorgani-sation angezeigt ist, um die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung zu verbessern.Der LRH hat angeregt, die Aufgaben bei etwa der Hälfte der Finanzämter zu konzent-rieren.

Um einen effektiveren und effizienteren Personaleinsatz zu erreichen, sollte auch eineweitreichende Konzentration der Kraftfahrzeugsteuerstellen angestrebt werden. Schonjetzt sind Kraftfahrzeugsteuerstellen nur bei 43 Veranlagungsfinanzämtern eingerich-tet. Der LRH hält es für möglich und wirtschaftlich geboten, die Zuständigkeitsbezir-ke für die Kraftfahrzeugsteuer so festzulegen, dass diese Aufgabe künftig nur nochvon 14 Finanzämtern wahrgenommen wird.

Aufgabendelegation

Die dienstrechtlichen Befugnisse hat die Oberfinanzdirektion den Finanzämtern nurfür die wenigen Arbeiter und mit erheblichen Einschränkungen für die Angestelltender Vergütungsgruppen X bis V c BAT übertragen, obwohl dort Beamte des gehobe-nen Dienstes (Dienstpostenbewertung: Besoldungsgruppe A 12) mit guten Kenntnis-sen und Erfahrungen auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts und des Tarif-rechts als Geschäftsstellenleiter tätig sind. Diese sind durchweg qualifiziert und an ei-ner weitreichenden Aufgabendelegation auch interessiert. Der LRH hält es für sachge-recht, den Finanzämtern die dienstrechtlichen Befugnisse für alle Angestellten (ohneEinschränkungen) und für die Beamten des einfachen, mittleren und gehobenenDienstes (ohne Sachgebietsleiter) sowie die Verantwortung für die Stellenbewirt-schaftung zu übertragen. Die Erweiterung der dienstrechtlichen Befugnisse sollte miteiner Verlagerung des Beurteilungsverfahrens auf die Finanzämter einhergehen.

Aufgabenveränderungen

Die Finanzämter für Großbetriebsprüfung sind seit Jahren personell unterbesetzt. Esgibt nicht genügend geeignete und interessierte Bewerber, um alle freien Stellen zubesetzen. Der LRH hat deshalb angeregt zu prüfen, ob diese Sonderfinanzämter durchdie Verlagerung von Aufgaben an die Veranlagungsfinanzämter entlastet werdenkönnen, und dazu gezielte Hinweise gegeben.

Der LRH hält es für nicht hinnehmbar, dass bei mehreren Finanzämtern, die fürstrukturell besonders bedeutsame Gebiete in und um Hannover sowie um Hamburg(mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil besonders prüfungswürdiger Betriebe)zuständig sind, die personelle Besetzung des Betriebsprüfungsdienstes seit Jahrennicht ausreicht. Er hält es für erforderlich, dass die Oberfinanzdirektion gerade unter

Page 71: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

71

dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Bedeutung Maßnahmen für eine Verstärkungdieser Betriebsprüfungsstellen ergreift und hat dazu Lösungswege aufgezeigt. DieOberfinanzdirektion sollte aber auch dafür sorgen, dass die Effektivität der Außenprü-fung nachhaltig verbessert wird, denn der LRH hat festgestellt, dass die Leistungendes Prüfdienstes im Bundesvergleich zu gering sind. Das gilt für die Zahl und die Er-gebnisse von Betriebsprüfungen ebenso wie für Umsatzsteuer-Sonderprüfungen.

Der LRH hat der Oberfinanzdirektion im Übrigen detaillierte Vorschläge zur künfti-gen Wahrnehmung der Umsatzsteuer-Sonderprüfungen unterbreitet.

Der LRH hält es überdies für zweckmäßig, an Stelle voneinander getrennter Umsatz-steuervoranmeldungsstellen und Arbeitgeberstellen bei allen Finanzämtern Anmelde-steuerstellen einzurichten. Außerdem hat er angeregt, bei der Steuerfestsetzung dasInstrument der so genannten betriebsnahen Veranlagung (Ermittlungen beim Steuer-pflichtigen für Zwecke der Sachverhaltsaufklärung) stärker als bisher einzusetzen.

Veränderungen hält der LRH auch bei der Rechtsbehelfsbearbeitung für erforderlich.So hat er u. a. empfohlen, die Bearbeitung von Rechtsbehelfen für den allgemeinenVeranlagungsbereich und den Arbeitnehmerbereich in den Rechtsbehelfsstellen zu-sammenzuführen und die Arbeit so zu organisieren, dass für gerichtliche Verfahrengrundsätzlich derselbe Bearbeiter zuständig ist wie für das vorangegangene Ein-spruchsverfahren.

Weiterhin hat der LRH angeregt, auf der Grundlage eines von der Oberfinanzdirekti-on zu erstellenden Controlling-Konzepts in allen Veranlagungsfinanzämtern Control-ling- und Qualitätssicherungsstellen einzurichten, und deren Aufgaben im Einzelnenbeschrieben.

Da die Steuergesetzgebung einem ständigen Wandel unterliegt, verändern sich auchdie Aufgabeninhalte der Bediensteten in den Finanzämtern. Außerdem ergeben sichlaufend Veränderungen bei der Art der Aufgabenerledigung durch neue Entwicklun-gen im Bereich der IuK-Technik. Deshalb ist eine kontinuierliche Fortbildung derBediensteten unverzichtbar. Um die Fortbildung über die vorhandenen Angebote hin-aus noch weiter zu verbessern, hat der LRH u. a. die Einrichtung eines „mobilen Fort-bildungsteams“ und eine intensive Informationsvermittlung durch „Multiplikatoren“vorgeschlagen.

Aufgabenwegfall

Der LRH hält die Prüfung des Erhebungsbereichs in den Finanzämtern durch beson-dere Kassenaufsichtsstellen sowie alljährlich stattfindende unvermutete Prüfungennach § 78 LHO nicht mehr für notwendig, weil die weitgehende Erledigung des Erhe-bungsgeschäfts im maschinellen Verfahren potenzielle Fehlerquellen erheblich ver-mindert hat.

Aufgabenorganisation bei der Steuerfestsetzung

Die mit der Steuerfestsetzung verbundenen Aufgaben sind bei den meisten Veranla-gungsfinanzämtern sehr arbeitsteilig organisiert. Bei der Verteilung der Aufgaben aufdie Bediensteten wird nicht nur zwischen veranlagenden und veranlagungsbegleiten-den Tätigkeiten, sondern in beiden Bereichen zusätzlich nach der Schwierigkeit derTätigkeiten unterschieden. Das Tätigkeitsspektrum ist bei vielen Bediensteten starkeingegrenzt, und nicht wenige ausgebildete und qualifizierte Beamte des mittlerenDienstes sind fast ausschließlich mit der Ablage von Akten und den damit zusam-menhängenden Hilfsarbeiten befasst. Dies hat sich negativ auf die Leistungsbereit-schaft und Motivation vieler Dienstkräfte ausgewirkt. Um dem entgegenzuwirken,haben einige Finanzämter Teamarbeit eingeführt und damit positive Erfahrungen ge-

Page 72: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

72

macht. Im Rahmen des Projekts „Finanzamt 2003“ zeichnet sich in verschiedenenPilotversuchen ab, dass die Teamorganisation eine Produktivitätssteigerung bewirkt.

Der LRH hat ein differenziertes Konzept mit Empfehlungen zu einer möglichst flä-chendeckenden Einführung der Teamorganisation erarbeitet und die zu erwartendenAuswirkungen dargelegt. Er hält es für zweckmäßig, die bestehende organisatorischeTrennung zwischen Veranlagungsaufgaben und veranlagungsbegleitenden Tätigkeitenaufzugeben und stattdessen Teams zu bilden, in denen die Bediensteten nach demPrinzip der ganzheitlichen Aufgabenerledigung arbeiten. Der LRH hat darüber hinausangeregt, die Aufgaben des allgemeinen Veranlagungsbereichs mit denen des Arbeit-nehmerbereichs organisatorisch zusammenzufassen. Dadurch lassen sich größereTeams bilden, und die Auslastung der Dienstkräfte kann besser gesteuert werden.

Einsatz der IuK-Technik

Der LRH hat festgestellt, dass die Finanzämter ihre Aufgaben in vielen Organisati-onseinheiten wirtschaftlicher wahrnehmen könnten, wenn die Oberfinanzdirektion dieVoraussetzungen für eine bessere Nutzung der IuK-Technik schaffte. Er hat der Ober-finanzdirektion hierfür konkrete Hinweise gegeben und u. a. Folgendes vorgeschla-gen:

– Einsatz von Scanner-Technik für die elektronische Erfassung der Daten aus denUmsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen (Belegleseverfah-ren),

– Fortentwicklung des Projekts ELSTER, mit Hilfe dessen Steuerklärungen aufelektronischem Wege abgegeben werden können,

– Automatisierung des Datenaustauschs zwischen den Steuerverwaltungen der Bun-desländer,

– Verknüpfung des Datenverarbeitungssystems der Steuerverwaltung (VDV II-Ver-fahren) mit dem Textverarbeitungsprogramm,

– Ausdehnung der (im Veranlagungs- und Arbeitnehmerbereich bereits eingeführ-ten) Bearbeitereingabe auf alle Arbeitsbereiche und Verzicht auf besondere Da-tenerfassungskräfte,

– Einführung einer maschinell geführten Arbeitgeberkartei,

– Einführung des Scheckleseverfahrens sowie des so genannten EZÜ-Verfahrens(zur elektronischen Unterstützung des Zahlungsverkehrs) bei allen Finanzkassen,

– Automatisierung des Vollstreckungsverfahrens,

– Automatisierung der Rechtsbehelfserfassung und -statistik,

– Automationsunterstützung bei den Arbeitsvorgängen in den Geschäftsstellen (z. B.bei Urlaubs- und Krankheitsangelegenheiten, Dienstreisegenehmigungen und-abrechnungen, Dienstzeitberechnungen und im Registraturbereich) und

– Bereitstellung elektronischer Dokumentvorlagen für alle Arbeitsbereiche.

Page 73: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

73

Weitere Rationalisierungsmöglichkeiten

Der LRH hält es für möglich,

– einige Aufgaben der Veranlagungsfinanzämter, die bisher von Beamten des geho-benen Dienstes wahrgenommen werden, künftig Beamten des mittleren Diensteszu übertragen (z. B. im Arbeitnehmerbereich und bei der Prüfung von Kapitalge-sellschaften) und

– durch gezielte Leistungsvergleiche zwischen den Finanzämtern weitere Rationali-sierungsmöglichkeiten zu erzielen.

Er hat der Oberfinanzdirektion außerdem verschiedene Möglichkeiten zur Verbesse-rung der Ablauforganisation aufgezeigt, die zu weiteren Einsparungen führen, z. B.zur künftigen Aktenführung im Arbeitnehmerbereich und zum Erfassungssystem beiden Einkommensteuererklärungen.

Personalbedarf

Das gegenwärtige Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs für die Finanzämtermit Hilfe der oben genannten Personalbedarfsberechnung enthält zahlreicheSchwachstellen. Es vermittelt den zumindest in Teilen unzutreffenden Eindruck, dieFinanzämter seien dauerhaft personell unterbesetzt. Der LRH hält es für erforderlich,den Personalbedarf auf der Grundlage von zutreffenden und wegen Veränderungenbei der Aufgabenerledigung laufend zu aktualisierenden durchschnittlichen Bearbei-tungszeiten sowie wie bisher der jüngsten Fallzahlen zu ermitteln. Wenn die Steuer-verwaltung eine Kosten- und Leistungsrechnung einführt, besteht die Möglichkeit, diedafür erforderlichen Arbeitsaufzeichnungen für die Erstellung einer landesspezifi-schen Personalbedarfsberechnung zu nutzen. Auf die Anwendung der für Niedersach-sen teilweise nur bedingt geeigneten bundeseinheitlichen Personalbedarfsberechnungkann dann verzichtet werden. Für eine Übergangszeit kann ein „indexiertes“ Perso-nalzuweisungssystem hingenommen werden.

Die Oberfinanzdirektion hat in ihrem Personalentwicklungskonzept für den mittlerenDienst eine Einsparung von 500 Vollzeitkräften vorgesehen. Der LRH hält weitereEinsparungen in erheblichem Umfang für realisierbar und hat dazu konkrete Emp-fehlungen abgegeben.

8. Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Steuerverwaltung- Teil II: Oberfinanzdirektion

Kapitel 04 05

Die Oberfinanzdirektion erfüllt ihre Aufgaben nicht in allen Bereichenwirtschaftlich. Der LRH hat u. a. vorgeschlagen, die Organisationsstrukturenerheblich zu straffen und die Aufgaben in einer Steuerabteilungzusammenzuführen. Er hält eine spiegelbildliche Wahrnehmungsteuerfachlicher Aufgaben wie auch von Querschnittsaufgaben (z. B.Organisations- und Personalangelegenheiten) an den Standorten Hannoverund Oldenburg für unwirtschaftlich. Außerdem empfiehlt der LRH, dieAufgaben des Finanzrechenzentrums neu zu organisieren und teilweise an dasInformatikzentrum Niedersachsen zu übertragen. Die Oberfinanzdirektionkann durch die Umsetzung der Vorschläge des LRH in erheblichem UmfangStellen einsparen.

Page 74: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

74

Überblick

Die Oberfinanzdirektion Hannover ist die Mittelbehörde der niedersächsischen Steu-erverwaltung. Für die damit zusammenhängenden Aufgaben hat sie zwei Besitz- undVerkehrsteuerabteilungen mit Sitz in Hannover und Oldenburg eingerichtet. Sie sindjeweils einem Finanzpräsidenten unterstellt. Der Abteilung in Hannover sind30 Veranlagungsfinanzämter, vier Finanzämter für Großbetriebsprüfung und drei Fi-nanzämter für Fahndung und Strafsachen nachgeordnet. Die Abteilung in Oldenburgist vorgesetzte Behörde von 27 Veranlagungsfinanzämtern, drei Finanzämtern fürGroßbetriebsprüfung und einem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen.

Die Besitz- und Verkehrsteuerabteilung Hannover besteht aus fünf Gruppen mit ins-gesamt 33 Referaten, in Oldenburg gibt es drei Gruppen mit 17 Referaten.

Am 01.07.2000 waren in der Besitz- und Verkehrsteuerabteilung Hannover361,9 Vollzeitkräfte und in Oldenburg 85,5 Vollzeitkräfte beschäftigt (jeweils ohneArbeiter).

Aufbauorganisation

Steuerfachliche Aufgaben

In beiden Besitz- und Verkehrsteuerabteilungen sind in jeweils zwei Gruppen Steuer-fachreferate eingerichtet, die - von Grundsatzfragen und einigen unwesentlichen Aus-nahmen abgesehen - alle steuerfachlichen Aufgaben der Mittelinstanz jeweils eigen-ständig für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich wahrnehmen. Die Zuständigkeitenfür Grundsatzfragen sind auf beide Abteilungen so aufgeteilt, dass jeweils einer Ab-teilung bestimmte Vorschriften von Steuergesetzen - meist abschnittsweise, aber ohneerkennbare Systematik - zur federführenden Grundsatzbearbeitung zugeordnet sindund die jeweils andere Abteilung diese Bearbeitungsvorgänge mitzeichnet. So ist z. B.die Besitz- und Verkehrsteuerabteilung Oldenburg zuständig für Grundsatzfragen derBetriebsprüfung, die in §§ 193 bis 195 (ohne § 194 Abs. 3) der Abgabenordnung undden §§ 36 bis 38 der Betriebsprüfungsordnung geregelt sind. Für die übrigen die Be-triebsprüfung betreffenden Vorschriften ist die Besitz- und VerkehrsteuerabteilungHannover zuständig.

Insgesamt gibt es in den vier Steuerfachgruppen 23 Referate, in denen am 01.07.2000 98,7 Vollzeitkräfte beschäftigt waren, davon 61,7 in Hannover und 37 in Oldenburg.Dies bedeutet einen Durchschnitt von 4,3 Vollzeitkräften (einschließlich Referent) jeReferat.

Nach den allgemein anerkannten Organisationsgrundsätzen für Ministerien soll dieZahl der sachbearbeitenden Mitarbeiter des höheren und des gehobenen Dienstes ineinem Referat fünf nicht unterschreiten. Die Leitungsspanne soll danach mindestens1 : 5 betragen. Diese Grundsätze sind der Aufbauorganisation von nachgeordnetenBehörden „erst recht“ zugrunde zu legen.

Der LRH hat vorgeschlagen, die Anzahl der Steuerfachreferate auf zehn zu verringernund die steuerfachlichen Aufgaben so auf diese Referate zu verteilen, dass ein Ab-stimmungsaufwand zwischen verschiedenen Referaten nur noch dann stattfindet,wenn verschiedene Steuerarten betroffen sind. Dafür hat er dem Finanzministeriumein detailliertes Organisationskonzept vorgelegt, das die Zuordnung der Steuerfachre-ferate zu drei Steuerfachgruppen vorsieht. Danach können eine Gruppe und13 Referate aufgelöst werden.

Page 75: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

75

Querschnittsaufgaben

Beide Besitz- und Verkehrsteuerabteilungen nehmen die Aufgaben

– Organisations- und allgemeine Verwaltungsangelegenheiten,

– Personalangelegenheiten,

– Justiziarsachen,

– Innere Revision,

– Unterbringungsfragen sowie

– Zentrale Dienste und Geschäftsstellenangelegenheiten

jeweils eigenständig für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich wahr. Die Grundsatz-fragen werden wie bei den steuerfachlichen Aufgaben bearbeitet.

Für die Haushaltsangelegenheiten und die mit dem Einsatz der Informations- undKommunikationstechnik zusammenhängenden Aufgaben ist dagegen allein die Be-sitz- und Verkehrsteuerabteilung Hannover zuständig. Die Angelegenheiten der In-formations- und Kommunikationstechnik obliegen dem Finanzrechenzentrum, dessenAufgaben allerdings nicht vollständig in Hannover konzentriert sind, sondern zumTeil in Lüneburg und Oldenburg wahrgenommen werden.

Die Querschnittsaufgaben sind in der Besitz- und Verkehrsteuerabteilung Oldenburgin einer Gruppe zusammengefasst. In Hannover sind hierfür dagegen drei Gruppeneingerichtet, davon eine für das Finanzrechenzentrum und zwei für die anderen Quer-schnittsaufgaben.

Der LRH hat vorgeschlagen, im Finanzrechenzentrum ein Referat einzusparen, da diemit dem Projekt FISCUS verbundenen Entwicklungsaufgaben auf eine dafür gegrün-dete GmbH übergehen. Alle anderen Querschnittsaufgaben sollte die Oberfinanzdi-rektion in einer Gruppe zusammenführen, um Doppelarbeit zu vermeiden. Dadurchkönnen zwei Gruppen und acht Referate aufgelöst werden.

Standortentscheidungen

Mit der Umsetzung der Vorschläge zur Neuorganisation sollte die Oberfinanzdirekti-on die künftigen Gruppen in einer Besitz- und Verkehrsteuerabteilung zusammenfüh-ren. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es ratsam, alle Aufgaben in Hannover zu kon-zentrieren. Für den Fall, dass die Landesregierung aus strukturpolitischen oder ande-ren Erwägungen am Standort Oldenburg festhalten will, hält der LRH es für vertret-bar, diesem Standort steuerfachliche Aufgaben zuzuordnen, und hat dafür konkreteEmpfehlungen abgegeben. Er hält es aber mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht fürvereinbar, die Querschnittsaufgaben auf zwei Standorte zu verteilen.

Der LRH hält es außerdem für geboten, die Aufgaben des Finanzrechenzentrums, diegegenwärtig noch in der früheren Außenstelle Lüneburg wahrgenommen werden(Printzentrum, Fernwartung), in Hannover zu konzentrieren.

Aufgabenverlagerungen

Das Informatikzentrum Niedersachsen erstellt für verschiedene Bereiche der Landes-verwaltung Druckprodukte. Deshalb hat der LRH das Finanzministerium gebeten zuuntersuchen, ob es wirtschaftlich ist, dem Informatikzentrum Niedersachsen auch dieProduktion für Druckerzeugnisse der Steuerverwaltung zu übertragen. Dies gilt ent-sprechend für die Übersendung von Steuererklärungsvordrucken. Der LRH hat außer-dem empfohlen, dem Informatikzentrum Niedersachsen die Netzwerkadministration

Page 76: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

76

für das Datennetz der Steuerverwaltung zu übertragen, und angeregt zu prüfen, obWartungs- und Reparaturaufgaben aus Wirtschaftlichkeitsgründen an private Auf-tragnehmer vergeben werden sollten.

Weitere Rationalisierungsmöglichkeiten und Empfehlungen zur Aufgabenerfüllung

Der LRH hält es für notwendig,

– das System der so genannten Karteiverfügungen (Dienstanweisungen zu organi-satorischen, personellen, haushaltsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen) mög-lichst bald durch ein elektronisches Fachinformationssystem zu ersetzen, das denBediensteten der Steuerverwaltung alle notwendigen Informationsdokumente be-nutzerfreundlich zur Verfügung stellt,

– die die Kassenaufsicht betreffenden Aufgaben der Oberfinanzdirektion mit denAufgaben der Inneren Revision zusammenzufassen,

– die Beratung der Finanzämter durch vermehrte Dienstbesuche zu verbessern,

– die Arbeitsweise der Finanzämter unabhängig von allgemeinen Geschäftsprüfun-gen künftig gezielt zu prüfen, wenn bedeutsame steuerrechtliche Änderungen dazuAnlass geben,

– im Finanzrechenzentrum ein Projekt- und Prioritätenmanagement sowie eineKosten- und Leistungsrechnung einzuführen,

– Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für die Hardwarebeschaffungen und die Soft-wareentwicklungen des Finanzrechenzentrums durchzuführen sowie

– das Verfahren zur Verarbeitung elektronisch übermittelter Steuererklärungsdaten(Projekt ELSTER) zügig weiterzuentwickeln sowie zu untersuchen, ob die auto-matische Erfassung von Steuererklärungen (Belegleseverfahren) wirtschaftlich ist.

Personalbedarf

Im Finanzrechenzentrum kann die Oberfinanzdirektion in erheblichem Umfang Stel-len einsparen, wenn sie bestimmte Aufgaben entsprechend den Empfehlungen desLRH neu organisiert, an das Informatikzentrum Niedersachsen verlagert und - soweitmöglich - an Dritte vergibt. Der LRH hat für die übrigen Aufgabenbereiche weitereEinsparmöglichkeiten von zahlreichen Stellen aufgezeigt und hält zusätzliche Einspa-rungen bei den Inneren Diensten für möglich.

Die Oberfinanzdirektion sollte ihre Aufgaben und den damit verbundenen Tätigkeits-umfang kritisch analysieren, einer methodisch fundierten Personalbedarfsberechnungunterziehen und den künftigen Personalbedarf anhand messbarer Kriterien ermitteln.Der LRH hat dafür Hinweise auf geeignete Vergleichsmaßstäbe gegeben.

Page 77: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

77

9. Stundungen

Kapitel 04 06

Einige Finanzämter bearbeiteten Stundungsangelegenheiten häufig nichtsachgerecht. Dies führte im Ergebnis zu einer verspäteten Erhebung vonSteuern und in zahlreichen Fällen auch zur Verjährung von Ansprüchen aufStundungszinsen. Die Abwicklung so genannter Verrechnungsstundungen istwegen unzureichender Automationsunterstützung zu aufwändig.

Allgemeines

Die Finanzämter können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach Maßgabedes § 222 Abgabenordnung (AO) aus persönlichen oder sachlichen Billigkeitsgründenstunden. Eine Stundung kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer bei Fäl-ligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruchdurch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Eine Stundung soll in der Regel nur ge-gen Sicherheitsleistung gewährt werden. Die gestundeten Steuern sind überdies mitmonatlich 0,5 v. H. zu verzinsen (§ 238 Abs. 1 AO).

Zwischen 1997 und 1999 hatten die Finanzämter des Landes jeweils am Schluss desJahres Steuern von durchschnittlich rd. 217 Millionen DM gestundet. Die betragsmä-ßige Stundungsquote sank in diesem Zeitraum von 0,48 v. H. auf 0,34 v. H. des Kas-sensolls19; der Bundesdurchschnitt lag Ende 1999 bei 0,25 v. H.

Der LRH prüfte im Jahr 2000 die Stundungspraxis bei vier Finanzämtern.

Stundung aus persönlichen Billigkeitsgründen

Eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 AO aus persönlichen Billigkeitsgründenkann sich daraus ergeben, dass sich der Steuerschuldner vorübergehend in ernsthaftenZahlungsschwierigkeiten befindet, die er nicht in zumutbarer Weise überwinden kannund die er auch nicht selbst herbeigeführt hat. Der Schuldner muss allerdings zur Til-gung der fälligen Steuern seine gesamte Wirtschaftskraft einsetzen. Er muss insbe-sondere seine Kreditmöglichkeiten ausschöpfen und liquidierbares Vermögen ver-werten. Der Steuerschuldner hat mithin dem Finanzamt seine aktuellen Einkommens-und Vermögensverhältnisse offen zu legen und durch geeignete Unterlagen nachzu-weisen.

Der LRH prüfte u. a. rd. 100 „größere“ Stundungsfälle20. Diese Fälle waren häufigdeshalb zu beanstanden, weil Unterlagen über die aktuellen wirtschaftlichen Verhält-nisse der Schuldner vollständig fehlten oder nur teilweise vorlagen. Insbesonderezwei Finanzämter entschieden über Stundungsanträge ohne hinreichende Kenntnis derVermögens- und Ertragslage der Schuldner. Sie akzeptierten Anträge, die lediglichallgemeine Hinweise auf die angespannte finanzielle Lage des Schuldners, eineschlechte Auftragssituation oder fehlende Zahlungsfähigkeit enthielten.

Darüber hinaus gewährte ein Finanzamt teilweise Stundungen auch dann, wenn ihmInformationen über erhebliches Vermögen der Schuldner vorlagen. In mehreren deruntersuchten Fälle stellte der LRH anhand der Steuerakten fest, dass die ausgespro-chenen Stundungen im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnernicht gerechtfertigt waren. So wurden in einem Fall 81 000 DM gegen monatliche

19 Kassensoll = Kassenmäßiges Aufkommen zuzüglich der Rückstände, der erlassenen und der niedergeschla-

genen Beträge.20 Fälle mit Stundungsbeträgen ab 20.000 DM und einer Laufzeit von mindestens sechs Monaten bzw. Fälle mit

Beträgen ab 5.000 DM und einer Laufzeit von mindestens zwölf Monaten.

Page 78: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

78

Raten von 600 DM trotz Bankguthaben und Wertpapiervermögen in Höhe von insge-samt ca. 1,2 Millionen DM gestundet. In einem anderen Fall stundete das Finanzamtrd. 78 000 DM gegen vierteljährliche Raten von 20 000 DM, obwohl der Schuldnerein Sparbuch mit einem Guthaben von rd. 300 000 DM besaß.

Überdies sahen drei Finanzämter in nahezu allen „größeren“ Fällen auch bei langfris-tigen Stundungen von einer Sicherheitsleistung ab.

Verrechnungsstundungen

Die Einziehung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann auch aus sach-lichen Gründen eine erhebliche Härte darstellen und somit unbillig sein. Zu den Bil-ligkeitsmaßnahmen aus sachlichen Gründen zählt insbesondere die Verrechnungs-stundung, bei der einem Schuldner beispielsweise eine fällige Einkommensteuerfor-derung bis zur Fälligkeit eines absehbaren Umsatzsteuerguthabens gestundet wird.Verrechnungsstundungen haben wegen ihrer großen Anzahl erhebliche praktischeBedeutung.

Die Abwicklung der Verrechnungsstundungen und die Festsetzung von Stundungs-zinsen erfordern eine Reihe von Arbeitsschritten, die in verschiedenen Bereichen desFinanzamts ohne nennenswerte Automationsunterstützung durchzuführen sind. DerLRH hat der Oberfinanzdirektion Vorschläge unterbreitet, wie Verrechnungsstundun-gen durch eine weitgehend programmgesteuerte Bearbeitung erheblich effizienter ab-gewickelt werden könnten. Dadurch würden auch die nachstehend beschriebenenSchwachstellen bei der Festsetzung von Stundungszinsen beseitigt.

Festsetzung von Stundungszinsen

Für die Dauer einer gewährten Stundung müssen die Finanzämter Zinsen erheben. Beider Zinsfestsetzung ist nach der AO die vergleichsweise kurze Festsetzungsfrist voneinem Jahr zu beachten (§ 239 Abs. 1 AO). Auf die Zinsen kann bei Verrechnungs-stundungen ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Ein Zins-verzicht ist jedoch unzulässig, soweit der die Verrechnungsstundung begründende Er-stattungsanspruch nach § 233 a AO innerhalb des Stundungszeitraums verzinst wirdoder dieser zum Ausgleich der gestundeten Ansprüche nicht ausreicht. Die Prüfung,ob und in welcher Höhe Stundungszinsen festzusetzen sind, wird nur teilweise ma-schinell unterstützt. Die Automationsunterstützung fehlt in den Fällen, in denen diegestundete Steuerforderung unter einer anderen Steuernummer als das zur Verrech-nung ausgewiesene Steuerguthaben erfasst wird. Die Finanzämter sind deshalb ange-wiesen worden, in solchen Verrechnungsfällen auf mögliche Zinsansprüche besonderszu achten.

Nach den Feststellungen des LRH setzten die Finanzämter bei zahlreichen Verrech-nungsstundungen keine Stundungszinsen fest. In etwa 50 Steuerfällen waren Zinsan-sprüche von insgesamt rd. 925 000 DM verjährt, wobei allein auf einen Fallca. 568 000 DM entfielen. Häufig handelte es sich um Fälle, in denen die unter eineranderen Steuernummer festgesetzten Erstattungszinsen nicht berücksichtigt wurden.Bei einem Teil der beanstandeten Fälle konnten noch Zinsen von insgesamtrd. 50 000 DM nacherhoben werden. Außerdem beanstandete der LRH wiederholtZinsfestsetzungen, bei denen die Berechnung wegen unzutreffender Zinszeiträumefehlerhaft war.

Die Oberfinanzdirektion hat die Finanzämter inzwischen auf die festgestellten Bear-beitungsdefizite hingewiesen und im Übrigen veranlasst, dass mit Hilfe maschinellerAusdrucke bisher unterbliebene Zinsfestsetzungen möglichst noch nachgeholt wer-den.

Page 79: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

79

Würdigung

Sowohl der Verzicht auf vollständige Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse beiStundungen aus persönlichen Billigkeitsgründen als auch die häufig unterbliebeneFestsetzung von Stundungszinsen bei Verrechnungsstundungen verstoßen gegen dashaushaltsrechtliche Gebot, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben (§ 34Abs. 1 LHO). Langfristige Stundungen ohne Sicherheitsleistungen erhöhen zudemdas Risiko, dass Steueransprüche wegen Verschlechterung der Vermögens- und Er-tragslage des Schuldners nicht mehr eingezogen werden können.

Die Stundungspraxis der geprüften Finanzämter ist ein Indiz dafür, dass die nieder-sächsische Steuerverwaltung insgesamt die engen gesetzlichen Grenzen für Stundun-gen von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nicht hinreichend beachtet. DerLRH erwartet, dass die Verwaltung durch fachaufsichtliche Maßnahmen und eineweitgehende Automationsunterstützung unberechtigte Stundungen und Zinsausfälleverhindert sowie eine effektive Bearbeitung der Verrechnungsstundungen sicherstellt.Diese Maßnahmen wären auch geeignet, die betragsmäßige Stundungsquote weiter anden Bundesdurchschnitt heranzuführen.

Ministerium für Frauen, Arbeit und SozialesEinzelplan 05

10. Anreize für die Refinanzierung von Unterhaltsvorschussleistungen

Kapitel 05 11

Der LRH hat bei der Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes,insbesondere hinsichtlich der Rückgriffe auf die Unterhaltspflichtigen,erhebliche Arbeitsrückstände und Bearbeitungsmängel festgestellt. DerRückfluss von Mitteln der Unterhaltspflichtigen kann durch größereAnstrengungen der Kommunen deutlich gesteigert werden. Um dies zufördern, hat der LRH ein Finanzierungssystem vorgeschlagen, dass dieKommunen zu stärkeren Bemühungen anregt und ihnen bei guterAufgabenerfüllung sogar zusätzliche Einnahmen ermöglicht.

Allein erziehende Elternteile haben nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhaltsvon Kindern allein stehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder-ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG -) für ihre noch nicht zwölf Jah-re alten Kinder für die Dauer von längstens sechs Jahren einen Anspruch auf finan-zielle Hilfe, wenn der andere Elternteil sich der Pflicht zur Zahlung von Unterhaltganz oder teilweise entzieht, hierzu nicht oder nicht in hinreichendem Maße in derLage ist oder wenn er verstorben ist. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen denfamilienfernen Elternteil geht in Höhe der Unterhaltsleistung gemeinsam mit demunterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch kraft Gesetz auf das Land über.

Bis Ende 1999 haben die Länder das UVG als Auftragsangelegenheit des Bundesausgeführt; die Finanzierung haben sich Bund und Länder geteilt. Entsprechend sindeingezogene Beträge von Unterhaltspflichtigen Bund und Ländern je zur Hälfte wie-der zugeflossen. Seit dem 01.01.2000 hat sich die Aufbringung und Verteilung derMittel dahingehend geändert, dass der Bund sich an der Finanzierung nur noch zu ei-nem Drittel beteiligt, die restlichen zwei Drittel sind von den Ländern zu tragen. Indiesem Verhältnis fließen dem Bund und den Ländern auch die eingezogenen Beträgezu. Den Ländern ist nun allerdings die Befugnis eingeräumt, den von ihnen zu erbrin-genden Finanzierungsanteil angemessen auf Land und Gemeinden aufzuteilen.

Page 80: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

80

In Niedersachsen hat das Land die Durchführung des UVG bereits seit Inkrafttretender Ursprungsfassung von 1980 als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises denJugendämtern der Kommunen übertragen, die überwiegend bei den Landkreisen, zumTeil bei kreisangehörigen Gemeinden bestehen. Die Jugendämter wurden zugleichermächtigt, die nach § 7 UVG auf das Land übergegangenen Ansprüche für das Landgerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.

Der LRH hat im Zusammenwirken mit kommunalen Rechnungsprüfungsämtern dieDurchführung des UVG bei einigen Jugendämtern stichprobenweise geprüft und An-fang April 2000 das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales, das Innenministeri-um und das Finanzministerium über die Ergebnisse unterrichtet. Dabei hat er Arbeits-rückstände und Bearbeitungsmängel von erschreckendem Ausmaß festgestellt, durchdie Bund und Land erhebliche Einnahmen entgangen sind. Dies wird durch Erkennt-nisse weiterer kommunaler Rechnungsprüfungsämter bestätigt. Die Kommunen

– erfassen nicht die offenen Forderungen,

– haben keinen Überblick über den jeweiligen Eintritt der Verjährung,

– bearbeiten Niederschlagungen, Stundungen und Erlasse nicht ordnungsgemäß,

– bemühen sich nicht hinreichend um Unterhaltstitel,

– nutzen die ergänzenden Verfahren zur Durchführung und Verfolgung von Unter-haltsansprüchen zu wenig und

– verfolgen insbesondere die Einzelfälle nicht konsequent.

Zahlreiche Fälle sind seit vielen Monaten nicht bearbeitet worden. Eine unzureichen-de Organisation, insbesondere in Form nicht hinreichender ADV-Programme und zuhoher Arbeitsraten, begünstigt und verursacht zum Teil die vorgefundenen Mängel.Die Feststellungen des LRH sind im Wesentlichen unbestritten.

Ein bedeutender Indikator für die unternommenen Anstrengungen der einzelnenKommunen, Zahlungen von den Unterhaltspflichtigen zu erhalten, ist die Rückfluss-quote, d. h. der v. H.-Satz der Einnahmen an den Ausgaben. Der Gesamtbetrag dervon Bund und Land Niedersachsen je zur Hälfte aufgewendeten Leistungen sowie dieRückflussquoten während der vergangenen 20 Jahre sind der folgenden Übersicht zuentnehmen:

Jahr Leistungen an dieBerechtigten

DM

Erstattungen vonUnterhaltspflichtigen

DM

Rückflussquote

1980 8.840.600 633.200 7,21981 13.276.400 2.510.400 18,91982 14.720.100 4.255.800 28,91983 19.462.500 4.371.000 22,51984 18.809.500 4.866.500 25,91985 23.068.000 4.977.400 21,61986 24.036.300 6.048.100 25,21987 24.105.400 6.731.500 27,91988 24.322.500 7.177.500 29,51989 26.872.600 7.455.700 27,71990 28.603.200 8.524.600 29,81991 30.353.100 9.481.800 31,21992 32.322.900 9.646.400 29,81993 98.848.300 12.797.400 12,9

Page 81: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

81

1994 125.381.900 20.238.400 16,11995 147.616.500 24.076.300 16,31996 150.949.900 23.927.900 15,91997 155.616.400 25.984.700 16,71998 158.900.700 27.391.300 17,21999 151.883.700 29.749.200 19,6

Insgesamt 1.277.990.500 240.845.100 18,8

Das Land hat danach die Hälfte des Gesamtbetrags der gewährten Leistungen vonrd. 1,28 Milliarden DM und damit fast 640 Millionen DM aufgewendet, davon jedochlediglich rd. 120,4 Millionen DM und damit 18,8 v. H. erstattet bekommen. Währendbis zur Ausweitung des Kreises der Bezugsberechtigten und der Verlängerung derLeistungsdauer ab 01.01.1993 die Rückflussquote landesweit bei ca. 30 v. H. lag undeinzelne Kommunen sogar fast 50 v. H. erreichten, fiel sie danach insgesamt auf einbedeutend niedrigeres Niveau ab. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass dasPersonal nicht entsprechend der Aufgabenausweitung verstärkt wurde. Nach Ein-schätzung von Fachleuten könnten bei konsequenter Bearbeitung Rückflussquotenvon 35 v. H. bis 40 v. H. erreicht werden. Legt man einen über die Jahre konstantenRückfluss von 30 v. H. zugrunde, wären allein dem Land in den letzten 20 Jahren et-wa 71,3 Millionen DM an Einnahmen entgangen.

Der Hauptgrund für den unzureichenden Personaleinsatz ist darin zu sehen, dass dieKommunen gegenwärtig kein finanzielles Interesse daran haben, höhere Rückfluss-quoten zu erreichen, weil die Einnahmen ausschließlich Bund und Land zufließen.Die Einstellung sei beispielhaft durch ein Zitat aus einem hausinternen Schreiben ei-nes kommunalen Fachamts illustriert. Mit dem Zitat wird auf das kommunale Rech-nungsprüfungsamt reagiert, das die mangelhafte Verfolgung von Erstattungsleistun-gen gerügt und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation gefordert hatte:

„Anzumerken ist noch, dass die Mindereinnahmen nicht den städtischen Haus-halt an sich betreffen und die Stadt auch nicht von einer umfangreicheren undzeitnäheren Durchsetzung der Erstattungsleistung profitieren würde. Da dieMittel für die Unterhaltsvorschussleistungen von Bund und Land aufzubringensind, würden Mehreinnahmen also nur für diese eine verringerte Bereitstellungvon UV-Mitteln bedeuten.“

Der LRH hat eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung der Situation unterbreitet.Insbesondere hat er auch untersucht, welche Möglichkeiten die Gesetzesänderungvom 01.01.2000 durch eine unterschiedliche Verteilung der Ausgaben und Einnah-men eröffnet. Er hat verschiedene Verteilungsmodelle entwickelt, die bei den Kom-munen ein Interesse daran wecken könnten, eine hohe Rückflussquote zu erreichen,und die Modelle mit den Zahlen des Jahres 1998 unterlegt:

– Modell A - Drittelfinanzierung -

Das Land beteiligt die Kommunen an den Ausgaben und an den Einnahmen zu ei-nem Drittel. Nach den Ist-Zahlen von 1998 hätten die Kommunen 43 836 467 DMund bei höheren Einnahmen von 30 v. H. noch fiktiv 37 076 830 DM aufzuwen-den.

– Modell B - Drittelfinanzierung ohne Landeseinnahmen -

Das Land beteiligt die Kommunen an den Ausgaben zu einem Drittel, überlässtdie Einnahmen, die nicht dem Bund zufließen, den Kommunen jedoch in vollerHöhe.

Selbst bei einer fiktiven Rückflussquote von 30 v. H. hätten die Kommunen noch21 186 760 DM aufzuwenden.

Page 82: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

82

– Modell C - Landesfinanzierung -

Das Land verzichtet bei diesem Modell auf eine Beteiligung der Kommunen anden Ausgaben und überlässt ihnen ein Drittel der Einnahmen. Die Kommunenwürden zwar bei einer fiktiven Rückflussquote von 30 v. H. 1998 ca. 15,8 Millio-nen DM zusätzlich einnehmen, jedoch ohne - wie bei der Beteiligung an Ausga-ben - besonders veranlasst zu werden, die tatsächliche Rückflussquote zu steigern.Hierdurch würde nur ihre allgemeine Finanzkraft gestärkt, aber nicht gleichzeitigsichergestellt, dass die zusätzlichen Einnahmen auch der UVG-Sachbearbeitungzugute kämen. Im Übrigen wäre diese Lösung im Hinblick auf die Finanzlage desLandes problematisch.

– Modell D - Anreizmodell -

Bei diesem Modell trägt das Land 46,67 v. H. der UVG-Ausgaben und die Kom-munen 20 v. H. Die nicht an den Bund abzuführenden Einnahmen verbleiben denKommunen in voller Höhe. Sie erhalten hierdurch einen Anreiz, die Einnahmenzu erhöhen. Nach den Zahlen von 1998 hätten sie zwar selbst 13,5 Millionen DMaufzubringen; wenn man jedoch davon ausgeht, dass sie 30 v. H. der Zweckaus-gaben durch Einnahmen refinanzieren können, könnten sie ihren gesamten Finan-zierungsanteil durch eigene Einnahmen decken, ja sogar zusätzliche Einnahmenerzielen. Das Land hätte gegenüber den tatsächlichen Ausgaben für 1998 in die-sem Modell wegen des erhöhten landesseitigen Anteils von zwei Dritteln8,3 Millionen DM zusätzlich aufzubringen, nämlich insgesamt rd. 74 Millio-nen DM. Dies ist ein um etwa 13,6 Millionen DM geringerer Betrag als der Be-trag, den das Land zu finanzieren hätte, wenn es keine gesetzliche Regelung zurBeteiligung der Kommunen träfe.

Ziel des UVG war es stets, den Kindern von allein Erziehenden den notwendigenUnterhalt zu sichern. Das Gesetz will und wollte in keiner Weise die Unterhalts-pflichtigen von ihrer Unterhaltspflicht entlasten. Dieses Ziel lässt sich nur durch eineangemessene Sachbearbeitung der Kommunen erreichen. Dafür bietet das Modell Deinen Anreiz. Der LRH hält es für das effektivste und hat es deshalb empfohlen. Dasentbindet das Land nicht von klaren Vorgaben und Geschäftsprüfungen, lässt aberbewusst zu, dass Kommunen mehr Mittel einnehmen als sie für den Zweck aus-zugeben haben.

Die beteiligten Ministerien stehen dem Anreizmodell positiv gegenüber. Die Ent-scheidung für eine entsprechende Gesetzesvorlage steht allerdings noch aus. Sie solltebald getroffen werden, damit den Kommunen noch eine angemessene Vorbereitungs-zeit für ihre Finanzplanung verbleibt.

Die Finanzierung des Landesanteils ist - wie eine entsprechende Umfrage ergebenhat - in mehreren Bundesländern bereits neu geregelt, in weiteren steht eine Regelungbevor. Dabei werden die Kommunen an den Ausgaben und den Einnahmen in unter-schiedlichem Umfang beteiligt.

Page 83: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

83

11. Fehlender Rahmen für Vereinbarungen mit Einrichtungen in der Sozialhilfeund die Folgen

Kapitel 05 30

Obwohl das Bundessozialhilfegesetz seit mehreren Jahren vorschreibt, dassdas Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe mit den Vereinigungen derTräger der Einrichtungen auf Landesebene Rahmenvereinbarungen überLeistungen, Vergütungen und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualitätder Leistungen abschließt, ist dies in Niedersachsen immer noch nichtgelungen. Übergangsregelungen sind unvollständig. Insbesondere fehlenMaßstäbe, nach denen die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungenbeurteilt werden könnten. Die Praxis, in der Investitionsfolgekostenabgerechnet werden, hat zu überhöhten Sozialhilfeausgaben geführt.Prüfungen finden nicht statt; es sind nicht einmal ausreichendeVoraussetzungen hierfür geschaffen.

Entwicklung der Rechtslage

Das Land ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe verpflichtet, die Vergütung (frü-her: Pflegesätze) für die Betreuung Behinderter und Nichtsesshafter in teilstationärenund stationären Einrichtungen zu übernehmen. Hierfür sind im Haushaltsplan 2001rd. 2,1 Milliarden DM veranschlagt.

Nach § 93 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist der Träger der Sozialhilfe zur Über-nahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Ein-richtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über

1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung),

2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsberei-che, insbesondere dem Investitionsbetrag, zusammensetzt (Vergütungsvereinba-rung) und

3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinba-rung)

besteht. Die unter 1. bis 3. genannten Vereinbarungen müssen den Grundsätzen derWirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Ist eine von ih-nen nicht abgeschlossen, kann der Träger der Sozialhilfe Hilfe durch diese Einrich-tung nur gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist.§ 93 d Abs. 2 BSHG sieht vor, dass die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und diekommunalen Spitzenverbände auf Landesebene mit den Vereinigungen der Träger derEinrichtungen auf Landesebene gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge zu denLeistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen abschließen.

Im Hinblick auf die hohen Ausgaben für Sozialhilfe in Einrichtungen und die großeBedeutung des so genannten Landesrahmenvertrags für die Steuerung der Ausgaben-entwicklung hat der LRH das zuständige Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales(MFAS) in diesem Zusammenhang seit Jahren intensiv beraten. Über einen Zwi-schenstand hat er den Landtag in seinem Jahresbericht 1996 (Drs. 13/1900, Ab-schnitt V, Nr. 9) mit dem Ziel informiert, den Trägern der Sozialhilfe wirksame Mög-lichkeiten zu eröffnen, die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen der Ein-richtungsträger zu beurteilen. Der Landtag teilte seinerzeit die Einschätzung des LRHund sprach sich für den baldigen Abschluss entsprechender Vereinbarungen aus. Zudiesem Zeitpunkt beliefen sich die Ausgaben des Landes für Vergütungen der Ein-richtungen noch auf rd. 1,7 Milliarden DM, lagen also um mehr als 20 v. H. unterdem Ansatz des geltenden Haushaltsplans 2001.

Page 84: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

84

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften sind 1993 im Zusammenhang mit der Umset-zung des „Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms“ der Bundesregierungentstanden und durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts 1996 geändert undwesentlich ergänzt worden. Bereits zu dem erstgenannten Gesetzgebungsvorhabenhatte der LRH bemängelt, dass die eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualitätder Leistungen ermöglichenden Regelungen erst im Einzelfall mit dem zu prüfendenTräger der Einrichtung vereinbart werden mussten, statt sie durch Gesetz oder Ver-ordnung vorzugeben.

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Reformgesetzes nahm der LRH diese Kri-tik wieder auf und betonte, dass sich der Staat als Kostenträger der Sozialhilfe derMöglichkeit begebe, durch Vorgabe von Standards für Sozialhilfeleistungen in Ein-richtungen rechtzeitig den Ausgabenumfang steuern und in finanziell schwierigenZeiten Sozialhilfeleistungen anpassen zu können. Seien einmal Vereinbarungen überLeistungen und die dafür zu entrichtenden Vergütungen geschlossen, habe der Kos-tenträger keine Möglichkeit mehr, ohne Zustimmung des Einrichtungsträgers die ver-einbarten Leistungsstandards zu verändern. Der Einrichtungsträger werde neue Ver-einbarungen nur anstreben, wenn er das Entgelt erhöhen wolle. Die Annahme einesMarkts, in dem sich die Preise durch ein Überangebot an Plätzen regulierten, hielt derLRH auf absehbare Zeit für unrealistisch; die Preise würden sich deshalb an denhöchsten Vergütungen orientieren. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeige sichauch darin, dass der Gesetzgeber selbst eine Deckelung der Kostensteigerung für ei-nen begrenzten Zeitraum festschreibt.

Die Vorschrift über Prüfungsvereinbarungen werde zu erheblichen Problemen führen.Die Einrichtungsträger seien nicht daran interessiert, überhaupt geprüft zu werden.Wenn Umfang und Modalitäten der Prüfung mit dem zu Prüfenden vereinbart werdenmüssten, sei dieser naturgemäß bestrebt, die Prüfung auf möglichst niedrigem Niveaufestzulegen. Ausreichende Prüfungsrechte der Kostenträger seien auf diese Weisenicht zu erreichen. Insoweit verwies der LRH auf die im Jahresbericht 1996 geschil-derten Erfahrungen mit dem bis Ende 1998 gültigen ersten Übergangsvertrag: DieTräger der Freien Wohlfahrtspflege waren auf Einschränkungen des Prüfungsrechtsaus bis hin zum Verzicht. Mit Mühe war zu diesem Thema eine schlichte Wiederho-lung des Gesetzestextes und damit eine unschädliche, aber auch nicht vollzugstaugli-che Regelung zu erreichen.

Es ist dem LRH nicht bekannt und auch nicht mitgeteilt worden, ob und in welchemUmfang seine Bedenken in die Beratung der Gesetzentwürfe einbezogen worden sind.In den Gesetzestext ist lediglich eine Ermächtigung an das Bundesministerium fürGesundheit eingefügt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes-rates Vorschriften zu erlassen über die nähere Abgrenzung der den Vergütungspau-schalen und -beträgen zugrunde zu legenden Kostenarten und -bestandteile sowie dieZusammensetzung der Investitionsbeträge und über den Inhalt und die Kriterien fürdie Ermittlung und Zusammensetzung der Maßnahmepauschalen, die Merkmale fürdie Bildung von Gruppen von Hilfebedürftigen mit vergleichbarem Hilfebedarf sowiedie Zahl dieser zu bildenden Gruppen. Eine Verordnung ist bisher nicht erlassen wor-den, es ist nicht einmal ein Entwurf bekannt geworden. Wie wichtig der Erlass einerderartigen Verordnung wäre, zeigen nach Auffassung des LRH die im Folgenden ge-schilderten Bemühungen um einen Landesrahmenvertrag in Niedersachsen.

