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2. Herausforderndes Verhalten 2.1 Herausforderndes Verhalten 2.2 Das Humanistische Menschenbild 2.3 Das Normalisierungsprinzip 2.4 Pflegeverständnis

2. Herausforderndes · PDF fileEssen, 06.11.2008 Umgang mit demenziell erkrankten Menschen Herausforderndes Verhalten Intrinsischer Ursprung des Verhaltens vs. Einfluss der Umgebung

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2. Herausforderndes Verhalten

2.1 Herausforderndes Verhalten

2.2 Das Humanistische Menschenbild

2.3 Das Normalisierungsprinzip

2.4 Pflegeverständnis

Essen, 06.11.2008 Umgang mit demenziell erkrankten Menschen

Herausforderndes Verhalten

ProblemverhaltenStörendes Verhalten

Verhaltensauffälligkeit

Verhaltensstörung

Essen, 06.11.2008 Umgang mit demenziell erkrankten Menschen

Herausforderndes Verhalten

Intrinsischer Ursprung des Verhaltens vs. Einfluss der Umgebung als Auslöser

Verhaltensauffälligkeiten = Verhalten entspricht nicht der Norm und fällt auf

Verhaltensstörungen oder Verhaltensprobleme: enthalten bewertende Komponente mit negativer Konnotation Fokussierung auf „Abstellen“ des Verhaltens

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Herausforderndes Verhalten

„Auffälligkeiten“ im Verhalten ausschließlich als Störfaktor

Interventionen zielen auf Beeinflussung/ Vermeidung des als störend empfundenen Verhaltens

In Einrichtungen generell Einschränkungen der Selbstbestimmung durch Organisationsstrukturen, Routine und Betreuer

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Herausforderndes Verhalten

Einengung oder Verletzung der Selbstbestimmung Motivation verlorene Freiheit zu sichern

oder zurück zu gewinnen Angst, Enttäuschung, Wut und

Aggression

Herausforderndes Verhalten kennzeichnet Verhaltensweisen, die die Umgebung herausfordern

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Herausforderndes Verhalten

Umwelt reagiert oft mit Unverständnis oder AbwehrVerstärkung der Verhaltensweisen

Verhaltensweisen meistens unvorhersehbar, Häufigkeit, Dauer, Intensität des Auftretens stark wechselnd

Fehlende gültige Definition von „Verhaltensstörungen“

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Herausforderndes Verhalten

Einschränkungen in Kommunikation über Probleme und Bedürfnisse

Betroffenen können nur durch Veränderungen im Verhalten auf sich aufmerksam machen

Erkennen der zugrunde liegenden Problematik erfordert intensive Beobachtung und Kenntnis der Biographie

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Herausforderndes Verhalten

Verhalten und Verhaltensstörungen = soziale Konstruktion aus Prozess der Interaktion zwischen dem Subjekt, mit den gegebenen bio-psycho-somatischen Voraussetzungen und den Normen der Gemeinschaft

Verhalten hat für denjenigen, der sich verhält, immer einen Sinn!!!

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Herausforderndes Verhalten

Ist sinnhafter Ausdruck der menschlichen Psyche

Herausfordernde Verhaltensweisen = Resultat der Unfähigkeit „sich verständlich zu machen“

Reaktion auf eine Welt, die einem nicht mehr vertrauensvoll und verlässlich ist (Jantzen et al. 2001)

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Herausforderndes Verhalten

psychosoziale Perspektive: intrinsische und extrinsische Faktoren als Ursache

Ursache in interpersonellem Kontext unterliegt ständigen Veränderungen

Fokus auf diejenigen, die sich durch bestimmtes Verhalten von demenziell erkrankten Menschen herausgefordert fühlen, z. B. Angehörige, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Bewohnerinnen und Bewohner

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Herausforderndes Verhalten

Formen herausfordernden Verhaltens:

Agitation

Apathie

Aggression

Akustische Störungen

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Herausforderndes Verhalten-Agitation

Agitation gehört zu den häufigsten und dauerhaften Verhaltensweisen, gefolgt von Depressivität, Angst und Aggressivität

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Ursache für agitierten Verhaltensweisen unterteilt in 4 Gruppen:

Stimmungen und Bedürfnisse: Depression, Frustration, Einsamkeit, Langeweile, Verlangen nach Aufmerksamkeit

Geschehnisse: Verhalten von Mitbewohnern, Pflegehandlungen (Baden, Hilfe bei der Mahlzeiteneinnahme u. a.), wenn jemand dem Kranken zu nahe kommt, Territorialverletzungen

Herausforderndes Verhalten-Agitation

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Herausforderndes Verhalten-Agitation

Behinderungen: Verwirrtheitszustände, Defizite im AEDL-Bereich, Unverarbeitete Konflikte aus der Vergangenheit