Landesrahmenvertrag für Niedersachsen

Alsbald nach dem Beschluss des Landtages zum Jahresbericht 1996 des LRH nahmdas MFAS die Vorbereitungen für den Entwurf eines Landesrahmenvertrags auf. DerLRH beteiligte sich daran intensiv durch Vorschläge, Stellungnahmen und Mitarbeitin einer Ressortarbeitsgruppe. Der danach im Juli 1997 vorgelegte Entwurf des

Page 85: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

85

MFAS entsprach den Bestimmungen des Gesetzes und verwirklichte die bis dahingewonnenen Erkenntnisse zur Beschreibung von Inhalt, Umfang und Qualität derLeistungen. Außerdem enthielt er die erforderlichen Grundsätze für die Prüfung derQualität der Leistungen und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Er hätteinsoweit zum damaligen Zeitpunkt nach Auffassung des LRH als Vorbild über dieLandesgrenzen hinaus wirken können. Die Entwicklung verlief jedoch anders, wie dieLandesregierung am 27.04.1999 mitteilte:

„Nach einem faktischen Abbruch der Gespräche durch die Landesarbeitsge-meinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Sommer und Herbst 1997 führtendie im Januar 1998 wieder aufgenommenen Verhandlungen zwar zu einem‚Rohentwurf‘ eines Landesrahmenvertrages, der spezifizierte Regelungen fürdie Prüfung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit enthielt. Ungeachtet dieserVerhandlungsfortschritte erklärten jedoch die Landesarbeitsgemeinschaft derFreien Wohlfahrtspflege, die Landesarbeitsgemeinschaft der privaten Pflege-einrichtungen in Niedersachsen und die Arbeitsgemeinschaft der KommunalenSpitzenverbände Niedersachsens, dass sie keine Aussicht sähen, bis zum31.12.1998 einen Vereinbarungsstand zu erreichen, der allen Teilen der neuenGesetzeslage entsprochen und der konkrete Regelungen zu Fragen der Prüfungenthalten hätte.“

Angesichts dieser Sachlage forderte die Ministerin die Landesarbeitsgemeinschaft derFreien Wohlfahrtspflege in einem Gespräch am 14.09.1998 auf, einen eigenen Ent-wurf vorzulegen. Auf der Grundlage dieses Entwurfs wurde dann ein weiterer, zwei-ter Übergangsvertrag unterzeichnet, der längstens bis zum 31.12.2001 gilt.

Der Bundesgesetzgeber ist bei der Festschreibung von Steigerungssätzen für früherfestgelegte Pflegesätze in § 93 Abs. 6 BSHG offensichtlich davon ausgegangen, dassmit Ablauf der Frist, d. h. zum 01.01.1999, nach neuem Recht vereinbarte Vergütun-gen an die Stelle der Pflegesätze treten. Immerhin ist es zumindest der Hälfte derBundesländer gelungen, rechtzeitig Landesrahmenverträge in Kraft zu setzen. Einigeentsprechen nach Auffassung des LRH zwar nicht den Forderungen des Gesetzes, derin Baden-Württemberg am 15.12.1998 unterzeichnete (und auch der später in Hessenin Kraft getretene) Landesrahmenvertrag z. B. erfüllt sie jedoch weitgehend und setztvieles von dem um, was das MFAS bereits im Juli 1997 vorgeschlagen hatte, abernicht durchsetzen konnte. Danach erscheint es zweifelhaft, ob das Land überhaupt ei-nen Übergangsvertrag abschließen konnte, der - gewissermaßen an Stelle des für die-sen Zeitraum nicht mehr tätig gewordenen Gesetzgebers - die Vergütungen in der seit1994/95 geübten Praxis weiterhin pauschal erhöht, ohne die nun im Gesetz für Ver-einbarungen vorgeschriebenen Voraussetzungen und Inhalte zu berücksichtigen. Je-denfalls weist der Übergangsvertrag eine lange Liste von Mängeln auf, die im Fol-genden ohne Anspruch auf Vollständigkeit benannt werden:

Vorgaben für Leistungsvereinbarungen

– Es fehlen Regelungen zu den wesentlichen Leistungsmerkmalen; nicht einmal dieMindestanforderungen sind benannt.

– Die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtungen sind nicht aufgeführt.

– Art, Ziel und Qualität der Leistung sind nicht definiert.

– Die Qualifikation des Personals wird nicht angesprochen.

– Die erforderliche personelle und sächliche Ausstattung wird nicht beschrieben.

– Ferner sind keine Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarfgebildet worden.

Page 86: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

86

Auf diese Weise läuft das mit der Änderung des BSHG eingeführte System der so ge-nannten prospektiven Pflegesätze ins Leere. Die Träger der Sozialhilfe sind beim Ab-schluss von Vergütungsvereinbarungen nicht „vorausschauend“, sondern blind; dennes mangelt bereits an den Maßstäben, nach denen die Vergütung ermittelt werdenmuss. Im Hinblick auf die Systemänderung werden seit Jahren von den Einrichtungenauch die früher üblichen Kostennachweise nicht mehr erbracht, es liegen deshalb kei-ne neueren, geschweige denn aktuelle Daten über die Einrichtungen vor.

Vorgaben für Vergütungsvereinbarungen

– Da die Vergütung weiterhin insgesamt pauschal erhöht wird, sind weder einzelnvereinbarte Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung noch für die Maßnahmenvorgesehen.

– Maßnahmepauschalen für Gruppen von Hilfeempfängern konnten schon deshalbnicht vereinbart werden, weil derartige Gruppen nicht gebildet worden sind.

– Die insgesamt pauschale Erhöhung der Vergütung lässt auch die Vergütung derals „teuer“ erkannten Einrichtungen wachsen.

– Weil die Gesamtvergütung pauschal erhöht wird, nimmt daran auch der Betragteil, der eigentlich individuell für jede Einrichtung gesondert für die Vorhaltungder betriebsnotwendigen Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung zu vereinbarenwäre (Investitionsbetrag). Die durch § 93 a Abs. 2 Satz 2 BSHG vorgeschriebeneAnrechnung öffentlicher Mittel beim Investitionsbetrag unterbleibt damit. Dies istinsofern von besonderer Bedeutung, als ein großer Teil der Einrichtungen weitge-hend mit öffentlichen Mitteln finanziert worden ist.

Die einzelnen Vergütungen werden lediglich auf der Grundlage der bereits verein-barten Gesamtvergütung nachträglich von den Einrichtungen mitgeteilt. Damit fallendrei weitere Jahre lang wirtschaftliche Aspekte, die mit den Anforderungen des Re-formgesetzes an Vergütungsvereinbarungen verbunden sind, bei der Festlegung vonVergütungen, für die das Land aufzukommen hat, unter den Tisch. Gleichzeitig ver-schlechtert sich die Ausgangslage des Landes für die dann endlich zu vollziehendeSystemumstellung.

Bei 662 Einrichtungen mit insgesamt 44 891 Plätzen (Stand: 10.10.2000) bedeutet ei-ne Änderung der Investitionsbeträge um jeweils nur 1 DM pro Tag Mehr- oder Min-derausgaben für den Landeshaushalt von rd. 15,6 Millionen DM jährlich. Nach denAngaben der Einrichtungen erreichte der Investitionsbetrag Anfang 2000 bei teilstati-onären Einrichtungen Werte bis zu 32,17 DM pro Tag und Person, bei stationärenEinrichtungen Werte bis zu 35,74 DM pro Tag und Person von einer Gesamtvergü-tung, die für die im Einzelnen sehr differierenden Einrichtungstypen im gewichtetenMittel 78,30 DM bzw. 157,67 DM betrug. Der LRH ist deshalb besonders der Fragenachgegangen, wie sich die jahrelange Fortschreibung der Vergütung auf den Investi-tionsbetrag ausgewirkt hat und was dies für das Land bedeutet:

Exkurs zum Investitionsbetrag

Der Investitionsbetrag enthält die unmittelbar oder mittelbar aus den Investiti-onen sich ergebenden, individuell für jede Einrichtung zu errechnenden Folge-kosten für Abschreibungen, Zinsen, Instandhaltung und/oder Mieten, Pachtenund Erbbauzinsen. Wegen der fortschreitenden Tilgung von Darlehen und we-gen des im Vergleich zu 1994/95 deutlich gesunkenen Zinsniveaus wäre zuerwarten gewesen, dass auch die Investitionsfolgekosten sinken würden. Tat-sächlich waren die Investitionsfolgekosten 1999 jedoch nur in 16,7 v. H. dervom LRH überprüften Fälle niedriger als 1994/95, alle anderen Einrichtungen

Page 87: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

87

hatten - zum Teil deutlich - höhere Beträge (in einem Fall um 11,56 DM proTag und Person) angegeben.

Die Aufnahmefähigkeit der Werkstätten für Behinderte kann häufig ohne odernur mit geringen Investitionen erweitert werden. Bei der grundsätzlich vorge-schriebenen jährlichen Vergütungsvereinbarung auf üblicher Kalkulationsbasiswürde der Anteil der Investitionsfolgekosten pro Tag und Person in diesemFall sinken. Die in den letzten Jahren stattdessen vorgenommenen pauschalenSteigerungen der Vergütungen haben jedoch dazu geführt, dass auch für diezusätzlich beschäftigten Behinderten der um den Steigerungswert erhöhte Be-trag abgerechnet wurde, ohne dass dem Träger der Einrichtung zwangsläufigentsprechende Investitionsfolgekosten entstanden waren.

Die Instandhaltungsaufwendungen wurden nach der früher geltenden Pflege-satzrahmenvereinbarung nur im tatsächlich notwendigen Umfang berücksich-tigt. Von 1993 an war das Ministerium jedoch, zunächst für drei Jahre, zu vonihm selbst so bezeichneten „Instandhaltungspauschalen“ übergegangen. DieKommunen hatten wegen der von Anfang an absehbaren pflegesatzerhöhendenAuswirkungen diesem Verfahren für die in ihrem Zuständigkeitsbereich lie-genden Einrichtungen der Altenpflege nicht zugestimmt, sondern die bisherigePraxis beibehalten. Das Land dagegen stellte seine Handhabung mit dem Endeder Laufzeit nicht etwa ein, sondern verwendete sie als Verhandlungsmasse fürdas Zustandekommen des ersten Übergangsvertrags, mit dem die erhöhten In-standhaltungsaufwendungen seitdem an den jährlichen pauschalen Steigerun-gen der Vergütungen teilhaben.

Allein diese für die Beurteilung der Investitionskosten ausgewählten Beispielezeigen, dass der Abschluss von Übergangsverträgen und die danach ausge-richtete Praxis für das Land zu einer überhöhten Steigerung der Sozialhilfe-ausgaben geführt haben. Für die Zukunft ist deshalb von einem erheblichenEinsparpotential auszugehen. Um zu angemessenen Regelungen zu gelangen,sollte sich das Land grundsätzlich an den Vorschriften des NiedersächsischenLandespflegegesetzes über die Berechnung des Investitionsbetrags orientieren.Dafür spricht auch, dass die Einrichtungs- und Kostenträger schon vor Inkraft-treten dieses Gesetzes die Pflegesätze - und darin enthalten die Investitionsfol-gekosten - für Einrichtungen der Altenpflege und für Behinderten- und Nicht-sesshafteneinrichtungen nach denselben einheitlichen Grundsätzen vereinbarthatten.

Vorgaben für Prüfungsvereinbarungen

– Wie schon der erste Übergangsvertrag von 1995 wiederholt auch der zweite Über-gangsvertrag lediglich den Gesetzesauftrag, dass der Einrichtungsträger eine Prü-fung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen zu ermöglichen hat.

– Im Übrigen wirken sich hier die fehlenden Vorgaben zu den Leistungsvereinba-rungen aus.

Es verwundert deshalb nicht, dass seit Abschluss des ersten Übergangsvertrags tat-sächlich keine Prüfungen der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen stattge-funden haben. Damit bleibt seit Jahren unerfüllt, was der LRH in seinem Jahresbe-richt 1996 und ihm zustimmend der Landtag in seinem Beschluss vom 17.10.1996 als„unerläßlich“ bezeichnet hatten, dass nämlich „die noch fehlenden Konkretisierungenzum Ablauf und zu Maßstäben der Prüfungen ... so bald wie möglich geschaffen wer-den, damit die Kostenträger das ihnen zustehende Prüfungsrecht auch tatsächlich aus-üben können“.

Page 88: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

88

Abschließende Würdigung

Nach Mitteilung des MFAS sind im Wesentlichen zwei Gründe dafür verantwortlich,dass es nicht zu einem dem Gesetz entsprechenden Abschluss eines Landesrahmen-vertrags gekommen ist:

Zum einen sei von den anderen Beteiligten nicht anerkannt worden, dass nach derneuen Rechtslage zukünftig für eine gleiche Leistung ein gleicher Preis zu zahlen ist.Soweit dieser Grundsatz verbal geteilt worden sei, sei man aber nicht bereit gewesen,die sich daraus ergebenden Konsequenzen für einen Rahmenvertrag zu ziehen.

Zum anderen seien die Verhandlungen seitens der Leistungserbringer mit Forderun-gen verbunden worden, die - über die im zweiten Übergangsvertrag nunmehr enthal-tenen Steigerungsmöglichkeiten hinaus - hochgerechnet zu unmittelbaren Mehrkostenfür das Land von ca. 120 Millionen DM pro Jahr geführt hätten. Ferner seien Rege-lungen verlangt worden, die infolge ihrer Unbestimmtheit ein zusätzliches Kostenrisi-ko für den Landeshaushalt bedeutet hätten.

Die Ergebnisse der Verhandlungen in anderen Bundesländern, in denen die Einrich-tungsträger ähnlich organisiert sind wie in Niedersachsen, insbesondere in Baden-Württemberg und Hessen zeigen, dass sich die Auffassungen der Einrichtungsträgerunabhängig davon, dass sie mit dem Inhalt und der kostendämpfenden Zielsetzungder BSHG-Änderungen nicht vereinbar sind, auch nicht ohne weiteres durchsetzenlassen. Es ist allerdings nicht sachgerecht gewesen, der Landesarbeitsgemeinschaftder Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen als Leistungserbringer zu überlassen,den entscheidenden Vertragsentwurf auszuarbeiten, statt weiterhin auf der Grundlageder bereits fixierten Vorstellungen des Landes zu verhandeln. Damit ist das Ministeri-um der Verantwortung des Landes als Kostenträger nicht gerecht geworden.

Seit der Bekanntmachung des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts sind mehrals vier Jahre, seit dem Inkrafttreten der damit verbundenen Änderungen des§ 93 ff. BSHG mehr als zwei Jahre vergangen, ohne dass ein der Gesetzeslage ent-sprechender Landesrahmenvertrag vorliegt. Es ist dringend erforderlich, alles Not-wendige dafür zu tun, dass ab 01.01.2002 - zum Auslaufen des zweiten Übergangs-vertrags - Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen aufgrund eines Lan-desrahmenvertrags abgeschlossen werden können. Dieser Vertrag muss also sehr baldvorliegen, damit alle Partner die notwendigen Vorbereitungen für die konkreten Ver-einbarungen treffen können. Wenn sich die Verhandlungssituation nicht kurzfristigentscheidend verbessert, muss das MFAS von der bisher zurückgestellten gesetzli-chen Möglichkeit des § 93 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BSHG Gebrauch machenund unmittelbar Vereinbarungen mit einzelnen ausgewählten Einrichtungsträgernschließen, nach denen dann zukünftig auch die Verträge mit vergleichbaren Einrich-tungen zu gestalten wären. Damit wären gleichzeitig ausreichende Prüfungsmöglich-keiten gesichert.

Unabhängig davon sollte sich die Landesregierung nunmehr nachdrücklich dafür ein-setzen, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Verordnungsermächtigungdes § 93 d Abs. 1 BSHG ausfüllt. Das MFAS hat die vom LRH im Zusammenhangmit seinen Stellungnahmen zu den Gesetzentwürfen geäußerte Auffassung bestätigt,dass eine der hauptsächlichen Schwierigkeiten beim Vollzug des BSHG darin liegt,Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf zu definieren. Merk-male für die Bildung derartiger Gruppen sowie die Zahl der zu bildenden Gruppensind u. a. in der Verordnung zu bestimmen. Zuletzt hatte das Ministerium zu der An-regung des LRH, in dieser Hinsicht initiativ zu werden, im Februar 1999 lediglichmitgeteilt, dass sich die Angelegenheit auch auf Bundesebene in der Diskussion be-finde und es Sondierungen zu einer Initiative eingeleitet habe.

Keinesfalls kann weiter hingenommen werden, dass in dem großen Kostenblock derVergütungen für die Betreuung sozialhilfeberechtigter Behinderter und Nichtsesshaf-

Page 89: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

89

ter in Einrichtungen bestehende Einsparpotentiale wegen der Meinungsverschieden-heiten mit den Einrichtungsträgern nicht genutzt werden.

12. Großzügige Landesförderung entlastet Sozialhilfeträger anderer Bundesländer

Kapitel 05 36

Das Niedersächsische Pflegegesetz bezieht fast 2 000 aus anderen Bundeslän-dern stammende, in niedersächsischen Pflegeheimen untergebrachte Pflegebe-dürftige in die Förderung von Investitionsfolgeaufwendungen dieser Heimeein. Das Land wendet hierfür jährlich rd. 12,5 Millionen DM auf. Dagegenwerden zu Gunsten niedersächsischer Pflegebedürftiger in Einrichtungen an-derer Bundesländer von diesen Ländern mit Ausnahme Nordrhein-Westfalenskeine oder keine vergleichbaren Leistungen erbracht.

Der LRH empfiehlt, das Niedersächsische Pflegegesetz insoweit den Regelun-gen der anderen Länder anzupassen.

Kostenträgerwechsel durch Regelung im Niedersächsischen Pflegegesetz

Für Leistungen der Sozialhilfe an Personen, die in Einrichtungen der Altenpflege un-tergebracht sind, ist nach § 97 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) der Träger der Sozi-alhilfe zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufent-halt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vorder Aufnahme zuletzt hatte. Liegt dieser Aufenthaltsort außerhalb Niedersachsens,übernimmt der dortige Träger der Sozialhilfe dann bei Aufnahme in eine Einrichtungin Niedersachsen auch die dort anfallenden Kosten.

Bis zum 01.07.1996 waren in den mit den Einrichtungen der Altenpflege nach§ 93 BSHG vereinbarten Pflegesätzen/Entgelten die Investitionsfolgeaufwendungenwie Zinsen, Abschreibungen, Instandhaltungskosten und/oder Mieten und Pachtenenthalten. War der Pflegebedürftige nicht in der Lage, diese Beträge zu zahlen, tratder zuständige Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Bestimmungen des BSHG ein,im eingangs genannten Fall der Aufnahme in eine Einrichtung in Niedersachsen alsoder Träger des anderen Bundeslands.

Durch das XI. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) - Soziale Pflegeversicherung -hat sich diese Finanzierung seit dem 01.07.1996 grundlegend verändert. Statt der mitden Sozialhilfeträgern vereinbarten - die gesamten Kosten umfassenden - Pflegesätzewerden seitdem mit den Pflegekassen und den örtlichen Sozialhilfeträgern Pflegever-gütungen und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung vereinbart. Die Investitions-folgeaufwendungen sind darin nicht zu berücksichtigen und können, soweit sie nichtdurch öffentliche Förderung vollständig gedeckt sind, nach Zustimmung der zustän-digen Landesbehörde gesondert berechnet werden.

Die Pflegekassen tragen über Pauschalen - in der Höhe abhängig von der Pflegestufe -den überwiegenden Teil der Pflegevergütung. Den durch diese Pauschalen nicht ge-deckten Teil der Pflegevergütung, den Betrag für Unterkunft und Verpflegung sowiedie gesondert berechneten Investitionsfolgeaufwendungen haben die Pflegebedürfti-gen grundsätzlich selbst zu tragen.

In Niedersachsen übernimmt das Land diese Investitionsfolgeaufwendungen durchdie Zahlung bewohnerbezogener Aufwendungszuschüsse nach § 13 des Niedersächsi-schen Pflegegesetzes (NPflegeG) an die Pflegeeinrichtungen, wenn die Pflegebedürf-tigen Leistungen nach dem BSHG oder nach den Vorschriften der Kriegsopferfürsor-ge erhalten oder ohne den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss erhalten wür-den. Können die Pflegebedürftigen auch danach den verbleibenden Anteil der Pflege-

Page 90: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

90

vergütung und den Betrag für Unterkunft und Verpflegung nicht oder nicht vollstän-dig tragen, ist dazu ergänzend der zuständige Träger der Sozialhilfe verpflichtet.

Die Förderung von Pflegeeinrichtungen erstreckt sich nach § 8 Abs. 3 NPflegeG aufalle Pflegeleistungen und Pflegeplätze, die Personen in Anspruch genommen haben,die pflegebedürftig im Sinne von § 14 SGB XI sind. Damit ist die Förderung nicht be-schränkt auf Pflegeplätze, die mit aus Niedersachsen stammenden Personen belegtsind; es werden auch Plätze gefördert, die von Pflegebedürftigen aus anderen Bun-desländern belegt werden. Die Kostenträgerschaft für die zu übernehmenden Investi-tionsfolgekosten hat somit in diesen Fällen seit dem 01.07.1996 gewechselt.

Auswirkungen des Kostenträgerwechsels

Mit einer für das Jahr 1999 durchgeführten Umfrage bei den Förderbehörden hat derLRH festgestellt, dass in niedersächsischen Pflegeeinrichtungen 1 959 Pflegeplätzemit Pflegedürftigen aus anderen Bundesländern belegt waren, für die das Land be-wohnerbezogene Aufwendungszuschüsse nach § 13 NPflegeG in Höhe von über12,5 Millionen DM zahlte. Dem steht eine erheblich geringere Anzahl niedersächsi-scher Pflegebedürftiger in Pflegeheimen anderer Bundesländer gegenüber. Auf denZahlenvergleich käme es jedoch nur dann an, wenn andere Bundesländer äquivalenteLeistungen erbrächten.

Die Förderung der Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen ist in den Pflegegeset-zen und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen der einzelnen Bundeslän-der näher geregelt. Dabei weichen Art, Gegenstand und Höhe der Förderung erheblichvoneinander ab. Im Ergebnis gewähren die meisten Bundesländer den bei ihnen un-tergebrachten niedersächsischen Pflegebedürftigen entweder gar keine Leistungen o-der deutlich niedrigere Leistungen als sie vergleichsweise Niedersachsen für Pflege-bedürftige anderer Bundesländer erbringt.

Dazu stellte der LRH fest, dass in den hier nur vergleichbaren alten Bundesländerngrundsätzlich zwei Arten der Förderung angewandt werden, und zwar die Objektför-derung und die subjektorientierte Objektförderung:

Objektförderung

Die Länder zahlen Zuschüsse zur Finanzierung der Investitionen in den Pflegeein-richtungen. Damit wird grundsätzlich bewirkt, dass die Investitionsfolgeaufwendun-gen, die dem Pflegebedürftigen gesondert berechnet werden, sinken (geringere Zins-aufwendungen und Abschreibungen, weil öffentliche Mittel abzusetzen sind). Derar-tige Objektförderungen werden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern,Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz praktiziert.

Die Förderraten bei der Objektförderung in diesen Bundesländern schwanken fürvollstationäre Einrichtungen der Dauerpflege zwischen 60 v. H. und 80 v. H. und er-fassen überwiegend nur Neuinvestitionen. Die so genannte „alte Last“, das sind dievor dem 01.07.1996 entstandenen nicht geförderten Investitionskosten, wird in diesenBundesländern bei der Objektförderung nicht berücksichtigt; sie ist vielmehr als Be-standteil der gesondert berechenbaren Investitionskosten weiterhin von den Pflegebe-dürftigen selbst oder dem zuständigen Sozialhilfeträger zu tragen (s. auch Erster Be-richt über die Entwicklung der Pflegeversicherung - Bundestagsdrucksache 13/9528,S. 41 ff. -). Dies gilt entsprechend für Pflegebedürftige in Pflegeeinrichtungen dieserBundesländer, die ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Heimaufnahme inNiedersachsen hatten. Ihnen oder dem niedersächsischen örtlich zuständigen Sozial-hilfeträger wird - wie der LRH bei den Landkreisen und kreisfreien Städten festge-

Page 91: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

91

stellt hat - der Betrag der gesondert berechenbaren Investitionskosten von der Ein-richtung in Rechnung gestellt.

Eine vergleichbare Leistung, wie sie dem aus diesen Ländern stammenden Pflegebe-dürftigen in einer niedersächsischen Pflegeeinrichtung vom Land gewährt wird, erhältder niedersächsische Pflegebedürftige dort nicht. Er erhält im Regelfall überhauptkeine Leistung nach den Pflegegesetzen dieser Länder, es sei denn, er wird dort in ei-ner Einrichtung gepflegt, die aufgrund von Neuinvestitionen mit öffentlichen Mittelngefördert wird.

Subjektorientierte Objektförderung

Einige Länder zahlen bewohnerbezogene Aufwendungszuschüsse (Pflegewohngeld)an die Pflegeeinrichtungen, wenn der Pflegebedürftige die ihm gesondert berechnetenInvestitionsfolgeaufwendungen nicht aus Einkommen und zum Teil aus Vermögenselbst bezahlen kann. Daneben ist teilweise, wie auch in Niedersachsen, in geringemUmfang eine Objektförderung für neue Investitionen vorgesehen. Bei diesen subjekt-orientierten Objektförderern stellt sich die Situation wie folgt dar:

– Hamburg, Schleswig-Holstein und das Saarland beschränken ihre Förderung(Pflegewohngeld) auf die Personen, für die ein Sozialhilfeträger ihres Landes diegesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen andernfalls aus Sozialhilfe-mitteln zu tragen hätte. Die Übernahme von Investitionsfolgeaufwendungen füraus anderen Bundesländern stammende Pflegebedürftige ist damit ausdrücklichausgeschlossen.

– Bremen fördert ebenfalls durch Aufwendungszuschüsse zu den jährlichen Investi-tionsfolgeaufwendungen auf der Grundlage der gesonderten Berechnung. DieFörderung wird zwar unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt, aberdurch einen hohen vom Pflegebedürftigen zu tragenden Sockelbetrag und einenzusätzlichen Höchstbetrag sowie eine Förderquote von 80 v. H. begrenzt.

Eine vergleichbare Leistung wie sie dem aus Bremen stammenden Pflegebedürfti-gen in einer niedersächsischen Pflegeeinrichtung gewährt wird, erhält der nieder-sächsische Pflegebedürftige danach auch dort nicht.

– Lediglich das Landespflegegesetz von Nordrhein-Westfalen enthält dem NPfle-geG entsprechende Regelungen mit vergleichbaren Auswirkungen für die ausNiedersachsen stammenden Pflegebedürftigen in den dortigen Einrichtungen. Sowird vollstationären Pflegeeinrichtungen für Pflegebedürftige, die Leistungennach dem BSHG erhalten oder wegen der gesonderten Berechnung nicht geför-derter Aufwendungen erhalten würden, ein bewohnerorientierter Aufwendungszu-schuss gezahlt. Der Aufwendungszuschuss ist einkommensabhängig und aufhöchstens 1 400 DM im Monat (= 46,02 DM pro Tag) begrenzt.

Zusammenfassende Würdigung

Niedersachsen hat sich aufgrund der offenen Regelung des § 8 Abs. 3 NPflegeG fürPflegebedürftige aus anderen Bundesländern in niedersächsischen Pflegeeinrichtun-gen mit Ausgaben von rd. 12,5 Millionen DM jährlich belastet. Für niedersächsischePflegebedürftige in Pflegeheimen anderer Bundesländer werden jedoch - mit Aus-nahme Nordrhein-Westfalens - keine oder nur geringere Förderbeträge gezahlt. Nie-dersächsische Pflegebedürftige in Einrichtungen außerhalb Niedersachsens sind alsoim Regelfall finanziell schlechter gestellt als sämtliche Pflegebedürftigen in Einrich-tungen in Niedersachsen. Darüber hinaus tragen niedersächsische örtliche Träger derSozialhilfe auch noch die Investitionsfolgeaufwendungen der Pflegeeinrichtungen inanderen Bundesländern ganz oder teilweise, wenn der niedersächsische Pflegebedürf-tige diese nicht selbst ausgleichen kann.

Page 92: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

92

Nach alledem hält der LRH eine Änderung des § 8 Abs. 3 NPflegeG dahingehend fürerforderlich, dass der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nach § 13 NPflegeGkünftig nur noch für niedersächsische Pflegebedürftige gezahlt werden kann. Dieswürde zu jährlichen Einsparungen bei der Förderung der Investitionsfolgekosten nachdem Landespflegegesetz von rd. 12,5 Millionen DM führen.

13. Qualifizierung von Nichtsesshaften mit Mitteln des Landes und desEuropäischen Sozialfonds

Kapitel 05 36

Die Bewilligungsbehörde hat die Bestimmungen der Förderrichtlinien nurunzureichend umgesetzt und zuwendungsrechtliche Vorschriften nichtbeachtet.

In welchem Maße es tatsächlich gelingt, durch die Förderung die Teilnehmeran den Maßnahmen zu stabilisieren und beruflich zu qualifizieren, ist unklar.Die Bewilligungsbehörde hat bisher keine Erfolgskontrollen durchgeführt.

Grundsätzliches

Das Land fördert seit 1991 die persönliche Stabilisierung und berufliche Qualifizie-rung von langzeitarbeitslosen Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängernin besonderen sozialen Schwierigkeiten mit Landesmitteln und Mitteln des Europäi-schen Sozialfonds (ESF-Mitteln) nach Maßgabe von Richtlinien. Zielgruppe der För-derung sind Nichtsesshafte, denen nach § 72 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Hilfezur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu gewähren ist. Zuständig für die Hilfe istgemäß § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersäch-sischen Gesetzes zur Ausführung des BSHG das Land als überörtlicher Träger derSozialhilfe.

Die Zuwendungen werden den Trägern ambulanter, stationärer und teilstationärerEinrichtungen der Nichtsesshaftenhilfe gewährt. Auf insgesamt 298 Arbeitsplätzen,die 14 Projektträger seit Beginn der Förderung kontinuierlich vorhalten, werden dieTeilnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, beruflich qualifiziert und darüberhinaus sozialpädagogisch betreut. Bewilligungsbehörde ist das Niedersächsische Lan-desamt für Zentrale Soziale Aufgaben. Jährlich sind ca. 7,2 Millionen DM an Lan-desmitteln und ca. 6 Millionen DM an ESF-Mitteln in die Projekte geflossen.

Der LRH hat die Umsetzung des Förderprogramms für das Jahr 1998 und in diesemZusammenhang drei Projektträger geprüft. Diese verfügten zusammen über185 Teilnehmerplätze und hatten hierfür 1998 ca. 7,3 Millionen DM an Fördermittelnerhalten.

Finanzierung der Projekte

Nach den Richtlinien war vorgesehen, die Projekte über von der Bewilligungsbehördefestzusetzende Eigenanteile der Projektträger, durch die aus dem Projekt erwirtschaf-teten Einnahmen und durch Zuwendungen zu finanzieren. Die Projektträger legtendazu mit dem Förderantrag einen Finanzierungsplan vor, der die kalkulierten Ausga-ben und deren geplante Finanzierung abbildete. Nach dem System des Finanzierungs-plans hatten die Projektträger die jeweiligen Beträge für die einzelnen Positionen so-wohl für die zuwendungsfähigen als auch für die nichtzuwendungsfähigen Ausgabenanzugeben.

Page 93: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

93

Bemessungsgrenze

Um die zuwendungsfähigen Ausgaben auf den notwendigen Umfang und damit auchdie Höhe der Zuwendungen zu beschränken, enthielten die Richtlinien eine „Bemes-sungsgrenze“. Diese betrug pro geleisteter Arbeitsstunde für maximal 1.800 Stundenpro Teilnehmer im Jahr 28,10 DM. Pro Teilnehmerplatz errechnete sich somit einzuwendungsfähiges Ausgabevolumen von 50 580 DM pro Jahr. Die Konzeption derRichtlinien war so angelegt, dass die Zuwendungen - nach Abzug der jeweiligen Ei-genanteile - die zuwendungsfähigen Ausgaben decken sollten. Mit den durch dasProjekt erwirtschafteten Einnahmen sollten zunächst die nichtzuwendungsfähigenAusgaben finanziert werden, ggf. verbleibende Projekteinnahmen sollten für zuwen-dungsfähige Ausgaben eingesetzt werden und so die Höhe der Zuwendungen verrin-gern.

Missachtung der Bemessungsgrenze

Der LRH hat festgestellt, dass lediglich vier Projektträger mit ihren zuwendungsfähi-gen Ausgaben unter der für sie geltenden Bemessungsgrenze geblieben sind. In denzehn anderen Fällen enthielten die Finanzierungspläne erheblich höhere Ausgaben,die die Bewilligungsbehörde auch dann dem Grunde nach als zuwendungsfähig aner-kannte, wenn sie oberhalb der Bemessungsgrenze lagen. In der Spitze wurde die Be-messungsgrenze dabei um 46,1 v. H. überschritten. Diese Praxis führte dazu, dass dieBemessungsgrenze die ihr zugedachte steuernde Wirkung nicht entfalten konnte. ImErgebnis trug die Praxis auch dazu bei, dass der von den Richtlinien im Grundsatzvorgesehene zuwendungsmindernde Einsatz von Projekteinnahmen - bis auf zweiAusnahmen - nicht gelang.

Der LRH hat gefordert, diese Praxis aufzugeben, die Bemessungsgrenzen zu beachtenund dadurch sicherzustellen, dass künftig nicht mehr Personal- und Sachmittel für dieProjekte eingesetzt werden als nach den Richtlinien erforderlich.

Höhe der Projekteinnahmen und gezielte Berechnung

Zwei der Projektträger hatten die im Rahmen der Richtlinien geförderten Arbeitsplät-ze für Teilnehmer in von ihnen selbst betriebenen stationären Einrichtungen fürNichtsesshafte geschaffen. Sie setzten die Teilnehmer vornehmlich im Haus- undWirtschaftsdienst dieser Einrichtungen ein. Während ein Projektträger hierfür Ein-nahmen in Höhe des festgesetzten Eigenanteils in die Finanzierung der zuwendungs-fähigen Ausgaben einrechnete, gab der Träger des anderen Projekts an, dass der Ein-satz der Teilnehmer zu keinerlei Einnahmen geführt habe. Die Bewilligungsbehördehat beide Darstellungen akzeptiert.

Der LRH konnte bislang nicht nachvollziehen, warum bei identischer Ausgangslagein einem Fall Einnahmen erzielt und zur Finanzierung eingesetzt wurden und in demanderen Fall dies nicht möglich gewesen sein soll. Er hat um Erläuterung gebeten,warum die gleichgelagerten Fälle hinsichtlich der Einnahmen unterschiedlich behan-delt und entschieden worden sind.

Ein dritter Projektträger erzielte in den Bereichen, in denen er 93 Teilnehmer einge-setzt hatte, einen Umsatz von insgesamt rd. 76,35 Millionen DM. Bei der Ermittlungder Einnahmen legte er für die Teilnehmer lediglich einen eingeschränkten Produkti-vitätsfaktor von 0,25 (statt - wie andere Projektträger - mehr als das Doppelte) und fürdie übrigen Arbeitskräfte den vollen Faktor von 1,00 zugrunde. So gelangte er zuProjekteinnahmen von rd. 1,36 Millionen DM. Diese Summe wurde, wie es in denAbrechnungsunterlagen heißt, „angepaßt“ und „bereinigt“, sodass der Träger auf Ein-

Page 94: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

94

nahmen aus dem Projekt in Höhe von 943 632 DM kam. Der Betrag entsprach nunexakt dem festgesetzten Eigenanteil, den der Projektträger zu leisten hatte.

Der Träger hat die Einnahmen des Projekts offensichtlich nicht in zutreffender Höheangegeben. Seine Berechnungen dienten dem Ziel, die höchstmögliche Förderung zusichern sowie zu vermeiden, dass Einnahmen zur Deckung von Projektausgaben un-terhalb der Bemessungsgrenze einzusetzen waren. Der LRH hält es für erforderlich,die dem Projekt zuzuordnenden Einnahmen nach sachgerechten Gesichtpunkten zuermitteln und den Produktivitätsfaktor auf ein angemessenes Niveau anzuheben.

Erreichung der Förderziele

Nach den Richtlinien ist es Ziel der Förderung, die Teilnehmerinnen und Teilnehmerim Rahmen eines befristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses soweit zu stabilisieren und zu qualifizieren, dass sie in der Lage sind, eine dauerhafteBeschäftigung aufzunehmen.

Nach eigenen Angaben ist die Bewilligungsbehörde der Frage, inwieweit die Förder-ziele erreicht wurden, bislang nicht nachgegangen, weil notwendige Unterlagen undDaten nicht vorlagen.

Der LRH hat festgestellt, dass die mit dem Verwendungsnachweis einzureichendenSachberichte in vier Fällen nicht und in weiteren sieben Fällen ohne in dieser Hinsichtverwertbare Angaben vorlagen. Die Bewilligungsbehörde hat trotzdem gleichlautendvermerkt, dass „das Programm inhaltlich den Bestimmungen des Bescheides entspre-chend umgesetzt wurde“. Hinsichtlich der Erfüllung des Zuwendungszwecks wurderegelmäßig ausgeführt: „Erfolgskriterien sind an die gewährte Zuwendung nicht ge-bunden worden“ und „Die Maßnahme ist mithin dem Zuwendungszweck entspre-chend durchgeführt worden“.

Ob die Zuwendung zweckentsprechend eingesetzt worden ist und der beabsichtigteZuwendungszweck erreicht wurde, kann nur auf der Basis entsprechender Angabenentschieden werden, die hier aber teilweise fehlten oder unvollständig waren. DerLRH hat daher gefordert, den Projektträgern die notwendigen Daten abzuverlangenund gemäß Verwaltungsvorschriften Nr. 11.1.3 zu § 44 LHO Erfolgskontrollen (vgl.Jahresbericht 2000, Drs. 14/1590, Abschnitt V, Nr. 40, S. 116) durchzuführen. An-hand der Ergebnisse ist dann die Frage zu entscheiden, ob und wenn ja, in welcherForm, in welchem Umfang und mit welchen Trägern ein Stabilisierungs- und Qualifi-zierungsangebot für diesen Personenkreis weiter vorgehalten werden soll.

Verbleib der Teilnehmer nach Ausscheiden aus den Projekten

Die Bewilligungsbehörde hat in diesem Zusammenhang lediglich auf eine vom Dia-konischen Werk Hannover zentral über das Programm erstellte „Dokumentation“verwiesen. Danach waren 1998 auf den 298 Plätzen insgesamt 673 Personen beschäf-tigt. Davon sind im Laufe des Jahres 91 Teilnehmer plangemäß und 322 Teilnehmervorzeitig ausgeschieden, 90 von ihnen bereits nach einem Monat, weitere 80 inner-halb der nächsten beiden Monate.

Insgesamt sind 24 der ausgeschiedenen Teilnehmer (5,81 v. H.) in ein „neues Ar-beitsverhältnis“ gewechselt und 45 (10,90 v. H.) in eine Folgemaßnahme eingetreten.241 Personen (58,35 v. H.) waren anschließend arbeitslos, der Verbleib der übrigen103 Personen (24,94 v. H.) war nicht bekannt.

Der LRH ist der Frage nach dem Verbleib der Teilnehmer anhand der mit dem Ver-wendungsnachweis vorgelegten Unterlagen ebenfalls nachgegangen. Trotz voneinan-der abweichender Ausgangswerte ergaben sich für die vorgenannten vier Kategorien

Page 95: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

95

durchaus ähnliche Quoten. Demnach ist es ca. 6 v. H. der ehemaligen Teilnehmergelungen, in ein reguläres Arbeitsverhältnis zu wechseln, und ca. 11 v. H. sind in an-dere Fördermaßnahmen aufgenommen worden. Diese beiden Ziele der Förderung ha-ben damit mehr als 83 v. H. der 1998 ausgeschiedenen Teilnehmer verfehlt. Angaben,die Aufschluss darüber hätten geben können, inwieweit es gelungen ist, diese Teil-nehmer im Verlauf ihrer jeweiligen Beschäftigung so weit zu stabilisieren und zuqualifizieren, dass sie in der Lage gewesen wären, eine dauerhafte Beschäftigung auf-zunehmen, sind weder in der Dokumentation enthalten noch waren sie den Sachbe-richten zu entnehmen. Offensichtlich ist dieser Frage - obwohl in den Richtlinien aus-drücklich als Ziel der Förderung formuliert - keinerlei Bedeutung beigemessen wor-den. Das ist mindestens mit Blick auf die Teilnehmer nicht nachvollziehbar, die zwölfMonate oder länger (teilweise bis zu acht Jahre) in den Projekten beschäftigt waren.

Um die Wirkung der Förderung in Zukunft tatsächlich beurteilen und möglicherweiseverbessern zu können, ist es erforderlich, die Verweildauer der Teilnehmer in denProjekten, die in reguläre Arbeitsverhältnisse oder Folgemaßnahmen gewechselt sind,zu kennen. Darüber hinaus ist es unverzichtbar, nach ca. drei Monaten festzustellen,ob diese beiden Personengruppen noch in ihre neuen Vertragsverhältnisse eingebun-den sind. Ferner muss für die übrigen ausgeschiedenen Teilnehmer festgehalten wer-den, ob und in welcher Weise sich die Stabilisierungs- und Qualifizierungsbemühun-gen überhaupt ausgewirkt haben oder als gescheitert betrachtet werden müssen. Erstauf der Grundlage solcher Erkenntnisse kann sich zeigen, ob die Förderkonzeption fürdie bisherigen positiven Auswirkungen ursächlich war und ob sie grundsätzlich ge-eignet ist, die angestrebten Ziele auch in einer nennenswerten Größenordnung zu er-reichen.

14. Landesblindengeld

Kapitel 05 36

Soll das Landesblindengeldgesetz erhalten bleiben, muss der Abstand derLeistungen nach diesem Gesetz zur Blindenhilfe nach demBundessozialhilfegesetz auch künftig gewahrt werden. Die Ausführung desGesetzes durch herangezogene Landkreise und Städte hat sich bewährt. DieAnspruchsvoraussetzung sollte nur noch durch das Feststellungsverfahrennach dem Schwerbehindertengesetz nachgewiesen werden.

Allgemeines

Wie alle anderen Bundesländer gewährt auch Niedersachsen an Stelle der Blindenhil-fe nach § 67 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), deren Kosten es ebenfalls zu tragenhat, vorrangig Landesblindengeld (im Folgenden: Blindengeld) nach einem Gesetz ü-ber das Landesblindengeld für Zivilblinde (Landesblindengeldgesetz). Es wird imGegensatz zur Blindenhilfe nach dem BSHG unabhängig vom Einkommen und Ver-mögen gezahlt, ist dafür aber rd. 10 v. H. niedriger. In Höhe des Unterschiedsbetragskann ergänzend Blindenhilfe gewährt werden. Allerdings gelten hierbei die Einkom-mens- und Vermögensgrenzen des BSHG. Die Anspruchsvoraussetzungen und sons-tigen Regelungen, beispielsweise die Kürzung der Leistung bei Unterbringung in ei-nem Heim oder die Anrechnung von Leistungen der Pflegeversicherung zur häusli-chen Pflege, sind nahezu identisch. Ein volljähriger Blinder erhält monatlich 961 DMBlindengeld.

Zurzeit haben in Niedersachsen etwa 12.000 Personen Anspruch auf die Leistung. ImHj. 2000 hat das Land rd. 109 000 000 DM an Blindengeld ausgezahlt. Nur knapp5 v. H. der Blindengeldbezieher haben 1999 ergänzend auch Blindenhilfe erhalten.

Page 96: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

96

Das Landesblindengeldgesetz wird von 53 herangezogenen Landkreisen und Städtenausgeführt. Die Fachaufsicht obliegt dem Niedersächsischen Landesamt für ZentraleSoziale Aufgaben (NLZSA); es ist auch für Widerspruchs- und Klageverfahren zu-ständig.

Notwendigkeit des Gesetzes

Mit dem Blindengeld gewährt das Land eine Leistung auf gesetzlicher Grundlage. Beieiner Aufhebung dieses Leistungsgesetzes wären die Bezieher von Blindengeld aufdie Blindenhilfe nach dem BSHG verwiesen.

Das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales hatte die Notwendigkeit des Lan-desblindengeldgesetzes untersucht, seine Aufhebung aber letztlich nicht weiter ver-folgt, weil die Einsparungen bei der Blindenhilfe gering und der Verwaltungsaufwandfür die dann fälligen Einkommens- und Vermögensberechnungen erheblich wären.

Diese Annahmen haben sich durch die Feststellungen des LRH im Wesentlichen bes-tätigt. Er sieht es als vertretbar an, das Landesblindengeldgesetz beizubehalten, wennzum Ausgleich der im Gesetz nicht vorgesehenen Anrechnung von Einkommen undVermögen der finanzielle Abstand zur Blindenhilfe zumindest weiter gewahrt wird.

Nachweis der Anspruchsvoraussetzung

Anspruch auf Blindengeld hat, wer vollständig blind ist oder an bestimmten hochgra-digen und dauerhaften Beeinträchtigungen des Sehvermögens leidet. Wie die An-spruchsvoraussetzungen nachgewiesen werden, ist nicht dem Gesetz, sondern Ver-waltungsvorschriften und Hinweisen zu entnehmen. Danach ist es möglich, denNachweis entweder durch einen augenfachärztlichen Befundbericht oder durch einen,das Merkzeichen „BL“ (Blind) zuerkennenden Feststellungsbescheid nach demSchwerbehindertengesetz zu führen. Die Feststellungsbescheide des Versorgungsamtshaben für die Landesblindengeld-Behörden bindende Wirkung. Die meisten Land-kreise und Städte bevorzugen diesen Nachweisweg, weil er keine eigene Entschei-dung in der Sache erfordert. Augenfachärztliche Befundberichte hingegen müssen ge-prüft und bewertet werden, was neben erheblichem Zeit- und Verwaltungsaufwandhäufig zu Unsicherheiten führt und die Gefahr von unzutreffenden Bewertungendurch die Verwaltung vergrößert. Dennoch liegt der Anteil von Entscheidungen auf-grund von augenfachärztlichen Befunden durchschnittlich bei knapp 20 v. H., in ein-zelnen Landkreisen sogar bei bis zu 60 v. H. der Neuanträge.

Die Feststellung des Merkzeichens „BL“ ist speziell ausgebildeten Versorgungsärztenvorbehalten. Ihre Entscheidung beruht nicht nur auf einem vom behandelnden Augen-arzt stammenden Befundbericht, sondern auf eigener Diagnose. Teilweise werden er-gänzende Fachgutachten eingeholt. Das Feststellungsverfahren weist einen deutlichhöheren qualitativen Standard auf als der Nachweisweg über augenfachärztliche Be-funde. Es bietet mehr Diagnosesicherheit, bringt mehr Rechtssicherheit und mindertdas Risiko unzutreffender Entscheidungen erheblich.

Der LRH hält den Nachweis durch einen einfachen augenfachärztlichen Befundbe-richt auch mit Blick auf die erheblichen finanziellen Auswirkungen von Fehlentschei-dungen für nicht länger vertretbar und hat dazu geraten, im Landesblindengeldgesetzeine Regelung aufzunehmen, wonach das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungdurch einen Feststellungsbescheid gemäß § 4 des Schwerbehindertengesetzes mit Zu-erkennung des Merkzeichens „BL“ nachgewiesen wird.

Page 97: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

97

Gesetzesvollzug und Zuständigkeit

Die Zusammenarbeit zwischen den herangezogenen Gebietskörperschaften und demNLZSA hat sich bewährt und funktioniert. Die Bearbeitung des Landesblindengeld-gesetzes durch die Landkreise und Städte weist nach den Feststellungen des LRH kei-ne gravierenden Mängel auf, ist in einigen Teilbereichen aber nicht einheitlich. DerLRH hat dem NLZSA Vorschläge unterbreitet, wie die Steuerung der herangezogenenGebietskörperschaften verbessert werden kann.

Die Landesregierung hatte 1991/1992 im Zuge der Beratung des 5. Gesetzes zur Än-derung des Landesblindengeldgesetzes die Frage untersucht, ob die Bearbeitung desLandesblindengeldgesetzes der Versorgungsverwaltung übertragen werden sollte, sichaber letztlich dagegen entschieden und die Überlegung nicht weiter verfolgt. Durchdie Prüfung des LRH haben sich die seinerzeit gegen die Verlagerung vorgebrachtenGründe bestätigt; gleichwohl wurden im NLZSA - insbesondere in Form organisatori-scher Veränderungen - Bestrebungen festgestellt, die weiterhin die Übernahme derAufgabe durch die Versorgungsverwaltung zum Ziel haben könnten.

Die Landkreise und Städte haben im Gegensatz zur Versorgungsverwaltung für dasLandesblindengeldgesetz die notwendige Beratungskompetenz des örtlichen Trägersder Sozialhilfe; sie können diese Leistung vor Ort beim Leistungsempfänger oderAntragsteller erbringen. Von erheblichem Vorteil sind auch die direkten Informati-onsbeziehungen innerhalb der Sozialämter und zu Kranken- und Pflegekassen, Hei-men und anderen Einrichtungen auf örtlicher und regionaler Ebene. Die Wahrneh-mung der Aufgabe durch die Landkreise und Städte ist daher weniger aufwändig. Diebestehende Zuständigkeitsregelung sollte deshalb auch künftig beibehalten werden.

Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales/ab 01.01.2001 InnenministeriumEinzelplan 05

15. Verzögerung des notwendigen Abschlusses städtebaulicherSanierungsmaßnahmen

Kapitel 05 08

Das Land schließt die Förderung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen nurmit erheblichen und vermeidbaren Verzögerungen ab, weil

– die Förderung nicht auf die notwendigen Sanierungsziele beschränkt wird,

– die Einnahmen und andere Förderwege nicht zur Einsparung genutztwerden,

– das Land auf zusätzliche kommunale Mittel verzichtet,

– die Vorhaben künstlich gestreckt und

– die Fördermittel nicht bedarfsgerecht verteilt werden.

Dadurch sind in den vergangenen Jahren die Finanzierungsmöglichkeiten fürandere und ggf. neue Maßnahmen verspielt worden. Mit dem beschleunigtenAbschluss der Förderung könnte jedoch künftig Finanzierungsspielraum wie-der geschaffen und gesichert werden.

Vorbemerkung

Der LRH hat die Förderung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen bereits in den Jah-ren 1991 bis 1993 geprüft. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Prüfungen ergeben

Page 98: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

98

sich aus den Jahresberichten 1993 (Drs. 12/4820, S. 45) und 1997 (Drs. 13/2900,S. 74 und S. 84).

Aufgrund der im Jahresbericht 1993 dargelegten Feststellungen hat es der Landtagnicht für hinnehmbar gehalten, dass städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in einererheblichen Anzahl zu lange dauern und dass nur wenige Vorhaben bereits abge-schlossen waren. Der Landtag bat die Landesregierung, nachhaltig auf einen zügigenAbschluss der Maßnahmen hinzuwirken (Nr. 20 der Anlage zur Drs. 12/5384).

Nachdem der LRH im Jahresbericht 1997 erneut auf die Förderung städtebaulicherSanierungsmaßnahmen eingegangen war, stellte der Landtag fest, dass die Grundsätzeder Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht ausreichend beachtet worden waren. Erhielt die auf einen zügigen Abschluss der Vorhaben zielenden Maßnahmen der Lan-desregierung für unzureichend. Deshalb bat er die Landesregierung, sich über geeig-nete Schritte mit dem LRH zu verständigen und diese dann mit entsprechendemNachdruck einzuleiten (Nr. 27 der Anlage zur Drs. 13/3402).

Um die vom Landtag erwartete Verständigung auf „geeignete Schritte“ zu erreichen,wurden die Probleme auf Initiative des LRH am 22.09.1997 und am 01.12.1997 mitVertretern des Finanzministeriums (MF) und des bis zum 31.12.2000 zuständigenMinisteriums für Frauen, Arbeit und Soziales (MFAS) erörtert. Nachdem der LRHVorschläge unterbreitet hatte, erstellte das MFAS eine abgestimmte Konzeption, dieanschließend dem Landtag als Antwort der Landesregierung vom 16.04.1998 über-mittelt wurde (Drs. 14/14, S. 33).

Die Feststellungen des LRH und der Handlungsbedarf sind durch spätere Prüfungenvon Rechnungshöfen in anderen Bundesländern mit ähnlichen Ergebnissen nachhaltigbestätigt worden. Fortschritte bei der Abwicklung der städtebaulichen Sanierungs-maßnahmen im eigenen Land waren dagegen nicht zu bemerken. Deshalb richtete derLRH eine entsprechende Anfrage an das Ministerium, das allerdings nicht reagierte.Danach überprüfte der LRH im Juni 2000 die durch das MFAS eingeleiteten Schritte.

Rechtsgrundlagen und Konzeption für den Abschluss von Maßnahmen

Die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen sind gemäß §§ 136 Abs. 1, 142 Abs. 1und 149 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB) zügig, zweckmäßig und innerhalb eines ab-sehbaren Zeitraums durchzuführen. Deshalb sind die Gebiete und Bereiche, die Ge-genstand der Förderung sein sollen, nach den Städtebauförderungsrichtlinien vonvornherein entsprechend zu begrenzen. Nach den Verwaltungsvorschriften zumBauGB sollen für die Durchführung im Zeitpunkt der förmlichen Festlegung des Sa-nierungsgebiets im Regelfall nicht mehr als zehn Jahre veranschlagt werden. Für denAbschluss ist es nicht erforderlich, städtebauliche Missstände vollständig zu beheben.Es reicht aus, wenn die städtebaulichen Missstände wesentlich gemindert sind oderwenn durch die Maßnahmen der Gemeinde private Investitionen so angestoßen sind,dass sich der notwendige Erneuerungsprozess aus eigener Kraft weiter entwickelnkann.

Diese Rahmenbedingungen werden ergänzt durch die jährlichen Verwaltungsverein-barungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder. Hiernachbewerten Bund und Länder das Subsidiaritätsprinzip der Städtebauförderung u. a. da-hingehend, dass durch die Begrenzung des Sanierungsaufwands und Sanierungsum-fangs ein möglichst effizienter und sparsamer Mitteleinsatz gewährleistet ist. Fernerstimmen sie überein, „dass diesem Ziel auch das Bemühen der Gemeinden dient, Fi-nanzierungsmittel für andere Aufgaben, deren Ursachen nicht aus unmittelbarem Be-zug zu städtebaulichen Missständen herrühren, zuerst auch in anderen Programmenmit Investitionshilfen zu suchen“.

Page 99: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

99

Der LRH hatte im Jahresbericht 1993 darauf hingewiesen, dass diese Vorgaben nichtbeachtet werden. Bei 55 von 119 Sanierungsmaßnahmen, für die nach dem Stand vomNovember 1991 noch Förderungsmittel bewilligt werden sollten, lagen zwischen demBeginn der Förderung und dem voraussichtlichen Abschlussjahr mindestens 15 Jahre,26 dieser Maßnahmen waren bereits in den Hj. 1971 bis 1974 erstmals in die Bund-Länder-Programme aufgenommen worden. Je weiter die Sanierungsvorhaben inRichtung auf das angestrebte städtebauliche Ziel fortgeschritten sind, je eher ist esmöglich, sanierungsbedingte Einnahmen, insbesondere Ausgleichsbeträge für Erhö-hungen der Bodenwerte sowie Erlöse aus der Veräußerung von Grundstücken, zu er-zielen (§ 154 Abs. 3 BauGB) und damit Fördermittel einzusparen oder sie für andere,ggf. neue Maßnahmen einzusetzen. Deshalb nahm der LRH diese und weitere Fest-stellungen fortlaufend zum Anlass, auf eine Konzeption für den Abschluss der Vor-haben hinzuwirken.

Nach der schließlich im Dezember 1997 mit dem MF und dem MFAS abgestimmtenKonzeption sollten die Bezirksregierungen insbesondere bei den in einem fortge-schrittenen Stadium befindlichen städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen feststellen,„welche Einzelmaßnahmen zur Behebung der städtebaulichen Missstände noch zwin-gend erforderlich sind, in welchem Zeitraum deren Durchführung möglich ist, welcheAusgaben und Einnahmen auf diesen Grundlagen zu erwarten und wie sie zu finan-zieren sind“ (so genannte Abschlusskonzepte). Ergänzend sagte das Ministerium zu,auf den verstärkten Abschluss der Maßnahmen hinzuwirken und „bereits seit Jahrenausgeförderte Gesamtmaßnahmen ... für abgeschlossen zu erklären“.

Nach den Feststellungen des LRH sind diese Schritte unzureichend umgesetzt wor-den. Darüber hinaus werden die oben genannten gesetzlichen Vorgaben für dieDurchführung der Maßnahmen immer noch weitgehend missachtet. Ferner könntendie Mittel sparsamer bzw. effizienter eingesetzt werden. Folgende Prüfungsergebnissebelegen dies:

Zeitrahmen für städtebauliche Sanierungsmaßnahmen erheblich überschritten

Nach den vom Ministerium im Programmjahr 2000 getroffenen Entscheidungen sind149 städtebauliche Sanierungsmaßnahmen im Bund-Länder-Programm ausgewiesen.Von diesen Vorhaben sind 71 bereits in den Jahren 1971 bis 1980 und 76 in den Jah-ren 1981 bis 1988 in das Städtebauförderungsprogramm aufgenommen worden. Dar-unter waren 52 Maßnahmen, die nicht nur wie die übrigen im bisherigen Kostenrah-men fortgesetzt, sondern mit zusätzlichen Mitteln gefördert wurden.

Schon anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass die rechtlichen Vorgaben für dieDurchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen in erheblichem Umfangnicht eingehalten bzw. fortlaufend Mittel für Vorhaben bereitgestellt worden sind, de-ren Durchführungszeitraum nicht mit den Vorschriften zu vereinbaren ist.

Förderung nicht auf notwendige Sanierungsziele beschränkt

Die Schwerpunkte für den Einsatz von Finanzhilfen im Rahmen der Städtebauförde-rung ergeben sich aus § 164 b Abs. 2 BauGB. Ergänzend bringt das Ministerium inden jährlichen Aufnahmeerlassen zum Ausdruck, dass für die Mittelbereitstellungenbestimmte Förderungsschwerpunkte ausschlaggebend waren. Hierbei handelt es sichum die Erneuerung und die Entwicklung in städtebaulichen Brennpunkten, die Siche-rung von Wohnraum sowie die Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland, dieSchaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, die Verbesserung von Standortbedin-gungen und die Umwidmung bzw. Neunutzung von Brachflächen. Das Ministeriumerwartet, dass „bereitgestellte Förderungsmittel schwerpunktmäßig unter Berücksich-tigung dieser Prioritäten eingesetzt werden“. Folgende in den Unterlagen des Ministe-

Page 100: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

100

riums vorgefundene zutreffende Aussage verdeutlicht, warum und zu welchem Zweckder Sanierungsumfang begrenzt werden muss: „Veränderte finanzielle Rahmenbedin-gungen erzwingen Anpassung der Sanierungsziele auf niedrigerem Niveau ... Hieraufhat die Förderung ggf. hinzuwirken.“

Demgegenüber hat der LRH festgestellt, dass der erforderliche Umfang bei vielenMaßnahmen weiterhin überschritten wird. Dieses ist beispielsweise dann der Fall,wenn

– die Maßnahmen „zur Attraktivitätssteigerung des zentralen Geschäftsbereichessowie zur Förderung des Fremdenverkehrs dringend erforderlich“ sind,

– „für eine dauerhafte Steigerung des Tourismus noch weitere wichtige Maßnahmenrealisiert werden müssen“,

– die Neugestaltung von Grünflächen „dem Leitziel ‚Steigerung des Freizeit- undErholungswertes‘“ entspricht,

– „nach dem Rückgang des Kurbetriebes infolge der Gesundheitsreform ... die Stadt... darauf angewiesen (ist) ... einer naturräumlichen Umgebung mit weitreichendenErholungsflächen sowie einer historischen, unter Denkmalschutz stehenden Alt-stadt ... die Voraussetzungen für einen attraktiven Städtetourismus zu schaffen“,

– in einem Abschlusskonzept Mittel für die Ausfinanzierung einer „Kulturscheune“(rd. 2,2 Millionen DM) und die Schaffung eines Medienzentrums(3,9 Millionen DM) enthalten sind und die dafür notwendige Zuwegung als„Kulturmeile“ bezeichnet wird,

– es aufgrund „der großzügigen Bereitstellung dieser Fördermittel“ möglich war, dieehemalige Industriebrache „zu einem gut funktionierenden Kulturzentrum umzu-bauen“ und im Zuge einer „Altlastenbeseitigung ... als Folgenutzung erreicht wer-den (soll), dass vom bestehenden Hafenbecken ... ein weiteres kleines Hafenbe-cken entsteht, dass dann sowohl vom Museum als auch vom angrenzenden Ruder-und Yachtclubgebäude mitgenutzt werden kann“ und in welchem „auch Gastbooteanlegen und die Einrichtungen im Umfeld nutzen können“.

Darüber hinaus ist in den Abschlusskonzepten eine Vielzahl von Straßenbau- undParkplatzmaßnahmen enthalten. Auch insoweit hat der LRH erhebliche Zweifel ander Förderungspriorität. Diese Zweifel werden beispielsweise dadurch bestätigt, dasseine Bezirksregierung einer Stadt zur Umgestaltung von Straßen mitgeteilt hat, „dassdas, was hier mit Hilfe von Sanierungsmitteln erfolge, andernorts von den Kommunenallein finanziert würde“. Im Hinblick darauf, dass die „reine Umgestaltung von Stra-ßen, sei es aus Gründen der Verschönerung, Erneuerung, oder Unterhaltung“ eben-falls nicht als berücksichtigungsfähig angesehen wurde, ist es für den LRH auch nichtnachvollziehbar, dass solche Maßnahmen noch in einem Abschlusskonzept enthaltensind. Nach den Feststellungen des LRH zählen gerade Maßnahmen mit den vorste-hend aufgeführten Beispielen zu den Vorhaben, die noch nicht ausgefördert wordensind. Der LRH hält es daher weiterhin für unerlässlich, den Förderungsumfang mög-lichst für sämtliche Fördermaßnahmen zu begrenzen bzw. die Einzelvorhaben konkretfestzulegen und damit nicht jährlich neue Förderungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Einnahmen nicht für Einsparungen genutzt

Die finanzielle Bedeutung des Abschlusses von Maßnahmen wird anhand einer Ant-wort des MFAS auf eine Kleine Anfrage (Drs. 12/5256) deutlich; denn hiernach„kann landesweit im Durchschnitt ein Satz von ca. 10 % der Kosten einer städtebauli-chen Sanierungsmaßnahme“ als zu erwartende Ausgleichsbeträge angenommen wer-den. Nach einer Übersicht des MFAS von Ende 1991 betrugen die Gesamtkosten fürdie damals noch nicht abgeschlossenen 177 Sanierungsmaßnahmen zu diesem Zeit-

Page 101: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

101

punkt 4,5 Milliarden DM, sodass hiervon ausgehend allein Ausgleichsbeträge vonrd. 450 Millionen DM zu erwarten waren.

Der Finanzierungsbedarf für die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen wird zuneh-mend durch Ausgleichsbeträge und andere in den Maßnahmen verbleibende Einnah-men gedeckt. Allein in den Programmjahren 1994 bis 2000 hat das MFAS Einnahmenin Höhe von rd. 290 Millionen DM festgesetzt. Da die Kostenrahmen mit dem Ziel,neue Einzelvorhaben durchzuführen, parallel entsprechend erhöht worden sind, führtdie Berücksichtigung der Einnahmen dazu, dass die eigentlich vorliegenden Überfi-nanzierungen nicht zurückgefordert werden können und damit Förderungsmittel nichtzurückfließen, die für andere und ggf. neue Maßnahmen eingesetzt werden könnten.Damit ist der ursprünglich vorhandene Finanzierungsspielraum inzwischen bereits inerheblichem Umfang „verspielt“.

Nach den Erhebungen des LRH wirken die Gemeinden, die Bezirksregierungen undauch das Ministerium geradezu auf dieses Ergebnis hin. Wegen der damit verbunde-nen Auswirkungen hält der LRH es nicht für vertretbar, dass für die Erhöhung derKostenrahmen aufgrund von Einnahmen andere (großzügigere) Maßstäbe gelten alsfür die Bereitstellung von Förderungsmitteln im Übrigen.

Die Feststellungen des LRH belegen zunächst, dass das MFAS im Rahmen der jährli-chen Fortschreibung für Maßnahmen, für die zusätzliche Förderungsmittel beantragtworden sind, weitergehende Übersichten zum Abwicklungsstand anfordert als fürVorhaben, bei welchen „lediglich“ noch die Festsetzung von Einnahmen in Betrachtkommt. Diese differenzierte Vorgehensweise ergibt sich auch aus den Berichten einerBezirksregierung, wonach bei den „ausgeförderten Sanierungsmaßnahmen ... zu den... konkreten Maßnahmen nicht mehr im einzelnen Stellung bezogen worden (ist), daFörderungsmittel nicht mehr zur Verfügung gestellt und nur noch erzielte Einnahmenund ggf. zusätzliche Eigenmittel eingesetzt werden“.

Ferner wies eine Stadt im Rahmen des Abschlusskonzepts darauf hin, dass nach„Vorgaben der Bezirksregierung bei ausgeförderten Sanierungsmaßnahmen ... dieHöhe der Kosten für noch zwingend durchzuführende Einzelmaßnahmen identischmit den insgesamt noch zur Verfügung stehenden Mitteln sein (muss)“. Nach demvorliegenden Konzept sei „dies erfüllt, da sowohl die Ausgaben als auch die Einnah-men jeweils mit 4 000 000,00 DM angesetzt wurden“. Den Anmeldungen dieser undeiner weiteren Stadt entsprechend, erhöhte das Ministerium daraufhin den Kosten-rahmen allein bei diesen Maßnahmen in den Jahren 1998 bis 2000 um 5 862 000 DMund setzte zur Finanzierung Einnahmen in gleicher Höhe fest. Danach orientiertensich die durchzuführenden Vorhaben nicht an der Notwendigkeit, sondern an den ver-fügbaren Mitteln.

Bei einer anderen städtebaulichen Sanierungsmaßnahme verhandelte das Ministeriumden Einsatz von rd. 5,8 Millionen DM Einnahmen mit dem Bürgermeister der betrof-fenen Stadt. Als Ergebnis legte das Ministerium fest, dass die „erwarteten zweckge-bundenen Einnahmen ... nicht zum Anlass genommen (werden), die bereits einge-setzten Städtebauförderungsmittel zu reduzieren“. Vielmehr seien die erzielbarenzweckgebundenen Einnahmen aufgrund der „Zielsetzungen des Landes in derSchlussphase der Maßnahme ... zur Finanzierung der noch zu behebenden städtebau-lichen Missstände (nicht Mängel) in eigener Planungshoheit unter Beachtung desStädtebauförderungsrechts“ zu verwenden. Danach lag die Entscheidung über denEinsatz der Mittel nicht mehr beim Zuwendungsgeber, sondern im Hinblick auf die„eigene Planungshoheit“ beim Zuwendungsempfänger.

Page 102: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

102

Andere Fördermöglichkeiten nicht ausreichend eingesetzt

Gemäß § 149 Abs. 6 BauGB hat die höhere Verwaltungsbehörde die Gemeinde beider Beschaffung von Förderungsmitteln aus öffentlichen Haushalten zu unterstützen.Darüber hinaus sollen nach § 164 a Abs. 1 BauGB für Maßnahmen im Zusammen-hang mit der Sanierung, deren Finanzierung oder Förderung auf anderer gesetzlicherGrundlage beruht, die in den jeweiligen Haushaltsgesetzen zur Verfügung gestelltenFinanzierungs- oder Förderungsmittel so eingesetzt werden, dass die Maßnahmen imRahmen der Sanierung durchgeführt werden können. Nach der Begründung des Ge-setzes soll mit diesem zentralen Grundsatz die Bündelung und Koordination aller imZusammenhang mit der Sanierung stehenden, aber auch auf anderer gesetzlicherGrundlage gewährten Mittel unterstrichen werden.

Nach den Feststellungen des LRH wird im Rahmen der städtebaulichen Sanierungs-maßnahmen eine Vielzahl von Erschließungs- und Modernisierungsvorhaben durch-geführt. Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, kommt für diese Vorhaben auch dieFörderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und nach dem ZweitenWohnungsbaugesetz in Betracht. Aufgrund des entsprechenden Bedarfs hat dasMFAS ab dem Wohnungsbauprogramm 1999 die Förderung der Modernisierung vonWohnraum in städtebaulichen Sanierungsgebieten sogar ausdrücklich vorgesehen.Darüber hinaus hat das Ministerium die Bezirksregierungen auch darauf hingewiesen,„dass der Einsatz von Finanzhilfen der Städtebauförderung gegenüber denen derWohnungsbauförderung nachrangig ist“. Dennoch wird diese Förderungsmöglichkeitkaum in Anspruch genommen; denn im Rahmen des Wohnungsbauprogramms 1999sind in Sanierungsgebieten bis zum 31.12.2000 lediglich ein Eigenheim, zwei Eigen-tumswohnungen und acht Mietwohnungsbauvorhaben (diese ausschließlich in Han-nover) gefördert worden. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die bestehendenFörderungsmöglichkeiten bestimmungsgemäß ausgeschöpft bzw. entsprechend koor-diniert werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Durchführung der städtebaulichenSanierungsmaßnahmen aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Städte-bauförderungsmittel erheblich verzögert hat.

Auf zusätzliche kommunale Mittel verzichtet

Nach der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern beteiligtsich der Bund an der Finanzierung förderungsfähiger Kosten von städtebaulichen Sa-nierungsmaßnahmen mit einem Drittel. Ergänzend bestimmen die Städtebauförde-rungsrichtlinien des Landes, dass die Förderung insgesamt zwei Drittel und der durchEigenmittel zu finanzierende Anteil der Gemeinde ein Drittel der durch Einnahmennicht gedeckten Kosten beträgt. Abweichend hiervon hat das MFAS bei zwei Städtenim Programmjahr 1993 zusätzliche Eigenmittel der Kommunen in Höhe vonrd. 2 Millionen DM festgesetzt und die Kostenrahmen entsprechend erhöht. Von die-sen Festsetzungen hat das Ministerium in den Jahren 1999/2000 wieder Abstand ge-nommen und darum gebeten, die Maßnahmen nach den in den Förderrichtlinien fest-gelegten Modalitäten abzurechnen bzw. abzuwickeln.

Im Rahmen der Anmeldungen 1999 erklärten sich zwei Städte bereit, „zusätzliche, ü-ber das vorgeschriebene Eigendrittel hinausgehende Eigenmittel“ in Höhe vonrd. 1,3 Millionen DM bereitzustellen. Auch hinsichtlich dieser Einzelfälle wies dasMinisterium die zuständige Bezirksregierung nunmehr darauf hin, „dass ein erhöhterEigenmitteleinsatz aufgrund der Regelungen in der Verwaltungsvereinbarung (Bundträgt 1/3 der Kosten) nicht in Betracht kommt“. Anschließend setzte es lediglich dieangemeldeten Einnahmen in Höhe von rd. 3,5 Millionen DM, nicht aber die zusätzli-chen Eigenmittel der Städte fest.

Page 103: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

103

In einem anderen Einzelfall bekräftigte das Ministerium dagegen im Mai 1999 die imJahr 1995 getroffene Festsetzung eines erhöhten kommunalen Eigenanteils in Höhevon 1,6 Millionen DM. Darüber hinaus hatte eine weitere Stadt ebenfalls imJahr 1993 einen erhöhten Eigenanteil in Höhe von 0,5 Millionen DM eingebracht undsich im Jahr 1998 bereit erklärt, erneut zusätzliche Mittel in Höhe von 1,3 MillionenDM einzusetzen. Hinsichtlich dieser 1,3 Millionen DM teilte die zuständige Bezirks-regierung mit, „dass dieser Bauabschnitt, bezogen auf die Eigenmittel, außerhalb derSanierung laufen muss, da das Nds. MS einer Bruttokostenrahmenerhöhung durch Ei-genmittel der Kommune nicht mehr zustimmt“.

Es ist davon auszugehen, dass der Einsatz von höheren kommunalen Eigenmittelnauch in weiteren Einzelfällen in Betracht kommt und damit eine noch gewichtigereBedeutung erhält. Schon wegen der insoweit offenen Verwaltungsvereinbarung mitdem Bund ist für den LRH nicht nachvollziehbar, dass die Kommunen, deren Aufga-be die städtebauliche Sanierung ist, lediglich ein Drittel der Förderung finanzierendürfen. Darüber hinaus hat das Ministerium, wie auch geschehen, jederzeit die Mög-lichkeit, von den entsprechenden, in den Städtebauförderungsrichtlinien getroffenenRegelungen abzuweichen. Deshalb ist es mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeitund Sparsamkeit nicht zu vereinbaren, auf höhere kommunale Eigenanteile zu ver-zichten, damit den Landesanteil zu erhöhen und infolgedessen auch die Abwicklungder städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen zu verzögern.

Sanierungsmaßnahmen gestreckt, statt sie frühzeitig abzuschließen

Das Ministerium ist bestrebt, durch die letztmalige Bewilligung von Förderungsmit-teln (Ausförderung) auf einen möglichst kurzfristigen Abschluss der städtebaulichenSanierungsmaßnahmen hinzuwirken. Hinsichtlich dieser Maßnahmen geht es davonaus, „dass grundsätzlich spätestens 4 Jahre nach Ausförderung eine Maßnahme fürabgeschlossen erklärt werden kann ... mit der Folge, dass die Abrechnung grundsätz-lich innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Förderzeitraums vorzulegen ist“.Nachdem eine Bezirksregierung vorgeschlagen hatte, auch für ausgeförderte Maß-nahmen erneut Mittel zu bewilligen, wies das Ministerium im September 1997 daraufhin, „dass dieses widersprüchliche Vorgehen die Glaubwürdigkeit der Landesver-waltung gegenüber den betroffenen Gemeinden beeinträchtigt“. Darüber hinaus legtees im Dezember 1997 fest, dass der „Grundsatz, als ‚ausgefördert‘ erklärte Maßnah-men in ein neues Programmjahr nicht mehr einzubeziehen, ... unangetastet bleiben“soll.

Demgegenüber hat der LRH zunächst festgestellt, dass sogar Maßnahmen, welche be-reits in den Jahren 1971 bis 1974 in das Bund-Länder-Programm aufgenommen wor-den waren, noch nicht ausgefördert sind. Ferner hat das Ministerium den selbst vor-gegebenen Vier-Jahres-Zeitraum für die Abschlusserklärung bei zahlreichen Maß-nahmen erheblich überschritten bzw. die Förderungszeiträume entgegen der eigenenAbsicht noch nicht begrenzt. Darüber hinaus hat das Ministerium Förderungszeiträu-me festgelegt, die beispielsweise bei einer Maßnahme vom Jahr 1971 bis zum Jahr2004 dauern und schon deshalb mit den Bestimmungen nicht vereinbar sind. Da feh-lende und zu lange Förderungszeiträume zusätzliche Ausgaben verursachen, wie z. B.für Honorare der Sanierungsträger, ist diese Vorgehensweise nicht vertretbar.

Schließlich hat das Ministerium entgegen der im Dezember 1997 getroffenenGrundsatzentscheidung Förderungsmittel für bereits ausgeförderte Maßnahmen ein-gesetzt. Eine Sanierungsmaßnahme ist sogar mehrfach „ausgefördert“ worden; zurBegründung wurde auf die zu berücksichtigende aktuelle touristische Entwicklungverwiesen. In diesem Zusammenhang hielt es das Ministerium für erforderlich, „zu-mindest nachträglich eine Fortschreibung der Sanierungsziele i. S. einer Anpassung“vorzunehmen und damit nach Auffassung des LRH die Mittelzuweisung zu rechtfer-

Page 104: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

104

tigen. Auch an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Vorgehensweise des Ministeri-ums weder zielgerichtet noch sparsam bzw. wirtschaftlich ist. Folgende im MFASselbst niedergelegte Erkenntnisse erklären die Ursache: „Der Gesamtmaßnahmecha-rakter, die jährliche Fortschreibung des Programms und das Verständnis der Sanie-rung als Prozess führen ideal in der Verbindung zu einer Entwicklung, die den ge-zielten Abschluss der Maßnahmen erschwert. Die erstmalige Aufnahme in das Städ-tebauförderungsprogramm setzt in den Gemeinden häufig eine starke Kreativität beider Fortschreibung der Sanierungsziele frei. Hieraus folgt eine erhebliche Kostenstei-gerung sowie eine Verlängerung des Durchführungszeitraums.“

Fördermittel nicht bedarfsgerecht verteilt

Bereits in seiner Prüfungsmitteilung aus dem Jahr 1992 hatte der LRH darauf hinge-wiesen, dass die in den Hj. 1989 bis 1991 entstandenen Ausgabereste in Höhe von56 Millionen DM, 70 Millionen DM und 58 Millionen DM nicht mit einem wirt-schaftlichen Verwaltungshandeln vereinbar sind. Diese Situation hat sich nicht verän-dert, denn in den folgenden Haushaltsjahren sind trotz der deutlich niedrigeren Pro-grammvolumen erneut Mittel in erheblicher Höhe nicht ausgegeben worden, und zwar41 Millionen DM (1997), 31 Millionen DM (1998 und 1999) und 23 Millionen DM(2000). Hierbei handelt es sich in vielen Fällen um Mittel, deren Bewilligungen län-ger als acht Jahre zurückliegen, der älteste Bescheid ist am 22.03.1974 erteilt worden(Stand vom 31.12.1999).

Das MFAS hat aufgrund dieses „Mittelabrufverhaltens der Gemeinden“ die Bezirks-regierungen wiederholt darauf hingewiesen, dass „eine solche Situation ... haushalts-rechtlichen Bedenken“ begegnet und es auch im Übrigen fachlich nicht vertretbar ist,dass Förderungsmittel, die zur Fortführung und zum Abschluss von Maßnahmendringend benötigt werden und die zur konjunkturellen Belebung beitragen könnten,seit Jahren an einzelne Maßnahmen gebunden sind, ohne zweckentsprechend in An-spruch genommen zu werden“. Ferner würden „die positiven Effekte der Städtebau-förderung durch Maßnahmen mit ... hohen Ausgaberesten konterkariert“. Die an-schließenden Überprüfungen der Bezirksregierungen führten jedoch nur in Einzelfäl-len zum Widerruf und zur „Umschichtung“ der Förderungsmittel auf andere Maß-nahmen.

Nach den Feststellungen des LRH sind die Ausgabereste bei zahlreichen Maßnahmendarauf zurückzuführen, dass die Sanierungsgemeinden zunehmend Einnahmen ausder Erhebung von Ausgleichsbeträgen sowie aus der Veräußerung von Grundstückenerzielen und deshalb ein Bedarf an Förderungsmitteln nicht vorhanden ist. Auch nachAuffassung des Ministeriums „kann dies als Indiz zu werten sein, dass zwingendeMaßnahmen nicht mehr durchzuführen sind oder weitere Städtebauförderungsmittelnicht erforderlich sind, um die Maßnahme dem Zügigkeitsgebot entsprechend abzu-schließen“. Ferner könne „davon ausgegangen werden, dass die Förderung nicht mehrim öffentlichen Interesse liegt, sodass diese Maßnahmen bereits aus diesem Grund alsausgefördert gelten müssten“.

Im Übrigen würde die vom LRH aufgezeigte und mit der Landesregierung abge-stimmte, vom Ministerium aber nicht aufgegriffene Alternative, Mittel in einemGrundbescheid für den noch verbleibenden Zeitraum der Maßnahme, verbunden miteinem Haushaltsvorbehalt, zu bewilligen, die notwendige Flexibilität für die Bereit-stellung von Mitteln eröffnen und damit Ausgabereste vermeiden. Da die langjährigeBindung von Förderungsmitteln die Durchführung anderer Fördermaßnahmen verzö-gert, sollte der vom LRH vorgeschlagene Weg nochmals erwogen werden; ggf. sinddie Bewilligungen, soweit sie über den Bedarf hinausreichen, zu widerrufen.

Die vorstehende Verfahrensweise entspricht entgegen der Stellungnahme des Innen-ministeriums gerade der dem Landtag mitgeteilten Konzeption und widerspricht auch

Page 105: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

105

weder dem Städtebau- noch dem Haushaltsrecht. Die Landesregierung selbst hat inihrer Antwort vom 16.04.1998 mitgeteilt, es sollten lediglich die zur Behebung derstädtebaulichen Missstände noch zwingend erforderlichen Einzelmaßnahmen in dieAbschlusskonzepte aufgenommen und die für die Umsetzung ggf. notwendigen haus-haltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

16. Hohe Abrechnungsrückstände in der Städtebauförderung

Kapitel 05 08

Die zum Abbau der hohen Abrechnungsrückstände in der Städtebauförderunggeschaffene Verfahrenserleichterung ist nicht in Anspruch genommen worden.Auch der geringere Aufwand für die Bearbeitung von Kostenanerkennungs-anträgen hat nicht dazu geführt, dass die Rückstände reduziert worden sind.Hierdurch werden die zielgerichtete Steuerung von Maßnahmen erschwert undder Abschluss von Vorhaben verzögert.

Die finanziellen Auswirkungen für das Land lassen sich daran erkennen, dassallein im Bereich einer Bezirksregierung in einem Jahr Überfinanzierungenvon mehr als 5 Millionen DM festgestellt worden sind.

Im Jahresbericht 1993 (Drs. 12/4820, S. 45) hatte der LRH darauf hingewiesen, dassvon den seit 1971 geförderten 169 städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungs-maßnahmen des Bund-Länder-Programms erst vier Vorhaben endgültig abgerechnetwaren. Dies stand mit den Grundsätzen einer geordneten und sparsamen Haushalts-führung nicht in Einklang. Der Landtag bat deshalb die Landesregierung, nachhaltigauf die unverzügliche Abrechnung der Maßnahmen hinzuwirken. Wie der LRH fest-gestellt hat, sind die Abrechnungsrückstände nicht abgebaut worden.

Zur Reduzierung der Abrechnungsrückstände bei den Bewilligungsstellen wurden zu-nächst mit Zustimmung des LRH eine Beamtin und ein Beamter der damaligen Vor-prüfungsstellen der Bezirksregierungen Lüneburg und Braunschweig eingesetzt. Dar-über hinaus ermächtigte das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales im Einver-nehmen mit dem Finanzministerium und dem LRH die Bewilligungsstellen mit Erlassvom 05.11.1996, die Prüfung der Angaben in den Zwischenabrechnungen oder Ab-rechnungen auf Stichproben zu beschränken; allerdings war „in jedem Fall ... zu prü-fen, ob eine Überzahlung oder vorzeitige Auszahlung von Fördermitteln erfolgt ist“.Anschließend teilte die Landesregierung dem Landtag mit Antwort vom 06.03.1997(Drs. 13/2791, S. 9) mit, dass es durch diese Erleichterung „in einem absehbaren Zeit-raum zum Abbau der Rückstände ... kommen“ wird. Dieses Ziel ist nach den Fest-stellungen des LRH jedoch nicht erreicht worden.

Ausgangspunkt für die Prüfung des LRH war der vom Ministerium für Frauen, Arbeitund Soziales kurz vor der Verfahrenserleichterung (September 1996) ermittelte Stand.Danach waren von den 169 im Bund-Länder-Programm berücksichtigten Maßnahmenzehn Vorhaben abgerechnet worden. Sechs weitere Maßnahmen sollten noch imJahr 1996 abgerechnet werden.

In der Folgezeit ließ sich das Ministerium regelmäßig den Stand der geprüften Ab-rechnungen und Prognosen über die weitere Abwicklung berichten. Darüber hinauswirkte es gegenüber den Bezirksregierungen auf eine Verminderung der Arbeitsrück-stände hin. Im Juni 1997 stellte das Ministerium fest, dass 17 der 169 Maßnahmenund sechs von 63 Maßnahmen des bei dieser Gelegenheit mit aufgegriffenen Struk-turhilfeprogramms abgerechnet waren. Von den für diese Programme bis zu diesemZeitpunkt vorzulegenden jährlichen Verwendungsnachweisen (2 859) lagen 2 514vor, hiervon waren 2 093 (rd. 73 v. H. von 2 859) geprüft.

Page 106: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

106

Zum 30.06.1998 lagen für das Bund-Länder-Programm und für das Strukturhilfepro-gramm 2 754 von 3 152 vorzulegenden Verwendungsnachweisen vor, davon waren2 396 (rd. 76 v. H. von 3 152) geprüft. Aufgrund dieses Sachstands stellte das Minis-terium fest, „dass die Bezirksregierungen beträchtlich vorangekommen“ seien unddies „im Wesentlichen auf die im vorletzten Jahr mit dem LRH vereinbarten Prü-fungserleichterungen“ zurückzuführen sei. Überwiegend hätten die Bezirksregierun-gen prognostiziert, „im nächsten Jahr - auf der Grundlage des derzeitigen Personal-bestandes - einen aktuellen Stand der Abrechnungen erreicht zu haben“. Hinsichtlichdes in einzelnen Fällen noch vorhandenen erheblichen Handlungsbedarfs ging dasMinisterium aufgrund eines weiteren Abstimmungsgesprächs mit dem LRH und denBezirksregierungen davon aus, „dass die Bezirksregierungen unter Berücksichtigungdes Ergebnisses dieser Dienstbesprechung (Anmerkung u. a. „Stichprobenprüfung ...auch für die sog. ‚Altfälle‘ vor 1979“) diese ‚Altfälle‘ verstärkt abarbeiten“. Diese po-sitive Einschätzung äußerte ein Vertreter des Ministeriums auch noch im Rahmen ei-nes Vortrags im März 1999. Nachdem der LRH 1996 der Einführung von Stichpro-benprüfungen zugestimmt hatte, habe „sich die Situation deutlich verbessert“. ImÜbrigen habe sich das Verfahren der Kostenanerkennungen und der Zwischenabrech-nungen „grundsätzlich bewährt“. Es werde daher zu einer „großen Entlastung derSchlussabrechnungen führen“.

Die Prüfquote betrug zum 30.06.1999 rd. 79 v. H. und zum 30.06.2000 rd. 78 v. H.Dieser gegenüber 1997 höheren Prüfquote stand allerdings eine höhere Anzahl vonnicht geprüften Verwendungsnachweisen (787 im Juni 2000 statt 766 im Juni 1997)gegenüber. Hinzu kamen 98 (gegenüber 16 im Jahr 1997) nicht geprüfte Verwen-dungsnachweise im Bereich des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus. Danachwaren die Rückstände in diesem Dreijahreszeitraum sogar angewachsen. Erwähnens-wert ist zunächst, dass von den 787 nicht geprüften Verwendungsnachweisen 37 aufdie Jahre 1971 bis 1980 und 102 auf die Jahre 1981 bis 1990 entfallen. Ferner ist dar-auf hinzuweisen, dass bei 16 städtebaulichen Sanierungs- bzw. Strukturhilfemaßnah-men jeweils mehr als neun Verwendungsnachweise und damit Zeiträume von zehnund mehr Jahren nicht geprüft worden sind. Besonders auffällig sind jedoch die sechsVorhaben, bei welchen Verwendungsnachweise für Zeiträume zwischen 20 und29 Jahren ungeprüft waren.

Ähnlich negativ ist die Entwicklung hinsichtlich der endgültigen Abrechnung derstädtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Nach dem vom Bundes-ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im November 1999 freigegebe-nen Bundesprogramm waren von jetzt 170 Maßnahmen 20 Vorhaben (rd. 12 v. H.)endgültig abgerechnet worden. Diese Quote erhöhte sich zwar nach einer Übersichtdes Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales vom 14.12.1999 auf 24 Maßnahmen(rd. 14 v. H.), entsprach aber auch danach nicht den Abrechnungsständen andererBundesländer (Baden-Württemberg rd. 50 v. H., Nordrhein-Westfalen rd. 24 v. H.,Bayern rd. 19 v. H.). Zu den bisher nicht abgeschlossenen bzw. nicht abgerechneten146 Maßnahmen gehören zahlreiche Vorhaben, die schon in den Jahren von 1971 bis1978 in das Bund-Länder-Programm aufgenommen worden waren.

Nach den Feststellungen des LRH sind die bei den Bezirksregierungen vorhandenenArbeitsrückstände auch darauf zurückzuführen, dass die Bewilligungsstellen die Ver-wendungsnachweise nach wie vor vollständig prüfen und damit von der im November1996 eingeräumten Stichprobenprüfung keinen Gebrauch machen.

Die Bezirksregierungen hatten bereits im Rahmen ihrer jährlichen Sachstandsberichtedarauf hingewiesen, dass insbesondere aus personalwirtschaftlichen Gründen nichtvon einem kurzfristigen Abbau der Rückstände auszugehen sei. Das Ministerium fürFrauen, Arbeit und Soziales nahm diese Situation auch zum Anlass, das Innenministe-rium auf den Personalbedarf hinzuweisen. Dieses teilte daraufhin im Juni 2000 abermit, dass die „Aufgabenerledigung einschließlich der aufgelaufenen Rückstände bei

Page 107: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

107

den Zwischenabrechnungen/Abrechnungen mit dem vorhandenen Stellen-/Perso-nalbestand sichergestellt“ wird.

Nach den Prüfungsergebnissen des LRH haben die Bewilligungsbehörden im Rahmender Prüfung von Zwischenabrechnungen/Abrechnungen in einer Vielzahl von Fällen(nach Schätzungen der Bezirksregierungen bei 25 v. H. bis 50 v. H. der geprüftenVerwendungsnachweise) festgestellt, dass die Maßnahmen aufgrund von nicht fristge-recht eingesetzten Förderungsmitteln und von zwischenzeitlich erzielten Einnahmenüberfinanziert waren. Hierbei handelte es sich teilweise um Beträge in nicht unerheb-licher Höhe. Diese bestehen nicht nur aus den im Landeshaushalt vereinnahmtenRückzahlungen (1998 bis 2000 = rd. 3,4 Millionen DM), sondern auch aus vorherigenUmschichtungen von Förderungsmitteln auf andere Fördermaßnahmen. Die Bezirks-regierung Lüneburg hat beispielsweise darauf hingewiesen, dass durch die Prüfungvon Verwendungsnachweisen allein im Jahr 1998 ein Betrag in Höhe von5 138 000 DM mobilisiert werden konnte.

Diese Auswirkungen belegen, dass es nunmehr zwingend erforderlich ist, die Ab-rechnungsrückstände unverzüglich abzubauen. Dies ist auch deshalb dringend, weildie fehlenden Erkenntnisse aus der Prüfung von Abrechnungen dazu führen, dass diedavon betroffenen Maßnahmen nicht zielgerichtet gesteuert werden können. Außer-dem wird die Durchführung anderer Vorhaben wegen der dort fehlenden Förde-rungsmittel noch weiter verzögert.

Der LRH kann deshalb nicht nachvollziehen, dass die Bewilligungsstellen die zur Re-duzierung der Arbeitsrückstände geschaffene Regelung für Stichprobenprüfungennicht anwenden. Im Übrigen ist die Zahl der zu bearbeitenden Kostenanerkennungenauf Grund der zwischenzeitlich fortgeschrittenen städtebaulichen Sanierungsmaß-nahmen von 1990 bis 1999 um rd. 72,5 v. H. zurückgegangen. Die durch diese Ent-wicklung freien Personalkapazitäten hätten ebenfalls zum Abbau der Rückstände ge-nutzt werden müssen.

17. Unwirtschaftliches Verwaltungsverfahren in der Städtebauförderung

Kapitel 05 08

Das Verwaltungsverfahren in der Städtebauförderung ist mit den Grundsätzender Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht zu vereinbaren. Es wirkt sichnachteilig auf die Steuerung und den Abschluss von Maßnahmen aus.Vorschläge und Regelungen, die diese Folgen vermeiden würden, sind nichtoder nur unzureichend verwirklicht worden.

Das sich jährlich wiederholende, in drei Stufen ablaufende Verfahren für die Förde-rung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen ist vom LRH im Jahresbericht 1993(Drs. 12/4820, S. 48) ausführlich beschrieben worden. Der Landtag nahm zur Kennt-nis, dass der LRH einen unvertretbaren Verwaltungsaufwand festgestellt hatte. Er batdie Landesregierung, die Verbesserungsvorschläge des LRH aufzugreifen und dasVerfahren im Sinne der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu verein-fachen. Der vom LRH kritisierte Verfahrensweg gilt jedoch im Wesentlichen nachwie vor:

Aufgrund der für jedes Programmjahr im Niedersächsischen Ministerialblatt veröf-fentlichten Erlasse melden die Gemeinden die Vorhaben zunächst über die Bezirksre-gierungen beim Ministerium zur Aufnahme in das jährliche Landesförderprogramman. Im Hinblick auf die in den jährlichen Verwaltungsvereinbarungen getroffenen Re-gelungen stimmt sich das Land anschließend mit dem zuständigen Bundesministeriumab und nimmt die Maßnahmen ggf. in das Programm auf bzw. schreibt sie fort. Die

Page 108: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

108

maßnahmebezogenen Erlasse enthalten die nach den Förderrichtlinien vorgesehenen(aktualisierten) Festlegungen, die sich insbesondere auf die Finanzierung der Maß-nahme beziehen. Sofern in diesem Zusammenhang weitere Förderungsmittel bereitge-stellt worden sind, werden diese in einem zweiten Verfahrensschritt nach entspre-chenden Anträgen der Gemeinden durch die Bezirksregierungen bewilligt. Als dritteStufe des Verfahrens ist festgelegt, dass die Kosten für Einzelvorhaben innerhalb derSanierungsmaßnahmen auf Antrag der Gemeinden durch die Bezirksregierungen an-erkannt werden müssen.

Nach der Antwort der Landesregierung vom 16.04.1998 (Drs. 14/14, S. 33) bestandmit dem LRH Übereinstimmung, dass die im Zusammenhang mit dem Abschluss unddie Abrechnung von Vorhaben einzuleitenden Schritte (vgl. Beiträge „Verzögerungdes notwendigen Abschlusses städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen“ und „HoheAbrechnungsrückstände in der Städtebauförderung“) auch zur Verwaltungsvereinfa-chung beitragen sollten. Ferner war vereinbart worden, dass auf die so genanntenKostenanerkennungen verzichtet werden kann, soweit Einzelmaßnahmen bereits imRahmen von Abschlusskonzepten geprüft und abgestimmt worden sind.

Nach den Feststellungen des LRH ist eine Verwaltungsvereinfachung bisher nicht er-reicht worden. Erst mit Runderlass vom 21.11.2000 hat das Ministerium für Frauen,Arbeit und Soziales durch eine Änderung der Förderrichtlinien festgelegt, dass auf dieDurchführung eines Kostenanerkennungsverfahrens verzichtet werden kann, wenn dieBewilligungsstelle ein solches Verfahren aufgrund der Prüfung der Einzelmaßnahmenim Rahmen der Programmfortschreibung für entbehrlich hält. Der LRH hatte dieseRegelung allerdings für nicht ausreichend erachtet, um das Verfahren wirklich zu ver-einfachen. Auf die vom LRH vor der Änderung der Richtlinien geäußerten Bedenkenwar das Ministerium jedoch nicht eingegangen.

Nach Auskunft von zwei Bewilligungsstellen entfallen ca. 30 v. H. der Kostenaner-kennungen auf Vorhaben mit Kosten bis zu 10 000 DM. Der LRH ist der Auffassung,dass besondere Kostenanerkennungen für Maßnahmen in dieser Größenordnung ent-behrlich sind. Dafür spricht auch, dass der Fördergegenstand festgelegt ist und dieGemeinden mit der Anwendung der insoweit zu beachtenden Bestimmungen vertrautsind. Darüber hinaus wird die Förderfähigkeit später ohnehin (stichprobenweise) überdie vorzulegenden Verwendungsnachweise geprüft. Da nach den Feststellungen desStaatlichen Rechnungsprüfungsamts Lüneburg die Bezirksregierungen im Jahr 1999rd. 670 Kostenanerkennungen ausgesprochen haben, würde die Bearbeitung von jähr-lich rd. 200 Kostenanerkennungen entfallen. Darüber hinaus hält der LRH Kostenan-erkennungen für Vorhaben, deren Kosten ausschließlich auf Gebührenregelungen(z. B. bei Vermessungen, Notarangelegenheiten) oder auf vertragliche Regelungen(z. B. bei Sanierungsträgern) zurückzuführen sind, unabhängig von der Betragshöhefür entbehrlich.

Weiterer vermeidbarer Verwaltungsaufwand entsteht dadurch, dass das Ministeriumdas Verfahren für die Aufnahme in das jährliche Programm nicht nur in den Förder-richtlinien regelt, sondern jährlich wiederkehrend zusätzliche Erlasse veröffentlicht.Diese Vorgehensweise beruht u. a. darauf, dass die unübersichtlichen Förderrichtli-nien immer noch nicht überarbeitet sind, obwohl das Ministerium schon 1993 einenumfassenden Anpassungsbedarf eingeräumt hatte.

Die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und die Vielzahl der sogenannten Fortsetzungsmaßnahmen haben dazu geführt, dass das Land letztmals imJahr 1988 eine größere Anzahl von neuen städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen indas Bund-Länder-Programm aufnehmen konnte. Anschließend sah das Ministeriumnur in den Programmjahren 1998 und 2000 ausnahmsweise die Möglichkeit, jeweilsein neues Vorhaben in dieses Programm einzubeziehen. Trotz dieser bekannten Aus-gangslage beschäftigten sich die Bezirksregierungen und das Ministerium jährlichwiederkehrend mit einer erheblichen Anzahl von Anmeldungen der Gemeinden

Page 109: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

109

(1998: 77, 1999: 72 und 2000: 67), die bis auf die zwei Ausnahmen von vornhereinnicht für eine Programmaufnahme in Betracht kamen. Hierzu gehörten Maßnahmen,die wegen unzulässiger Anfinanzierungen vom Landtag beanstandet worden warenund für die vom Ministerium bereits seit 1993 keine weitere Förderungsmöglichkeitin Aussicht gestellt werden konnte. Ferner handelte es sich um Vorhaben, für dieStädtebauförderungsmittel wegen der vorherigen Förderung mit Strukturhilfemittelnnicht gewährt werden durften.

Um den vorstehend beschriebenen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sollten zu-künftig Anmeldungen, die sowohl aus rechtlichen als auch aus finanziellen Gründenfür eine Aufnahme in das Programm nicht in Betracht kommen, in einem vereinfach-ten Verfahren zurückgewiesen werden.

Bei den im Bund-Länder-Programm befindlichen städtebaulichen Sanierungsmaß-nahmen beschränkt sich das Ministerium nach wie vor entgegen den geltenden Orga-nisationsgrundsätzen der Landesregierung nicht auf allgemein lenkende Aufgabenund zentrale Aufgaben der Dienstaufsicht. Es trifft weiterhin in jedem Programmjahrfür sämtliche noch abzuwickelnden Maßnahmen (lt. Förderungsprogramm 2000: 149)Festlegungen über die Größe des Sanierungsgebiets, den so genannten Kostenrahmen,die Höhe der einsetzbaren Einnahmen, die Mittel der Gemeinde, die Förderungsmitteldes Landes und des Bundes und ggf. das Ende des Förderungszeitraums. Diese För-derdaten werden im Übrigen nicht nur im Rahmen der jährlichen Fortschreibung desProgramms, sondern ggf. auch zwischenzeitlich bei Veränderungen aktualisiert unddarüber hinaus dem Bund mitgeteilt. Die intensive Beschäftigung mit Einzelfällen istu. a. dafür verantwortlich, dass das Ministerium die Förderrichtlinien bisher immernoch nicht überarbeitet hat.

Aus den vorstehenden Gründen und im Hinblick auf die erzielbare Verwaltungsver-einfachung sollten die Bezirksregierungen nicht nur die Förderungsmittel bewilligen,sondern auch die damit im Zusammenhang stehenden Förderdaten festsetzen. Darüberhinaus sollten diese Förderdaten nach Möglichkeit bis zum Ende des Förderzeitraumsfestgeschrieben und damit verwaltungsaufwändige regel- und auch unregelmäßigeFortschreibungen bzw. Änderungen vermieden werden. Ein solches Verfahren würdenach den vom LRH getroffenen Feststellungen den Gemeinden die Gelegenheit neh-men, wiederkehrend überzogene Erwartungen vorzutragen. Darüber hinaus würde dieVerfahrensänderung dazu beitragen, die Ziele und den Umfang der Sanierung zu be-grenzen, die Durchführungs- bzw. Förderzeiträume zu reduzieren und damit den ge-zielten Abschluss der Maßnahmen zu erreichen. Unabhängig hiervon hält es der LRHfür erforderlich, gegenüber dem Bund auf eine Reduzierung der bestehenden Be-richtspflichten hinzuwirken.

Page 110: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

110

Ministerium für Wissenschaft und KulturEinzelplan 06

18. Überhöhte Personalbemessung im Bereich Ausbildungsförderung

Kapitel 06 05

Obwohl die Zahl der Anträge auf Ausbildungsförderung nach demBundesausbildungsförderungsgesetz von Jahr zu Jahr zurückgegangen ist unddie Bearbeitung der Anträge längst durch Datenverarbeitungstechnikunterstützt wird, legt das Studentenwerk Hannover hierfür immer nochFallzahlen aus dem Jahr 1989 zugrunde, die weitgehend auf einem Gutachtenaus dem Jahre 1981 beruhen. Der LRH hatte 1994 eine Überprüfung derPersonalbemessung gefordert, das zuständige Ministerium hat aber trotzwiederholter Mahnungen bis heute keine Korrektur vorgenommen. Da dasLand die Personalkosten erstattet, ist ihm inzwischen ein beträchtlicherSchaden entstanden.

Das Studentenwerk Hannover nimmt für die Universität Hannover die wesentlichenAufgaben zur Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG)wahr. Die dadurch entstehenden Kosten werden ihm vom Land erstattet. Hierzu gehö-ren insbesondere die Personalkosten. Zur Prüfung der Angemessenheit der dem Landin Rechnung gestellten Kosten hat das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Braun-schweig eine Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung des Bereichs Ausbil-dungsförderung beim Studentenwerk Hannover durchgeführt. Diese Prüfung führteu. a. zu dem Ergebnis, dass für die Wahrnehmung dieser Aufgaben zu viel Personalbeschäftigt wird und damit das Land jährlich überhöhte Kosten erstattet. Für das ge-fundene Ergebnis lassen sich zwei Gründe benennen:

Zum einen ist die Zahl der Anträge auf Ausbildungsförderung seit Jahren rückläufig.Sie sank beim Studentenwerk Hannover von 1991 (14 794 Anträge) bis 1999(7 735 Anträge) um 47 v. H. Der allein schon aufgrund dieser Entwicklung erforderli-che Personalabbau wurde nicht in dem notwendigen Umfang vorgenommen. Statt ei-nem möglichen anderweitigen Einsatz des nicht mehr benötigten Personals nachzuge-hen, gab sich das Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit der lapidaren Aus-kunft des Studentenwerks zufrieden, dass in absehbarer Zeit nicht mit einem Aus-scheiden einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters zu rechnen sei. Dadurch ist nach denFeststellungen der Prüfer in den Jahren 1994 bis 1999 ein Personalüberhang zwischen3,5 und sechs Stellen entstanden.