Umwelt: soziale Dichte (>11 Personen im sozialen Umfeld), Alleinsein Erhöhte Wanderaktivität wenn Fremde in Umgebung wahrgenommen

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Herausforderndes Verhalten-Apathie

Passivität oder Apathie gehören zu den häufig auftretenden Verhaltensweisen

Jedoch oft nicht als belastend empfunden nur selten behandelt

Kann weitere herausfordernde Verhaltensweisen nach sich ziehen

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

einer der häufigsten Gründe für eine Heimaufnahme

Schwierigkeiten einen Heimplatz zu bekommen

Prävalenz von Aggression variiert sehr stark

In psychiatrischem Setting zwischen 40% und 50 %

Verbale Aggression scheint häufiger aufzutreten als körperliche

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

Arten tätlich aggressiven Verhaltens:– Kneifen / Packen 42%– Schlagen / Boxen 30%– Stoßen / Schieben 19%– Spucken 5%

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

tätliche Attacken demenzkranker BewohnerVerletzungen oder körperliche

Beeinträchtigungen der PflegekraftAbhängig von Schweregrad und

Ausmaß des BewältigungsvermögensPersönliche Krise

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

Milieu- und Institutionsbezogene Ursachen– unzureichende Personalbesetzung,

hektische Routinen, hoher Streß, Mangel an Ausbildung oder Weiterbildung

– unzureichende Kommunikation im Pflegeteam

– das Fehlen von Mitarbeiterrechten – Angst und Unsicherheit vor Kündigungen – Gewalt von Vorgesetzten gegenüber

Pflegekräften als Teil der Arbeit aufgefasst wird

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

Physiologisch-biologische Ursachen– durch Krankheitsprozess selbst oder durch

Folgen und Begleitumständen der Krankheit bedingt. Degeneration verschiedener Bereiche des Gehirns Mangel an Serotonin fördert Aggressivität

– Psychiatrische Symptome (Wahn, Halluzination, Fehlwahrnehmung)

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

- Medikamente: Nebenwirkungen der Psychopharmaka vom Typus der Benzodiazepine gesteigertes aggressives Verhalten

- Schmerzen: chronischer/akuter, Mobilisation, Infekte, Erkrankungen, sprachliches Unvermögen Auskunft über die Schmerzen und Intensität zu geben, Aggressives Verhalten als Reaktionsweise auf den Schmerz

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

Physische UmweltfaktorenLärm, unzureichendes Licht undTemperatur können Ursachen seinVermeidung von Überstimulierungs- bzw.

Unterstimulierungsphänomenen

70- 88% der tätlichen Angriffe richten sich gegen Pflegekräfte

tätliche Aggressionen bei folgenden Pflegehandlungen: Ankleiden / Umziehen 4%, Transportieren, Drehen 22%, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme 8%, Baden 6%

Angriffe überwiegend in den Bewohnerzimmern

Herausforderndes Verhalten-Aggression

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

• Tageszeiten entsprechen der Intensität der Pflegehandlungen: Vormittags und mittags (7.00 - 12.00 h bzw. 7.00 - 15.00h) 50%,

• Spitzenwerte bei der Morgenpflege zwischen 8.00und 11.00

• im Winter (34,6 Prozent) und im Frühling (35,9 Prozent) häufiger Aggressionen beobachtet werden als im Sommer (26,9 Prozent) oder gar im Herbst (2,6 Prozent)

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Herausforderndes Verhalten-Aggression

Zusammensetzung der Bewohnerschaft (Homogenität/ Heterogenität)

Verletzungen der persönlichen Sphäre als häufigste Ursache für tätliche Aggressionen Demenzkranker gegenüber Mitbewohnern (Revierverhalten, Verteidigung der eigenen Habseligkeiten)

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Herausforderndes Verhalten-Akustische Störungen

Umstände im Kontext des Schreiverhaltens – Einsamkeit– Pflegehandlungen mit Körperkontakt – Am häufigsten auf der Toilette – An zweiter Stelle im Bewohnerzimmer – Am seltensten Schreiverhalten in

Gemeinschaftsräumlichkeiten

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Herausforderndes Verhalten-Akustische Störungen

für Nicht-Demente noch ertragbare Reize (Lautstärke u. a.) können für Demenzkranke bereits eine Überforderung und damit Stresssituation darstellen

akustischen Verhaltensweisen bei Reizdeprivation als Selbststimulierung angesichts fehlender Reize

Bewohnerzimmer hinsichtlich Stimulierung und Sozialkontakte regelrechte „Fallen“

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Herausforderndes Verhalten-Akustische Störungen

gehäuft am Abend Zunahme der Vokaläußerungen im Laufe des

Tages: niedrigste Quote morgens zwischen 8 und 9 Uhr

abends zwischen 7 und 8 Uhr die höchste Beleg für Sundowning

An Wochenenden häufiger als in der Woche geringere Personaldichte

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Herausforderndes Verhalten-Akustische Störungen

soziale Umwelt wichtiger Faktor für akustischen Störungen geringste Lautäußerungen wenn 2 - 5 Personen in Umfeld