Der zweite, gewichtigere Grund für den festgestellten Personalüberhang liegt darin,dass das Ministerium einen Erlass von 1989, in dem die Fallbemessungszahlen füralle in diesem Bereich tätigen Studentenwerke festgelegt wurden, bis heute nicht ak-tualisiert hat. Die Fallbemessungszahl besagt, wie viele Anträge ein Sachbearbeiterpro Jahr zu bearbeiten hat; sie ist somit für die Personalbemessung von ausschlagge-bender Bedeutung. Nach dem Erlass von 1989 hat jeder Sachbearbeiter jährlich546 Anträge (Erst- und Wiederholungsanträge) zuzüglich 3 v. H. Zuschlag für manu-elle Ablehnungen zu bearbeiten. Dies sind etwa 2,5 Anträge pro Arbeitstag. DieseZahl beruht auf den Empfehlungen der Hochschul-Informations-System GmbH an-lässlich der Untersuchungen zur Personalbemessung in den Förderabteilungen derniedersächsischen Studentenwerke - Studentenwerk Braunschweig - vom Juni 1981(HIS-Gutachten).

Die Feststellungen aus dem Gutachten von 1981 waren bereits bei Herausgabe desErlasses im Jahre 1989 nicht mehr aktuell. So hatte schon das HIS-Gutachten selbstzum Ausdruck gebracht, dass bei einer verbesserten EDV-Ausstattung erheblicheEinsparungen durch Vorteile in der Ablauforganisation zu erwarten seien. Investitio-

Page 111: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

111

nen in die EDV hatte es aber bereits in den 80er-Jahren gegeben. Zudem waren indem Gutachten nur die Umstände im Studentenwerk Braunschweig zugrunde gelegtworden; für die anderen Studentenwerke hatten die Gutachter eine eigenständige Be-wertung angeraten.

Hätte also schon 1989 Anlass bestanden, die Zahlen des Gutachtens kritisch zu hinter-fragen, so müsste die Entwicklung seit 1989 längst zu einer Anpassung der Fallzahlengeführt haben. In den vergangenen Jahren ist umfangreich in die EDV-Ausstattungder Studentenwerke investiert worden. Dies gilt für die Ausstattung der Arbeitsplätzemit Arbeitsplatzcomputern und auch für die Einführung von dezentraler Datenverar-beitung (insbesondere Einführung des Dialog-Verfahrens). Durch die grundlegendgeänderte technische Ausstattung hat sich auch die Arbeit der jeweiligen Sachbear-beiter bei der Antragsbearbeitung erheblich geändert. So sind viele Tätigkeiten weg-gefallen, z. B. ehemals zeitaufwändige manuelle Berechnungen, das umfangreicheSortieren von Belegen und das Einbuchen von Bescheiden. Andere Tätigkeiten, wiez. B. das Erstellen von Ablehnungen, sind durch die Zuhilfenahme von modernerTextverarbeitung erheblich weniger zeitintensiv als zurzeit des mittlerweile 20 Jahrealten HIS-Gutachtens.

Nach den Erfahrungen des Rechnungsprüfungsamts Braunschweig, basierend auf Er-hebungen in verschiedenen Studentenwerken, erscheint heute eine Fallbearbeitungs-zahl von 800 bis 1 200 Anträgen pro Sachbearbeiter und Jahr angemessen. Legt mannur eine mittlere Fallbearbeitungszahl von 1 000 Anträgen zugrunde, so hätte dies beieiner Gesamtantragszahl von 7 735 Fällen im Jahre 1999 für das Studentenwerk Han-nover eine Reduzierung des Personals von 18 Sachbearbeitern/innen auf dann nochacht zur Folge. Die bisherige Ebene der Hauptsachbearbeiter ist entbehrlich; derenAufgaben kann wegen der geringen Zahl der verbleibenden Sachbearbeiter künftigdie Leitungsebene wahrnehmen. Die Zahl der Hilfskräfte kann wegen der verbesser-ten technischen Ausstattung gegenüber dem jetzigen Zustand halbiert werden. Rech-net man danach zwei Stellen der Leitungsebene, eine Hilfskraft und noch 1,5 Stellender EDV-Organisation hinzu, so ergäbe sich eine notwendige Personalausstattung voninsgesamt 12,5 Stellen.

Zum Erhebungszeitpunkt verfügte die Förderungsabteilung des Studentenwerks Han-nover nach eigenen Angaben aber über eine Personalausstattung von 28,4 Stellen; dieentsprechenden Personalkosten wurden vom Land erstattet. Legt man pro Stelle einenMittelwert von 80 000 DM zugrunde, so sind allein für das Hj. 1999ca. 1,28 Millionen DM dem Studentenwerk erstattet worden, die man bei einer recht-zeitigen Anpassung der Fallbearbeitungszahlen und entsprechender Reduzierung desPersonals hätte einsparen können. Da auch in den anderen in diesem Bereich tätigenStudentenwerken die veralteten Fallzahlen zugrunde gelegt werden, dürfte dort eben-falls ein erhebliches Einsparpotential vorhanden sein.

Der LRH hatte bereits in einem Schreiben aus dem Jahre 1988 gegenüber dem Mi-nisterium für Wissenschaft und Kultur angemerkt, dass es klärungsbedürftig sei, wa-rum die Studentenwerke keinerlei Produktivitätsfortschritte erzielt hätten, obwohl fürdie BAföG-Verwaltung inzwischen ADV eingesetzt wurde. In der Prüfungsmitteilungvom 14.09.1994 - Prüfung des Studentenwerks Braunschweig/Förderungs-verwaltung - hatte der LRH festgestellt, dass das Studentenwerk Braunschweig nachdem bestehenden Personalbemessungsverfahren überbesetzt sei. Gleichzeitig wurdeeine Neuermittlung des Stellenbedarfs gefordert. In den Folgejahren ist diese Forde-rung gegenüber dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur immer wieder erneuertworden. Das Ministerium hat jedoch stets mit unterschiedlichen, nicht überzeugendenund hinhaltenden Begründungen - wie zuletzt, es warte die Ergebnisse des Rech-nungsprüfungsamts ab - eine Anpassung der Fallzahlen verweigert, sodass bis heutefür die Personalbemessung im Bereich der Ausbildungsförderung mit Fallzahlen ge-

Page 112: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

112

arbeitet wird, die ihre Grundlage in einem längst überholten Gutachten aus dem Jah-re 1981 haben. Hierdurch entsteht dem Land jährlich ein Nachteil in Millionenhöhe.

19. Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen durch das Land- Finanzierungsart -

Kapitel 06 07

Die Landesregierung hat die Bewirtschaftung von Fördermitteln durchaußeruniversitäre Forschungseinrichtungen bereits flexibilisiert. Für einesparsame und wirtschaftliche Verwendung der Zuwendungen und zurSteigerung des Drittmittelaufkommens bedarf es jedoch weiterer Anreize. DerLRH hält die Gewährung von festen Förderbeträgen an Stelle von sogenannten Fehlbedarfsfinanzierungen für ein geeignetes Instrument.

Das Land gewährt den außeruniversitären Forschungseinrichtungen Zuwendungengemäß §§ 23, 44 LHO. Sie dienen zur Deckung der gesamten Ausgaben oder einesnicht abgegrenzten Teils der Ausgaben der Einrichtung (institutionelle Förderung)und werden als so genannte Fehlbedarfsfinanzierung bewilligt.

Die Landeszuwendungen dienen danach grundsätzlich zur Deckung des Fehlbedarfs,der verbleibt, soweit der Zuwendungsempfänger die zuwendungsfähigen Ausgabennicht durch eigene oder fremde Mittel zu finanzieren vermag. Dabei hat der Zuwen-dungsempfänger vorrangig seine eigenen Mittel und solche von dritter Seite einzuset-zen. Die Landesmittel dürfen erst nach vollständigem Verbrauch aller sonstigen Fi-nanzierungsmittel zum Einsatz kommen. Erzielt der Zuwendungsempfänger Einspa-rungen oder fließen ihm zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht vorhersehbareMittel Dritter zu, reduzieren diese in vollem Umfang die Landeszuwendung. Dies be-günstigt das Land als Zuwendungsgeber jedoch nur scheinbar, weil die Zuwendungs-empfänger nicht oder allenfalls in geringem Maße dazu motiviert werden, Einsparun-gen zu erzielen oder zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen.

Der LRH hat die Frage aufgeworfen, ob es sachgerecht ist, weiterhin an der Fehlbe-darfsfinanzierung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen festzuhalten. Er hat zuerwägen gegeben, solche Einrichtungen künftig mit einem festen Teilbetrag der zu-wendungsfähigen Ausgaben zu fördern (Festbetragsfinanzierung).

Die nach dieser Finanzierungsart gewährte Zuwendung verbleibt dem Zuwendungs-empfänger - im Gegensatz zur Fehlbedarfsfinanzierung - auch dann, wenn er Einspa-rungen erzielt oder wenn ihm zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht vorhersehba-re Mittel Dritter zufließen. Nur wenn die zuwendungsfähigen Ausgaben unter denBetrag der bewilligten Zuwendung sinken, ist der Differenzbetrag dem Zuwendungs-geber zu erstatten. Die Festbetragsfinanzierung kann damit den Zuwendungsempfän-ger motivieren, die Landesmittel sparsam und wirtschaftlich zu verwenden und sichzusätzliche Finanzierungsquellen Dritter zu erschließen, weil ihm sowohl Einsparun-gen als auch Mehreinnahmen verbleiben.

Zwar kann dieser Anreiz grundsätzlich auch im Rahmen der Fehlbedarfsfinanzierungerreicht werden, wenn die Deckungsfähigkeit und die Übertragbarkeit von Ausgabenausgeweitet werden. Deshalb hat auch das Land die Mittelbewirtschaftung bereits fle-xibilisiert.

So werden im Rahmen der flexibilisierten Fehlbedarfsfinanzierung u. a. bestimmteMehrerträge der Einrichtungen nicht zuwendungsmindernd auf die vom Land sicher-gestellte Grundfinanzierung angerechnet, wenn sie für Gerätebeschaffungen oder fürForschungsvorhaben verwendet werden. Auch dürfen diese Erträge - ebenso wieAusgaben für Drittmittelprojekte - von den Zuwendungsempfängern zu den genann-

Page 113: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

113

ten Zwecken ohne Anrechnung auf die Grundfinanzierung in das Folgejahr übertra-gen werden. Bestimmte Ausgaben dürfen aus Mitteln der Grundfinanzierung vorfi-nanziert werden, wie auch ein zu Lasten der Grundfinanzierung zu deckender Bedarfvorübergehend aus Drittmitteln finanziert werden kann. Auf dieser Grundlage könnenZuwendungsempfänger z. B. aus Mitteln der Grundfinanzierung Personalausgaben fürWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Drittmittelprojekten vorfinanzieren.

Diese Flexibilisierung birgt jedoch die Gefahr eines Fehlanreizes mit der Wirkung,dass nicht das Land, sondern der Zuwendungsempfänger die Höhe des Fehlbedarfsletztlich selbst steuert. Dies geschieht, indem er für die noch zur Verfügung stehendenFördermittel Deckungs- und insbesondere Übertragungsmöglichkeiten in Anspruchnimmt. Für eine solche Fehlsteuerung ist die vom LRH festgestellte geringe Rück-zahlungsquote ein Indiz. So zahlten zwei außeruniversitäre Forschungseinrichtungen,die der LRH im Jahre 1999 geprüft hat, an das Land in den Hj. 1994 bis 1998 ledig-lich zwischen 0,04 v. H. und 1,52 v. H. der Zuwendungen zurück. Im Mittel warendies 0,27 v. H. bzw. 0,68 v. H. der jährlichen Zuwendungen. Dadurch nimmt im Er-gebnis die Fehlbedarfsfinanzierung den Charakter einer Festbetragsfinanzierung, derHöchstbetrag des Fehlbedarfs den eines Festbetrags an.

Nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO ist allerdings von einer Festbetrags-finanzierung abzusehen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mitnachträglichen Finanzierungsbeiträgen Dritter oder mit Ermäßigungen der zuwen-dungsfähigen Ausgaben zu rechnen ist. In Fällen, in denen das Land mehr als 50 v. H.der zuwendungsfähigen Ausgaben trägt, soll ebenfalls auf die Festbetragsfinanzierungverzichtet werden. Dem hier zum Ausdruck kommenden Bestreben des Landes, seineZuwendungen auf das für den jeweiligen Förderzweck unerlässliche Maß zu begren-zen, kann und muss durch eine besonders sorgfältige Antragsprüfung und eine gene-rell restriktive Ermittlung und Festsetzung des Festbetrags genügt werden. Hierzu isterforderlich, dass die Bewilligungsbehörde

– den Grundbedarf ermittelt und festlegt, den das zu fördernde Institut benötigt, umerfolgreich Drittmittel einzuwerben,

– anhand der Verwendungsnachweise den jährlichen Antrag auf weitere Förderungsorgfältig prüft und

– den Festbetrag so knapp bestimmt, dass ein Anreiz geschaffen wird, Drittmitteleinzuwerben. In geeigneten Fällen ist weiterhin denkbar, im Voraus zu bestim-men, dass der Festbetrag in den folgenden Jahren um bestimmte Vomhundertsätzeherabgesetzt wird.

Diese Maßnahmen dürften das Streben der Zuwendungsempfänger nach sparsamemMitteleinsatz und einer Steigerung des Drittmittelaufkommens weiter fördern. Tretendennoch unerwünschte Entwicklungen ein, so wäre dem bei der Prüfung des Zuwen-dungsantrags und der Festsetzung des Festbetrags für das Folgejahr zu begegnen.

Der LRH hat deshalb für die im Jahre 1999 geprüften zwei außeruniversitären For-schungseinrichtungen die Umstellung der institutionellen Förderung auf die Festbe-tragsfinanzierung empfohlen. Die Landesregierung hat diese Empfehlung bislang füreine Einrichtung realisiert.

Der LRH hält eine Umstellung der institutionellen Förderung der außeruniversitärenForschungseinrichtungen von der Fehlbedarfsfinanzierung auf eine Festbetragsfinan-zierung im Regelfall für angezeigt.

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur begrüßt den Vorschlag des LRH.

Page 114: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

114

20. Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen durch das Land- Verwendungsnachweis -

Kapitel 06 07

Die vom Land geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtungenerhalten in der Regel auch von Dritten Zuwendungen im Rahmen derForschungsförderung. Zum Nachweis der Verwendung der Projektfördermittelmüssen die Forschungseinrichtungen uneinheitliche Bestimmungen derverschiedenen Zuwendungsgeber beachten. Dies führt zu vermeidbaremAufwand.

Das Land gewährt den außeruniversitären Forschungseinrichtungen Zuwendungengemäß §§ 23, 44 LHO. Neben dieser Grundfinanzierung in Form der institutionellenFörderung erhalten die Einrichtungen in der Regel weitere Zuwendungen im Wegeder Projektförderung aus Landesmitteln oder im Rahmen der Ressortforschung desBundes sowie von anderen öffentlichen forschungsfördernden Einrichtungen.

Die Verwendung der Projektfördermittel müssen die außeruniversitären Forschungs-einrichtungen gegenüber ihren Zuwendungsgebern nachweisen. Bei Zuwendungendes Bundes und des Landes besteht der Verwendungsnachweis aus einem Sachberichtund einem zahlenmäßigen Nachweis. Auch fördernde Dritte verlangen regelmäßig ei-nen solchen Verwendungsnachweis. In dem Sachbericht ist die Verwendung der Zu-wendung und das erzielte Ergebnis im Einzelnen darzustellen. Der zahlenmäßigeNachweis besteht aus einer vollständigen Darstellung aller mit dem Zuwendungs-zweck zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben.

Die allgemeinen Förderbestimmungen sowohl des Bundes als auch des Landes ver-langen zwar, dass sich die Zuwendungsgeber vor der Bewilligung so weit wie mög-lich über den Verwendungsnachweis abstimmen, wenn für eine Forschungseinrich-tung oder ein Forschungsvorhaben von mehreren öffentlichen Stellen Zuwendungenbewilligt werden sollen; er soll auch nur gegenüber einer Stelle erbracht werden. Die-ses Abstimmungsgebot dient der Minimierung des Verwaltungsaufwands sowohl beiden Bewilligungsstellen als auch bei den Zuwendungsempfängern. Es kommt jedochnicht zum Zuge, wenn die Zuwendungsgeber verschiedene Projekte fördern.

Dementsprechend treffen die Zuwendungsgeber nach den Feststellungen des LRHzum Teil ganz unterschiedliche Regelungen zum Nachweis der Verwendung vonProjektfördermitteln durch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Insbe-sondere machen sie für den zahlenmäßigen Nachweis voneinander abweichende Vor-gaben und fordern die Daten mit uneinheitlichen Vordrucken an. Dabei liegen dieUnterschiede im formalen Aufbau der Nachweise und in der geforderten Darstellungund Untergliederung der Angaben, während in der Sache selbst im Wesentlichen diegleichen Daten abgefragt werden.

Da die außeruniversitären Forschungseinrichtungen regelmäßig mehrere, von ver-schiedenen Zuwendungsgebern geförderte Projekte durchführen, haben sie eine ent-sprechende Vielzahl unterschiedlich zu gestaltender Verwendungsnachweise zuerbringen. Dies bewirkt einen erheblichen Arbeitsaufwand, der überwiegend in derBuchhaltung anfällt. Dabei beansprucht die Erstellung eines einzigen zahlenmäßigenNachweises nach den Feststellungen des LRH bis zu zwei Arbeitstage, weil die Datenaus der EDV, im Wesentlichen aus den Kontenübersichten der Projekte, manuell indie jeweiligen Vordrucke einzutragen sind. So hat z. B. ein vom LRH geprüfter Zu-wendungsempfänger im Jahre 1998 für die Erstellung von zwölf Verwendungsnach-weisen rd. 18 Arbeitstage aufgewandt.

Page 115: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

115

Der LRH hält solche wenig zeitgemäßen Verfahren weder für sachgerecht noch fürwirtschaftlich. Er hat deshalb darauf hingewiesen, dass die von ihm geprüften außer-universitären Forschungseinrichtungen bereits zum jetzigen Zeitpunkt den zahlenmä-ßigen Nachweis mit den vorhandenen Datenverarbeitungsanlagen erstellen könnten,indem die Einnahme- und Ausgabebuchungen für das jeweilige Projekt als Übersich-ten oder Listen ausgedruckt werden. Dies führte bei den Zuwendungsempfängern zueinem erheblichen Rationalisierungsgewinn. Zugleich lieferte es den Zuwendungsge-bern alle nach den allgemeinen Förderbestimmungen des Bundes und des Landes fürden zahlenmäßigen Nachweis zu fordernden Angaben. In der Form entsprächen sol-che Nachweise allerdings nicht den derzeitigen Vorgaben und Vordrucken der Zu-wendungsgeber.

Im Rahmen des technisch Möglichen könnten die Einrichtungen auch die Verwen-dungsnachweis-Vordrucke der Zuwendungsgeber oder einen von allen Zuwendungs-gebern gebilligten einheitlichen Vordruck in ihre Datenverarbeitung einstellen und soauch der für den zahlenmäßigen Nachweis geforderten Form genügen. Dies würdezugleich eine weitgehend automatisierte Erstellung des Nachweises ermöglichen, in-dem die relevanten Daten aus den Projektlisten bzw. den betroffenen Kostenstellendirekt in den zahlenmäßigen Nachweis übertragen werden. Dazu könnten allerdingszunächst weitere Investitionen in die programmtechnische Ausstattung der For-schungseinrichtungen erforderlich werden.

Der LRH hat angeregt, die regelmäßigen Projektmittelgeber der außeruniversitärenForschungseinrichtungen zu einer Vereinheitlichung der unterschiedlichen zahlenmä-ßigen Nachweise auf der Grundlage der allgemeinen Förderbestimmungen des Bun-des und des Landes zu veranlassen und in diesem Zusammenhang auch den Umfangder zu verwendenden Vordrucke auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren.Dies würde dem Zweck des bereits erwähnten Abstimmungsgebots, unnötigen Auf-wand zu vermeiden, entsprechen und liegt auch deshalb nahe, weil sich die zuwen-dungsrechtlichen Vorschriften von Bund und Ländern im Wesentlichen entsprechenund sich auch andere Zuwendungsgeber an diesen Regelungen orientieren.

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur anerkennt den erheblichen Arbeitsauf-wand bei der Erstellung der Verwendungsnachweise der außeruniversitären For-schungseinrichtungen und begrüßt deshalb eine Vereinheitlichung und Verschlankungder Verwendungsnachweis-Vordrucke der verschiedenen Zuwendungsgeber. Es hatjedoch Zweifel, ob dieses Ziel zu erreichen ist, zumal die allgemeinen Förderbestim-mungen des Landes für den Nachweis der Projektfördermittel sehr detaillierte Rege-lungen enthalten und die anderen Zuwendungsgeber ebenfalls weitgehend eigene Re-gelungen besitzen, die sie „nicht ohne weiteres ändern werden“. Gleichwohl hat dasMinisterium den vom LRH geprüften Zuwendungsempfänger inzwischen aufgefor-dert, die Anregung des LRH „den anderen Zuwendungsgebern mit dem Ziel vorzutra-gen, einen möglichst einheitlichen Vordruck für den zahlenmäßigen Nachweis unterBeachtung der“ allgemeinen Förderbestimmungen des Landes „zu erreichen. Auf je-den Fall aber sollte ... (der Zuwendungsempfänger) versuchen, die Abrechnung derVerwendungsnachweise mit Hilfe der EDV zu vereinfachen“.

Der LRH teilt die Skepsis des Ministeriums nicht. Alle außeruniversitäre Forschungs-einrichtungen fördernden Projektmittelgeber müssten ein erhebliches Eigeninteressedaran haben, die Zuwendungsverfahren so zu gestalten, dass der verwaltungsmäßigeAufwand für sie selbst, insbesondere aber für die geförderten Einrichtungen so geringwie möglich gehalten wird. Im Übrigen hält der LRH Zuwendungsempfänger grund-sätzlich nicht für die geeignete Stelle, eine Verfahrensabstimmung unter den beteilig-ten - zum Teil bundesweit agierenden - Zuwendungsgebern herbeizuführen. Vielmehrsollte sich das Ministerium selbst für die Vereinfachung des Nachweisverfahrens ge-genüber den anderen Zuwendungsgebern einsetzen.

Page 116: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

116

21. Optimierung der Steuerung und der Aufsicht über die Verbundzentrale desGemeinsamen Bibliotheksverbundes

Kapitel 06 10

Das Land Niedersachsen betreibt für den von sieben Ländern unterhaltenenGemeinsamen Bibliotheksverbund eine Verbundzentrale als Dienstleistungs-zentrum für die Bibliotheksautomation. Diese hat nicht immer ausreichend dieInteressen des Landes wahrgenommen, zum Teil waren die Entscheidungenauch rechtlich nicht haltbar. Die dem Land obliegende Aufsicht sollte deshalbklarer geregelt und vom Ministerium für Wissenschaft und Kulturkonsequenter als bisher wahrgenommen werden.

Das Land Niedersachsen hat im Jahre 1996 zusammen mit sechs anderen Ländern ei-nen nicht rechtsfähigen Gemeinsamen Bibliotheksverbund errichtet, der als gemein-sames Dienstleistungszentrum eine Verbundzentrale unterhält.

Niedersachsen betreibt die Verbundzentrale gegen anteilige Kostenübernahme durchdie übrigen Teilnehmerländer. Die Verbundzentrale wurde von 1996 bis zum Jahres-ende 2000 als Einrichtung der Universität Göttingen geführt. Zum 01.01.2001 wurdesie in einen Landesbetrieb gemäß § 26 LHO umgewandelt und aus der UniversitätGöttingen ausgegliedert.

Die unmittelbare Aufsicht über die Verbundzentrale übte der Gemeinsame Biblio-theksverbund aus, ohne dass die Einzelheiten näher bestimmt waren. Letztlich liegtdie Dienst- und Fachaufsicht über die Verbundzentrale beim Ministerium für Wissen-schaft und Kultur, da das Land Träger dieser Einrichtung ist. Die Verwaltungsverein-barung mit den teilnehmenden Ländern enthält hierüber jedoch keine Regelung.

Der LRH hat die Verbundzentrale im Jahre 2000 geprüft.

Feststellungen

Umlagefinanzierung der Verbundzentrale

Die Kosten der Verbundzentrale für den Routinebetrieb sollten gemäß Verwaltungs-vereinbarung von allen Teilnehmerländern des Gemeinsamen Bibliotheksverbundesentsprechend ihrer Nutzung durch Beiträge finanziert werden. Der Schlüssel zurFestlegung der Umlage war im Verwaltungsabkommen für das Jahr 1997 und dieFolgejahre festgelegt. Dieser Schlüssel sollte allerdings jährlich von der Verbundlei-tung des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes überprüft und ggf. für das Folgejahr ge-ändert werden.

Die Verbundleitung beschloss jedoch bereits im Jahre 1996, den gerade erst verein-barten Umlageschlüssel zu ändern. Das daraufhin erarbeitete Konzept ist in der Sachenicht zu beanstanden. Es führte jedoch zu einem höheren Anteil Niedersachsens anden Kosten der Verbundzentrale bereits für das Jahr 1997, für das der Umlageschlüs-sel vertraglich festgelegt war.

Die Verbundzentrale hätte daher eine Entscheidung des Ministeriums für Wissen-schaft und Kultur nach § 58 LHO über die Änderung des Vertrags zum Nachteil desLandes herbeiführen und das Ministerium hätte prüfen müssen, ob die Voraussetzun-gen dieser Vorschrift („besonders begründeter Ausnahmefall“) erfüllt waren.

Page 117: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

117

Zentralredaktion

Die Zentralredaktion für die Katalogisierung der Monographien und der Zeitschriftensowie die Sacherschließung im Verbundkatalog ist bei der Niedersächsischen Staats-und Universitätsbibliothek in Göttingen (SUB) angesiedelt. Diese Aufgabe steht inengem Sachzusammenhang mit den bibliothekarischen Aufgaben der SUB und ge-währleistet eine kontinuierliche Pflege der Daten im Verbundkatalog. Sie muss in Ab-stimmung mit den übrigen Verbundbibliotheken zentral für den Verbund wahrge-nommen werden.

Die übrigen am Verbund teilnehmenden Länder sollen die Arbeit der Zentralredaktionin angemessenem Umfang durch den Einsatz von Personal unterstützen. Dies konnteder LRH nicht feststellen. Der Umfang der Mitwirkung der anderen Teilnehmerländeran der Zentralredaktion wurde bisher weder im Einzelnen erfasst noch sonst quantifi-ziert.

Der LRH hat gefordert, dass die SUB künftig ihren Aufwand für die Zentralredaktionermittelt und auch die ggf. erbrachten personellen Leistungen der Teilnehmerländerfür die Zentralredaktion erfasst. Er hat das Ministerium gebeten, mit den übrigenVertragspartnern Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, künftig die Aufwendun-gen für die Zentralredaktion in die Umlagefinanzierung einzubeziehen.

Das Ministerium hat mitgeteilt, dass zu der Frage, wie der anteilige Aufwand der be-teiligten Länder für die Zentralredaktion zu erfassen ist, bereits im Frühjahr 2000 eineArbeitsgruppe eingesetzt worden sei.

Leistungen von Ausgaben vor Fälligkeit

Zur Ergänzung der vorhandenen Online-Aufsatzdatenbanken sollte ab 1998 der Peri-odicals Contents Index (PCI) angeboten werden. Diese Datenbank enthältca. 8,8 Millionen Aufsatztitel aus geisteswissenschaftlich orientierten Zeitschriftenvon der ersten Ausgabe bis zum Jahr 1990/91. Das Angebot sollte jedoch zunächstnur den niedersächsischen Bibliotheken für einen Erprobungszeitraum von drei Jahrenzur Verfügung stehen.

Obwohl der Gemeinsame Bibliotheksverbund mangels eigener Rechtsfähigkeit keineRechtsverpflichtungen eingehen kann, schloss er, vertreten durch die Verbundzentra-le, im Oktober 1997 mit einem britischen Verlag einen Vertrag über die Lizenzrechtean der PCI-Datenbank ab, der eine Zahlung der Lizenzkosten in drei Jahresbeträgenvorsah. Die Verbundzentrale ließ sich jedoch nach Vertragsabschluss die Lizenzkos-ten für den gesamten Erprobungszeitraum in Rechnung stellen und zahlte dem Verlagdafür den Gesamtbetrag von rd. 357 000 DM noch im Hj. 1997 aus Mitteln aus, dieim Landeshaushalt für die Bibliotheksautomation in Niedersachsen zur Verfügungstanden. Zum Zahlungszeitpunkt war nach dem Vertrag nur die erste Jahresrate inHöhe von etwa 119 000 DM fällig.

Die geleisteten Zahlungen für die Lizenzen sind entgegen der Vereinbarung zum Teilein bzw. zwei Jahre vor Fälligkeit erfolgt, ohne dass eine Abzinsung für die vorzeitigeZahlung oder ein entsprechender Preisnachlass mit dem Verlag vereinbart war. DerLRH hat den - von der Verbundzentrale eingeräumten - Verstoß gegen § 56 LHO be-anstandet.

Page 118: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

118

Der LRH hat zudem während seiner örtlichen Erhebungen nicht eindeutig klären kön-nen, ob die vom Gemeinsamen Bibliotheksverbund, handelnd durch die Verbundzent-rale, beschafften Lizenzrechte für den Verbund oder aber für das Land beschafft wor-den sind. Das Ministerium sieht Letzteres als gegeben an. Wenn das Ministerium fürWissenschaft und Kultur die Verbundzentrale einerseits mit länderübergreifendenAufgaben des Verbundes, andererseits mit spezifisch niedersächsischen Aufgabenbetraut, so muss klar sein, für wen und für welche Zwecke die Verbundzentrale tätigwird und Mittel verausgabt.

Zahlungen an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts

Die als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasste Ostfriesische Landschaft un-terhält eine Bibliothek, die zur Teilnahme am Gemeinsamen Bibliotheksverbund zu-gelassen ist und die Dienstleistungen der Verbundzentrale in Anspruch nimmt. DieLandschaft teilte der Verbundzentrale im Oktober 1997 mit, dass ihr vom Ministeri-um für die EDV-Ausstattung der Landschaftsbibliothek in Aurich ein Betrag von20 000 DM zugesagt worden sei. Die Verbundzentrale zahlte nach Abstimmung mitdem Ministerium diesen Betrag ohne weiteres an die Landschaft aus. Im April 1998meldete die Landschaft weiteren Bedarf an. Das Ministerium veranlasste daraufhin,dass die Verbundzentrale der Landschaft für das Hj. 1998 20 000 DM für die Bib-liotheksautomatisierung überwies. Im Oktober 1998 gab das Ministerium der Ver-bundzentrale die Verteilung der restlichen Mittel für die niedersächsische Biblio-theksautomation im Hj. 1998 vor. Danach zahlte die Verbundzentrale weitere28 000 DM.

Für die an die Landschaft geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 68 000 DMlagen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Die Leistungen waren für eineStelle außerhalb der Landesverwaltung bestimmt und hätten nur als Zuwendungen imSinne der §§ 23, 44 LHO bewilligt und gezahlt werden dürfen. Dies haben weder dasMinisterium noch die Verbundzentrale beachtet. Voraussetzung für die Bewilligungeiner Zuwendung wäre u. a. gewesen, dass im Haushaltsplan Ausgaben für Zuwen-dungen veranschlagt waren. Dies war nicht der Fall.

Würdigung

Zu den geschilderten Vorkommnissen ist es auch deshalb gekommen, weil die Auf-sichtsbefugnisse des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur als Träger der Ver-bundzentrale und die des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes gegenüber der Ver-bundzentrale nicht hinreichend klar geregelt sind, sodass die Verbundzentrale imRahmen des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes weitgehend unbeaufsichtigt agierte.Die Rechte und Pflichten des Landes als Träger der Verbundzentrale sollten daher mitden Teilnehmerländern konkret vereinbart werden. Der Gemeinsame Bibliotheksver-bund sollte im Rahmen einer Betriebssatzung insbesondere die Dienst- und Fachauf-sicht regeln. Insgesamt sollte das Ministerium die Steuerung und Aufsicht optimierenund konsequenter als bisher handhaben.

Page 119: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

119

22. Interne und externe Hochschulsteuerung durch Globalzuschuss nach § 26 LHO

Kapitel 06 10 bis 06 39

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat nach mehrjährigenVorarbeiten im Jahre 1995 an drei Hochschulen einen zehnjährigenModellversuch begonnen, um gesicherte Erkenntnisse darüber zu gewinnen,ob sich Hochschulhaushalte mit einem Globalzuschuss und nach den Regelneines Landesbetriebs effizienter und effektiver steuern lassen.

Ohne die Ergebnisse des Modellversuchs abzuwarten, hat das Ministeriumentschieden, bereits ab 1999 alle Fachhochschulen und ab 2001 alleHochschulen als Landesbetriebe zu führen. Zu den Zeitpunkten dieserEntscheidungen lag der nach Ablauf von fünf Jahren zu erstattende Bericht deszur Begleitung des aufwändigen Modellversuchs eingerichtetenwissenschaftlichen Beirats noch nicht vor. Der Bericht selbst lässt wesentlicheFragen der Modellversuchsanordnung unbeantwortet.

Die von Hochschulen mit kaufmännischem Rechnungswesen eingerichteteKosten- und Leistungsrechnung ist bisher im Wesentlichen auf eine bloßeDatenerfassung für Kostenarten und Kostenstellen beschränkt und deshalb alsInstrument für die externe und interne Hochschulsteuerung unzureichend.

Allgemeines

Nach der im Jahre 1990 vorgelegten Bestandsaufnahme einer von der Landesregie-rung im Jahre 1988 eingesetzten Hochschulstrukturkommission war die damaligeHochschulstruktur von bürokratischen Abläufen und einer übermäßigen Einschrän-kung der Hochschulautonomie geprägt. Deshalb sollte nach Wegen gesucht werden,um das System der Mittelzuweisung zu reformieren und ein Anreizsystem zur Stär-kung der Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen zu entwickeln. Das Ministeriumfür Wissenschaft und Kultur entschied sich für die Durchführung eines Modellver-suchs zur Erprobung der globalen Steuerung von Hochschulhaushalten in der Weise,dass die Hochschulen ihre Haushalte wie Landesbetriebe im Sinne von § 26 LHO füh-ren (Modellversuch Globalzuschuss). Bei Landesbetrieben sind im Haushaltsplan desLandes nämlich nur die Zuführungen zu veranschlagen. Durch die geänderte Mittel-zuweisung sollten die Hochschulen von haushaltsrechtlichen Vorgaben befreit wer-den, so z. B. von der sonst nur eingeschränkten gegenseitigen Deckungsfähigkeit derInvestitions-, Sach- und Personalausgaben. Als Landesbetrieb buchen die Hochschu-len allerdings statt nach kameralistischen Grundsätzen nach den Regeln des kaufmän-nischen Rechnungswesens und stellen eine Eröffnungsbilanz und zum Ende eines je-den Geschäftsjahres in entsprechender Anwendung des § 264 Abs. 1 Satz 1 Handels-gesetzbuch einen Jahresbericht mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowieeinen Lagebericht auf.

Der Modellversuch und seine Ziele

Die Universität Oldenburg, die Technische Universität Clausthal und die Fachhoch-schule Osnabrück erklärten ihre Bereitschaft zur Teilnahme am Modellversuch undwerden seit dem 01.01.1995 auf der Grundlage einer im Jahre 1993 von der Landes-regierung beschlossenen Modellanordnung wie Landesbetriebe nach § 26 LHO ge-führt. Die Modellphase war auf zehn Jahre angelegt.

Die Zuweisung eines Globalzuschusses (vgl. § 132 Abs. 5 Niedersächsisches Hoch-schulgesetz - NHG -) und die Einführung des kaufmännischen Rechnungswesenssollten insbesondere Anreize für einen wirtschaftlichen, erfolgsorientierten und effek-tiven Einsatz der Mittel in Lehre, Forschung und Weiterbildung geben. Aus dem

Page 120: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

120

kaufmännischen Rechnungswesen sollten aufgrund von systematischen Erfolgskon-trollen ein den Zwecken der Hochschulen angepasstes Controlling entwickelt werden.Wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer „nach rationalen Grundsätzen durchzu-führenden Betriebssteuerung“ hatte das Ministerium den drei Hochschulen allein hier-für neun neue Stellen zugebilligt. Sie wurden zudem verpflichtet, eine Kosten- undLeistungsrechnung aufzubauen. Auf der Grundlage eines für alle Hochschulen zuentwickelnden Evaluationssystems einschließlich entsprechender Kennzahlen, die ei-ne Relation zwischen Ausstattung und Leistung herstellen, sollte anhand vorläufigvorgegebener Zielfelder und Maßstäbe im Vergleich zu den übrigen Hochschulen be-urteilt werden, ob die Modellversuchshochschulen ihre Ziele quantitativ oder qualita-tiv besser als die anderen Hochschulen erreichen. Demgemäß sollte der Modellver-such zu Aussagen führen, inwieweit seine Ergebnisse auf alle Hochschulen übertra-gen werden können.

Zur Begleitung des Modellvorhabens hat das Ministerium für Wissenschaft und Kul-tur einen „Wissenschaftlichen Beirat“ berufen, der die Modellversuchshochschulenwährend der Modellphase durch Vorschläge zur Weiterentwicklung der Modellan-ordnung beraten und das Modellvorhaben evaluieren sollte. Ein Zwischenberichtsollte nach Ablauf von fünf Jahren erstellt werden. Die Kosten des Modellversuchshatte das Ministerium zunächst nur für die Hj. 1993 bis 1997 ermittelt. Sie solltenrd. 18,9 Millionen DM betragen.

Erfolgskontrolle bei den Modellversuchshochschulen

In dem vom „Wissenschaftlichen Beirat“ im Dezember 1999 vorgelegten Evaluati-onsbericht, mit dem der Beirat seine Begleitung des an sich auf zehn Jahre angelegtenModellversuchs beendete, fehlt der von der Modellanordnung geforderte Vergleichmit der Entwicklung der übrigen Hochschulen. Eine Stellungnahme des Ministeriumszu diesem Bericht oder eine eigene Aussage des Ministeriums zur Erfolgskontrolledes Modellversuchs liegen dem LRH nicht vor. Ein gesicherter Nachweis größererWirtschaftlichkeit und Effizienz durch die Führung von Hochschulen als Landesbe-trieb ist nicht geführt.

Eine Bestätigung der These, die Zuweisung eines globalen Zuschusses und dessenBewirtschaftung nach den Regeln der kaufmännischen Buchführung führe zu einemwirtschaftlicheren Verhalten, kann auch nicht etwa daraus abgeleitet werden, dass dieModellversuchshochschulen „Bilanzgewinne“ erwirtschaftet haben. Denn bei diesen„Bilanzgewinnen“, die im Jahre 1997 - aktuellere Daten aus genehmigten Jahresab-schlüssen der drei Modellversuchshochschulen liegen dem LRH noch nicht vor -5,5 Millionen DM (Universität Oldenburg), 1,4 Millionen DM (Technische Universi-tät Clausthal) und 3,3 Millionen DM (Fachhochschule Osnabrück) betragen haben,handelt es sich in der Sache um nichts anderes als um Ausgabereste im Sinne des ka-meralistischen Rechnungswesens. Diese wurden vorrangig durch Personaleinsparun-gen infolge hinausgeschobener Besetzungen vakanter Stellen erwirtschaftet, was je-doch in gleicher Weise auch jede andere Hochschule praktiziert (§ 132 Abs. 3Satz 4 NHG).

Die Kosten- und Leistungsrechnung der Modellversuchshochschulen

Da die drei Hochschulen für ihr kaufmännisches Rechnungswesen von Beginn an miteiner in der Privatwirtschaft verwandten Software arbeiteten, erfassten sie für jedeAufwands- und Ertragsbuchung zugleich eine Kostenarten- und Kostenstellenbu-chung. Den weitergehenden Ausbau dieser Rechnung zu einem Instrument des Cont-rollings haben die Hochschulen jedoch nicht bewirkt. Im Grunde haben sie auf diese

Page 121: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

121

Weise „Datenfriedhöfe“ produziert, die als Betriebssteuerungsinstrument ungeeignetsind und deshalb auch nicht weiter genutzt wurden.

Die Annahme des Ministeriums bei Beginn des Modellversuchs, durch die Einrich-tung der kaufmännischen Buchführung ergebe sich als Nebeneffekt zur Finanzbuch-haltung mit geringem Aufwand eine als Steuerungsinstrument geeignete Kosten- undLeistungsrechnung, war unzutreffend. Dies belegt auch ein Erlass des Ministeriumsan die Hochschulen vom 26.01.2000 zum Problem der internen Verrechnungen nach§ 61 LHO, der auch für die Modellversuchshochschulen davon ausgeht, dass diesekeine Kosten- und Leistungsrechnung aufgebaut haben. Diese soll vielmehr nach derPlanung des Ministeriums nunmehr, allerdings zunächst nur auf wenige Bereiche be-schränkt, im Jahr 2001 „laufbar“ gemacht werden und für 2002 nutzbare Daten lie-fern.

Übertragung des Modellversuchs auf andere Hochschulen

Obwohl der Modellversuch erst begonnen hatte und noch keinerlei (Zwischen-)Aus-wertung vorlag, hat das Ministerium im Jahre 1998 für die übrigen Fachhochschulensowie für die Hochschule Vechta angeordnet, sie ab dem 01.01.1999 als Landesbe-triebe mit kaufmännischem Rechnungswesen zu führen.

Auch diese Umstellung des Rechnungswesens war mit erheblichem finanziellen Auf-wand verbunden: So betrugen allein die zusätzlichen jährlichen Personalkosten mehrals 5 Millionen DM. Trotzdem unterließ es das Ministerium, hierfür eine Nutzen-Kosten-Untersuchung durchzuführen, wie dies § 7 Abs. 2 LHO in der damals gelten-den Fassung für „geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung“verlangte. Auch blieb entgegen früheren Ankündigungen ohne vergleichende Unter-suchung und Würdigung, wie Modellversuche in anderen Bundesländern - z. B. mitVerfahren zur kameralistisch-basierten Kostenrechnung - verlaufen sind und welcheSchlussfolgerungen hieraus zu ziehen waren.

Entsprechendes gilt für das Gebot des Ministeriums an die Universität Osnabrück (abHj. 2000) und die übrigen Hochschulen (ab Hj. 2001), wie Landesbetriebe zu wirt-schaften (Projekt „UNI 2001“). Die Kosten dieser Umstellung betragen nach Berech-nung des Ministeriums in den Jahren 1999 bis 2004 rd. 35,4 Millionen DM.

Zweck eines Modellversuchs

Der Sinn und Zweck eines so aufwändigen Modellversuchs, wie ihn das Ministeriumunter Inanspruchnahme von Mitteln durchgeführt hat, die der Landtag für diesenZweck bewilligt hat, kann nur darin liegen, dass endgültige Entscheidungen für dieZukunft erst aufgrund einer Auswertung des Modellversuchs erfolgen. Die Auswer-tung muss nachweisen, dass die mit dem Modellversuch verfolgten Ziele auch tat-sächlich erreicht worden sind oder jedenfalls erreicht werden können. Die Zukunftpräjudizierende Entscheidungen, wie sie vom Ministerium für Wissenschaft undKultur ohne eine solche Auswertung getroffen worden sind, führen das Institut desModellversuchs ad absurdum. Dies gilt vor allem dann, wenn wesentliche Ziele desVersuchs wie hier die Einrichtung einer Kosten- und Leistungsrechnung und einesControllings ersichtlich nicht erreicht worden sind und wenn sich die Wirtschaftlich-keit des neuen Steuerungsinstruments mangels entsprechender Vergleiche nichtnachweisen lässt. Die Umwandlung letztlich aller Hochschulen in Landesbetriebe istdamit nicht nach prüfbaren Kriterien getroffen worden.

Page 122: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

122

Künftiger Ausbau der Kosten- und Leistungsrechnung zu einem Instrument der Hoch-schulsteuerung

Eine funktionsfähige Kosten- und Leistungsrechnung ist unabdingbare Grundlage fürdas hochschulinterne und hochschulexterne Controlling und damit für die Steuerungder Hochschulen durch das Ministerium und durch das Parlament als Inhaber desBudgetrechts. Dies gilt insbesondere für die künftige Steuerung der Hochschulendurch das Instrument der Zielvereinbarung, dessen Einführung das Ministerium beab-sichtigt. Auch das nach § 132 Abs. 5 Satz 2 NHG vorgesehene Verfahren einer auf-gaben- und leistungsbezogenen Mittelzuweisung, das bereits an den Fachhochschulenpraktiziert wird, muss sich auf eine aussagefähige Kosten- und Leistungsrechnungsowie auf ein darauf aufbauendes Controlling stützen.

Bei der Fortentwicklung der bisher im Hochschulbereich nur unzulänglich eingerich-teten Kosten- und Leistungsrechnung zu einem Controllinginstrument wird es daraufankommen, dass das Ministerium hierfür landeseinheitliche und verbindliche Grund-sätze festlegt. Die Kosten- und Leistungsrechnung muss den Anforderungen genügen,die nach § 17 a LHO an Informations- und Steuerungsinstrumente als Voraussetzungfür die dezentrale Finanzverantwortung zu stellen sind. Sie muss zuverlässige Datenfür eine aufgaben- und leistungsbezogene Mittelbemessung nach § 132 Abs. 5 NHGliefern, die Grundlage für die von Parlament und Exekutive angestrebte output-orientierte Steuerung der Hochschulen mittels Kennzahlen und Zielvereinbarungensein können.

23. Ausstattung der Hochschulen mit Informationstechnik im Rahmen des Projekts"Uni 2001"

Kapitel 06 10 bis 06 30

Die Einführung der kaufmännischen Buchführung in acht Hochschulenerfolgte zum 01.01.2001 unter der Projektbezeichnung "Uni 2001". DasMinisterium hatte für dieses Projekt den Einsatz einer bestimmten Softwarevorgegeben und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für die anstehenden DV-Beschaffungen unterlassen. Erst aufgrund der Kritik u. a. des LRH wurdenalternative Beschaffungslösungen untersucht und ein Gesamtkonzept erstellt.Die Beschaffungen für das Projekt "Uni 2001" verbilligten sich dadurch umüber 7 Millionen DM.

Umwandlung der Hochschulen in Landesbetriebe

Die niedersächsischen Hochschulen werden ab 2001 als Landesbetriebe gemäߧ 26 LHO geführt. Die Hochschulen setzen für die kaufmännische Buchführung ent-sprechende Standard-Software ein. Die Beschaffung der dafür erforderlichen DV-Ausstattung wurde als Gemeinschaftsaufgabe nach dem Hochschulbauförderungsge-setz (HBFG) vom Bund teilweise mitfinanziert.

Die Planung zur Beschaffung der für die Umstellung benötigten Hard- und Softwarewies Mängel auf:

Vorgeschichte

Im Rahmen des Modellvorhabens zur Flexibilisierung der Haushaltswirtschaft wurdeam 01.01.1995 in drei Modellhochschulen die kaufmännische Buchführung einge-führt. Modellhochschulen waren die Technische Universität Clausthal, die Universität

Page 123: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

123

Oldenburg und die Fachhochschule Osnabrück. Sie setzten Softwareprodukte aus demSystem A ein.

Die Kliniken der Universität Göttingen und die Medizinische Hochschule Hannoversind bereits seit 1981 Landesbetriebe. Sie haben ab 1998 ihre kaufmännische Buch-führung auf die A-Software umgestellt.

Mit der Umstellung der übrigen Fachhochschulen auf die kaufmännische Buchfüh-rung ab 01.01.1999 wurde bereits begonnen, bevor hinreichende Erkenntnisse ausdem Software-Einsatz in den Modellhochschulen vorlagen. Die Entscheidung überden Softwareeinsatz in den Fachhochschulen fiel zu Gunsten der B-Software aus. DieHochschule Vechta und die Universität Osnabrück haben ebenfalls mit der 1999 bzw.2000 erfolgten Umstellung auf kaufmännische Buchführung die B-Software einge-führt.

Projekt „Uni 2001“

Die Einführung der kaufmännischen Buchführung in den Hochschulen sollte mit derUmstellung der Universitäten Göttingen, Hannover, Hildesheim und Lüneburg, derTechnischen Universität Braunschweig, der Tierärztlichen Hochschule Hannover undder beiden Kunsthochschulen in Braunschweig und Hannover zum 01.01.2001 abge-schlossen werden.

Mit den Umstellungsvorbereitungen wurde im September 1998 begonnen. Das Mi-nisterium hatte den Hochschulen - mit Ausnahme der Universität Göttingen - vorge-geben, die B-Software einzusetzen, weil der vom Finanzministerium mit dem Soft-warehersteller B abgeschlossene Rahmenvertrag den Hochschulen den kostenfreienEinsatz der Softwarelizenzen für die Finanzbuchhaltung und die Anlagenbuchhaltungermöglichte. Nur für die zusätzlich erforderlichen Softwaremodule sollten Lizenzenerworben werden. Den Hochschulen lag zur Ermittlung der Umstellungskosten einePreisübersicht der Fa. B vor. Die Planungen der Hochschulen für die Umstellungenstützten sich auf diese Vorgaben.

Die gesammelten Großgeräteanträge der Hochschulen für die DV-Beschaffungsmaß-nahmen leitete das Ministerium im September 1999 an die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) zur Begutachtung im Rahmen des HBFG-Verfahrens weiter undunterrichtete den LRH.

Stellungnahme des LRH

Der LRH hatte nur gegen die Beschaffungsplanungen der Universität Göttingen keineBedenken. Die Universität hatte sich für die A-Software entschieden, die bereits inden Kliniken der Universität eingeführt war. Die Kosten für die Beschaffungsmaß-nahmen sollten 1,3 Millionen DM betragen.

Die von den anderen Hochschulen veranschlagten Umstellungskosten für das Projekt„Uni 2001“ waren demgegenüber mit rd. 15,6 Millionen DM unangemessen hoch.Allein die für den Einsatz der B-Software vorgegebene Hardwareausstattung war aufinsgesamt 7,7 Millionen DM kalkuliert. Für zusätzliche Softwarelizenzen undDienstleistungen waren 3,9 Millionen DM veranschlagt. Die Schulungsmaßnahmender Hochschulmitarbeiter sollten fast 4 Millionen DM kosten. Weitere Feststellungendes LRH waren u. a.:

– Ein zusammenfassendes Konzept des Ministeriums für die Umstellungsmaßnah-men im Rahmen des Projekts „Uni 2001“ lag nicht vor.

Page 124: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

124

– Bei der Ermittlung der Anzahl der umzustellenden DV-Arbeitsplätze hatten dieHochschulen das Gebot der Wirtschaftlichkeit nur unzureichend beachtet und dieErforderlichkeit der beantragten DV-Ausstattung nicht immer hinreichend be-gründet.

Der LRH hielt eine Überarbeitung der Beschaffungsplanungen der Hochschulen - mitAusnahme des Antrags der Universität Göttingen - für zwingend erforderlich, zumalauch die Finanzierung des Projekts „Uni 2001“ im Landeshaushalt noch nicht abgesi-chert war. Er mahnte die Vorlage eines Gesamtkonzepts an und forderte das Ministe-rium auf, die Vorgabe für die B-Software durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnungzu begründen.

Überarbeitung der Planungen und weiterer Verlauf des Projekts „Uni 2001“

Die DFG behandelte die Beschaffungsanträge der Hochschulen für das Projekt„Uni 2001“ im November 1999. Sie begutachtete nur den Antrag der Universität Göt-tingen positiv; die Entscheidung über die übrigen Anträge wurde zurückgestellt, denHochschulen wurden Empfehlungen für eine Überarbeitung gegeben. Dies und dievom LRH geäußerten Bedenken waren für das Ministerium Veranlassung, die Pla-nungen für das Projekt „Uni 2001“ zu überarbeiten und dabei alternative Hard- undSoftwarelösungen zu untersuchen.

Das Ministerium legte das vom LRH geforderte Gesamtkonzept für das Projekt„Uni 2001“ im Januar 2000 vor. Für die Überarbeitung des DV-Planungskonzeptswaren die Anforderungen der Hochschulen nunmehr in einem Pflichtenheft erfasstund Vergleichsangebote eingeholt worden. Das neue Konzept stützte die Auswahl derHard- und Softwarebeschaffungen auf das besondere Anforderungsprofil der„Uni 2001-Hochschulen“. Es enthielt Vorgaben für die Finanzierung der Umstel-lungskosten und legte die Modalitäten für eine Beteiligung der Hochschulen an derFinanzierung der Investitionsausgaben fest. Die erforderliche Arbeitsplatzausstattungin den Hochschulen sollte auf das unumgängliche Maß reduziert werden. Das neueKonzept des Ministeriums ermöglichte den Hochschulen flexiblere Entscheidungenbei Art und Umfang der Hardwareausstattung.

Durch die Überarbeitung der Beschaffungsplanungen der Hochschulen reduzierte sichder kalkulierte Investitionsaufwand für die Hard- und Software von11,6 Millionen DM auf rd. 6,9 Millionen DM. Die zunächst auf 4 Millionen DM ver-anschlagten Schulungskosten konnten aufgrund eines geänderten Konzepts umrd. 3 Millionen DM gemindert werden.

Die DFG hat daraufhin im Februar 2000 die überarbeiteten Planungsunterlagen derHochschulen positiv begutachtet. Der Wissenschaftsrat sprach seine Empfehlung imJuni 2000 aus.

Danach wurden die DV-Leistungen der sieben Hochschulen öffentlich ausgeschrie-ben. Den Zuschlag für die Hard- und Softwarebeschaffungen erhielt im Juli 2000 dasAnbieterkonsortium der Fa. A, das in der Ausschreibung das kostengünstigste Ange-bot vorgelegt hatte.

Würdigung

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat bei den Beschaffungsplanungen fürdas Projekt „Uni 2001“ den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit an-fangs nicht hinreichend beachtet.

Das Ministerium hat bereits vor einer Auswertung der Modellvorhaben den Hoch-schulen Vorgaben für den Software-Einsatz bei der Einführung der kaufmännischen

Page 125: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

125

Buchführung gemacht. Die Vorgaben erfolgten, bevor ein Gesamtplan erstellt und dieFinanzierung des Projekts „Uni 2001“ im Landeshaushalt abgesichert war. Für die miterheblichen finanziellen Aufwendungen verbundenen DV-Beschaffungen warenWirtschaftlichkeitsuntersuchungen nicht durchgeführt worden. Daher konnten dieHochschulen Umfang und Ausmaß der DV-Beschaffungen nach eigenen Maßstäbenohne Kostenrahmen planen. Dies führte zu einem mit 15,6 Millionen DM unangemes-sen hoch kalkulierten Umstellungsaufwand.

Das aufgrund der Hinweise des LRH und der DFG erarbeitete Gesamtkonzept für dasProjekt reduzierte die Beschaffungskosten um etwa 7 Millionen DM und stellte einengeordneten Ablauf des Beschaffungsvorgangs sicher.

Der LRH erwartet, dass künftig Beschaffungsvorhaben erst eingeleitet werden, wenndie konzeptionellen Überlegungen abgeschlossen sind und die Finanzierung sicherge-stellt ist. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind im Rahmen des § 7 LHO unver-zichtbar.

Der LRH hält es darüber hinaus für angezeigt, dass das Ministerium für Wissenschaftund Kultur Förderanträge der Hochschulen zur Begutachtung an Dritte (z. B. DFG)erst dann weiterleitet, wenn es nach eigener Prüfung die Entscheidungsreife der An-träge bejaht.

24. Hochschulaktivität in der lehrveranstaltungsfreien Zeit

Kapitel 06 13 und 06 30

Das wissenschaftliche und künstlerische Personal zweier Fachbereiche in zweiUniversitäten war zum Zeitpunkt der Erhebungen des LRH während dersommerlichen "Semesterferien" weit überwiegend nicht in der Hochschuleanzutreffen, obwohl sich die Bediensteten nicht im Urlaub befanden.

Die Räume und Gerätschaften der Fachbereiche blieben in dieser Zeitmangels eines entsprechenden Angebots weitgehend ungenutzt.

Die Betreuung der Studierenden könnte insgesamt verbessert und diemateriellen und immateriellen Ressourcen der Hochschulen könnten geradeauch in der vorlesungsfreien Zeit mehr genutzt werden.

Abwesenheit des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals

Der LRH führte im Sommer 1999 jeweils innerhalb einer Woche in den so genanntenSemesterferien zu unterschiedlichen Tageszeiten vier Begehungen des Fachbe-reichs A (Kommunikation/Ästhetik) der Universität B sowie zwei Begehungen desFachbereichs C (Kulturwissenschaften) der Universität D durch, um sich ein Bild vonder Anwesenheit der Hochschulbediensteten in dieser Zeit zu machen.

Der LRH traf an beiden Fachbereichen fast zwei Drittel derjenigen wissenschaftlichenund künstlerischen Kräfte21 nicht an, die sich weder wegen Urlaubs noch aus sonsti-gen Gründen abgemeldet hatten.

Die höchste Abwesenheitsquote entfiel auf die Gruppe der Professoren und Hoch-schuldozenten, die keinen Arbeitszeitbestimmungen unterliegen. Es waren im Fach-bereich A über drei Viertel und im Fachbereich C zwei Drittel dieser nicht abgemel-deten Bediensteten abwesend.

21 Ohne Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach § 71 Niedersächsisches Hochschulgesetz - NHG -.

Page 126: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

126

Von dem den Arbeitszeitbestimmungen unterliegenden wissenschaftlichen undkünstlerischen Personal traf dies im Fachbereich A auf etwas weniger und im Fachbe-reich C auf etwas mehr als die Hälfte zu.

Nach der Einschätzung der Angehörigen der Verwaltung des Fachbereichs A soll dieAbwesenheit des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals des Fachbereichsauch in den übrigen vorlesungsfreien Wochen, in denen keine Erhebungen des LRHstattfanden, etwa vergleichbar gewesen sein.

Mit diesem Befund stimmt überein, dass im Fachbereich A von insgesamt elf Profes-sorinnen und Professoren nur zwei Feriensprechstunden konkret angekündigt hatten.Im Fachbereich C hatten immerhin 24 von 35 wissenschaftlichen Bediensteten demDekanat Feriensprechstunden mitgeteilt.

Nachweis der Abwesenheit

Der ganz überwiegende Teil der Bediensteten war ohne Angabe des Aufenthaltsortsabwesend, sodass weder die Fachbereichssekretariate noch die Zentralverwaltungenfür die Zeit der Semesterferien einen Überblick über die Aufenthaltsorte des nichtanwesenden wissenschaftlichen und künstlerischen Personals hatten.

Die Gruppe der Professoren und Hochschuldozenten des Fachbereichs A war zwarvom Dekan aufgefordert worden, für die Zeit der Semesterferien ihre Anwesenheitam Hochschulort sowie geplante Reisen mitzuteilen; für den Fall längerer Abwesen-heit sollte die Vertretung geregelt werden. Dieser Aufforderung sind die Professorenjedoch nur teilweise - schriftlich oder mündlich - nachgekommen. Die Abwesen-heitsmitteilungen, soweit sie überhaupt vorlagen, wurden in einer Umlaufmappe beider Fachbereichsverwaltung aufbewahrt, sodass ein Überblick nicht gewährleistetwar. In keinem einzigen Fall erfolgte - trotz Abwesenheiten von teilweise über einemMonat Dauer - eine Vertretungsregelung.

Ungenutzte Räume

Zum Erhebungszeitpunkt waren auch die mehr als 80 für Übungen und Veranstaltun-gen besonders eingerichteten Räume des Fachbereichs A nahezu sämtlich ungenutzt.Darunter befinden sich z. B. Musikübungsräume, Tonstudios, Räume mit Video-Installationen und Ateliers. Nach Auskunft von Angehörigen der Verwaltung sinddiese Räume auch in den übrigen Semesterferienwochen kaum genutzt worden.

Würdigung

Die ungemeldete Abwesenheit des den Arbeitszeitbestimmungen unterliegenden undsomit grundsätzlich anwesenheitspflichtigen wissenschaftlichen Personals ist mit demgeltenden Recht nicht zu vereinbaren. Die dienstrechtliche Pflicht zur Anwesenheitist, unabhängig von der Art und Weise, wie Hochschulen künftig gesteuert werden,im Wege der Dienstaufsicht durchzusetzen. Allerdings sollten die Hochschulen prü-fen, ob es geboten ist, die vorlesungsfreie Zeit zum Ausgleich von Mehrarbeit durchetwaige Spitzenbelastungen im Semester heranzuziehen.

Demgegenüber unterliegen die Professoren und Hochschuldozenten zwar nicht denArbeitszeitbestimmungen (§§ 55 Abs. 4, 61 Abs. 3 NHG). Dennoch erfordert ein ge-ordneter Dienstbetrieb auch für diesen Personenkreis, dass sie für die übrigen Hoch-schulmitglieder und die Hochschulverwaltung grundsätzlich erreichbar sind. Deshalbist es geboten, dass diese Bediensteten der Fachbereichsverwaltung die Tage anzei-gen, an denen sie Dienstgeschäfte außerhalb der Hochschule wahrnehmen oder die

Page 127: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

127

dem Erholungsurlaub dienen22. Die Fachbereichsverwaltung hat diese Abwesenheitenund ggf. die Modalitäten der Erreichbarkeit zu erfassen. Unter dieser Voraussetzunglässt sich auch dem berechtigten Interesse der Wissenschaftler Rechnung tragen, dievorlesungsfreie Zeit insbesondere zu konzentrierter Forschung in der hierfür geeig-neten Umgebung zu nutzen.

Der LRH ist sich im Übrigen bewusst, dass die von ihm getroffenen Feststellungennicht ohne weiteres verallgemeinert werden können. So wird die vorlesungsfreie Zeitin bestimmten Fachbereichen durchaus z. B. für Klausuren, Hausarbeiten, Exkursio-nen, Praktika usw. genutzt. Er sieht dennoch in der festgestellten Abwesenheit insbe-sondere des wissenschaftlichen Personals und der unzureichenden Nutzung der Räu-me und Einrichtungen während der Semesterferien ein grundsätzliches Problem, dasnicht allein unter dienst- oder haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen ist.Im Vordergrund sollte vielmehr die Frage nach dem Selbstverständnis der Hoch-schulen und ihrer Mitglieder, insbesondere der Lehrenden und Studierenden, stehen.

Wenn die Hochschulen nach derzeit geltendem Recht nicht nur als Anstalten desLandes, sondern vor allem auch als Körperschaften verfasst sind (§ 75 Abs. 1 NHG),so kommt hierin die mitgliedschaftliche Struktur der Hochschulen zum Ausdruck(§ 37 Abs. 1 NHG). Aus dem Wesen der Mitgliedschaft lässt sich der Grundsatz dergemeinsamen Verantwortung aller Mitglieder für das Wohl der Hochschule ableiten.Dem widerspräche es, wenn sich Professoren und Studenten eher wie „Anstaltsnut-zer“ verhielten, um Leistungen zu möglichst günstigen Zeiten und Bedingungen zuerbringen und abzufordern. Der Ruf und die Zukunft einer jeden Hochschule wirdkünftig maßgeblich davon abhängen, ob es ihr unter den Bedingungen knapper Mitteleinerseits, größerer Eigenverantwortung und eines sich verschärfenden Wettbewerbsandererseits gelingt, zu einer Identität zu finden, in der sich ihre Mitglieder als ge-meinsame Träger hochrangiger Forschung und Lehre wiedererkennen, diese fördernund nach außen repräsentieren. Sind die Hochschullehrer in der Hochschule präsent,so können sie ihre Forschung erlebbar und begreifbar gestalten und die Studierendendaran teilhaben lassen. Vor allem sollte die Lehre ein zentrales Anliegen sein, dasdurch intensive Kommunikation der Lehrenden mit den Studierenden und durch derenBetreuung über die einzelnen Veranstaltungen eines Semesters hinaus gepflegt wird.Hieran sollten die Studierenden mit dem Ziel mitwirken, Bildung und Ausbildung ineinem auch zeitlich konzentrierten Studium erfolgreich zu erwerben und dadurchauch ihre Hochschule zu stärken.

Stand der Erörterungen mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur

Das Ministerium teilt die Auffassung des LRH, dass die Hochschulen verpflichtetsind, den Arbeitszeitregelungen Geltung zu verschaffen. Auch hinsichtlich der Hoch-schullehrer, die den Arbeitszeitbestimmungen nicht unterliegen, mache es, so das Mi-nisterium, die gewünschte intensive Kommunikation zwischen Lehrenden und Ler-nenden erforderlich, dass sie auch während der vorlesungsfreien Zeit an der Hoch-schule möglichst präsent sind. Allerdings hält das Ministerium ministerielle Regelun-gen nicht für angebracht, weil solche Regelungen dem eingeleiteten Reformprozesswidersprächen, staatsferne, wettbewerblich handelnde und über Ziel- und Leistungs-vereinbarungen gesteuerte Hochschulen zu schaffen.

Der LRH hält es dennoch für erforderlich, dass unabhängig von der Frage nach derohnehin sicherzustellenden Dienstaufsicht der Landtag und die Landesregierung bzw.das Ministerium für Wissenschaft und Kultur jeweils im Rahmen ihrer Zuständigkei-ten und den ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsformen deutlich und verbind-

22 So inzwischen ausdrücklich § 2 Abs. 3 Satz 4 Niedersächsische Erholungsurlaubsverordnung in der Fassung

der Verordnung vom 19.06.2000 - Nds. GVBl. S. 118 - hinsichtlich der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs.

Page 128: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

128

lich erklären, welche Erwartungen sie an die Hochschulen richten. Sie müssen außer-dem darauf dringen, dass diese Ziele durch entsprechende Maßnahmen in den Hoch-schulen, ggf. aber auch durch Sanktionen, wenn die gesetzten oder vereinbarten Zielenicht erreicht werden, realisiert werden.

So könnte der Gesetzgeber im vorliegenden Sachzusammenhang etwa nach dem Bei-spiel des § 61 Abs. 9 des baden-württembergischen Universitätsgesetzes vorgeben,„auch in der vorlesungsfreien Zeit eine angemessene Anwesenheit und Erreichbarkeitder Professoren sicherzustellen“. Im Rahmen künftiger Zielvereinbarungen kann derLandtag des Weiteren die Zuweisung von Mitteln davon abhängig machen, dass ins-besondere während der vorlesungsfreien Zeit Fortschritte in der Nutzung der Res-sourcen der Hochschulen und in der Betreuung der Studierenden erzielt werden.

Der LRH hat in diesem Zusammenhang z. B. vorgeschlagen, die Präsenz der Lehrper-sonen u. a. durch die Pflicht zu fördern, ein Mindestmaß an Feriensprechstunden ab-zuhalten. Weiterhin könnte - durchaus auch im Rahmen von Zielvereinbarungen -vorgegeben werden, in der vorlesungsfreien Zeit, differenziert nach Fachrichtungen,eine Mindestzahl von Förder- und Vertiefungskursen und sonstigen Veranstaltungenzu Gunsten der Entlastung der Lehre im Semester abzuhalten.

Hierfür ist hilfreich, dass § 12 Abs. 2 der Lehrverpflichtungsverordnung23 es bereitsermöglicht, Lehrveranstaltungen außerhalb der Vorlesungszeit auf die Lehrverpflich-tung anzurechnen. Mehr ließe sich erreichen, wenn die bisher auf eine bestimmte Zahlvon Lehrveranstaltungsstunden festgelegte Lehrverpflichtung von den Hochschuleninnerhalb einer festgelegten Bandbreite variabel gestaltet werden könnte. Noch wei-tergehend könnte den einzelnen Hochschulen sogar ein Gesamtkontingent an zu er-füllender Lehrverpflichtung zugewiesen werden, das diese dann eigenverantwortlichnach Bedarf, Eignung und Präferenz hinsichtlich der Aufgaben in Lehre und For-schung auf die zur Lehre Verpflichteten verteilen.

Die Hochschulen sollten Räume und deren Ausstattung z. B. mit Musikinstrumentenwie im Fall des Fachbereichs A in der vorlesungsfreien Zeit für Übungen, speziellenUnterricht und sonstige Veranstaltungen nutzen. Dadurch können Engpässe und Spit-zenbelastungen während des Semesters vermieden und z. B. die Kontinuität der Aus-bildung in solchen Fächern sichergestellt werden, die auf ein pädagogisch begleitetesständiges Üben oder auf die Durchführung von Praktika, Repetitorien, Übungen u. Ä.angewiesen sind.

Schließlich dürften z. B. in der Weiterbildung bei weitem noch nicht die Möglichkei-ten ausgeschöpft sein, die diese nach § 2 Abs. 1 NHG zugewiesene Aufgabe durchentsprechende Angebote besonders in der vorlesungsfreien Zeit bietet. Hierin liegtzudem eine bisher unzureichend genutzte Chance der Hochschulen, auch zu ihrerwirtschaftlichen Stärkung Überschüsse zu erzielen. § 81 NHG ermöglicht es, hierfürentsprechende, den Hochschulen nach § 132 Abs. 6 NHG verbleibende24 Entgelte zuerheben; § 12 Abs. 7 NHG bietet den Anreiz, Lehrtätigkeiten in diesem Bereich zuvergüten.

23 Lehrverpflichtungsverordnung vom 11.02.2000, Nds. GVBl. S. 18.24 Jahresbericht 1998, Drs. 14/50, Abschnitt VI, Nr. 9, S. 76.

Page 129: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

129

25. Materialprüfung in und an Fachhochschulen

Verschiedene Kapitel

Nach Abschaffung der amtlichen Materialprüfung hat eine Fachhochschuledie von ihr bisher als amtliche Materialprüfstelle durchgeführtenBaustoffprüfungen dennoch selbst weitergeführt. Der LRH hat erheblicheZweifel, ob es sich hierbei um eine Aufgabe der Fachhochschule handelt.

Bei den anderen Fachhochschulen treten als Prüfende nunmehr insbesondereVereine auf, die aus den Fachhochschulen heraus gegründet und von diesenals so genannte An-Institute anerkannt wurden. Tatsächlich werden dieBaustoffprüfungen aber wie bisher in diesen Fachhochschulen von derenBediensteten und mit deren Geräten durchgeführt, ohne dass jedoch dieseFachhochschulen den An-Instituten kostendeckende Nutzungsentgelteberechnen. Zudem hat der LRH erhebliche Zweifel, ob die An-Institute diehochschulrechtlichen Voraussetzungen für ihre Anerkennung erfüllen.

Einführung

Die Materialprüfung hat die Aufgabe, Stoffe, Produkte, Anlagen und Verfahren aufdie Einhaltung von Qualitätsanforderungen und die Erfüllung von Normen zu prüfen.Aufgrund von Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft ist die frühere amtlicheMaterialprüfung in dem Sinne privatisiert worden, dass nur die Materialprüfung akk-reditierter Stellen europaweit anerkannt wird. Seit 1998 werden die früher bei Insti-tuten wissenschaftlicher Hochschulen eingerichteten amtlichen Materialprüfanstaltenals Landesbetriebe fortgeführt. Die für einfachere Prüfungen vorgesehenen, früheramtlich anerkannten Materialprüfstellen, die an wissenschaftlichen Hochschulen,Fachhochschulen und - in ausreichender Zahl - auch im gewerblichen Bereich bestan-den, verloren die amtliche Anerkennung25. Dies gab das Ministerium für Wirtschaft,Technologie und Verkehr den Hochschulen im April 1998 nach einer zuvor geführ-ten, längeren Diskussion über die Umstrukturierung der Materialprüfung mit dem fol-genden Hinweis bekannt:

„Soweit die Hochschulen bzw. die bisher mit der amtlichen Materialprüfungbefaßten Bediensteten auch künftig ... Materialprüfungen durchführen, kanndies nur im hochschulrechtlich zulässigen Rahmen bzw. im Rahmen einer ord-nungsgemäßen Nebentätigkeit erfolgen.“

Sachverhalt

Der LRH hat die Umstrukturierung der Materialprüfung an den Fachhochschulen ge-prüft. Bis 1998 gab es dort sechs Baustoffprüflaboratorien an den FachhochschulenHannover, Hildesheim/Holzminden, Nordostniedersachsen und Oldenburg als amtlichanerkannte Materialprüfstellen.

Nach dem Verlust der amtlichen Anerkennung entschlossen sich die Fachhochschu-len, die Baustoffprüfung nicht allein den privaten Anbietern zu überlassen, sonderndiese weiterhin ohne Akkreditierung in den Fachhochschulen durchzuführen, da diePrüfzeugnisse nur für den jeweiligen regionalen Einzugsbereich von Bedeutung sind.Hierzu beschritten sie zwei unterschiedliche Wege:

25 Zu der Entwicklung vgl. den Jahresbericht 1996 des LRH, Drs. 13/1900, S. 126, und den hierzu ergangenen

Bericht der Landesregierung, Drs. 13/2817, S. 29. Der Beschluss des Landesministeriums über die Durchfüh-rung der amtlichen Materialprüfung in Niedersachsen vom 25.09.1962 (Nds. MBl. S. 859) wurde durchRunderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 26.02.1998 (Nds. MBl. S. 480)aufgehoben.

Page 130: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

130

– Die Fachhochschule Hannover führt weiterhin selbst die Materialprüfung durch,und zwar als freiwillig übernommene Aufgabe gemäß § 2 Abs. 11 des Nieder-sächsischen Hochschulgesetzes (NHG). Ihr verbleiben daher die Einnahmen ausder Materialprüfung als so genannter eigener Erwerb.

– Bei den drei anderen Fachhochschulen treten nunmehr nach außen in vier Fälleneingetragene Vereine und in einem Fall eine GmbH auf. Diese juristischen Perso-nen des Privatrechts sind aus den Fachhochschulen heraus gegründet und von die-sen als so genannte An-Institute im Sinne des § 112 NHG anerkannt worden.

Beim zweiten Weg wird die Materialprüfung tatsächlich weiterhin in diesen Fach-hochschulen im Rahmen von Nebentätigkeiten der Bediensteten und in der Regel aus-schließlich mit den hochschuleigenen Geräten durchgeführt. Hierüber haben dieseFachhochschulen mit den An-Instituten Kooperationsvereinbarungen abgeschlossenund darin zugleich auch Regelungen über die für die Nutzung der Hochschulressour-cen zu zahlenden Nutzungsentgelte getroffen. Die Entgelte deckten jedoch bei weitemnicht die diesen Fachhochschulen durch die Nutzungsüberlassung entstandenen Kos-ten und blieben zudem deutlich unter den Beträgen, die diesen Fachhochschulen frü-her in ihrer Eigenschaft als amtlich anerkannte Materialprüfstellen verblieben waren.

Würdigung

Die Entscheidungen der Fachhochschulen über die Weiterführung der Materialprü-fung sind nicht nach den Kriterien gefällt worden, die insbesondere das Hochschul-recht und das Haushaltsrecht vorgeben.

– Für die Fachhochschule Hannover, die die Materialprüfung nach dem Fortfall deramtlichen Anerkennung als Hochschulaufgabe fortführt, gilt:

Einrichtungen des Landes dürfen grundsätzlich nur innerhalb des ihnen zugewie-senen Aufgabenbereichs tätig werden, denn allein hierfür wird die demokratischeLegitimation vermittelt und kann parlamentarische Kontrolle ausgeübt werden(Artikel 2 Abs. 1, Artikel 7 NV). Die Materialprüfung ist in diesem Sinne keineden Hochschulen zugewiesene Aufgabe.

Allerdings dürfen die Hochschulen bisher auch so genannte annexe Aufgabenwahrnehmen, soweit diese mit ihren gesetzlich bestimmten Aufgaben zusammen-hängen und deren Erfüllung durch die Wahrnehmung der neuen Aufgabe nicht be-einträchtigt wird (§ 2 Abs. 11 NHG). Hierauf beruhen die Diskussionen, die Mate-rialprüfung im Rahmen des so genannten eigenen Erwerbs der Hochschulen wei-terzuführen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift wären nach Auffassung desLRH im Falle der Materialprüfung jedoch nur dann erfüllt, wenn diese

– die primären Aufgaben der Fachhochschulen, also insbesondere die Lehre undggf. die angewandte Forschung bis hin zum Technologietransfer, stärkt und

– als Dienstleistung für Dritte zu marktgerechten Preisen und zumindest kosten-deckend betrieben wird.

Der LRH hat sich nicht davon überzeugen können, dass die hergebrachte Prüfungin den Baustoffprüfungslaboratorien, die in gleicher Weise auch von privaten An-bietern erbracht wird, etwas zur Stärkung von Lehre, Forschung oder auch Tech-nologietransfer beiträgt26. Wäre danach also die Materialprüfung für die Fach-hochschule Hannover eine bloß erwerbswirtschaftliche Tätigkeit, so läge

26 Die Baustoffprüflaboratorien unterscheiden sich in ihrer praktischen Tätigkeit insoweit von den Materialprüf-

anstalten, die nach ihrer Satzung ausdrücklich auch die Aufgabe des Technologietransfers wahrnehmen sol-len; vgl. § 2 Abs. 1 der Betriebssatzungen gemäß Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Technologieund Verkehr vom 26.02.1998 (Nds. MBl. S. 480).

Page 131: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

131

- jedenfalls aus heutiger Sicht - keine Hochschulaufgabe vor. Der so genannte ei-gene Erwerb nur um des Gewinns willen wäre überdies verfassungsrechtlich un-zulässig.

Nach dem Anhörungsentwurf des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsensoll zudem der bisherige § 2 Abs. 11 NHG ersatzlos entfallen.

Ob die Fachhochschule Hannover darüber hinaus die Materialprüfung kostende-ckend und im Hinblick auf die privaten Mitbewerber zu marktgerechten Preisendurchführt, ist vom LRH im Rahmen seines Prüfungsverfahrens nicht näher unter-sucht worden.

– Die anderen drei Fachhochschulen haben die Materialprüfung nicht etwa demfreien Markt überlassen, sondern den Weg der organisatorischen Ausgliederungder Materialprüfung an Einrichtungen beschritten, die aus den Hochschulen herausgegründet wurden. Diese privatrechtlich organisierten An-Institute profitieren un-gerechtfertigt von den Hochschulen, weil diese ihre Ressourcen zu nicht kosten-deckenden Entgelten zur Verfügung stellen. Dies kann dazu führen, dass die An-Institute in wettbewerbsverzerrender Weise tätig werden, und ermöglicht ihnenzudem, Vorteile zu Lasten der Hochschule und damit des Landes zu erzielen.

Die drei Fachhochschulen sind demgegenüber haushaltsrechtlich (§§ 7, 34Abs. 1 LHO) und insbesondere auch im Hinblick auf die ausgeübten Nebentätig-keiten (§ 75 c Abs. 3 Satz 1 Niedersächsisches Beamtengesetz) nur berechtigt, ihreRessourcen Dritten zu zumindest kostendeckenden Entgelten zu überlassen. DerLRH hält es daher für unerlässlich, dass diese Fachhochschulen die ihnen tatsäch-lich entstehenden Kosten für die Überlassung ihrer Ressourcen ermitteln und dieNutzungsentgelte auf dieser Grundlage neu festsetzen. Die Kooperationsvereinba-rungen mit den Einrichtungen der Materialprüfung sind entsprechend anzupassen.Sie sollten im Übrigen so gestaltet werden, dass der Leistungsaustausch zwischenHochschule und Einrichtung transparent und vor allem nachprüfbar ist. Der LRHkonnte seine Feststellungen zur Kostenunterdeckung nämlich nur deshalb treffen,weil die privatrechtlich organisierten und deshalb nicht der Prüfung durch denLRH unterworfenen An-Institute die erforderlichen Unterlagen dem LRH freiwil-lig zur Verfügung stellten.

Zudem ist dem LRH nicht deutlich geworden, aufgrund welcher Feststellungendie Fachhochschulen die Voraussetzungen des § 112 NHG für die betreffendenAn-Institute als erfüllt angesehen haben. Der LRH hat an der Anerkennung erheb-liche Zweifel, denn es ist hinsichtlich der Baustoffprüflaboratorien nicht einsich-tig, dass es sich hierbei überhaupt um „wissenschaftliche Einrichtungen“ handelnsoll. Ebenso wenig ist zu erkennen, welchen wissenschaftlichen Einrichtungen anden Fachhochschulen gegenüber diese Einrichtungen „gleichwertig“ sein sollenund inwieweit diese Einrichtungen die „Wahrnehmung der Hochschulaufgabenfördern“ können.

Es wird weiterhin zu klären sein, ob die Feststellungen, die der LRH bei den Fach-hochschulen hinsichtlich der Baustoffprüfung getroffen hat, auch für andere Material-prüfungen gelten, die von Hochschulen durchgeführt werden.

Page 132: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

132

Ministerium für Wirtschaft, Technologie und VerkehrEinzelplan 08

26. Verteilung von GA-Infrastrukturmitteln auf die Regierungsbezirke

Kapitel 08 02

Das Land fördert Infrastrukturmaßnahmen nach der Gemeinschaftsaufgabe"Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", ohne die Verteilung derMittel auf die Regierungsbezirke nach einheitlichen Vorgaben geregelt zuhaben.

Grundlagen der Förderung

Das Land förderte aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio-nalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) nach Maßgabe des jeweils gültigen Rahmenplansund eines regionalpolitischen Handlungskonzepts den Ausbau der Infrastruktur zurEntwicklung der gewerblichen Wirtschaft in Niedersachsen. Die Mittel wurden zu je50 v. H. von Bund und Land bereitgestellt. Im Durchschnitt der Jahre 1995 bis 1998standen für Infrastrukturmaßnahmen jeweils rd. 56 Millionen DM per annum zur Ver-fügung.

Die Länder können nach Maßgabe der Rahmenpläne eigene Förderschwerpunkte un-ter Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse und Prioritäten setzen. Die Rahmenplänesehen ausdrücklich den Erlass landesinterner Förderrichtlinien vor. Von dieser Mög-lichkeit machte das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr keinenGebrauch. Seit 1996 werden die Fördermittel durch die Bezirksregierungen auf derGrundlage eines „Regionalpolitischen Handlungskonzepts“ des Ministeriums bewil-ligt. Vorgaben hinsichtlich der Förderintensität in den einzelnen Regierungsbezirkenenthält das Handlungskonzept nicht. Die Förderentscheidungen werden im Einzelfallanhand einer „offenen Kriterienliste“ getroffen, wonach z. B. die Situation der Kom-mune (Finanzkraft, Arbeitslosenquote), die bereits vorhandene Infrastrukturausstat-tung und die Beschäftigungsrelevanz der beabsichtigten Infrastrukturmaßnahme zubeachten sind.

Verteilung der GA-Fördermittel

Nach Feststellungen des LRH verteilten sich in den Jahren 1995 bis 1998 die bewil-ligten Fördermittel für Infrastrukturmaßnahmen (Barmittel und Verpflichtungser-mächtigungen) höchst unterschiedlich auf die einzelnen Regierungsbezirke: Währenddem Regierungsbezirk Hannover im Durchschnitt der geprüften Jahre 8 v. H., demRegierungsbezirk Braunschweig 11 v. H. und dem Regierungsbezirk Lüneburg22 v. H. der Mittel zuflossen, wurde der Regierungsbezirk Weser-Ems überproportio-nal mit 59 v. H. gefördert.

Einen - nach dem GA-Rahmenplänen zulässigen - regionalpolitisch gewollten Mit-teleinsatz vorrangig zur Förderung der Region Weser-Ems konnte der LRH nicht fest-stellen. Überdies entspricht die Mittelverteilung ausweislich der nachstehenden Über-sicht nicht den Anteilen der Regierungsbezirke an der Fördergebietskulisse:

Page 133: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

133

Zahl der Landkreise/kreisfreien Städte

davonFördergebiet

Regierungsbezirk Hannover 8 4

Regierungsbezirk Braunschweig 11 9

Regierungsbezirk Lüneburg 11 6

Regierungsbezirk Weser-Ems 17 13

Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr begründet die Zuweisungunterschiedlicher Fördermittel an die Bezirksregierungen mit seiner regionalpoliti-schen Vorgabe, bei der Förderung von Infrastrukturmaßnahmen den Schwerpunkt indie ländlich strukturierten Gebiete des Landes zu legen. Daneben beruhe die bevor-zugte Förderung des Regierungsbezirks Weser-Ems darauf, dass ein erheblicher Teilder Infrastrukturmittel in den Fremdenverkehrssektor sowie in verschiedene Hafen-standorte geflossen sei. Für den Bereich des Regierungsbezirks Braunschweig führtdas Ministerium die unterdurchschnittliche Zuweisung von Fördermitteln auf eine„relativ geringe Nachfrage nach Gewerbeflächen, entsprechend geringe Auswei-sungsaktivität und zum Teil auch unzureichende Flächeninanspruchnahme durch Be-triebe“ zurück. Im Übrigen habe im Regierungsbezirk Weser-Ems „die überaus aktiveVermarktung durch die kommunale Wirtschaftsförderung im eigenen Wirkungskreisnotwendigerweise zu einem entsprechend größeren Fördermittelabfluss als in anderenLandesteilen“ geführt.

Würdigung

Nach den Feststellungen des LRH beeinflussten Maßnahmen im Fremdenverkehrs-sektor die überproportionale Zuweisung von GA-Infrastrukturmitteln im Bereich desRegierungsbezirks Weser-Ems nur unwesentlich. In diesem Regierungsbezirk betrugder Anteil der Fremdenverkehrsmittel in Bezug auf die Gesamtmittel in den Jah-ren 1995 bis 1998 durchschnittlich 28 v. H. In den anderen Regierungsbezirken lagder Anteil im Vergleichszeitraum bei 26 v. H. Die Infrastrukturförderung für Hafen-standorte erforderte im Betrachtungszeitraum 1995 bis 1998 rd. 19 v. H. der dem Re-gierungsbezirk Weser-Ems zugeflossenen Infrastrukturmittel. Auch nach „Abzug“ derZuweisungen für Hafenstandorte ist demnach von einer überproportionalen Förderungdes Regierungsbezirks Weser-Ems auszugehen.

Der LRH hält es für sachwidrig, dass die Verteilung der Fördermittel auf die Regie-rungsbezirke offenbar nicht unerheblich von Vermarktungsaktivitäten der kommuna-len Wirtschaftsförderung abhängt. Denn es ist nicht auszuschließen, dass Gewerbege-biete am Bedarf vorbei gefördert werden. Diese Auffassung wird bestärkt durch Er-hebungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Oldenburg zum Auslastungsgradgeförderter Gewerbegebiete des Regierungsbezirks Weser-Ems. Die Prüfung von 57in den Jahren 1990 bis 1998 durchgeführten Erschließungsmaßnahmen ergab einenAuslastungsgrad von durchschnittlich nur 53 v. H.

Die Bezuschussung von Erschließungsvorhaben am Bedarf vorbei reduziert staatlicheWirtschaftsförderung - mit Ausnahme ihres Effekts als temporäre Arbeitsbeschaf-fungsmaßnahme für die Bauwirtschaft - auf das Streben nach möglichst vollständigerAuszahlung der vorhandenen Fördermittel. Dies widerspricht den Vorgaben der GA-Rahmenpläne, die eine nachhaltige Stärkung der Wettbewerbs- und Anpassungsfä-

Page 134: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

134

higkeit der Wirtschaft sowie die Schaffung neuer oder die Sicherung vorhandener Ar-beitsplätze in strukturschwachen Regionen fordern.

Der zielgerichtete Einsatz der GA-Infrastrukturmittel wird schließlich durch Förder-entscheidungen nach Maßgabe einer „offenen Kriterienliste“ erschwert. Insoweit be-steht die Gefahr, dass primär auf den Einzelfall, nicht aber auf strukturelle Aspekteabgestellt und zudem die (kommunal-)politische Einflussnahme auf Förderentschei-dungen der Bezirksregierungen und des Ministeriums verstärkt wird.

Der LRH regt an, bei künftigen Förderentscheidungen die in den GA-Rahmenplänenausgewiesenen Förderzwecke stärker zu berücksichtigen, um hierdurch eine zielge-richtete Mittelverteilung zu gewährleisten. Insbesondere ist eine Förderung am Bedarfvorbei zu vermeiden. Denn keinesfalls darf das Ziel der Förderung allein darin beste-hen, vorhandene Haushaltsmittel auszukehren. Darüber hinaus sollte das Ministeriumfür Wirtschaft, Technologie und Verkehr prüfen, das „Regionalpolitische Handlungs-konzept“ durch eine landeseigene Förderrichtlinie zu ersetzen. In jedem Fall sollte dasKonzept aber präzisiert und verfeinert werden.

27. Unzulässige Aufteilung einheitlicher Bauvorhaben in Teilmaßnahmen

Kapitel 08 02

Eine Bezirksregierung teilte einheitliche Baumaßnahmen zur Erschließung vonGewerbeflächen in Teilmaßnahmen und förderte sie in getrennten Verfahren.Sie handelte damit nicht nur bestimmungwidrig, sondern auchunwirtschaftlich.

Der LRH hat die Förderung von Infrastrukturmaßnahmen aus Mitteln der Gemein-schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ an Gemeinden ge-prüft (siehe Beitrag „Ungleichmäßige Verteilung von GA-Infrastrukturmitteln auf dieRegierungsbezirke“, Abschnitt VI, Nr. 26). Dabei hat er festgestellt, dass eine Be-zirksregierung wiederholt sowohl vorläufige Erschließungsmaßnahmen als auch inFolgejahren den Endausbau als getrennte Projekte gefördert hatte. So bezuschusste siedie (vorläufige) Erschließung eines Gewerbegebiets in einem ersten Bauabschnitt ausdem Programmteil 1996 mit rd. 2,5 Millionen DM und den Endausbau dieses Bauab-schnitts aus dem Programmteil 1998 mit 0,65 Millionen DM. Aus dem LRH vorlie-genden Projektlisten ergibt sich, dass die Bezirksregierung 1997 zumindest in zweiweiteren Förderfällen in gleicher Weise verfuhr.

Zuwendungen aus GA-Mitteln dürfen nur für einheitliche, in sich geschlossene Bau-maßnahmen gewährt werden. Eine An(schub)finanzierung für Vorhaben, deren Ge-samtfinanzierung nicht gesichert ist, ist unzulässig (Nr. 1.2 der Verwaltungsvor-schriften zu § 44 LHO für Zuwendungen an Gebietskörperschaften - VV-Gk -). ImÜbrigen sind Investitionsvorhaben der wirtschaftsnahen Infrastruktur nur dann förder-fähig, wenn es sich um „in sich abgeschlossene Maßnahmen mit eigenem Erschlie-ßungswert“ handelt. Die Bezirksregierung hätte demnach in den Beispielsfällen dievorläufige Erschließung nicht fördern dürfen. Die Vorhaben hatten weder einen eige-nen Erschließungswert noch war ihre Gesamtfinanzierung gesichert. Aus den gleichenGründen war auch der jeweilige Endausbau nicht förderfähig.

Darüber hinaus ist die Unterteilung einheitlicher Baumaßnahmen in eine vorläufigeErschließung und einen Endausbau unwirtschaftlich, weil sowohl für die Baustellen-einrichtung als auch für so genannte Angleichungsmaßnahmen zusätzlicher Aufwandentsteht.

Page 135: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

135

In seiner Stellungnahme hat sich das Ministerium für Wirtschaft, Technologie undVerkehr der Auffassung des LRH angeschlossen. Die Bezirksregierung hingegen hatausgeführt, Erschließungsmaßnahmen seien in die Abschnitte „Vorläufige Erschlie-ßung“ und „Endausbau“ unterteilbar, wobei die Prüfung der Gesamtfinanzierung ab-schnittsweise erfolgen könne.

Der LRH hat gegenüber der Bezirksregierung seine Auffassung bekräftigt, dass dieunzulässige Aufteilung einer einheitlichen Baumaßnahme den Modalitäten der GA-Förderung widerspricht. Er hat deshalb das Ministerium gebeten, die Bezirksregie-rung anzuweisen, künftig entsprechend den geltenden Bestimmungen zu verfahren.

28. Fehlerquote bei der Abwicklung von Wirtschaftsförderfällen (GA - gewerblicherBereich -)

Kapitel 08 02

Örtliche Erhebungen des LRH bei einer repräsentativen Anzahl geförderterGewerbebetriebe offenbarten ein erhebliches Rückforderungspotenzial. Diehohe Fehlerquote von mehr als 50 v. H. hätte durch eine intensivere, auchörtliche Prüfung der Verwendungsnachweise vermieden werden können.

Das Land Niedersachsen fördert auf der Grundlage des Gesetzes über die Gemein-schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) nach Maßga-be des jeweils gültigen Rahmenplans Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft in Nie-dersachsen. Die GA-Mittel werden zu je 50 v. H. von Bund und Land bereitgestellt.

Der LRH hat die bestimmungsgemäße und wirtschaftliche Verwaltung und Verwen-dung der Zuschüsse für Investitionen an private Betriebe der gewerblichen Wirtschaftaus Mitteln der GA geprüft. Die Investitionszuschüsse an private Unternehmen betru-gen in den Jahren 1995 bis 1998 insgesamt rd. 110 Millionen DM jährlich. Im Rah-men seiner Prüfung hat der LRH örtliche Erhebungen bei allen Bezirksregierungenund ca. 40 Zuwendungsempfängern durchgeführt. Das geprüfte Investitionsvolumenlag bei rd. 384 Millionen DM. Auf dieser Grundlage bewilligten die Bezirksregierun-gen Zuschüsse in Höhe von rd. 40 Millionen DM. Dies entsprach im Durchschnitt10,4 v. H. des förderfähigen Investitionsvolumens.

Der LRH hat in 56 v. H. der örtlich geprüften Zuwendungsfälle Feststellungen überförderschädliche Sachverhalte getroffen, die im Wesentlichen darauf beruhten, dassdie Zuwendungsempfänger

– mit Investitionsmaßnahmen (teilweise) vor Antragstellung begonnen (Beispiele Aund D),

– Investitionspläne ohne Beachtung bestehender Mitteilungspflichten nicht ein-gehalten oder eigenmächtig geändert (Beispiele B und C),

– nicht förderfähige gebrauchte oder geleaste Wirtschaftsgüter im Verwendungs-nachweis nachgewiesen (Beispiele A, C und D) oder

– geförderte Wirtschaftsgüter nicht entsprechend dem Zuwendungszweck verwendet(Beispiel D)

hatten.

Page 136: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

136

Fall A

Eine Bezirksregierung bewilligte der Zuwendungsempfängerin am 24.06.1993 eineZuwendung in Höhe von 500 000 DM zur grundlegenden Rationalisierung ihrer Be-triebsstätte, die sie durch bauliche Investitionen und Anschaffung zusätzlicher Ma-schinen erreichen wollte. Nach Abschluss der Rationalisierungsmaßnahme weigertesich die Zuwendungsempfängerin beharrlich, einen vollständigen Verwendungsnach-weis vorzulegen.

Zum Nachweis der vorgenommenen Investitionen reichte sie lediglich einen Schrift-satz ihres Steuerberaters ein, in dem dieser die Durchführung bestimmter Investitio-nen in den Jahren 1992 bis 1994 testierte.

Die Bezirksregierung akzeptierte die Aufstellung des Steuerberaters als Nachweis ü-ber die getätigten Investitionen.

Der LRH hat im Rahmen seiner örtlichen Erhebungen festgestellt, dass von den ge-förderten baulichen Investitionen rd. 2 Millionen DM bereits im Jahresabschluss aufden 31.12.1991 - mithin vor Antragstellung am 06.02.1992 als frühestmöglichem In-vestitionsbeginn - aktiviert worden waren. Eine vom LRH durchgeführte Belegprü-fung bestätigte, dass mit dem Bau der geförderten Fabrikhalle bereits 1991, somitmehrere Monate vor Stellung des Antrags auf Gewährung eines Investitionszuschus-ses begonnen worden war. Rd. zwei Drittel der Gebäudeherstellungskosten waren be-reits im Jahresabschluss des Kj. 1991 ausgewiesen. Der Investitionszuschuss ist daherwegen vorzeitigen Maßnahmebeginns zurückzufordern, soweit er die baulichen In-vestitionen betrifft. In Fällen wie dem vorliegenden ist die Gewährung eines Investiti-onszuschusses durch die öffentlichen Hände für die Investitionsentscheidung des Un-ternehmens nicht maßgeblich, sondern „Mitnahmeeffekt“. Der vorzeitige Maßnahme-beginn ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Investitionsentscheidung auch ohnestaatliche Zuwendungen getroffen worden wäre.

Da die Zuwendungsempfängerin darüber hinaus weitere geförderte Wirtschaftsgütervor Antragstellung bzw. gebraucht erworben hatte, hat der LRH die Bezirksregierunggebeten, den Zuschuss wegen vorzeitigen Maßnahmebeginns in voller Höhe zurück-zufordern und den Förderfall vor dem Hintergrund eines möglichen Subventionsbe-trugs zu untersuchen.

Fall B

Eine Bezirksregierung bewilligte der Zuwendungsempfängerin einen Zuschuss inHöhe von rd. 1 300 000 DM zur Erweiterung ihrer Produktionskapazitäten.

Die örtlichen Erhebungen des LRH haben ergeben, dass die Zuwendungsempfängerinvon dem für verbindlich erklärten Investitionsplan erheblich abgewichen war. Sohatte sie u. a. auf die Anschaffung einer Produktionsanlage (geplante Investition5 Millionen DM) und die Unterkellerung eines Lagers (geplante Investitionrd. 428 000 DM) verzichtet. Stattdessen ließ sie unter Missachtung des Zuwendungs-zwecks ein zuvor vermietetes Gebäude aufwändig als Vorstands- und Verwaltungs-gebäude umgestalten.

Der LRH hat die Bezirksregierung gebeten, den Zuschuss anteilig in Höhe vonrd. 267 000 DM zurückzufordern.

Page 137: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

137

Fall C

Eine Bezirksregierung bewilligte der Zuwendungsempfängerin einen Zuschuss inHöhe von 1 248 000 DM zur Erweiterung ihrer Betriebsstätte. Nach dem für verbind-lich erklärten Investitionsplan beabsichtigte die Zuwendungsempfängerin Investitio-nen im Wesentlichen in die Errichtung eines neuen Gefrierhauses sowie zur Erweite-rung und maschinellen Ausstattung einer Produktionshalle.

Der LRH hat festgestellt, dass in den nachgewiesenen Investitionen nicht förderfähigegebrauchte Wirtschaftsgüter in Höhe von 406 000 DM enthalten waren. Überdieshatte die Zuwendungsempfängerin wesentliche Teile des Investitionsplans nicht ver-wirklicht und stattdessen durch den Investitionsplan nicht gedeckte Investitionen inerheblicher Höhe nachgewiesen.

Der LRH hat die Bezirksregierung gebeten, den Zuschuss anteilig in Höhe vonrd. 60 000 DM zurückzufordern.

Fall D

Eine Bezirksregierung bewilligte der Zuwendungsempfängerin einen Zuschuss inHöhe von 2 400 000 DM zur Erweiterung ihrer Betriebsstätte, insbesondere für denweiteren Ausbau des Geschäftsbereichs „Dichtungen“ und „technische Profile“.

Nach Feststellungen des LRH hatte die Zuwendungsempfängerin den geförderten Ge-schäftsbereich aus unternehmensinternen Gründen rd. dreieinhalb Jahre nach Ab-schluss der Maßnahme - mithin vor Ablauf des 5-jährigen Zweckbindungszeitraums -aus der Gesellschaft ausgegliedert. Die mit Fördermitteln errichteten Produktionshal-len hatte sie seitdem zweckwidrig fremdvermietet.

Außerdem hatte die Zuwendungsempfängerin verschiedene gebrauchte bzw. vor An-tragstellung angeschaffte Wirtschaftsgüter im Verwendungsnachweis ausgewiesen.Sie konnte Belege über die getätigten Investitionen insgesamt nur unvollständig vor-legen. Insbesondere die Belege über Investitionen zu Beginn der Fördermaßnahmewaren unauffindbar.

Der LRH hat die Bezirksregierung gebeten, den Zuschuss anteilig in Höhe von142 000 DM zurückzufordern.

Würdigung

Als Ergebnis der Prüfungshandlungen des LRH werden voraussichtlich Zuwendungenin Höhe von rd. 4,9 Millionen DM zurückzufordern und zu verzinsen sein.

Der LRH ist der Auffassung, dass die Vielzahl der aufgedeckten Mängel vermeidbargewesen wäre, wenn die Bezirksregierungen der Prüfung der Verwendungsnachweisemehr Beachtung geschenkt hätten. In diesem Zusammenhang ist es unverzichtbar,Verwendungsnachweise verstärkt vor Ort zu prüfen; denn nur so kann ein effizienterund Erfolg versprechender Einsatz von Fördermitteln gewährleistet werden.

Der LRH beabsichtigt, in einem weiteren Schritt eine Programmkritik mit Schwach-stellenanalyse gegenüber dem Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehrvorzunehmen.

Page 138: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

138

29. Leistungsabhängige Lohnanteile in der Straßenbauverwaltung

Kapitel 08 20

Das Straßenwartungspersonal erhält leistungsabhängige Lohnanteile, die sichauf nicht mehr zeitgemäße Tarifvorschriften stützen oder bei deren Ermittlungtarifliche Vorgaben außer Acht bleiben. Bevor eine von derStraßenbauverwaltung angestrebte Pauschalierung dieser Lohnanteileumgesetzt wird, ist zu prüfen, ob die tatsächlichen Verhältnisse für solch eineRegelung gegeben sind.

Im Rahmen der 1997 durchgeführten Prüfung über die Organisation und Wirtschaft-lichkeit in der Straßenbauverwaltung (Jahresbericht 1998, Drs. 14/50, Abschnitt VI,Nr. 19, S. 114) hatte der LRH angeregt, Pauschalierungsmöglichkeiten für die Zah-lung von Wegegeld sowie Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszuschlägen zu prü-fen. Eine Pauschalierung von Lohnbestandteilen kann allerdings nur erfolgen, wenndie Voraussetzungen zur Zahlung derartiger Bestandteile erfüllt sind.

Der LRH hat deshalb die genannten Lohnbestandteile im Jahre 1999 zum Gegenstandeiner besonderen Prüfung gemacht. Die Prüfungsfeststellungen zeigen, dass die bishe-rige Handlungsweise in der Straßenbauverwaltung nicht als Basis für eine Pauschalie-rung nach § 30 Abs. 6 Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTArb) dienen kann.