Musikdarbietungen leicht positiven Einfluss auf akustische Störungen

Schlafstörungen haben Einfluss auf störende Vokaläußerungen weniger Schlaf = mehr akustische Störungen

2. Herausforderndes Verhalten

2.1 Herausforderndes Verhalten

2.2 Das Humanistische Menschenbild

2.3 Das Normalisierungsprinzip

2.4 Pflegeverständnis

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Das humanistische Menschenbild

Grundlage Vorstellung von eigenständiger, in sich wertvoller Persönlichkeit

Jeder Mensch hat Anspruch darauf, als er selbst anerkannt zu werden und als wertvolles Mitglied einer sozialen Gemeinschaft wirken zu können

Ich-Identität im Mittelpunkt (Erikson 1981) Selbstbild, um sich selbst und

Wertvorstellungen gegenüber anderen darzustellen (Rogers 1983)

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Das humanistische Menschenbild

Menschliches Verhalten = komplexer Prozesses

Wird subjektiv gestaltet beinhaltet bewusste und unbewusste

Aktionen/Reaktionen Verhalten wird im Rahmen des sozialen Seins

aufgenommen, interpretiert und beantwortet Konstruktion einer gemeinsame Wirklichkeit

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Das humanistische Menschenbild

Demenz Kontrollverlust Brüchige Ich-Identität Abhängigkeit von anderen wächst

+ organisationsbedingte Fremdbestimmung + Destabilisierung durch

Umgebungsveränderung

Unsicherheit und Angst

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Das humanistische Menschenbild

Verlust der Symbolisierungsfähigkeit = Verlust der gemeinsamen Weltunterschiedlichen Situationsverständnis wechselseitig sich nicht ergänzende

Handlungsfolgen in Interaktionen

Schein SeinIrrtum WahrheitTrivialität BedeutungNebensächlichkeiten Wesentlichem

2. Herausforderndes Verhalten

2.1 Herausforderndes Verhalten

2.2 Das Humanistische Menschenbild

2.3 Das Normalisierungsprinzip

2.4 Pflegeverständnis

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Das Normalisierungsprinzip

Ursprung in der Behindertenhilfe

Normalisierung = normales Leben trotz Beeinträchtigung durch Demenz

Lebensqualität entspricht der von nicht-beeinträchtigten Mitmenschen

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Das Normalisierungsprinzip

Normalisierung = Selbstbestimmung, Autonomie und das Gefühl, Person sein zu können

Lebensqualität eines normalen Alltags soll empfunden werden können

Stärkung des Vertrauens in eigene Fähigkeiten, Wahlmöglichkeiten und Mitsprache bei Entscheidungsprozessen

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Das Normalisierungsprinzip

Beziehungsprozess zwischen Pflegenden und Bewohnern als Kernelement

Daraus ergeben sich: Dezentralisierung Alltagsorientierung Biografie- und handlungsorientierte

Partizipation

2. Herausforderndes Verhalten

2.1 Herausforderndes Verhalten

2.2 Das Humanistische Menschenbild

2.3 Das Normalisierungsprinzip

2.4 Pflegeverständnis

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Pflegeverständnis

Alltag = unspezifisch, individuell, nicht klar umrissen

Alltag = typische Elemente wie Arbeiten, Essen oder Freizeit gegliedert

Alltag = potentiell unbegrenzt, beinhaltet unthematisierte, wenig reflektierte funktionale Abläufe

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Pflegeverständnis

Pflegeziel ist Erhalt oder Verbesserung des Wohlbefindens

Wohlbefinden = subjektiv empfundenen Lebensqualität

Adäquate Interpretation von Verhalten Verhalten Ausdruck von Wohlbefinden

oder Unwohlsein ?

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Pflegeverständnis

Stabilisierung der Ich-Identität, durch eine anerkennende Beziehungsgestaltung

Menschen mit Demenz benötigen soziale Gemeinschaft mit hoher Verlässlichkeit

Handlungskompetenz der Mitarbeiter: nicht Beherrschung von Handlungsabläufen, sondern Verstehens- und Interaktionskompetenz

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Pflegeverständnis

Erfüllung der Bedürfnisse nach Trost, Identität, Beschäftigung, Einbeziehung und Bindung

Beschäftigung = Bestätigung Pflege wirkt erhaltend, anpassend oder

wiederherstellend auf physischen, psychischen und sozialen Funktionen des zu pflegenden Menschen

Unterstützungen im Rahmen eines Problemlösungs- und Beziehungsprozesses

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Wissen in anderen Berufsgruppen

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen über eine zielgerichtete Qualifizierung, Grundkenntnisse zum KrankheitsbildDemenz sowie über angemessene Formen der Umgangsweise mit Demenzkranken verfügen