Wegegeld

Straßenwärter erhalten nach Nr. 10 Abs. 1 der Sonderregelung SR 2 a zum MTArbein Wegegeld für jeden Tag, an dem der Weg zur Wärterstrecke, zum Sammelplatz o-der zum Arbeitsplatz außerhalb der Arbeitszeit zurückgelegt wird und die kürzeste be-fahrbare Wegstrecke von der Mitte des Wohnorts bis zu diesen Orten fünf Kilometerüberschreitet. Die Höhe des Wegegelds ist abhängig von der Art des Beförderungs-mittels und der zurückzulegenden Entfernung. Nach einer eigenen Auswertung derStraßenbauverwaltung für das Jahr 1997 hatten 1 891 von 2 300 Bediensteten Wege-geldzahlungen in Höhe von rd. 1,3 Millionen DM, mithin durchschnittlich693 DM/Jahr je Person ausgelöst.

Obwohl das Straßenwartungspersonal fast ausnahmslos seine Arbeit in der Straßen-meisterei aufnahm und beendete, erhielt es das Wegegeld auch für die Fahrten zwi-schen Wohnung und dieser Dienststelle. Begründet wurde die Zahlung damit, dassNr. 4 Abs. 2 der Sonderregelung SR 2 a zum MTArb als Beginn der Arbeitszeit nurdas Erreichen der drei Orte (Wärterstrecke, Sammelplatz oder Arbeitsplatz) vorsehe.Die Straßenmeisterei werde deshalb zwangsläufig zum Sammelplatz im Sinne derNr. 10 Abs. 1 der Sonderregelung SR 2 a zum MTArb. Der LRH sieht hierin eine ta-rifwidrige Interpretation, die zu dem absurden Ergebnis führt, dass dem Straßenwar-tungspersonal arbeitstäglich ein „Fahrkostenzuschuss“ für das Erreichen des Orts derregelmäßigen Arbeitsaufnahme zufällt, der allen übrigen Arbeitnehmern verwehrtbleibt, weil ihnen diese Aufwendungen als solche der allgemeinen Lebensführungentschädigungslos auferlegt werden.

Die Tarifregelung lässt nach Auffassung des LRH nicht den Schluss zu, dass die Stra-ßenmeisterei allein aufgrund des regelmäßigen Aufsuchens durch das Straßenwar-tungspersonal funktional zu einem Sammelplatz wird. Ein Sammelplatz ist herkömm-lich nicht der Ort der Arbeitsaufnahme, sondern lediglich ein Treffpunkt, von dem ausdie tatsächliche Einsatzstelle (Arbeitsplatz) aufgesucht wird, an der der Arbeiter un-mittelbar seiner Tätigkeit nachgeht. Ob es der Errichtung eines Sammelplatzes bedarf,liegt ausschließlich in der Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers. Hierzu hat derBund Grundsätze zu den für Arbeiter seiner Wasser- und Schifffahrtsverwaltung gel-

Page 139: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

139

tenden Sonderregelungen SR 2 d zum MTArb (Bund) aufgestellt. Danach soll durchdie Einrichtung von Sammelplätzen der Mehrheit der Arbeiter unzumutbar lange We-ge zwischen Wohnort und Arbeitsstelle erspart werden. Auch die SonderregelungSR 2 a zum MTArb (Bund) sieht die Einrichtung von Sammelplätzen nur für die Fällevor, in denen Arbeiter ständig wechselnde Arbeitsplätze aufzusuchen haben.

Unabhängig davon dürfte die Tarifvorschrift nicht mehr sachgerecht sein. Sie mag inder Vergangenheit durchaus ihre Berechtigung gehabt haben, weil durch sie die Be-sonderheit entlohnt werden sollte, dass die Straßenwärter im Gegensatz zu anderenArbeitnehmern eben nicht regelmäßig zur ortsfesten Arbeits-/Dienststelle kommenkonnten, sondern den Weg direkt zu außerhalb der Arbeits-/Dienststelle gelegenenWärterstrecken, Sammelplätzen oder Arbeitsplätzen auf sich zu nehmen hatten, wobeidie Arbeitszeit erst bei Erreichen dieser Stellen zu laufen begann. Das kann für dieheutige moderne Straßenbauverwaltung aber nicht mehr zutreffen. Denn aufgrund derfortschreitenden Modernisierung und Umstrukturierung der Arbeitsabläufe ist zumin-dest in Niedersachsen die Straßenmeisterei inzwischen zum regelmäßigen Ort der Ar-beitsaufnahme des Straßenwartungspersonals geworden.

Das Finanzministerium hat die Ausführungen des LRH zum Anlass genommen, dieseProblematik demnächst durch die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaftdeutscher Länder beraten zu lassen, wobei eine Klärung zumindest auch im Interessedes Bundes liegen dürfte, weil die auf die von den Ländern eingesetzten Bundesstra-ßenwärter entfallenden Ausgaben von ihm zu erstatten sind.

Erschwerniszuschläge

Arbeiter erhalten nach § 29 Abs. 1 MTArb in Verbindung mit dem Tarifvertrag überdie Lohnzuschläge je nach dem Grad der Erschwernis für außergewöhnliche ArbeitenSchmutz-, Gefahren- und Erschwerniszuschläge. Für die Beschäftigten der Straßen-bauverwaltung sind für solche Arbeiten jährlich rd. 1,4 Millionen DM aufzuwenden.

Auch wenn sich die Prüfung des LRH auf einen kleinen Teil der Straßenbauverwal-tung bezog, belegen die Feststellungen und die am Rande der Erhebungen gesprächs-weise erlangten Kenntnisse hinreichend, dass einmal gewährte Erschwerniszuschlägevon der Straßenbauverwaltung ohne Bedenken als dauerhaft erworbene Lohnbe-standteile verstanden und gleichsam zur Sicherung des „Betriebsfriedens“ beibehaltenwerden, wie folgende Beispiele zeigen:

– Eine Straßenmeisterei rechnete in den Wintermonaten nicht unerhebliche Zu-schläge ab für „Kletterer bei Baumschneidearbeiten ... in einer Höhe von mehr als4 Metern“; dabei „ist nicht nur die Zeit der Arbeit in der Höhe von mehr als4 Metern zuschlagberechtigend, sondern auch das Klettern“. Für den LRH stehtaußer Frage, dass in der berücksichtigten Zeit überwiegend Schnittarbeiten durch-geführt wurden. Dass sie sich jedoch über Wochen ganztägig und ohne technischeHilfsmittel (Hubsteiger stehen der Straßenbauverwaltung in beschränktem Um-fang zur Verfügung) in über vier Meter Höhe abgespielt haben sollen, übersteigtdie Vorstellungskraft.

– Der in der Werkstatt einer Straßenmeisterei beschäftigte Schlosser machte durch-gängig ganztägig Zuschläge geltend für das „Zerlegen verschmutzter Verbren-nungsmotore, Getriebe, Vorder- oder Hinterachsen von Kraftfahrzeugen“. Träfendie Angaben zu, wäre die Annahme gerechtfertigt, dass unter Berücksichtigungdes vorhandenen Fuhrparks die Einsatzbereitschaft der Straßenmeisterei dauerhaftgefährdet war. Allein der tatsächliche Arbeitsanfall während der Zeit der örtlichenErhebungen durch den LRH bewies die Unbegründetheit der Zuschlagszahlung.

– Ein bei einem Straßenbauamt als Vermessungsgehilfe eingesetzter früherer Stra-ßenwärter erhielt für auffallend viele Stunden Zuschläge für „Arbeiten an Bö-

Page 140: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

140

schungen oder Hängen mit mindestens 50 % Steigung“ sowie für „Arbeiten imSchlamm, Schlick oder Wasser, auch beim Beseitigen von Kanal- oder Wasser-rohrbrüchen“. Es war offenkundig, dass der Beschäftigte im Hinblick auf die ihmobliegenden Vermessungstätigkeiten die vorbezeichneten „Arbeiten unter er-schwerten Bedingungen“ jedenfalls in dem Umfang nicht ausgeübt haben konnte.

In allen Fällen konnten die Dienststellen keine überzeugenden Begründungen für dieZuschlagszahlungen geben.

Folgerungen

Der LRH sieht dringenden Handlungsbedarf sowohl im Hinblick auf die Bestrebun-gen der Straßenbauverwaltung, Lohnzuschläge und Lohnzulagen zu pauschalieren alsauch für eine kritische Überprüfung der einschlägigen Tarifvorschriften sowie der ü-berhöhten Zahlung von Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszuschlägen.

30. Grünes Licht für "Dunkelampeln" - Einsparungen bei Fußgängerlichtsignal-anlagen

Kapitel 08 20

Der LRH hat keine sachlichen Gründe erkennen können, warum einbestimmter Fußgängerampeltyp in bestimmten Regionen des Landesschwerpunktmäßig zum Einsatz kommt, in anderen dagegen überhaupt nicht.Da die Betriebskosten für die verschiedenen Ampeltypen unterschiedlich hochsind, muss dafür gesorgt werden, dass auch dieser Gesichtspunkt bei derEntscheidung über die Wahl des jeweiligen Anlagentyps Berücksichtigungfindet.

Der LRH hat vorgeschlagen, die so genannte Dunkelampel wegen ihrerdeutlichen Wirtschaftlichkeitsvorteile verstärkt als Überquerungshilfe fürFußgänger zu verwenden, solange Gesichtspunkte der Verkehrssicherheitnicht gegen ihren Einsatz sprechen. Die Kosten für eine Umrüstung einerherkömmlichen Fußgängerampel zu einer Dunkelampel würden schon in zweiJahren durch Einsparungen bei den Energiekosten erwirtschaftet werdenkönnen.

Fußgängerampeln auf dem Prüfstand

Der LRH hat im Amtsbereich von sechs Straßenbauämtern (SBÄ) u. a. die Wirt-schaftlichkeit der Errichtung und des Betriebs von Fußgängerlichtsignalanlagen (imFolgenden Fußgängerampeln) geprüft. Durch die Prüfung wurden die Fußgängeram-peln erfasst, für deren technische Betreuung die SBÄ zuständig waren. Es handeltsich dabei im Wesentlichen um Anlagen an Bundes- und Landesstraßen.

Der LRH hat in diesem Zusammenhang Einsparmöglichkeiten im Bereich der War-tungskosten durch eine vorteilhaftere Gestaltung der Wartungsverträge aufgezeigt.Seinen Empfehlungen, Altverträge zu kündigen und Neuabschlüsse nach einer Aus-schreibung zu verbesserten Konditionen zu tätigen, ist die Straßenbauverwaltung ge-folgt.

Bei seinen örtlichen Erhebungen ist der LRH ferner auf einen Sachverhalt gestoßen,der nach seiner Auffassung ebenfalls einen Ansatz für erhebliche Einsparungen bietet:

Page 141: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

141

Feststellungen zur Art der Fußgängerampeln und zu der regionalen Schwerpunktbil-dung

Nach den Feststellungen des LRH wurde in den jeweiligen Amtsbezirken die Aufgabe„Sicherung der Fußgänger beim Queren der Fahrbahn durch Lichtsignalanlagen“ sehrunterschiedlich gelöst, ohne dass die Gründe für die jeweilige Lösung nachvollziehbarwaren. In den Bezirken waren als „reine“ Fußgängerampeln, d. h. Überquerungshilfenaußerhalb von Knotenpunkten, im Wesentlichen die folgenden drei Anlagetypen an-zutreffen:

– Grundstellung GRÜN für die Fahrzeuge und ROT für die Fußgänger; Fußgänger-freigabe auf Anforderung (Normalanlagen).

– Grundstellung DUNKEL für Fahrzeuge und Fußgänger; Aktivierung der Ampelerst durch die Anforderung des Fußgängers; für die Fahrzeuge folgender Ablauf:DUNKEL-GELB-ROT; für die Fußgänger: DUNKEL-ROT-GRÜN (Dunkelanla-gen).

– Grundstellung ROT sowohl für Kraftfahrer als auch für Fußgänger; Fußgänger-freigabe auf Anforderung; GRÜN für den fließenden Verkehr durch Annäherungdes Fahrzeugs bei Einhaltung einer bestimmten Geschwindigkeit (Alles-Rot-Anlagen).

Die zahlenmäßige Verteilung in den sechs SBA-Bezirken ist in der folgenden Tabelledargestellt, wobei Anlagen mit Varianten in der Ausgestaltung dem jeweiligenGrundtyp zugeschlagen wurden:

Aus der Grafik sind deutlich die regionalen Unterschiede bei den Ausführungsartenablesbar. Da weder örtliche Besonderheiten noch Gründe funktionaler oder techni-scher Art für die unterschiedliche Schwerpunktbildung erkennbar waren, dürften al-lein die Präferenzen der Entscheider vor Ort für die Wahl des jeweiligen Ampeltypsausschlaggebend gewesen sein. So ist nicht nachvollziehbar, dass bei vergleichbaremVerkehrsaufkommen (mittlerer durchschnittlicher Kfz-Verkehr pro Zählstelle aufBundes- und Landesstraßen 5 954 Kfz/Tag bzw. 5 312 Kfz/Tag) im Bereich des SBA

Aufteilung der geprüften Fußgängerlichtsignalanlagen nach Ausführungsarten

30

88

10

0

9

18

2 3 2

28

90

19

94

6355 55

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

SBA Aurich SBA Hannover SBA Lingen SBA Oldenburg-West

SBA Stade SBA Wolfenbüttel

Stück Dunkelanlagen Alles-Rot-Anlagen Normalanlagen

Page 142: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

142

Oldenburg-West mit den Landkreisen Ammerland, Vechta und Cloppenburg z. B.rd. 90 v. H. der Fußgängerampeln als Dunkelanlagen offenbar ohne Probleme funkti-onieren, dagegen im angrenzenden SBA-Bezirk Lingen mit den Landkreisen Emslandund Grafschaft Bentheim diese Anlagen nicht vorkommen.

Dem LRH ist bei seiner Prüfung nicht bekannt geworden, dass sich die Ampeltypenunter Verkehrssicherheitsgesichtpunkten wesentlich unterscheiden und einzelne Ty-pen grundsätzlich nicht mehr verwendet werden sollten. Vielmehr hat der LRH denEindruck gewonnen, dass unabhängig vom Verkehrsaufkommen die verschiedenenFußgängerampeltypen gewählt werden können, ohne dass nennenswerte Sicherheits-defizite hervorgerufen werden. Wenn das aber so zutrifft, dann stellt sich damit dieFrage nach der Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Ampeltypen.

Feststellungen zur Wirtschaftlichkeit

Herstellungskosten

Während sich die Kosten für die Errichtung von Normalampeln nicht wesentlich vondenen einer Dunkelampel unterschieden, lagen die Herstellungskosten für die signal-technischen Teile bei den Alles-Rot-Anlagen in einigen Fällen doppelt so hoch wiebei den beiden anderen Ampeltypen. Bei den Alles-Rot-Ampeln ist aber zu berück-sichtigen, dass sie neben der Funktion als Querungshilfe für Fußgänger auch nochdisziplinierend auf die Kfz-Führer im Hinblick auf die einzuhaltende Geschwindigkeitwirken sollen. Wegen dieser zusätzlichen Funktion eignen sie sich nur bedingt zu ei-nem Vergleich mit den beiden anderen Ampelarten; sie sollen daher im Weiteren au-ßer Betracht bleiben.

Betriebskosten

Eine Auswertung der dem LRH zugänglichen Daten hat ergeben, dass die monatli-chen mittleren Stromkosten der Dunkelanlagen deutlich unter denen der Normalam-peln lagen. Der LRH hat für eine Dunkelanlage Stromkosten von ca. 20 DM/Monatzugrunde gelegt (ermittelt auf der Grundlage der Daten beim SBA Oldenburg-West).Für die mittleren monatlichen Kosten für eine Normalanlage war dagegen - nach denStrompreisen zum Zeitpunkt der Prüfung - ein Betrag von rd. 70 DM/Monat anzuset-zen. Daraus folgt eine mittlere monatliche Ersparnis pro Anlage bei Errichtung einerDunkelampel an Stelle einer Normalanlage von rd. 50 DM. Bei der hohen Zahl vonFußgängerampeln ist dieser Betrag nicht unerheblich. Wären z. B. in den untersuchtenSBA-Bezirken mit dem schwächsten Besatz an Dunkelampeln (SBA Hannover, Lin-gen und Wolfenbüttel) 80 v. H. der Fußgängerlichtsignalanlagen als Dunkelanlageneingerichtet gewesen - dies hält der LRH für eine realistische Größenordnung -, hättedies schon Einsparungen von jährlich rd. 100 000 DM bedeutet.

Nicht berücksichtigt sind dabei die Wirtschaftlichkeitsvorteile bei den Wartungskos-ten. Da in den Ämtern zu diesem Kostenblock keine verlässlichen Daten vorlagen,war insoweit nur eine grobe Einschätzung aufgrund einer stichprobenhafen Auswer-tung der Wartungsverträge und -rechnungen möglich. Der LRH geht davon aus, dassdie Aufwendungen für die Wartung einer Dunkelampel um ein Drittel niedriger liegenals bei einer Normalanlage. Jedenfalls sind sie nicht höher zu veranschlagen als beiden anderen Ampeltypen.

Nicht nur bei der Neuanlage von Fußgängerlichtsignalanlagen würde sich die Ein-richtung von Dunkelanlagen „bezahlt“ machen, sondern auch beim Umbau einer vor-handenen normalen Fußgängerlichtsignalanlage zu einer Dunkelampel. Die Umbau-kosten betrugen zurzeit der Prüfung rd. 1 200 DM pro Anlage. Nach Angaben desSBA Oldenburg-West hatte sich diese Investition bereits nach dem zweiten Betriebs-

Page 143: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

143

jahr durch die Einsparung von Stromkosten amortisiert. Der LRH geht davon aus,dass durch eine weitgehende Ersetzung der Normalanlagen an den Landesstraßen inNiedersachsen durch Dunkelampeln sich jährlich Einsparungen in der Größenordnungvon mehreren 100 000 DM erzielen ließen.

Mängel bei der Datenerfassung

Eine Aussage zur exakten Höhe des Einsparpotenzials ist dem LRH nicht möglich, dadetaillierte und flächendeckende Daten (Verbrauchswerte, Unterhaltungskosten) allervon der niedersächsischen Straßenbauverwaltung betreuten Fußgängerampeln nichtvorliegen. Der LRH hat daher die Einführung eines einheitlichen, auf neuestem Stan-dard beruhenden EDV-Programms angeregt. Das Niedersächsische Landesamt fürStraßenbau ist zwischenzeitlich der Anregung des LRH gefolgt und wird auf Basis ei-nes neueren Windows-Programms eine einheitliche Datenbank für Lichtsignalanlagenin der niedersächsischen Straßenbauverwaltung einführen.

Abschließende Bemerkungen

Der LRH sieht in der Einrichtung von Dunkelanlagen ein erhebliches Einsparpotenzi-al. Auch das Niedersächsische Landesamt für Straßenbau erkennt an, dass dieser Am-peltyp wegen des niedrigeren Energiebedarfs Wirtschaftlichkeitsvorteile aufweist. Eshat aber darauf hingewiesen, dass die Straßenverkehrsbehörden für die Anordnungvon Verkehrszeichen zuständig seien und dass bei ihnen durchaus unterschiedlicheAuffassungen zu der Geeignetheit des jeweiligen Ampeltyps bestünden. Die Straßen-bauverwaltung habe lediglich eine beratende Funktion bei der Entscheidung über eineverkehrsbehördliche Anordnung.

Es trifft zwar zu, dass für die Anordnung von Wechsellichtzeichenanlagen im Sinnevon § 37 der Straßenverkehrsordnung (StVO), zu denen auch die Fußgängerampelnzählen, die Straßenverkehrsbehörden zuständig sind (§§ 44 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 3Satz 1 StVO) und die Straßenbaubehörden - vorbehaltlich anderer Anordnung derStraßenverkehrsbehörden - lediglich die Art der Anbringung und Ausgestaltung derVerkehrseinrichtungen (§ 45 Abs. 3 Satz 2 StVO) festlegen. Wie der LRH festgestellthat, werden die SBÄ aber von den Straßenverkehrsbehörden zur technischen Bera-tung herangezogen, sodass faktisch sie den Ampeltyp bestimmen. Unstreitig verfügtdie Straßenbauverwaltung auf diesem Gebiet auch über die besondere Fachkompe-tenz. Bei ihr gibt es auf allen Ebenen besondere Organisationseinheiten, die sich mitder Verkehrstechnik und in diesem Zusammenhang auch mit Lichtsignalanlagen be-fassen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Straßenverkehrsbehörden auf kommunaler E-bene im übertragenen Wirkungskreis tätig werden und daher der Fachaufsicht der Be-zirksregierungen und des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr un-terliegen. Die Fachaufsichtsbehörden können daher sowohl im Einzelfall Weisungenerteilen als auch allgemeine Verwaltungsanordnungen treffen. Da bei Ermessensent-scheidungen im Bereich des Straßenverkehrs auch der Grundsatz der Wirtschaftlich-keit und Sparsamkeit zu beachten ist, dürfen auch bei der Frage, welcher Fußgänger-ampeltyp als Überquerungshilfe geeignet ist, Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeitnicht außer Acht gelassen werden.

Der LRH hält es nicht für sachgerecht, dass die Entscheidung über den zu verwen-denden Ampeltyp der jeweiligen subjektiven Einschätzung des zuständigen Bediens-teten der Straßenverkehrsbehörde bzw. des SBA zu den Vor- und Nachteilen einesLichtzeichenanlagentyps überlassen bleibt. Vielmehr spricht er sich dafür aus, für dieAuswahl der geeigneten Überquerungshilfe Kriterien zu entwickeln, die nicht nur dierein sicherheitstechnischen Aspekte berücksichtigen, sondern auch wirtschaftliche

Page 144: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

144

Gesichtspunkte einschließen. Solange keine Gründe der Verkehrssicherheit der Ver-wendung von Dunkelanlagen entgegenstehen, sollte dieser Ampeltyp wegen seinerKostenvorteile bevorzugt zum Einsatz kommen.

Das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr stimmt dem grundsätzlichzu. Es möchte allerdings davon absehen, in einem Erlass Kriterien für die Wahl deszu verwendenden Ampeltyps aufzustellen. Es ist dann allerdings zu fragen, wie es si-cherstellen will, dass - anders als bisher - bei den Anordnungen von Überquerungshil-fen für Fußgänger auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hin-reichend beachtet werden.

Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten- Landesforstverwaltung -Einzelplan 10

31. Förderung Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse

Kapitel 10 02 und 09 04

Das Land fördert Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse im Rahmen derGemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und desKüstenschutzes" mit zeitlich abnehmenden v. H.-Sätzen. EinZuwendungsempfänger, der bereits den niedrigsten Fördersatz erhielt, hatzwei Gesellschaften gegründet und auf diese bisher von ihm wahrgenommeneAufgaben verlagert. Damit erreichte er, dass diese Gesellschaften wieder mitdem Höchstsatz gefördert wurden. Diese unzulässige Umgehung derFörderbestimmungen hat das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft undForsten zu verantworten.

Das Land fördert Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse (FwZ) im Rahmen der Ge-meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ mit60 v. H. aus Bundes- und mit 40 v. H. aus Landesmitteln. FwZ sind entweder Forst-betriebsgemeinschaften (FBG), in denen sich private Waldbesitzer zusammenge-schlossen haben, oder Forstwirtschaftliche Vereinigungen, in denen die FBG oderForstbetriebsverbände Mitglieder sind. Bewilligungsstelle ist die zuständige Land-wirtschaftskammer.

Neben Erstinvestitionen können nach Nr. 2.2.1.2 der Richtlinie für die FörderungForstwirtschaftlicher Maßnahmen im Land Niedersachsen (RdErl. des Ministeriumsfür Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 05.05.1999, Nds. MBl. S. 293) an-gemessene Ausgaben der FwZ für ihre Verwaltung und für die Beratung ihrer Mit-glieder grundsätzlich zwanzig Jahre lang gefördert werden, und zwar nachNr. 2.2.4.2.2 in den ersten zehn Jahren mit 40 v. H, in den folgenden fünf Jahren mit30 v. H. und danach mit 20 v. H.

Eine Landwirtschaftskammer hat im Jahre 1999 drei FwZ ihres Bereichs für die Ver-waltung und die Mitgliederberatung insgesamt rd. 368 000 DM Fördermittel gewährt.Das sind 42 v. H. der insgesamt von ihr bewilligten Zuwendungen. Diese drei FwZwerden von einem gemeinsamen Geschäftsführer geleitet und haben ihren Sitz indemselben Gebäude.

Die Ursprungsgesellschaft wurde bereits 1938 als eine eingetragene Genossenschaftgegründet und 1971 als FBG im Sinne des Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusam-menschlüsse anerkannt. Sie ist zehn Jahre lang mit 40 v. H. und dann fünf Jahre mit30 v. H. gefördert worden; ab 1986 erhält sie Zuwendungen in Höhe von 20 v. H.

Page 145: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

145

Diese FBG hat Anfang der 90er-Jahre zwei GmbHs gegründet, denen sich weiterekleine FBG angeschlossen haben, die nahezu ausschließlich ebenfalls nur noch mit20 v. H. gefördert worden waren. Hierzu weist der Wirtschaftsprüfungsbericht für dieJahre 1992 und 1993 auf Folgendes hin:

„Die beiden GmbHs sind als ‚forstwirtschaftliche Vereinigungen‘ gegründetworden, da die ... eG bezüglich der Verwaltungs- und Beratungskosten (...)derzeit nur mit 20 % Fördermitteln von der Landwirtschaftskammer unterstütztwird und bei den beiden GmbHs eine Bezuschussung von 40 % erreicht wer-den kann.“

Die in den Satzungen der FBG und der GmbHs angegebenen Gesellschaftszweckewaren weitgehend identisch. Tatsächlich nehmen die GmbHs verschiedene Aufga-benbereiche wahr, die vorher die FBG erledigt hatte.

Nach Anerkennung der GmbHs als Forstwirtschaftliche Vereinigungen erhalten dieseseit 1993 den Höchstfördersatz von 40 v. H., während die in den GmbHs zusammen-geschlossenen FBG im bisherigen Umfang weiter gefördert werden. Offenbar um denHöchstfördersatz auszuschöpfen, hat die Ursprungsgesellschaft mit den GmbHs einenGeschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, nach dem die Personalkosten für die Ge-schäftsführung und für die Erledigung des Rechnungswesens nur zu rd. 10 v. H. vonihr zu tragen waren, während der weit überwiegende Kostenanteil auf die beidenGmbHs entfiel. Dies steht im Widerspruch dazu, dass die Ursprungsgesellschaft vomUmfang und Volumen (Mitgliederzahl, Fläche, Umsatz) das eingesetzte Personal amstärksten auslasten dürfte.

Die der Bundesvorgabe im Rahmenplan entsprechende Regelung der Förderrichtlinie,dass nur die Ausgaben der FwZ für ihre Verwaltung und für die Beratung der Mit-glieder in einer zeitlich abgestuften Höhe gefördert werden dürfen, verbietet es, erneutdie Förderung zu dem Höchstfördersatz wieder aufzunehmen, wenn andere Gesell-schaften gegründet werden, welche die bisher schon geförderten Tätigkeiten - wennauch in unterschiedlicher Aufteilung - fortführen. Ein Förderungsbedarf aufgrund ei-nes nach § 23 LHO erforderlichen erheblichen Landesinteresses ist hierfür auch nichtersichtlich.

Da mit der dargelegten Verfahrensweise die zeitlich begrenzte, abgestufte Förderungunzulässig umgangen worden ist, hat der LRH gefordert, den Förderungssatz auf dieFördermöglichkeiten der FBG in Höhe von 20 v. H. zurückzuführen.

Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten weist darauf hin, dassnach der mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium übereinstimmenden Auslegungder Fördergrundsätze die Verbesserung der Organisationsstrukturen durch GründungForstwirtschaftlicher Vereinigungen ein wesentliches Ziel dieser Fördermaßnahme seiund daher bei Neugründungen von „Dachverbänden“ eine 40 %ige Förderung wiederaufleben könne. Es sieht die wieder mit 40 v. H. beginnende Förderung als berechtigtan, da die GmbHs von der zuständigen Bezirksregierung als Forstwirtschaftliche Ver-einigungen nach dem Bundeswaldgesetz anerkannt worden sind.

Die Anerkennung ist zwar eine Voraussetzung für die Förderung. Nach § 38 Abs. 1Nr. 2 des Bundeswaldgesetzes ist aber lediglich zu prüfen, ob die forstwirtschaftlicheVereinigung geeignet ist, auf die Anpassung der forstwirtschaftlichen Erzeugung unddes Absatzes von Forsterzeugnissen nachhaltig hinzuwirken. Aus diesem formalenAkt kann nicht automatisch eine wieder auflebende 40 %ige Förderung abgeleitetwerden.

Der Landwirtschaftskammer als Bewilligungsbehörde ist kein Vorwurf zu machen.Der LRH hat allerdings kein Verständnis dafür, dass das Ministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten unter offenkundigem Missbrauch rechtlicher Gestaltungs-

Page 146: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

146

räume die in den Fördergrundsätzen des Rahmenplans vorgegebene degressive Aus-gestaltung der Förderung der FwZ ins Leere laufen lässt.

Das Ministerium hätte entweder unter Abwägung dieses allgemeinen Fördergrundsat-zes bei der Neugründung von „Dachverbänden“ entsprechende Vorgaben über dieFörderhöhe und den Förderzeitraum machen oder eine Änderung der Fördergrundsät-ze durch den Bund-Länder-Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küstenschutzherbeiführen müssen.

32. Jagdausübung in den Landesforsten

Kapitel 10 04

Die Landesforstverwaltung hat die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, die Jagdin den Landesforsten wirtschaftlich zu gestalten. Sie sollte verstärkt Jagdenverpachten, die Vergabe von Jagderlaubnisscheinen ausweiten,Teilnahmebeiträge bei Gemeinschaftsjagden und höhere Entgelte für dieFührung von Jagdgästen erheben sowie die Kosten für die Jagd weiter senken.

Die Ausübung des dem Land in seinen Forsten zustehenden Jagdnutzungsrechts ist imWesentlichen in der Jagdnutzungsvorschrift geregelt. Zur Neufassung im Jahre 1999hat der LRH eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die das Ministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten zwar teilweise aufgegriffen hat. Dennoch könntedie Einnahmesituation bei der Jagdnutzung deutlich verbessert werden.

Derzeitige Situation

Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hatte dem LRH bei derJagdnutzung jährliche Einnahmeüberschüsse zwischen 3,9 Millionen DM und4,8 Millionen DM in den Jahren 1991 bis 1998 genannt. Hierbei waren jedoch we-sentliche Ausgaben- und Kostenbereiche außer Acht gelassen worden, wie dieJagdausübung durch das eigene Personal, die Jagdhundeführung, die Durchführungvon Gemeinschaftsjagden und die Führung von Jagdgästen sowie verschiedene Ver-waltungstätigkeiten.

Wenngleich die Landesforstverwaltung mit dem ab 1991 in den Landesforsten einge-führten langfristig ökologisch ausgerichteten Programm für die Waldentwicklung(LÖWE) den Wildabschuss merklich erhöht hat und dadurch die jagdrelevantenForstschutzkosten und die Aufwendungen für die Jungaufwuchspflege trotz allgemei-ner Kostensteigerungen mehr als halbiert werden konnten, sollten die Einnahmen ge-steigert und die Kosten weiter vermindert werden, dass ein angemessener Ertrag er-wirtschaftet wird.

Steigerung der Einnahmen

Die Einnahmen könnten merklich erhöht werden, wenn die Landesforstverwaltungverstärkt Eigenjagden verpachtet, vermehrt entgeltliche Jagderlaubnisscheine vergibtsowie für die Teilnahme an Gemeinschaftsjagden Teilnahmebeiträge und bei der Füh-rung von Jagdgästen höhere Entgelte erhebt.

Von der Gesamtjagdfläche mit rd. 325 000 ha hatte die Landesforstverwaltung zumZeitpunkt der Prüfung lediglich rd. 13 000 ha, das waren rd. 4 v. H., verpachtet. EinDrittel der Forstämter hatte überhaupt keine Jagdverpachtungen vorgenommen. Beianderen Flächenländern lag der Anteil der verpachteten Flächen erheblich höher. Der

Page 147: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

147

Hinweis der Forstverwaltung, bei den einzelnen Ländern werde die „Ab- und Anglie-derungen“ von Jagdflächen unterschiedlich berücksichtigt, fällt kaum ins Gewicht.

Länder verpachtet (v. H.)Baden-Württemberg 34Bayern 16Hessen 19Niedersachsen 4Nordrhein-Westfalen 30Rheinland-Pfalz 30

Der LRH hält die Verpachtung von ca. 25 v. H. der Gesamtjagdfläche der Landes-forstverwaltung für waldbaulich vertretbar und wirtschaftlich geboten. JährlicheMehreinnahmen sind in Höhe von mindestens 2,1 Millionen DM zu erwarten. Bei ei-nem solchen Verpachtungsanteil verbleiben noch drei Viertel der Fläche in der Eigen-regiejagd der Landesforstverwaltung, sodass auch die Wilddichten den Zielen desLÖWE-Programms ohne Schwierigkeiten angepasst werden können. Zudem kann beientsprechender Ausgestaltung der Jagdpachtverträge das Jagdgeschehen auch in denverpachteten Jagden hinreichend gesteuert werden.

Die Landesforstverwaltung hat zum April des vergangenen Jahres bei der Verwal-tungsjagdfläche von rd. 314 000 ha (ohne Nationalpark Harz und Ruhejagdflächen)einen Verpachtungsanteil von 5,9 v. H. erreicht und strebt in diesem Jahr eine Aus-weitung der zu verpachtenden Fläche auf 10 v. H. an. Dieser Anteil kann jedoch nurein erster Schritt sein, um mittelfristig die Jagdverpachtung angemessen auszuweiten.

Darüber hinaus sollten verstärkt entgeltliche Jagderlaubnisscheine, die zum Erlegendes freigegebenen Wildes in einem zugewiesenen Pirschbezirk oder nach den Vorga-ben des Revierleiters berechtigen, vergeben werden. Wenngleich die hierbei zu er-zielenden Einnahmen erheblich geringer als bei Verpachtungen sind, behält die Forst-verwaltung die vollen Steuerungsmöglichkeiten des Jagdbetriebs, da die Berechtigun-gen grundsätzlich nur zeitlich begrenzt erteilt werden und im Übrigen das Jagdnut-zungsrecht beim Land verbleibt.

Der LRH hat vorgeschlagen, die Anzahl der Jagderlaubnisscheine zu verdoppeln undje angefangene 300 ha Verwaltungsjagdfläche mindestens zwei Jagderlaubnisscheinezu vergeben. Die entsprechenden Mehreinnahmen würden jährlich rd. 0,7 Millio-nen DM betragen. Die Landesforstverwaltung beabsichtigt, bei der derzeit laufendenÜberarbeitung der Jagdnutzungsvorschrift die Zahl der Jagderlaubnisscheininhaber zuerhöhen.

Die Veranstaltung von Gemeinschaftsjagden verursacht jährliche Kosten von über1,3 Millionen DM. Die Jagdnutzungsvorschrift sieht keine Teilnahmebeiträge für die-se jagdlichen Gesellschaftsereignisse vor. Auch Abschussentgelte sind insoweit re-gelmäßig nicht zu erheben, sodass das Land die gesamten Kosten zu tragen hat.

Dem Vorschlag des LRH, entsprechend den Regelungen in den Bundesforsten und inanderen Ländern Teilnahmebeiträge zu erheben, will die Landesforstverwaltung nichtfolgen. Die nach Abzug des Bearbeitungsaufwands von ihr erwarteten Mehreinnah-men von 144 000 DM erscheinen der Landesforstverwaltung „angesichts des zu er-wartenden Mehraufwands für die Kontrolle der Zahlungseingänge“ zu gering. Sie willlediglich prüfen, ob die Möglichkeit vorgesehen werden soll, bei ausgewählten Ge-sellschaftsjagden eine Standgebühr zu erheben. Der Verzicht auf angemessene Teil-

Page 148: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

148

nehmerbeiträge verstößt gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeitgemäß § 7 LHO.

Das in der Jagdnutzungsvorschrift nunmehr vorgesehene Entgelt für die erforderli-chen Führungen für Jagdgäste entspricht bei weitem nicht dem tatsächlichen Auf-wand des Landes und liegt erheblich unter den in anderen Ländern erhobenen Beträ-gen. Die Landesforstverwaltung will nunmehr bei der Überarbeitung der Jagdnut-zungsvorschrift die Führungskosten prüfen.

Kostenminderungen

Ein sehr hoher Kostenanteil des Jagdbetriebs in Höhe von rd. 2,1 Millionen DM ent-fällt auf die persönliche Jagdausübung der Forstbediensteten. Bei der zugrunde lie-genden zurückhaltenden Selbsteinschätzung der Bediensteten mit durchschnittlich7,1 v. H. der Arbeitszeit hat der LRH berücksichtigt, dass die Bediensteten weit ü-berwiegend keine festgelegten Arbeitszeiten haben und die Jagdausübung regelmäßigin der Jagdzeit während der frühen Morgen- oder späten Abendstunden sowie an denWochenenden wahrgenommen wird. Im Jahr 1980 hatte die Treuarbeit AG bei ihrerUntersuchung der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Landesforstverwaltung ei-nen Arbeitszeitanteil von 8 v. H. ermittelt.

Der hohe Kostenanteil wird bei der vorgeschlagenen Ausweitung der Jagdverpach-tung und der Vergabe von entgeltlichen Jagderlaubnisscheinen erheblich gesenktwerden können. Demgegenüber dürfte sich die Verwaltungstätigkeit für die Ver-pachtungen und für die Vergabe der Jagderlaubnisscheine nur geringfügig ausweiten,insbesondere wenn das beim Klosterkammerforstbetrieb bereits erfolgreich prakti-zierte Verfahren eingeführt wird, das im Jagderlaubnisschein zum Abschuss freigege-bene Wild als Wildbret vorab mit dem Lösen der Erlaubnis zu veräußern. Dieses Ver-fahren wird nach Mitteilung der Landesforstverwaltung derzeit bei einzelnen Forst-ämtern praktiziert und soll ausgeweitet werden.

Für die jagdrelevanten Forstschutzkosten wie den Zaunbau einschließlich Zaunabbau,die Verbesserung der Wildäsung, um Wild von Forstpflanzen abzuhalten, und sonsti-ge Schutzkosten wurden jährlich nahezu 5,2 Millionen DM aufgewendet. Auch wennes der Landesforstverwaltung im Zusammenhang mit der Umsetzung des LÖWE-Programms bereits gelungen ist, die in früheren Jahren erheblich höheren Forst-schutzkosten maßgeblich zu senken, sind die verbliebenen Kosten noch deutlich zuhoch. Eine weitere Kostensenkung wird nur erreicht werden können, wenn der Wild-abschuss der Waldverträglichkeit stärker angepasst wird, indem die Abschusspläneentsprechend heraufgesetzt und insbesondere auch eingehalten werden.

Die aufgezeigten Möglichkeiten zur Einnahmesteigerung und Kostensenkung lassenes zu, die Jagdnutzung mindestens kostendeckend zu gestalten. Der LRH erwartet,dass dieses Ziel mittelfristig erreicht wird.

33. Wisentgehege der Forstverwaltung in Springe

Kapitel 10 04

Sollte das Wisentgehege weiterhin vom Land betrieben werden, ist hierfür einKonzept zu erstellen und sind die Einnahmen und Ausgaben im Landeshaus-halt sachgerecht zu veranschlagen, Mängel der Aufgabenwahrnehmung auszu-räumen sowie Probleme der Zuordnung und Steuerfragen zu klären.

Unabhängig davon sollte geprüft werden, ob das 1999 bei Ausgaben vonrd. 2,3 Millionen DM und Einnahmen von rd. 1,3 Millionen DM mit

Page 149: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

149

rd. 1 Million DM bezuschusste Gehege ganz oder teilweise an einen anderenTräger abgegeben werden kann.

Aufgaben des Wisentgeheges

Das im Nahbereich Hannovers am Deister gelegene Wisentgehege ist Teil des Nie-dersächsischen Forstamts Saupark und als Schaugehege nach § 45 Abs. 1Satz 2 Niedersächsisches Naturschutzgesetz genehmigt. Es erstreckt sich auf einerFläche von rd. 90 ha und beherbergt mehr als 100 in Europa vorkommende oder frü-her vorhandene Tierarten. Wisente und Urwildpferde werden u. a. für Wiedereinbür-gerungsversuche gezüchtet. Das Gehege wird auch als Auffang- und Betreuungsstati-on für beschlagnahmte, ausgesetzte oder verletzte Tiere genutzt und beteiligt sich anMaßnahmen der Europäischen Erhaltungszuchtprogramme. Zur Begleitung vonSchulklassen und Kindergruppen ist ihm eine so genannte Gehegeschule angegliedert.Ein verpachteter Restaurationsbetrieb und ein Kiosk komplettieren die Anlage, derenBesucherzahl derzeit jährlich bei rd. 180 000 Personen liegt.

Der Zuschussbedarf für die laufende Unterhaltung des Geheges belief sich aufca. 1 Million DM im Jahr 1999. Etwa die Hälfte der Gesamtausgaben wird durchEintrittsgelder gedeckt. Zu den Neu- und Erweiterungsbauten hat der Kommunalver-band Großraum Hannover, der offenbar das Wisentgehege als eine besondere Attrak-tion für Erholungs- und Bildungszwecke seiner Bürger sowie für allgemeine touristi-sche Zwecke ansieht, regelmäßig nicht unerhebliche Beträge beigesteuert.

Zu behebende Mängel

Nach den Feststellungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Braunschweig weistder Betrieb des Wisentgeheges eine Reihe von Mängeln auf. Das Grundproblem be-steht darin, dass die derzeit wahrgenommenen Aufgaben sich ohne Konzeption selbstentwickelt haben. Daher wurden der Umfang sowie die Art und Weise der Aufga-benwahrnehmung ohne ein solches Konzept neuen Gegebenheiten und insbesondereden jeweils bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten angepasst. So wurde z. B. durchdas Forstamt der Antrag zur Genehmigung zum Betreiben der Bärenanlage unter derPrämisse gestellt, eine bedrohte Unterart, z. B. Pyrenäen-Braunbären, die im Rahmender Europäischen Erhaltungsprogramme (EEP) betreut werden, aufzunehmen. Erstnachträglich hat das Forstamt in Erfahrung gebracht, dass es kein entsprechendes EEPgibt bzw. keine Zuchttiere vorhanden sind. Für die Zucht von „normalen“ Braunbä-ren, die sich nunmehr in der Anlage befinden, gibt es jedoch keinen Bedarf. Für dieBaumaßnahmen des Bärengeheges wurden Haushaltsmittel von rd. 1,04 Millio-nen DM verausgabt. Wenn das Wisentgehege von der Forstverwaltung weiter betrie-ben werden sollte, müsste vornehmlich eine Konzeption entwickelt werden, welchedie wahrzunehmenden Aufgaben eindeutig festlegt. Nur dann ist eine hinreichendeSteuerung möglich.

Die derzeitige Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben des Wisentgeheges imLandeshaushalt bei Kapitel 10 04 - Forstämter - Titelgruppe 64 - Jagdwesen - ist irre-führend und lässt nicht erkennen, dass hier eine besondere Einrichtung unterhaltenwird. Dies führt beispielsweise dazu, dass etwa Eintrittsgelder oder die Erstattung vonMüllgebühren durch die Pächter des Restaurants auf den Kassenanweisungen als„Sonstige Jagdeinnahmen“ bezeichnet und der Verkauf lebender Tiere an Zoos oderWildparks über Streckenmeldungen erfasst und abgewickelt werden. Sachgerecht wä-re es, im Haushaltsplan eine eigene Titelgruppe auszuweisen.

Das Wisentgehege ist organisatorisch Teil des Forstamts Saupark, dem neben seinereigentlichen Aufgabe, der Bewirtschaftung einer Gesamtfläche von über 7 000 ha,noch weitere Aufgaben wie die Unterhaltung des Mauerparks und des Jagdschlosses

Page 150: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

150

einschließlich der Jagdschau obliegen. Da das Forstamt eine Vielzahl von Einzelent-scheidungen u. a. aufgrund von internen Kompetenzstreitigkeiten nicht treffen konnteoder wollte, wurde das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten starkeingebunden und hatte sich häufig mit nicht ministeriellen Aufgaben zu befassen.

Darüber hinaus sind verschiedene Mängel bei der bisherigen Aufgabenwahrnehmungzu beheben. So ist sicherzustellen, dass künftig die vorgegebenen Genehmigungeneingeholt, die erforderlichen Verzeichnisse und Nachweise geführt, die Veranschla-gung und Verausgabung von Mitteln nachvollziehbar dargelegt und verschiedeneVerwaltungsabläufe wirtschaftlicher gestaltet werden.

Schließlich muss vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ab-stimmung mit dem Finanzministerium die Frage umgehend geklärt werden, ob undinwieweit für das Wisentgehege Umsatzsteuer abzuführen ist.

Andere Trägerschaft

Selbst wenn es gelänge, ohne Defizit auszukommen, bleibt zu fragen, ob es sich beider Unterhaltung des Wisentgeheges mit seinen verschiedenen einzelnen Bestandtei-len um Kernaufgaben des Landes handelt.

Die einzelnen Bestandteile des Wisentgeheges sind Folgende:

– Ein Schaugehege in der Funktion eines Heimattierparks mit wildlebenden Tierar-ten, wie z. B. Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild, Wisent, Schwarzstorch, Auer-und Birkhuhn. Dieser Bereich dient überwiegend der Naherholung und dem Aus-flugsverkehr und kann bei sehr weiter Auslegung allenfalls noch der forstlichenÖffentlichkeitsarbeit zugeordnet werden.

– Als Auffang- und Betreuungsstation für Greifvögel, Eulen sowie heimische be-sonders geschützte Säugetiere. Dieser Bereich ist der Öffentlichkeit nicht zugäng-lich und dem Naturschutz zuzuordnen.

– Die Gehegeschule sowie der Naturerlebnispfad dienen der allgemeinen Umwelt-bildung und überdies wie das Schaugehege auch der Naherholung und dem Aus-flugsverkehr.

– Die Europäischen Erhaltungsprogramme für z. B. das Przewalskipferd liegen iminternationalen Interesse und sind eine Aufgabe, die üblicherweise von zoologi-schen Gärten wahrgenommen wird.

Der LRH regt deshalb an zu überprüfen, ob das Wisentgehege ganz oder teilweise ineine andere Trägerschaft überführt werden kann. Angesichts der überwiegend regio-nalen Bedeutung der Einrichtung könnte sich die aus den Gemeinden des LandkreisesHannover und der Landeshauptstadt Hannover neu gebildete Gebietskörperschaft Re-gion Hannover ebenso anbieten wie für das eigentliche Wisentgehege und die Aufga-be des Zuchtprogramms der Zoo Hannover. Auch eine private Trägerschaft in Bezugauf das Schaugehege könnte - angesichts der Tatsache, dass es bereits eine Vielzahlvon weitgehend auch erfolgreich privat betriebenen Tierparks und Schaugehegen mitunterschiedlichen Ausrichtungen gibt - infrage kommen.

Page 151: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

151

JustizministeriumEinzelplan 11

34. Vermeidung gerichtlicher Erzwingungshaftverfahren nach § 96 Abs. 1 desGesetzes über Ordnungswidrigkeiten

Kapitel 11 04

Die Maßnahmen zur Beitreibung einer von der Verwaltungsbehördeverhängten rechtskräftigen Geldbuße sollten zur Reduzierung vongerichtlichen Erzwingungshaftverfahren intensiviert und zweckdienlichergestaltet werden.

Rechtskräftige Bußgeldbescheide niedersächsischer Verwaltungsbehörden werdengemäß § 90 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) nach den Vor-schriften des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) voll-streckt. Kommt der Vollstreckungsschuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach,ordnet die nach § 92 in Verbindung mit § 90 OWiG zuständige Verwaltungsbehördeals Vollstreckungsbehörde das Zwangsmittel an, das am ehesten Erfolg verspricht.Soweit der Bußgeldbescheid die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zumGegenstand hat, ist vor einem Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft nach § 96OWiG in der Regel die Geldbuße beizutreiben (Nr. 5 des Gemeinsamen RdErl. desInnenministeriums und des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehrvom 09.12.1996, Nds. MBl. 1997 S. 6).

Die bei Gerichten und Staatsanwaltschaften anhängigen Verfahren auf Anordnungbzw. Vollstreckung von Erzwingungshaft betreffen im Durchschnitt zu mehr als95 v. H. Bußgeldbescheide, die Verkehrsordnungswidrigkeiten zum Gegenstand ha-ben. Anlässlich einer Prüfung dieser Verfahren bei zwei Amtsgerichten und einerStaatsanwaltschaft hat der LRH festgestellt, dass der Mehrzahl der Verfahren (imDurchschnitt über 80 v. H.) Geldbußen bis zum Betrag von 100 DM zugrunde lagen.Den Anträgen der Vollstreckungsbehörden auf Anordnung von Erzwingungshaft wa-ren nur vereinzelt Unterlagen über vorangegangene Beitreibungsversuche beigefügt.

In der Regel enthielten die Anträge allgemeine Angaben dahingehend,

– der Schuldner habe trotz Hinweis, wie er sich im Falle eventueller Zahlungs-schwierigkeiten zu verhalten habe, nicht reagiert, sodass die Behörde Zahlungs-unwilligkeit des Schuldners unterstelle,

– bisherige Vollstreckungsversuche seien erfolglos verlaufen,

– der Schuldner habe nicht angetroffen werden können und

– eine Belehrung des Schuldners, beim zuständigen Amtsgericht die Anordnung vonErzwingungshaft beantragen zu können, sei erfolgt.

Soweit in wenigen Fällen den Erzwingungshaftanträgen „Vollstreckungsprotokolle“oder „Erledigungsmitteilungen“ beigefügt waren, konnte diesen Unterlagen durchwegnur die immer gleiche Information entnommen werden: Der Vollstreckungsbeamtehat den Schuldner nicht antreffen können und empfiehlt daher die Stellung eines An-trags auf Anordnung von Erzwingungshaft.

Wie häufig, an welchen Wochentagen und zu welchen Tageszeiten der kommunaleBedienstete den Schuldner erfolglos aufgesucht hat und ob ggf. eine schriftliche Mit-teilung hinterlassen wurde, war aus den „Protokollen“ nicht zu ersehen.

Der Verlauf des gerichtlichen Erzwingungshaftverfahrens ließ Zweifel an einemnachdrücklich geführten Beitreibungsverfahren der Verwaltungsbehörde aufkommen.

Page 152: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

152

In fast 20 v. H. der Erzwingungshaftverfahren nahm die Verwaltungsbehörde ihrenAntrag bereits frühzeitig wieder zurück, weil der Schuldner Zahlungen geleistet hatte.Auslösendes Moment für die Zahlungsbereitschaft des bislang nicht erreichbarenSchuldners war offensichtlich allein die dem Schuldner zugegangene Aufforderungdurch den Richter, der Schuldner möge sich zum Antrag der Verwaltungsbehörde äu-ßern und/oder die dem Betrag nach genannte Forderung der Verwaltungsbehörde andiese zahlen.

Der nächste „Erledigungsschub“ setzte in weiteren 25 v. H. der Erzwingungshaftver-fahren zu dem Zeitpunkt ein, als den Betroffenen der Beschluss über die Anordnungder zuvor angedrohten Haft zugestellt worden war. Ohne Zweifel stellt demnach diedrohende Haft ein wirksames Mittel zur Durchsetzung des staatlichen Anspruchs aufZahlung der Geldbuße dar.

Seit Eingang des Antrags der Verwaltungsbehörde bei Gericht wurden allein mit denfrühzeitig beendeten Angelegenheiten (Erledigung durch Zahlungseingang nach An-hörung des Betroffenen) der Wachtmeisterdienst (mehrfach), die Geschäftsstelle(mehrfach), der Schreibdienst und der Richter mit der Angelegenheit beschäftigt.

Der LRH verkennt nicht, dass Sanktionen nur dann wirksam sind, wenn sie auchdurchgesetzt werden können - erforderlichenfalls unter Anwendung staatlicherZwangsmittel. Der LRH hält jedoch den vorstehend beschriebenen Aufwand bei Ge-richt, zu dessen Kosten der Schuldner bis auf den Ersatz geringer Auslagen für förm-liche Zustellungen nicht herangezogen wird, - auch angesichts der Höhe der im Re-gelfall beizutreibenden Geldbuße - für nicht vertretbar. Dabei ist zu berücksichtigen,dass Bußgeldverfahren über Verkehrsordnungswidrigkeiten - wie eingangs gezeigt -fast den Gesamtbestand der gerichtlichen Verfahren ausmachen.

Der LRH ist der Auffassung, dass eine Vielzahl der aufwändigen Erzwingungshaft-verfahren zu vermeiden sind. Dazu sollte das Beitreibungsverfahren intensiviert undzweckdienlicher gestaltet werden.

Darüber hinaus regt der LRH an zu prüfen,

– ob durch eine Änderung der Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsvoll-streckungsgesetzes die Befugnisse des Vollstreckungsbeamten erweitert werdenkönnten, beispielsweise auf die Abnahme einer Eidesstattlichen Versicherung desBetroffenen über ein Verzeichnis seines Vermögens,

– ob dem Gerichtsvollzieher, dem nach geltenden Recht umfangreichere Befugnisseim Vollstreckungsverfahren zustehen als dem Vollstreckungsbeamten einer Ver-waltungsbehörde, beispielsweise die Abnahme der Eidesstattlichen Versicherungnach § 900 ZPO oder die Verhaftung eines Schuldners aufgrund eines richterli-chen Haftbefehls nach § 901 ZPO, Zuständigkeiten im Beitreibungsverfahren ei-ner rechtskräftigen Geldbuße übertragen werden könnten.

Unabhängig davon gibt der LRH zu bedenken, ob durch Änderung der Vorschriftendes Straßenverkehrsgesetzes Tatbestände geschaffen werden könnten, die es der Ver-waltungsbehörde ermöglichen, bei Nichtzahlung rechtskräftiger Geldbußen im Zu-sammenhang mit Verkehrsordnungswidrigkeiten ein Fahrverbot zu verhängen oderdie Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen.

Page 153: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

153

Justizministerium/ab 01.01.2001 StaatskanzleiEinzelplan 11

35. Kleinstförderungen durch ein Ministerium

Kapitel 11 02

Die Durchführung von Förderprogrammen im Bereich der Europaan-gelegenheiten und internationalen Beziehungen war mit zahlreichen Mängelnbehaftet. Der LRH hält es nicht für zweckmäßig und auch nicht fürwirtschaftlich, dass eine oberste Landesbehörde über die Fördermaßnahmen,bei denen in der Vergangenheit häufig nur Kleinstbeträge zugewendet wurden,entscheidet.

Eine Bewertung der Förderprogramme im Sinne einer Zielerreichungs-kontrolle hat bisher nicht stattgefunden.

Art und Ausgestaltung der Förderung

Das Land Niedersachsen vergibt seit Jahren Zuwendungen zur Unterstützung der eu-ropäischen Integration (im Folgenden: Förderbereich Europaangelegenheiten), zurPflege der internationalen Beziehungen auf wissenschaftlichem, kulturellem, wirt-schaftlichem und sonstigem Gebiet (Förderbereich Internationale Beziehungen) sowiefür Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe (För-derbereich Entwicklungshilfe). Fördermittel werden vorwiegend Vereinen und Orga-nisationen gewährt, die in diesen Bereichen mit unterschiedlich ausgerichteten Pro-jekten tätig sind. Einen Schwerpunkt bilden wissenschaftliche Tagungen, bildungspo-litische Veranstaltungen und Veranstaltungen der beruflichen Aus- und Fortbildung inNiedersachsen, in den Partnerregionen in Polen und Russland und in der Provinz Ost-kap/Südafrika. Im Bereich der Entwicklungshilfe werden neben der Inlandsarbeit vonNicht-Regierungs-Organisationen vor allem Projekte in einigen Ländern Afrikas, A-siens sowie Mittel- und Südamerikas unterstützt. Förderrichtlinien, in denen die Ziel-setzung der Förderung, die förderfähigen Maßnahmen und die Antragsberechtigungnäher umrissen waren, sind hierzu bislang nicht erlassen.

In den jeweiligen Förderbereichen zeigte sich in den Jahren 1995 bis 1999 folgenderVerlauf:

Ist-Ausgaben *Förderfälle

Ist-Ausgaben * 139.813,50 2.486.228,50 2.015.204,38Förderfälle 27 26 35Ist-Ausgaben * 139.198,50 1.214.275,55 1.738.238,11Förderfälle 34 23 30Ist-Ausgaben * 100.574,50 1.075.432,00 831.293,00Förderfälle 22 17 24Ist-Ausgaben * 117.059,70 475.868,13 943.314,00Förderfälle 23 14 27Ist-Ausgaben * 157.865,80 600.208,90 865.336,00Förderfälle 31 26 12

1995 - 1999 Ist-Ausgaben * 654.512,00 5.852.013,08 6.393.385,491995 - 1999 Förderfälle 137 106 128

* ermittelt auf der Grundlage der dem LRH vorgelegten Projekt-Förderlisten

1999

1996

1997

1998

EntwicklungshilfeFörderbereiche

1995

Europaange-legenheiten

Internationale Beziehungen

Haushalts-jahr

Page 154: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

154

Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Hannover I hat die Förderfälle in den drei Zu-wendungsbereichen aus den Jahren 1995 bis 1997 geprüft.

Zuständigkeiten und verfahrensmäßige Abwicklung

Mit Auflösung des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten war dieRessortzuständigkeit für diese Zuwendungsbereiche zunächst mit Wirkung vom01.09.1994 auf die Staatskanzlei und im Zuge der zum 01.10.1997 vorgenommenenVerlagerung der Europaaufgaben auf das Justizministerium auf dieses übergegangen.Aufgrund des Beschlusses der Landesregierung vom 15.12.1999 sind die Aufgabenerneut auf die Staatskanzlei übertragen worden.

Nach der zum Zeitpunkt der Prüfung gültigen Geschäftsverteilung des Justizministe-riums waren innerhalb der Abteilung „Europaangelegenheiten, Internationale Zu-sammenarbeit“ drei Referate wie folgt mit den geprüften Förderbereichen befasst:

Referat 502 - Europaangelegenheiten; Maßnahmen zur Förderung des Europagedan-kens

Referat 504 - Internationale Zusammenarbeit

Referat 505 - Entwicklungspolitik/Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern

Diesen Referaten oblag neben der Befugnis zur Bewirtschaftung der Haushaltsmittel- soweit diese im Rahmen des Förderbereichs Internationale Beziehungen nicht ande-ren Ressorts übertragen worden war - die gesamte verfahrensmäßige Abwicklung derZuwendungsverfahren von der Eingangsprüfung und Projektfestlegung bis zur Ver-wendungsnachweisprüfung.

Innerhalb der Referate oblag die Bearbeitung der Zuwendungsanträge - neben ande-ren Aufgaben - jeweils einem Sachbearbeiter der Besoldungsgruppe (BesGr.) A 13gehobener Dienst (g. D.) Bundesbesoldungsordnung (BBesO). Zu den Zuständigkei-ten eines Referenten gehörte es, über die Zuwendungsfähigkeit der einzelnen Maß-nahme - teilweise unter Einbindung der politischen Spitze des Hauses - zu entschei-den.

Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Zuwendungsverfahren

Auch wenn man berücksichtigt, dass wegen der besonderen Eigenart der zu fördern-den Projekte die Anwendung der für Zuwendungsverfahren geltenden Verwaltungs-vorschriften Schwierigkeiten bereiten konnte, so sind doch durch das StaatlicheRechnungsprüfungsamt übermäßig viele Fehler aufgedeckt worden. So wies schondie Prüfung der Anträge, der wegen des Fehlens von Förderrichtlinien eine besondereBedeutung zukam, nicht unerhebliche Mängel auf. Regelmäßig fehlte eine Auseinan-dersetzung mit der Frage, ob an der Erfüllung der konkreten Maßnahme ein erhebli-ches Landesinteresse bestand. Auch die Beurteilung der Notwendigkeit und Ange-messenheit der jeweiligen Zuwendung bzw. der Festlegung der Zuwendungshöhe undder Begründung der gewählten Finanzierungsart genügte nicht immer den Anforde-rungen. Daneben wurden unzulässige Förderungen bereits begonnener Vorhaben undvorzeitige Mittelzuweisungen an die Zuwendungsempfänger festgestellt.

Auch hatte es die Verwaltung mehrfach versäumt, Rückforderungsansprüche in einerGrößenordnung von insgesamt mehreren Tausend DM geltend zu machen.

Page 155: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

155

Kleinstförderungen

Im Übrigen wurden, wie dies die nachfolgende Übersicht verdeutlicht, in einer Viel-zahl von Fällen - vor allem im Bereich der Europaangelegenheiten - Kleinstförderun-gen unter 5 000 DM, vielfach sogar unter 1 000 DM gewährt.

Wie fragwürdig derartige Kleinstförderungen sind - im Bereich der Europaangelegen-heiten immerhin 65,1 v. H. der Förderfälle -, soll an folgenden Beispielen verdeutlichtwerden:

a) Mit Bescheid vom 03.04.1996 wurde einer Rechtsanwaltskammer eine Zuwen-dung in Höhe von 1 000 DM als Festbetragsfinanzierung gewährt. Die Förderungwar bestimmt für ein Seminar im Rahmen der Europawoche zu dem Thema „Eu-ropäisches Recht in der anwaltlichen Praxis“. Nach den Antragsschreiben wurdemit voraussichtlichen Kosten von 12 000 DM gerechnet. Von den 62 Teilnehmernwurden Teilnehmergebühren von rd. 8 000 DM erhoben. Abgesehen davon, dassdie tatsächlichen Kosten nur rd. 9 600 DM betrugen und die Antragstellerin diesder Bewilligungsbehörde nicht unverzüglich mitteilte, ist nicht nachvollziehbar,nach welchen Kriterien der Festbetrag von 1 000 DM ermittelt wurde. Auch istnicht einsichtig, warum das Land - wie es § 23 LHO voraussetzt - ein erheblichesInteresse hatte, das Seminar mit öffentlichen Geldern zu fördern. Denn wegen derzunehmenden Bedeutung des europäischen Rechts in der anwaltlichen Praxis lages im Interesse der Anwaltschaft, sich mit diesem Rechtsgebiet vertraut zu ma-chen. Es ist davon auszugehen, dass die Veranstaltung, für die Teilnehmerbeiträgevon 180 DM, 90 DM oder 50 DM erhoben wurden, auch ohne die Förderungstattgefunden hätte.

b) Für Aktivitäten im Rahmen der Europawoche 1996 wurde einer wirtschaftsnahenVereinigung einer politischen Partei eine Zuwendung von 300 DM in Form einerFestbetragsfinanzierung gewährt. Die Mittel sollten für den Versand von Einla-dungen zu einer Informationsveranstaltung eines Bezirksverbands der Vereini-gung zum Thema „Auswirkungen der Europäischen Währungsunion auf die klei-nen und mittleren Betriebe - Chancen und Risiken“ verwendet werden. Abgesehendavon, dass auch in diesem Fall kaum ein erhebliches Landesinteresse an der För-derung anzunehmen und davon auszugehen ist, dass die Vereinigung auch die

89

238

6683 76

111154

0

50

100

150

200

250

Europaangelegenheiten1995-97

Internationale Beziehungen1995-97

Entwicklungshilfe1995-97

alle Förderbereiche1995-97

Gesamtzahl aller Förderfälle davon Fälle bis 5.000 DM

Page 156: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

156

restlichen 300 DM aufbringen konnte, ist Folgendes zu bedenken: Um die300 DM zuwenden zu können, mussten wegen des Fehlens von Förderrichtliniendie Förderfähigkeit gesondert geprüft (erhebliches Landesinteresse) und wegender Absicht, einen Festbetrag zuzuwenden, Überlegungen zur Förderhöhe ange-stellt werden. Es musste dann ein Förderbescheid gefertigt werden, der in diesemwie auch in den sonstigen Fällen von einem Beamten im Spitzenamt des g. D.(Regierungsoberamtsrat nach BesGr. A 13 g. D. BBesO) entworfen und von ei-nem Referenten (Ministerialrat nach BesGr. A 16 BBesO) geprüft und unterzeich-net wurde. Sodann mussten auf Anforderung die Mittel ausgezahlt werden. Hierzumussten eine Auszahlungsanordnung gefertigt und der Betrag von der Landeskas-se ausgezahlt werden. Schließlich war der Verwendungsnachweis zu prüfen. DieKosten für die Bearbeitung dieses Fördervorgangs dürften erheblich höher gelegenhaben als der Förderbetrag.

Förderziele und Erfolgskontrolle

Bei den in Rede stehenden Maßnahmen ließ sich keine konkrete Zielsetzung im Sinneeines wirkungsvollen und zugleich wirtschaftlichen Einsatzes der Fördermittel aus-machen. Insbesondere fehlten transparente Zielvorgaben in Gestalt von Förderrichtli-nien. Stattdessen begnügte sich die Verwaltung damit, den Gegenstand der Förderungin den jeweiligen Erläuterungen zum Landeshaushalt abstrakt zu umschreiben oderallgemein auf politische Erklärungen und Vorgaben zu verweisen, ohne hieraus sach-und zeitbezogene Prioritäten abzuleiten und schriftlich zu fixieren. Diese mangelndeKonkretisierung führte dazu, dass letztlich alles gefördert werden konnte, was nochder sehr abstrakten Zweckbestimmung zugeordnet werden konnte.

So wurden im Rahmen der Aktionen der Europawoche 1996 ein Philatelisten-Vereinmit europäischem Hintergrund (1 200 DM) und ein Mitmachzirkus, der anlässlichdieser Woche auf dem „Schorsenbummel“ in Hannover auftrat (2 000 DM) ebensogefördert wie das thematisch sehr befrachtete mehrtägige Seminar „Schüler lernenArbeiten mit unterschiedlichen Massenmedien an der Thematik ‚Nationalismus undRechtsradikalismus im zusammenwachsenden Europa‘ “ (9 500 DM). Nicht der me-dienpädagogische Ansatz und auch nicht die Auseinandersetzung mit dem Rechtsex-tremismus war entscheidend für die Förderfähigkeit des Seminars, sondern das Krite-rium „im zusammenwachsenden Europa“ verschaffte den Zugang zu einer Förderung.

Die Bandbreite der anderen Förderbereiche reichte von der Förderung zweier„deutschlandkundlich-journalistischer“ Seminare für Journalisten aus Perm und Tju-men - Partnerregionen Niedersachsens - (insgesamt rd. 21 000 DM), der Förderungeines Projekts „Solarenergie und Solarwasserpumpen in acht eritreischen Dörfern(rd. 250 000 DM), der finanziellen Unterstützung einer Veranstaltung einer christli-chen Akademie zum Thema „Agenda 21 in Niedersachsen“ (10 000 DM), eines Frau-enausbildungsprojekts in Bolivien (rd. 32 500 DM) bis zur Vollfinanzierung des Pro-jekts „Transport von gespendeten Fahrrädern in den Senegal“.

Bei der Frage, ob die Mittel auch zweckentsprechend verwendet und ob die Grundsät-ze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet wurden, musste sich die Bewilli-gungsbehörde bei Projekten der Entwicklungshilfe naturgemäß letztlich auf dieSchlüssigkeit der ihr von den Trägern der Projekte vorgelegten Verwendungsnach-weise und Sachberichte - soweit überhaupt vorhanden - verlassen. Ein Instrumentari-um zur Erfolgskontrolle hatte die Verwaltung für keinen der geprüften Förderbereicheentwickelt.

Page 157: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

157

Würdigung

Der LRH hält es grundsätzlich nicht für sachgerecht, die verfahrensmäßige Abwick-lung von Zuwendungsverfahren auf der ministeriellen Ebene anzusiedeln. Die Lan-desregierung hat - auch auf Veranlassung des LRH - wiederholt deutlich gemacht,dass sich die Ministerien und die Staatskanzlei auf legislatorische Aufgaben, allge-mein ressortlenkende Aufgaben und zentrale Aufgaben der Dienst- und Fachaufsichtzu beschränken haben (vgl. § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Ministerien und derStaatskanzlei vom 07.02.1995). Die Gewährung von Landeszuwendungen zählt re-gelmäßig zu den Einzelfallentscheidungen, die den nachgeordneten Behörden zuüberlassen sind. Demgemäß hat das Finanzministerium in Abschnitt XII, Ziff. 25 sei-ner Richtlinie zur Haushaltsführung (Runderlass vom 22.12.1998, Nds. MBl. 1999,S. 29) die Zuständigkeit für den Ablauf des gesamten Bewilligungsverfahrens im Be-reich der Zuwendungen ausdrücklich den nachgeordneten Behörden zugewiesen.

Der LRH kann keine Gründe erkennen, die es - abweichend von der Regel - gerecht-fertigt hätten, die Zuwendungsverfahren auf der Ebene einer obersten Landesbehördezu belassen. Dies gilt jedenfalls für die Förderbereiche Europaangelegenheiten undEntwicklungshilfe. In dem erstgenannten Bereich wird - wie die Auswertung der Zu-wendungsvorgänge deutlich gezeigt hat - im Wesentlichen ein überschaubarer Kreisvon Zuwendungsempfängern gefördert. Er bietet im Rahmen der jährlich stattfinden-den Europawoche seit vielen Jahren wiederkehrende Veranstaltungen - mit wechseln-den Inhalten - an, sodass sich infolge der Gleichartigkeit der Anträge ein hohes Maßan Verwaltungsroutine herausgebildet hat. Anhaltspunkte dafür, dass es wegen desZuwendungszwecks oder der außergewöhnlichen Höhe der beantragten Zuwendungoder aus anderen Gründen zumindest in Einzelfällen einer Entscheidung durch diepolitisch verantwortliche Leitung des Ministeriums bedurft hätte, waren gerade in die-sem Bereich nicht erkennbar.

Wenngleich die Zwecksetzungen der anderen Förderbereiche darauf hindeuten, dassdort der politische Wille die Entscheidungen in stärkerem Maße beeinflusst, ist derLRH nicht der Auffassung, dass die Gewährung und der verwaltungsmäßige Vollzugeinzelner Zuwendungen im Rahmen der Entwicklungshilfe zwingend der ministeriel-len Ebene zuzuordnen sind. Zu fordern ist vielmehr, dass das Ministerium aussagefä-hige Förderrichtlinien erlässt, darin insbesondere die Förderziele und -zwecke präzisedefiniert und die Entscheidungskriterien und Fördermodalitäten eindeutig umschreibt.Dabei ist auch sicherzustellen, dass Kleinstförderungen ausgeschlossen werden (Ver-waltungsvorschrift Nr. 1.1 zu § 44 LHO). Unter diesen Voraussetzungen sollte es beidem Grundsatz bleiben, dass die Förderentscheidungen und die Abwicklung der Zu-wendungsfälle nicht auf der Ebene einer obersten Landesbehörde angesiedelt werden,sondern dass dies dem nachgeordneten Bereich übertragen wird. Auch stünde ausSicht des LRH der Koordinierungsaufwand bzw. der Aufwand für die Weitergabe vonnotwendigen Informationen in keinem unangemessenen Verhältnis zum Arbeitsauf-wand bei einer Bewilligung durch das Ministerium selbst.

Der LRH hält es deshalb für erforderlich, die verfahrensmäßige Abwicklung der Zu-wendungsverfahren grundsätzlich auf die Mittelinstanz zu verlagern, wobei es sichanbietet, die Aufgaben einer Bezirksregierung als Vorortaufgabe zuzuweisen. Dieshätte zugleich den Vorteil einer Reduzierung der anfallenden Personalkosten, ggf.auch der eingesetzten Stellen bzw. Stellenanteile, da die Bearbeitung von Zuwen-dungsverfahren, wenn sie in die Verantwortlichkeit nachgeordneter Behörden fällt,üblicherweise Bediensteten der BesGr. A 9 bis A 11 BBesO obliegt. Eine abweichen-de Verfahrensweise hält der LRH lediglich in den Fällen für zulässig und vertretbar,in denen aufgrund der jeweiligen vertraglichen Bindungen gegenüber den Partnerre-gionen Niedersachsens kein Raum für weitergehende Gestaltungsmöglichkeitenbleibt.

Page 158: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

158

Vor diesem Hintergrund begrüßt der LRH die Absicht der Staatskanzlei, im BereichEuropaangelegenheiten die Förderaktivitäten auf die Bezirksregierungen zu verlagernund nach Wegen zu suchen, Kleinstförderungen zu vermeiden.

Eine Erfolgskontrolle für alle Förderbereiche wurde, soweit überhaupt entsprechendeAnsätze erkennbar waren, bislang von der Verwaltung nicht in zufriedenstellenderWeise wahrgenommen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Berichter-stattung zu der von der Landesregierung im vergangenen Jahr initiierten „Erfolgs-kontrolle zu Förderprogrammen und zur institutionellen Förderung“ hinzuweisen, diekeineswegs den Anforderungen an eine sachkundige Programmevaluation genügte.Insbesondere verzichteten diese Berichte darauf, exakt zu überprüfen, ob die dort an-gegebenen Förderzwecke berechtigt waren bzw. erreicht worden sind. Die notwendi-gen Folgerungen für die aktuelle und künftige Bewilligungspraxis erschöpften sich e-benfalls in pauschalen Feststellungen.

Der LRH hält es deshalb für dringend geboten, nunmehr die Ziele, Zwecke und Auf-gaben der Förderungen sowie die zu fördernden Regionen präziser zu definieren undeinzugrenzen. Dabei ist auch die Frage zu prüfen, ob und ggf. unter welchen ein-schränkenden Bedingungen sich die Aufgabenwahrnehmung in dem FörderbereichEntwicklungshilfe mit der verfassungsrechtlichen Kompetenzaufteilung zwischendem Bund und den Ländern vereinbaren lässt. Auch wenn verfassungsrechtliche Be-denken nicht bestehen sollten, hält es der LRH in Anbetracht der Finanzlage des Lan-des und der Tatsache, dass die Pflege internationaler Beziehungen und die Entwick-lungshilfe eine originäre Aufgabe des Bundes ist, für bedenklich, für diese Aufgabenweiterhin Haushaltsmittel bereitzustellen.

Soweit die Förderung fortgesetzt wird, muss dieses nach Ansicht des LRH künftig aufder Basis eines noch zu entwickelnden Konzepts geschehen. Hierfür sind die Ergeb-nisse der Fördermaßnahmen auszuwerten, sodass die dabei gewonnenen Erfahrungenund Erkenntnisse in die weitere Zuwendungspraxis einfließen können.

UmweltministeriumEinzelplan 15

36. Mangelhafte Konzeption und Durchführung eines Landesprogramms zurBeseitigung von Bombenblindgängern

Kapitel 15 42

Trotz einer erheblichen Mittelverstärkung ist es dem Kampfmittelbe-seitigungsdienst nicht gelungen, das Landesprogramm zur Feststellung undBeseitigung von Bombenblindgängern innerhalb des vorgegebenen Zeitraumsvon sieben Jahren abzuschließen. Während dieser Zeit ist nicht einmal einFünftel der auszuwertenden Luftbildaufnahmen abgearbeitet worden. BeiBeibehaltung der Organisation und des Personaleinsatzes für diese Aufgabewürde die Luftbildauswertung noch 20 Jahre dauern. KonzeptionelleFehleinschätzungen bei Programmbeginn sowie eine mangelhafteSchwerpunktsetzung in der Folgezeit sowohl in der Aufgabenwahrnehmung alsauch beim Einsatz der personellen Ressourcen sind die wesentlichen Ursachendieser Entwicklung. Ein Pilotprojekt zur Neuorganisation der Luftbildaus-wertung war unnötig und blieb ohne Erfolg.

Der LRH hat vorgeschlagen, die Auswertung der Luftbilder einschließlich derAufgaben "Archivierung" und "Kartographierung" dem Landesbetrieb"Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen" zu übertragen.

Page 159: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

159

Ausgangslage

Im Interesse einer beschleunigten Feststellung und Bergung von Bombenblindgän-gern beschloss die Landesregierung Ende 1988 ein Landessonderprogramm zur„Auswertung von Luftbildaufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg zum Zwecke derFeststellung und Bergung von Bombenblindgängern“. Im Rahmen dieses Programmssollten ca. 150 000 Luftbildaufnahmen systematisch auf Bombenblindgänger ausge-wertet werden. Durch eine Feinauswertung von ca. 30 000 Bildern sollte es möglichsein, die in Niedersachsen noch erwarteten 30 000 Blindgänger zu lokalisieren unddiese dann zeitnah zu beseitigen. Erklärtes Ziel der Landesregierung war es seinerzeit,die Arbeiten innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren abzuschließen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das ursprünglich für diese Aufgabe in Aussichtgenommene Finanzvolumen verdoppelt und auf rd. 8 Millionen DM angehoben. Nachden Vorstellungen der Landesregierung sollten einerseits die personellen Kapazitätendes Kampfmittelbeseitigungsdienstes durch die Schaffung von 60 neuen Stellen so-wohl im Angestellten- als auch im Lohnempfängerbereich erheblich ausgeweitet undandererseits durch die Anschaffung von zusätzlichen Auswertegeräten Investitionenim Umfang von rd. 4,7 Millionen DM getätigt werden.

Diskrepanzen zwischen Konzeption und deren tatsächlicher Ausgestaltung

Im weiteren Verlauf nahm die Verwaltung allerdings von der ursprünglichen Idee, dieAufgabe gänzlich mit eigenem Personal zu erledigen, zunehmend Abstand. Stattdes-sen gab sie nunmehr einer stärkeren Beteiligung von Privatfirmen bei der Einmessungund Sondierung der Bombeneinschläge sowie bei der anschließenden Bergung derBombenblindgänger den Vorzug. Mit dem 1. Nachtragshaushalt 1989 wurden darauf-hin in Abänderung der ursprünglichen Beschlusslage lediglich 16 Angestelltenstellensowie zwei Stellen für Lohnempfänger neu ausgebracht. Gleichzeitig wurden die fürden Kampfmittelbeseitigungsdienst veranschlagten sächlichen Mittel um knapp8 Millionen DM erhöht.

Die Annahme, das Landessonderprogramm bei diesen personellen und sächlichenRahmenbedingungen in dem vorgegebenen Zeitraum durchführen zu können, war un-realistisch. Zwar hätten theoretisch mit den verstärkten Haushaltsmitteln die Aufga-ben des Einmessens, Sondierens und Bergens beschleunigt werden können. Für diediesen Tätigkeiten vorausgehende Luftbildauswertung, die mit eigenem Personal desKampfmittelbeseitigungsdienstes durchgeführt werden sollte, waren jedoch keine aus-reichenden Vorkehrungen getroffen worden; vielmehr waren dort Personal und Gerä-teausstattung lediglich in einem Umfang vorhanden, der aus damaliger Sicht eineAufgabenerledigung innerhalb von zehn bis zwölf Jahren erwarten ließ.

Bei seiner abgewandelten Konzeption hatte sich das Innenministerium - aus Sicht desLRH ungerechtfertigterweise - von der Vorstellung leiten lassen, nur der Kampfmit-telbeseitigungsdienst könne die Luftbildauswertung zuverlässig und fachgerechtdurchführen. Die ebenfalls angedachte Möglichkeit, neben der Verfilmung auch dieArchivierung und Auswertung der Luftbildaufnahmen der für diese Aufgaben qualifi-zierten Vermessungsverwaltung anzudienen, wurde verworfen, ohne dass dies plausi-bel begründet wurde.

Begründung von unbefristeten Arbeitsverhältnissen

Obgleich die zusätzlichen Stellen mit kw-(künftig wegfallend-)Vermerken zum31.12.1995 versehen waren, schloss die Polizeidirektion Hannover mit Zustimmungdes Innenministeriums unbefristete Arbeitsverträge mit dem neu einzustellenden Per-sonal ab. Die Verwaltung begründet die unbefristete Einstellung des Personals mit ta-

Page 160: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

160

rifrechtlichen Hürden, die einer zeitweisen Beschäftigung entgegengestanden hätten.Selbst wenn dies so gewesen sein sollte, hätte dies nicht dazu berechtigt, Dauerar-beitsverhältnisse zu begründen. Denn durch die Ausweisung von befristeten kw-Vermerken hatte der Landtag unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass die Aufga-benwahrnehmung in diesem Bereich zeitlich begrenzt werden sollte, um eine dauer-hafte Belastung mit Personalkosten zu vermeiden. Die Verwaltung hätte daher nachLösungen suchen müssen, um sicherzustellen, dass diese Vorgabe erreicht werdenkonnte. Anstatt die tarifrechtlichen Zwänge offenzulegen, wurden in den folgendenHaushaltsplänen die Befristungen der Stellen beibehalten, sodass der Anschein er-weckt wurde, als werde der Vollzug der Haushaltsvermerke zum vorgesehenen Zeit-punkt zu realisieren sein.

Erst als die Frist abzulaufen drohte und offenbar werden musste, dass ein Vollzug derHaushaltsvermerke nicht möglich war, suchte die Verwaltung einen Ausweg in derVerlängerung der Befristung der kw-Vermerke und schließlich in der Streichung derzeitlichen Begrenzung. Begründet wurde dies aber lediglich damit, dass - was auchzutrifft - der vorgesehene Zeitrahmen für die Luftbildauswertung bei weitem nichteingehalten werden konnte.

Erhebliche Verzögerungen bei der Durchführung des Landessonderprogramms

Die Auswertung der Luftbildaufnahmen und infolgedessen die Durchführung des ge-samten Landessonderprogramms verzögerten sich immer mehr. So war im Jah-re 1995, d. h. dem Jahr, in dem nach den ursprünglichen Vorstellungen das Programmauslaufen sollte, eine derart geringe Arbeitskapazität zu verzeichnen, dass bei gleich-bleibenden Rahmenbedingungen ein Abschluss der Auswertungen erst „in dennächsten 30 Jahren“ erwartet wurde. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst machte dafürdie Personalsituation und den unerwarteten Arbeitsanfall durch die Vielzahl der An-träge auf Bescheinigung der Kampfmittelfreiheit von Baugrundstücken und Planungs-flächen verantwortlich.

Abgesehen davon, dass die Verwaltung die Befristung der ausgebrachten kw-Vermerke zunächst verlängern und schließlich gänzlich streichen ließ, waren keineAnzeichen für eine Gegensteuerung im Sinne einer Aufgabenentlastung oder einerveränderten Prioritätensetzung erkennbar. So hätte es sich aus Sicht des LRH ange-boten, den offenbar überaus arbeitsintensiven Bereich der Bearbeitung der Bauanträgeprivaten Anbietern zu überlassen und die eigenen personellen Ressourcen verstärktfür die systematische Luftbildauswertung zu nutzen. Stattdessen hat der Kampfmittel-beseitigungsdienst - offenbar unter stillschweigender Billigung der vorgesetztenDienststellen - ursprünglich zur Luftbildauswertung eingeworbenes Personal auf an-deren Dienstposten eingesetzt und auf diese Weise einer weiteren Verzögerung Vor-schub geleistet.

In dieser aus Sicht des LRH unverständlichen Haltung hat sich auch nach der Verla-gerung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes in den Geschäftsbereich des Umweltmi-nisteriums im Jahre 1993 keine nachhaltige Veränderung vollzogen. Auch das Um-weltministerium hat zumindest bis 1999 keinen maßgeblichen Einfluss genommen,um die Abarbeitung der Luftbildaufnahmen zeitlich zu forcieren.

Ansätze zur Problemlösung

1999 stimmte das Kabinett einer Vorlage des Umweltministeriums zu, mit der es „ei-ne Kooperation mit der LGN (Landesvermessung und Geobasisinformation Nieder-sachsen) anstrebte, um die in der Landesverwaltung vorhandenen Ressourcen auszu-schöpfen und damit die Aufgabenwahrnehmung des Kampfmittelbeseitigungsdienstesnoch weiter zu optimieren“. Vorbereitend führte die LGN mit dem Kampfmittelbe-

Page 161: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

161

seitigungsdienst ein viermonatiges Pilotprojekt durch. Wie der Bericht der das Projektleitenden LGN und die Aussagen des Kampfmittelbeseitigungsdienstes belegen, en-dete das Projekt im Wesentlichen erfolglos.

Seinen Grund hat dieses Ergebnis nach Auffassung des LRH vor allem darin, dassvon beiden Partnern Rahmenbedingungen vorgegeben worden waren, die als unabän-derlich galten und somit von vornherein das Ergebnis vorzeichneten. Der LRH istüberdies der Ansicht, dass dieses Pilotprojekt nicht erforderlich war. Die Projektziele,nämlich

– Ermittlung von Art und Umfang der durch die LGN zu erledigenden Aufgaben,

– Vergleich der beim Kampfmittelbeseitigungsdienst und bei der LGN vorhandenenAuswertegeräte,

– Prüfung der Notwendigkeit, zusätzliche Hard- und Software zu beschaffen,

– Definition der Schnittstellen bei einer generellen Zusammenarbeit zwischenKampfmittelbeseitigungsdienst und LGN

hätten ohne zeitliche Verzögerungen unmittelbar zwischen den Beteiligten geklärtund bestimmt werden können.

Der LRH hält es nicht für sinnvoll, ein neues Pilotprojekt unter veränderten Rahmen-bedingungen durchzuführen. Vielmehr schlägt er aufgrund der bisher vorliegendenErfahrungen und Erkenntnisse vor, die Organisation der Luftbildauswertung in derWeise neu zu gestalten, dass die Aufgabe „Luftbildauswertung“, einschließlich Ar-chivierung und Dokumentation, mit dem vorhandenen Personal vollständig in dieLGN verlagert wird. Damit würde der Kampfmittelbeseitigungsdienst wieder zu sei-nen originären, operativen Aufgaben zurückgeführt. Die zu verlagernden Aufgaben„Archivierung und Kartographierung“ sind „klassische Aufgaben“ der LGN und kön-nen nach Meinung des LRH dort effizienter wahrgenommen werden. Auch die „Ver-marktung“ der Produkte aus der Luftbildauswertung wäre für den Landesbetrieb keineungewohnte Aufgabe. Mit der Verlagerung der Luftbildauswertung auf die LGN ver-bindet der LRH die Erwartung, dass dort ohne eine Stellenausweitung vermehrt Per-sonalkapazität für diese Aufgabe eingesetzt werden kann, sodass hierdurch ein zeitnä-herer Abschluss der Luftbildauswertung erreicht wird.

Die Verwaltung möchte weder an der gegenwärtigen Zuordnung der Luftbildauswer-tung zum Kampfmittelbeseitigungsdienst noch an deren Prioritätensetzung etwas än-dern. Gegen eine Beauftragung Privater für die Luftbildauswertung im Zusammen-hang mit Bauvorhaben werden fachliche Bedenken geltend gemacht, die aus den Er-fahrungen einer Auftragsvergabe an einen Privaten abgeleitet werden. Einer Verlage-rung der Luftbildauswertung zur LGN wird das Argument entgegengehalten, dass„ein permanenter Erfahrungsaustausch und die ständige Rückkopplung zwischen denLuftbildauswertern und den Bombenräumern vor Ort“ erforderlich sei.

Der LRH hat für diese Haltung kein Verständnis, zumal die bisherigen Ergebnisseund die daraus abzuleitenden Perspektiven keineswegs dafür sprechen, „alles beimAlten zu lassen“. Wie die Verwaltung in ihrer Stellungnahme zu Recht ausgeführt hat,beruht die Befähigung zur Luftbildauswertung im Wesentlichen auf empirischemWissen. Daher kann aus einer einmaligen Auftragsvergabe an ein Ingenieurbüro nichtabgeleitet werden, Private seien für diese Aufgabe nicht geeignet, zumal in anderenLändern Dritte durchaus mit der Luftbildauswertung betraut sind. Da bei einer Verla-gerung der Aufgabe zur LGN auch das Personal umgesetzt würde, würden die durchEmpirie erlangten Kenntnisse nicht verloren gehen. Ein Erfahrungsaustausch mit den„Bombenräumern vor Ort“, die sich überwiegend auch vor Ort und nur sporadisch imBüro aufhalten, könnte auch sichergestellt werden, wenn die LGN verantwortlich wä-re.

Page 162: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

162

Keinesfalls kann die - aus Sicht des LRH widersprüchliche - Auskunft akzeptiertwerden, dass die LGN bei Wahrnehmung der Luftbildauswertung als eigene Aufgabehöchstens eine Kraft zusätzlich einsetzen, für projektbezogene Aufträge gegen Be-zahlung aber durchaus die erforderlichen Kapazitäten zur Verfügung stellen könne.

37. Fehlendes Konzept für die Führung des Wasserbuchs

Kapitel 15 50

Das von den Bezirksregierungen an insgesamt elf Standorten geführteWasserbuch bietet keinen zuverlässigen Überblick über die Rechtsverhältnissean Gewässern in Niedersachsen. Der hohe Einsatz an Personal- undSachmitteln steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Nutzbarkeit und zurAussagekraft des Wasserbuchs.

Das Land ist gefordert, ein Konzept für die künftige Führung des Wasserbuchsunter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeitaufzustellen.

Allgemeines

Nach § 37 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) und § 185 desNiedersächsischen Wassergesetzes (NWG) sind für die Gewässer Wasserbücher zuführen. Seit der Auflösung der Staatlichen Ämter für Wasser und Abfall (StÄWA)zum 01.01.1998 wird diese Aufgabe wieder von den Bezirksregierungen - jetzt aller-dings an den elf Standorten der ehemaligen StÄWA - wahrgenommen (Wasserbuch-behörden).

Das Wasserbuch hat - wie in § 187 Abs. 2 NWG klargestellt wird - keine rechtlichenWirkungen. Vielmehr besteht seine Funktion darin, ein klares, übersichtliches undumfassendes Bild der bestehenden Rechtsverhältnisse an Gewässern zu liefern. Da-von betroffen sind gemäß § 187 Abs. 1 NWG längerfristige Erlaubnisse, Bewilligun-gen, alte Rechte und alte Befugnisse, Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsge-biete, Heilquellenschutzgebiete und Zwangsrechte. Die Behörden, die entsprechendeRechtsverhältnisse an Gewässern begründen, leiten der Wasserbuchbehörde die fürdie Eintragung erforderlichen Unterlagen zu. Von der Wasserbuchbehörde sind dieDaten aufzubereiten, per EDV zu erfassen und die Eintragungen nach einer Kontrollefreizugeben, damit sie dann Dritten jederzeit wieder zur Verfügung gestellt werdenkönnen.

Die 1961 erlassene Zweite Ausführungsbestimmung zum NWG, die Vorgaben für dasFühren der Wasserbücher aufstellte, ist 1991 außer Kraft getreten. Seitdem gibt eskeine aktuellen Verfahrensregeln.

Der LRH hat die Führung der Wasserbücher geprüft und dabei folgende Sachlagefestgestellt:

Umfang und Darstellung der eingetragenen Wasserrechte

Bisher haben die zuständigen Behörden insgesamt rd. 268 000 Wasserrechte erteilt.Rd. 48 000 dieser Rechte (= rd. 18 v. H.) haben die Wasserbuchbehörden in das 1997verbindlich eingeführte EDV-Programm „Wasserbuch-2 (WB-2)“ übertragen, davonetwa die Hälfte allerdings nur unvollständig. Die eingeschränkte Aussagekraft derEintragungen ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die vom Vorgängerpro-gramm „Wasserbuch-1“ importierten Daten nicht dem Standard des Programms„WB-2“ entsprachen. Zum anderen waren auch die von den unteren Wasserbehörden

Page 163: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

163

gelieferten Daten häufig unvollständig oder sogar fehlerhaft. In diesen Fällen hätte esjeweils aufwändiger Nachermittlungen bedurft, die tatsächlich in der Regel unterblie-ben.

Rd. 90 000 Wasserrechte (= ca. 34 v. H.) waren von den Wasserbuchbehörden ledig-lich in Akten und Karteien aufbereitet; der verbleibende Anteil von mindestens130 000 Rechten (= rd. 48 v. H.) war überhaupt nicht eingetragen. Hierbei handelte essich im Wesentlichen um Wasserrechte für Kleinkläranlagen, die mit insgesamtrd. 100 000 Rechten schwerpunktmäßig in den Regierungsbezirken Weser-Ems undLüneburg erteilt und bislang nur im Regierungsbezirk Braunschweig vollständig er-fasst worden sind.

Das Programm WB-2 weist nach Auskunft der Verwaltung gegenwärtig noch erhebli-che Mängel auf. Am häufigsten wurden in diesem Zusammenhang die unkomfortableBedienung, die langen Reaktionszeiten sowie die begrenzten Such- und Auswerte-funktionen genannt. Zusätzlich zum WB-2-Programm führten die Wasserbuchbehör-den deshalb fast ausnahmslos zusätzliche Listen (z. B. Excel, Starwriter) oder Ac-cessdatenbanken mit unterschiedlichem Umfang. Eine Dienststelle hielt neben der Er-fassung durch EDV zugleich ein komplettes handschriftlich geführtes, gebundenesJournal über die Wasserrechte vor.

Die zusätzlichen Aufzeichnungen begründeten die wasserbuchführenden Stellen da-mit, dass sie nur auf diese Weise einerseits eine möglichst vollständige Übersicht überdie Rechte und andererseits gute Such- und Auswertefunktionen erhalten könnten. EinGroßteil der wasserbuchführenden Stellen hat inzwischen darauf verzichtet, dieRechte auch in geographische Karten einzutragen. Soweit diese Eintragungen nochstattfinden, erfolgen sie grundsätzlich manuell. Nur an einem Standort wurden dieEintragungen in EDV-Karten übernommen.

Aufwand und Nutzen

Die Eintragungen in die Wasserbücher oblagen in der Regel zwei Mitarbeitern desmittleren Dienstes. Einige der Mitarbeiter waren teilzeitbeschäftigt bzw. auch mit an-deren Aufgaben betraut. Die durch das Wasserbuch ausgelösten Zeitanteile ergabenzusammengefasst rd. 14 Vollzeiteinheiten. Unter Zugrundelegung der standardisiertenPersonal- und Sachkostengrößen 1999 betrugen die Kosten aller Arbeitsplätze jährlichrd. 1,65 Millionen DM; bei jeder wasserbuchführenden Stelle fielen somit durch-schnittlich rd. 150 000 DM/Jahr an Personal- und Sachkosten an. In diesem Betragsind allerdings lediglich die Informations- und Kommunikationskosten für einen Ar-beitsplatz mit allgemeiner EDV-Ausstattung, nicht jedoch die - zusätzlichen - Kostenfür die Entwicklung und Pflege des WB-2-Programms enthalten. Im ersten Halb-jahr 2000 waren darüber hinaus bei drei Dienststellen ABM-Kräfte im Bereich derDatenaufbereitung eingesetzt.

Mit dieser Personalausstattung konnten regelmäßig nur aktuelle Rechte bearbeitet undeingegeben, nicht jedoch „Altfälle“ aufbereitet werden.

Gemessen an dem entstandenen Aufwand war die tatsächliche Inanspruchnahme desWasserbuchs unverhältnismäßig gering. Pro Monat wurden durchschnittlich sechsschriftliche oder telefonische Anfragen an die wasserbuchführenden Stellen gerichtet,wobei die Bearbeitungsdauer in Abhängigkeit vom Umfang der Anfrage und derSystematik des vorhandenen Wasserbuchs (WB-2, Karteikarten, zusätzliche Listen,vorhandene Pläne) sehr unterschiedlich ausfiel. Die Angaben über die externen Besu-cher variierten bei den einzelnen wasserbuchführenden Stellen - mit Ausnahme einerstärker frequentierten Dienststelle - zwischen zwei und 50 Besuchern/Jahr (imDurchschnitt 14 Besucher/Jahr).

Page 164: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

164

Würdigung

Zweck des Wasserbuchs ist es, Behörden und sonstigen Interessierten einen zuverläs-sigen Überblick über die Rechtsverhältnisse an Gewässern, vor allem über die er-laubten Benutzungen, aber auch über die Schutzanordnungen und die Zwangsrechtezu vermitteln (Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 13.11.1975, AgrarR 1976,111). Auskünfte dieser Art sind vor allem für den Personenkreis von Interesse, der mitbehördlichen Planungen jeglicher Art befasst ist. Im Übrigen ist aber auch jeder ande-re Bürger, der ein entsprechendes Informationsbedürfnis hat, berechtigt, das Wasser-buch einzusehen.

Dem Anspruch auf vollständige und umfassende Information kann das Wasserbuch inder bisherigen Form in keiner Weise gerecht werden. Die Eintragungen in das Was-serbuch sind unvollständig, das WB-2-Programm weist seit seiner Einführung Mängelauf, die bisher nicht beseitigt wurden und zusätzlichen, allerdings vermeidbaren Ver-waltungsaufwand ausgelöst haben. Trotz eines sehr hohen Personal- und Sachmit-teleinsatzes haben sich die Rückstände bei den bisher nicht in das EDV-Programmeingetragenen Rechten kontinuierlich erhöht. Präzise Auskünfte können deshalb- wenn überhaupt - nur mit einem hohen Arbeitsaufwand erteilt werden. Dies und dieTatsache, dass das Wasserbuch bisher nur von einem verhältnismäßig geringen Nut-zerkreis in Anspruch genommen worden ist, deuten darauf hin, dass Inhalt und Um-fang des Wasserbuchs nicht auf den tatsächlichen Informationsbedarf der Nutzer aus-gerichtet sind.

Der LRH hält es vor diesem Hintergrund nicht mehr für hinnehmbar, dass die Was-serbücher in der bisherigen Art und Weise weitergeführt werden. Er ist allerdingsauch der Auffassung, dass jegliche Optimierungsbemühungen keine nachhaltige Wir-kung erzeugen werden, wenn die gegenwärtigen inhaltlichen Anforderungen an dasWasserbuch unverändert bleiben. Demzufolge stellt aus Sicht des LRH eine Verstär-kung des Personaleinsatzes keine Lösung dar. Es bedarf vielmehr einer Auseinander-setzung und Festlegung,

– für welche konkreten Aufgaben künftig ein öffentliches Register aller bestehendenWasserrechte erforderlich ist,

– ob dieses in Gestalt eines Wasserbuchs geführt werden soll,

– welche inhaltlichen Anforderungen an die Eintragungen zu stellen sind und

– wie das Land die Erfüllung der Ziele unter Beachtung der Grundsätze der Wirt-schaftlichkeit und Sparsamkeit sicherstellen will.

Da die Pflicht zur Führung eines Wasserbuchs durch das WHG, d. h. durch Bundes-recht, begründet wurde, werden die grundsätzlichen Fragen länderübergreifend mitdem Bund erörtert werden müssen.

Page 165: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

165

38. Förderung von Leckerkennungsanlagen

Kapitel 15 56

Im Zusammenhang mit der Förderung von Anlagen zur Lagerung von Jauche,Gülle und Silagesickersäften (so genannte JGS-Anlagen) in Wasser-vorranggebieten gewährte das Land auch Zuwendungen für den Einbau vonLeckerkennungsanlagen. In nahezu allen überprüften Fällen wurde hier derZuwendungszweck nicht erreicht, da die Leckerkennungseinrichtungen wegenbaulicher Mängel nicht funktionsfähig waren.

Leckerkennung für Güllebehälter als Fördergegenstand

Aus dem Aufkommen der Wasserentnahmegebühr gewährt das Land seit 1995 u. a.Landwirten, deren landwirtschaftliche Flächen in Wasservorranggebieten liegen, Zu-wendungen zur Errichtung von Anlagen zur Lagerung von Jauche, Gülle und Silage-sickersäften (so genannte JGS-Anlagen). Die Errichtung dieser Anlagen dient dazu,zusätzliche Lagerungskapazitäten zu schaffen, die es den Landwirten ermöglichensollen, die Jauche und Gülle grundwasserschutzorientiert einzusetzen und nicht imHerbst und Winter, sondern im Frühjahr, der Zeit des größten Nährstoffbedarfs derPflanzen, auszubringen.

Weil die JGS-Anlagen mit einer Leckerkennungsanlage auszustatten sind, erstrecktesich die Förderung auch auf diese Einrichtungen, die im Wesentlichen aus einerDichtungsbahn, einer Ringdränage und zwei Kontrollschächten bzw. Kontrollrohrenbestehen. Die Kontrolleinrichtungen müssen, um jede Undichtigkeit des Behälters er-kennen zu können, bestimmungsgemäß trocken sein.

Bis Ende 2000 wendete das Land Niedersachsen im Bereich der BezirksregierungWeser-Ems für insgesamt rd. 380 Güllelager und rd. 300 Einrichtungen zur Lecker-kennung rd. 12,4 Millionen DM auf, davon allein für die Leckerkennung rd. 2,7 Mil-lionen DM.

Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Oldenburg hat diesen Zuwendungsbereich ge-prüft und dabei auf 22 landwirtschaftlichen Höfen Güllelager und Leckerkennungs-systeme in Augenschein genommen. Anhand der geprüften Fälle ist der LRH zu demErgebnis gekommen, dass mit den vorhandenen Leckerkennungsanlagen ein wirksa-mer Grundwasserschutz nicht gewährleistet werden konnte.

Mängel bei der baulichen Ausführung

In nahezu allen überprüften Anlagen war in der Ringdränage und/oder im Kontroll-schacht Flüssigkeit vorhanden, ohne dass zunächst eindeutig zu klären war, um wel-che Art von Flüssigkeit es sich handelte. Diese Flüssigkeitsstände bewegten sich zwi-schen ca. 5 cm in der Ringdränage und einem Stand im Kontrollschacht in Gelände-höhe. Bei einer weiteren Kontrolle wurde festgestellt, dass sowohl Schlagregen alsauch Grundwasser in die Leckerkennung eindringen und so ihre Funktion beeinträch-tigen konnten.

Die Ursache für diesen Mangel sieht der LRH vor allem darin, dass die technischenBestimmungen in dem Gemeinsamen Runderlass des Umweltministeriums, des Mi-nisteriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Sozialministeriumsvom 28.04.1995 (Nds. MBl. S. 903), in dem die gesetzlichen Anforderungen an An-lagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (§ 161 des NiedersächsischenWassergesetzes) für Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Gülle und Jauche kon-kretisiert wurden, hinsichtlich der Leckerkennungsanlagen nicht den Erfordernissenentsprechen. Danach ist u. a. vorgesehen, dass die eingebaute Dichtungsbahn min-

Page 166: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

166

destens 30 cm über den Anschlusspunkt Sohle/Wand hochzuziehen und an die Be-hälterwand „dicht anzulehnen ist, damit ein Zutritt von Niederschlagswasser weitge-hend vermieden wird“. Diese technische Lösung kann somit nach dem eigenen An-spruch das Eindringen von Niederschlagswasser bzw. Grundwasser nicht ausschlie-ßen. So kann es in den Fällen, in denen die Behälter aus dem Erdreich herausragen,vorkommen, dass das Regenwasser an der Behälterwand hinunterläuft und - nochüber der Erdoberfläche - zwischen Folie und Wand den Bereich der Leckerkennungerreicht. Da die Folie nur „anzulehnen“ ist, kann das Niederschlagswasser in die Le-ckerkennungsanlage gelangen. Sind demgegenüber die Güllebehälter - was im Aus-nahmefall zulässig wäre - unter dem höchsten Grundwasserstand in das Erdreich ein-gelassen worden und endet die Dichtungsfolie noch im Grundwasserbereich, kannGrundwasser zwischen Behälterwand und umgeschlagener Folie in die Ringdränagegelangen. Nach alledem kann somit durch die technischen Vorgaben ein Eindringenvon Niederschlagswasser oder Grundwasser in die Leckerkennungsanlage nicht aus-geschlossen werden, sodass die Anlagen ihren Zweck, ein Austreten von gewässerge-fährdenden Stoffen aus der JGS-Anlage verlässlich anzuzeigen, nicht erfüllen konn-ten.

Fehlende Anlagenüberwachung

In nahezu allen geprüften Fällen hatten die Betreiber der Anlagen seit deren Inbe-triebnahme keine Kontrollen des Leckerkennungssystems vorgenommen, obgleich siehierzu nach den einschlägigen Regelungen verpflichtet waren. Folglich konnten auchdie vorgeschriebenen Kontrollprotokolle nicht vorgelegt werden. In wenigen Fällenhatten die Betreiber zwar den Kontrollschacht eingesehen, die festgestellten Flüssig-keitsstände jedoch unbeachtet gelassen und nicht die untere Wasserbehörde über dasVorhandensein von Flüssigkeit in den Kontrollschächten informiert.

Würdigung

Letztlich sind Zuwendungen in Millionenhöhe für Einrichtungen aufgewendet wor-den, die ihren Zweck nicht erfüllen konnten. Falls eine weitere Förderung von JGS-Anlagen beabsichtigt ist, ist zunächst sicherzustellen, dass die Ursachen für die vorge-fundenen Mängel beseitigt werden. Dabei wird es nicht ausreichen, die Genehmi-gungspraxis zu überprüfen und die bauliche Umsetzung der erteilten Genehmigungsowie den Betrieb der Anlagen wirksam zu überwachen. Vielmehr werden zunächstdie technischen Anforderungen so zu überarbeiten sein, dass die Leckerkennungsan-lagen störungsfrei und praktikabel betrieben werden können.

HochbautenEinzelplan 20

39. Mängel bei der Vergabe betriebstechnischer Gewerke

Kapitel 20 11 bis 20 96

Der LRH hat bei vier Staatshochbauämtern die Vergabe von Aufträgen fürbetriebstechnische Gewerke geprüft und dabei erneut gravierende Mängelfestgestellt. Er erwartet, dass nunmehr wirksame Maßnahmen ergriffenwerden, um die Beachtung der maßgeblichen Vorschriften sicherzustellen.Dabei sollten auch dienstrechtliche Konsequenzen in Betracht gezogenwerden.

Page 167: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

167

Anlass der Prüfung

Eine Arbeitsgruppe „Vergabe- und Abrechnungswesen“ der Oberfinanzdirektion(OFD) Hannover hatte nach ihrer im Jahre 1996 durchgeführten Prüfung bei allenniedersächsischen Staatshochbauämtern auf zahlreiche Mängel im Vergabe- und Ab-rechnungsverhalten hingewiesen und Abhilfe gefordert.

Der LRH hat dies zum Anlass genommen zu überprüfen, ob die Mängel abgestelltwaren. Er hat sich in seiner Prüfung auf vier Staatshochbauämter beschränkt und dortschwerpunktmäßig Vergaben geprüft, die Bauleistungen aus dem betriebstechnischenBereich (Aufzugsanlagen, Elektro-, Sanitär-, Heizungsinstallationsarbeiten sowieRaumlufttechnische Anlagen und Wärmedämmarbeiten) zum Gegenstand hatten. Da-bei hat der LRH festgestellt, dass sich das Vergabeverhalten in den geprüften Staats-hochbauämtern nicht wesentlich verbessert hatte, obwohl die Bediensteten aufgrundder OFD-Beanstandungen hausinterne schriftliche Anweisungen erhalten hatten, wiezukünftig zu verfahren sei.

Bei seiner Querschnittsuntersuchung hat der LRH 252 Vergabefälle überprüft und istdabei zu folgenden Feststellungen gelangt:

Fehlerhafte Wahl der Vergabeart

Für die Ausschreibung von Bauleistungen hat die Staatshochbauverwaltung im We-sentlichen die LHO, die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) unddas Vergabehandbuch zu beachten. Nach § 55 LHO muss dem Abschluss von Verträ-gen über Lieferungen und Leistungen eine Öffentliche Ausschreibung vorausgehen,sofern nicht die Natur des Geschäfts oder andere Umstände eine Ausnahme rechtfer-tigen. Die VOB/A, die als verbindliche Richtlinie für die Vergaben von Bauleistungeneingeführt wurde, regelt in § 3 Nrn. 3 und 4 VOB/A die engen Voraussetzungen, un-ter denen von dem Gebot der Öffentlichen Ausschreibung abgewichen werden darfund stattdessen eine Beschränkte Ausschreibung oder gar eine Freihändige Vergabezulässig ist. Nach den genannten Vorgaben wäre zu erwarten gewesen, dass die Zahlder Vergaben, denen eine Öffentliche Ausschreibung vorausgegangen ist, eindeutigüberwiegt. Dies war jedoch nicht der Fall, wie sich aus der nachfolgenden Übersichtergibt:

Vergabeart Zahl derVergabefälle

Anteil inv. H.

Auftragsvolumen inDM

Anteil inv. H.

Öffentliche Ausschreibungen 75 29,76 19.973.810,57 51,49

Beschränkte Ausschreibungen 116 46,03 17.157.991,90 44,23

Freihändige Vergaben 61 24,21 1.659.138,50 4,28

zusammen: 252 100,00 38.790.940,97 100,00

Schon dieser Befund deutet darauf hin, dass die Vergabepraxis nicht mit den gesetzli-chen Vorgaben im Einklang stand. Eine Überprüfung einzelner Vergaben hat diesbestätigt.

Vor allem ist zu bemängeln, dass die Abweichung von dem Gebot der ÖffentlichenAusschreibung nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - nachvollziehbar begründetwurde. So war unter den 177 Fällen, in denen die Vergabe aufgrund einer Be-schränkten Ausschreibung erfolgt war oder der Auftrag freihändig vergeben wordenwar, nur ganz vereinzelt die Abweichung von der Regelform mit einer Begründung

Page 168: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

168

versehen, die den Anforderungen der VOB/A genügte. Überwiegend hatten sich dieStaatshochbauämter auf folgende floskelhafte Begründungen beschränkt:

– Die Beschränkte Ausschreibung sei wegen des Missverhältnisses zwischen demAufwand für Auftraggeber oder Bewerber und dem erreichbaren Vorteil oder demWert der Leistungen gerechtfertigt.

Dabei gingen die Ämter ohne nähere Erläuterungen oftmals davon aus, dass beierwarteten Auftragssummen von 50 000 DM das vorgenannte Missverhältnis be-reits vorliege. Einen derartigen allgemeinen Grenzwert gibt es jedoch nicht. Viel-mehr sind die Voraussetzungen für eine Beschränkte Ausschreibung bzw. für einFreihändige Vergabe nur nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen, wiedies auch ausdrücklich in den Richtlinien des Vergabehandbuchs bestimmt ist(Nr. 1.3 zu § 3 VOB/A).

– Aus Gründen der Dringlichkeit müsse mit den Bauarbeiten umgehend oder unbe-dingt noch im laufenden Haushaltsjahr begonnen werden. Mit einer ÖffentlichenAusschreibung sei die Terminvorgabe nicht einzuhalten.

Diese Begründungen hoben auf § 3 Nr. 3 Abs. 1 Buchstabe c VOB/A ab. Danachist eine Beschränkte Ausschreibung zulässig, wenn eine Öffentliche Ausschrei-bung aus anderen Gründen (z. B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßigist. Solchen Vorschlägen stimmten fast immer alle an der Vergabe beteiligtenStellen - bis hin zur Amtsleitung - zu, ohne die Begründung zu hinterfragen. De-tailliertere Begründungen der Ausschreibungswahl lagen nur in wenigen Ausnah-mefällen vor.

Regelmäßig wurde nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Leistung beson-ders dringlich war. Offenbar war den Ämtern nicht bewusst, dass eine Dringlich-keit nicht schon dann gegeben ist, wenn der Auftraggeber die Durchführung einesBauvorhabens für eilbedürftig hält. Vielmehr müssen konkrete und sich aus denäußeren Umständen ergebende Anhaltspunkte vorliegen, aus denen die Dringlich-keit auch für einen unbefangen Urteilenden gegeben erscheint. Das ist z. B. derFall, wenn sich aus einer nicht früher erkennbaren Lage heraus die Notwendigkeitder unverzüglichen Durchführung einer Bauleistung ergibt. Diese Situation darfaber nicht dadurch entstehen, dass der Auftraggeber bei einem termingebundenenBau mit der öffentlichen Ausschreibung so lange wartet, bis ihm praktisch keineZeit mehr übrig bleibt (Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 14. Auflage,A § 3 Rdn. 25).

Fehler bei der Auswahl und Festlegung des Bieterkreises bei nicht Öffentlichen Aus-schreibungen

Unter Hinweis auf die Richtlinie Nr. 2.4 zu § 8 VOB/A des Vergabehandbuchs hattedie OFD Hannover bereits 1995 allen Staatshochbauämtern mitgeteilt, dass die end-gültige Auswahl derjenigen, die bei nicht Öffentlichen Ausschreibungen zu einemAngebot aufzufordern seien, aus Gründen der Geheimhaltung durch die Baugruppen-leitung und die Geschäftsstelle zu treffen sei. Die endgültige Bieterliste dürfe nur denmit der Auswahl und dem Versand befassten Beschäftigten bekannt sein. Damit seidie Anzahl der Wissensträger auf das notwendige Maß beschränkt.

Bei 54 von 177 nicht öffentlich ausgeschriebenen Vergaben konnte der LRH nichtnachvollziehen, wie die Entscheidung über den aufzufordernden Bieterkreis zustandegekommen war. Soweit schriftliche Vorschläge zum aufzufordernden Bieterkreis vonden zuständigen Sachbearbeitern kamen, nahmen bis auf wenige Ausnahmen wederdie Baugruppenleitung noch die Geschäftsstelle Änderungen zum Bieterkreis vor.Auffällig war auch, dass die Staatshochbauämter entgegen der Nr. 2.1 der Richtlinien

Page 169: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

169

zu § 8 VOB/A (Vergabehandbuch) fast ausschließlich ortansässige bzw. in nähererUmgebung angesiedelte Unternehmen zur Angebotsabgabe aufforderten.

Anerkennung von Preisen für zusätzliche Leistungen ohne vorherige Einholung vonNachtragsangeboten und fehlende bzw. fehlerhafte Prüfung der Angemessenheit vonEinheitspreisen bei Nachtragsangeboten

Die Vergabehinweise zu § 2 Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B fordernunter Nr. 3.1, dass bei Änderungen von vorgesehenen Leistungen oder bei zusätzli-chen Leistungen rechtzeitig vor Ausführung der Leistungen ein schriftliches Nach-tragsangebot einzuholen ist. Hierdurch soll die Vergabestelle überprüfen können, obdie Bedingungen des Hauptauftrags zugrunde gelegt sind. Die Vereinbarungen bedür-fen ebenfalls der Schriftform.

In 23 Fällen hatten die Staatshochbauämter oder die mit der Prüfung der Rechnungenbeauftragten Sonderfachleute Massen und Preise in den Rechnungen der Auftragneh-mer anerkannt, für die die Ämter weder einen Preis auf der Basis eingereichterHauptangebote vereinbart noch die in der Rechnung enthaltenen zusätzlichen Leis-tungen überhaupt schriftlich in Auftrag gegeben hatten.

Sofern die Staatshochbauämter Nachtragsangebote für zusätzliche Leistungen vonden Auftragnehmern forderten, fand der LRH in einer Vielzahl von Fällen, dass dieÄmter die Angebote zwar mit ihrem obligatorischen Prüfstempel versehen hatten. In-wieweit sie die Nachtragspreise auch tatsächlich ordnungsgemäß entsprechend demVergabehandbuch (Leitfaden für die Berechnung der Vergütung bei Nachtragsverein-barungen, Anhang 6) geprüft hatten, war nicht zu erkennen.

Unverhältnismäßig hohe Anteile abgerechneter Nachtragspositionen

Als besonders gravierend betrachtet der LRH zwei Fälle, bei denen die Abrechnungs-summe rd. 140 v. H. über der ursprünglichen Auftragssumme lag bzw. bereits in einerTeilabrechnungssumme der Anteil der Nachtragspositionen mehr als 70 v. H. der ur-sprünglichen Auftragssumme entsprach. Bei der überwiegenden Anzahl der Nach-tragspositionen war erkennbar, dass die Staatshochbauämter bei der Planung undAusschreibung nicht immer mit der notwendigen Sorgfalt und Gründlichkeit vorge-gangen waren. Leistungen, die aufgrund von Nachträgen abgerechnet werden, sinddem Wettbewerb entzogen. Die Angemessenheit der Einheitspreise ist in diesen Fäl-len nur mit erhöhtem Aufwand zu überprüfen.

Würdigung

Obwohl die OFD Hannover bereits in der Vergangenheit die Staatshochbauämter aufdie Beachtung der Vergabe- und Abrechnungsvorschriften hingewiesen hatte, ließ dasVergabeverhalten der erneut geprüften Staatshochbauämter nach wie vor gravierendeMängel erkennen. Insbesondere verstießen sie gegen das Gebot der Öffentlichen Aus-schreibung, wie es in § 55 LHO und § 3 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A gefordert wird, indemsie die Aufträge in einer großen Zahl von Fällen nach einer Beschränkten Ausschrei-bung oder durch Freihändige Vergaben erteilten, ohne dass dafür die entsprechendenVoraussetzungen vorlagen. Darüber hinaus erschienen Prüfungen und Wertungen derAngebote und Nachtragsangebote oberflächlich. Zu bemängeln ist darüber hinaus dieAuswahl und Festlegung des Bieterkreises bei Beschränkten Ausschreibungen.

Der LRH hält es nicht für weiter tolerierbar, dass derart nachlässig mit den Regelun-gen umgegangen wird, die aus guten Gründen bei einem Vergabeverfahren zu beach-ten sind. Der Verzicht auf eine Öffentliche Ausschreibung bedeutet eine Einschrän-

Page 170: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

170

kung des Wettbewerbs. Es ist davon auszugehen, dass bei Öffentlicher Ausschreibunggünstigere Angebote zu erhalten sind als bei anderen Vergabearten. Daher liegt indem Verhalten nicht nur eine Verletzung von Ordnungsvorschriften, sondern zugleichein Verstoß gegen die in § 7 LHO verankerten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit undSparsamkeit, deren spezielle Ausprägung die Forderung nach einem Wettbewerb in§ 55 LHO ist.

Mangelnder Wettbewerb sowie eine unzureichende Prüfung und Wertung von Ange-boten erhöhen nicht nur das Risiko, den Zuschlag nicht auf das annehmbarste Ange-bot zu erteilen, sondern sind darüber hinaus geeignet, korruptive Handlungen zu be-günstigen. Finanzministerium und OFD werden sich nach dem Befund des LRHnachdrücklich bemühen müssen, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für dasVergabeverhalten der Staatshochbauämter durchzusetzen. Dabei sind auch dienst-rechtliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Verschiedene Geschäftsbereiche

40. Einführung der Personalkostenbudgetierung in der niedersächsischenLandesverwaltung

Mit der Personalkostenbudgetierung haben die personalverwaltendenDienststellen der Landesverwaltung ein Instrument erhalten, das ihnen mehrEigenverantwortlichkeit und Flexibilität bei der Bewirtschaftung geben soll.Zugleich soll es ihnen aber auch erleichtern, Einsparungen unter stärkererBerücksichtigung ihrer spezifischen Belange umzusetzen. Diese Ziele hat dieLandesregierung bisher nicht erreicht. Es bedarf weiterer Anstrengungen, umdie Personalkostenbudgetierung zu einem wirksamen Instrument der personal-verwaltenden Dienststellen zu machen und die Darstellung der Ergebnisse derPersonalkostenbudgetierung aussagekräftig in das Haushaltssystem zu inte-grieren.

Sachverhalt

Auf Beschluss der Landesregierung vom 06.05.1997 wurde die Personalkostenbud-getierung zum 01.01.1998 mit dem Ziel eines flächendeckenden Einsatzes in der ge-samten Landesverwaltung zum 01.01.2001 stufenweise eingeführt. Der Beschluss derLandesregierung enthielt ferner die Zustimmung zu dem beim Finanzministerium voneiner Projektgruppe erstellten Gesamtkonzept. Die wirksame Technikunterstützungwar nach dem Gesamtkonzept die unabdingbare Voraussetzung für dessen Umset-zung.

Mit der Personalkostenbudgetierung führte das Finanzministerium die folgenden neu-en Steuerungsinstrumente in die Personalwirtschaft ein:

– Das Beschäftigungsvolumen (BV) als Größe für die Berechnung des tatsächlichenBeschäftigungsumfangs aller Beschäftigungsgruppen in Vollzeiteinheiten (VZE).

– Das Personalkostenbudget als insgesamt für Beamte, Angestellte und Arbeiterveranschlagter Betrag zur Finanzierung des Beschäftigungsvolumens.

– Die Reformdividende als anzustrebender Bonus für eine Unterschreitung des ver-fügbaren Personalkostenbudgets.

Neben den gesamthaushaltswirtschaftlichen Zielen, insbesondere eine genauere Ver-anschlagung der Personalkosten zu erreichen und ein Instrument für die Personal-mengensteuerung einzuführen, sieht das Gesamtkonzept für die personalverwaltenden

Page 171: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

171

Dienststellen ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit vor, um bei größerer Flexibi-lität wirtschaftlicher handeln zu können.

Die Personalkostenbudgetierung hat die Landesregierung zunächst zum 01.01.1998für ca. 54 000 Stellen in der ersten Stufe und für die übrige Landesverwaltung (ohneLandesbetriebe) zum 01.01.2001 flächendeckend eingeführt. Mit der Einführung derersten Stufe folgte die Landesregierung nicht der Empfehlung des LRH, zunächst imRahmen eines Pilotprojekts für einen begrenzten Bereich Konzept und Verfahren derPersonalkostenbudgetierung zu überprüfen.

Prüfungsfeststellungen

Der LRH hat im Jahr 2000 in einer Querschnittsprüfung bei allen Ressorts und33 ausgewählten personalverwaltenden Dienststellen die Umsetzung der Personal-kostenbudgetierung untersucht.

Nach den Feststellungen des LRH war die Einführung der Personalkostenbudgetie-rung in der Landesverwaltung nicht erfolgreich. Ca. 80 v. H. der befragten Dienst-stellen bewerten die Personalkostenbudgetierung als negativ. Diese Dienststellen se-hen weit überwiegend in der Personalkostenbudgetierung keine Vorteile und haltendie damit verfolgten Ziele nicht für erreicht. Dieses Ergebnis ist insbesondere auf fol-gende Probleme bei der Umsetzung des Gesamtkonzepts zurückzuführen:

– Die Datenbasis für die Personalkostenbudgetierung bilden die Daten aus dem Be-zügeverfahren KIDICAP. Diese Daten sind systembedingt für die Personalkosten-budgetierung nicht genügend aktuell. Zudem ist es bisher nicht gelungen, Fehlerin der Zuordnung der Daten zu den personalverwaltenden Dienststellen zu ver-meiden.

– Entgegen dem Gesamtkonzept beinhalten die Daten für die Personalkostenbudge-tierung keine personenbezogenen Daten. Die Dienststellen sind daher auf zusätzli-che Listen des Niedersächsischen Landesamtes für Bezüge und Versorgung ange-wiesen. Mit diesen Listen können die Dienststellen Fehlerquellen nur zum Teilaufdecken. Die Verwendung dieser Listen ist weder wirtschaftlich noch effektiv.

– Den Dienststellen steht kein Planungsinstrument für „Was wäre wenn?-Berechnungen“ zur Verfügung, wie dies im Gesamtkonzept vorgesehen ist. Siekönnen daher ihre Bewirtschaftungsaufgaben für den Personalbereich nicht odernicht effizient erfüllen.

– Die Technikunterstützung der Personalkostenbudgetierung weist erhebliche Män-gel auf, wodurch insbesondere die regelmäßige Verfügbarkeit aktueller und richti-ger Daten beeinträchtigt wird.

Würdigung

Nach den Feststellungen des LRH wurde damit bei der Umsetzung der Personal-kostenbudgetierung das dem Beschluss der Landesregierung vom 06.05.1997 zugrun-de liegende Gesamtkonzept in wesentlichen Teilen nicht eingehalten.

Viele der entstandenen Probleme hätten vermieden werden können, wenn die Landes-regierung das Konzept und das Verfahren der Personalkostenbudgetierung zunächst ineinem begrenzten Pilotversuch überprüft hätte.

Überdies ist der LRH der Auffassung, dass die Personalkostenbudgetierung nochnicht genügend in das bestehende Haushaltssystem integriert ist:

Page 172: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

172

Im Rahmen der Mittelbewirtschaftung ist ein eigener „Bewirtschaftungsstrang“ pa-rallel zur klassischen Verteilung der Haushaltsmittel entstanden. Dies führte zu einembeachtlichen vermeidbaren Mehraufwand und zur Verunsicherung der Dienststellen,da zwischen den Verfahren Differenzen auftraten. Die Verantwortung für die Budge-tierung und die damit verbundene personalwirtschaftliche Verantwortung sind nichtimmer genügend aufeinander abgestimmt. Ferner werden die Komponenten und Er-gebnisse der Personalkostenbudgetierung im Haushaltsplan und in der Haushaltsrech-nung noch nicht ausreichend klar und aussagekräftig dargestellt.

Das Finanzministerium verweist demgegenüber auf die gesamthaushaltswirtschaftli-chen Erfolge bei der Personalmengensteuerung, da allein durch die Einführung desSteuerungsinstruments „Beschäftigungsvolumen“ der Personalhaushalt dauerhaft umrd. 90 Millionen DM entlastet werde.

Der LRH begrüßt, dass nicht benötigte Stellen über die Personalkostenbudgetierungabgebaut werden. Der tatsächliche monetäre Erfolg des Stellenabbaus sollte jedochnach angemessener Erfahrungszeit von mindestens drei Jahren überprüft werden.

Nach Auffassung des LRH sind Personalkosteneinsparungen kein eigenes Ziel derPersonalkostenbudgetierung. Sie ist aber ein Instrument, um bei fortdauerndem undsich in Zukunft noch verstärkendem Zwang zu Einsparungen im Personalbereich eineaufgaben- und sachorientierte Personalwirtschaft zu optimieren und den personalbe-wirtschaftenden Dienststellen die Gestaltungsfreiheit zu geben, die für einen optima-len Einsatz ihrer Personalressourcen erforderlich ist. Darüber hinaus muss auch we-sentliches Ziel sein, auf gesamthaushaltswirtschaftlicher Ebene die notwendigeTransparenz der Personalwirtschaft des Landes zu schaffen.

Handlungsbedarf

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind die Technikunterstützung der Perso-nalkostenbudgetierung und ihre Verfahrensabläufe zu verbessern.

Des Weiteren sollte die Personalkostenbudgetierung besser in das bestehende Haus-haltssystem integriert werden. Dazu gehören eine Darstellung der Planung, der Ent-wicklung und der Ergebnisse der budgetierten Personalausgaben im Haushaltsplanund in der Haushaltsrechnung. Der LRH sieht die Budget- und Kontrollrechte desParlaments betroffen, wenn die Personalausgaben und die Personalressourcen (Plan-stellen, Stellen, Beschäftigungsvolumen) in den Haushaltsplänen nicht in bisher übli-cher Übersichtlichkeit - auch in ihrer Entwicklung über mehrere Haushaltsjahre - dar-gestellt und gravierende Veränderungen, insbesondere des Beschäftigungsvolumens,oder zu große Differenzen zwischen Beschäftigungsvolumen und veranschlagtenStellen nicht ausreichend begründet werden. In der Haushaltsrechnung schließlichsind die Ergebnisse der Personalkostenbudgetierung so darzustellen, dass sie mit denzugehörigen Haushaltsansätzen korrespondieren.

Der LRH hat die Berufung einer interministeriellen Arbeitsgruppe vorgeschlagen, dieein Modell zur Integration der Personalkostenbudgetierung in das bestehende Haus-haltswirtschaftssystem erarbeiten soll, mit dem trotz Beibehaltung neuer Steuerungs-funktionen der zusätzliche Aufwand für die Personalkostenbudgetierung auf das ge-ringstmögliche Maß verringert wird.

Der LRH regt ferner an, dass die Landesregierung zu Beginn des Hj. 2002 demLandtag einen Erfahrungsbericht zur Personalkostenbudgetierung vorlegt, der über

– die Effektivität und Akzeptanz der Personalkostenbudgetierung bei den personal-bewirtschaftenden Dienststellen der Landesverwaltung,

– die sachgerechte Ausgestaltung des Anreizsystems (Reformdividende),

Page 173: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

173

– die Entwicklung der Personalausgaben seit Einführung der Personalkostenbudge-tierung,

– den nicht auszuschließenden Trend zur Nutzung höherwertiger Stellen im Rahmender Personalkostenbudgetierung,

– die Sozialverträglichkeit des Modells sowie

– die Verbesserung der Technikunterstützung und des Verfahrens der Personal-kostenbudgetierung

Auskunft gibt.

Bisherige Schritte zur Verbesserung der Personalkostenbudgetierung

Die Landesregierung hat bereits Schritte zur Verbesserung der Personalkostenbudge-tierung unternommen. Sie beabsichtigt, die Unterstützung der Personalkostenbudge-tierung in ein geplantes Verfahren zur Personal- und Stellenbewirtschaftung (Perso-nalmanagementverfahren) zu integrieren. Der LRH begleitet die Arbeit der hierfüreingerichteten Koordinierungsgruppe und geht davon aus, dass mit dem Personalma-nagementverfahren die Anforderungen an eine leistungsfähige Technikunterstützungder Personalkostenbudgetierung erfüllt werden.

Für die Übergangszeit bis zur Einrichtung des Personalmanagementverfahrens hat dasFinanzministerium bereits Veränderungen des bestehenden Verfahrens der Personal-kostenbudgetierung eingeleitet. So arbeitet es z. B. verstärkt an der Beseitigung vonFehlerquellen, die sich aus der Verwendung der Bezügedaten ergeben, sowie an derVerbesserung der Verteilung der Haushaltsmittel und des Beschäftigungsvolumens.

Der LRH geht davon aus, dass auch die Darstellung der Personalkostenbudgetierungim Haushaltsplan und der Haushaltsrechnung im Einvernehmen zwischen Finanzmi-nisterium und LRH optimiert wird.

41. Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit des Reisekostenrechts

Der LRH hat das Reisekostenrecht für Beschäftigte des öffentlichen Diensteseiner kritischen Bestandsaufnahme unterzogen. Er hält hiernach eine Reformdes Reisekostenrechts für geboten und hat dem Finanzministerium Vorschlägefür ein "neues" Reisekostenrecht unterbreitet.

Der LRH hat mit Unterstützung der Rechnungsprüfungsämter insgesamt9 918 Reisekostenrechnungen des Hj. 1997 mit 33 834 Dienstreisen aus Kapiteln derEinzelpläne 03 (Innenministerium), 04 (Finanzministerium), 06 (Ministerium fürWissenschaft und Kultur) und 07 (Kultusministerium) ausgewertet. Auf diese Einzel-pläne entfielen rd. 77 v. H. der Gesamtausgaben für Reisekosten in Höhe von etwa60 Millionen DM.

Prüfungsergebnisse

Die wesentlichen Prüfungsergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

– Private und anerkannte private Fahrzeuge sind mit einem Anteil von fast 58 v. H.das am häufigsten benutzte Beförderungsmittel bei Dienstreisen. Verfahrensver-einfachungen in diesem Bereich dürften sich spürbar auswirken.

Page 174: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

174

– Mit einem Verzicht auf den Unvermeidbarkeitsnachweis bei Übernachtungskosten(§ 10 Abs. 3 Bundesreisekostengesetz - BRKG -) bis zur nachgewiesenen Höhevon 100 DM könnten rd. 90 v. H. aller Fälle ohne größeren Verwaltungsaufwandabgerechnet werden.

– Knapp die Hälfte aller ausgewerteten Reisekostenabrechnungen wiesen Reise-kosten von weniger als 100 DM aus. Die Einführung einer Mindestbetragsgrenzebei der Antragstellung für die Abrechnung von Reisekosten dürfte den Bearbei-tungsaufwand spürbar reduzieren.

– Bei der Bemessung der Wegstreckenentschädigungen sind die Entschädigungssät-ze nach § 6 BRKG in Höhe von 0,38 DM bzw. 0,52 DM (anerkannte privateKraftfahrzeuge) nach Berechnungen des LRH angemessen, denn bei der Festset-zung der Höhe der Wegstreckenentschädigung ist zu berücksichtigen, dass dieFahrzeuge regelmäßig nicht ausschließlich für den Dienstherrn vorgehalten wer-den. Vielmehr ist die Anschaffung und der Betrieb des Fahrzeugs überwiegend,zumindest jedoch teilweise, privat veranlasst. Nach dem Grundsatz der Auslagen-erstattung besteht deshalb nach Auffassung des LRH kein Anspruch auf Ersatz derVollkosten.

– Das Reisekostenrecht ist durch eine starke Überregulierung gekennzeichnet. EinIndiz hierfür sind die rd. 100 verwaltungsinternen Erlasse, die das Reisekosten-recht näher erläutern und Auslegungshinweise geben.

Vernachlässigung des Gebots der Wirtschaftlichkeit von Verwaltungshandeln

Gemäß § 7 Abs. 1 LHO muss Verwaltungshandeln den Grundsätzen der Wirtschaft-lichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Das geltende Reisekostenrecht trägt diesenForderungen primär dadurch Rechnung, dass es den Sparsamkeitsgrundsatz besondersbetont (§ 3 Abs. 2 BRKG).

Probleme in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der Durchführung einer Dienstreise er-geben sich nach geltendem Recht insbesondere bei den Fahrtkosten. Gemäß § 6Abs. 1 Satz 1 BRKG hat der Dienstreisende bei Benutzung eines ihm gehörendenKraftfahrzeugs zwar grundsätzlich Anspruch auf Wegstreckenentschädigung. DurchZahlung einer Wegstreckenentschädigung darf jedoch der Gesamtbetrag der Reise-kostenvergütung nicht höher werden als beim Benutzen eines regelmäßig verkehren-den Beförderungsmittels (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRKG). Aus betriebswirtschaftlicherSicht sind jedoch nicht allein die Kosten maßgeblich, die durch die Benutzung einesVerkehrsmittels verursacht werden. Gleichzeitig müsste auch die Reisezeit berück-sichtigt werden, die der Dienstreisende bei Nutzung des entsprechenden Verkehrs-mittels benötigt und die ihm für die Erledigung seiner Arbeit nicht zur Verfügungsteht. Wird der Dienstreisende im Interesse des sparsamen Umgangs mit Reisekos-tenmitteln verpflichtet, an Stelle des eigenen Kraftfahrzeugs regelmäßig verkehrendeBeförderungsmittel zu nutzen, kann dies häufig unwirtschaftlich sein. Dadurch erhöhtsich der zeitliche Aufwand für die Dienstreise und steigen die ihr zeitanteilig zuzu-ordnenden Personalkosten.

Folgerungen

Die aufgezeigten Schwachstellen machen deutlich, dass beim Reisekostenrecht Re-formbedarf besteht. Dabei dürfte es entgegen der Auffassung des Finanzministeriums,das lediglich einzelne Änderungen auf Bundesebene anstrebt, nicht ausreichen, dasReisekostenrecht nur punktuell zu verbessern. Erforderlich ist nach Auffassung desLRH vielmehr eine grundlegende Reform, die sich konzeptionell von den Vorgaben

Page 175: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

175

des BRKG löst. Das Land Niedersachsen sollte seine Bindung an das BRKG aufge-ben und ein eigenes Landesreisekostengesetz erlassen.

Danach wären bei Überlegungen zur Reform des Reisekostenrechts folgende Eck-punkte besonders zu beachten:

– Ausdrückliche Verankerung des Gebots der Wirtschaftlichkeit im Reisekosten-recht,

– Erstattung von Reisekostenvergütungen in Höhe der zur wirtschaftlichen Durch-führung der Dienstreise erforderlichen Aufwendungen,

– Verzicht auf die Unterscheidung zwischen Dienstreisen und Dienstgängen,

– Vereinfachung der Anerkennung von privaten Kraftfahrzeugen,

– Erhöhung der Mitnahmeentschädigung als Anreiz, Fahrgemeinschaften zu bilden,

– Verringerung der formalisierten Prüf- und Genehmigungspflichten der Dienst-stelle,

– Verzicht auf einzelfallbezogene Sonderregelungen.

Dazu hat der LRH dem Finanzministerium einen Vorschlag für den Entwurf einesniedersächsischen Reisekostengesetzes unterbreitet.

Sonstige Prüfungen

42. Verwendung der zweckgebundenen Rundfunkgebührenanteile durch denNorddeutschen Rundfunk

Der Norddeutsche Rundfunk hat die Rundfunkgebührenanteile, die durch dieNiedersächsische Landesmedienanstalt nicht in Anspruch genommen wurden,nicht immer entsprechend dem landesgesetzlich vorgegebenen Zweckverwendet. Dies dürfte maßgeblich darauf zurückzuführen sein, dass derGesetzgeber bei der Zweckbestimmung die tatsächlichen Gegebenheiten falscheinschätzte und die von der Landesregierung wesentlich beeinflusste und mitihr abgestimmte Förderrichtlinie des Norddeutschen Rundfunks von dengesetzlichen Intentionen abwich.

Bei der Entscheidung über die zu fördernden Vorhaben hatte derNorddeutsche Rundfunk dem Land ein Mitentscheidungsrecht eingeräumt.Dies sah das Gesetz mit Blick auf die gebotene Staatsferne des Rundfunks zuRecht nicht vor. Seine alleinige Verantwortung für die zweckentsprechendeVerwendung der Rundfunkgebührenanteile im Rahmen seiner Aufgaben hatteder Norddeutsche Rundfunk dadurch unzulässigerweise aufgehoben.

Inzwischen ist durch eine Änderung des Landesrundfunkgesetzes klargestellt,dass der Norddeutsche Rundfunk allein über die Verwendung der Mittel zuentscheiden hat. Außerdem sind durch eine Ausweitung desVerwendungszwecks die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Mittelsinnvoll zur Erfüllung des Rundfunkauftrags verwendet werden können.

Herkunft und Höhe der zweckgebundenen Rundfunkgebührenanteile

Nach § 40 Abs. 3 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschlandvom 31.08.1991 - Rundfunkstaatsvertrag (RStV) - steht den Landesrundfunkanstaltender Anteil an der einheitlichen Rundfunkgebühr in Höhe von 2 v. H. zu, soweit er vonden Landesmedienanstalten nicht in Anspruch genommen wird (so genannte Rück-

Page 176: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

176

flussmittel). Der Landesgesetzgeber kann darüber hinaus einen bestimmten Anteilunmittelbar der Landesrundfunkanstalt zuweisen und damit den der Landesmedienan-stalt zuzuweisenden Betrag von vornherein begrenzen (§ 40 Abs. 2 RStV). Von dieserMöglichkeit hatte der niedersächsische Gesetzgeber durch die Regelung des § 64Abs. 3 (bis 31.12.1995: § 64 Abs. 4) des Landesrundfunkgesetzes (LRG) vom09.11.1993 (Nds. GVBl. S. 523) in der Fassung des Gesetzes vom 12.11.1998(Nds. GVBl. S. 693) in der Weise Gebrauch gemacht, dass der Norddeutsche Rund-funk (NDR) unmittelbar bisher 10 v. H. des 2 v. H.-Anteils (so genannter Vorwegab-zug) erhielt.

Für die Verwendung der Vorwegabzüge und der Rückflussmittel kann der jeweiligeLandesgesetzgeber „seiner“ Landesrundfunkanstalt bestimmte Zwecke vorgeben(§ 40 Abs. 3 RStV). Der niedersächsische Gesetzgeber hatte - bis zu einer Gesetzes-änderung im Dezember 2000 - hierzu in § 64 Abs. 3 LRG folgendes geregelt: „DerNDR verwendet diese Mittel im Rahmen seiner Aufgaben zur Förderung von Pro-duktionen in den Bereichen Film und Fernsehen, die von niedersächsischen Produ-zenten oder von anderen Produzenten in Niedersachsen durchgeführt werden.“

Im Zeitraum 1993 bis 1998 standen dem NDR für diese Förderzwecke Mittel in Höhevon insgesamt 39 548 600 DM zur Verfügung.

Der LRH hat die Fördertätigkeit des NDR in der Zeit von 1995 bis 1998 geprüft unddabei folgende Mängel festgestellt:

Verstoß gegen die gesetzliche Zweckbestimmung

Der NDR hatte zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben eine mit dem Land abge-stimmte „Richtlinie für die Filmförderung des NDR nach § 64 Abs. 3 LRG“ erlassen.Als potenzielle Fördergegenstände sah die Richtlinie neben der - gesetzlich normier-ten - Herstellung von Film- und Fernsehproduktionen auch die Herstellung von Dreh-büchern und die Durchführung von Maßnahmen der Stoff- und Projektentwicklungsowie von sonstigen Vorhaben vor, die aus filmkultureller und filmwirtschaftlicherSicht für die Förderziele von besonderer Bedeutung waren. Diese Überschreitung desgesetzlichen Rahmens für eine Förderung wurde von der Landesregierung nicht bean-standet.

Von den 135 in den Jahren 1995 bis 1998 geförderten Anträgen bezogen sich allein19 Anträge (= rd. 14,1 v. H.) auf die Herstellung von Drehbüchern und die Durchfüh-rung von Maßnahmen der Stoff- und Projektentwicklung.

Weitere 14 Anträge (= rd. 10,4 v. H.) wurden für sonstige Vorhaben bewilligt, dieebenfalls keine Grundlage in der gesetzlichen Regelung fanden. Dies betrifft insbe-sondere die Förderung von Medien- bzw. Drehbuchwerkstätten, Kongressen und Fes-tivals. Diese Vorhaben stellen ihrer Natur nach keine Film- oder Programmvorhabendar, sondern ermöglichen die dramaturgische und redaktionelle Betreuung für die ge-förderten Autoren und Filmemacher bzw. bieten diesen ein Forum zur Präsentation.Für diese Maßnahmen wurde ein Fördervolumen von insgesamt 2,3 Millionen DMzugesagt; dies entspricht einem Anteil am Gesamtfördervolumen der Jahre 1995 bis1998 (= 25,8 Millionen DM) von rd. 8,9 v. H.

Schließlich ist der LRH auch auf Fälle gestoßen, in denen es sich zwar um die Förde-rung von Film- oder Fernsehproduktionen im Rahmen der Aufgaben des NDR han-delte, es aber an den weiteren gesetzlichen Fördervoraussetzungen mangelte (Produk-tionen niedersächsischer Produzenten oder Produktionen, die - zumindest überwie-gend - in Niedersachsen hergestellt wurden). Hierbei handelt es sich mindestens umvier geförderte Vorhaben mit einem Fördervolumen von 2 Millionen DM (Anteil amGesamtfördervolumen der Jahre 1995 bis 1998 = 7,8 v. H.).

Page 177: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

177

Unzulässige Einschränkung der Kompetenzen des NDR

Zur Ausführung des § 64 Abs. 3 LRG hatte der NDR mit dem Land Niedersachsenam 20.04.1995 eine Vereinbarung geschlossen, die rückwirkend zum 19.11.1993 inKraft getreten war. In dieser Vereinbarung hatte sich der NDR zu einer Kooperationmit dem Land dergestalt verpflichtet, dass die „bestehenden Strukturen und Verfahrender Filmförderung des Landes Niedersachsen soweit wie möglich auch für die Film-förderung aus Mitteln des NDR ... genutzt werden“ sollten, „um einerseits den organi-satorischen und administrativen Aufwand auf ein Minimum zu beschränken, anderer-seits die Möglichkeit zu eröffnen, Fördermittel des NDR im Einzelfall auch mit sol-chen des Landes Niedersachsen und anderen Fördermitteln zusammenzuführen“.

Die Vereinbarung sah als Beschlussorgan einen Beirat vor, der paritätisch mit Ver-tretern des NDR und des Landes Niedersachsen besetzt war. Er entschied grundsätz-lich mit einfacher Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Es konnten somit stets nur sol-che Projekte gefördert werden, über die beide Seiten - NDR und Land Niedersach-sen - Einvernehmen erzielten.

Der LRH ist der Auffassung, dass durch den Abschluss dieser Vereinbarung mit demLand Niedersachsen der NDR seine sowohl durch den RStV als auch durch § 64Abs. 3 LRG normierte Entscheidungsfreiheit so eingeengt hatte, dass er seine gesetz-liche Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel nicht verant-wortlich wahrnehmen konnte. Adressat der vorbezeichneten Vorschriften war alleinder NDR; durch Staatsvertrag und durch Gesetz hatte er das alleinige Verfügungs-recht über die Mittel im Rahmen der gesetzlich formulierten Zweckbestimmung er-halten. Dies berücksichtigte die Vereinbarung nicht hinreichend.

Zwar durften nach ihr zweckgebundene Mittel des NDR für die Förderung nur dannverwendet werden, wenn „die von ihm entsandten Mitglieder des Beirats die grund-sätzliche Sendefähigkeit der zur Förderung ausgewählten Produktionen für das Pro-gramm des NDR festgestellt (hatten) und der anteilige Rechteerwerb des NDR an derProduktion gesichert (war)“. Diese Regelung reichte jedoch nicht aus, um die Ver-antwortung des NDR für den Einsatz der Rundfunkgebühren zu sichern. Durch dieFeststellung der (Nicht-)Sendefähigkeit konnte der NDR zwar die Förderung be-stimmter aus seiner Sicht ungeeigneter Produktionen verhindern, nicht aber ohneweiteres die Förderung geeigneter Produktionen erreichen, da hierzu jeweils die Zu-stimmung der Beiratsmitglieder der Landesseite erforderlich war. Auch die Sicherungdes Rechteerwerbs durch den NDR im Falle einer Förderung war kein ausreichendesÄquivalent für den Verlust an Entscheidungsmacht. Hierdurch wurde lediglich ver-hindert, dass der NDR Nutzungsrechte für Produktionen, die in der Regel zu 90 v. H.aus ihm zustehenden Rundfunkgebühren gefördert worden waren, noch einmal auseigenen Mitteln erwerben musste.

Ursachen der mangelhaften Förderpraxis

Fehleinschätzung der Voraussetzungen für eine zweckentsprechende Förderung

Nach Auffassung des LRH verfolgte die in § 64 Abs. 3 LRG bisher normierte Zweck-bestimmung eine wirtschaftliche Zielrichtung. Sie war darauf angelegt, die nieder-sächsische Filmwirtschaft zu stärken bzw. deren Wirtschaftsstruktur und derenLeistungs- und Konkurrenzfähigkeit zu verbessern. Auf diese Weise sollten nieder-sächsische Rundfunkgebühren dem Medienstandort Niedersachsen zugute kommen.

Mit der Vorgabe, einerseits - was rechtlich zwingend war - die Mittel nur für Aufga-ben des NDR zu verwenden und andererseits entweder für Produktionen niedersächsi-scher Produzenten oder aber für Produktionen in Niedersachsen einzusetzen, warenFörderbedingungen formuliert, die wegen des Fehlens einer entsprechenden Infra-struktur nicht in dem angenommenen Umfang erfüllt werden konnten. Um gleichwohl

Page 178: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

178

die Mittel verwenden zu können, wurden die gesetzlichen Regelungen in der Förder-richtlinie in einer Weise extensiv ausgelegt, die Zweifel begründet, ob dies noch vomGesetzgeber gewollt war.

So wurde es hingenommen, dass wesentliche Teile der Produktion außerhalb Nieder-sachsens erstellt wurden. Die zum Zeitpunkt der Prüfung gültigen Richtlinien setztenlediglich voraus, dass das zur Förderung beantragte Projekt überwiegend in Nieder-sachsen realisiert werden sollte. Selbst diese Grenze konnte noch unterschritten wer-den: Nach den Richtlinien war es möglich, Dreharbeiten und Endbearbeitung auchaußerhalb Niedersachsens durchzuführen, wenn und „soweit dies stofflich und tech-nisch unabdingbar oder zur Vermeidung unverhältnismäßig hohen Aufwands erfor-derlich ...“ war.

Das Fördervolumen sollte „möglichst im Interesse der Beschäftigung von Personen inder niedersächsischen Filmkulturwirtschaft ...“ Verwendung finden (so genannterNiedersachsen-Effekt). Dieser Effekt wurde auch dann als erfüllt angesehen, wenn diejeweiligen Ausgaben sich (überwiegend) in Übernachtungs-, Bewirtungs- und Reise-kosten niederschlugen. Die Anrechnung dieser Ausgaben auf den Landeseffekt ist ausSicht des LRH mit dem Ziel einer Stärkung der hiesigen Filmwirtschaft jedoch nichtvereinbar.

Mit einer derartigen Förderpraxis konnten zwar kurzfristige Sekundäreffekte, zumalin filmfremden Branchen, ausgelöst werden, das gesetzgeberische Anliegen, durch dieFörderung von einzelnen Projekten nachhaltige Impulse für die niedersächsischeFilmwirtschaft auszulösen, konnte dadurch jedoch nicht in sinnvoller Weise umge-setzt werden.

Verfälschung der gesetzlichen Förderzwecke durch die Richtlinien

Hinzu kommt, dass die vorrangig (film-)wirtschaftliche Ausrichtung der gesetzlichenRegelung in der Förderrichtlinie um die Gesichtspunkte der quantitativen und quali-tativen Weiterentwicklung der niedersächsischen Filmkultur erweitert wurde. Vor-derstes Ziel der Förderung war danach, „die kulturelle und kulturwirtschaftliche Inno-vationskraft und Leistungsfähigkeit niedersächsischer Produzentinnen/Produzentenim AV-Bereich zu stärken ...“ und „die quantitative und qualitative Weiterentwick-lung der niedersächsischen Filmkultur und Filmwirtschaft zu unterstützen, ein viel-fältiges und qualitativ profiliertes Filmschaffen zu ermöglichen“ (Nr. 1.1 der Richtli-nie in der Fassung vom 21.04.1997).

Abgesehen davon, dass diese veränderte Schwerpunktsetzung im Gesetz keine hinrei-chende Stütze fand, wurden auf diese Weise die Grenzen zur Landesfilmförderung,deren Mittel seinerzeit erheblich reduziert worden waren, verwischt. Letztlich dürftediese in ihren Zielen unklare Förderkonzeption dazu geführt haben, dass der vom Ge-setzgeber vorgegebene Zweck in der Förderpraxis aus dem Blickfeld geriet.

Der NDR ist der Auffassung, sich stets an den Intentionen des Landesgesetzgebersorientiert und sich in seinem Handeln im Rahmen des sowohl landesgesetzlich alsauch rundfunkrechtlich Zulässigen bewegt zu haben. Das war aber - wie dargelegt -nicht der Fall. Der NDR kann sich auch nicht darauf berufen, dass er aufgrund einerVereinbarung mit der Landesregierung zur Gestaltung der Filmförderung Bindungeneingegangen sei. Denn auch die Vereinbarung hätte den gesetzlichen Rahmen für dieVerwendung der dem NDR zufließenden Mittel berücksichtigen müssen.

Page 179: 14/2400 - Niedersächsischer Landtag · Niedersächsischer Landtag − 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400 2 Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2001 zur Haushalts-

Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/2400

179

Änderung der gesetzlichen Zweckbestimmung in § 64 LRG

Mittlerweile ist der § 64 LRG geändert worden. Soweit nunmehr - mit Wirkung vom01.01.2001 - eine andere Zweckbestimmung vorgenommen wurde, dürfte dies auchauf die Beanstandungen des LRH zurückzuführen sein. Nach der neuen Regelung hatder NDR die Mittel „im Benehmen mit dem Land für die Förderung der Entwicklung,Herstellung und Verbreitung von audiovisuellen Produktionen einschließlich kultu-reller und multimedialer Angebote“ zu verwenden, „soweit sich diese Produktionenund Angebote innerhalb seines Programmauftrags halten“.

Durch diesen sehr weiten Verwendungszweck ist sichergestellt, dass der NDR bei derMittelverwendung nicht unangemessen eingeengt ist.

Ein bestimmender Einfluss des Landes auf Förderentscheidungen des NDR ist da-durch ausgeschlossen worden, dass der NDR sich bei der Fördertätigkeit mit demLand lediglich ins Benehmen setzen muss. Die Absicht, im Gesetz ein Einvernehmendes Landes zu Förderentscheidungen des NDR vorzuschreiben, ist im Laufe des Ge-setzgebungsverfahrens nicht weiterverfolgt worden. Der LRH hatte gegen eine derar-tige Regelung verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die gebotene Staats-ferne des Rundfunks geltend gemacht.

Auch ist nun im Gesetz deutlich hervorgehoben worden, dass sich der NDR bei derMittelverwendung im Rahmen seines Programmauftrags halten muss. Da es sich beiden Vorwegabzugsmitteln - in Zukunft 25 v. H. des 2 v. H.-Anteils - und bei denRückflussmitteln um Rundfunkgebühren handelt, wäre es unzulässig, diese Gelderlosgelöst vom Programmauftrag allgemein für die Filmförderung oder für die Förde-rung der „Medienlandschaft“ in Niedersachsen zu verwenden. Daher wird der NDRauch bei der geänderten Zweckbestimmung sicherzustellen haben, dass sich die För-dermaßnahmen innerhalb seines Programmauftrags bewegen.

Aufgrund seiner Prüfungsfeststellungen und der Tatsache, dass die Mittel in Zukunftder Nord Media Fonds GmbH zufließen und durch sie verwaltet werden sollen, hält esder LRH für angebracht, noch einmal mit Nachdruck auf die uneingeschränkte Ent-scheidungsgewalt des NDR über die Mittel aus dem 2 v. H.-Anteil und seine Verant-wortlichkeit für deren zweckentsprechende Verwendung hinzuweisen.

Hildesheim, 29.03.2001 NiedersächsischerLandesrechnungshof

Meyerd ing Dr. Ohl ing Dr. Schul tze

Dr. Ref fken Palm Göke

Dr. Thö rmer

(Ausgegeben am 9. Mai 2001)